Die Einleitung Die Sprache als ein Werkzeug, das die Kommunikation, Interaktion unter den Menschen und überhaupt das menschliche Denken ermöglicht, widerspiegelt mehr oder weniger treu die Verhältnisse und Tatsachen der realen Welt. Weil die Menschheit jedoch nicht nur über eine einzelne Sprache, sondern über mehrere Tausende Sprachen disponiert 1, unterscheiden sich auch die Mittel, die für die Abbildung der Wirklichkeit benutzt werden, von Sprache zu Sprache. In meiner Arbeit geht es also um keine Verallgemeinerung im Sinne der Anpassung des Beobachteten an alle Sprachen, die der Menschheit zu Verfügung stehen, sondern ich wähle gezielt eine Sprache – das Deutsche. Von der riesengroßen Menge der Tatsachen, die die Sprache ergreift und kodiert, wähle ich ein einzelnes Phänomen – die Quantität, also die Größe, die sich mit der Menge beschäftigt. Die Quantität wird in der Linguistik natürlich ganz anders beschrieben, als in den Bereichen, die gut mit den Zahlen und Einheiten arbeiten können – in den naturwissenschaftlichen Bereichen, v.a. in der Mathematik und Physik. Sie wird als etwas nur ungefähres, auxiliares, manchmal auch subjektives und strittiges ergriffen. Die Sprache ist nämlich oft nichts indifferenziertes, objektives, meßbares, die Angewohnheiten aus dem naturwissenschaftlichen Feld können deshalb auf etwas so abstraktes nicht angepaßt werden. Natürlich kann ich in meiner Arbeit das Phänomenon der Quantität, der Vielheit in seiner Komplexheit nicht ergreifen. Deswegen wähle ich nur ein Teilgebiet, und zwar möchte ich darüber nachdenken, über welche grammatische (morphologische, teilweise auch syntaktische) Mittel das Deutsche disponiert, um die Wiederholung, Häufigkeit, die Menge, die Vielheit auszudrücken. Die anderen Zweige der Linguistik, die die Quantität im Zentrum ihres Interessen haben – die Phonetik und v.a. die quantitative und mathematische Auf der Welt gibt es 3 – 7 Tausend, eventuell 8 Tausend Sprachen (nach der Weise der Abrechnung). Vgl. www.sil.org/ethnologue/. 1 4 Linguistik, berühre ich kaum. Diese bemühen sich, die Quantität in Zahlen (Frequenz, bit) oder mindestens in relativen Größen auszudrücken. Das soll mein Ziel nicht sein. Ich möchte die morphologischen und syntaktischen Mittel beschreiben, die zur Ausdrückung der Quantität benutzt werden, wie wir sie in der Realität sehen. Selbstverständlich kann ich mich nicht mit allen Wortarten befassen. Auch diese Frage wäre zu umfangreich. Ich wähle das Element, das im Zentrum fast jeder Aussage steht – das Verb. Das Zeitwort als die komplizierteste Einheit der Sprache, verfügt über ein reiches Apparat der Mittel, mit denen die Vielheit widerspiegelt werden kann (vgl. tropfentröpfeln, lesenauslesen, wird gebautist gebaut usw.). Natürlich muß ich ab und zu auch andere Wortarten berühren – die Veränderung, die am Verb verläuft, verlängt meistens auch eine Veränderung einer anderen Wortart, am häufigsten des Substantivs, mit dem das Verb sehr eng verbunden ist. Bei meiner Forschung möchte ich mich nicht nur auf das Deutsche beschränken, sondern es auch mit einigen eng verwandten und auch einigen nicht so nah stehenden Sprachen konfrontieren. Als Repräsentanten der benachbarten germanischen Sprachen benutze ich das Englische und das Niederländische, während das Tschechische als Vertreter der slawischen Sprachen und das Japanische als eine Sprache, die außen der indoeuropäischen Gruppe der Sprachen steht, mir ein sehr interessantes und reiches Material zur Konfrontation anbieden. Wenn das nützlich sein wird, begrenze ich mich nicht nur auf die Sprache der Gegenwart, sondern benutze auch die Ergebnisse der historischen Linguistik, bzw. der Etymologie. Mein Sichtpunkt wird also nicht nur streng synchronisch sein. Wie ich schon gesagt habe, steht im Herd meiner Arbeit das Phänomen der Quantität. Es wird jedoch nicht isoliert untersucht, sondern in seinen zahlreichen Zusammenhängen mit anderen Relationen – der Intensität, der Qualität oder der Extension. Ich möchte also in meiner Arbeit auch die Zusammenhänge analysieren, 5 wie sie in der realen Welt und in unserem Denken zu sehen sind und wie sie sich in der (deutschen) Sprache abspiegeln . Ich habe auch vor, mich im letzten Kapitel meiner Arbeit mit den Möglichkeiten der Applikation der gewonnenen Erkenntnisse auf die Praxis befassen. Die Struktur der Arbeit soll folgendermaßen aussehen: im ersten Kapitel möchte ich den Begriff der Quantität analysieren; im zweiten analysiere ich die sprachlichen Mittel, die die deutsche Sprache gebraucht, um die Quantität auszudrücken; im dritten Kapitel kommen verschiedenste Beziehungen rund um das Sem der Quantität zur Frage und im letzten Kapitel werde ich mich mit der Beziehung der Quantität zu der Intensität, Qualität und der Extension befassen (und das alles natürlich auf deutschem Verb demonstrieren). Unmittelbar vor dem Schlußwort kommt auch die Frage der Praxis an die Reihe. 6 1 Die Definition der Quantität 1.1 Der Begriff der Quantität in der Sprachwissenschaft Wie in vielen wissenschaftlichen Bereichen, auch in der Linguistik befaßt man sich mit dem Phänomen der Quantität. Was ist eigentlich die Quantität? Im Wörterbuch von Jan Otta finden wir das Stichwort folgender Lautung: „die Quantität – lat. quantitas - die Menge 2. In der Metrik heißt die Quantität der Silben die Länge oder die Kürze der Silben.“ Auch Diderot erklärt den Begriff der Quantität auf dieselbe Weise und unterscheidet zwei Bedeutungen: die Quantität – die Menge, die Größe. 1. philosophisch – irgendwas, nach dem wir mit dem Fragewort wieviel? fragen und was gemessen und mit Zahlen ausgedrückt werden kann 2. phonetisch – die relative Länge des Lautes“ Wie wir bald sehen werden, ist diese Definition fü r die Sprachwissenschaft nicht sehr nützlich. Das Wörterbuch der fremden Wörter: „die Quantität - die Vielheit, die Häufigkeit, die Menge, der Komplex der Eigenschaften, die auf die Dimensionen des Gegenstandes zeigen … 3 4“ 2 Ich würde jedoch das Wort die Menge für bedeutungsidentisch mit dem Begriff Quantität halten. Man spricht auch von der Menge der Energie, Kraft – in diesem Fall handelt es sich jedoch um die Intensität, nicht Quantität. Wenn man den Begriff die Menge dem Ausdruck die Quantität gleich stellen würde, müßte man konstatieren, daß der Begriff Intensität unter die Quantität gehört. Und das stimmt nicht, dieser besteht neben dem Begriff Quantität, um die Welt beschreiben zu können. 3 Das Stichwort ist gekürzt. Weiter stimmt die Bedeutung mit denen aus den Enzyklopädien von Jan Otta und Diderot überein. 4 … der Komplex der Eigenschaften, die auf die Dimensionen des Gegenstandes zeigen … - der Begriff die Quantität bedeutet also nicht nur die Menge, die mit den Zahlwörtern ausgedrückt werden kann, sondern auch die Masse, die auch verkleinert oder vergrößert werden kann – vgl. das Verb abfeilen, das auch die Modifikation der Quantität ausdrückt. Jedoch nicht die Quantität im Sinne der Menge, sondern die Quantität im Sinne der Masse. Die Frage nach der Quantität läutet also nicht nur wieviel?, wie es in der Enzyklopädie Diderot 2001 steht, sondern auch wie groß? 7 Wie können diese Definitionen auf unser Problem angepaßt werden? Wo finden wir die Menge, die Größe, die Vielheit in solch einem abstraktem, unergreifbarem Konzept, wie die Sprache ist? Wie wir schon auf unseren Zitationen sehen können, wird immer neben der gewöhnlichen Bedeutung auch diejenige Bedeutung erwähnt, die das Bereich der Phonetik betrifft. Die Lauten sind auch Elemente, auf denen die Quantität, d.h. die Länge, am besten gesehen und teilweise auch gemessen werden kann. Natürlich unterscheidet sich die Länge, die Quantität der sprachlichen Elementen von Sprache zu Sprache, von einem Idiolekt zu einem anderen. Alle Größen sind in der Sprache höchst subjektiv und deshalb nur mit Schwierigkeiten ergreifbar, meßbar. 5 Ein anderes markantes Beispiel der Quantität in der Sprache sind die Größen Frequenz und Entropie. Mit diesen Phänomenen befaßt sich die Quantitative Linguistik (u.a. die Markov – Gesetze, die Zipf – Gesetze, die Theorie der Information, die Glottochronologie usw.). Es handelt sich hier um Versuche, die Sprache mathematisch, statistisch 6 zu ergreifen. Die Sprache wird mittels verschiedensten Formeln gemessen und die Theorie der Information arbeitet sogar mit einer Messeinheit – dem sog. bit. Auch hier wird häufig auf die Subjektivität bei der Auswahl des Objektes der Untersuchung hingewiesen und besonders die enorme Unterschiedlichkeit auch der relativ verwandten Sprachen kritisiert. Ziemlich problematisch ist die Frage der Quantität in der Grammatik, d.h. wie die Menge (aber auch die Intensität, bzw. die Extensität) morphologisch, eventuell syntaktisch realisiert werden. Die einzelnen Wortarten verfügen über einen große Menge Werkzeuge, mittels denen die Menge, die Quantität ausgedrückt werden kann. Es handelt sich z.B. um den Plural oder die Deminutiva im Fall der Substantiva, um die Graduierung bei den Adjektiven, um die 5 Die Subjektivität der einzelnen Idiolekte war auch der Grund, warum Hermann Paul den Begriff der Sprache ausschließlich nur auf die Sprache des Individuums, auf das Idiolekt bezog. Die Sprache im Allgemeinen sollte dann ein statistischer Durchschnitt aller Idiolekte sein, also nur etwas ungefähres. 6 Deshalb wird die quantitative Linguistik auch statistische genannt. 8 Wiederholung bei den Interjektionen. Über das komplexte Apparat verfügt natürlich das Verb, die komplizierteste Einheit aller Sprachen. Das Zeitwort und seine Ausdrucksweise der Quantität soll auch das Objekt meiner Forschung sein. Ein anderes Problem bei der Ergreifung der Quantität in der Sprachwissenschaft ist die zu große Verallgemeinerung. Manche Wissenschaftler nehmen alle Sprachen der Welt als eine Ganzheit und sind sich der Verschiedenheit auch der benachbarten Sprachen, der Sprachen, die zu einer Sprachfamilie gehören, nicht bewußt. Der Begriff der Quantität kann also nicht von der Mathematik, Physik direkt in die Linguistik übernommen werden. Die S prache als etwas, was sich stets und sehr rasch entwickelt, was nicht selten höchst subjektiv ist, kann nicht, oder höchstens sehr ungefähr, mit Zahlen oder Größen beschrieben werden. Dafür ist die Sprache zu differenziert, zu kompliziert, zu indefinit. Die Zahlen, Einheiten, Formeln müssen in der Sprachwissenschaft nur als Hilfswerkzeuge genommen werden, als nichts definites. Auch aus diesem Grund möchte ich mich in meiner Arbeit u.a. mit morphologischen und syntaktischen Mitteln befassen, die zur Ausdrückung der Quantität im Fall einer Handlung, einer Tätigkeit (d.h. mit der Quantität des Verbs) gebraucht werden, mit keinen Zahlen im Sinne der quantitativen Linguistik, der Mathematik. Eng mit dem Begriff der Quantität hängt das Phänomenon der Intensität zusammen. 7 Das Wörterbuch der fremden Wörter: die Intensität – der Grad der Kraft, der Machtigkeit; die Stärke, die Machtigkeit 7 Mit der Einführung und Beschreibung des Begriffs Intensität überschreite ich eigentlich den Rahmen dieses Kapitels. Ich tue es aus folgendem Grund – die Begriffe Quantität und Intensität stehen so nahe zueinander, daß sie bei erstem, oberflächlichem Blick leicht verwechselt werden können. Das möchte ich also durch die frühe Definierung des Begriffs Intensität vermeiden. Der Begriff Intensität kann auch dank seiner relativen Verwandschaft dazu benutzt werden, um den Ausdruck Quantität (und die Verhältnisse, die das Sem der Quantität in der Sprache erlaubt und welche nicht) weiter zu bestimmen. Trotz der engen Verwandschaft bestehen zwischen den beiden Ausdrücken auch gewisse Unterschiede, die sich auch in der Sprache widerspiegeln. 9 Die Enzyklopädie Diderot 2001: die Intensität – der Grad oder das Maß der Ausgiebigkeit, der Kraft, z.B. des Lichts, der Wärme, der Arbeit, des Denkens. Weil die Intensität sehr eng mit der Quantität zusammenhängt, möchte ich in meine Arbeit auch die Tatsache der erhöhten Intensität miteinbeiziehen, sofern sie zur Modifikation der Quantität führt. Am deutlichsten ist dieser Zusammenhang auf dem Verb arbeiten zu sehen. 8Auch in diesen Fällen möchte ich jedoch darauf aufmerksam machen, daß die auf diese Weise modifizierte Quantität (durch die Intensität) auch sehr subjektiv betrachtet werden kann. Hier bewegen wir uns jedoch auf der Ebene, die schon außer der Sprache liegt. Es gibt auch Fälle, wenn die Begriffe Quantität und Intensität verwechselt werden können. Es handelt sich um solche Situationen, in denen die größere Intensität unmitttelbar zur größeren Quantität führt. Vgl. z.B. das Verb regnen 9. Es gibt ein interessantes Phänomenon, das es sowohl im Fall der Relation Quantität, als auch im Fall der Relation Intensität gibt. Es gibt Handlungen, deren Intensität auf zweierlei Weise modifiziert werden kann. Diese „zwei Intensitäten“ werden ganz unabhängig voneinander modifiziert – d.h. die Modifikation „einer Intensität“ 8 Dieser Zusammenhang kann jedoch von zwei Sichtpunkten betrachtet werden, und zwar: 1. Der Zusammenhang der Intensität und der Quantität ist sprachimmanent, ist in der Sprache enthalten. 2. Der Zusammenhang ist sprachtranszendent, ist in der Sprache nicht enthalten und kann nur z.B. in unserer Erfahrung gefunden werden. Es ist äußerst kompliziert zu entscheiden, welchen der beiden Punkte man für den wahren nehmen soll. Ich perönlich glaube, daß solch einer Zusammenhang, um den es z.B. im Fall des Verbs arbeiten geht, in unserem Denken so verankert ist, daß es ihn auch in der Sprache gibt (siehe z.B. die Bedeutung des Verbs arbeiten, bzw. des Ausdruckes mehr arbeiten im Kapitel Die Relativität der durch die steigende Intensität ausgedrückte Quantität). Diejenigen Faktore, die den Zusammenhang der Intensität und der Quantität relativ machen, dürfen jedoch für sprachimmanente nicht gehalten werden. Diese müssen als sprachtranszendente bezeichnet werden. 9 Vgl. die Bedeutungen der folgenden Sätze: Es begann stark zu regnen. (Intensität) Es begann viel zu regnen. (Quantität) beide Sätze haben dieselbe Bedeutung. Natürlich halte ich die Begriffe Quantität und Intensität nicht für identisch. Ich konstatiere nur, daß es Situationen und Kontexte gibt, in denen sie verwechselt werden können, ohne daß die Bedeutung radikal verändert wird. Dieser unmittelbare Zusammenhang gilt jedoch nicht immer. Nehmen wir z.B. das Verb fließen – hier muß man den Begriff Stärke und Geschwindigkeit in Erwägung nehmen: eine kleinere Menge Wassers kann durch einen fest ausgegrenzten Raum fließen. Die größere Intensität führt dann zur größeren Quantität nicht. 10 muß nicht automatisch zu der Modifikation der anderen führen, vgl. das Verb gehen: 1. In der ersten Reihe handelt es sich natürlich um die Geschwindigkeit: schnell: eilen, hasten, rasen, rennen, sausen, sich sputen, stürmen, stürzen langsam: bummeln, kriechen, spazieren, trödeln, trotten, trotteln 2. Das Verb gehen kann jedoch auch anders modifiziert werden: geräuschvoll (laut): poltern, trampeln, stampfen geräuschlos (still): geistern, huschen, schleichen, schweben, schlüpfen, sich stehlen Wie man sehen kann, wird bei den meisten Verben die Intensität nur in einer Richtung modifiziert. Es kann nicht behauptet werden, daß z.B. die Modifikation in Richtung still auch zur langsamen Bewegung führen muß. Jedoch kommt es zu einzelnen Durchdringungen zweier Reihen, vgl.: geräuschlos und schnell: huschen geräuschlos und langsam: sich stehlen, schleichen, schweben geräuschvoll und schnell: stürmen, stürzen, (rasen) Auch das Wesen des Phänomens Quantität erlaubt die zweifache Modifikation. Für die Beispiele siehe die Bedeutungsanalysen der einzelnen Präfixe. 1.2 Das Verb und die Ausdrückung der Quantität Dem Verb als dem Zentrum jeder Aussage steht ein reiches Apparat der Mittel zur Verfügung, mit dem es die steigende, bzw. sinkende Quantität widerspiegeln morphologische und kann. teilweise Es disponiert syntaktische, als sowohl über auch über lexikalische Mittel. In diesem Kapitel möchte ich sie kurz zusammenfassen, um sich sie in weiteren Kapiteln näher ansehen. 1. Die lexikalischen Mittel – die häufigste, und auch einfachste Weise, wie eine steigernde oder sinkende Quantität ausgedrückt 11 werden kann, ist die Anwendung einer modalen adverbialen Bestimmung. Es gibt jedoch eine ganze Reihe von Verben, die schon die betroffene adverbiale Bestimmung implizieren und deshalb die Benutzung dieses Satzgliedes unnötig oder sogar störend machen. Diese Verben bilden dann die sog. Reihen mit zahlreichen Zwischenstufen der wachsenden Quantität. Interessant ist, daß mit der wachsenden Quantität eines Elements zugleich auch die Quantität (oder Intensität) eines anderen Elements (Qualität) wachsen kann. Vgl. strömen wogen und die damit verbundene wachsende Geräuschintensität. An die einzelnen Glieder der Reihen packen sich jedoch auch verschiedene Adjektive, die andeuten, daß der Gegenstand bei der steigenden Quantität einer Eigenschaft zugleich eine andere Qualität gewinnt, die nachfolgend auch am Maße gewinnt, vgl. leuchten scheinen glänzen und die damit verbundene steigende Quantität (bzw. Intensität, es hängt vom Sichtpunkt ab, welchen Termin man benutzt) des Lichtes und auch der Wärme. Eng mit der Frage der lexikalischen Mittel, die für den Ausdruck der höheren Quantität benutzt werden können, hängt auch das Problem des Stils zusammen. Auch hier, sowie in anderen Bereichen der Sprache, kann unter einer großen Menge synonymischer Ausdrücke gewählt werden und man muß die konkrete Situation, den Adressaten überlegen, um den richtigen Ausdruck zu wählen. Man findet zahlreiche Beweise dafür, daß es in der Sprache keine absolute Synonymie gibt. Natürlich können die einzelnen Mitglieder der Verbreihe nicht mit beliebigem Subjekt verbunden werden. In der realen Welt gibt es zahlreiche Hindernisse, die einem Subjekt verhindern, eine Tätigkeit durchzuführen, und diese Wirklichkeit muß natürlich auch in der Sprache widerspiegelt werden. Vgl. Der starke Mann hat das Scheit in Splitter zerhauen. *Das kleine Kind hat das Scheit in Splitter zerhauen.grammatisch is der Satz nicht falsch, es muß jedoch auch die Komponentialsemantik in Betracht genommen werden – das 12 Substantiv das Kind beinhält die Komponente Stärke nicht. Die ist jedoch für die Durchführung der Tätigkeit nötig. Interessant ist auch das Problem der übertragenen Bedeutungen. Sehr oft kann bei diesen Verben die Quantität nicht gesteigert werden. Vgl. das Holz arbeitet*das Holz hat sich geschunden. Es geht hier um das sog. Prinzip der Komplementarität. 2. die syntaktischen Mittel – das Verb disponiert, im Vergleich zu den lexikalischen und morphologischen Mitteln, über eine wesentlich kleinere Menge der syntaktischen Mittel. Dieses hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß die Bemühung um die möglichst kleine Mühe beim Sprechen zum Resultat führt, daß die komplizierteren Konstruktionen nicht gebraucht werden und damit auch aus der Sprache verschwinden. Es gibt jedoch einzelne Konstruktionen, mit denen ein erhöhter Maß einer Eigenschaft ausgedrückt werden kann, vgl. arbeitenmitten in der Arbeit begriffen sein. Zu den syntaktischen Mitteln gehört auch die Anwendung des Vorgangs- und Zustandspassivs. Während der Vorgangspassiv solche Quantität beschreibt, die noch modifiziert wird, der Zustandspassiv beschreibt solches Geschehen, das schon zu Ende ist – d.h. dessen Quantität schon den höchsten Maß erreicht hat. 3. die morphologischen Mittel – auch die Morphologie bietet dem Verb zahlreiche Möglichkeiten, wie die veränderte Quantität ausgedrückt werden kann, z.B. die Präfigierung – die Frage der Präfigierung werde ich in meiner Arbeit ziemlich gründlich analysieren. Die Präfixe sind ein häufig benutztes Sprachmittel, damit die Modifikation der Quantität ausgedrückt wird. Es können manche Regeln bei dem Ausdruck der Quantität durch die Präfigierung gefunden werden, diese Prinzipien sind jedoch nicht ganz unproblematisch applizierbar – v.a. wegen dem hohen Maß der Synonymität der Vorsilben (natürlich aus der Sicht der Quantität), vgl. aufschreiben auslesen. Manchmal können jedoch die Präfixe synonymisch benutzt werden, vgl. er- / aufblühen. 13 Wie im Fall der lexikalischen Mittel, ermöglichen auch die morphologischen Mittel die Entstehung der Reihen der Verben, die eine veränderte Quantität ausdrücken, vgl. reißen→entzweireißen→zerfetzen. Die Suffigierung – die Menge der Suffixe,die beim Ausdruck der Quantität benutzt werden können, ist nicht so reich wie im Fall der Präfixe, trotzdem stehen dem Verb einige Nachsilben zur Verfügung, z.B. –eln, -ern. Natürlich muß bei der Quantität immer die Subjektivität in die Überlegungen einbezogen werden. Es handelt sich darum, daß jeder von uns die Realität anders empfindet und damit auch mit der Sprache widerspiegelt, beschreibt. So kann manchmal dieselbe Realität mit den Ausdrücken von den umgekehrten Rändern der Skala, der Verbreihe beschrieben werden. Interessant ist auch das Phänomenon der zeitweiligen Indexikalität der Ausdrücke, die die Quantität bezeichnen sollen. Das ist jedoch bei den Verben nicht so oft der Fall (ich machewir machen), wie bei den Substantiva (wieder der Plural) oder bei den Adjektiven, bzw. den Adverbien (die Graduierung). Es gibt natürlich mehrere Fragen, die beim Beobachten der Relation Quantität beim Verb geöffnet werden müssen. Es sind z.B. die Synonymie, bzw. Antonymie (sind alle Varianten des Verbs, die dieselbe Quantität ausdrücken, automatisch die Synonyme? Und umgekehrt – können solche Verbvarianten, die auf den gegenseiteigen Polen der Quantitätsskala liegen, mit dem Begriff Antonyme beschrieben werden?). Eng mit dieser Frage ist auch das Problem des Stils und Kontexts verbunden. In meiner Arbeit möchte ich mich auch mit folgendem Phänomen befassen – die Verben, die die Quantität ausdrücken, stehen oft im engen Zusammenhang mit solchen Substantiven, die entweder da s Resultat der Quantifizierung oder das in das Prozeß der Quantifizierung eintretende Element beschreiben. Vgl. den Artikel 14 flüchtig durchsehendie Ahnung den Artikel studierendie Kenntnis, das Verständis. Durch die Quantifizierung gewinnt das Verb manchmal nicht nur das Merkmal mehr, viel. Es können auch andere Merkmale impliziert sein, die das neutrale Verb nicht beinhält, vgl. z.B. die Intensität oder die Ursache der gesteigerten Quantität. Auch das Phänomenon der Polysemie muß in Betracht genommen werden. Nicht selten gibt es Verben, die mehrere Bedeutungen haben und diese unterschiedlichen Bedeutungen beeinflußen auch die Fähigkeit des Verbs, die Quantität auszudrücken, vgl. das Verb scheren. Ohne Streiten gibt es auch Verben, deren Quantität (und auch Intensität) nicht gesteigert werden kann. Es hängt natürlich mit der realen Welt zusammen – auch hier gibt es solche Tatsachen, die nur entweder existieren oder nicht existieren können. Wie ich schon im vorigen Kapitel angedeutet habe, nicht selten hängt die Quantität sehr eng mit der Intensität zusammen. Es handelt sich um solche Handlungen, bei denen die Modifikation der Intensität auch zur Modifikation der Quantität führt. Dieser Zusammenhang ist jedoch relativ und hängt noch von anderen Tatsachen ab (vgl. das Verb arbeiten). Die Relativität kann auch in denjenigen Gesprächen gefunden werden, in denen jeder von den beiden Partnern die Quantität anders beschreibt, oft auch mit solchen Verben, die sich auf den gegenseitigen Polen der Quantitätsskala befinden. Auch hier müssen noch weitere, oft außersprachliche Tatsachen in Betracht genommen werden (z.B. die Intention). 1.3 Verben, deren Quantität nicht gesteigert werden kann In der realen Welt gibt es natürlich auch solche Sachverhalte, deren Quantität nicht verändert werden kann, die immer in demselben Maß durchlaufen müssen. Auch in der deutschen Sprache gibt es Verben, die solche Realität widerspiegeln und können also, was die Quantität 15 betrifft, nicht modifiziert werden. Die Verben können in drei Gruppen eingeteilt werden – 1. die Verben, die eine Existenz ausdrücken, 2. perfomative Verben und 3. die Verbpaare, von denen ein Glied transitiv und der andere intransitiv ist. 1. Die Verben, die eine Existenz ausdrücken Die Existenz einer Tatsache in der realen Welt kann nur auf zweierlei Weise festgestellt werden – als „Ja“ oder „Nein“, d.h. als ein Hiersein oder als eine Abwesenheit. Es gibt keine Zwischenstufen, im Gegensatz zu vielen anderen Tatsachen, deren Quantität gesteigert, bzw. abgeschwächt werden kann. Es handelt sich um das sog. Prinzip der Komplementarität 10 / Kontradiktion 11 , das es auch bei anderen Wortarten, nicht nur bei Verben, gibt. Zwei komplementäre Wortbedeutungen teilen zusammen einen bestimmten Sachverhalt genau in zwei Teile, vgl.: leben*sehr, viel, wenig lebensterben lebend(ig) 12 totdas Lebender Tod bestehen*Es besteht sehr, viel.Es besteht nicht. 2. performative Verben In der Sprache gibt es die sog. Performativa (meistenteils handelt es sich um ein Verb oder eine festgelegte Formel), mittels denen durchgeführt wird, was gesagt wird. Ein performativer Satz ist ein Satz, der ein Verb enthält, mit dem der Sprecher seine Absicht nicht nur beschreibt, sondern auch realisiert. Der Gegensatz dazu sind die sog. konstativen Verben, bzw. Sätze, die den Sachverhalt nur beschreiben. komplementär – sich gemeinsam ergänzend, zusätzlich. Phys. – komplementäre Farben – zwei spektrale Farben, wenn diese vermischt werden, entsteht die weiße Farbe. Komplementäre Farbe = diametrale 11 die Kontradiktion – der Gegensatz, der Widerspruch. Log. – das Verhältnis der Begriffe oder Behauptungen, die einander widersprechen 12 Das Wort lebendig hat jedoch zwei Bedeutungen: a) wir haben das Komplementaritätspaar lebend(ig)tot – dieses Verpaar drückt natürlich keine Quantität, keinen Maß aus b) das Adjektiv lebendig kann jedoch auch die Bedeutung rege, lebhaft, energievoll tragen. Der Gegensatz dazu wären etwa nicht temperamentvoll, nicht energisch. 10 16 Was die Fähigkeit der performativen Verben betrifft, die Veränderungen der Quantität auszudrücken, können die Perfor mativa in zwei Gruppen eingeteilt werden: a) Performativa, die die Quantität nicht ausdrücken können Wie im Fall der Verben, die die Existenz ausdrücken, handelt es sich um die sog. komplementären Paare, die keine Zwischenstufen erlauben: versprechen 13*Ich verspreche dir sehr.Ich verspreche dir nichts. taufen*Ich taufe dich sehr auf den Namen…Der Priester tauft ihn nicht. b) Die performativen Ausdrücke, die fähig sind, die modifizierte Quantität zu widerspiegeln Ein und dasselbe Verb kann in beiden Funktionen auftreten – als ein Performativum oder ein Konstativum. Um die Funktion des performativen Verbs zu erfüllen, muß der Ausdruck in der 1. Person Präsens Indikativ Aktiv sein. In jeder anderen morphologischen Form handelt es sich um ein Konstativum, das die Realität widerspiegelt. In der Funktion eines konstativen Verbs kann es manchmal die modifizierte Quantität ausdrücken, vgl.: Er wurde getauft.*Er wurde sehr getauft. Aber: Er hat den Vater ums Geld gebeten.Er hat den Vater angeflehen.Er bettelte ums Geld.Er drängte in den Vater mit den Bitten ums Geld. 14 3. In jeder Sprache gibt es Paare von Verben, von denen ein Glied transitiv und der andere intransitiv ist (trinken tränken, springensprängen usw.). Die Fähigkeit, die veränderte Quantität auszudrücken, ändert sich von einem Paar zu dem anderen, die einzelnen Verbpaare müssen also eines nach dem anderen betrachtet 13 Im literarischen Stil können auch diese Ausdrücke ab und zu quantifiziert werden: Wir waren Zeugen des großen Schwures des alten Indianers: … Hier handelt es sich jedoch nur um ein stilistisches Mittel, mit dessen Hilfe die Situation dramatisiert wird. Der Schwur, bzw. das Verb schwören können natürlich nicht quantifiziert werden. 14 Es gibt zwar die Aussage Ich bitte dich sehr um …, hier handelt es sich jedoch um die Intensität. Dasselbe gilt für das Verb danken. 17 werden. Trotz dieser Unregelmäßigkeit können die Verbpaare in einige Gruppen eingeteilt werden: a) ertränkenertrinken *Er hat viel ertränkt.*Er ist viel ertrunken. stellenstehen *Er hat die Vase auf den Tisch viel gestellt.*Die Vase hat auf dem Tisch viel gestanden. setzensitzen *Er hat sich viel gesetzt.*Er hat viel gesessen 15. In diese Gruppe gehören solche Verbpaare, bei ihnen kein einziger Glied quantifiziert werden kann. b) tränkentrinken Er hat die Kuh mit viel Wasser getränkt.Er hat viel getrunken. Obwohl beide der Verben die erhöhte Quantität ausdrücken kö nnen, sind sie imstande, es nur mittels Quantifikatore zu tun, sie verfügen über keine Mittel, es durch grammatische Mittel auszudrücken. 16 c) sprängenspringen*Er hat die Festung hoch gesprängt.Er ist hoch gesprungen. Es handelt sich um Paare, bei denen nur der intransitive Teil quantifiziert werden kann. Es ist interessant, daß es Beispiele, wo es umgekehrt wäre, nicht gibt. 2 Die Mittel, die das deutsche Verb benutzt, um die Quantität auszudrücken Wie bereits die Überschrift andeutet, möchte ich mich in diesem Kapitel mit denjenigen Mitteln befassen, die das deutsche Verb benutzt, um die Quantität ausdrücken zu können. In der ersten Reihe handelt es sich natürlich um verschiedenste Präfixe und Suffixe, es können jedoch auch andere Sprachmittel gefunden werden, wie es z.B. bei den syntaktischen Mitteln der Fall ist. Teilweise werde ich 15 Die Verben stehen, sitzen können durch das Adverb lange modifiziert werden. Hier handlet es sich jedoch um keine Quantität, sondern die Zeitdauer. 16 Wir haben natürlich das Verb saufen, dieses hat jedoch, obwohl es einen größeren Maß des Trinkens ausdrückt, eine andere Bedeutung. 18 jedoch den Rahmen dieses Kapitels überschreiten, und mich auch mit den Bedeutungsverhältnissen um das Sem der Quantität befassen (siehe die Frage der Antonymie im Fall der Präfixe). Konkret bei der semantischen Beschreibung der Präfixe überschreite ich eigentlich den Rahmen dieser Dissertation und beschreibe auch solche Seiten der Bedeutung, die eigentlich mit der Quantität nichts zu tun haben. Der Hauptgrund für diese Handlung ist folgender: durch die möglichst detailierte Beschreibung auch andrerer Bedeutungen möchte ich präzis abgrenzen, was ich mit dem Begriff Quantität meine. Es hat auch eine nicht beabsichtigte Folge – es kann sehr gut beobachtet werden, wie sich die antonymischen Paare mit der Veränderung der Bedeutung ändern, auch wenn es sich um ein und dasselbe Präfix handelt. 2.1 Die Präfixe Die Präfixe (oder Vorsilben) sind grammatische Mittel, die an der Grenze zwischen der Morphologie und Lexikologie stehen. In die Morphologie werden sie deswegen eingeordnet, weil ihre Benutzung gewissen Regeln unterliegt (vgl. die trennbaren und untrennbaren Präfixe usw.); dank ihrer Fähigkeit, die Bedeutung zu modifizieren, können sie jedoch auch in die Lexikologie eingeordnet werden. Unter vielem anderen sind sie imstande, die modifizierte Quantität, bzw. Intensität auszudrücken. In meiner Arbeit werde ich mich mit den Präfixen an-, ab-, aus- ,be-, durch-, ein-, ent-, er-, ver-, zer- , bzw. entzwei- beschäftigen. Alle mit diesen Präfixen versehenen Verben drücken die Quantität aus (natürlich nicht nur die Quantität, wie wir bei der Analyse der einzelnen Präfixe sehen werden). Die Präfixe, oder besser gesagt die mit den Präfixen versehenen Verben, können in vier Gruppen eingeteilt werden, und zwar danach, ob die Präfixe 19 die modifizierte Intensität, Quantität, Extensität oder Qualität ausdrücken 17: 1. Die modifizierte Intensität - es handelt sich oft um die sog. Phasenverben 18, die die steigende (und nachfolgend auch sinkende) Intensität ausdrücken, vgl. die Verbreihe anbrennen brennen ausbrennen. Wie wir schon öftermals konstatiert haben, hängt nicht selten die Intensität sehr eng mit der Quantität zusammen. Das ist hier jedoch nicht der Fall, die Modifikation der Intensität führt nicht zu der Modifikation der Quantität. Die in solcher Weise transformierten Verben bilden eine Art vom Zyklus – am Beginn ist die Intensität klein (anbrennen), dann steigt sie, bis sie ihren Höhepunkt erreicht (brennen) und dann sinkt die Intensität wieder (ausbrennen). Der Begriff der Quantität darf hier nicht benutzt werden, man kann zwar zur Benutzung der Adjektive weniger und mehr verführt werden (das erst angezündete Feuer brennt „weniger“ als das schon brennende), der Gegenstand der Beobachtung ist jedoch so abstrakt, so unerfaßbar, daß in diesem Zusammenhang der Begriff Quantität nicht benutzt werden darf. Die Verben in dieser Gruppe können noch in weitere drei Gruppen eingeteilt werden, und zwar im Hinblick darauf, ob die Ursa che der Modifikation der Mensch sein kann oder nicht: a) Die Handlungen, bei denen kein menschlicher Eingriff möglich ist: erglühenstrahlenverglühen aufleuchtenleuchtenverglühen 17 Damit möchte ich keinesfalls behaupten, daß alle mit einem Präfix versehenen Verben in diese vier Klassen eingeordnet werden können. Eines solcher Verben ist z.B. das Verb aufblühen (bzw. verblühen). Ich habe solche Kriterien deswegen gebraucht, weil ich mich aufgrund deren mit dem Verb beschäftige. 18 Es gibt auch solche Phasenverben, die keine Intensität ausdrücken, wie z.B. die Verben aufblühenblühenverblühen. In diesem Fall handelt es sich um einen Kreisprozeß – die Handlung beginnt im „Punkt Null“ und über einen gewißen Höhepunkt kehrt in den „Punkt Null“ wieder zurück. Die ganze Handlung kann auch mittels folgender Substantive ausgedrückt werden: die Knospedie Blüte, ein Hyperonym zu diesen zwei Substantiven wäre dann das Substantiv die Blume. 20 b) Es gibt auch solche Handlungen, die durch den menschlichen Eingriff initiiert werden können. Dieser ist jedoch keine Bedingung, sie können auch durchlaufen, ohne daß vom Menschen Anstoß gegeben wird, vgl.: anbrennenbrennenaus-/abbrennen c) Es gibt auch Verben, deren Handlung nur durch den Menschen initiiert werden kann, die nicht automatisch durchlaufen kann, wie es bei den Verben entbrennen brennen aus-/abbrennen der Fall ist, vgl.: ansägensägenzersägen Diese Verben sind jedoch keine Phasenverben mehr. Der größte Unterschied zwischen den Phasenverben und diesen so zu sagen „linearen“ Verben ist derjeniger, daß die Phasenverben gewisse Zyklen bilden (es handelt sich um die Entwicklung, die im „Punkt Null“ beginnt und wieder in den Punkt Null zurückkehrt, siehe oben) und die „linearen“ eine Reihe, eine Linie bilden, keinen Zirkel (oder Zyklus). Die Handlung durchläuft linear, d.h. sie ist nicht kreisförmig, kehrt in den „Punkt Null“ nicht zurück. Der Zustand des durch die Handlung abgeänderten Gegenstandes ist anders am Ende als am Beginn, vgl.: ansägensägenzersägen wie man sieht, stehen diese Verben den Phasenverben nur augenscheinlich sehr nahe. Es handelt sich weder um eine kreisförmige Handlung, noch wird die Intensität (oder Quantität) modifiziert 19. Die Phasenverben zeichnen sich noch durch ein interessantes Merkmal aus: es gibt die Möglichkeit, die Phasen nicht nur durch die Verben auszudrücken, sondern auch durch andere Wortarten – v.a. durch die Substantive und Adjektive, vgl. wieder die Verben glühen und brennen: erglühenglühenverglühen dieser Zyklus kann ungefähr auch folgendermaßen durch Substantive 19 ausgedrückt werden: der D.h. des Sägens. Das Verb sägen ist natürlich imstande, die modifizierte Quantität auszudrücken. Dann müßte jedoch die Verbreihe anders aussehen, z.B. entzweisägen→in Stücke zersägen. 21 Scheinder Glanz. Der Oberbegriff (das Supernym) zu diesen zwei Substantiven ist der Begriff das Licht. Ebenso kann als Hyperonym zu den Verben aufglühen glühen verglühen das Verb glühen genommen werden. Die Phasen können jedoch auch durch Adjektive ausgedrückt werden, vgl. das Verb brennen: anbrennenbrennenaus-/abbrennen kaltwarmheißwarmkalt – man kann auf diesen Adjektiven ganz deutlich sehen, daß es sich um einen Zyklus, einen Kreis handelt, der durch „die Pünkte Null“ begrenzt ist. Noch eine Tatsache stellt die „linearen“ Verben in einen sehr nahen Zusammenhang mit den Phasenverben: die „linearen“ Verben sind imstande, durch die gegenseitige Kombination die Zyklen zu bilden, vgl.: anheizenglühen, brennenabkühlenoder, mittels der Adjektive kühl, kaltwarmheißkalt, kühl oder auch mittels der Substantive KälteWärmeHitzeGlutWärmeKälte Die Grundlage dieses Zirkels bildet die Opposition der Präfix e anund ab-. Das Präfix an- beschreibt den Beginn einer Handlung, etwas wird zugegeben, die Intensität oder Quantität vergrößert sich, das Präfix ab- beschreibt eine umgekehrte Handlung – etwas wird abgenommen. 2. Das Problem, das mich jedoch in meiner Arbeit viel mehr als der Begriff Intensität interessiert, ist die Relation Quantität. Auch die kann mit Hilfe von Präfixen ausgedrückt werden, vgl.: Anreißen, entzweireißenzerfetzen hier helfen die Vorsilben an-, entzwei- 20 und zer- die modifizierte Quantität auszudrücken. Vgl. jedoch auch die folgende Verbreihe: anreißenzerreißenin diesem Fall geht es nicht mehr um die Quantität, sondern um die Intensität. 20 Die Vorsilbe entzwei- kann auch getrennt geschrieben werden. Dann handelt es sich jedoch um ein Zahlwort. 22 Die Quantität kann jedoch auch mittels anderer Präfixe ausgedrückt werden, vgl. z.B. die Präfixe durch-, aus-, ab-: Er reiste nach Deutschland.Er hat Deutschland durchreist. Er hat die Suppe gegessen.Er hat den Teller mit der Suppe aus/abgegessen. In diesem Kapitel werde ich mich jedoch mit dem Phänomenon der Quantität und den Präfixen nicht ausführlich befassen, etwas näher sehe ich es mir bei der Analyse der einzelnen Präfixe an. 3. Wie ich später erwähnen werde, gehören die Präfixe unter die Mittel, die imstande sind, die Extension auszudrücken. Wie im F all der Quantität werde ich mich der Extension im Rahmen der späteren Kapitel widmen, daher führe ich auf dieser Stelle nur ein Paar Beispiele an: Aus-: Der Vorsitzende dehnte seinen Einfluß auf die ganze Klasse aus. Die Wolken haben sich schon über den ganzen Himmel ausgebreitet. Be-: Durch diese Tatsachen wurden unserere Wahlmöglichkeiten stark beengt. Ein-: Die Eisschollen haben den Raum für das Manövrieren des Schiffes stark eingeengt. Er-: Das Thema ist viel breiter, als Sie denken. Erweitern Sie ihre Diplomarbeit! Ver-: Iß endlich ordentlich! Ich werde deine Hose nicht immer verengen. 4. Qualität – die Beispiele der Verben solcher Art sind sehr schwer zu finden, weil die Qualität v.a. durch Adjektive ausgedrückt wird. Die Tätigkeit, die zur veränderten Qualität führt und durch das Verb ausgedrückt wird, hängt dazu sehr eng mit der Quantität zusammen (z.B. bewassern→naß). Trotzdem können einige die reine Qualität ausdrückenden Verben gefunden werden, wie z.B. bemalen oder übertünchen. In folgenden Kapiteln möchte ich die einzelnen Präfixe analysieren, die imstande sind, die Quantität auszudrücken. Ich beginne mit der Vorsilbe an-. 23 2.1.1 Das Präfix an- anwurzeln, anstimmen, anwehen, ansehen, ansegnen, anreißen, anlachen, anläuten, anklopfen, andeuten, anbrennen, anbrechen, anfeuchten, ansägen Die Bedeutung, die das Präfix an- den Verben verleiht, ermöglicht uns, mehrere Gruppen zu bilden, je nachdem, wie das Verb durch das Präfix modifiziert wird: 1. Beginn einer Handlung – anwurzeln, anreißen, anbrennen, anbrechen – in diesem Fall wird durch die Anwendung des Präfixes an- ausgedrückt, daß eine gewiße Handlung erst beginnt, bzw. von jemandem begonnen wird. Manche von ihnen sind die schon im vorigen Kapitel erwähnten Phasenverben, die anderen sind diejenigen, deren Handlung nicht in Zyklen, sondern linear verläuft. In diesem Fall wird keine Quantität oder Intensität ausgedrückt. Mit Hilfe von anderen Präfixen können die Verben wieder die Verbreihen bilden, vgl.: An- ent-: anwurzelnwurzelnentwurzelnein Zyklus, ein Phasenverb An- aus-: anbrennenbrennenausbrennenwieder ein Zyklus, ein Phasenverb An- zer-: anbrechenbrechenzerbrechen anreißenreißenzerreißenbloßer Beginn einer Handlung, die linear verläuft 2. Die Handlung wird gegen das Subjekt gerichtet, vgl. die Verben anlachen, anwehen, ansegnen Der Wind hat ihn plötzlich angeweht und es wurde ihm kalt. Er war glücklich. Sie hat ihn angelachen! 3. Die Einmaligkeit der Handlung – anstimmen, ansehen, anklopfen, anfeuchten, anläuten – diese Verben, die auch Momentana genannt werden, drücken, im Vergleich zu ihren Varianten, die nicht mit dem Präfix an- versehen sind, die Einmaligkeit, Kurzzeitigkeit. Selten 24 können sie auch Zyklen bilden und so zu einer Art Phasenverben werden, vgl. anfeuchten (ab)trocknen, dörren. In dieser Gruppe gibt es auch Verben, bei denen das Präfix an- ohne Bedeutungsunterschied durch das Präfix auf- ersetzt werden kann, vgl. das Verb an-/aufschreiben: Sie hat du richtige Lösung der logischen Aufgabe auf die Tafel an/aufgeschrieben. 4. Die Quantität – das Präfix an- ist auch imstande, die modifizierte Quantität auszudrücken. Wie wir schon auf den oben erwähnten Beispielen gesehen haben, handelt es sich oft um den Anfang einer Handlung, die durch das Präfix an- geäußerte Quantität kann also mit dem Zahlwort Null ausgedrückt werden, siehe die folgenden Beispiele: anreißenentzweireißenin Stücke zerreißen, zerfetzen ansägenentzweisägenin Scheiten zersägen anhauen / anspaltenentzweihauen / entzweispaltenin Splitter zerhauen / zerspalten Auf den Verbreihen kann deutlich gesehen werden, wie die Quantität der durch die mit dem Verb ausgedrückten Tätigkeit steigt – von Null, über zwei bis zu einer großen Menge, vgl. die folgenden Beispielsätze: reißen: Er hat im Wald seine Kleidung angerissen. Er hat so lange Spaß gemacht, bis er das wichtige Dokument entzweigerissen hat. Dieser Fehler konnte jedoch ziemlich leicht abgeschafft werden, vor einer Woche hatten wir ein viel größeres Problem – Paul hat vor Wut seine Geburtsurkunde in Stücke zerfetzt. sägen: Er war leider nicht imstande, den dicken Stamm des unlängs geFallnen Baumes zu zersägen. Er hat ihn nur angesägt. Auf den ersten Blick lag der Stamm noch ganz ungestört auf dem Boden. So ein großes Scheit tragen wir sicher nicht ab, es ist zu schwer. Warte mal, ich hole die Säge und säge es entzwei. Dann wird es zweimal leichter sein und wir werden sicher fähig sein, es abzutragen. 25 Er mußte den Stamm in mehrere Scheiten zersägen. Als ganze war es zu lang und konnte in den Wagen nicht geladen werden. hauen, spalten: Er hat den Stamm nicht einmal angesägt, er war sogar nur fähig, dieses Scheit anzuhauen! Das Scheit als ganze kann doch in den Ofen nicht gestopft werden. Er ist ganz wütend in den Garten gelaufen. Uns war klar, was jetzt passieren wird – das erste Scheit, das er findet, zerspaltet er mit der Axe in Splitter. Wie man sehen kann, ist das Präfix an- imstande, die Modifikation der Quantität auszudrücken. Wie wir jedoch auf den oben genanannten Beispielen demonstriert haben, ist es nicht seine primäre Funktion. Die wurde in den ersten drei Pünkten beschrieben – der Anfang einer Handlung, die gegen das Subjekt gerichtete Tätigkeit und die Einmaligkeit der Handlung (=die Momentana). 2.1.2 Das Präfix ab abtrocknen, absehen, abtauen, abstrahlen, abspalten, abstauben, abkühlen, abscheuern, abrüsten, absägen, abreisen, abfeilen, abhauen Eines der Präfixe, die imstande sind, die modifizierte Quantität auszudrücken, ist das Präfix ab-. Dieses Präfix verfügt über die Fähigkeit, den Verben auch andere Bedeutungen zu verleihen ; die modifizierten Verben, bzw. die eigentliche Bedeutung des Präfixes ab-, können also in mehrere Gruppen eingeteilt werden. Wie im Fall der anderen Präfixe, die noch behandelt werden, werde ich mich mit den einzelnen Bedeutungen befassen und die größte Aufmerksamkeit der Relation Quantität widmen. Das Präfix ab- hat die Bedeutung etwas beseitigen, etwas abnehmen oder etwas, eine Tätigkeit, eine Handlung beenden. Die Verben können also in zwei Gruppen eingeteilt werden, vgl.: 1. Die Bedeutung eine Tätigkeit, eine Handlung beenden. In dieser Funktion hat die Vorsilbe ab- mit der modifizierten Quantität nichts zu tun, vgl. die folgenden Beispielsätze: 26 Er ist nur vor zwei Tagen nach Deutschland angereist und schon reist er ab / fährt er weg. Er hat sich der Tätigkeit nur zwei Tage gewidmet und schon hat er davon abgesehen / schon hat er sie aufgegeben. Wie man auf den Beispielsätzen sehen kann, handelt es sich immer um das Ende einer Tätigkeit. Oft kann man ganze Verbreihen bilden, wie etwa die folgende: anreisenreisen / durchreisenabreisen Auch diese Verbreihe, bzw. Handlung, ist eine Art Zyklus: die (Verb)reihe könnte auch folgendermaßen ausgedrückt werden – der Beginn der Durchlauf das Ende. Wie im Fall der Phasenverben handelt es sich um eine Entwicklung von dem Punkt Null, die wieder in dem Punkt Null endet. Bei dem Verb absehen handelt es sich zwar um dieselbe Verbreihe (ansehen sehen absehen), jedoch mit einer ein bißchen anderen Bedeutung – es handelt es sich um keine Beendigung einer Handlung, wie es im Fall unseres Beispielsatzes war (dann wäre das Verb ansehen kein Oppositum zu dem Verb absehen), sondern um solche Bedeutung – es kommt zu keiner Handlung, Tätigkeit, vgl.: Ich habe mir seine Semminararbeit angesehen. – Von seinem letzten Mißerfolg abgesehen, ist er eigentlich ziemlich erfolgreich. 2. Das Präfix ab- verfügt jedoch auch über die Fähigkeit, die modifizierte Quantität auszudrücken - die Quantität wird kleiner. Siehe die folgenden Verben: abtauen, abspalten, absägen, abfeilen, abhauen, abtrocknen, abstauben, abkühlen, abscheuern, abrüsten. Immer wird etwas abgenommen, vgl. die folgenden Beispiele: abtrocknen – die Quantität des Wassers wird kleiner, abkühlen – auch hier handelt es sich um die sinkende Quantität der Wärme, derselbe Fall sind die Verben abscheuern und abrüsten. 21 21 Von der Sprache, der semantischen Bedeutung der Verben abgesehen, gibt es in der realen Welt noch einen interessanten Zusammenhang, der jedoch nicht sprachimmanent ist, d.h. nicht in der Sprache zu finden ist, sondern sprachtranszendent ist: es handelt sind um ein Verhältnis der sinkenden und zugleich auch steigenden Quantität – die Quantität, die Menge eines Stoffes, eines Gegenstandes wird gesenkt, während die Menge eines anderen Stoffes, eines anderen Gegenstandes steigt. Es handelt sich um die Handlungen, die 27 Im Fall des Verbs abstauben bildet den Gegensatz zu dem Präfix abdie Vorsilbe be-. Die deutsche Sprache verfügt also über das Verbpaar bestauben abstauben. Den Gegensatz zu dem Präfix abbilden also die Präfixe an- (ansehenabsehen), be- und auch auf(aufblühenabblühen). Das Präfix ab- ist jedoch nicht das einzige Präfix, das die Bedeutung etwas abnehmen, die Menge kleiner machen ausdrückt. Dieselbe Bedeutung hat auch das Präfix ent-, vgl. das Verbpaar bestauben abstauben / enstauben. Das Präfix ent- hat also dieselbe Bedeutung wie das Präfix ab-. 3. Zum Schluß muß ich natürlich auch solche Verben erwähnen, die in keine der beiden Gruppen zugeordnet werden können – es handelt sich weder um das Ende einer Handlung, bzw. einer Tätigkeit, noch Tätigkeiten, die durch die Verben abfeilen, abtauen, abspalten oder abhauen sprachlich ausgedrückt werden, siehe die folgenden Beispielsätze: abtauen – in diesem Fall sinkt zwar die Quantität des Schnees, des Eises, zugleich steigt jedoch die Quantität des daraus entstandenen Wassers, vgl.: Der Schnee in den Bergen taut ab. In den höheren Lagen verschwindet zwar der Schnee, in den niedrigeren Lagen kann man jedoch das Hochwasser erwarten. abspalten – es handelt sich um dasselbe Beispiel wie im Fall des oben genannten Verbs abtauen – einerseits wird die Masse z.B. des Holzes geniedrigt (die Quantität sinkt), andererseits steigt die Zahl, die Menge der Holzstücke (die Quantität wächst), vgl.: Er warf den verfaulten Baumstumpf auf den Boden. Von dem Baumstumpf spaltete sich ein Stück Holz ab. Der ursprüngliche Baumstumpf war zu schwer, um abgetragen werden zu können, die entstandenen zwei Stücke konnten jedoch ziemlich leicht abgetragen weden. Die waren nicht so schwer. Mit dem Verb abhauen werde ich mich näher nicht befassen. Es handelt sich fast um ein Synonym zu dem Verb abspalten, die Quantität wird also auf dieselbe Weise modifiziert wie im Fall des Verbs abspalten. absägen – es handelt sich präziß um denselben Fall wie bei dem Verb abspalten – durch die Abgeschnittenheit wird zwar die Quantität, die Masse des ursprünglichen Gegenstandes gemindert, die Quantität der durch das Absägen entstandenen Gegenstände (der Abschnitzel) wird jedoch gesteigert,vgl.: Er sägte von dem großen Zweig einen Nebenzweig ab. Auf dem Boden lag nun kein großer Zweig mehr, sondern zwei kleine Zweige. abfeilen – wieder derselbe Fall. Durch das Abfeilen wird der Gegenstand kleiner (die Quantität, die Masse sinkt), die Zahl, die Masse des Sägemehls wird jedoch größer (die Quantität wächst), vgl.: Sieh mal, ich habe das Eisen abgefeilt! Ist er nun klein genug? – Ja, aber was die Unordnung auf dem Boden? Da liegt ein Haufen Sägemehl! Daß es sich um keinen sprachimmanenten Zusammenhang handelt, beweisen die folgenden Bedeutungsanalysen: abfeilen, abspalten, abhauen – etwas durch das Feilen, Hauen, Spalten abschaffen abtauen – durch die Einwirkung der Wärme wird die Masse, die Menge von Eis kleiner. Ähnlich ist auch das Verb abschmelzen. nirgendwo in den analysierten Verbbedeutungen ist ein Sem der wachsenden Quantität zu finden, nur der der sinkenden Quantität. 28 um die Modifikation der Quantität. Es handelt sich um solche Verben wie z.B. abstufen oder abstrahlen. 2.1.3 Das Präfix aus ausdörren, ausbürsten, ausbrennen, ausbluten, auslaugen, ausgraben, aushöhlen, auskühlen, ausklingen, aushungern, ausschacht en, ausplündern, auslecken, ausraufen Ebenso wie die anderen schon erwähnten Präfixe wird auch das Präfix aus- verwendet, um die modifizierte Quantität auszudrücken. Es ist natürlich nicht seine einzige Funktion, d.h. es ist imstande, den Verben auch andere Bedeutungen zu verleihen. Insgesamt hat das Präfix aus- drei Bedeutungen – 1. die schon erwähnte Fähigkeit, die Quantität auszudrücken, in diesem Fall die verkleinerte Quantität (oft handelt es sich um solche Fälle, in denen die Quantität nach der Beendigung des mit dem Zeitwort ausgedrückten Prozeßes am besten mit dem Zahlwort Null zu bezeichnen ist), es können jedoch auch solche Ausdrücke gefunden werden, die die Quantität in zwei Richtungen modifizieren, d.h. die Quantität steigt und sinkt zugleich, 2. das Ende eines Prozeßes, 3. die Bedeutung, daß schon gewißes getan worden ist. Die mit dem Präfix aus- versehenen Verben können also in drei Gruppen eingeteilt werden: 1. die Bedeutung das Ende, die Beendigung eines Prozeßes – es handelt sich wieder oft um die sog. Phasenverben, die ein Bestandteil eines Zyklus sind, vgl. die Verben ausbrennen, ausklingen oder aushungern. Das Zyklus kann auch folgendermaßen beschrieben werden, mit den Präfixen an-, bzw. auf-aus-, bzw. ver-, ab-, vgl. die Verben anbrennen brennen ausbrennen. Wie man auf den im Zusammenhang mit dem Präfix aus- erwähnten Präfixen sehen kann, gibt es in der deutschen Sprache solche Präfixe, die in synonymischer (oder besser gesagt bedeutungsähnlicher) und antonymischer Bedeutung mit dem Präfix aus- gebraucht werden können: 29 a) die Präfixe, die ebenso wie das Präfix aus- die Bedeutung das Ende, die Beendigung eines Prozeßes haben – ver-, ab-. Natürlich bedienen sich die deutschen Verben nicht immer aller dieser Präfixe. Im Fall unserer drei Beispielverben sind jedoch alle drei Varianten zu finden, die jedoch als synonymisch nicht betrachtet werden können, vgl.: ausbrennen – abbrennen – verbrennen – die einzelnen Präfixe, bzw. Verben, haben zwar die Bedeutung die Beendigung eines Prozeßes, sie können jedoch aufgrund dieses einzigen Merkmales nicht verwechselt werden, vgl. die folgenden Beispielsätze: Bei dem Verkehrunfall ist das Auto ausgebrannt. Der Brandstifter hat die Resindenz der Firma abgebrannt. – Das Feuerwerk wurde abgebrannt. Der Weihnachtstruthahn ist in der Backröhre verbrannt worden. Bei dem Verb ausklingen ist die Situation anders. In diesem Fall können alle drei Varianten (ausklingen, abklingen und veklingen) fast hundertprozentig verwechselt werden 22. Das Verb hungern gebraucht die Präfixe anders. Die Variante abhungern gehört in dieses Kapitel nicht, es bezeichnet kein Ende eines Prozeßes. Verhungern und aushungern beinhalten zwar beide das Merkmal einer Beendigung, trotzdem können sie nicht beliebig verwechselt werden – das Verb aushungern hat auch ein Agens nötig. b) Wie ich schon erwähnt habe, können die Präfixe an- und auf- für die Antonyme zu dem Präfix aus- gehalten werden, vgl. die Verben aufblühen ausblühen oder anbrennen ausbrennen, anklingen ausklingen. 2. die Bedeutung, daß schon gewißes getan worden ist – im Gegensatz zu den Verben, die unter den Punkt 1 eingeordnet worden sind, kann sich zwar um die Beendigung einer Tätigkeit handeln, oft ist es jedoch nicht so, vgl. die Verben ausgraben, ausschachten, aushöhlen: 22 Wegen der übertragenen Bedeutungen sind die Verben nicht als Synonyme zu bezeichnen. 30 Er hat das Loch schon ausgegraben / ausgehöhlt / ausgeschachtet. aber: Er hat zwar schon ein zwei Meter tiefes Loch ausgegraben /ausgehöhlt / ausgeschachtet, trotzdem muß er noch morgen arbeite n. Das Loch muß drei Meter tief sein. Bei diesen Verben können die Präfixe ab- und ver- nicht für die Synonyme zu dem Präfix aus- gehalten werden. Die Verben vergraben und abgraben haben andere Bedeutungen als das Verb ausgraben. 3. das Präfix aus- drückt die modifizierte Quantität aus. Dieses Präfix ist einer der Präfixe, das die sinkende Quantität bezeichnet, und zwar meistens bis zu dem „Punkt Null“, d.h. bis zu dem Zustand, wenn nichts übrig geblieben ist. In der deutschen Sprache können jedoch auch diejenigen Verben gefunden werden, die solche Quantität widerspiegeln, die zugleich in zwei Richtungen modifiziert wird, d.h. daß die Quantität in demselben Augenblick sinkt und auch steigt. Was also den Gesichtspunkt der Quantität betrifft, können die mit dem Präfix aus- versehenen Verben in zwei Gruppen eingeteilt werden: a) die Quantität wird nur in einer Richtung modifiziert – die Quantität sinkt, vgl. die Verben ausdörren, ausbürsten, ausbluten, auslaugen, auskühlen, auslecken, ausraufen. Interessant ist, daß diese Verben kaum über die Antonyme, über die Verben mit antonymischer Bedeutung verfügen. In diesem Fall kann keinesfall erklärt werden, daß die Präfixe auf- oder an- als Präfixe mit antonymischer Bedeutung bezeichnet werden können. Das bedeutet jedoch nicht, daß es die mit diesen Präfixen versehenen Varianten nicht gibt, sie stehen jedoch nicht auf dem gegenseitigen Pol der Quantitätsskala, vgl.: anlecken / belecken – auslecken Er hat den Löffel mit Honig angeleckt / beleckt. – Er hat den Löffel mit Honig ausgeleckt. – die Verben anlecken /belecken bezeichnen die steigende Quantität nicht, dürfen also für die Antonyme zu dem Verb auslecken (bzw. ablecken) nicht gehalten werden. Sie implizieren auch die Einmaligkeit der Handlung nicht, auch so 31 können sie also gegenüber dem Verb auslecken nicht gestellt werden (das die Wiederholung der Tätigkeit – in unserem Fall des Leckens – impliziert). Natürlich gilt das nicht hundertprozentig. Es gibt Verben – wie z.B. ausdörren oder auskühlen, zu denen in der deutschen Sprache Verben mit antonymischer Bedeutung gefunden werden können. Diese Antonyme können jedoch nicht durch den bloßen Austausch der Präfixe gebildet werden, es müssen völlig andere Verbstämme gebraucht werden, vgl.: Am morgen hat er den Rasen bewässert und jetzt hat ihn die glühende Sonne schon ausgedörrt. Der Schmied hat das Stück Eisen zuerst erhitzt und dann heftig ausgekühlt. Es kann zwar teilweise gesagt werden, daß die Präfixe be- und er- in antonymischer Bedeutung gebraucht werden können, sie reichen jedoch nicht aus, es müssen auch andere Sprachmittel gebraucht werden. Bei den Präfixen, die in synonymischer Bedeutung gebraucht werden können, ist die Situation schon günstiger. Bei manchen Verben – von unseren Beispielverben sind das die Verben ausbluten, auskühlen, auslecken und ausbürsten – können die Präfixe ohne Bedeutungsverschiebung mit dem Präfix ab-, bzw. ver- bei ausbluten verwechselt werden, vgl. die folgenden Beispielsätze: Der Patient ist bei der Operation ausgeblutet / verblutet. Der Stickstoff muß bis zu –180 Grad ausgekühlt / abgekühlt werden, um ihn flüßig zu machen. 23 Das Mittagessen war so gut, daß er den Teller ausgeleckt / abgeleckt hat. Er hat den Mantel ausgebürstet / abgebürstet. – Diese zwei Verben dürfen jedoch nicht in allen Kontexten verwechselt werden, vgl.: Er hat die Haare von dem Mantel abgebürstet / *ausgebürstet. 23 Ich würde jedoch die Variante den Stickstoff abkühlen bevorzugen. 32 b) Wie ich schon angedeutet habe, gibt es unter den mit dem Präfix aus- versehenen Verben auch solche Fälle, daß die Quantität in zwei Richtungen modifiziert wird. Von unseren Beispielverben ist das das Verb ausplündern, das sowohl die steigende, als auch die sinkende Quantität impliziert, vgl.: Die Normannen sind nur dadurch reich geworden, daß sie die englische und französische Küste ausgeplündert haben. – auf einer Stelle ist zwar die Quantität niedriger geworden, auf einer anderen ist sie jedoch gewachsen. Das Verb ausplündern impliziert solche Bedeutung – einer verliert etwas, der andere gewinnt jedoch etwas dadurch. 24 2.1.4 Das Präfix be befestigen, befeuchten, befiedern, beflaggen, beflecken, befleißigen, beflügeln, befrachten, befreien, befruchten, befühlen, behandeln, behauen, belästigen, belecken, bereisen, beraten, belichten, berühren, bestauben Die Funktion des Präfixes be-, wie auch der anderen Präfixe, ist die Bedeutungen der Verben zu modifizieren. Es verfügt wieder über die Fähigkeit, die Bedeutung des betreffenden Verbs in mehreren Weisen zu verändern. Eine dieser Fähigkeiten ist auch die steigende Menge, Im Gegensatz zu den schon analysierten Ab – Verben ist der Zusammenhang zwischen der steigenden und sinkenden Quantität in diesem Fall sprachimmanent, während im Fall der mit dem Präfix ab- versehenen Verben der Zusammenhang sprachtranszendent war. Der Zusammenhang ist auch in der Verbbedeutung zu finden: ausplündern – sich durch das Ausplündern eines Landes, eines Objektes bereichern. Gut aufpassen muß man bei dem Verb ausraufen: auch hier ist die sinkende und steigende Quantität zu finden, der Zusammenhang ist jedoch, wie im Fall der Ab – Verben sprachtranszendent: Ich habe schon die Feder der Henne ausgerauft! – Gut, was machen wir aber mit dem Haufen des Gefieders auf dem Boden? Dieser in dem Beispieltext angeführte Zusammenhang ist jedoch in der Verbbedeutung nicht zu finden: ausraufen – durch das Raufen beiseiteschaffen die Verbbedeutung enthält kein Sem der steigenden Quantität Sehr ähnlich dem Verb ausraufen ist auch das schon erwähnte Verb ausbürsten, vgl. die folgenden Beispieltexte: Er hat die Hose draußen auf dem Hofen ausgebürstet. Er hatte auf der Hose ganze Knollen Schlamm. Wenn er sie ausgebürstet hat, ist auf dem Boden ein ganzer Haufen Ton geblieben. 24 33 Quantität auszudrücken. Wie man auf den oben erwähnten Beispielverben sehen kann, können die mit dem Präfix be- versehenen Verben in zwei Gruppen eingeteilt werden – je nachdem, wie die Bedeutung modifiziert wird. Die Vorsilbe be- hat v.a. die Bedeutung, irgendwo die Menge von einem Gegenstand, einem Stoff zu vergrößern (die steigende Quantität) oder der Gegenstand, das Stoff wird in irgendwelcher Weise behandelt, bearbeitet 25, vgl.: 1. Mit der zweiten der beiden Bedeutungen – d.h. der Gegenstand, das Stoff wird auf irgendwelche Weise behandelt, bearbeitet werde ich mich nur kurz befassen, weil es die Aufgabe meiner Arbeit nicht ist, andere Funktionen der Präfixe, als diejenige, die Quantität zu modifizieren, ausführlicher zu erklären. In der deutschen Sprache gibt es oft Äquivalente zu diesen Verben, die ohne das Präfix be- auftreten (vgl. betreten + Akkusativ x treten auf + Akkusativ). Sie unterscheiden sich nur durch die Rektion. Was die Semantik betrifft, können sie in weitere zwei Untergruppen eingeteilt werden – je nachdem, ob es sich um Synonyma handelt oder nicht. a) Die Bedeutung der Verben ist synonymisch, vgl.: lecken - belecken – Er hat die Briefmarke geleckt / beleckt. reisen - bereisen – Er hat ein Jahr lang im Land gereist. – Er hat ein Jahr lang das Land bereist.die Bedeutung ist identisch, aber es wird die unterschiedliche Rektion benutzt. Dasselbe Beispiel ist das Verbpaar handeln - behandeln – beide Verben haben dieselbe Bedeutung, aber morphologisch gesehen verhalten sie sich ein bißchen anders, vgl.: Du handelst mit den Menschen wie mit den Dienern. – Du behandelst die Menschen wie die Diener. Ein anderes Beispiel sind die Verben beraten oder berühren. b) Das mit der Vorsilbe be- versehenes Verb ist kein Synonym zu dem Verb ohne das Präfix, vgl. die folgenden Beispiele: 25 Es gibt auch die mit der Vorsilbe be- versehenen Verben, die in diese zwei Hauptgruppen nicht eingeordnet werden können (z.B. beenden, sich befassen, sich beschäftigen). Die überwältigende Mehrheit der Verben kann jedoch in diese zwei Gruppen eingeordnet werden. 34 arbeiten bearbeiten – obwohl das Verb bearbeiten aus dem Verb arbeiten abgeleitet ist, handelt es sich um kein Verb mit derselben Bedeutung, um kein Synonym, vgl.: Beim Graben mußte das Kind mit einem Stein arbeiten. Der Bildhauer hat den Stein bearbeitet. In diese Gruppe gehören noch z.B. die Verben fruchten befruchten oder freien befreien. In der Durchdringung der beiden Gruppen steht das Verbpaar festigen – befestigen. Das Verb befestigen hat zwei Bedeutungen – etwas stabilisieren, stützen, erhärten – es kann mit dem Verb festigen verwechselt werden, oder irgendwo(hin) etwas anmachen, anbringen – in diesem Fall sind die Bedeutungen nicht identisch. Ich halte diese Verben für keine Synonyme, die beliebig verwechselt werden können, und habe sie deswegen hierher eingeordnet – unter die Verben, die trotz der gemeinsamen Ableitung keine Synonyme ist. Dasselbe Beispiel sind z.B. die Verpaare fühlen befühlen, bzw. auch hauen behauen. 26 2. Die Bedeutung irgendwo die Menge von einem Gegenstand, einem Stoff zu vergrößern. Es kann deutlich gesehen werden, daß das Präfix be- ebenfalls imstande ist, die modifizierte Quantität auszudrücken, vgl. die folgenden Verben: befeuchten, befiedern, beflaggen, beflecken, beflügeln, befrachten, bestauben, belichten Lexikologisch genommen können diese Verben in zwei Gruppen eingeteilt werden: a) Verben, die aus einem Adjektiv entstanden sind – wie etwa das Verb befeuchten, vgl. die folgenden Beispielsätze: Er hat das Mundtuch feucht gemacht. – Er hat das Mundtuch befeuchtet. b) Verben, die aus dem Substantiv entstanden sind, vgl.: 26 Es ist fraglich, ob in diese Gruppe auch das Verb sich benehmen eingeordnet werden kann. Die Verben nehmen – sich benehmen können zwar für keine Synonyme gehalten werden, kann aber dieser Ausdruck als sich selbst auf irgendeine Weise behandeln bezeichnet werden? Wenn schon, befindet sich dieses Verb eher am Rande dieser Gruppe. 35 befiedern: Dem Jungen wächst schon das Gefieder! – Das Junge befiedert sich schon! beflaggen: Noch vorgestern gab es in der Stadt keine einzige Flagge und jetzt haben die Bewohner fast alle Häuser mit den Flaggen ausgeschmückt. – Noch vorgestern gab es in der Stadt keine einzige Flagge und jetzt haben die Bewohner fast alle Häuser beflaggt. beflecken: Auf dem Tischtuch gibt es einen Fleck! Wer hat es befleckt?! beflügeln: Nun reicht es nur, das Flugzeug mit den Flügeln zu versehen und es kann damit geflogen werden! - Nun reicht es nur, das Flugzeug zu beflügeln und es kann damit geflogen werden! befrachten: Man hat auf das Schiff die Fracht geladen. – Das Schiff ist befrachtet worden. bestauben: Auf den Tisch sank der Staub herab. – Der Tisch ist bestaubt worden. belichten: Die aufkommende Sonne warf das Licht auf die schlafende Landschaft. - Die aufkommende Sonne belichtete die schlafende Landschaft. Das Präfix be- in seiner die Quantität modifizierenden Funktion kann manchmal auch durch andere Präfixe ersetzt werden. Am besten ist dieses Phänomenon auf dem schon erwähnten Verb bestauben zu demonstrieren. Dieselbe Bedeutung wie das Verb bestauben – d.h. etwas mit dem Staub verschmutzen, irgendwo die Menge des Staubes erhöhen haben auch die Verben verstauben, einstauben oder anstauben. Das morphologische Verhalten der Verben ist zwar ein bißchen anders, semantisch genommen sind jedoch die Verben für die Synonyme anzusehen, vgl.: Er hat den Tisch bestaubt / verstaubt. = Er hat auf den Tisch angestaubt / eingestaubt. 27 27 Wir haben auch das Verb stäuben, das auch mit verschiedensten Präfixen, u.a. auch dem Präfix be- modifiziert werden kann. Dieses hat jedoch auch eine ein bißchen verschobene Bedeutung, und zwar etwas mit einem pulverförmigen Stoff zu bestreuen. Als (ein teilweises) Synonym zu dem Verb bestauben haben wir neben dem Verb stäuben auch das Verb aufstäuben. 36 Wie im Fall der anderen Präfixe, können in der deutschen Sprache auch zu dem Präfix be- (in seiner Funktion, die modifizierte Quantität auszudrücken) Antonyme gefunden werden. Am besten ist es wieder, das Problem auf dem Verb bestauben zu beleuchten, vgl.: Das Antonym zu dem Verb bestauben kann mittels zweier Präfixe gebildet werden – und zwar ent- (das Verb entstauben) und ab- (das Verb abstauben) 28. Beide Verben haben die Bedeutung, von irgendwo her den Staub abzunehmen. Das Reichtum an lexikologischen Formen, wie es etwa bei dem Verb bestauben der Fall ist, ist jedoch eher eine Ausnahme. Die anderen mit dem Präfix be- gebildeten Verben (beflügeln, belichten, befiedern usw.) können durch keine Synonyme ersetzt werden und auch die Antonyme müssen mit Mehrwortverbindungen umgeschrieben werden, sie dürfen mit den Präfixen ab- oder entnicht gebildet werden, vgl.: beflügeln - *abflügeln / entflügeln – die Flügel beseitigen befrachten - *abfrachten / entfrachten – die Fracht ausladen / abladen /entladen Ganz selten ist das Präfix be- auch imstande, die sinkende Quantität auszudrücken. Eines solcher Beispiele ist auch das Verb beseitigen, wie auch das folgende (schon erwähnte) Paar der Antonyme beweist: beflügeln x die Flügel beseitigen. 2.1.5 Das Präfix durch durchgraben, durchhacken, durchhauen, durchkämpfen, durchforsten, durchfrieren, durchsägen, durchreißen, durchrosten, durchwachen, durchtanzen Ebenso wie die anderen Präfixe, so auch das Präfix durchmodifiziert die Verben in mehreren Weisen. Es können ihm also mehrere Bedeutungen zugesprochen werden, nach denen die mit 28 Wieder haben wir eine von dem Verb stäuben abgeleitete Verbform, die in der Funktion eines Antonyms zu dem Verb bestauben auftreten kann – das Verb abstäuben. 37 diesem Präfix versehenen Verben in mehrere Gruppen eingeteilt werden können. Ein wichtiger Gesichtspunkt, der bei der Klassifizierung besonders hilfsam ist, ist auch die Trenn barkeit, bzw. Untrennbarkeit des Präfixes durch-, vgl.: 1. Durch- als trennbares Präfix a) Eine Bewegung durch etwas (freier Raum) hindurch Wie schon die Definition andeutet, handelt es sich natürlich um keine Quantität, bzw. Intensität. Das Präfix durch- drückt in diesem Fall nur die Bedeutung Bewegung (bzw. ihre besondere Art) aus, vgl. die folgenden Beispielsätze: Zuerst ist unser Hund unter dem Zaun durchgekrochen. Wir sind zwischen den Gitterstäben durchgeschlüpft. Wegen der Spinnweben konnte kein Sonnenstrahl durchdringen. b) Teilung in zwei Stücke – dieselbe Bedeutung, wie das Präfix (bzw. Zahlwort) entzwei. In diesem Fall drückt das Präfix durch- schon die modifizierte Quantität aus. Wie im Fall der anderen Präfixe, die die Quantität ausdrücken, werden auch die durch das Präfix durch- modifizierten Ausdrücke Glieder der Verbreihen, die die steigende Quantität ausdrücken, vgl.: ansägendurchsägen / entzwei sägenin mehrere Stücke (zer)sägen anschneidendurchschneiden / entzwei schneidenin mehrere Stücke (zer)schneiden anbrechendurchbrechen /entzwei brechenin mehrere Stücke (zer)brechen In dieser Bedeutung ist das Präfix durch- völlig mit dem Ausdruck entzwei verwechselbar. Es handelt sich hier um den seltenen Fall, wenn zwei Ausdrücke synonymisch sind, d.h. präziß dieselbe Bedeutung haben, und auch in dienselben Kontexten und Stilen benutzt werden können, vgl. die folgenden Beispielsätze, an denen auch die Modifikation der Quantität demonstriert werden kann: Der kleine, schwache Junge konnte höchstens das dicke Scheit ansägen.Erst Paul hat es durchgesägt / entzweigesägt, so daß wir 38 das Holz endlich abtragen konnten.Später hat es unser Nachbar mit der Motorsäge in mehrere Scheiten zersägt. Mein Bein ist glücklicherweise nicht gebrochen, es ist nur angebrochen. Er hat den dürren Zweig durchgebrochen / entzweigebrochen. In Wut hat er seine beliebte Tasse zerschmettert. Wie im Fall des Präfixes an- kann die Quantitätsreihe auch ein bißchen anders ausgedrückt werden, und zwar mit den Numeralien eins zwei viel, je nachdem, wie auch in der realen Welt die resultierende Quantität gesteigert wird. c) etwas vollständig tun Das Präfix durch- deutet in diesem Fall an, daß die Menge der Gegenstände, die behandelt werden (diese Handlung wird mittels des mit der Vorsilbe durch- versehenen Verbs beschrieben), größer ist. Dazu wird die Zunahme der Quantität auch mit den Zahlwörtern, bzw. Substantiven ausgedrückt (z.B. ein paar alle), vgl.: Gehst du mit mir einkaufen? Ich muß mir neue Schuhe kaufen. – Ich habe keine Lust dazu. Ich würde schon gehen, wenn du nur ein paar Schuhe probieren würdest, aber du mußt immer alle Schuhe im Laden durchprobieren! Er zählte von eins bis drei.Die Lehrerin zählte alle Kinder durch, von dem ersten bis zu dem letzten. Der Professor hat nur ein Paar Seiten von der Doktorarbeit gelesen.Er hat die ganze Arbeit durchgelesen / zu Ende gelesen. Das Präfix durch- hat also in diesem Fall die Bedeutung etwas vom Anfang bis zu Ende tun (z.B. durchlesen), im Gegensatz zu den Verben ohne Präfix (lesen), die solche Vollständigkeit nicht ausdrücken und so auch angeben können, daß die Menge kleiner ist, als wenn sie mit ein Durch – Verb ausgedrückt wird. Interessant ist das Verb durchrechnen. Das Präfix durch- kann in diesem Fall zwei Bedeutungen haben: 1. die größere Quantität – vgl. auch die Verben durchprobieren, durchlesen: 39 Ich habe alle Aufgaben aus dem Lehrbuch der Mathematik durchgerechnet. 2. die Aufgabe war komplizierter, länger – in diesem Fall handelt es sich um keine Quantität, vgl.: Ich habe eine Aufgabe aus dem Lehrbuch der Mathematik durchgerechnet.dieser Satz drückt aus, daß die Aufgabe länger, bzw. komplizierter war. Das Verb durchrechnen kann jedoch nicht gebraucht werden, wenn es sich um ein einfaches Beispiel (1+1=2) handelt. 2. Das Präfix durch- als untrennbares Präfix a) Dauer einer Handlung Auch diese Bedeutung hat zwar etwas mit der Quantität zu tun (die Länge der Zeit), jedoch würde ich in diesem Fall das Präfix durchnicht für ein die Quantität ausdrückendes Präfix halten. Es handelt sich oft um solche Verben, die nicht imstande sind, die Quantität auszudrücken (durchleiden, durchwachen), vgl.: Er litt an Kopfschmerzen.Er hat die ganze Nacht durchlitten.das Substantiv der Schmerz drückt keine Quantität aus, es ist nur imstande, die modifizierte Intensität widerzuspiegeln. Das Präfix durch- ermöglicht dem Sprecher, die Zeitangabe zuzufügen. b) lokal (von einer Begrenzung zu einer anderen, wobei viele Pünkte berührt / erfaßt werden) In diesem Fall drückt das Präfix durch- die vergrößerte Quantität, und zwar die vergrößerte Quantität der Bewegung. Die Bedeutung kann auch durch die Verbindung kreuz und quer unterstützt werden, vgl.: Ich bin nach Deutschland gereist.Ich habe das ganze Deutschland (kreuz und quer) durchreist. Ich bin durch Deutschland gereist. Ich habe das ganze Deutschland (kreuz und quer) durchreist. Alexander von Humboldt durchreiste die Kulturen ganz Mittel - und Südamerikas. 40 Thor Heyerdal reiste mit seinem Holzfloß Ra II durch den Ozean.Charles Darwin durchreiste mit dem Forschungsschiff Beagle die Südsee. Immer wieder durchforschen die Polarforscher die Schneewüsten der Antarktis. 2.1.6 Das Präfix ein einreißen, einknicken, einengen, eindicken, einheizen, einstauben, eintrocknen, einreisen, einteilen, eintragen, einordnen Das Präfix ein- ist ein anderes Präfix, das uns zur Verfüngung steht, wenn wir die Bedeutung des Verbs modifizieren wollen. Wieder, wie es auch bei allen in dieser Arbeit behandelten Präfixen der Fall ist, ist die für uns interessante Fähigkeit des Präfixes, die steigende, bzw. sinkende Quantität auszudrücken, nicht die einzige, über die das Präfix ein- verfügt. Wenn man sich die Beispielverben ansieht, kann sogar zugegeben werden, daß es nicht um die am häufigsten ausgenützte Fähigkeit des Präfixes ein- handelt. Wenn man sich die Bedeutungen der oben erwähnten Beispielverben etwas näher ansieht, stellt man fest, daß diese, nach der Bedeutung, die ihnen das Präfix ein- verleiht, in vier Gruppen eingeteilt werden können: 1. die Veränderung des Zustandes, 2. die Modifikation der Quantität, 3. die Bewegung, die Übertragung irgendwo hin, 4. andere, nicht näher spezifizierbare Bedeutungen. Ich werde mich wieder kurz auch solchen Bedeutungen widmen, die mit der Relation Quantität nichts zu tun haben, um deutlich abgrenzen zu können, was ich mit der modifizierten Quantität meine und was nicht. Die mit dem Präfix ein- versehenen Verben können also in vier Gruppen eingeteilt werden: 1. die Veränderung des Zustandes – vgl. die Beispielverben einreißen, einknicken, einheizen. Diese Verben, bzw. das Präfix einin dieser Funktion, drücken die Zustandsveränderung aus, die durch den Eingriff vom Außen verursacht worden ist. Je nachdem, ob die 41 Veränderung reversibel oder nicht reversibel ist, können diese Verben in zwei Gruppen unterteilt werden (vgl. auch das Präfix ver-): a) die Zustandsveränderung ist umkehrbar – hier muß jedoch zwischen der vollkommenen, hundertprozentigen Reversibilität und der nur teilweisen unterschieden werden. Wie man im Fall des Präfixes ver- sehen wird, kann das von der Natur des verarbeiteten Objekts, Gegenstandes abhängen, oder von der Natur des Verbs – was gerade der Fall der mit dem Präfix ein- versehenen Verben ist, vgl.: der Vorgang, die Veränderung ist nicht hundertprozentig, nicht vollkommen umkehrbar, vgl. den folgenden Text: Verdammt, ich habe das Papier eingerissen! – Nur Ruhe, es kann doch zusammengeklebt werden. – Stimmt, aber es wird nie mehr wie vorher aussehen! der Vorgang, die Veränderung ist vollkommen, völlig reversibel, vgl.: Hilfe, Paul, ich habe den Stab eingeknickt und kann es nicht wieder gerade machen! – Ich rufe Thomas, der ist stark genug, um den Stab wieder gerade machen zu können. Der kehrt den Stab wieder in den ursprünglichen Zustand zurück. b) der Vorgang, die Handlung ist nicht umkehrbar – vgl. das Verb einheizen: Wer hat die Dokumente eingeheizt? Wovon soll ich jetzt meinen Vortrag lesen? Laß das, das hat keinen Sinn, auch wenn du die Flammen löschen würdest, werde ich den Text nicht lesen können! Im Fall des Verbs einheizen gibt es in der deutschen Sprache ein Präfix, daß für eine bedeutungsähnliche Variante zu dem Präfix eingehalten werden kann. Es handelt sich um das Präfix an-, bzw. um das Verbpaar einheizen / anheizen. Es handelt sich jedoch um keine Synonyma, wie man auf den folgenden Beispielsätzen sehen kann: Zum Glück hat jemand im Ofen eingeheizt / angeheizt. Aber nur: Der hat ihm aber bei Paul eingeheizt! Paul hat den Streit zwischen den beiden angeheizt. 42 2. das Präfix ein- drückt die modifizierte Quantität aus – vgl. die folgenden Beispielverben: eindicken, einstauben, eintrocknen. Auch in diesem Fall ist die Modifikation der Quantität sehr eng mit der (reversiblen) Zustandsveränderung verbunden (die Verben eindicken, eintrocknen, aber nicht einstauben). Auch diese Gruppe kann in zwei Untergruppen unterteilt werden – je nachdem, ob die Quantität nur in einer Richtung modifiziert wird (d.h. die Quantität steigt oder sinkt nur), oder ob sie in beiden Richtungen modifiziert wird, wie es auch bei manchen anderen Präfixen der Fall ist (d.h. die Quantität steigt und sinkt zugleich): a) die Quantität wird nur in einer Richtung modifiziert – die Quantität, die Menge wird vergrößert oder gesenkt – als Beispielverben können die Verben eintrocknen und einstauben benutzt werden: die Quantität wird vergrößert – z.B. das Verb einstauben. Die Bedeutung des Verbs könnte etwa folgendermaßen umschrieben werden – irgendwohin wird der Staub zugegeben. Schon von der Definition des Verbs ist es also klar, daß es sich um die st eigende Quantität handelt. Wie wir schon im Fall des Präfixes be-, bzw. des Verbs bestauben gesehen haben, ist das Verb bestauben außerordentlich reich an Synonyma und Antonyma, oder das Präfix be- ist im Fall dieses Verbs besonders reich an alternativen Präfixen mit synonymischer (oder ähnlicher) und antonymischer Bedeutung. Das Präfix ein- ist eines der Präfixe, das, mindestens in diesem Fall, mit dem Präfix be- verwechselt werden kann. Ein anderes Präfix, das im Fall des Verbs einstauben mit dem Präfix ein- verwechselt werden kann, ist das Präfix ver-. Was die Synonymie, bzw. Bedeutungsähnlichkeit betrifft, gibt es in der deutschen Sprache die Dreifaltigkeit einstauben / bestauben / verstauben. Für nähere Detaile und Beispielsätze siehe das Präfix be. Auch im Fall der Präfixe mit antonymischer Bedeutung ist die Wahl nicht arm. In dieser Bedeutung, im Fall des Verbs einstauben, können für die Präfixe mit umgekehrter Bedeutung die Präfixe ent43 und ab- gehalten werden. In der deutschen Sprache gibt es also die Antonymie einstauben abstauben / entstauben. Für nähere Detaile und Beispielsätze siehe wieder das Präfix be-. Die Quantität wird gesenkt – z.B. das Verb eintrocknen, vgl. den folgenden Beispielsatz: Wegen der diesjährigen enorm langen Hitze trocknet der Teich, der immer reich an Wasser ist, ein. Zu den bedeutungsähnlichen (nicht synonymischen!) Präfixen, bzw. Verben, gehören die Präfixe ab-, aus- oder ver-, bzw. die Verben abtrocknen, austrocknen, vertrocknen. Für mehrere Detaile (auch für die Antonyme) siehe das Präfix ver-. b) Die Quantität wird in beiden Richtungen modifiziert – z.B. das Verb eindicken. Dieses Verb befindet sich im Randgebiet zwischen den Pünkten 1. und 2., d.h. zwischen den Verben, die die reine Zustandsveränderung ausdrücken und den Verben, die neben der eventuellen Zustandsveränderung auch die egal in welcher Richtung modifizierte Quantität ausdrücken. Es könnte sogar gesagt werden, daß die Bedeutung der Zustandsveränderung primär ist und daß es sich bei der Bedeutung der modifizierten Quantität um die Nebenbedeutung, die sekundäre Bedeutung handelt. Wenn wir die sekundäre Bedeutung in Betracht nehmen, wenn wir also zugeben, daß das Verb eindicken die modifizierte Quantität ausdrückt, müssen wir auch konstatieren, daß es sich um solch ein Verb handelt, der die in beiden Richtungen modifizierte Quantität ausdrückt – d.h. die steigende und zugleich sinkende Quantität. Vgl. die folgenden Beispieltexte: Warum gibst du soviel Mehl in den Gulasch? – Und womit soll ich es eindicken? – Ich weiß, daß der Gulasch schön dicht sein muß, aber soviel Mehl werden wir sicher beim Essen fühlen!die Quantität des Mehls im Gulasch steigt. Wieso gibt es in der Suppe so wenig Wasser? – Ich habe genug Wasser gekocht. Dann habe ich jedoch zu viele Nudeln zugegeben und die haben viel Wasser eingesaugt. Die Suppe ist mit Nudeln eingedickt worden und leider ist dabei ein bißchen Wasser verloren 44 worden.die Quantität der Nudeln in der Suppe steigt und die Menge des Wassers sinkt. 3. die Bewegung, die Übertragung irgendwo hin – die Beispielverben einreisen, einteilen, eintragen, einordnen. 4. andere, nicht näher spezifizierbare Bedeutungen – z.B. das Verb einengen. 2.1.7 Das Präfix ent entwurzeln, entzünden, entwaffnen, entwässern, entwerten, entschwefeln, entsaften, entmutigen, entölen, entmannen, enteisen, enthaaren, enthärten, entflammen, entschlafen, entlausen Wie wir uns weiter in diesem Kapitel zeigen werden, gehört auch das Präfix ent- unter diejenigen Präfixe, die imstande sind, die modifizierte Quantität auszudrücken. Es ist jedoch nicht seine einzige Funktion, das Präfix ent- verfügt auch über andere Bedeutungen, mit denen es die Bedeutung des betreffenden Verbs verändern kann. Diese können etwa so beschrieben werden – das Ende einer Handlung, der Beginn einer Handlung, eine Eigenschaft abzunehmen (die jedoch nicht quantifizert werden kann) und schließlich die Quantität, die Menge zu vermindern (wie wir gleich sehen werden, gibt es auch hier, wie im Fall der Vorsilbe ein-, Fälle, wenn die Quantität in zwei Richtungen modifiziert wird – d.h. die Quantität wird zugleich sowohl gesteigert als auch vermindert). Ich werde kurz die einzelnen Bedeutungen des Präfixes ent- beschreiben und dann sich tiefer dem Phänomen der Quantität widmen. Wie wir gesehen haben, können die mit dem Präfix ent- versehenen Verben in vier Gruppen unterteilt werden: 1. die Bedeutung eine Handlung zu beenden – hier handelt es sich oft um die sog. Phasenverben. Das mit dem Präfix ent- versehenes Verb drückt die Schlußphase einer Handlung aus, vgl. die Phasen des Verbs wurzeln: 45 anwurzeln, durchwurzeln, verwurzeln entwurzeln – in diesem Fall könnte gesagt werden, daß die Präfixe an-, durch-, ver- die Antonyma zu dem Präfix ent- sind. Diese Tatsache darf jedoch nicht generalisiert werden und muß für einen spezielen Fall genommen werden. Daß diese Antonymie nicht verallgemeinert werden kann, ist am besten auf dem Verb entschlafen zu beschreiben. Auch hier verfügt die deutsche Sprache über die Begriffe durchschlafen, bzw. verschlafen, diese können jedoch in keinem Fall für die Antonyme zu dem Verb entschlafen gehalten werden. 2. die Bedeutung eines Beginns einer Handlung – auch diese Verben können für die Phasenverben genommen werden. Im Gegensatz zu den unter dem Punkt 1 erwähnten Verben drücken diese Verben den Beginn einer Handlung aus, nicht das Ende, vgl.: entzündenbrennenerlöschen, verlöschen entflammenbrennenerlöschen, verlöschen – es kann gesehen werden, daß die einzelnen Bedeutungen, einzelnen Phasen mit Hilfe von anderen Mitteln ausgedrückt werden, als bei den Verben, die unter dem Punkt 1 erwähnt worden sind. Dort wurden die Bedeutungen mittels der Präfixe ausgedrückt, hier werden g anz andere Verbstämme benutzt. Als Antonym zu der Vorsilbe ent- taucht hier wieder (neben dem Präfix er-) das Präfix ver-. Während dieses jedoch im Fall des Verbs verwurzeln die Bedeutung der Beginn einer Handlung hatte, in diesem Fall ist die Bedeutung umgekehrt – das Ende einer Handlung. 3. die Bedeutung eine Eigenschaft abzunehmen. Die Bedeutung des Präfixes ent- steht in diesem Fall sehr nahe zu deren, die weiter unter dem Punkt 4 behandelt wird, jedoch gibt es hier einen deutlichen Unterschied – diese Handlung, bzw. Tatsache kann nicht quantifiziert werden. Jetzt wird also die modifizierte Quantität noch nicht zum Ausdruck gebracht, vgl. die folgenden Verben: entwerten, entmutigen, entmannen, enthärten. 46 Auf dem Beispiel des Verbs entwerten kann am deutlichsten die Modifikation durch die Präfixe demonstriert werden. Es geht um die Frage der Synonymie und der Antonymie. In der deutschen Sprache gibt es das Verb abwerten. Die Vorsilbe ab- hat zwar dieselbe Bedeutung wie das Präfix ent-, d.h. eine Eigenschaft abnehmen, trotzdem können diese Variantanten nicht verwechselt werden. Das Verb abwerten kann auch durch das Verb devalvieren ersetzt werden, vgl.: Japan hat seine Währung abgewertet /devalviert. - *Japan hat seine Währung entwertet. Was die Frage der Synonymie betrifft, gibt es in der deutschen Sprache die Ausdrücke aufwerten und verwerten. Diese dürfen jedoch nicht für die Synonyme angesehen werden. Wenn wir zu der Frage der Antonymie zurückkehren, kann das Problem der Synonymie am deutlichsten gezeigt werden: es werden solche Verbpaare aufgestellt – verwerten (≈ausnützen) entwerten und aufwerten (≈revalvieren) abwerten. Wie man sehen kann, tritt in der Funktion der umgekehrten Bedeutung neben dem Präfix aufwieder das Präfix ver-, wie es bei den Verben in den oben erwähnten zwei Punkten der Fall war. 4. die Bedeutung die Menge, die Quantität zu modifizieren. Die Verben, die in diese Gruppe eingeordnet werden können, müssen noch unter weitere zwei Unterpunkte eingeteilt werden, je n achdem, ob die Quantität nur in einer Richtung, oder in zwei Richtungen modifiziert werden kann (wie es im Fall des Präfixes ein- war): a) die Quantität wird nur in einer Richtung modifiziert – und zwar wird die Quantität vermindert, d.h. etwas wird abgenommen (vgl. das Präfix ab-), vgl. die folgenden Beispielverben: entwaffnen, entwässern, entschwefeln, enteisen, enthaaren, entölen, entlausen. Jedes von den erwähnten Beispielverben beschreibt die Situation, in der die Menge von einem Gegenstand, einem Stoff sinkt. Auch in diesem Fall tritt das Präfix ent- als Antonym zu dem Präfix ver- auf, die Funktion des Antonyms haben jedoch auch die Präfixe be- und ein-. Die einzelnen Verben können auch über die Varianten mit allen 47 diesen drei Vorsilben verfügen (be-, ein- und ver-), die jedoch oft nicht synonymisch betrachtet werden können, vgl. die folgenden Beispielsätze: entwaffnen: als ein Oppositum tritt das Verb bewaffnen auf, das die völlig umgekehrte Bedeutung hat – sich, bzw. jemanden mit Waffen versorgen, vgl.: Während des kalten Krieges haben sich die Armeen der beiden Weltmachten, der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion, stark bewaffnet. Schon in den 80er Jahren, vor allem jedoch nach dem Fall des kommunistischen Regimes, hat man mit der Entwaffnung begonnen. entwässern: die Antonyme, die zu diesem Verb in der deutschen Sprache gefunden werden können, sind die Verben bewässern, verwässern und einwässern. Obwohl sie sich auf demselben Pol der Quantitätsskala befinden (es handelt sich um die Vergrößerung der Quantität), dürfen sie aufgrund dieses einzigen gemeinsamen Merkmales für die Wörter mit derselben Bedeutung, für die Synonyme nicht angesehen werden,vgl.: In den Zeiten der Trockenheit dürfen die Gärtner die Rasen vor ihren Häusern nicht bewässern. – Bedeutung – auf einer Fläche die Menge von Wasser vergrößern Er hat den Lappen im Kübel eingewässert. – hier handelt es sich zwar auch um die Erhöhung der Menge vom Wasser, es handelt sich jedoch um andere Objekte, die so behandelt werden, und um eine andere Art der Handlung. Im Chemielabor haben wir die Lösung der Schwefelsäure verwässert. – wieder die Bedeutung, irgendwohin das Wasser zuzu geben, jedoch jetzt handelt es sich um diejenigen Fälle, in denen das Wasser in verschiedenste Lösungen und Flüßigkeiten zugegeben wird. entschwefeln: den Gegensatz zu dem Verb entschwefeln bildet das bloße Verb schwefeln, vgl.: Der Wein ist geschwefelt worden. – Die nordböhmischen Heizkraftwerke sind am Anfang der 90er Jahre entschwefelt worden. 48 enteisen: auch hier haben wir zwei Verben, die sich auf dem gegenseitigen Pol der Quantitätsskala befinden – die Verben vereisen und eisen. Wieder dürfen sie für keine Synonyme gehalten werden, das Verb eisen ist sogar kein Atonym zu dem Verb enteisen: Während der frostigen Nacht sind die Straßen vereist. Am Morgen haben die Autos mittels des Salzes die Straßen enteist. – die Bedeutung, irgendwo hat sich dank dem Frost die Menge des Eises vergrößert (vereisen) Ihm war es unerträglich warm, er hat also das Getränk geeist. – irgendwohin wurde das Eis zugegeben enthaaren: das Deutsche verfügt über kein Antonym zu dem Verb enthaaren. Die umgekehrte Bedeutung muß also mit anderen Wörtern umschrieben werden – wie etwa das Haar wächst (das Haar wachsen lassen). Was die Synonymie betrifft, verfügt das Deutsche über das Wort haaren, daß zwar auch die Bedeutung der sich verkleinernden Menge vom Haar hat, es fehlt hier jedoch das Agens, das im Fall des Verbs enthaaren nötig ist. entölen: unter den Antonymen, die diesem Verb gegenüber stehen, gibt es zwei Verben, die bedeutungsmäßig ziemlich nah zueinander stehen – die Verben ölen und einölen, und das Verb verölen, dessen Bedeutung schon ziemlich fern von deren der zwei genannten Verben ist, vgl.: Er hat das Gewinde der Schraube sorgfälltig eingeölt / geölt. – aber: Er hat sich den Rücken eingeölt, um von der Sonne nicht verbrannt zu werden. – trotz der engen Verwandschaft der Bedeutungen dürfen die beiden Verben in beliebigen Kontexten nicht verwechselt werden. Er hat seinen Monteuranzug verölt. – die Bedeutung, etwas mit Öl zu verschmutzen, steht schon ziemlich fern von derjenigen der zwei oben genannten Verben. entlausen: In der deutschen Sprache kann das Verb lausen gefunden werden. Dieses hat jedoch nichts mit der Quantität zu tun, es drückt sogar nicht aus, ob es im Haar die Lausen gibt oder nicht. Als ein echtes Antonym zu dem Verb entlausen muß das Verb verlausen betrachtet werden, vgl. die folgenden Beispielsätze: 49 Viele Kinder in den Slums sind verlaust. Dank dem neuen Präparat haben jetzt ihre Mütter die Möglichkeit, sie zu entlausen (sie von den Lausen zu erlösen). Wie man auf den erwähnten Beispielen sehen kann, reicht derselbe, bzw. umgekehrte Grad der Quantität oft nicht, um die Ausdrücke für die Synonyme, bzw. Antonyme erklären zu können. Es müssen auch andere Bedeutungsmerkmale in Betracht genommen werden. b) Unter den mit der Vorsilbe ent- versehenen Verben können auch solche gefunden werden, die solche Quantität widerspiegeln, die in zwei Richtungen modifiziert wird – d.h. einerseits wird zwar die Menge verkleinert, andererseits wird sie jedoch vergrößert. Eines der Verben, die sich durch dieses Phänomen auszeichnen, ist das Verb entsaften, vgl. die folgenden Beispielsätze: Die Oma hat die Johannisbeeren entsaftet. Von dem gewonnenem Saft konnte sie jetzt den Sirup erzeugen. Wie man auf den Beispielsätzen sehen kann, wird die Menge vom Saft in den Johannisbeeren zwar verkleinert, es steigt jedoch zugleich die Menge des gewonnenen Saftes, das in irgendein Gefäß aufgefangen wird. Dieselben Beispiele sind z.B. die Verben mosten, (den Saft) auspressen, ausdrücken oder (die Orange, die Zitrone) ausquetschen. 29 2.1.8 Das Präfix er erdröhnen, erblühen, erbeben, erhitzen, erheitern, erklingen, erglänzen, ergötzen, erfrieren, erschweren, erschöpfen, erschlaffen Das Präfix er- erwähne ich, auch wenn ich mir dessen völlig bewußt bin, daß es außerordentlich strittig ist, ihm diejenige Fähigkeit 29 Der Zusammenhang zwischen der sinkenden und steigenden Quantität ist wie im Fall des Verbs ausplündern sprachimmanent, wie es auch die Verbbedeutungen beweisen: entsaften – durch das Pressen den Saft gewinnen Die Bedeutungen der Verben mosten, auspressen, ausdrücken oder ausquetschen sind sehr ähnlich – immer gewinnen wir durch das Drücken, Pressen den Saft die Verbbedeutungen enthalten also beide Seme – sowohl der steigenden als auch der sinkenden Quantität. 50 zuzusprechen, die Quantität zu modifizieren, bzw. die modifizierte Quantität auszudrücken. Das Präfix er- verleiht den Verben in manchen Fällen die Bedeutung, irgendwas irgendwohin (bzw. irgendjemandem) zuzugeben. Das könnte leicht zu solch einer Ansicht (ver)führen, daß es sich um die Quantität handelt. Im alltagsprachlichen Gebrauch wird dieses jedoch als die modifizierte Qualität empfunden. Meine Gründe, warum ich trotzdem dieses Präfix in meine Arbeit eingeordnet habe, erkläre ich unter dem Punkt 1., wo näher über die Fähigkeit des Präfixes er- gesprochen wird, die modifizierte Quantität auszudrücken. Natürlich ist das Präfix imstande, auch andere Bedeutungen dem Kernverb zu verleihen. Wie im Fall der anderen Präfixe muß ich kurz auch diese Bedeutungen des Präfixes er- analysieren, um zu bestimmen und klar abzugrenzen, was ich unter dem Begriff Quantität verstehe und was nicht. Die Bedeutungen, die das Präfix er- dem Kernverb verleihen kann, sind also: 1. die Modifikation der Quantität (bzw. der Qualität), 2. die Verminderung der Qualität 3. die kurze Dauer einer Handlung, 4. Beginn einer Handlung, 5. eine gewisse Veränderung der Qualität, bzw. des Zustands. Ich analysiere also eine nach der anderen die einzelnen Bedeutungen: 1. die Modifikation der Quantität – z.B. die Verben erhitzen, erwärmen, erfrieren. Wie ich schon erwähnt habe, handelt es sich primär, in der ersten Reihe natürlich um die Veränderung der Qualität, der Eigenschaft des Objekts. So empfinden wir es auch im alltagsprachlichen Verkehr. Trotzdem traue ich mich zu behaupten, daß es sich im gewissen Maße um die Modifikation, die Veränderung der Quantität handelt. Es wird zwar eine Eigenschaft, eine Qualität modifiziert, eine neue Qualität wird dem Gegenstand verliehen, aber wie? Indem dem Objekt eine Menge, ein Quantum von z.B. der Wärme zugegeben, bzw. abgenommen wird, wie es bei unseren Beispielverben der Fall ist. Dies wäre der erste Grund, warum ich das Präfix er- als solches erwähne, das etwas mit der Relation Quantität zu tun hat – die Qualität eines Gegenstandes wird dadurch verändert, daß dem Objekt ein Quantum von etwas (z.B. der Wärme) 51 zugegeben oder abgenommen wird. Einen anderen Grund habe ich im Bereich der Naturwissenschaften, konkreter in der Physik gefunden. Was sagt die Physik von der (steigenden) Wärme? Die Wärme steigt, indem die kinetische Energie der einzelnen Atome, aus denen der Stoff besteht, vergrößert wird. Es steigt also die Menge der Energie, die der Stoff behält. Im Fall der Abkühlung ist es natürlich umgekehrt – die kinetische Energie der einzelnen Atome sinkt – d.h. eine gewisse Menge Energie wird abgenommen. Trotz dieser zwei Gründe würde ich jedoch behaupten, daß es die primäre Funktion des Präfixes er- ist, die modifizierte Qualität auszudrücken, nicht die Quantität. 30 Wenn wir schon im gewissen Maße die Einordnung des Präfixes ergerechtfertigt haben, muß man einen markanten Unterschied unter den einzelnen als Bespiel erwähnten Verben hervorheben. Dieser Unterschied ermöglicht uns, die unter dem Punkt 1. eingeordn eten Verben in zwei andere Untergruppen unterzuteilen: a) die Veränderung der Qualität wird dadurch erreicht, daß die Menge von etwas (in unserem Fall der Wärme) zugegeben wird – vgl. die Beispielverben erhitzen und erwärmen. Im Fall des Verbs erwärmen gibt es eine ganze Reihe von Präfixen, die in ähnlicher Bedeutung gebraucht werden können. Nicht in synonymischer (d.h. sie können nicht beliebig verwechselt werden) – sie drücken zwar dieselbe Handlung aus – irgendeinem Objekt wird die Wärme zugegeben, sie werden jedoch mit verschiedenen Objekten verbunden, werden in verschiedenen Kontexten eingesetzt, dürfen also nicht verwechselt werden. Auch die übertragenen 30 Die gewisse Gewaltsamkeit meines Gedankenganges könnte andeuten, daß die Verbindung zwischen den Relationen Qualität und Quantität in diesem Fall außersprachlich ist. Es scheint, daß der Zusammenhang nur dank unserer Erfahrung, bzw. der wissenschaftlichen Erkenntnis rekonstruiert werden kann, daß es sich also um nichts innensprachliches handelt. Oder anders – daß die Relation Qualität in der Sprache gefunden werden kann, während die Relation Quantität außersprachlich ist, ebenso wie die Verbindung zwischen diesen zwei Relationen. Trotzdem ist meiner Meinung nach auch die Relation Quantität in der Sprache enthalten, ist also dieser Zusammenhang innensprachlich. Beweis für diese Behauptung wäre die semantische Analyse der Bedeutung des Verbs erwärmen: eine (gewisse) Menge der Wärmte zugeben, also auf einer Stelle das Quantum der Wärmte vergrößern. Siehe auch das Kapitel, das den Zusammenhang zwischen der Qualität und der Quantität behandelt. 52 Bedeutungen erlauben uns nicht, sie für die Synonyma zu halten. Vgl. die folgenden Beispielsätze: Der Heißwasserspeicher hat das Wasser erwärmt / aufgewärmt. Er hat ihn für unsere Sache erwärmt. Mutti, könntest du mir bitte das Mittagessen aufwärmen / anwärmen / erwärmen? Warum mußt du immer die alten, schon vergessenen Streite aufwärmen? Jean, wärme mir das Bett an! Die Antonyme zu diesen zwei Beispielverben (d.h. erhitzen und erwärmen) werden auf zweierlei Weise gebildet: Es wird sowohl ein anderes Kernverb, als auch ein Präfix mit umgekehrter Bedeutung gebraucht – in unserem Fall ist das z.B. das Verb abkühlen. So etstehen die antonymischen Verbpaare erwärmen, erhitzen abkühlen. Es wird nur ein anderes Kernverb gebraucht, das Präfix (er-) bleibt unberührt. Dieses hängt damit zusammen, daß das Präfix erimstande ist, nicht nur das Zugeben von der Menge von etwas auszudrücken, sondern auch den umgekehrten Vorgang – das Abnehmen (siehe den folgenden Punkt 1. b)). So verfügt die deutsche Sprache über das Verb erkälten, bzw. die Verbpaare erwärmen, erhitzen erkälten. b) die Veränderung der Qualität wird dadurch erreicht, daß die Menge von etwas (in unserem Fall der Wärme) abgenommen wird – z.B. das Verb erfrieren. Interessant ist die Frage, ob dieses Verb für ein Antonym, für ein Verb mit antonymischer Bedeutung zu den oben analysierten Verben erwärmen und erhitzen gehalten werden kann. Während die beiden Verben erwärmen und erhitzen die Bedeutung der bloßen steigenden Wärme haben, wird im Fall des Verbs erfrieren noch ein Attribut zugegeben - dem Objekt wird so lange Wärme abgenommen, bis es in den festen Zustand übergeht . Im Sinne der in dieser Arbeit analysierter Antonymie würde ich die Beziehung unter den Verben erwärmen, erhitzen und erfrieren als die 53 sekundäre Antonymie 31 bezeichnen. Als primäre Antonyme könnten die unter dem Punkt 1. a) erwähnten Verben abkühlen, erkälten erwärmen, erhitzen bezeichnet werden. Die Frage der Antonymie ist im Fall des Verbs erfrieren besonders interessant. Die sekundären (unechten) Antonyme (d.h. die antonymische Beziehung, die aufgrund eines einzigen Merkmales gebildet wird, indem die unterschiedlichen Merkmale nicht in Betracht genommen werden – siehe das Kapitel Antonymie und die Verbreihen) sind leicht zu finden, aber welche sind die primären, echten Antonyme? Es gibt drei Verben, die als Kandidate für die primäre Antonymie zu diesem Verb betrachtet werden können: das Verb verflüssigen (bzw. die Ausdrücke flüßig machen, kondensieren) – dieses Verb kann lediglich für ein sekundäres Antonym gehalten werden, wie es auf der detaillierten Bedeutungsanalyse klar wird. Die Frage ist – wie kann man einen Stoff flüßig machen? Ein Stoff, der sich im festen Zustand befindet, wird erwärmt (erhitzt). Dadurch übergeht er in den flüßigen Zustand, wird flüßig. In diesem Fall handelt es sich um eine Handlung, die völlig umgekehrt ist als die Handlung, die mit dem Verb erfrieren beschrieben wird. Ein Stoff, der sich im gasförmigen Zustand befindet, wird abgekühlt. Dadurch übergeht er in den flüßigen Zustand. Was die Richtung betrifft, drücken also beide Verben dieselbe Handlung aus. Die Weise, mit der der Zustand erreicht wird, ist jedoch vollkommen anders, die Verben können also für die Verben mit umgekehrter Bedeutung nicht gehalten werden. Resultat – es handelt sich lediglich um die sekundäre, unechte Antonymie. In den gasförmigen Zustand zu übergehen. Die Richtung des Vorgangs ist in diesem Fall völlig umgekehrt (jetzt wird die Wärme zugegeben), trotzdem dürfen die Verben für die primären Antonyme 31 Siehe das Kapitel Antonymie und due Verbreihen 54 nicht gehalten werden: im Fall des Verbs erfrieren handelt es sich um den Übergang von der Flüßigkeit zum festen Aggregat, i m Fall der Verbindung in den gasförmigen Zustand zu übergehen ist die Situation nicht umgekehrt, sondern vollkommen anders – der Übergang verläuft in Richtung Flüßigkeitgasförmiges Aggregat. Also wieder der Fall der sekundären Antonymie. Das einzige Verb, das im Zusammenhang zu dem Verb erfrieren mit dem Begriff das primäre Antonym bezeichnet werden kann, ist wahrscheinlich das Verb auffrieren. Es handelt sich um den Übergang zum flüßigen Aggregat, der durch die Erwärmung (b zw. Erhitzung) erzielt wird. Selbst das Präfix auf- ist interessant – während es in manchen Fällen in synonymischer Bedeutung zu dem Präfix er- auftritt (vgl. das Verbpaar erblühen / verblühen), hat in diesem Fall das Präfix auf- die umgekehrte Bedeutung. 2. die Verminderung der Qualität – z.B. die Verben erschöpfen oder erschlaffen. In diesem Fall handelt es sich um keine modifizierte Quantität, sondern um die Veränderung der Qualität. Es verändern sich die Eigenschaften, die Qualitäten des beobachteten, b eschrieben Objekts odas Subjekts. Die folgenden Beispielsätze zeigen uns, daß es sich keinesfalls um eine Veränderung der Quantität handelt: Er hat heute zuviele Kräfte ausgegeben. Jetzt ist er völlig erschöpft. Ich bin schon achtzig. Mein Körper ist schon erschlafft. Das Verb erschöpfen hat jedoch mehrere Bedeutungen. Bei einer von ihnen kann von der modifizierten Quantität gesprochen werden, vgl. die folgende Verbbedeutung und den Beispielsatz: erschöpfen = (auch) die Vorräte von etwas auf Null, bzw. auf Minimum erniedrigen. Eindeutig handelt es sich um die gesenkte Quantität – d.h. das Verb erschöpfen drückt in dieser Bedeutung die modifizierte Quantität aus. Der Beispielsatz: Die Getreidereserven sind während der schrecklichen Hungersnot schnell erschöpft worden. Ich habe das Verb unter Punkt 1. nicht eingeordnet, weil es sich in diesem Fall um eine völlig andere Art der Modifikation handelt. Unter Punkt 1. ging es um die Modifikation der Qualität, die dadurch 55 erreicht wurde, daß eine Menge von etwas (ein Quantum) zugegeben, bzw. abgenommen wurde. Das Verb erschöpfen ist ein anderer Fall – hier handelt es sich um die sinkende Quantität, die in keiner Verbindung mit der Qualität ist. 3. die kurze Dauer einer Handlung – z.B. die Verben erklingen, erglänzen. Diese Verben beschreiben eine lediglich kurzfristige Handlung, vgl. den folgenden Beispielsatz: Wie lange hat die Glocke geklingt? – Sie ist nur einmal erklungen. 4. Beginn einer Handlung – vgl. die Beispielverben erdröhnen oder erblühen. Hier handelt es sich um die schon mehrmals erwähnten Phasenverben. In dieser Bedeutung ist das Präfix reich an synonymischen und antonymischen Verbindungen mit anderen Präfixen, vgl.: Die Antonymie: Die Masse der Menschen ist erdröhnt. Die Straßen in der Nähe von den Wohnungsvierteln wurden entdröhnt. Das Schneeglöckchen erblüht als die erste Frühlingsblume schon im Februar. Das Chrysanthenum verblüht / entblüht / blüht im November als eine der letzten Herbstblumen ab. Die Synonymie: Die Tulpen erblühen / blühen gewöhnlich in April auf. Interessant ist das Verb erbeben: dieses Verb drückt einerseits den Beginn einer Handlung aus, andererseits kann das Verb auch in identischer Bedeutung mit dem Verb beben gebraucht werden, vgl.: Das Erdbeben hat das Haus erbebt. = Das Erdbeben hat das Haus zum Beben bewegt. Er hat vor Kälte (Angst) erbebt / gebebt. – in diesem Fall handelt es sich schon um keinen bloßen Beginn einer Handlung. 5. eine gewisse Veränderung der Qualität, bzw. des Zustands – z.B. die Verben erschweren, erheitern, ergötzen. 56 2.1.9 Das Präfix ver verbleien, verzinnen, verzinken, verzuckern, verbreiten, verdünnen, verdunkeln, verdummen, verklingen, verkleinern, vertrocknen, vertiefen Im Präfix ver- hat der Benutzer der deutschen Sprache ein anderes Werkzeug für die Modifikation der Bedeutung des Verbs. Wie man auf den oben erwähnten Beispielen sehen kann, handelt es sich auch um die Modifikation der Relation Quantität, jedoch, wie es auch im Fall der anderen Präfixe war, nicht nur deren, das Verb kann auch in anderen Richtungen modifiziert werden. Im Prinzip können die mit dem Präfix ver- versehenen Verben in drei Gruppen eingeteilt werden, je nachdem, wie das Kernverb modifiziert wird – 1. es kommt zur Modifikation der Extension, 2. das Ende einer Handlung, 3. die Modifikation der Quantität. Die durch das Präfix ver- modifizierten Verben können also in drei Gruppen eingeteilt werden: 1. die Verben, bei denen die Beifügung des Präfixes ver- zur Modifikation der Extensität 32 führt. Es handelt sich um solche Verben wie verbreiten, verkleinern, vertiefen - vgl. die folgenden Beispielsätze: Die unbeherrschten Touristen haben den ursprünglich schmalen Steg um mehr als einen Meter verbreitet. Während der fünf Jahre hat sich seine Zahnlücke verkleinert /verengt. 33 Die Stadt hat den bereits verstopften Graben um fast einen Meter vertieft. Das Präfix ver- verfügt in dieser Bedeutung um keine Präfixe, deren Bedeutungen synonymisch oder antonymisch wären. Die Synonyma, bzw- Antonyma müssen mit anderen Kernverben ausgedrückt 32 Siehe die Kapitel Die Extension und Das Verb und die Ausdrückung der Extension Nicht immer drückt das Verb verkleinern die Extension aus, vgl. den folgenden Satz: Der Verlust der Firma wurde um mehr als eine hundert Million Euro verkleinert. 33 57 werden, vgl. die Verpaare verbreiten einschränken, verkleinern vergrößern oder vertiefen füllen, zuwerfen. 2. die Bedeutung das Ende einer Handlung – z.B. das Verb verklingen. In diesem Fall verfügt die deutsche Sprache um solche Präfixe, deren Bedeutung völlig identisch (synonymisch) ist, v gl. die folgenden Verben: verklingen = abklingen, ausklingen. In der deutschen Sprache sind auch Antonyme zu dem Verb verklingen zu finden. Diese können für Synonyme, d.h. für Wörter mit identischer Bedeutung gehalten werden 34 , vgl.: verklingen anklingen /erklingen 35 3. a.) das Präfix ver- modifiziert die Quantität – vgl. die Beispielverben verbleien, verzinnen, verzinken oder verzuckern. Es handelt sich immer um solche Bedeutung, daß etwas irgendwohin zugegeben wird – die Quantität steigt also. Das Präfix ver- ist nicht imstande, im Gegensatz zu einigen anderen Präfixen, die Quantität in beiden Richtungen zu modifizieren – das Präfix ver- drückt nur die steigende Quantität aus – mit einer Ausnahme, die wir erst später behandeln werden. Es ist ein bißchen strittig, ob es um die Modifikation der Quantität oder Qualität handelt. Ich würde diese Handlung für solche halten, die an der Scheide zwischen der Quantität und Qualität liegt. Die Qualität ist primär – es wird die Qualität, die Eigenschaft des verarbeiteten Gegenstandes verändert, sekundär kann jedoch auch von der veränderten (steigenden) Quantität gesprochen werden. 36 Bedeutungsmäßig steht in diesem Fall das Präfix ver- sehr nahe dem Präfix be-. In der Sprache hat sich jedoch die Benutzung des Präfixes ver- durchgesetzt (wir haben keine Ausdrücke wie *bezinnen, * bebleien oder * bezinken), die Präfixe ver- und be- können also für 34 Es ist jedoch äußerst fraglich, ob sich in der Sprache absolute Synonymie gibt, d.h. Wörter mit völlig identischer Bedeutung, die in beliebigen Kontexten verwechselt werden können. 35 Die Bedeutung des Verbs anklingen kann auch ein bißchen verschoben werden, es handelt sich also um keine Verben, die beliebig verwechselt werden könnten. Die primäre Bedeutung der beiden Verben ist jedoch völlig identisch. 36 Vgl. die Bedeutung etwas irgendwohin auftragen 58 keine Synonyme gehalten werden, auch wenn es logisch wäre. Wieder – wie es oft in der Sprache ist, gilt dieses nicht hundertprozentig – in der deutschen Sprache gibt es die Verben verzuckern / bezuckern, die in manchen Kontexten verwechselt werden können. 37 Ähnlich ist es auch im Fall der Antonymie. Bedeutungsmäßig bieten sich die Präfixe ent- oder ab- an, die deutsche Sprache nützt jedoch kaum diese Möglichkeit aus. Wieder mit einer Ausnahme – die deutsche Sprache verfügt über das Verb entbleien, das im Gegensatz zu dem Verb verbleien die Bedeutung das Blei abzunehmen hat, vgl. die folgenden Beispielsätze: Bei der Erzeugung wurden im Betrieb die einzelnen Bestandteile verbleit. Das Benzin ist in der Rafinerie verbleit worden. Es wird besonders schwierig sein, den toxischen Boden zu entbleien. b.) Die Quantität sinkt – vgl. die Beispielverben verdunkeln, verdummen und vertrocknen. In diesem Fall, im Gegensatz zu dem Punkt 1., gibt es schon Alternativen zu dem Präfix ver-, die Bedeutung der alternativen Präfixe kann jedoch nicht immer als synonymisch betrachtet werden, vgl.: Im Fall der Verben verdunkeln / abdunkeln handelt es sich um keine Verben mit synonymischer Bedeutung: Die Häuser wurden oft während des 2. Weltkrieges verdunkelt. Das Licht der Lampe wurde abgedunkelt. – beide Präfixe, sowohl das Präfix ver-, als auch das Präfix ab-, drücken zwar die Tatsache der kleineren Menge des Lichts aus, die mit den Präfixen vesehenen Verben werden jedoch in anderen Kontexten gebraucht, können also für die Synonyma nicht gehalten werden. Dieselbe Situation gibt es auch bei dem Verb (ver)trocknen: 37 Das Verb verzuckern hat jedoch mehrere Bedeutungen, vgl.: a) irgendwohin den Zucker hinzufügen – in dieser Bedeutung kann es mit dem Verb bezuckern verwechselt werden b) zusammengesetzte Zucker (die Zellulose, die Stärke) in einfache Zucker zu spalten – in dieser Bedeutung kann das Verb bezuckern nicht gebraucht werden 59 Das Laub der Kastanie ist im Herbst vertrocknet. Er hat das Geschirr abgetrocknet. Endlich hat die Sonne die Pfützen auf den Straßen ausgetrocknet. Der Teich bei unserem Dorf trocknet ein. – wieder drücken die einzelnen Präfixe dieselbe Tatsache aus (den Verlust an Wasser), die durch die Beifügung der Präfixe entstandenen Verben werden jedoch in anderen Kontexten gebraucht, dürfen also nicht verwechselt werden. Was das Verb vertrocknen betrifft, ist folgendes bemerkenswert - die Tatsache, daß die veränderte Quantität in manchen Fällen nicht mit Zahlwörtern ausgedrückt werden kann, kann nur als Folge der Logik begriffen werden. Wie ich schon im Fall des Verbs bewässern (im Kapitel, daß das Präfix be- behandelt) erwähnt habe, kann die Feuchtigkeit mit Numeralien ausgedrückt werden, was jedoch bei der Trockenheit nicht möglich ist, vgl.: Der Gärtner hat das Blumenbett mit drei Gießkannen Wasser bewässert. Aus dem Faß sind einige Liter verdampft. Die Feuchtigkeit der Luft ist 80%. - *Die Trockenheit der Luft ist 20%. 38 Was die Antonymie betrifft, gibt es in der deutschen Sprache das Präfix be-, das eine umgekehrte Bedeutung hat, vgl. die folgenden Verbpaare: verdunkeln beleuchten, belichten, bescheinen vertrocknen befeuchten, bewässern, benetzen Vorsicht – in beiden Fällen sind die mit dem Präfix be- versehenen Verben keine Synonyma! Interessant ist das Verb verdünnen. Das Präfix ver- drückt in diesem Fall sowohl die veränderte Qualität, als auch die modifizierte Quantität aus, vgl. die Beispielsätze: Diese Tatsache kann als Folge der Logik verstanden werden – es ist logischer, mit den Zahlwörtern die Existenz als die Nicht – Existenz (in diesem Fall meine ich den Gehalt des Wasserdampfes in der Luft) auszudrücken. 38 60 Hoffentlich ist das Gulasch nicht so scharf wie gestern! – Nur Ruhe, ich habe es verdünnt. Es wird nicht mehr so scharf sein. – augenfällig geht es in diesem Fall um keine modifizierte Quantität, sondern um eine Qualität. Wie hast du das getan, daß es im Topf zweimal mehr Gulasch als gestern gibt? – Es handelt sich um keinen Zauber, ich habe ihn nur verdünnt. – es handelt sich zwar um keine primäre Bedeutung des Verbs verdünnen, trotzdem geht es in diesem Beispielsatz augenfällig um die Modifikation (Vergrößerung) der Quantität. In dieser Bedeutung gehört das Verb verdünnen unter die Verben, bei denen mittels des Präfixes ver- die Quantität modifiziert wird. 2.1.10 Das Präfix zer zerknittern, zerknüllen, zerkratzen, zermahlen, zernagen, zerzupfen, zersägen, zerschmelzen, zerschlagen, zerschießen, zerschneiden Das Präfix zer- ist ein anderes Präfix, mit dessen Hilfe der Sprachbenutzer imstande ist, das Verb (bzw. die Verbbedeutung) zu modifizieren. Wie im Fall der anderen Präfixe, sehen wir uns zuerst diejenigen Bedeutungen (bzw. Bedeutungsmodifikationen) an, die mit der Relation Quantität nichts zu tun haben, um sie klar von den Modifikationen der Quantität abzugrenzen. Wenn man sich die Beispielverben etwas näher ansieht, stellt man fest, daß das Präfix zer- imstande ist, die Bedeutung des Verbs auf zweierlei Weise zu modifizieren – 1. die (oft nicht umkehrbare, vernichtende) Veränderung des „verarbeiteten“ Gegenstandes, 2. die Modifikation der Menge, der Quantität. Wie wir bald sehen werden, stehen die beiden Bedeutungen des Präfixes zer- sehr nah zueinander. Auch die unter Punkt 2. eingeordnete Bedeutung könnte als die (oft nicht umkehrbare, vernichtende) Veränderung des „verarbeiteten“ Gegenstandes beschrieben werden, die jedoch im gewissen Maße zur Veränderung der Quantität führt (in beiden Richtungen). Sehen wir uns also beide Gruppen ein bißchen näher an: 61 1. die Bedeutung die (oft nicht umkehrbare, vernichtende) Veränderung des „verarbeiteten“ Gegenstandes – vgl. die folgenden Beispielverben: zerknittern, zerknüllen, zerkratzen, zernagen, zerschmelzen. Die Verben beschreiben solche Handlung, solchen Vorgang, bei dem es zu dem Übergang von einem Zustand zu einem anderen kommt. Der Vorgang ist meistens nicht (hundertprozentig) umkehrbar, vgl. die folgenden Beispielsätze: Warum hast du das Papier zerknittert? Worauf soll ich jetzt meine Notizen schreiben? – Nur Ruhe, ich mache es wieder glatt. – hier handelt es sich um den seltenen Beispiel eines Vorganges, der umkehrbar ist, auch wenn nicht hundertprozentig. Wenn man das Verb zerknittern (bzw. zerknüllen) mit einem anderen Stoff (d.h. Objekt) verbindet, ist die Handlung sogar völlig, hundertprozentig umkehrbar: Mutti, ich habe meinen Rock zerknittert! So kann ich doch nicht zum Rendezvous mit Tony gehen! – Nur Ruhe, wir bügeln ihn aus und er wird wie neu aussehen! Wenn man sich jedoch die anderen Beispielverben ansieht, stellt man fest, daß die Reversibilität der Handlung nicht nur von der Natur des Objekts, des Gegenstandes abhängt, sondern viel mehr von der Art des Vorgangs, von der Weise, wie das Objekt „verarbeitet wird“, vgl.: Die unbekannte Angreifende hat ihm das ganze Gesicht zerkratzt. Es wird jetzt lange Wochen dauern, bis die Wunden völlig verschwinden. – auf der Reversibilität des Vorgangs wird nichts verändert, wenn von einem anderen Objekt gesprochen wird. Es wird nur die Art und Weise der Besserung verändert, vgl.: Irgendein betrunkener Schmähthandler hat ihm in der heutigen Nacht den Lack von seinem Auto zerkratzt. Jetzt muß der Fahrzeug neu lackiert werden, um die Kratzer glatt zu machen. Interessant ist das Verb zerschmelzen – der durch das Verb zerschmelzen ausgedrückte Vorgang ist reversibel, jedoch oft nur teilweise, im gewissen Maße. Wieder, wie im Fall der Verben zerknittern / zerknüllen hängt es von dem Objekt ab, ob die 62 Handlung völlig oder nur teilweise umkehrbar ist, vgl. das Zerschmelzen und die nochmalige Einfrostung des Eises (auf dem Fluß, in einem Gefäß) und der Eiscreme. Das Verb zernagen drückt den nicht mehr reversiblen Vorgang aus. Fassen wir das ganze noch einmal zusammen: die mit dem Präfix zer- modifizierten Verben können eine umkehrbare und eine nicht umkehrbare Handlung ausdrücken. Dieses hängt von der Natur der Handlung ab. Dasselbe Verb kann jedoch oft eine völlig reversible oder eine teilweise reversible Handlung ausdrücken – und dieses hängt schon von der Natur des Objekts ab. Einen interessanten Zusammenhang gibt es zwischen den Präfixen zer- und ein-. Diese Präfixe können sowohl eine 1. synonymische Bedeutung haben (zerschmelzen = einschmelzen, zerschießen = einschießen – dieses Verb gehört jedoch unter Punkt 2.), als auch eine 2. antonymische (zerschmelzen einfrieren / einfrosten). 2. Es kommt zur Veränderung der Menge, der Quantität – es handelt sich z.B. um solche Verben wie zerzupfen, zersägen, zermahlen, zerschlagen, zers chießen, zerschneiden. Wie ich schon gesagt habe, stehen die beiden Gruppen sehr nah zueinander, deswegen müssen manche Tatsachen nicht wiederholt werden, von denen schon bei denjenigen Verben gesprochen wurde, die unter Punkt 1. eingeteilt sind. Es muß nur hevorgehoben werden, daß es sich bei diesen Verben, im Gegensatz zu der oben genannten Gruppe der Verben, immer um eine nicht reversible Handlung handelt. Das Präfix zer- ist eines der Präfixe, das imstande ist, die Quantität zugleich in beiden Richtungen zu modifizieren – die Quantität, die Menge steigt und sinkt zugleich. Vgl. die folgenden Beispielsätze: Vor Wut hat Thomas das Formular zerzupft. Dann ist er sich jedoch einer Sache bewußt geworden – im Ständer hat sich kein einziges Formular mehr gegeben! Er hat kein anderes Fromular benutzen können! (die Quantität sinkt). Statt dessen hat auf dem Boden ein 63 Häufchen Papierfetzen gelegen. (die Quantität der auf dem Boden liegenden Papierfetzen ist gestiegen). Das Verb zersägen und die dadurch ausgedrückte modifizierte Quantität haben wir schon mancherorts erwähnt: Vergeblich suchte er nach dem großen Stamm, der noch gestern im Garten lag. Es sah keinen Stamm mehr. Das einzige, was er sehen konnte, war ein Haufen Holzscheiten. Jemand muß den Stamm zersägt haben! – wieder liegt ein klares Beispiel der in zwei Richtungen modifizierten Quantität vor uns – der gesenkten Quantität (der Stamm wurde in Kloben zersägt, es gibt also keinen Stamm mehr) und zugleich auch der steigenden Quantität (durch das Zersägen des Stammes sind die Kloben entstanden, die es vorher nicht gab). Derselbe Fall sind auch die anderen Beispielverben, vgl. die folgenden Beispielsätze: Er hat unglücklicherweise die teuere Vase zerschlagen. Anstatt einer Vase hat er jetzt eine Menge Scherben. Die französische Armee hat die russische Festung ganz und gar zerschossen. Wo früher eine imposante Festung stand, gibt es jetzt eine ungeheure Menge Abraum. Warum hast du das Papier zerschnitten? - Du hast doch gesagt, daß du zwei kleinere Papiere brauchst! – Na ja, aber das war unser letztes großes Papierblatt! Wir haben kein mehr! Wir brauchen das Semmelmehl. Könntest du bitte die alten Hörnchen zermahlen? – Sicher, aber wir werden dann ein kleines Problem haben – du wirst zwar ein Päckchen Semmelmehl haben, aber was werden wir den Kaninchen geben? Wir werden keine alten Hörnchen mehr haben! Die Präfixe sind jedoch nicht die einzelnen Mittel, die imstande sin d, die modifizierte Quantität auszudrücken, vgl. das folgende Kapitel. 64 2.2 Die Suffixe –eln, -ern flattern, sticheln, mit jm schäkern, hüsteln, liebäugeln, tröpfeln, kränkeln, flackern, schimmern, blinzeln, blinkern, geistern, juckeln Mittels der Nachsilben –ern, -eln wird das deutsche Verb in zwei Richtungen modifiziert. Die deutsche Sprache beschreibt so solch eine Tätigkeit, Handlung, deren Quantität und Intensität 39 zugleich modifiziert werden, bzw. kann es sich um solche Quantität handeln, die in beiden Richtungen modifiziert wird. Das modifizierte Verb kann durch ein neutrales Verb ersetzt werden, dessen veränderte Quantität und Intensität durch die Adverbien mehrmals, wiederholt und auch ein bißchen ausgedrückt wird, vgl.: hustenein bißchen, wiederholt hustenhüsteln stechenein bißchen, wiederholt stechensticheln Um sich die Verben, die eine so modifizierte Quantität und Intensität ausdrücken, von dem Gesichtspunkt der Form näher ansehen zu können, ist für uns eine Gliederung in mehrere Gruppen nützlich: 1. hustenhüsteln tropfentröpfeln 40 krankenkränkeln Diese Verben werden nicht nur mittels eines Suffixes modifiz iert, sie drücken die veränderte Quantität auch mit Hilfe eines Umlautes aus. Das ist einer der Züge der deutschen Sprache, eine Veränderung, die morphologisch durch das Suffix ausgedrückt wird, noch durch den Umlaut auszudrücken, falls es möglich ist, vgl. die Graduierung der Adjektive und Adverbien, die Deminutiva, manchmal auch den Plural des Substantivs. 2. stechensticheln 39 Mit der Quantität meine ich die Wiederholung der Handlung. Mit dem Begriff Intensität wird dann die kleinere Intensität der Handlung gemeint (z.B. sticheln stellt eine kleinere Intensität von stechen dar; die Frequenz der Handlung wird jedoch größer). Für die in beiden Richtungen modifizierte Quantität vgl. das Verbpaar tropfen→tröpfeln 40 Diese Verben (d.h. tröpfeln, kränkeln) drücken eine größere Frekvenz (d.h. Quantität) aus. 65 In diesem Fall wird die durch das Suffix –eln ausgedrückte Veränderung durch keinen Umlaut unterstützt, sondern durch einen ei Wechsel. Vgl. die 2., 3. Person Singular Indikativ Präsens und die 2. Person Singular Imperativ der unregelmäßigen Verben. 3. geistern, flattern, schimmern, flackern 41, mit jm schäkern 42 Von diesen Verben können keine neutralen Formen im gegenwärtigen Deutsch gefunden werden. Im Gegenwartsdeutsch muß also nach einem anderen neutralen Verb gesucht werden, vgl.: *flattenflatternfliegenflattern 43 *geistengeisterngehengeistern oder auch blinkengeistern 44 *schimmenschimmernblitzenschimmern 45 *flackenflackernbrennenflackern mit jm schäkern *mit jm schaken→mit jm schäkern Nur als ein Beispiel erwähne ich hier den Ursprung einiger mit dem Suffix –eln, bzw. –ern ausgerüsteter Verben (auch wenn sie keine Quantität oder Intensität ausdrücken), die in der heutigen Sprache über keine neutralen Formen verfügen: bummeln – im Niederdeutschen hatte es die Bedeutung „hin und her schwanken“ (die ausschwingende Glocke macht bum! bum!) trödeln – entstand aus dem spätmittelhochdeutschen Wort tredelmarkt, trödeln – mit altem Kram handeln schlendern – heißt niederdeutsch gleiten. Es entstand aus dem Verb schlingen wandeln – entstand aus dem Althochdeutschen wanton = wenden. Die ursprüngliche Bedeutung war also „sich wiederholt wenden“ 41 die Verben geistern, schimmern und flackern drücken lediglich die modifizierte Intensität aus. Sie sind hier nur als Beispiele erwähnt. 42 Bei diesem Wort handelt es sich natürlich um keine veränderte Quantität oder Intensität, wie die Form wohl andeuten könnte. Es handelt sich um keinen abgeleiteten Ausdruck, deswegen kann im gegenwärtigen Deutsch auch keine neutrale Form *mit jemandem schaken gefunden werden. 43 Es ist fraglich, wie man das Element benennen soll, das neben der Frequenz (die steigt) modifiziert wird. Ich würde zu der Bezeichnung (die sinkende) Extension neigen, weil es sich um den Ausmaß handelt. 44 Hier wird die Modifikation der Intensität des Geräusches ausgedrückt. 45 Im Deutschen gibt es auch das Verb schimmeln. Von der Endung –eln könnte man schließen, daß es um ein Verb mit derselben Bedeutung handelt, jedoch ist es nicht so, vgl.: schimmeln – sich mit dem Schimmel bedecken (dieses Verb hat also mit der Quantität nichts zu tun) 66 trampeln – im Mittelniederdeutschen hieß trampen „derb auftreten“. Die Bedeutung des heutigen Verbs trampen ist ein bißchen verschoben. 4. juckeln Es gibt eine „neutrale“ Form dieses Verbs (jucken), die hat jedoch semantisch mit seiner modifizierter Form nichts zu tun. Indem jucken die Bedeutung kribbeln, d.h. eines unangenehmen Gefühls hat, dessen Folge das Kratzen der juckenden Stelle ist, heißt juckeln entweder hüpfeln oder mit einem Wagen langsam, mit zeitweiligem Aufhalten fahren. 5. liebäugeln Hier geht es primär um das Paar der Verben äugenäugeln. Das Präfix lieb- drückt also die Intention, den Grund aus. Die Bedeutung der schon modifiezierten Verben kann noch weiter verändert werden. Das Englische drückt diese quantitative Veränderung anders aus. Sie benutzt keine lexikalischen, bzw. morphologischen Mittel im Sinne der Präfixe oder Suffixe, sondern benutzt völlig neue Lexeme, bzw. wird die Modifikation der Quantität und Intensität umschrieben, vgl.: fliegenflattern to flyto flit stechensticheln to prickto rib, to needle hustenhüsteln to coughto cough continually, to give muffeled coughs 46 Interessant ist, daß das englische to cough continually keine verminderte Intensität ausdrückt, es wird nur die größere Quantität, die Wiederholung hüsteln, sowie das (Frequenz)beschrieben. tschechische Das pokašlávat deutsche beschreiben Wort die Wirklichkeit detailierter als der englische Äquivalent. Auch im Deutschen gibt es zahlreiche Beispiele, wenn keine lexikalischen Mittel benutzt werden und ein neues Lexem eingesetzt wird, vgl: 46 to cough continually = unaufhörlich, ständig husten. 67 schnupfenschniefen to blow one`s noseto sniffle, to snivel, to suffel (vom Schnupfen) Man kann sehen, daß die Wortstämme im Deutschen und Englischen oft sehr ähnlich sind, vgl.: schniefen to sniffel, to snivel flattern to flit Die niederländische Sprache ist der deutschen Sprache sehr nahe, sie ist mit der deutschen Sprache sehr eng verwandt. Das spiegelt sich auch in der Tatsache ab, daß das Niederländische oft dieselbe oder ähnliche Mittel benutzt, um die modifizierte Quantität und Intensität auszudrücken, vgl.: schnupfenschnupfelnsnuitensnotteren fliegenflatternvliegenfladderen tropfentröpflendruppendruppelen Es kann gesehen werden, daß das Niederländische eine Art des deutschen Suffixes –ern (d.h. -ren) benutzt. Oft wird jedoch dabei auch der Stammvokal verändert (z.B. snuitensnotteren). Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die niederländische Sprache die Modifikation der Intensität und Quantität mittels anderer W erkzeuge ausdrückt, vgl.: hustenhüstelnhoesteneven hoesten 47, kuchen stechenstichelnstekenophitsen 48 In diesen Fällen benutzt das Niederländische andere Lexeme, während die deutsche Sprache Suffixe –eln, -ern gebraucht. Das Tschechische benutzt, ähnlich wie das Deutsche, einen Apparat lexikalischer Mittel, um die modifizierte Quantität und Intensität auszudrücken, vgl.: schnupfensmrkatposmrkávat hustenkašlatpokašlávat 47 even = ein bißchen in der Bedeutung gegen jemanden anreizen 48 68 fliegenlétatpoletovat blinkenblikatpoblikávat stechenpíchatpopichovat tropfenkapatpokapávat Wie wir sehen, benutzt das Tschechische zugleich zwei lexikalische Mittel – die Präfigierung (das Präfix po- ) und die Infigierung (das Infix -va-). Die Methoden der japanischen Sprache sind völlig anders als die Methoden der indoeuropäischen Sprachen, die bisher für die Konfrontation benutzt worden sind, vgl.: stechensasuhari wo tósu 49 schnupfenhana wo kamuhana wo susuru 50, nakijakuru fliegentobutobikau Das Japanische drückt die veränderte Quantität und Intensität mit Hilfe von Zusammensetzungen (tobutobikau) oder hat auch die Möglichkeit, völlig neue Verben mit dem Objekt zu verbinden (hana wo kamuhana wo susuru hana – Substantiv (der Nase), kamu, susuru 51 –Verb). Damit wäre die Analyse der morphologischen Mittel beendet. Im folgenden Kapitel möchte ich mich den syntaktischen Mitteln widmen. Auch die sind nämlich imstande, die Quantität auszudrücken. 2.3 Die syntaktischen Mittel Die syntaktischen Mittel drücken oft eher als die modifizierte Quantität die modifizierte Intensität aus. Diese hängt jedo ch oft mit 49 Englische Transkription Wie im Fall des Englischen to cough continually (hüsteln) wird hier nur die Wiederholung, die Intensität ausgedrückt. 51 Die ursprünglich selbständigen Vollverben kamu (beißen) und susuru (fortsetzen) verlieren in diesem Fall ihre Bedeutungen und füllen hier die Funktion der Hilfsverben, die helfen, die Quantität zu modifizieren. 50 69 der gesteigerten / verkleinerten Quantität zusammen, diese Mittel können also auch unter diejenigen Mittel miteinbeizogen werden, mit deren Hilfe das Verb die veränderte Menge ausdrückt. Das deutsche Verb verfügt über drei syntaktische Mittel, d ie die Veränderung der Quantität (bzw. der Intensität) in der realen Welt widerspiegeln. Es handelt sich um die Konstruktionen stehen + ein Substantiv im Präpositionalkasus, mitten in etwas begriffen sein und das Vorgangs- und Zustandspassiv, die die Beendigung, bzw. Nicht – Beendigung der Handlung ausdrücken. 1. Die Konstruktion stehen + ein Substantiv im Präpositionalkasus Bei dieser Konstruktion ist die Grenze zwischen den Begriffen Quantität und Intensität am wenigsten deutlich und es muß ein Beispiel nach dem anderen betrachtet werden: a) Der Baum blühte.Der Baum stand in Blüte. Diese zwei Äußerungen können auf zweierlei Weise betrachtet werden. Diese Äußerungen können als synonymische verstanden werden, als diejenigen, die dieselbe Wirklichkeit widerspiegeln. In beiden Fällen ist der Baum voll von Blüten und es handelt sich also um keine Modifikation der Quantität. Die Konstruktion - Der Baum stand in Blüte – ist nur präziser und läßt keine Zweideutigkeit wie im Fall der Aussage - Der Baum blühte – zu. Der Satz – Der Baum blüht – kann jedoch auch solche Situation ausdrücken, daß sich auf dem Baum nur einzelne Blüten gibt. Eine mehr präzise Ausdruckweise wäre Auf dem Baum gab es Blüten, die im Vergleich zu der Konstruktion Der Baum stand in Blüte (d.h. der Baum war voll von Blüten) eine kleinere Menge, Zahl ausdrückt. b) Der Baum brennt.Der Baum steht in Flammen. Auch diese Konstruktionen können von zwei Gesichtspunkten betrachtet werden. Es handelt sich darum, ob das Objekt der ausgedrückten Veränderung der Baum oder das Feuer ist. 70 Falls die Sprache den veränderten Stand des Feuers widerspiegelt, handelt es sich natürlich um keine modifizierte Quantität, sondern Intensität. In diesem Fall sind die Begriffe Quantität und Intensität ganz deutlich voneinander getrennt. Das Feuer kann auf keine Weise mittels der Zahlen ausgedrückt, quantifiziert werden, deshalb handelt es sich in diesem Fall um kein Mittel, mit dem die deutsche Sprache die veränderte Quantität ausdrückt. Das Objekt der Betrachtung kann jedoch auch der Baum sein, bzw. seine Zerstörung durch das Feuer. Diese kann schon quantifiziert werden (z.B. durch Prozente). Die Aussage - Der Baum brennt – drückt nicht präzis aus, ob der ganze Baum brennt, oder nur sein Teil. Die Äußerung – Der Baum stand in Flammen – evoziert jedoch, daß der Baum als Ganze brennt. Sekundär wird also durch diese Konstruktion auch die erhöhte Quantität ausgedrückt. Das Tschechische bedient sich der Konstruktion být + ein Substantiv im Präpositionalkasus. Die ist fast mit der deutschen identisch und deutet die Interaktion beider Sprachen an, vgl.: Das Haus brannte.Das Haus stand in Flammen.Dům hořel.Dům byl v plamenech. Die Konstruktion - Der Baum blühte.Der Baum stand in Blüte.Strom kvetl.Strom byl v květu. – klingt jedoch im Tschechischen ein bißchen merkwürdig. Besser wäre die Konstruktion – Strom byl obalený květy. (Der Baum war von Blüten umgehüllt). Diese Aussage drückt jedoch primär die Größe der Quantität aus, im Vergleich zu ihrem deutschen Äquivalent, das primär die Intensität ausdrückt. 2. Die Konstruktion mitten in etwas begriffen sein Diese Konstruktion drückt wieder solche Situation aus, die an der Grenze zwischen den Größen Intensität und Quantität steht. In meisten Fällen wird jedoch mit der steigenden Intensität auch die Quantität geändert, vgl.: 71 Er hat gearbeitet.Er war mitten in der Arbeit begriffen. Er hat gelesen.Er war mitten im Lesen begriffen. Er hat studiert.Er war mitten im Studium begriffen. Bei allen drei Beispielen (natürlich könnten noch viele mehrere gefunden werden, auf diese Weise kann jede Handlung modifiziert werden) handelt es sich primär um die erhöhte Intensität, mit deren das Subjekt die im Zeitwort ausgedrückte Tätigkeit ausübt. In diesen Fällen hängt jedoch die Intensität sehr eng mit der Quantität zusammen, denn die erhöhte Kraft (Intensität), mit deren die Tätigkeit ausgeübt wird, führt auch zur größeren Menge (Quantität) der geschafften Arbeit. Die formalen lexikalischen Mittel, die die Träger der Modifikation sind, sind das Adverb mitten, das andeutet, daß sich das Subjekt im Zentrum der Tätigkeit befindet, daß es für den Vollzieher nichts anderes als die gerade ausgeübte Tätigkeit gibt, und die Konstruktion begriffen sein, die in diesem Fall nicht im Verb begreifen (etwas verstehen) ihren Ursprung hat, sondern im Ausdruck greifen, d.h., daß das Subjekt völlig in die Tätigkeit hineinbezogen ist. 52 Das Tschechische benutzt eine fast identische Konstruktion být zabraný (ponořený) do něčeho, die durch die Konstruktion mitten in etwas begriffen sein buchstäblich übersetzt werden kann. In diesem Fall benutzt also die tschechische Sprache dasselbe Mittel wie die deutsche Sprache. Es handelt sich wieder um ein Beispiel der Interaktion zweier Sprachen. Die Tatsache, daß die beiden Nationen in der Vergangenheit immer in einem engen Kontakt standen, schließt eine unabhängige Entwicklung der beiden Konstruktionen aus. 52 Der Zusammenhang zwischen der Intensität und Quantität kann jedoch nicht für unbrechbar genommen werden. Falls die begleitenden Umstände sowie die Art und Weise des Subjekts oder der Handlung in Rücksicht genommen werden müssen, kann der logische Zusammenhang zwischen der modifizierten Intensität und der in derselben Weise modifizierten Quantität vernichtet werden. Vgl. das Kapitel Die Relativität der durch die steigende Intensität ausgedrückte Quantität. 72 Diese Konstruktion hat auch ein nicht passives Äquivalent – zabrat se, ponořit se do něčeho. Auch die deutsche Konstruktion hat eine, auch wenn veraltete, Konkurrenzform – sich in etwas vertiefen. Auch hier handelt es sich, wie im Tschechischen, um eine Art Konkurrenz des Aktivs und Passivs, vgl.: Er war mitten in der Arbeit begriffen. Er vertiefte sich in die Arbeit.Byl zabraný (ponořený) do práce. Ponořil se, zabral se do práce. Er war mitten im Lesen begriffen. Er vertiefte sich ins Lesen.Byl zabraný (ponořený) do čtení. Ponořil se, zabral se do čtení. Er war mitten im Studium begriffen. Er vertiefte sich ins Studium.Byl zabraný (ponořený) do studia. Ponořil se, zabral se do studia. 3. Das Vorgangs – und Zustandspassiv Die primäre Funktion des Vorgangs – und Zustandspassivs ist natürlich nicht, die modifizierte Quantität zu widerspiegeln. Trotzdem ist das Passiv fähig, im gewissen Maß diese Modifikation auszudrücken, vgl.: Das Buch wird bis zum Ende gelesen.Das Buch ist bis zum Ende gelesen. 53 54 Das Vorgangspassiv drückt den Prozeß, die Veränderung aus, beim Zustandspassiv handelt es sich dagegen, wie der Begriff andeutet, um einen Zustand, um eine Vollendung. Die Veränderung kann auch als die Veränderung, die Modifikation der Quantität verstanden werden, die in eine Vollendung ausmündet, in den Zustand der sich nicht mehr vergrößernden Quantität. Es handelt soch also um das 53 Die Quantität des gelesenen Textes ist im Fall des schon zu Ende gelesenen Buches sicher größer als im Fall desjenigen, das erst zu Ende gelesen wird. 54 Ein anderes, noch deutlicheres Beispiel wäre das Verb häufen, vgl. die Beispielsätze: Der Sand wird noch vor dem Haus gehäuft. Im Wagen gibt es noch Sand. – Der Sand ist schon vor dem Haus gehäuft. Im Wagen gibt es keinen Sand mehr. 73 Maß. In diesem Sinne kann das Zustandspassiv die veränderte Quantität widerspiegeln. 55 Zur ähnlichen Situation kommt es auch beim Substantiv – auch hier wird die veränderte Quantität mit dem Übergang Vorgang – Zustand ausgedrückt, vgl.: das Bauen 56der Bau, das Gebäude das Malendas Gemälde Wie verläuft das Bauen des neuen Hauses? – Langsam, das Haus wird noch gebaut. Wie verläuft das Bauen des neuen Hauses? – Das Bauen ist schon zu Ende, der ganze Bau / das ganze Gebäude ist schon gebaut. Der Unterschied, der in diesem Kapitel behandelt wird, wird im Tschechischen mittels des vollendeten und unvollendeten Aspekts ausgedrückt, vgl. die folgenden Beispielsätze: Dt.: Das Buch wird bis zum Ende gelesen.Das Buch ist bis zum Ende gelesen. Tsch.: Dočítá knihu.Kniha je dočtena. Es handelt sich hier also um den Unterschied zwischen dem unvollendeten und vollendeten Aspekt, der auch zur Ausdrückung der modifizierten Quantität dienen kann (unvollendeter Aspekt = wachsende / sinkende Quantität, vollendeter Aspekt = Resultat der wachsenden / sinkenden Quantität). Ähnlich sind auch die folgenden Beispiele: Dt.: Wie verläuft das Bauen des neuen Hauses? – Langsam, das Haus wird noch gebaut. 55 Es wäre jedoch ein Fehler anzunehmen, daß alle Verben imstande sind, so mittels des Vorgangs - und Zustandpassivs die modifizierte Quantität auszudrücken (also im Sinne Prozeß – das Resultat). Diejenigen Handlungen, die nicht quantifiziert werden können, können auch das Paar Vorgangspassiv – Zustandspassiv nicht gebrauchen (vgl. z.B. das Verb fliegen). 56 Mit dem Substantiv das Bauen hängt auch ein anderes Substantiv zusammen - der Bauplatz. Der Bauplatz kann als eine niedrigere Quantitätsstufe des Gebauten verstanden werden. 74 Wie verläuft das Bauen des neuen Hauses? – Das Bauen ist schon zu Ende, der ganze Bau / das ganze Gebäude ist schon gebaut. Tsch.: Jak probíhá stavba nového domu? – Pomalu, dům se ještě staví. Jak probíhá stavba nového domu? – Stavba už je u konce, budova je už postavena. Interessant ist das tschechische Substantiv stavba, das ins Deutsche entweder mit dem Substantiv das Bauen oder das Gebäude übersetzt werden kann. Der tschechische Ausdruck stavba unterscheidet also nicht zwischen dem vollendeten und unvollendeten Aspekt, unter der wachsenden Quantität und dem Resultat solcher Modifikation der Quantität. Andererseits gibt es im Tschechischen auch das Substantiv stavení, das dem deutschen Ausdruck das Gebäude entspricht. Dieser Ausdruck sagt also schon etwas von der Quantität, bzw. von dem Aspekt. Zwischen dem Vorgangspassiv und dem Zustandspassiv gibt es einen bedeutenden Unterschied. Das Zustandspassiv ist imstande, nicht nur das Resultat der wachsenden, bzw. sinkenden Quantität auszudrücken, sondern auch die Modifikation der Quantität. In dieser Bedeutung deckt sich das Zustandspassiv teilweise mit dem Vorgangspassiv (es drückt jedoch den bloßen Zustand, keinen Vorgang aus, es sagt also nichts darüber, ob die Modifikation der Quantität weitergeht), es gibt jedoch einen unübersehbaren Unterschied zwischen diesen zwei Formen des Passivs – das Vorgangspassiv ist nicht imstande, den Grad, die Stufe der Modifikation der Quantität auszudrücken, während der Zustandspassiv dieses ausdrücken kann, vgl.: Das Haus ist schon zu zwei Dritteln aufgebaut.Das Haus ist schon völlig aufgebaut. *Das Haus wird zu zwei Dritteln gebaut. 75 Dieser Unterschied spiegelt sich auch in der Umkehrung des Passivs ins Aktiv ab – während das Vorgangspassiv ins Aktiv transformiert werden kann, ist das im Fall des Zustandspassivs nicht möglich. Das Aktiv, ebenso wie das Vorgangspassiv, kann die Stufe der modifizierten Quantität nicht ausdrücken, vgl.: Das Haus wird noch gebaut.Man baut noch das Haus. Das Haus ist schon zu zwei Dritteln aufgebaut.dieser Satz kann ins Aktiv nicht transformiert werden. 3 Die Bedeutungsverhältnisse um das Sem der Quantität In diesem Kapitel habe ich vor, das Problem der Quantität ganz anders anzufassen – ich werde mich mit den Bedeutungsverhältnissen befassen, wie sie im Zusammenhang mit dem Sem der Quantität auftreten. Auf den Seiten dieses Kapitels werden solche Phänomene beschrieben wie z.B. die Antonymie und die Synonymie, die übertragene Bedeutung u.a. Besonders die Weise, wie ich die Antonymie beurteile, verbirgt in sich das Potenzial, Diskussionen hervorzurufen – durch die Einleitung des Termins die sekundäre Antonymie stelle ich mir die Frage (und ich beantworte sie zustimmend), ob mit dem Terminus Antonymie auch solche Verbpaare bezeichnet werden können, deren erdrückende Mehrzahl der Seme zwar in der Opposition steht, es gibt jedoch mindestens ein Sem, das seinen Gegenteil nicht findet. 3.1 Die Synonymie und die Verbreihe Mit dem Begriff Verbreihe bezeichne ich die Reihe der Verben, in der die Quantität die steigende Tendenz hat, d.h. daß sich die einzelnen benachbarten Verben (oder Gruppen von Verben) durch den Maß der Quantität voneinander 76 unterscheiden. Solche Verbreihen können natürlich auch im Fall der Intensität gebildet werden. Im Zentrum haben wir das neutrale Verb, das weder die erhöhte noch die abgeschwächte Quantität (bzw. Intensität) ausdrückt. Links von ihm sinkt die Quantität (Intensität), rechts von ihm kommt es zu einer Zunahme am Maß. Die einzelnen Verben verfügen über verschiedentlich reiche Verbreihen, das geht daraus hervor, wie oft das Verb im alltäglichen Verkehr gebraucht wird, bzw. wie wichtig / häufig die Handlung in unserem alltäglichen Leben ist, die durch das Verb widerspiegelt wird, und natürlich auch von der Natur der widerspiegelten Handlung. Die Modifikation der Quantität drücke ich mit dem Symbol aus. Vgl. die folgenden Verben und ihre Verbreihen (dick drücke ich die neutralen Verben aus): tröpfelntropfentriefenfließen(strömen) 57wallen, schießen naschen, im Essen stochernessengierig essensich vollessen, sich satt essen sich Grippe nehmen, blaumachenarbeiten malochen, robotern, barabern, sich schinden, sich rackern, sich placken, sich plagen, schuften Oder im Fall der Intensität 58: bummeln, kriechen, spazieren, trödeln, trotten, trottelngehen 59eilen, hasten, rasen, rennen, sausen, sich sputen, stürmen, stürzen bzw. geistern, huschen, schleichen, schweben, schlüpfen, sich stehlengehen poltern, trampeln, stampfen 57 Das Verb strömen kann auch als ein neutrales Verb begriffen werden, vgl.: Im Bach floß das Wasser. = Im Bach strömte das Wasser. Aber: Er drehte mit dem Wasserhahn um und das Wasser floß in den Eimer.Die Wasserleitung ist gebrochen und das Wasser strömte in die Küche. In diesem Fall kommt es schon, meiner Meinung nach, zur Modifikation der Quantität. 58 In diesem Fall wäre es vielleicht besser, den Begriff Intensität durch den Ausdruck Geschwindigkeit zu ersetzen. Dieser ist jedoch in der hyponymischen Beziehung zu dem Begriff Intensität. 59 Umgangsprachlich wird oft das Verb gehen durch laufen ersetzt, sie können also in manchen Kontexten für Synonyme gehalten werden. Im Niederländischen funktioniert diese Relation auch in der geschriebenen Sprache, vgl.: nl. met blote voeten lopen (wörtlich mit bloßen Füßen laufen) = dt. zu Fuß gehen Naar school ga ik met tram of lopend. = In die Schule fahre ich mit der Straßenbahn oder gehe zu Fuß. 77 Was die Verbreihen betrifft, taucht eine interessante Frage auf: Sind die einzelnen Verben, die denselben Maß der Quantität ausdrücken, die Synonyma, d.h. die Verben, die bedeutungsm äßig beliebig verwechselt werden können? In diesem Kapitel werde ich mich mit dem Stil und Kontext nicht befassen und konzentriere mich ausschließlich auf die eigentliche Bedeutung der Verben. Nehmen wir z.B. das neutrale Verb essen. Was die abgeschwächte Quantität betrifft, stehen uns mehrere Varianten zur Verfügung, u.a. die Verben naschen und im Essen stochern. Diese Verben drücken dieselbe Quantitätsstufe aus und können mit demselben Hyperonym überdacht werden, das etwa die Bedeutung wenig, in kleinen Mengen essen hätte. Die Hyponyma haben jedoch, im Unterschied zu ihrem Hyperonym, eine reichere Bedeutung, ihre Bedeutung kann durch eine größere Menge der Bedeutungsmerkmale (Seme) beschrieben werden. Sie können auch, wieder im Unterschied zu ihrem Hyperonym, in beliebigem Kontext, in beliebiger Situation nicht benutzt werden. Dieses Problem kann am deutlichsten gesehen werden, wenn wir die beiden Verben in die einzelnen Bedeutungsmerkmale analysieren: naschen im Essen stochern kleine Menge + 60 + die Geschwindigkeit + + Lust (/der Widerwille) + (/-) - (/+) smackhaft - + Die Analyse zeigt uns, daß die Bedeutung der einzelnen Verben nicht gleich ist. Obwohl es sich gemeinsame Bedeutungsmerkmale gibt (in beiden Fällen handelt es sich um kleinere Mengen von Essen, die mit niedriger Geschwindigkeit gegessen werden), gibt es zwei andere Seme, durch die sich die beiden Ausdrücke unterscheiden (in der Tabelle dick ausgedrückt). Diese sind auch Gründe der geniedrigten Das Zeichen – bezeichnet eine kleine Stufe, + eine große Stufe und 0 spricht von dem fehlendem Sem 60 78 Quantität und Geschwindigkeit (d.h. die Intensität), die Folgen, die die Handlungen haben, sind also das, was die beiden Ausdrücke verbindet. Sicher können die Ausdrücke in den folgenden Beispielsätzen nicht verwechselt werden, ohne die Bedeutung zu verändern: Wieder naschst du etwas? – Ich habe diese Süßigkeiten gefunden und die schmecken so gut … Wieder stocherst du dich im Essen? Schmeckt es dir nicht? – Nein, es ist nur ein bißchen versalzen. Die Reaktionen auf die Fragen zeigen eigentlich, durch welche Bedeutungsmerkmale sich die beiden Verben unterscheiden und warum sie nicht verwechselt werden können, obwohl sie dieselbe Quantitätsstufe ausdrücken, vgl.: Wieder stocherst du dich im Essen? – Ich habe diese Süßigkeiten gefunden und die schmecken so gut … die Reaktion ist unlogisch und unsinnig Dieses interessante Phänomenon ist natürlich auch bei anderen Verben zu finden. Ähnliche Bedeutungsunterschiede findet man auch bei dem Verb fragen. Dieses drückt zwar primär die Intensität aus, die ist jedoch wieder sehr eng mit der Quantität verbunden. Die Verbreihe sieht folgendermaßen aus: eine Frage stellenfragenFragen stellen, jn ausfragen, jn verhören (das Kreutzfeuer) Hier ist die Frage der Synonymität noch problematischer, im Fall der Varianten des Verbs fragen kann es nämlich oft zu den Bedeutungsübertragungen kommen, dank denen die Varianten oft verwechselt werden können. Mehr als die Beispielsätze hilft uns also mehr die Analyse der Verben in einzelne Komponenten. Vergleichen wir die Verben jn ausfragen und jn verhören: Als ich nach Hause gekommen war, begann meine Mutter mich auszufragen. = Als ich nach Hause gekommen war, begann meine Mutter mit einem Verhör. 79 Kaum bin ich von dem Verhör auf der Polizeistation gekommen, und gleich haben sie mich gefragt, was mich die Polizisten ausgefragt haben. Wie man sehen kann, können die Ausdrücke beliebig verwechselt werden. Doch handelt es sich um keine eigentlichen Synonyme, wie die Analyse der beiden Varianten beweist: ausfragen verhören die Intensität + + die Quantität + + kriminell 0 + Was also die beiden Ausdrücke voneinander unterscheidet, ist die Tatsache, daß das Verb jn verhören das Merkmal des Kriminellen impliziert. Wie kommt es also dazu, daß sie (ohne Bedeutungsverschiebung) verwechselt werden können? Es muß unterschieden werden, welches der beiden Verben für welches verwechselt wird: 1. jn ausfragenjn verhören – in diesem Fall ist das dank der Bedeutungsübertragung möglich. Das Verb jn verhören verliert den Zusammenhang mit dem Kriminellen und behält lediglich die Bedeutung der modifizierten Intensität, bzw. Quantität. 2. jn verhörenjn ausfragen – hier handelt es sich um eine Verallgemeinerung. Das Verb jn ausfragen ist ein Hyperonym zu dem Verb jn verhören, d.h es enthält weniger Bedeutungsmerkmale, der Kontext, in dem es benutzt werden kann, ist dadurch breiter. Nicht ausgelassen darf auch das Verb trinken werden. Auch hier gibt es Verbpaare, die zwar dieselbe Quantitätsstufe ausdrücken, dürfen jedoch dank der anderen Merkmale, die sie implizieren, nicht verwechselt werden, vgl. die Verben zitzen schlürfen: Das Kind hat den Tee aus der Flasche gezizt. = Zitze das Bier endlich nicht und trink ordentlich! Der Vater hat die heiße Suppe geschlürft. 80 Beide Verben beschreiben die Handlung, die etwa mit den Wörtern das Getränk in kleinen Mengen einzunehmen geäußert werden könnte. Das Verb schlürfen impliziert jedoch auch die Tatsache eines unangenehmen Lautes. Die Verwechslung der beiden Verben würde also zur Bedeutungsverschiebung führen. Natürlich gibt es Verbreihen, deren Glieder keine anderen Merkmale als die Quantität, bzw. Intensität implizieren und können also als Synonyme genommen und jederzeit verwechselt werden (wir reflektieren hier den Stil nicht), vgl.: arbeiten malochen, robotern, barabern, sich schinden, rackern, sich placken, sich plagen, schuften Ich habe mich das ganze Wochenende mit der Seminararbeit geplagt / gerackert / geschuftet / geschunden … Bemerkung: Ähnliche Probleme mit der Synonymität gibt es auch bei den Verben, die die modifizierte Intensität ausdrücken. Vgl. z.B. die Verben gehenrennen, rasen stürmen, stürzen. Alle drücken die größere Geschwindigkeit aus, bei den Verben stürmen, stürzen tritt jedoch auch die Bedeutung Heftigkeit, im Fall des Verbs stürmen auch geräuschvoll zu. 3.2 Antonymie und die Verbreihen Von der Antonymie sprechen wir, wenn wir zwei Ausdrücke haben, deren Bedeutung genau gegensinnig ist. In der Sprache gibt es die Antonymie zweier Art: 1. Zwischen den beiden Ausdrücken gibt es keine Zwischenstufen, keiner der beiden Ausdrücke kann gesteigert werden. Das Phänomenon, das so durch die Sprache widerspiegelt wird, kann lediglich entweder existieren oder nicht. Wir sprechen von dem sog. Prinzip der Komplementarität, bzw. der Kontradiktion. Als Beispiel können die Adjektive lebendig tot oder Substantiva der Ausländer der Inländer erwähnt werden. 81 2. Der Zusammenhang zwischen den beiden Ausdrücken kann durch die Zwischenstufen, Übergänge modifiziert werden. Es handelt sich nicht um die reine (Nicht-) Existenz, wie es im Fall des Komplementaritätsprinzips ist. Als Beispiel kann man die verschiedensten Eigenschaften wie kalt warm erwähnen. Hierher gehören auch die Adjektive, die die Quantität bezeichnen (viel wenig) – und also auch solche Verben, die imstande sind, die modifizierte Quantität auszudrücken (faulenzen schuften). Wenn in diesem Kapitel die Rede von der Antonymie sein wird, geht es um diesen Typ, denn die Antonyme, die dem Prinzip der Komplementarität (Kontradiktion) unterliegen, können die Quantität nicht modifizieren. Im Bezug auf die Quantität werden mit dem Begriff Antonym (das Oppositionswort) solche Ausdrücke (in unserem Fall Verben) bezeichnet, die sich jeder auf dem gegenliegenden Pol der Skala befinden. Bei der Modifikation der Quantität nehmen jedoch nicht selten die Verben auch andere Bedeutungen zu (es kann zu derselben Zeit zu der Modifikation der Intensität kommen oder kann das Verb auch andere Eigenschaften implizieren, die die anderen Verben, die sich in derselben Verbreihe befinden, nicht behalten). In solchem Fall handelt es sich natürlich um keine genauen Gegenstände. Dann taucht dieselbe Frage wie im Fall der Synonymie auf – handelt es sich um die Antonyme? Wenn schon, handelt es sich um Antonyme derselben Art (wie z.B. im Fall des Paares tot – lebend)? Darf nur die Relation Quantität berücksichtigt werden oder müssen auch andere Bedeutungsmerkmale in Betracht genommen werden? Das Problem kann von zwei Perspektiven betrachtet werden: I. Die Antonyme können in echte (primäre) und unechte (sekundäre) Antonyme aufgeteilt werden. a.) unter Verbreihen, die echte Antonyme enthalten, gehört z. B. die, dessen Grundlage das Verb arbeiten ist, vgl.: 82 sich Grippe nehmen, blaumachen, faulenzenarbeitenmalochen, robotern, barabern, sich schinden, rackern, sich placken, sich plagen, schuften Jedes der Verben, das als Glied dieser Verbreihe auftritt, drückt nur die modifizierte Intensität, und so auch die Quantität aus (es handelt sich um einen engen Zusammenhang zwischen der Intensität und Quantität, die Modifikation der Intensität führt auch zu der Modifikation der Quantität). Es werden keine anderen Eigenschaften zugenommen, die Verbpaare, die aus solchen Verben bestehen, von denen sich jedes auf dem gegenliegenden Pol der Quantitätsskala befindet, können für echte Antonyme gehalten werden – z.B sich Grippe nehmen sich plagen im Fall des neutralen Verbs arbeiten. Ich würde diese Art der Antonymie die primäre (echte, eigentliche) Antonymie nennen. b.) Die sekundären (unechten) Antonyme wären dann solche Antonyme, deren Opposition nur durch ein einziges Bedeutungsmerkmal gebildet wird, vgl. z.B. das Verb essen: naschen, im Essen stochernessengierig essensich voll essen In dieser Verbreihe finden wir sowohl die primären Antonyme, als auch die sekundären: 1. Das Verbpaar im Essen stochern gierig essen 61 enthält die echten, primären Antonyme, weil sie dieselben Eigenschaften implizieren, dieselben Bedeutungsmerkmale behalten, nur befinden sich diese auf den gegenseitigen Polen der (Quantitäts)skala, vgl.: 61 Wenn ich bei den Verben im Essen stochern, gierig essen und auch naschen von der Quantität spreche, meine ich die momentane, nicht die, die erst die Zeit zum Ausdruck bringt. Wenn größere Zeitspannen in Betracht genommen werden, ist von der Modifikation der Quantität keine Rede. Es wird nur die Intensität modifiziert. 83 im Essen stochern 62 gierig essen die Quantität - + die Intensität (Geschwindigkeit) der Widerwille (Unlust, kein Interesse)/Appetit - + +/0 0/+ Wie man auf der Tabelle sehen kann, beschreiben die beiden Verben dasselbe Gebiet der Wirklichkeit, nur handelt es sich jeweils um einen genau gegenseitigen Zugang zur Realität. Keiner der beiden Ausdrücke hat um eine Eigenschaft mehr oder weniger als der andere. 2. Die Opposition kann jedoch auch anders aufgestellt werden – und zwar naschen gierig essen. Was die Quantität betrifft, befinden sich die beiden Verben wieder auf den gegenseitigen Polen der Skala. Jedes Verb impliziert jedoch auch andere Eigenschaften – und diese, im Kontrast zu dem Verbpaar im Essen stochern gierig essen, widerspiegeln jedes eine andere Realität, vgl.: naschen 63 gierig essen die Quantität - + die Intensität - + smackhaft + 0 (Die dick gedruckte Eigenschaft ist diejenige, durch die sich die beiden Verben, bzw. Handlungen unterscheiden.) Die Qualit ät smackhaft, die das Verb naschen impliziert, findet keinen Gegenpol 62 Daß das Verb stochern die kleine Quantität ausdrückt, beweist der folgende unsinnige Text: Das Essen schmeckte ihm nicht. Er stocherte darin und als ich ein paar Minuten später gekommen bin, hat er schon alles aufgegessen. Den Gegensatz zwischen dem Merkmal der kleinen Quantität und der Quantität, wie sie im Beispielsatz ausgedrückt ist, demonstriert am besten der folgende, diesmal sinnvolle Text: Das Essen schmeckte ihm nicht. Er stocherte darin. Trotzdem als ich ein paar Minuten später gekommen bin, hat er schon alles aufgegessen. 63 Das im Fall des Verbs naschen von der kleinen Quantität zu sprechen ist, beweist der folgende unsinnige Satz: Innerhalb einer Stunde habe ich zwei große Torten genascht. – die Verbindung der großen Quantität und des Verbs naschen klingt unsinnig. 84 in der Bedeutung des Verbs gierig essen. Es handelt sich also um keine echten (primären) Antonyma, sondern um die sekundären, die keinen genauen Gegensatz zueinander bilden. Solch ein Beispiel der sekundären, unechten Antonymie ist auch das Verb trinken, bzw. seine Varianten: schlürfen, zitzentrinkengierig trinkendas Glas auf einen Zug austrinken Sind die Verben schlürfen und gierig trinken die echten, primären Antonyme, d.h. bilden alle ihre Eigenschaften die genauen Gegenteile, oder implizieren sie jedes eine andere Eigenschaft? Analysieren wir wieder die beiden Verben im Sinne der Komponentialsemantik: schlürfen gierig trinken die Quantität - + die Intensität - + die Unziemlichkeit + 0 Die Opposition bilden in diesem Fall nur die Mermale Quantität und Intensität, neben denen das Verb schlürfen noch die Qualität (Nicht-) Anständigkeit impliziert. Es handelt sich also um die sekundäre, unechte Antonymie. 64 Sehr interessant ist das Verb saufen. Dieses hat drei Bedeutungen: 1. Als eine vulgäre Variante zu dem Verb trinken. Es handelt sich um kein Synonym, in dieser Bedeutung gibt es einen stilistischen Unterschied. Bei der sekundären Antonymie kommt es also zu der folgenden Erscheinung – die beiden Ausdrücke stehen zwar auf den Gegenpolen einer Skala (in diesem Fall der Quantitätsskala), bei mindestens einem der beiden verglichenen Ausdrücke können jedoch noch andere Seme gefunden werden (der Ausdruck hat noch eine andere Bedeutung), die beiden Ausdrücke können also nicht für echte Antonyme genommen werden. Es kann auch passieren, daß die beiden Ausdrücke auf Grund desjenigen Bedeutungelements verglichen werden, das bei einem der Ausdrücke nicht als das Hauptelement begriffen werden kann (z.B. das Verb naschen – die Relation Quantität kann für das Hauptbedeutungselement nicht gehalten werden – für dieses muß das Sem smackhaft gehalten werden, und kann also für kein echtes Antonym zu dem Verb gierig essen gehalten werden – das Hauptbedeutungselement ist hier die Quantität). 64 85 2. Das Verb saufen kann auch als eine Quantitätsstufe des Verbs trinken begriffen werden. Das stilistische Merkmal, das Merkmal der Vulgarität, spielt lediglich beim Betrachten der Synonymität eine Rolle. Im Fall der Antonymität bildet es kein Hindernis, um z.B. das Paar zitzen saufen als die primären Antonyme zu bezeichnen. 3. Es gibt jedoch auch das Verbpaar zechen saufen. Diese Verben befinden sich wieder, was die Quantität und Intensität betrifft, jedes auf dem gegenseitigen Pol der Skala, und das Merkmal der Vulgarität, das zu dem Verb saufen zutritt, stört uns wieder nicht, um die Verben als primäre Antonyme bezeichnen zu können. Solche sekundäre Antonyma finden wir auch bei den Varianten des Verbs fragen. Diese werden wieder dank dem verschiedenen Maß der Quantität, bzw. Intensität auf die gegenseitigen Pole der Skala plaziert, jedoch können sie nicht für die primären Antonyme gehalten werden, weil sie auch andere Bedeutungsmerkmale implizieren, vgl. das Verbpaar eine Frage stellen verhören. Es handelt sich hier um die verschiedenen Stufen der Quantität (Intensität), das Verb verhören impliziert jedoch auch das Merkmal des Kriminellen und darf also für kein primäres Antonym genommen werden. Wie wir im Kapitel über die Synonymität der einzelnen Glieder der Verbreihen gesehen haben, kann das Verb verhören auch in der übertragenen Bedeutung gebraucht werden; dann hat es etwa die Bedeutung des Verbs jn ausfragen. In dieser Bedeutung können die Verben eine Frage stellen und verhören für echte, primäre Antonyme genommen werden, zuerst muß jedoch von dem Verb verhören das Merkmal kriminell beseitigt werden. II. Nehmen wir folgende Definition der Antonymie: Stellen wir uns eine Skala vor, die aufgrund eines einzigen Merkmales definiert wird. In deren Mitte sich ein neutrales Verb befindet. Dann könnten solche Paare der Ausdrücke, von denen sich einer auf einer Seite von dem neutralen Ausdruck, der andere auf der gegenseitigen Seite befindet (d.h auf gegenseitigen Polen der Skala), als Antonyme bezeichnet werden. Die Antonyme werden dann 86 aufgrund eines einzigen Merkmales definiert (ebenfalls wie die ganze Skala). In diesem Fall verliert die Aufteilung in echte und unechte Antonyme ihre Begründung und z.B. das Verbpaar naschen – sich vollstopfen kann für das Paar der Antonyme bezeichnet werden. 3.3 Die die modifizierte Quantität ausdrückenden Verben und die mit ihnen zusammenhängenden Substantive Das Verb ist natürlich nicht die einzige Wortart, die imstande is t, die vergrößerte, bzw. verkleinerte Quantität auszudrücken. Über dieselbe Fähigkeit verfügen auch die Substantive, Adjektive, Pronomina, natürlich Numeralia und Adverbien, die oft mit den Verben verbunden werden auszudrücken. In und diesem so helfen, Kapitel die veränderte möchte ich mich Quantität auf die Substantive und gelegentlich auch Adjektive konzentrieren und möchte sie nicht isoliert nehmen, sondern in ihrem Zusammenhang mit den Verben. Auf dieser Stelle möchte ich nicht solche Substantive in Bet racht nehmen, die ursprünglich Infinitive waren. Diese drücken den bloßen Vorgang. Mich interessieren solche Nomina, die die Menge beschreiben, die sich in zweierlei Weise begreifen läßt: 1. die modifizierte Quantität ist das Resultat der mit dem Verb ausgedrückten Handlung 2. das Substantiv, das die modifizierte Quantität ausdrückt, tritt in die Handlung ein, die durch das modifizierte Verb ausgedrückt wird Gelegentlich treten in dieser Situation auch Adjektive zu, die die Begleiterscheinungen ausdrücken. Natürlich gibt es viele Verben, zu denen es kein entsprechendes Substantiv gibt (mit der Ausnahme des aus dem betreffenden Verbinfinitiv entstandenen Nomens), vgl.: lesenauslesen, zu Ende lesen 87 trinkenaustrinken, bis zur Neige leeren, bzw. auf einen Zug austrinken 65 Bei diesen Verben könnte die Quantität des sich aus der Handlung ergebenen Zustands nur mittels der Quantifikatore geäußert werden – z.B. ein halbes Glas, das ganze Glas usw. Die einzige Möglichkeit wäre das Substantiv der Tropfen, das mit der kleineren Menge der Flüßigkeit verbunden ist. Es gibt jedoch Verben, für die ein entsprechendes Substativ gefund en werden kann, vgl.: überfliegen, (die Zeitung usw.) flüchtig durchsehen lesen studieren, im Lesen begriffen sein Hier könnte etwa das folgende Paar der Substantive angeführt werden: die Ahnung (im Sinne der oberflächlichen Kenntnisse, bzw. der oberflächlichen Verständigung)die Kenntnis, die Verständigung Wie ich schon mehrmals erwähnt habe, tritt das Verb studieren noch in einer Verbreihe auf, und zwar in derjenigen, die etwas mit dem Lernen zu tun hat, vgl.: überfliegen, etw. nur flüchtig durchsehenstudierenpauken, büffeln, ochsenes ist interessant, daß das Verb studieren auch in diesem Sinne in der Verbindung mit denselben Substantiven steht, wie es im Fall der oben genannten Bedeutung lesen ist. Diese Tatsache zeigt einen sehr engen Zusammen hang der beiden Reihen und macht auch darauf aufmerksam, daß die Bedeutungsverschiebung des Verbs studieren sehr gering ist. In beiden Fällen kann die (sich durch die modifizierte Quantität) auszeichnende Situation auch mit den Adjektiven näher spezifiziert 65 Bei den Varianten austrinken, bis zur Neige trinken ist die in Betracht genommene Zeitspanne länger und beschreibt solche Situation, wenn die definitive Quantität vergrößert wird, vgl.: Ich trinke mich nur ein bißchen an. – Was, du trinkst das Glas bis zur Neige aus! Dagegen die Verbindung etwas auf einen Zug austrinken beschreibt die momentane, kurzzeitige Handlung, deren Quantität sehr eng mit der Intensität verbunden ist. Es geht darum, daß die Quantität kurzfristig größer ist, als wenn man die Handlung nur mit dem Verb trinken beschreibt, vgl.: Hans hat im Laufe der zehn Sekunden nur ein Paar Schlucke aus dem Glas getrunken, während Paul ist es gelungen, das Glas auf einen Zug auszutrinken. Paul hat im Wettbewerb gewonnen, er hat während der zehn Sekunden mehr Bier ausgetrunken. 88 werden. Es treten hier solche Adjektive wie etwa mühsam, ermüdend oder schmerzlich zu. Besonders interessant ist die Situation im Fall des Verbs fließen und seiner Varianten, vgl.: fließenüberfluten, wallen / schießen Es kann deutlich gesehen werden, daß die Varianten des Verbs fließen nicht für die Synonyme genommen werden können, obwohl sie die erhöhte Quantität ausdrücken. Bei den Verben wallen, schießen tritt noch die Relation Intensität zu, die es nicht erlaubt, alle drei Verben generell mit solchen Substantiven wie das Hochwasser, die Überschwemmung, die Wasserflut, die Inundation oder die Flut zu überdecken. Diese Substantive beschreiben nur die Situation, wenn es viel Wasser gibt, das Wasser muß jedoch nicht mit großer Stärke (=Intensität) strömen. Diese Substantive entsprechen also nur der Quantität, nicht der Intensität. Ein bißchen anders ist die Situation bei dem Verb fragen, dessen Verbreihe folgendermaßen aussieht: fragenausfragenverhören, vernehmen Hier bieten sich die Substantive das Verhör, die Einvernahme und die Vernehmung an. Diese entsprechen jedoch nur den Verben verhören und vernehmen, zwischen dem Verb ausfragen und diesen Substantiven ist der Zusammenhang nicht mehr so eng (dank dem Merkmal des Kriminellen, das die Substantive beinhalten und durch das sich das Verb ausfragen nicht auszeichnet). Wie wir jedoch schon im Kapitel Die Synonymie und die Verbreihen gesehen haben, kann das Verb jn ausfragen durch jn verhören, bzw. jn vernehmen ersetzt werden, das Merkmal des Kriminellen muß jedoch abgeschafft werden. Dieselbe Möglichkeit haben wir auch in diesem Fall: wenn von den Substantiven das Verhör, die Einvernahme und die Vernehmung das Merkmal des Kriminellen abgeschafft wird, kann auch ihre Verbindung mit dem Verb jn aushören etwas enger gemacht werden. Es muß also zu einer Bedeutungsübertragung, einer Bedeutungsverschiebung kommen. Dieselbe Möglichkeit haben wir auch im Fall des Substantivs das Kreutzfeuer. 89 Das Deutsche verfügt auch über das Substantiv der Fragebogen (bzw. der Nachfragzettel). Dieses Substantiv steht dem Verb jn ausfragen sehr nahe, auch wenn es mit einer speziellen, konkreten Situation verbunden ist. Zweifellos drückt dieses Substantiv die größere Quantität aus. Im Unterschied zu dem Verb trinken verfügt das Verb essen über einige Substantive, die die Quantität ausdrücken – z.B. der Krümmel, bzw. die Schmolle. Diese zwei Substantive werden jedoch überwiegend in der Verbindung mit dem Nomen das Brot verwendet. (Was das Nomen das Brot betrifft, verfügt das Deutsche auch über die Substantive die Schnitte und die Scheibe 66 , die die kleinere Quantität im Vergleich zu dem Substantiv der Brotleib 67 ausdrücken.) Auch andere Gerichte verfügen über die speziellen Nomina, die die modifizierte Quantität ausdrücken, wie z.B. die Scheibe, der Schnitt (Fleisch, Wurst), der Leckerbissen (etwas Smackhaftes). Diese Substantive sind zwar durch das Phänomenon Quantität miteinander verbunden, dürfen jedoch nicht für Synonyme genommen werden, weil jedes von ihnen in einem anderen Kontext auftritt. 3.4 Die übertragene Bedeutung des Verbs Von der übertragenen Bedeutung sprechen wir, wenn das Wort nicht in seiner primären Bedeutung, sondern in einem semantisch verwandtem Kontext benutzt wird. Dank dieser, sehr oft nur geringer Bedeutungsverschiebung muß jedoch mit dem Wort, bzw. seiner Bedeutung ganz anders gearbeitet werden. Wie kommt es zu solch einer Bedeutungsübertragung? Aufgrund derselben, oder besser gesagt ähnlicher Natur der widerspiegelten Handlung. Den größten Unterschied gibt es meistens nicht in der widerspiegelten Realität, sondern im Subjekt, der die Handlung durchführt. Dank dem Subjekt 66 In gewissen Kontexten könnte das Nomen der Leckerbissen als ein Hyponym zum Nomen die Scheibe betrachtet werden. 67 Das Deutsche verfügt auch über den Ausdruck der Leib Käse. 90 kann das Verb auf Grund der Bedeutungsübertragung einzelne Bedeutungskomponenten verlieren, aber auch gewinnen. Das Maß der Bedeutungsverschiebung hängt davon ab, wie weit voneinander die beiden Handlungen stehen und auch wie (un)gewöhnlich die Verbindung Subjekt – Prädikat ist. Am besten kann das bei der Analyse im Sinne der Komponentensemantik 68 demonstriert werden, vgl. das Verb arbeiten: 0 das Herz (der Motor) arbeitet 0 arbeiten (den Beruf ausüben) 0 die Intensität + 0 0 0 die Weise 0 + 0 die arbeiten das Holz arbeitet + Quantität 69 + Nicht selten kann die Quantität (bzw. die Intensität) der Wörter, in unserem Fall der Verben, nicht modifiziert werden. Dieses Phänomen kann wieder sehr deutlich auf dem Verb arbeiten gezeigt werden: Er hat den ganzen Tag gearbeitet.Er hat sich den ganzen Tag geschindet. Das Holz arbeitet (zieht sich).*Das Holz schindet / rackert sich. Dank der Bedeutungsübertragung verlor das Verb arbeiten seine Fähigkeit, die erhöhte / abgeschwächte Quantität (bzw. Intensität, in diesem Fall hängen beide Phänomene sehr eng zusammen) auszudrücken. Die anderen Beispiele zeigen uns, daß die Bedeutung sehr oft gar nicht, oder nur ein wenig verschoben wird und trotzdem verliert das Verb die Fähigkeit, die modifizierte Quantität auszudrücken: Er arbeitet geistlich.↔Er arbeitet als Tischler (= Er ist Tischler von Beruf). 68 Die Analyse ist nicht komplett, ich wähle nur solche Komponenten aus, die für uns interessant sind. 69 Wenn hier von der Quantität und Intensität gesprochen wird, wird eher das Potenzial gemeint. 91 In diesen zwei Beispielen hat das Verb arbeiten die Funktion, die Art der ausgeübten Arbeit zu beschreiben, wodurch man sein Geld verdient. Das Verb arbeiten ist in diesem Fall ein Teil des Komplementaritätspaares arbeiten ~ nicht arbeiten, zwischen denen es sich keine Zwischenstufen gibt. Das Herz arbeitet (funktioniert) normal.↔Der Motor arbeitet (läuft, funktioniert) gut. Alle Verben, durch die das Verb arbeiten in dieser übertragenen Bedeutung ersetzt werden kann, sind nicht imstande, die modifizierte Intensität oder Quantität auszudrücken. Ähnlich ist das auch bei dem Verb malen, vgl.: Er malte das Bild.Er malte das Bild zu Ende. Hier handelt es sich zwar eher um den Kontrast zwischen dem Vorgang und dem Zustand, dieser Kontrast kann jedoch auch ein bißchen anders genommen werden: als Kontrast der wachsenden Quantität und der Quantität, die ihren Höhepunkt schon erreicht hat (d.h. es handelt sich um die finale Quantität). In diesem Sinne kann es als die Modifikation der Quantität begriffen werden. Vgl. dieses Beispiel mit den folgenden zwei Beispielen: Er malte (schilderte) seinem Vater aus, wie fleißig er studiert. Hier muß man zwischen folgenden Verbbedeutungen unterscheiden: zwischen den Bedeutungen der schriftlichen und mündlichen Äußerung, vgl.: 1. die schriftliche Äußerung – hier kann die Quantität ganz konkret ausgedrückt werden, vgl.: Er hat seinem Vater auf 5 Seiten gemalt (geschildert), wie fleißig er studiert. Ein anderes Mittel ist auch die Aktionsart, bzw. die Konstruktion etwas zu Ende tun. 2. die mündliche Äußerung – hier steht nur die Konstruktion etwas zu Ende tun zur Verfügung. Eine mündliche Äußerung kann nicht so konkret quantifiziert werden, wie es im Fall der schriftlichen möglich ist, die einzige Möglichkeit wäre etwa die folgende: 92 Er hat seinem Vater 15 Minuten gemalt (geschildert), wie fleißig er studiert. – hier geht es jedoch nur um die Zeitdauer (d.h. Quantität der Zeit). Es besteht zwar in manchen Fällen ein Verhältnis zwischen der Zeitdauer und der definitiven Quantität, die als Resulatat einer Handlung zu bgreifen ist; es ist jedoch relativ (wie im Fall des Zusammenhangs Intensität – Quantität bei dem Verb arbeiten). Das Verhältnis wird nicht nur durch diese zwei Phänomena gebildet (d.h. Zeitdauer und Quantität), sondern es können auch andere Tatsachen in das Verhältnis treten, die es relativ machen. 70 Er malte sich die Zukunft in den schönsten Farben aus. Das Verb sich malen kann natürlich die Quantität nicht ausdrücken. Das Verb gären ist ein anderes Verb, das die Quantität mittels des Kontrastes zwischen dem Vorgang und dem Zustand ausdrückt, vgl.: Der Wein gärt.Der Wein ist gegoren. 71 Das Verb gären verfügt auch über eine Variante mit der übertragenen Bedeutung. In diesem Fall hat es jedoch die Bedeutung unter den Menschen gären (und kann nur in seinen regelmäßigen Formen benutzt werden). Auch diese Bedeutungsübertragung führt zum Verlust der Fähigkeit, die Quantität auszudrücken (jedoch nicht die Intensität), vgl.: Der Wein gärt.Es gärt unter den Völkern Afrikas. Der Wein ist gegoren.*Unter den Völkern Afrikas ist es gegärt. Aber: Immer mehr gärte es unter den Völkern Afrikas.die Fähigkeit, die Intensität auszudrücken, blieb erhalten Das Verb salzen ist zwar imstande, die Quantität zu widerspiegeln, es verfügt jedoch, wie die schon erwähnten Verben, über eine Variante mit übertragener Bedeutung, die die modifizierte Quantität wieder nicht ausdrücken kann, vgl.: 70 Vgl. die folgenden Beispielsätze: Er lebte 60 Jahre.→Er lebte 80 Jahre. – hier geht es natürlich um keine Quantität. Die Eiche wächst nur 3 Jahre.→Die Eiche wächst schon 8 Jahre. – hier ist schon der Zusammenhang zwischen der Dauer und der Quantität deutlich, aber: Die achtjährige Eiche, die in den Bergen wächst, ist kleiner als die dreijährige von der Ebene.→Es tritt ein Element bei (die Seehöhe), die das Verhältnis relativisiert. 71 Hier geht es natürlich um das Maß. 93 Er hat die Suppe gesalzen.Er hat die Suppe versalzen. Das war eine gesalzene Rechnung.*Das war eine versalzene Rechnung. Der Witz ist gesalzen.*Der Witz ist versalzen. Er hat seine Rede mit humorvollen Anspielungen gesalzt. *Er hat seine Rede mit humorvollen Anspielungen versalzen. Nicht vergessen darf auch das Verb spalten werden. Auch dieses verfügt über die Variante mit der übertragenen Bedeutung, die die Fähigkeit verliert, die modifizierte Quantität auszudrücken, vgl.: spalten: entzweispalten (entzweihauen, entzweischlagen) kleinhacken, in Stücke hauen Der Baum hat sich in zwei Stücke gespalten.Paul hat den Knüppel auf die Splitter gehaut. Das Verb spalten kann jedoch auch in folgender Bedeutung auftreten: Die Meinungen auf die Problematik waren gespalten.was die Quantität (und auch die Intensität) betrifft, kann das Verb spalten in dieser Bedeutung keinesfalls modifiziert werden. Nur am Rande: dieselbe Situation tritt auch bei der Intensität auf. Auch in diesem Fall verlieren die Verben mit übertragenen Bedeutungen sehr oft die Fähigkeit, die modifizierte Intensität auszudrücken, vgl. die folgenden Beispielsätze: Die Uhr geht.*Die Uhr geht schnell. – das Prinzip der Komplementarität Ihm geht nichts über ein gutes Glas Wein.↔Am Ende geht alles auf dasselbe hinaus.feste idiomatische Verbindungen So geht / läuft es nicht. – keine Bewegung (aber: Es geht schnell.*Es läuft.) Die Maschine geht / läuft gut.Vgl. Der Motor arbeitet (funktioniert) normal. Der Eimer läuft. – das Prinzip der Komplementarität Die Bedeutungsübertragung kann jedoch die Bedeutung des Verbs auch bereichern. Dann handelt es sich um das umgekehrte 94 Phänomenon als bei den oben genannten Beispielen. Während bei den schon erwähnten Bedeutungsübertragung Ausdrücken ihre die Fähigkeit Verben verloren durch die haben, die Modifikation der Quantität auszudrücken, kann die Situation auch umgekehrt sein – die Verben, deren Bedeutung verschoben wurde, können jetzt imstande sein, die Quantität auszudrücken. Vgl. das Verb schinden: die Intensität schinden (z.B. das Haut vom Menschen) 0 sich schinden (schwer arbeiten) + die Quantität 0 + Am besten kann der Unterschied zwischen diesen Verben auf folgenden Beispielsätzen demonstriert werden: Unter großen Schmerzen hat er ihm das Haut vom Körper geschunden. hier kann nur die Weise ausgedrückt werden, aber nicht die Quantität. Er hat sich den ganzen Tag im Garten geschunden, aber endlich hat er die Arbeit geschafft. Andere würden für dieselbe Zeit viel weniger Arbeit tun. schon das Beispiel zeigt uns, daß das Verb schinden die Modifikation der Quantität ausdrücken kann. Das Verb hat also durch die Bedeutungsübertragung ein weiteres Bedeutungsmerkmal gewonnen. Oder besser gesagt, die durch das Verb ausgedrückte Intensität hat einen engen Zusammenhang zu der Quantität gewonnen. Sehr ähnlich ist die Situation bei dem Verbpaar plagen sich plagen. Auch hier gewann das Verb sich plagen die Fähigkeit, die Quantität auszudrücken, was das Verb plagen nicht imstande ist. Es ist nicht schwierig, den Ursprung dieser Bedeutungsübertragung aufzuspüren – das Verb plagen heißt jn belästigen, während im Fall des Verbs sich plagen das Subjekt diese Tätigkeit auf sich selbst ausübt. Dann lag schon das Gebiet der Arbeit sehr nahe, vgl. die Beispielsätze: 95 Er hat ihn den ganzen Tag mit seinen Wehklagen geplagt. dieses Verb kann nur die Intensität ausdrücken Wieder habe ich mich den ganzen Tag im Garten geplagt. Die Arbeit im Garten finde ich so widerlich! Ich habe aber viel mehr Arbeit als mein Nachbar getan, der erklärt hat, daß er sich nicht plagen will, daß er solch eine Arbeit völlig widerlich findet und seine Arbeit mit Bierpausen gespickt hat. Der hat sich wirklich nicht geplagt, ab er wieviel Arbeit hat er getan?dieses Beispiel zeigt nicht nur die Weise, wie das Verb sich plagen seine Bedeutung von dem Verb plagen gewonnen hat (das Adjektiv widerlich), sondern auch die Tatsache, daß das Verb imstande ist, die modifizierte Quantität auszudrücken. Auch das Verb schießen ist ein Beispiel von solch einem Verb, das durch die Bedeutungsübertragung die Fähigkeit gewinnt, die Quantität auszudrücken, oder besser zu sagen, dessen Intensität einen engen Zusammenhang mit der Quantität gewinnt. Die ursprüngliche Bedeutung hängt natürlich mit einer sehr heftigen, intensiven Bewegung zusammen. Das Verb schießen gewinnt durch die Bedeutungsübertragung sogar zwei neue Bedeutungen, vgl.: 1. Nach dem Startschuß schoß der Renner aus der Startposition.hier gewinnt, oder verliert, das Verb schießen durch die Bedeutungsübertragung keine Bedeutungen der Intensität oder Quantität. Immer handelt es sich um eine sehr heftige, intensive Bewegung. 2. Aus der gebrochenen Röhre floß das Wasser. Zum Glück war der Druck des Wasser nicht hoch und es genügte, darunter einen Eimer zu stellen.Aus der gebrochenen Röhre schoß das Wasser. Bald war die Küche voll von Wasser.hier handelt es sich um eine klare Demonstration eines engen Zusammenhangs zwischen der Intensität und Quantität. Das Wasser ist mit großer Stärke (=Intensität) aus der Wand geschossen und das hat zur großen Menge von Wasser geführt. Am Rande dieses Problems steht das Verb studieren. Der Zusammenhang zwischen der Intensität und Quantität, der durch die 96 Bedeutungsübertragung entsteht, kann als ein bißchen umstritten gesehen werden, vgl. die folgenden Verbreihen: studierenpauken, büffeln, ochsen (die Zeitung, das Buch) überfliegen, flüchtig durchsehen lesen studieren Wie man sehen kann, ist es bei diesen Verben nur zu einer geringen Bedeutungsübertragung gekommen, es ist also zu keinem Gewinn oder Verlust der Bedeutungsmerkmale gekommen. 72 Am Rande steht dieses Verb deswegen, weil der Zusammenhang zwischen den Begriffen Intensität und Quantität nicht so eng und ein bißchen umstritten ist. Einerseits ist die Quantität relativ, das Maß der Modifikation der Quantität hängt vom Subjekt, das die Tätigkeit durchführt, und den Umstandsbedingungen ab; andererseits handelt es sich um ein abstraktes Objekt, dessen Quantität ziemlich schwer zu messen ist. Ich gehe davon aus, daß die größere Intensität vom Studieren und auch vom Lesen zur größeren Quantität des Gelernten, bzw. des Begriffenen führt, vgl.: Worüber sprach man in dem Artikel über dem Krieg in Irak? – Ich weiß es nicht präzis, ich habe es nur so flüchtig durchgesehen. Ich habe es schon vergessen. Merkst du dir endlich mindestens etwas von dem Stoff? – Sicher, heute habe ich es nicht nur so übergeflogen wie in der vorigen Woche, heute habe ich das wirklich studiert, ich kann also mir auch viel mehr merken. Das Verb stopfen drückt weder die Quantität noch die Intensität aus. Dank einer Bedeutungsübertragung gewinnt es die Fähigkeit, die modifizierte Quantität auszudrücken, vgl. die folgenden Beispielsätze 73: Er hat den Riß mit Kitt gestopft. Onkel hat sich seine Pfeife mit dem Tabak gestopft. 72 Ein bedeutender Unterschied zwischen diesen zwei Varianten des Verbs ist derjenige, daß jede von ihnen einen anderen Quantitätsgrad ausdrückt (im ersten Fall – in der Bedeutung lernen – handelt es sich um eine niedrige Quantitätsstufe, im anderen Fall – in der Bedeutung lesen – befindet sich das Verb auf gegenseitigem Pol der Quantitätsskala). 73 In werde mich mit der Bedeutung eine Socke stopfen nicht befassen. 97 Er hat das Hemd in den Koffer gestopft.das Verb stopfen drückt in keinem der drei Beispielsätze die Quantität oder die Intensität aus. Aber: Er hat die Knödel gegessen.Er hat sich mit Knödeln (voll)gestopft.Wie schon das Präfix voll- andeutet, handelt es sich in diesem Fall um die modifizierte Quantität des Verbs essen. Dank der Bedeutungsverschiebung ist das Verb stopfen imstande, die Quantität auszudrücken. 3.5 Die Polysemie/Homonymie und die Fähigkeit, die Quantität auszudrücken In der Sprache gibt es eine große Menge der Ausdrücke, die dieselbe Form haben, sich jedoch durch die Bedeutung unterscheiden. Es handelt sich um die Erscheinung, die Polysemie oder Homonymie genannt wird. Die beiden Begriffe unterscheiden sich folgendermaßen aus: 1. Die homonymischen Ausdrücke heben zwar dieselbe Form, sind jedoch jeder eines anderen Ursprungs. Vgl. z.B. das Nomen die Bank. 2. Die polysematischen Ausdrücke (Semanteme) bestehen aus den einzelnen Sememen, die die gleiche Form haben, unterscheiden sich jedoch durch die Bedeutung. Im Unterschied zu den Homonymen haben sie denselben Ursprung, vgl. das Substantiv der Erzeuger. Die polysemischen oder homonymischen Ausdrücke, in unserem Fall Verben, kennzeichnen sich also durch dieselbe Form, dank dem Bedeutungswechsel kann es jedoch zum Verlust der Fähigkeit kommen, die (modifizierte) Quantität auszudrücken. Es handelt sich jedoch um keine bloße Bedeutungsverschiebung, keine Bedeutungsübertragung, denn die einzelnen Bedeutungen des Verbs hängen nicht zusammen, haben nichts gemeinsam. Es entstehen dann Gruppen von Verben, von denen einige über die Fähigkeit verfügen, die Quantität auszudrücken, die andere können nur die gesteigerte / abgeschwächte Intensität widerspiegeln, und endlich gibt es auch 98 solche Bedeutungen, die völlig zum Verlust derartigen Modifikation führen. Wohl am deutlichsten ist dieses Phänomenon auf dem Verb scheren zu sehen. Hier handelt es sich, wie wir auch bei anderen Beispielen sehen werden, nicht um echte Homonyma – ihre Infinitivformen sind zwar gleichlautend, einige morphologische Kategorien werden jedoch teilweise anders gebildet (einige von den Verben sind unregelmäßig und andere regelmäßig), vgl. die folgenden Beispiele: 1. Er hat den Schaf nur negligente geschoren. Er hat den Schaf gründlich geschoren. Diese Äußerungen unterscheiden sich primär durch die Weise der durchgeführten Handlung, dieser Unterschied kann jedoch auch als eine der Ausdrucksweisen der erhöhten Quantität benutzt werden. Die Weise, in der die Handlung durchgeführt wird, hat auch die modifizierte Quantität als Folge. 2. Er hat sich um das Problem nur oberflächlich geschert. Er hat sich um die Ökologie leidenschaftlich geschert. In diesem Fall ist das Zeitwort scheren dem Verb studieren sehr ähnlich. Primär ist die Bedeutung Intensität 74 , die jedoch zu der Quantität führt. Der Zusammenhang ist jedoch relativiert durch viele außensprachliche Tatsachen, wie das Wesen des Studiums, des Subjekt usw. 3. Scher dich zum Teufel! / Scher dich nach Hause! Geh weg! / Geh nach Hause! Hier ist es fraglich, ob es auch um eine Art der modifizierten Intensität handelt. Ich würde die Dringlichkeit mit der Intensität nicht verwechseln und das Verb scheren in dieser Bedeutung unter solche Verben einordnen, die die Intensität, bzw. Quantität nicht ausdrücken können. Den Unterschied zwischen diesen zwei Varianten würde ich als stilistisch bezeichnen. Wie wir gesehen haben, kann ein Verb sowohl über die Variante verfügen, die imstande ist, die Quantität auszudrücken, als auch um 74 In diesem Fall wird mit der Intensität das Interesse gemeint. 99 solche Varianten, die imstande sind, entweder nur die Intensität oder sogar keine der beiden Relationen auszudrücken. Ein anderes Verb, das nach dem Bedeutungswechsel die Quantität nicht mehr ausdrücken kann, ist das Verb schleifen, vgl.: 1. Er schleifte den Sack mit den Kartoffeln in den Keller. Das Kind zog ein Spielauto hinter sich. Wieder handelt es sich hier primär um die Intensität, das Verb drückt jedoch, wie auch das damit zusammenhängende Objekt andeutet, auch die Quantität (Masse) aus. Ersetzt könnte es durch d as Verb schleppen, das auch eine Variante des Verbs ziehen ist, die die gesteigerte Intensität (und so auch die Quantität) widerspiegelt. Möglich ist auch eine andere Ansicht – bedeutungsmäßig können beide Ausdrücke als Synonyma beurteilt werden und die beiden Varianten für stilistische genommen werden. Das hängt vom Sprachgefühl des Sprechers ab. 2. Er hat das Glas nur unsorgfälltig geschliffen. Er hat das Glas leidenschaftlich, intensiv geschliffen. Interessant ist, daß das Verb arbeiten, das als ein Hyperonym zu dem Verb schleifen (in dieser Bedeutung) bezeichnet werden kann, sich durch einen relativ engen Zusammenhang zwischen der Intensität und Quantität auszeichnet. Das ist jedoch bei dem Verb schleifen nicht der Fall. Hier handelt es sich um die Intensität, deren Modifikation zur gesteigerten / abgeschwächten Quantität nicht führt. Das Verb schleifen hat jedoch noch eine Bedeutung, die nur die Intensität, nicht die Quantität ausdrücken kann, vgl.: Die Soldaten wurden geschliffen. = Die Soldaten wurden gedrillt. Wir dürfen das Verb wiegen nicht vergessen. Dieses kann mehrere Bedeutungen haben und je nach diesen Bedeutungen ist es imstande, die Quantität oder Intensität, oder keine der beiden auszudrü cken, vgl.: 1. Wenn es die Bedeutung das Gewicht zu messen hat, kann natürlich keinerfalls von der Quantität oder Intensität die Rede sein. 100 2. Falls es um die Bedeutung Gewicht zu haben geht, ist das Verb wiegen natürlich imstande, die Quantität auszudrücken. Es müssen jedoch Zahlwörter gebraucht werden. 3. In der Bedeutung sich / jemanden schaukeln kann es sich um die Modifikation der Intensität handeln, jedoch nicht um die Quantität, vgl.: Wiege sich nicht so viel, du könntest fallen!Sie wiegte sich in den Hüften. 4. Eine andere Bedeutung, bei der wohl von der Modifikation der Quantität die Rede sein könnte, ist die folgende: etwas (z.B. die Petersilie) mit dem Messer auf kleine Stücke (zer)schneiden . Die Verbreihe würde dann folgendermaßen aussehen: schneiden: entzweischneiden kleinschneiden (bzw. in kleine Stücke zerschneiden), wiegen Die Verben kleinschneiden (bzw. in kleine Stücke zerschneiden) und wiegen dürfen natürlich nicht als Synonyme betrachtet werden. Vgl. die einzelnen Bedeutungen: kleinschneiden – etwas in kleine Stücke zerschneiden wiegen etwas (v.a. Gemüse) schneidenwährend im mit dem ersten Messer Fall das auf kleine Werkzeug Stücke und das Gegenstand nicht spezifiziert werden, sind diese beim Verb wiegen nicht beliebig Sehr nahe steht dem Verb wiegen auch die Bedeutung des Verbs schnitzeln. 3.6 Indirekt ausgedrückte Bedeutungen In meisten Fällen können wir in der realen Welt auch auf die Ursachen derjenigen Phänomene schließen, die wir im gegenwärtigen Augenblick beobachten. Es ist jedoch fraglich, ob die Ursachen der Handlungen, die sprachlich ausgedrückt werden, auch in der Sprache widergespiegelt werden. Meiner Meinung nach kann das Problem auf zweierlei Weise erfaßt werden: 101 1. Das Zeichen, der Ausdruck impliziert auch die Ursache der in der realen Welt durchlaufenden Handlung – etwa in der Form eines Semes 2. Die Ursachen werden in der Sprache nicht widergespiegelt. Die einzelnen Verhältnisse sind dann sprachtranszendent und können als gebrauchsgebundene Präsuppositionen bezeichnet werden. Meiner Meinung nach ist dieses Verhältnis zwischen der erhöhten Quantität und deren Ursache ein Bestandteil der Sprache, siehe z.B. die folgenden Wortbedeutungen: müde, erschöpft – durch irgendeine Tätigkeit kam es zum Verlust der Energie, der Kräfte scheuern – irgendeine Unreinigkeit beseitigen Die modifizierte Quantität einer gegenwärtigen Tatsache ist auch oft mit der veränderten Quantität oder Intensität in der Vergangenheit verbunden, mit dem erhöhten / abgeschwächten Maß der Ursache, vgl.: das Verb (drückt die erhöhte die Ursache Quantität oder Intensität 75 aus) gierig essen/trinken Hunger/Durst, Appetit wallen 76 z.B. Regen müde, erschöpft sein Arbeit, Tätigkeit scheuern schmutzig Bei allen diesen Verben kann man auch auf wahrscheinliche Ursachen schließen. Je nachdem, ob eine Quantität wieder mit der Quantität Hand in Hand modifiziert wird oder eine Quantität mit einer Intensität, können diese Verben in mehrere Gruppen eingeteilt werden: 1. die erhöhte Quantität in der Gegenwart weist auf die erhöhte Intensität in der Vergangenheit zurück, vgl.: 75 Auf dieser Stelle arbeite ich mit dem Begriff Intensität, weil sie oft mit der modifizierten Quantität in der Vergangenheit zusammenhängt (siehe weiter). 76 Als eine Quantitätsstufe von fließen. 102 essenHunger (kleine Menge der Lebensmittel in der Vergangenheit) 77, Appetit trinken Durst (kleine Menge der Getränke in der Vergangenheit), Appetit, vgl. die Beispielsätze: Als ich sah, mit welchem Appetit er sein Abendessen aß, dachte ich mir: Er hat sich wieder den ganzen Tag nichts zum Essen gekauft! Er hat das Glas auf einen Zug ausgetrunken. Der hatte aber Durst! Das Zeitwort essen kann jedoch in zwei Richtungen modifiziert werden: a) essensich vollessen, sich satt essen Hier wird nichts von der Ursache, vom Hunger, bzw. größerem Appetit gesagt. Im Hintergrund des Verbs sich vollessen steht jedoch eine andere Tatsache– es gibt genug Essen, d.h. man kann sich vollessen, vgl.: Die Mutter bereitete ihrem Sohn ein großes Abendessen vor, damit er sich nach dem schweren Tag satt essen kann. Als er den leeren Kühlschrank sah, wurde er böse: Wie soll ich mich vollessen? b) essengierig essen In diesem Fall wird schon etwas von der Ursache in der Vergangenheit ausgesagt. Von der Tatsache eines „gierigen Essens“ kann auf Hunger, bzw. Appetit geschloßen werden. Derselbe Fall ist das Verb trinken. Auch hier ist gieriges Trinken mit größerem Durst verbunden. Der Appetit spielt hier schon eine kleinere Rolle – vielleicht mit der Ausnahme des Alkoholtrinkens, dann handelt es sich jedoch schon um übertragene Bedeutungen, vgl.: Er hat sein Bierglas auf einen Zug ausgetrunken. Das Bier schmeckt ihm heute so gut! Er hat die Brause auf einen Zug ausgetrunken. Nach dem Fußball hat er immer einen so großen Durst! 77 Im Fall des Verbs essen kann man eine Interessante Entwicklung beobachten: die kleinere Quantität (der Nahrungsmittel) führt zur größeren Intensität (des Hungers), die zur größeren Quantität (beim Essen) führt. Dasselbe gilt auch für das Verb trinken. 103 Ein „gieriges Trinken“ kann ausnahmsweise auch andere Ursachen haben. Stellen wir uns solche Situation vor: Er hat sein Kaffee auf einen Zug getrunken. – Hier kann von größerem Durst oder Appetit 78 keine Rede sein. Es handelt sich hier eher um Hast, bzw. eine Art Sucht, die zur unbewältigter Lust auf Kaffee führt: Auf der Straße begann sie fast in Ohnmacht zu Falln. Kaffee!, seufzte sie still. Als sie ihn bekam, trank sie ihn auf einen Zug. Der Bus fährt in zehn Minuten! Er warf seine Jacke auf sich, trank seinen Kaffee auf einen Zug und schoß aus dem Haus auf die Str aße. 2. Die größere Quantität eines Geschehens in der Gegenwart hängt mit der größeren Quantität eines anderen Geschehens in der Vergangenheit, vgl.: wallenRegen Jedem, der den überschwemmten Fluß sah, war klar: in den Bergen regnet es wieder stark! 79 Der Zusammenhang zwischen diesen zwei Tatsachen kann auch ein bißchen anders beschrieben werden – es handelt sich um ein Geschehen, dessen größere Intensität mit der größeren Intensität eines anderen Geschehens in der Vergangenheit zusammenhängt. Durch die modifizierte Intensität wird jedoch auch die Quantität modifiziert, in diesem Fall können also die Begriffe Quantität und Intensität verwechselt werden (im Fall des Nomens der Regen, bzw. des Verbs regnen). 3. Die gegenwärtige modifizierte Intensität hängt mit der erhöhten / abgeschwächten Quantität (bzw. Intensität, es hängt vom Sichtpunkt ab, welchenTermin man gebraucht) in der Vergangenheit zusammen, vgl.: müde, erschöpft sein (als ein erhöhter Grad vom Begriff müde)Arbeit, Tätigkeit 78 Vgl.: Er trank seinen Kaffee mit Genuß. Der schmeckt so gut! Den ganzen Tag hatte er Lust darauf. 79 Auf diesem Beispiel kann klar der Zusammenhang zwischen zwei Geschehen in der Gegenwart und Vergangenheit gesehen werden: das Wasser im überschwemmten Fluß fällt nicht gleich zusammen, wenn der Regen aufhört. 104 scheuernschmutzig Jenes Tages kam er völlig erschöpft nach Hause. Im Herbst gibt es im Garten so viel Arbeit! Ein bißchen anders wird die Situation, wenn die Ursache nicht mit dem Substantiv Arbeit, sondern mit dem Verb arbeiten beschrieben wird. Während es sich bei dem Substantiv Arbeit entweder um die Modifikation der Quantität oder der Intensität handeln kann, geht es dagegen bei dem Zeitwort arbeiten lediglich um die Intensität. Die Intensität und Quantität hängen jedoch wieder sehr eng zusammen – die erhöhte Intensität der Handlung (arbeiten) führt zur größeren Quantität der geleisteten Arbeit, vgl.: Du mußt heute schwer arbeiten (Intensität), damit du die große Menge der Pflichten (Quantität) schaffst. Auch die größere Intensität des Scheuerns hängt mit der Quantität des Schmutzstoffes zusammen, der in der Vergangenheit verursacht wurde, vgl.: Als sie den Schmutz auf dem Fußboden sah, wurde sie fast ohnmächtig. Dies wird sie wieder stundenlang s cheuern müssen! Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen dem Verb scheuern und den Adjektiven erschöpft, müde, bzw. zwischen ihren Ursachen. Was die Quantität, bzw. die Intensität betrifft, gibt es keinen Unterschied zwischen den Ausdrücken der Schmutz und schmutzig. Beide drücken die Quantität aus 80 (die wird natürlich mittels der Adverbien ausgedrückt, die Ausdrücke der Schmutz und schmutzig enthalten kein Sem der Quantität). 3.7 Stil und Kontext In der deutschen Sprache gibt es zahlreiche Verben, die denselben Maß der Quantität ausdrücken. 80 Diese dürfen jedoch Ein bißchen anders ist es beim Verb verschmutzen, vgl.: Er ist gestolpert und sich sehr vom Kot verschmutzt. – Quantität Er hat sein Gesicht gründlich mit dem Kot verschmutzt. – Intensität, die zur größeren Quantität führt 105 nicht synonymisch, im beliebigen Kontext gebraucht werden, sondern es muß unterschieden werden, um welche Situation es sich handelt, welchen Adressaten unsere Aussage hat. Man muß die feinen Unterschiede unter den einzelnen Stilen in Betracht nehmen. Im Prinzip ist unter drei Stilen zu unterscheiden – dem umgangsprachlichen (alltäglichen), dem wissenschaftlichen und dem literarischen (poetischen) Stil. Die Ausdrücke, die in unterschiedliche Kontexte gehören, dürfen nicht verwechselt werden, obwohl ihre eigene Bedeutung synonymisch 81 ist. Am deutlichsten kann diese beschränkte Freiheit der Wahl an denjenigen Verben gesehen werden, die wir im üblichen Leben am häufigsten gebrauchen - essen, trinken und arbeiten. Unter den synonymischen Bedeutungen dieser Wörter gibt es überwiegend umgangsprachliche Ausdrücke, die nicht in jedweder Situation gebraucht werden können, vgl. Beispiele: arbeiten – umgangsprachliche Varianten: schwer arbeiten = malochen, robotern, barabern, sich schinden, sich rackern, sich placken, sich plagen, schuften unsorgfältig = pfuschen, hudeln nicht arbeiten = sich Grippe nehmen, blaumachen Man sieht, daß der Wortschatz der Umgangssprache, des sog. „nicht offizielen“ Stils viel reicher ist als des formalen Stils. Die meisten Ausdrücke, die ich hier erwähnt habe und die die einzelnen Intensitätsstufen (und damit auch Quantitätsstufen, das Verb arbeiten ist eines der Zeitwörter, die solche Handlungen widerspiegeln, bei denen die Intensität sehr eng mit der Quantität zusammenhängt) beschreiben, dürfen im formalen, neutralen Stil nicht gebraucht werden. Im höheren Stil müßte eine Umschreibung mit einer Adverbialbestimmung gewählt werden, vgl.: Die Süddeutsche Zeitung: „Der weltbekannte tschechische Wissenschaftler Antonín Holý hat wieder ein neues Medikament 81 Der Stil ist einer der überzeugendsten Argumente der Komponentialsemantik, daß es in der Sprache keine absoluten Synonyme gibt. 106 entdeckt. Um diesen Erfolg zu erreichen, mußte er mehrere Jahre in seinem Labor schwer arbeiten.“ Der Arbeiter kam nach Hause. Er hatte eine schlechte Laune: „Ich habe mich auf unsere Kinder gerackert und du konntest nicht einmal die Einkäufe machen!“ Bei dem Verb essen ist die Situation, im Vergleich zu dem Verb arbeiten, ein bißchen anders. Hier muß der Sprecher v.a. auf derbe, saloppe Ausdrücke aufpassen, vgl. Beispiele: essen: derbe, also in der alltäglichen Kommunikation nicht brauchbare Varianten: viel essen = sich vollfressen, sich den Bauch vollschlagen, sich satt fressen, (auf)fressen, den Wanst anfüllen umgangsprachliche Varianten desselben: sich vollstopfen, schlucken neutrale Varianten: gierig essen, sich satt essen Die derben, vulgären Varianten, die meistenteils aus der Welt der Tiere stammen, können neben der größeren Quantität (die in diesem Fall nicht so eng mit der Intensität zusammenhängt, wie es bei dem Verb arbeiten der Fall war) noch eine Nebenbedeutung ausdrücken: unanständig essen. Das ist auch der Grund, warum die Ausdrücke in der üblichen Kommunikation nicht gebraucht werden können. Interessant ist die Situation auch auf dem Gegenpol der Skala. Auch bei den Ausdrücken, die mit wenig essen umschrieben werden können, muß unter den Stilen unterschieden werden: wenig essen: umgangsprachliche Varianten: im Essen stochern neutrale bis literarische (poetische) Varianten: naschen Die primäre Bedeutung des Verbs naschen ist natürlich etwas smackhaftes mit Genuß essen, sekundär schließt sich jedoch auch die Bedeutung langsam, in kleinen Mengen 82 essen an, vgl. die folgenden zwei Aussagen: Sie naschte den ganzen Abend die Leckerbissen, die auf dem Teller lagen. Ohne Scham stopfte sie sich mit der Geburtstagstorte. 82 Diese Bedeutung enthält auch die primäre Bedeutung des Ausdruckes. Sie ist mit der Verbindung mit Genuß ausgedrückt. 107 Bei dem Verb trinken handelt es sich wieder, wie beim Zeitwort essen, meistensteils um derbe Ausdrücke, die nicht in offizieller Situation gebraucht werden dürfen. Sie werden oft in der Bedeutung Alkohol trinken benutzt und haben also, wie die saloppen Äquivalente des Verbs essen, auch die Nebenbedeutung unanständig trinken, vgl.: viel Alkohol trinken: saufen, zechen, kneipen, schlucken, zwitschern wenig, einmalig Alkohol trinken: jemandem einen Trunk zubringen, auf jemanden einen Trinksspruch ausbringen wenig trinken: nuckeln Das Verb nuckeln drückt jedoch eher die kleinere Intensität aus, die unbedingt mit der kleineren Quantität nicht zusammenhängen muß. Die Quantität hängt in diesem Fall auch von anderen Faktoren ab, wie z.B. von der Länge der Handlung. Eine lange, auch wenn nicht intensive Handlung kann zur größeren Quantität führen. Was den Kontext (der vom Begriff Stil unterschieden werden muß, auch wenn die beiden Begriffe einander sehr nahe stehen) 83 betrifft, gibt es Fälle, wenn ein Verb in zwei verschiedene Verbreihen gehört, vgl.: das Verb studieren: 1. studierenpauken, büffeln, ochsen, stucken 2. überlesenlesenstudierenentziffern Die Handlungen, die in der Sprache durch die Ausdrücke lesen und studieren (lernen) ausgedrückt werden, überlappen sich im großen Maße. Dank dieser Verwandschaft kann das Verb studieren in zwei Bedeutungen, in zwei naheliegenden Kontexten gebraucht werden. Jedoch handelt es sich eher um die erhöhte Intensität, die nicht unbedingt die Quantität beeinflussen muß. Die Quantität hängt auch 83 Kontext - der bedeutungsmäßige Zusammenhang in der sprachlichen Äußerung, der Zusammenhang des gegebenen Satzes (Satzgliedes) mit den benachbarten Sätzen (Satzgliedern) lat. – die Verbindung, der Zusammenhang lit. – ein zusammenhängender Teil des Textes, in dem es möglich ist, die gemeinsamen tematischen, sprachlichen und kompositorischen Zusammenhänge zu bestimmen. Stil – lat. das Stecheisen, der Stichel – die Auswahl und die Weise des Gebrauchs der sprachlichen Mittel und Verfahren, die für eine bestimmte Funktion, Situation und Form und bestimmtes Individuum typisch ist. 108 von anderen Faktoren ab, wie etwa den Fähigkeiten des Subjekts oder der Schwierigkeit des Stoffes. 3.8 Die Relativität der durch die steigende Intensität ausgedrückten Quantität 84 Die Quantität, bzw. Intensität, die durch das Verb sprachlich widergespiegelt wird, ist natürlich höchst subjektiv und relativ. In vielen Fällen wird so vielmehr als die modifizierte Quantität die subjektive Stellung des Sprechers zur Situation ausgedrückt. Die Sprache kann also oft die reale Wirklichkeit nicht exakt beschreiben und eher die inneren Einstellungen des Subjekts widerspiegeln. Am deutlichsten kann es in verschiedensten Gesprächen gesehen werden, in denen der Sprecher und der Adressat unterschiedliche Stellungen zur behandelten Situation äußern, vgl.: A: Es regnet wie mit Kübeln! B: Das ist doch kein Regen, es nieselt nur. Dieses Mini – Gespräch erlaubt uns nicht, sich eine Vorstellung von der Situation zu machen. Das Einzelne, wovon wir erfahren können, sind die subjektiven Einstellungen der beiden Teilnehmer der Konversation zur Situation, wie die beiden die Realität (das Regen) empfinden. Um die reale Situation beurteilen zu können, müssen auch außersprachliche Tatsachen in Betracht genommen werden, d.h. die genaueren Kenntisse der beiden Teilnehmer, bzw. der Intention, 84 Es ist höchstens fraglich, ob der Zusammenhang zwischen der Intensität und Quantität sprachimmanent oder sprachtranszendent ist. Ich neige zu der Behauptung zu, daß dieser Zusammenhang sprachimmanent ist. Als Beweis dafür führe ich die Bedeutung des Verbs arbeiten an: arbeiten – Energie, Kraft ausgeben (Intensität) und dadurch eine gewisse Menge neuer (geistlicher, materieller) Produkte schaffen (Quantität). mehr arbeiten – mehr Energie, Kraft ausgeben und dadurch (potentiell – siehe weiter) mehrere Produkte schaffen. Zusammenhang der steigenden Intensität und der steigenden Quantität Die Intensität und die Quantität sind vor allem Erscheinungen, die primär voneinander unabhängig sind. Jedoch – wie das Verb arbeiten zeigt - gibt es auch Fälle, wenn sie einander bedingen. 109 des Grundes, warum A oder B mit ihren Ausdrücken die Wirklichkeit verzerren, vgl.: A: Es regnet wie mit Kübeln! B: Das ist doch kein Regen, es nieselt nur. Ihr verwöhnte Städtler! Diese Konversation erlaubt uns, sich ein genaueres Bild von der Situation zu machen. Von der zugegeben Information – A stammt aus der Stadt und B kommt aus dem Lande, von der Kenntnis der Mentalität der Bewohner der beiden Lokalitäten können wir auch auf die persönlichen Züge der beiden Teilnehmer des Gesprächs schlußfolgern. Doch ist für einen fernstehenden Hörer der Konversation die Situation noch ziemlich verzerrt. A: Es regnet wie mit Kübeln! B: Quatsch! Das ist doch kein Regen, es nieselt nur. Beeile dich, damit wir noch heute auf den Berg hinaufsteigen! Die durch B ausgedrückte Intention hilft uns viel mehr, sich die Situation vorzustellen. B würdigt die Situation herab, um erfüllen zu können, was die beiden heute vor sich haben. Wieder ist die Bewertung der Situation nicht präziß, denn wir wissen nichts von den persönlichen Zügen der beiden Teilnehmer des Gesprächs. Die genauste Beschreibung der Wirklichkeit wäre die folgende: A: Es regnet wie mit Kübeln! B: Das ist doch kein Regen, es nieselt nur. Beeile dich, du verwöhnte Städtler, damit wir noch heute auf den Berg hinaufsteigen! Je mehr zugegebene Informationen, die die Teilnehmer, bzw. ihre Intentionen näher spezifizieren, desto genauer können wir uns die Realität vorstellen. Wir werden jedoch niemals imstande sein, zu entscheiden, welche der beiden sich widersprechenden Aussagen die reale Welt beschreibt. Ein bißchen anders ist die Situation bei solchen Verben, bei denen die Intensität Hand in Hand mit der Quantität steigt. Diese Verben können in zwei Gruppen eingeteilt werden, je nachdem, ob die ausgedrückte Quantität relativ ist: 1. fließen, verschmutzen 110 Diese Verben drücken neben der modifizierten Intensität auch die modifizierte Quantität aus. Diese kann nicht relativiert werden, weil es bei diesen Tatsachen keine Faktoren gibt, die die Relativierung erlauben würden,vgl.: Die Quelle sprudelte heftig hervor. Bald war der Brunnen voll von Wasser. Wütend warf er Kot auf ihn. Ihn einigen Augenblicken war er völlig vom Kot verschmutzt. Diese Aussagen behalten keine Anzeichen, daß es nicht sprachlich ausgedrückte Tatsachen gibt, die andeuten könnten, daß die erhöhte Intensität nicht zur erhöhten Quantität führen könnte. 2. arbeiten, studieren Hier ist es nicht mehr sicher, daß die erhöhte Intensität auch zu der modifizierten Quantität führen muß. Es gibt Faktoren, die diesen, in der Wortbedeutung erhaltenen Zusammenhang zwischen den Relationen Intensität und Quantität unterbrechen können. Im Fall der Verben arbeiten und studieren handelt es sich v.a. um menschliche Faktoren und die Natur des bearbeiteten, bzw. studierten Objektes, vgl.: Obwohl er sich viel mehr als gestern in das Problem vertiefte, hat er viel weniger als gestern geschafft. Heute war das Problem so schwer und ihm dauerte es so lange, einige Tatsachen zu begreifen! Er arbeitete mit einem viel größeren Einsatz als die anderen. Trotzdem hat er viel weniger geschafft als seine Mitarbeiter. Er war so ungeschickt! 85 Wie die beiden angeführten Beispiele zeigen, wird der Zusammenhang zwischen der Intensität und Quantität durch viele außersprachliche Faktoren bestimmt. Werden diese nicht angegeben, schließt man von seiner Erfahrung, daß durch die erhöhte Intensität (Einsatz) auch die Quantität entsprechend modifiziert wird. 85 Man könnte also auch sagen, daß der Zusammenhang zwischen der Intensität und Quantität in der Wortbedeutung des Verbs arbeiten in seiner Potentionalität enthalten ist. Wenn jedoch keine Umstände angegeben sind, die den Zusammenhang relativieren könnten, gilt dieser Zusammenhang für wirklich. 111 Ein bißchen verzerrt kann auch der Zusammenhang zwischen der eigentlichen Bedeutung und der indirekt ausgedrückten Bedeutung (der Ursache) sein, vgl.: müde, erschöpftarbeiten In diesem Zusammenhang spielt wieder die Relativität eine große Rolle. Die erhöhte Intensität der mit dem Verb arbeiten ausgedrückten Handlung kann, muß jedoch nicht, zum größeren Maß der Müdigkeit führen. Diese zweifache Modifikation hängt wieder von den nicht sprachlich ausgedrückten Faktoren ab – wie etwa von den persönlichen Eigenschaften oder den äußerlichen Bedingungen, vgl.: Den ganzen Tag hat er so schwer gearbeitet und jetzt geht er noch tanzen. Woher nimmt er immer seine Energie? Wie man auf dem Beispiel sehen kann, ist der Zusammenhang nicht beiderseitig. Der höhere Grad der Müdigkeit weist zwar auf die höhere Intensität der Arbeit zurück, umgekehrt gilt dieses jedoch nicht – die höhere Intensität der Arbeit kann, muß aber nicht zum größeren Maß der Müdigkeit führen. 86 Um die Unsicherheit und Unklarheit abzuschaffen, müssen noch weitere Informationen hinzugefügt werden, die den Täter näher spezifizieren, vgl.: Der an die schwere Arbeit gewöhnte Paul schaffte unermüdlich den ganzen Tag.Resultat - niedrigere Maß der Müdigkeit Der schwache Erik schaffte unermüdlich den ganzen Tag. Resultat - höhere Maß der Müdigkeit Die Ausdrücke, die die modifizierte Quantität (bzw. Intensität) in der realen Welt sprachlich widerspiegeln, sind also oft sehr unpräziß und müssen durch weitere Informationen ergänzt werden, um die Relativität der so ausgedrückten Quantität abzuseitigen. 86 Die Ausdrücke müde, erschöpft implizieren also die Bedeutung einer erschöpfenden Tätigkeit (oder der Krankheit), bzw. der großen Menge irgendeiner Tätigkeit, im Gegensatz dazu impliziert jedoch das Verb arbeiten das Sem müde nicht - der Zusammenhang ist also relativ. 112 3.9 Wortarten, die signalisieren, daß im Satz ein Verb steht, das die Quantität ausdrückt Das Verb steht natürlich im Satz meistens nicht isoliert, einsam. Meistens ist es in seiner Bedeutung durch mehrere Satzglieder unterstützt, die vom ihm abhängen, in meisten Fällen ist seine Bedeutung erweitert. Dieses Phänomenon kann selbstverständlich auch bei solchen Verben gefunden werden, die die modifizierte Quantität ausdrücken. Die Verben sind dann mit den Satzgliedern verflochten, die signalisieren, daß im Satz ein Verb steht, das die Quantität ausdrückt. Wie wir sehen werden, muß dieses Satzglied nicht einmal von dem Verb syntaktisch abhängen. Es handelt sich um eine Form der Termine Anaphora und Kataphora, mit denen die Textlinguistik operiert; jetzt bewegen wir uns jedoch auf der Ebene des Satzes. Dieses Phänomenon wird nicht selten im Unterricht der fremden Sprachen gebraucht (siehe weiter und auch das Kapitel über die Anwendung der in meiner Dissertation entwickelten Theorien in der Praxis). Im Prinzip haben alle Wortarten (vielleicht nebst den Präpositionen und Partikeln) die Fähigkeit, die modifizierte Quantität auszudrücken. Dieselbe Behauptung kann jedoch nicht in solcher Situation aufgestellt werden, wenn von solchen Wortarten die Rede ist, die die Anwesenheit des Verbs signalisieren, das die Quantität im gewissen Maß ausdrückt. In solchem Fall muß das Verzeichnis der Wortarten auf das Substantiv, Adjektiv, Numerale Adverb und Interjektion begrenzt werden. Das Pronomen kann zwar die vergrößerte, bzw. verkleinerte Quantität signalisieren, jedoch nur im Rahmen der Singulars und Plurals, was nicht zu der in dieser Arbeit behandelten Problematik gehört (vgl. die folgenden Beispielsätze: Er hat Flöte gespielt.Sie haben Flöte gespielt.ABER: Jeder hat Flöte gespielt. (auch wenn das Pronomen jeder semantisch den Plural ausdrückt, steht es im Singular und in derselben Form steht auch das Verb)). 113 Für die eigentliche Analyse muß die ganze Problematik in zwei Bereiche unterteilt werden: 1. Die Wortarten (bzw. Satzglieder) signalisieren, daß im Satz ein Verb steht, das die vergrößerte, bzw. verkleinerte Quantität ausdrückt. 2. Die Wortarten (bzw. Satzglieder) signalisieren, daß im Satz ein Verb steht, das ein Prozeß der Modifikation der Quantität ausdrückt. Die ganze Problematik kann unter zwei Sichtpunkten untersucht werden, je nachdem, welche Ausdrücke aus dem Bereich der Grammatik wir gebrauchen: 1. Morphologisch – das heißt mit den Terminen das Substantiv, Adjektiv, Adverb und Interjektion zu operieren 2. Syntaktisch – das heißt mit den Terminen Subjekt, Attribut und Umstandsbedingung zu operieren. Obwohl wir uns auf dem Gebiet der Satzsyntax befinden, werde ich lieber die morphologische Terminologie gebrauchen, weil sie genauer ist (ich müßte sie ebenso gebrauchen, um das Satzgleid näher zu spezifizieren). Was ein nicht übersehbares Signal der Anwesenheit des Verbs ist, sind auch die para - und nonverbalen Mittel. Wie wir sehen werden, spielen sie hauptsächlich im Fall der Interjektionen eine besonders große Rolle. Die ganze Problematik kann also, wie schon oben aufgeführt worden ist, in zwei Bereiche eingeteilt werden: 1. Die Wortarten (bzw. Satzglieder) signalisieren, daß im Satz ein Verb steht, das die vergrößerte, bzw. verkleinerte Quantität ausdrückt. In diesem Fall können die Funktion eines Signal wortes folgende Wortarten spielen: das Substantiv, das Adjektiv, das Adverb und die Interjektion. Die Art des Zusammenhangs ist jedoch bei jeder der Wortarten anders: a) Das Signalwort ist durch das Substantiv repräsentiert. Syntaktisch ist hier von dem Subjekt die Rede, vgl. die folgenden Beispielsätze: Die Masse des Wassers flutet durch das Flußbett. 114 Der Schwirrvogel / der Schmetterling flattert, indem der Adler auch segeln kann. Immer handelt es sich um solch einen Fall, wenn die modifizierte Quantität des Substantivs mit derjenigen des Verbs korrespondiert. Bei dem zweiten Beispielsatz ist der Zusammenhang jedoch ein bißchen anders: die kleine Quantität (der Schwirrvogel) hängt mit der größeren Quantität (d.h. Frequenz der Flügelschläge) und der kleineren Extensität (des Flügelschlags) zusammen (und umgekehrt). b) Das Signalwort wird durch das Adjektiv repräsentiert. Syntaktisch ist in diesem Fall vom Attribut die Rede. Was den quantitativen Zusammenhang zwischen dem Adjektiv und Verb betrifft, kann das Adjektiv zwei Rollen spielen: Das Adjektiv unterstützt in seiner attributiven Funktion die Bedeutung des Substantivs (in diesem Fall die modifizierte Quantität). Das Verhältnis zu dem Verb bildet (wie unter Punkt a)) das Substantiv, das Adjektiv hat nur eine subsidiäre Funktion, vgl.: Eine riesengroße Masse des Wassers flutet durch das Flußbett. Der kleine Kolibri / Schmetterling flattert, indem der große Adler auch segeln kann. Das Adjektiv drückt also denjenigen semantischen Riß aus, der schon in der Bedeutung des Substantivs enthalten ist: die Masse 87 – große Menge von etwas der Kolibri (der Schwirrvogel) – ein kleiner tropischer Vogel der Schmetterling – ein (kleines) Insekt der Adler – ein großer Raubvogel Das Adjektiv drückt in seiner attributiven Funktion die modifizierte Quantität aus, das Adjektiv ist also das Element, das das Verhältnis zu dem Verb bildet. Es drückt einen semantischen Riß aus, der in der Bedeutung des Subjekts nicht enthalten ist, vgl.: Der kleine Vogel flattert, indem der große Vogel segelt. Durch das Flußbett flutet eine große Wassermenge. Der Begriff die Masse hat natürlich zwei Bedeutungen – die neutrale (die Menge) und die der großen Quantität. Die Bedeutung der großen Menge ist jedoch die erste, die dem Zuhörer als die erste einfällt. 87 115 Die Bedeutung der in diesen zwei Beispielen genannten Substantive ist, was die Quantität betrifft, ganz neutral, das Verhältnis zu dem Verb muß also durch deren Attribute aufgebaut werden. c) Das Signalwort wird durch das Adverb repräsentiert. Syntaktisch spielt das Adverb die Rolle einer Umstandsbedingung. Wie wir auf den Beispielsätzen sehen werden, muß das betreffende Umstandswort gar nicht die Quantität ausdrücken (sondern die Intensität und die Art und Weise), vgl.: Der Adler segelte bedächtig unter den Wolken. Der Perpendikel pendelte langsam. Der Perpendikel pendelte schnell.Hier geht es zwar primär um die Intensität, sekundär kann jedoch auch von der Quantität (bzw. Frequenz) die Rede sein. Wieder handelt es sich um den Zusammenhang zwischen der Intensität und der Quantität, indem die modifizierte Intensität zu der modifizierten Quantität führt. Man kann auch folgenden Typ erwähnen: Schau, wie das Wasser flutet! Es handelt sich eigentlich um eine ähnliche Verbindung, wie sie unter 1. d) erwäht wird (d.h. Signalisierung durch eine Interjektion). d) Das Signalwort wird durch die Interjektion signalisiert. Weil die Interjektion sehr bedeutungsarm ist, muß dieses Verhältnis auch durch para – und nonverbalen Sprachmittel unterstützt werden (Intonation, Gebärden etc.), vgl.: Ooh, das Wasser flutet durch das Flußbett! ( +die paraverbalen und nonverbalen Sprachmittel) 2. Die Wortarten (bzw. Satzglieder) signalisieren, daß im Satz ein Verb steht, das ein Prozeß der Modifikation der Quantität ausdrückt. Die Wortarten, die imstande sind, dieses Verhältnis aufzubauen, sind das Substantiv, das Adjektiv, das Numerale, das Adverb und die Interjektion. a) Das Signalwort wird durch das Substantiv repräsentiert. Das Substantiv ist jedoch ganz anderer Art als die oben aufgeführten Substantive – es bezeichnet entweder den Verursacher (agens) oder „die Opfer“ (patiens) der Modifikation. Danach können die 116 Substantive syntaktisch in zwei Gruppen eingeteilt werden – je nachdem, ob es sich um das Subjekt oder Objekt handelt, vgl.: Das Subjekt: Die Sonne erwärmte das Wasser. Der Wind brach den Zweig ab. Wie wir sehen, sind die beiden Substantive ganz neutral, was die Quantität betrifft. Man geht hier von der Natur das Subjekte aus, davon aus, welche Folgen ihre Tätigkeit haben kann. Es ist jedoch wichtig hervorzuheben, daß es sich eher um die Kombination von der signalisierenden Funktion des Subjekts und Objekts handelt. Isoliert signalisieren sie die Anwesenheit des die modifizierte Quantität ausdrückenden Verbs zu vage. Das Objekt: Der Arbeiter hat einen Haufen Sand aufgestapelt. In diesem Fall muß das Substantiv, im Gegensatz zu den unter Punkt a) genannten Beispielen, schon die modifizerte Quantität ausdrücken. Es entstehen dann solche Paare Substantiv – Verb wie z.B. den Haufen anhäufen u.ä. b) Das Signalwort wird durch das Adjektiv repräsentiert. Die Situation ist im Grunde dieselbe wie bei den Adjektiven, die unter Punkt 1 b) behandelt worden sind, auch in diesem Fall kann das Adjektiv sowohl die unterstützende Funktion haben, als auch das Verhältnis mit dem Verb aufbauen, vgl. die folgenden Beisp ielsätze: Die heiße Sonne erwärmte das Wasser. Der starke Wind brach den Zweig ab. unterstützende Funktion, das Verhältnis wird durch das Substantiv aufgebaut. 88 Der Arbeiter hat eine große Menge Sand angehäuft. Hier spielt die primäre Funktion das Beiwort, nicht das Substantiv. 89 88 Wenn das Attribut das Subjekt näher spezifiziert, handelt es sich wieder um die Kombination Subjekt – Objekt (was die Signalisierung betrifft). 89 Das kann auch dadurch bestätigt werden, daß man anstatt große Menge den Ausdruck viel gebraucht. Das erwähnte Beispiel kann natürlich von zwei Aspekten betrachtet werden, je nachdem, wie man das Substantiv die Menge begreift (es handelt sich um einen ähnlichen Fall wie beim Nomen die Masse): a) Der Ausdruck die Menge enthält das Sem der großen Quantität. Dann hätte das Adjektiv groß lediglich eine unterstützende Funktion und der Zusammenhang wäre durch das Nomen gebildet. 117 c) Das Signalwort wird durch das Numerale repräsentiert. Syntaktisch ist in diesem Fall von der Umstandsbedingung und dem Attribut die Rede. Das mit dem Zahlwort kooperierende Verb verfügt oft über das Präfix zer-, das die Bedeutung hat, ein Stück in mehrere kleinere Stücke zu teilen (siehe das Kapitel über das Präfix zer-), vgl.: Der Zweig wurde in zwei Stücke zersägt. 90 Paul zerfetzte das Papier in zahlreiche Stücke. Wie man sehen kann, handelt es sich beim Numerale ebenfalls um die unterstützende Funktion. Das Zahlwort spezifiziert näher das Substantiv, es ist nicht imstande, die Anwesenheit des die Quantität ausdrückenden Verbs zu signalisieren. d) Das Signalwort wird durch das Adverb repräsentiert. Die Situation ist wieder dieselbe wie unter Punkt 1 c) – das Adverb spielt die Rolle einer Umstandsbedingung und muß die Quantität nicht unbedingt ausdrücken, vgl.: Paul hat das Papier wütend zerfetzt. e) Das Signalwort wird durch das Empfindungswort repräsentiert. Für die Ausführlichkeiten siehe Punkt 1 d). Wie ich schon in der Einleitung zu diesem Kapitel gesagt habe, können auch auf der Ebene des Satzes im gewissen Maße die Begriffe Kataphora und Anaphora 91 gebraucht werden, vgl. die folgenden Beispiele: Kataphora 92 : Der kleine Vogel flattert, indem der große Vogel segelt. Der Arbeiter hat eine große Menge Sand angehäuft. Die Masse des Wassers flutet durch das Flußbett. b) Der Ausdruck die Menge enthält das Sem der großen Quantität nicht; es handelt sich um die Bedeutung eine nicht näher bestimmte Menge. In diesem Fall wäre der Zusammenhang durch das Adjektiv groß gebildet. 90 Das Nomen das Stück ist dank seiner Wesenheit natürlich auch imstande, den Zusammenhang zu bilden, vgl.den folgenden Beispielsatz: Der Zweig wurde in Stücke zersägt. - Man kann also auch behaupten, daß das Numerale eine lediglich unterstützende Funktion hat und die Relation durch das Nomen gebildet wird. 91 Ich gebrauche diese Termine nur als Hilfstermine, in diesem Fall kann es keineswegs davon Rede sein (wie in der Textlinguistik), daß ein Termin den anderen vertreten würde. 92 kataphorisch - darauf verweisend, wovon erst die Rede sein wird 118 Der Schwirrvogel / der Schmetterling flattert, indem der Adler auch segeln kann. Anaphora 93: Paul zerfetzte das Papier in zahlreiche Stücke. Durch das Flußbett flutet eine große Wassermenge. Wie wir gesehen haben, ist die semantische Verflechtung der einzelnen Begriffe nicht nur die Aufgabe der Textlinguistik, sondern auch der Satzsyntax. Dieses Phänomen wird sehr oft in der Didaktik der fremden Sprachen gebraucht. Auf dessen Grunde werden die sogenannten Lückentexte erschafft, die zum Üben des neuen Wortschatzes dienen. Dieses Phänomen kann auch die Arbeit der Übersetzer erleichten. 4 Andere Phänomene, durch die die Sachverhalte beschrieben werden (die Qualität, die Intensität, die Extensität) und ihr Zusammenhang zu der Quantität Wie schon die Überschrift andeutet, möchte ich mich in diesem Kapitel auch mit anderen Phänomenen befassen, mit deren Hilfe die Sachverhalte beschrieben werden können – mit der Qualität, der Intensität und der Extensität. Isoliert möchte ich sie jedoch nur im geringen Maße beobachten, was mich viel mehr interessiert, ist der Zusammenhang dieser Phänomene mit der Quantität. Nur die Extensität stellt eine gewisse Ausnahme dar – und zwar aufgrund ihrer sehr engen Verwandschaft mit dem Begriff die Quantität. 4.1 Die Qualität 4.1.1 Die Definition Der Begriff Qualität hängt sehr eng mit dem Begriff Quantität zusammen. In diesem Kapitel möchte ich mich mit der Bedeutung dieses Begriffs befassen und mir auch näher die Beziehung zwischen den Ausdrücken die Qualität und die Intensität ansehen. Die 93 anaphorisch – darauf verweisend, wovon schon gesprochen wurde 119 gegenseitige Bedingtheit der Begriffe Qualität und Quantität möchte ich in einem selbständigen Kapitel analysieren; in diesem Kapit el beschränke ich mich also auf bloße Feststellung des Zusammenhangs dieses beider Phänomene. Es ist äußerst schwierig, den Begriff die Qualität zu definieren. Das kann auch der Grund dessen sein, daß sich damit die meisten philosophischen Wörterbücher, Enzyklopädien (z.B. Diderot), Reallexikonen (z.B. das von Jan Otta) und die Fremdwörterbücher nicht befassen, auch wenn es sich um einen Begriff handelt, der im Zentrum der Forschung mancher hervorragender Philosophen stand – stichprobenartig führen wir z.B. solche Namen wie Aristoteles, Descartes (Cartesius), Hume, Kant, Hegel (dessen bedeutende n Beitrag zur Forschung des Zusammenhangs der Begriffe Qualität und Quantität ich im nächsten Kapitel erwähne) oder Marx an. Zwecks meiner Dissertation wähle ich die folgende Definition, die läutet (gekürzt): Qualität (lat.) – eigtl.: Beschaffenheit; in der Umgangssprache, in Redewendungen – wie „ausgezeichnete“ oder „schlechte Qualität“ – mit einer bestimmten Wertung verbundener Begriff, der die Zweckangemessenheit eines Dinges (meistens eines Produktes der menschlichen Arbeitstätigkeit) bzw. der Eigenschaften eines Gegenstandes zum Ausdruck bringt. In der Philosophie wird unter Qualität erstens jede der wesentlichen Eigenschaften eines Dinges und zweitens die Gesamtheit, das System, zu dem die Einzelqualitäten, die das Ding ausmachen, vebunden sind, vestanden. Man kann daher vom Standpunkt des Ganzen die bezeichnen, Gesamtqualität der gegenüber als Wesens- dann die oder einzelnen Grundqualität wesentlichen Eigenschaften Partialqualitäten sind, oder vom Teil, von der Einzelqualität ausgehen und die Gesamtheit der wesentlichen Eigenschaften eines Dinges als System von Qualitäten definieren. Durch ihre Einzelqualitäten unterscheiden sich die Dinge in bezug auf ihre einzelnen Eigenschaften; durch ihre Gesamtqualität unterscheiden sie sich als Dinge. Umgekehrt ist jedes Ding das, was 120 es ist, vermöge seiner Qualitäten, seiner wesentlichen Eigenschaften. Durch die Qualitäten grenzen sich die Dinge voneinander ab. Da die Dinge Systeme von Qualitäten sind, zeigen sie ein für Systeme typisches Verhalten: sie sind mit sich relativ identisch, d.h., verändern sich in bezug auf ihr Wesen nicht mit jeder Veränderung ihrer Parameter. Die Qualität ist also diejenige Bestimmtheit eines Dinges, die diesem eine relative Beständigkeit verleiht. Was sich also aus dieser Definition ergibt, ist die zweierlei Bedeutung des Begriffs Qualität: 1. Die Qualität in der üblichen, alltäglichen Bedeutung des Wortes. Der Sinn bewegt sich in diesem Fall auf der Skala zwischen den Beschaffenheiten gut (bzw. ausgezeichnet) und schlecht. Es handelt sich um die Gesamtqualität des Gegenstandes. Dieser Sichtpunkt auf die ganze Problematik ist jedoch für meine Arbeit ganz unnützlich. 2. Die Qualität in der philosophischen Bedeutung. Von der ziemlich breit definierten Bedeutung wählen wir zwecks unserer Arbeit nur diejenige, die die Qualität als die wesentliche Einzeleigenschaft des Gegenstandes bezeichnet. Ich verwende den Begriff Qualität also etwa in der Bedeutung des folgenden Bespielsatzes: Die auffalendste Qualität des Bleis ist sein hohes Gewicht. Dieser Beispielsatz zeigt uns auch, warum der Begriff Qualität häufiger mit dem Ausdruck die Beschaffenheit als mit dem Wort die Eigenschaft 94 übersetzt wird. Diese sind nämlich keine Synonyme, sondern stehen im Zusammenhang eines Hyperonyms und Hyponyms zueinander: das allgemeine Wort die Eigenschaft (tschechisch vlastnost) stünde in der Position des Hyperonyms, während der Ausdruck die Beschaffenheit (tschechisch jakost 95 – dieser Begriff nähert uns wieder zu derjenigen Bedeutung des Begriffs Qualität, di e unter Punkt 1 analysiert wird) 94 mit seiner Bedeutung der Der deutsche Ausdruck die Eigenschaft wird ins Lateinische mit dem Ausdruck proprietās übersetzt. 95 Enzyklopädie Universum: die Beschaffenheit (jakost) – die relative qualitative Bestimmung vom Standpunkt der Funktion der Erscheinungen und der Dinge; sie ist durch die Zusammenfassung der nutzfähigen Eigenschaften gegeben. Bei den Erzeugnissen einer der Faktore, die den Preis des Erzeugnisses bestimmen. 121 wesentlichen, charakteristischen Eigenschaft in der Position des Hyponyms stünde. 96 97 98 Die Basis des Zusammenhangs zwischen den Begriffen Qualität und Intensität hängt davon ab, ob man von der Qualität nur im Fall der Gegenstände, der statischen Dinge spricht, oder ob man den Ausdruck auch in der Verbindung mit den Prozessen gebrauchen kann. Von der Beantwortung dieser Frage hängt nämlich die Art des Zusammenhangs beider Begriffe zusammen, vgl.: 1. Mit dem Begriff Qualität können sowohl Eigenschaften der statischen Objekte als auch der dynamischen Prozesse bezeichnet werden. In diesem Fall zählte man zu den Qualitäten nicht nur die Eigenschaften wie schwer, oval, kantenförmig etc., sondern auch solche Eigenschaften wie schnell, langsam, heftig uä. – also diejenigen Phänomene, die man gewöhnlich mit dem Begriff Intensität bezeichnet und die mit der Tätigkeit, dem Prozeß verbunden sind. Dann wäre der Zusammenhang zwischen der Qualität und der Intensität besonders eng und beruhte auf der Basis eines Hyperonym – Hyponym Zusammenhangs. 2. Ich neige jedoch zur folgenden Definition des Zusammenhangs der beiden Begriffe: die Gebrauchsweise der beiden Begriffe ist streng voneinander getrennt – und zwar folgendermaßen: a) Die Qualität bezeichnet nur die wesentlichen, charakteristischen Eigenschaften der statischen Erscheinungen, der Gegenstände. b) Der Begriff die Intensität ist für die wesentlichen Eigenschaften der dynamischen Prozesse, der Tätigkeiten reserviert. 96 Im Englischen wird der Ausdruck quality zeimlich vage und breit gebraucht. Die Bedeutung dieses Wortes unterscheidet nicht zwischen der Bedeutung im Sinne der Beschaffenheit (also der wesentlichen Eigenschaft) und der Eigenschaft (in der allgemeinen, breiten Bedeutung). Dazu tritt auch die Bedeutung des charakteristischen (d.h. wesentlichen) Zuges der Persönlichkeit. 97 Der lateinische Begriff qualitas wird zwar meistens mit dem Ausdruck die Beschaffenheit übersetzt, man kann jedoch auch ab und zu auf die Übersetzung die Eigenschaft stoßen. 98 Vollständigkeitshalber muß ich noch eine Bedeutung des Ausdruckes erwähnen, und zwar die linguistische. Dieser Ausdruck wird auch in der Phonologie und Phonetik gebraucht, und zwar für die Klangfarbe eines Lautes. Z.B. offenes und geschlossenes o sind Laute veschiedener Qualitäten. 122 Die beiden Begriffe hätten dann in merito dieselbe Bedeutung, könnten jedoch auf unterschiedliche Situationen angepaßt werden. Die beiden Begriffe stehen also nicht in solch einem engen Zusammenhang wie im Fall der Definition unter Punkt 1. Für diese Definition finde ich auch die Unterstützung in der oben zitierten Definition der Qualität. Eine belangreiche Frage muß noch im Fall der sogenannten „Gruppenqualität“ 99 aufgeklärt werden. Mit diesem Begriff kann nämlich nicht nur solche Qualität bezeichnet werden, die die einzelnen Gegenstände in eine Gruppe verbindet, sondern auch solche Eigenschaft, die die einzelnen Gruppen von Elementen voneinander unterscheidet. Die Eigenschaft, die eine Gruppe der Gegenstände von einer anderen trennt, kann nämlich zweierlei Art sein, und zwar: a) Eine Beschaffenheit, die mehreren Elementen gemeinsam ist und ermöglicht also, daß sie eine Gruppe formen. In diesem Fall kann der Begriff Qualität gebraucht werden. b) Zwei und mehrere Gruppen können jedoch auch aufgrund der Anzahl der Gegenstände unterschieden werden, die sie befassen. In diesem Fall darf natürlich der Begriff Qualität nicht gebraucht werden, sondern muß von der Quantität die Rede sein. Der Begriff Qualität hängt viel enger als mit dem Begriff Intensität mit dem Begriff die Quantität zusammen. Hier ist jedoch die gemeinsame Verflechtung der beiden Phänomene so groß, und dazu spiegelt sich dieser Zusammenhang sehr deutlich in der Sprache ab (der Zusammenhang des Vebs, das die Quantität ausdrückt, und des Adjektivs, das die maßgebende, veränderte Qualität ausdrückt), daß ich diesen zwei Begriffen das ganze Kapitel widme. 99 Wissentlich habe ich solch einen Begriff gewählt, um seine Vermischung mit dem in der oben angeführten Zitation erwähnten Begriff Gesamtqualität zu vermeiden. Der Ausdruck die Gesamtqualität soll die gesamte Qualität eines Objekts bezeichnen, während der Begriff „die Gruppenqualität“ solche Beschaffenheit bezeichnet, die für eine Gruppe charakteristisch ist. 123 4.1.2 Die Quantität und die sich davon ergebende veränderte Qualität (Der Zusammenhang das Verb – das Adjektiv) Im vorangehenden Kapitel haben wir gesehen, daß zwischen den Elementen der Realität, die mit den Ausdrücken die Quantität und die Qualität bezeichnet werden können, ein enger Zusammenhang besteht. Sowohl in der realen Welt, als auch in der Sprache, die die se Welt widerspiegelt, können zahlreiche Beispiele gefunden werden, wie jede Veränderung der Quantität, d.h. jede Erhöhung oder Minderung der Menge von irgendeinem Element oder Energie, zu einer qualitativen Veränderung führt. Es handelt sich eigentlich um eine der klarsten, deutlichsten Demonstrationen der Beziehung zwischen der realen Welt und der sie widerspiegelnden Sprache, und auch der Zusammengehörigkeit zwischen dem menschlichen Denken und der Sprache, weil der logische Zusammenhang zwischen den beiden Phänomena auch in der Sprache zu finden ist. Zuerst sehen wir uns die Grundlage dieses Zusammenhangs ein bißchen näher an. Diese voneinander abhängige Modifikation der beiden charakteristischen Eigenschaften wird v.a. von Hegel und von der von ihm ausgehenden materialistischen Dialektik untersucht (v.a. Marx; wie im vorigen Kapitel bediene ich mich mit dem Stichwort aus dem philosophischen Wörterbuch): Qualität und Quantität (Gesetz vom Umschalgen quantitativer Veränderungen in qualitative) – objektiv wirkendes allgemeines Grundgesetz der materialistischen Dialektik, dem zufolge quantitative Veränderungen innerhalb einer bestimmten Qualität beim Überschreiten ihres Maßes zum sprunghaften Übergang dieser Qualität in eine andere führen. In der Natur, in einer für jeden Einzelfall genau feststehenden Weise, können qualitativen Veränderungen nur stattfinden durch quantitativen Zusatz von Materie oder Energie. … Der Organismus wird zwar ständig durch Elemente bereichert, aber verliert auch ständig Elemente. Un d da sich im Idealfall Gewinn und Verlust quantitativ ausgleichen, kommt 124 es zur identischen Reproduktion des Systemzustandes. Es liegt hier keine quantitative Veränderung im eigentlichen Sinne, sondern eine Auswechslung qualitativ gleichartiger Elemente vo r. Mit dem Zusammenhang zwischen der Quantität und Qualität befaßt sich auch das Lexikon, das auf http://www.net-lexikon.de gefunden werden kann (das Stichwort ist ebenso wie das vorangehende, oben zitierte Stichwort gekürzt): Qualität wird häufig als Gegensatz zum Begriff Quantität benutzt. Dabei gilt systemisch: Jede quantitativ (mengenmäßig) ausreichend vorhandene Eigenschaft kann zu einer Qualität werden. Allerdings ist jede Qualität nur durch einen quantitativen Prozeß erreichbar. Unterschiedlich ist nicht nur die Sichtweise: einmal wird eine zusammenfassende Sichtweise gewählt, einmal eine aufs Detail bezogene (Qualität als Black Box von Quantität). Quantität ist das zählbare (Daten, Zahlen, Fakten). Qualität deutet immer auf das unerreichte hin und kommt vom Gebrauch. Z.B. ein qualitativ hochwertiges Produkt soll vom Gebrauch her für immer halten, das ist aber unerreichbar. Schon mehrmals habe ich gesagt, daß dieser Zusammenhang nicht nur in der realen Welt besteht, sondern sich auch in der Sprache abspiegelt. Es entstehen dann die Paare Verb – Adjektiv 100 , von denen: 1. das Verb die Quantität ausdrückt, die verändert wird 2. das Adjektiv, das die sich von dem ganzen Prozeß der Modifikation ergebende Qualität ausdrückt. In der Sprache können zahlreiche Beispiele gefunden werden, vgl. die folgenden Beispielsätze: Er hat das Mundtuch befeuchtet.Das Mundtuch ist jetzt naß. Er hat das Gulasch mit Mehl eingedickt.Das Gulasch ist jetzt dick. Er hat das Stahlblech verzinkt.Das Stahlblech ist jetzt verzinkt. 100 Die Verben, die solche Handlungen (bzw. Tätigkeiten) ausdrücken, die zu der Veränderung der Qualität führen (die dann mit dem Adjektiv ausgedrückt werden kann), sind mit dem Begriff Faktitivum zu beschreiben. 125 Er hat den Mantel ausgebürstet.Der Mantel ist jetzt sauber /staubfrei/ haarfrei. Er hat ihn entlaust.Er ist jetzt lauslos. Er hat eine kleine Menge des Metals von dem Gegestand abgefeilt.Der Gegenstand ist jetzt klein(er). Er hat das Wasser erwärmt.Das Wasser ist jetzt warm. Er hat Deutschland (kreuz und quer) durchreist.Er kennt jetzt das Land sehr gut. Er hat den Zweig entzweigesägt.Auf dem Boden liegen jetzt zwei kleinere Zweige. (Zusammenhang Verb – Numerale und Verb – Adjektiv) Wenn man sich die erwähnten Beispielsätze etwas näher ansieht, stellt man fest, daß der Zusammenhang zwischen der Quantität u nd der Qualität nicht immer derselben Art ist. Das sich von der veränderten Quantität ergebende Resultat kann in vier Gruppen eingeteilt werden, je nachdem, ob der Zusammenhang zwischen der Quantität und Qualität unterbrochen ist oder nicht: 1. Das Adjektiv, das das Resultat der modifizierten Quantität sprachlich ausdrückt, kann nur mit dem Termin Qualität 101 und keineswegs Quantität beschrieben werden. Diese Gruppe kann weiter noch in zwei Untergruppen unterteilt werden, und zwar nach der Natur des Verbs: a) Das Verb drückt die reine Modifikation der Quantität aus, vgl.: Der Wind wirbelte den Staub auf und bestaubte die Bank im Garten.Die Bank ist jetzt schmutzig. Er hat den Gulasch mit Mehl eingedickt.Der Gulasch ist jetzt dick. 101 Es ist jedoch fraglich, ob der Termin Qualität immer in sich den Zusammenhang zu der Quantität nicht enthält. Es wäre auch ein logischer Resultat aus der Bedingtheit der Entstehung der Qualität durch die Quantifizierung. Die Analyse der unter diesem Punkt benutzten Adjektive rechtfertigt die Bedenklichkeit dieses Phänomens, vgl.: schmutzig – durch eine Menge von irgendeinem Stoff verschmutzt sein dick – die Flüssigkeit enthält eine Menge von irgendeinem Stoff, das es konsistenter macht. Wie man sehen kann, erklärt man die einzelnen Begriffe immer mittels der Weise, wie sie entstanden sind – d.h. mittels der Quantifizierung. Anstatt des fehlenden oder des in der Wortbedeutung vertretenen Zusammenhangs könnte man also auch von weniger und mehr auffalendem Zusammenhang sprechen. Ich habe es deswegen als bloße Quantität bezeichnet, weil ich davon ausgehe, wie man die Ausdrücke im alltäglichen Sprachverkehr empfindet. Die in dieser Anmerkung gebrauchte Bezeichnung wäre jedoch präziser. 126 b) Das Verb drückt sowohl die modifizierte Quantität, als auch die Qualität aus, indem die Qualität ein bedeutender semantischer Riß des Verbs ist. Das Ergebnis ist wieder die reine Qualität, vgl.: Die Sonne erwärmte das Wasser.Das Wasser ist jetzt warm / heiß. 102 Der unter Punkt 1 beschriebene Quantität – Qualität Zusammenhang sieht also folgendermaßen aus: das Verb drückt entwerder die reine Modifikation der Quantität aus oder sind in seiner semantischen Bedeutung beide Bestandteile vertreten (indem die Qualität überwiegt). Das Adjektiv drückt reine Qualität aus. 2. Das Adjektiv enthält beide Bestandteile – sowohl die Qualität, als auch die Quantität. Es spiegelt treu die Bedeutung des Verbs ab, die auch beide Bestandteile enthält. Die beiden Bestandteile sind, semantisch, bedeutungsmäßig gesehen, gleichwertig, keiner von ihnen ist dem anderen überlegen, vlg. den folgenden Beispielsatz: Der Damenschneider hat meiner Schwester ihren Rock verengt. Der Rock ist jetzt eng. Das Wort drückt zwar eine neue Qualität, Beschaffenheit aus, der Zusammenhang zwischen der Qualität und der Quantität ist jedoch erhalten geblieben, ebenso wie beim Verb, das die Handlung, Tätigkeit ausdrückt, die zu der mittels des Adjektivs ausgedrückten Qualität führt. 3. Das Adjektiv drückt die bloße Quantität aus. Der Zusammenhang zwischen der Quantität und Qualität, die in der Bedeutung des Verbs zu finden ist, ist im Adjektiv nicht erhalten geblieben, vgl.: 102 Es ist äußerst schwierig zu entscheiden, ob das Wort warm reine Qualität ausdrückt, oder ob auch von der Quantität die Rede sein soll. Beim Verb erwärmen ist die Situation klar – das Verb enthält das Element der Quantität, wie es auch die Analyse der Wortbedeutung beweist: erwärmen heißt eine (gewisse) Menge der Wärme zuzugeben, d.h. das Quantum der Wärme auf einer gewissen Stelle zu vergrößern. Beim Adjektiv warm ist die Situation keineswegs so klar: es gibt zwar die physikalische Größe der Wärme, trotzdem stellt man sich gewöhnlich unter dem Adjektiv warm gewöhnlich eine Qualität vor. Dieses Beispiel kann also sowohl unter Punkt 1, als auch unter Punkt 2 eingeordnet werden. Ich bevorzuge den gewöhnlichen Sichtpunkt auf die ganze Problematik – d.h. halte das Adjektiv warm für dasjenige, das nur die Qualität ausdrückt. Siehe auch die ziemlich gewaltsamen Argumente, unter denen ich das Verb erwärmen im Kapitel über dem Präfix er- unter das Phänomen der Quantität eingeordnet habe. 127 Er hat den Mantel ausgebürstet.Der Mantel ist jetzt staubfrei/ haarfrei. 103 Er hat ihn entlaust.Er ist jetzt lauslos. 4. Das Ergebnis wird mittels eines Zahlwortes ausgedrückt. In diesem Fall kann natürlich von der Qualität keine Rede sein, wird sprechen von bloßer Quantität, vgl.: Er hat den Zweig entzweigesägt.Auf dem Boden liegen jetzt zwei Zweige. Das Resultat der mit dem Zeitwort entzweisägen ausgedrückten Handlung, Tätigkeit kann jedoch auch mit dem Adjektiv kleiner ausgedrückt werden. Dann gehört das Beispiel unter die unter Punkt 2 behandelten Beispiele, vgl. den folgenden Beispielsatz: Er hat den Zweig entzwei gesägt.Auf dem Boden liegen jetzt kleinere Zweige. Wie man sehen kann, ist der Zusammenhang zwischen der Quantität und Qualität nicht nur ein philosophisches Problem, sondern auch eine Frage der Sprachwissenschaft. Wir haben mehrere Beweise von der Tatsache gegeben, daß die Sprachwissenschaft sehr wertvolle Anlässe und Fakten liefern kann, die der Philosophie bei der Definition des Begriffs Qualität nützlich sein können. Die Frage des Zusammenhangs der Qualität und der Quantität ist, wie ich schon in der Einleitung zu dem Kapitel erwähnt habe, eines der deutl ichsten Beispiele der Widerspiegelung der realen Welt in der Sprache. 4.2 Die Extension 4.2.1 Die Definition Ein anderer Begriff, mittels dessen die reale Welt beschrieben wird, ist die Extension. Dieser Begriff hängt sehr eng mit dem Begriff die Quantität zusammen (siehe weiter und auch das folgende Kapitel), 103 Der Zusammenhang kann jedoch auch folgendermaßen aussehen: Er hat den Mantel ausgebürstet.Der Mantel ist jetzt sauber.Hier drückt das Adjektiv die bloße Qualität aus. 128 deshalb habe ich ihn, und v.a. seine Reflektion in der Sprache, in meine Arbeit aufgenommen. Wie wir sehen werden, gerät auch diese Relation in zahlreiche Interaktionen mit den anderen Relationen, von denen auf den Seiten dieser Arbeit schon gesprochen wurde – es gibt Zusammenhänge zwischen der Extension und der Intensität, der Qualität und natürlich der Quantität, mit dem die Verwandtschaft am engsten ist. Neu definiere ich den Begriff Intension, das in manchen Bedeutungen als ein Gegenteil zu dem Begriff Extension begriffen werden kann (die Intension hilft uns also den Begriff der Extension genauer zu definieren). In diesem Kapitel geht es mir um die allgemeine, möglichst präzise Definition des Begriffs Extension (und seiner Zusammenhänge zu anderen Begriffen) und im nächsten Kapitel werde ich nach dessen Realisation (einschließlich der Reflektion seiner Zusammenhänge zur Intensität, Qualität und Quantität) in der Sprache, konkret in der Bedeutung des Verbs suchen. Der Begriff Extensität wird Wissenschaft gebraucht – in zahlreichsten sowohl in den Gebieten der humanistischen Wissenschaften, als auch in den Naturwissenschaften. Diese breite Anwendung ergibt sich aus der ziemlich vagen ursprünglichen Bedeutung, die in dem lateinischen Verb extendere – ausbreiten, ausdehnen, erweitern, (die Zeit) verlängern und im Substantiv extēnsiō – die Ausdehnung, die Weite, die Spanne, der Bereich ihren Ursprung hat. So wird die Extension auch im Deutschen Wörterbuch von Gerhard Wahrig (die Ausweitung, Ausdehnung, Streckung), im Duden (extensiv – der Ausdehnung nach, räumlich, in die Breite gehend, ausgebreitet, umfassend, viel Raum, Zeit oder Material verwendend, ausdehnend, erweiternd; Duden erwähnt auch das Verb extensivieren – verbreitern, ausdehnen, in die Breite wirken) oder im Fremdwörterbuch (extensiv – in die Breite gehend, auf die Ausdehnung, Aufweiterung orientiert; Gegensatz von dem Adjektiv 129 intensiv) definiert. Der Begriff Extension wird dann in zahlreichen Bereichen der heutigen Wissenschaft benutzt 104: 1. In der Sprachwissenschaft heißt die Extension die Denotation, die Referenz, d.h. die Menge aller Objekte / Sachverhalte, die unter einen Begriff Falln. Oder ein bißchen anders: die Extension (Umfang) eines Begiffs ist die Gesamtheit aller Exemplare, welche die allgemeinen Merkmale des Begriffs aufweisen. Zwei Begriffe mit derselben Extension haben dieselbe „extensionale Bedeutung“. Es handelt sich um den Begriff die Bedeutung von G. Frege. In der Opposition zum Begriff Extension steht der Begriff Intension (der Inhalt) - die Gesamtheit der allgemeinen Merkmale, durch die der Begriff bestimmt ist. Oder anders – die Intension – Menge der Attribute, die einzeln notwendig und gemeinsam hinreichend sind, damit ein Objekt / Sachverhalt zu einem Begriff gehört. Es handelt sich um den Begriff der Sinn von G. Frege. 2. In der Medizin versteht man unter Extension eine Zugvorrichtung, die die Bruchenden bei einem Knochenbruch auseinander zieht. In der Medizin ist auch der Begriff intensiv zu finden, der jedoch keinen Gegensatz zum dem Begriff extensiv 105 bildet: die Intensivbehandlung (Intensivpflege) – die Behandlung der Patienten im schweren Zustand, wenn es sich jedoch um kein unmittelbares akutes Versagen der Lebensfunktionen handelt. 3. In der Mathematik gilt der Grundsatz, daß eine Menge ausschließlich durch ihre Elemente gekennzeichnet ist, und im Gegensatz zur philosophischen Sicht keinerlei Intension mit einer Mengendefinition verknüpft ist. Dies ist die Aussage des Extensionalitätsaxioms der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre. 4. Bei einigen Betriebssystemen bedeutet Extension die Dateiendung am Ende eines Dateinamens, abgetrennt durch einen Punkt. Sie kennzeichnet dann das Format der Datei. 104 Ich erwähne die einzelnen Bedeutungen des Begriffes Extension nur deswegen, weil ich das genauere Verständnis des lateinischen Begriffes extēnsiō ermöglichen will. 105 Man muß zwischen den Begriffen die Intension und die Intensität unterscheiden – der erste ist ein Antonym vom Substantiv die Extension, der andere jedoch nicht. Auf der anderen Seite gibt es auch den Begriff die Extensität, das oft in der Bedeutung der Extension gebraucht wird. 130 5. In der Ökonomie – mit wenig Mitteln auf großer Fläche betriebene Wirtschaft – Gegensatz vom Begriff die intensive Wirtschaft. 6. In der Pädagogik – an der Wende des 19. und 20. Jahrhundert wurden mit dem Begriff die Extensionen die pädagogisch – didaktischen Vorlesungen Bevölkerungsschichten bezeichnet, bestimmt die waren. Es den wurde breiten so die Abwesenheit der pädagogischen Fakultät kompensiert. 7. Am öftesten gebraucht man jedoch diesen Begriff in der Philosophie, wo man mit dem Adjektiv extensional solche Aussagenverbindung bezeichnet, wenn ihr Wahrheitswert nur von den Wahrheitswerten der verknüpften Aussagen, nicht aber von deren Inhalt abhängt. Der Wahrheitswert einer Aussage wird von dem deutsch – amerikanischen Philosophen Rudolph Carnap (1891 – 1970) als Extension einer Aussage bezeichnet. Wie wir gesehen haben, wird der Begriff die Extension in unterschiedlichsten verschiedensten Bereichen der menschlichen Wissenschaftszweigen gebrauft. Tätigkeit, Was in alle Bedeutungen, Gebrauchsweisen gemeinsam haben, ist die Bedeutung der räumlichen Ausdehnung. In meiner Arbeit werde ich die ursprüngliche lateinische Bedeutung des Ausdruckes gebrauchen und nach solchen Verben suchen, die die räumliche Ausdehnung ausdrücken. Ich werde also nach dem Sem der Extension in der Verbbedeutung suchen, bzw. wie die Extension mit der Intensität, der Qualität und Quantität zusammenhängt. Wie ich schon mehrmals erwähnt habe, steht der Begriff die Extension keinesfalls isoliert. Es bildet einen Bestandteil der Interaktionen mit anderen Phänomenen, mit deren Hilfe wir die reale Welt analysieren und begreifen. Es sind die schon mehrmals erwähnten Begriffe Intensität, Qualität und Quantität. Sehen wir uns die einzelnen Beziehungen ein bißchen näher an: 1. das Verhältnis zwischen der Intensität und der Extensität. Wie ich schon angeführt habe, dürfen die Begriffe Intension und Intensität nicht verwechselt werden. Während die Intension im Paar 131 mit der Extension auftritt (als sein Gegenteil), spezifiziert die Intensität die Art und Weise der Extension näher, und zwar vom Standpunkt der Kraft, der Machtigkeit und der Stärke. Wie jede Handlung und Tätigkeit wird auch die Extension immer von der Intensität begleitet, dieser Zusammenhang muß nur in der Sprache nicht abgespiegelt sein (trotzdem gibt es immer die Möglichkeit, die Intensität mittels der Adjektive oder Adverbien auszudrücken). Ein deutliches Beispiel des Verhältnisses zwischen der Intensität und Extension kann z.B. die Explosion sein. Die Natur des Verhältnisses zwischen der Intensität und Extension muß jedoch noch weiter unterschieden werden – und zwar nach der Natur des Resultats: a) die Beziehung zwischen der Intensität und Extension ist zeitlicher Natur (z.B. die Geschwindigkeit) b) die Beziehung zwischen der Intensität und Extension ist räumlicher Natur (z.B. die Kraft, die Heftigkeit) 106 2. das Verhältnis zwischen der Extension und der Qualität. Dieses Verhältnis ist einer der Punkte, die die Relationen Extension und Quantität gemeinsam haben. Ebenso wie die Quantität hat auch die Extension den Einfluß auf die Qualität. Die Extension hat jedoch viel öfter Einfluß auf die Qualität der von der Extension betroffener Objekte (im gewissen Sinn kann vom Raum gesprochen werden) als auf die Qualität der im Zentrum stehenden Subjekte oder Objekte, die eigentlich verbreitet werden. 107 3. das Verhältnis zwischen der Extension und der Quantität. Die Extension kann auch folgendermaßen definiert werden: die Extension – die Ausdehnung, die Verbreitung, deren Ziel eine gewisse Menge Objekte ist (Raum, Menschen etc. – das Fragewort wohin?). Diese Ausdehnung beeinflußt eine zahlbare Menge der Objekte, die meistens an der Handlung gar nicht teilnehmen. Diese Verbreitung ist zahlbar, meßbar (die Fläche, die Zahl der Menschen etc.), es kann also von der Quantität gesprochen werden. Ich würde 106 107 Für die Beispiele siehe das folgende Kapitel Für die Beispiele siehe wieder das folgende Kapitel 132 sogar von einer besonderen Art der Quantität sprechen und würde das Verhältnis Quantität – Extension als das Verhältnis Hyperonym – Hyponym bezeichnen – d.h. jede Extension kann auch als Quantität bezeichnet werden, umgekehrt gilt das jedoch nicht. Was also die Extension mit der Quantität gemeinsam hat, ist die Quantitfiezierung und auch die Beziehung zu der Qualität. Was von der Extension ein Hyponym von der Quantität macht, ist die unterschiedliche Natur der Extension. Trotz dieser unterschiedlichen Natur steht dieser Begriff viel näher zu dem Begriff Quantität als die Begriffe Intensität oder Qualität. Die verschiedensten Zusammenhänge zwischen diesen zwei Begriffen werden im folgenden Kapitel analysiert (einschließlich der reichen Liste der Beispiele). 4.2.2 Das Verb und die Ausdrückung der Extension Im vorigen Kapitel habe ich definiert, was eigentlich der Begriff Extension bedeutet und welche seiner Bedeutungen ich in meiner Arbeit benutze. In diesem Kapitel möchte ich zeigen, wie sich dieses Phänomen in der Sprache widerspiegelt; ich werde nach solchen Verben forschen, die ein Sem der Extension in ihrer Bedeutung enthalten. Eine der wichtigen Aufgaben dieses Kapitels ist es auch, die Zusammenhänge der Extension zu den anderen Phänomenen, zu der Intensität, zur der Qualität und zu der Quantität auf dem deutschen Verb zu demonstrieren und auch konkrete Beispiele anzuführen, warum ich eigentlich die Extension für eine Art der Quantität halte. Weiter werde ich übersichtlich die lexikalischen Mittel aufzählen, die das deutsche Verb benutzt, um die Extension auszudrücken. Ich erwähne auch die interessante Frage der Antonymie und Synonymie. Zuletzt werde ich mich, wie im Fall der Quantität, mit den Signalwörtern befassen, die signalisieren, daß im Satz ein Verb vorkommt, das die Extension ausdrückt. I. Der Zusammenhang der Extension mit der Quantität 133 Im vorigen Kapitel habe ich eine Definition angeführt, die eine enge Zusammenknüpfung der Extension mit der Quantität ausdrückt. Ich habe auch angeführt, daß die Modifikation nicht die Quantität des im Zentrum der Aussage stehenden Subjekts oder Objekts anbelangt, sondern das es um das Ziel der Extension, der Ausdehnung geht, vgl. die folgenden Beispielsätze: Die Auskunft verbreitete sich auf die breiten Bevölkerungsschichten. Das Satzglied, das die Modifikation der Quantität betrifft, ist nicht das Subjekt (die Auskunft), obwohl es eigentlich im Zentrum der Extension steht, sondern die Umstandsbedingung (auf die breiten Bevölkerungsschichten). Die Verbreitung der Information beeinflußt eine gewisse Zahl der Menschen – und damit meine ich gerade die Zusammenknüpfung der Extension und der Quantität. Diese Zusammenknüpfung wird nicht einmal verloren, wenn ich das Ziel der Verbreitung - die Umstandsbedingung - nicht äußere – das Merkmal der Quantität bleibt, nur das Ziel der Extension, das Objekt, das der Modifikation der Quantität unterliegt, ist nicht bekannt, vgl.: Die Information verbreitete sich. Es fehlt nur das Ziel, alle andere Seme des Verbs verbreiten werden ausgedrückt. Vgl. auch andere Beispielsätze: Der Wind zerblaste das Laub über den ganzen Garten. Der starke Wind zerblaste das Laub über unseren Garten und auch den Garten unseres Nachbarn. der Kontrast beider dieser Sätze demonstriert deutlich, was ich mit der Quantität im Fall der Extension meine. Die Wasserspritze zerstreute das Wasser über den Fußballplatz. dasselbe Beispiel, das Ziel der Extension kann präzis quantifiziert werden. Im vorigen Kapitel und auch in der Einleitung zu diesem Kapitel habe ich angeführt, daß ich mit der Quantität nur die Quantität der Umstandsbedingung(en) meine. Das ist jedoch nicht so präzis, wie der folgende Beispielsatz beweist: 134 Der Felsen explodierte und die heißen Steine zerflogen in große Weite. Bald wurde eine Fläche bedeckt, die viele Quadratkilometer maß. Wir sehen, daß in diesem Fall nicht nur das Ziel der durch das Verb explodieren ausgedrückten Extension quantifiziert wird, sondern auch das Subjekt, das zum „Opfer“ der Extension fällt. Es kommt hier nicht nur zur Modifikation der Quantität in der Richtung „größere Fläche“, sondern auch in der Richtung der Felsen die Steine. Es handelt sich also um solch einen Fall, wenn die Extension nicht nur dessen Ziel beeinflußt, sondern auch das Subj ekt, das im Zentrum der Aussage steht, vgl. das andere Beispiel: Der Efeu kletterte die ganze Wand an. in diesem Satz geht es nicht nur um die Extension, sondern auch um die Veränderung der Quantität (der Efeu wird größer). II. Das Verhältnis zwischen der Extension und der Intensität Im vorigen Kapitel habe ich erwähnt, daß das Phänomen der Intensität immer die Extension begleitet. Obwohl dieser Zusammenhang nicht unbedingt in der Sprache widergespiegelt sein muß, sind in der Sprache zahlreiche Beispiele zu finden, wenn das Verb außer der Extension auch die Intensität ausdrückt. Wir haben den Zusammenhang in zwei Gruppen unterteilt – je nachdem, ob er räumlicher oder zeitlicher Natur ist, vgl.: 1. Die Information verbreitete sich auf die breiten Bevölkerungsschichten. Die Information zerflog sich auf die breiten Bevölkerungsschichten. Die in diesem Beispielsatz erwähnte Intensität beeinflußt lediglich die Geschwindigkeit der Extension, nicht die räumliche Ausdehnung. Der Zusammenhang Intensität – Extension ist in diesem Fall zeitlicher Natur. 2. Die Bombe hat nur schwach geknallt. Die Bombe hat explodiert. = Es war nur eine schwache Detonation. Es war eine starke / heftige Explosion. in diesem Fall führt die Intensität zur 135 größeren räumlichen Ausdehnung der Zusammenhang Intensität – Extension ist räumlicher Natur. III. Das Verhältnis die Extension – die Qualität Durch die Extension kommt es auch zur Veränderung, zur Modifikation der Eigenschaften. Die Handlungen können zweierlei Art sein, die Verben können also in zwei Gruppen unterteilt werden – je nachdem, ob die Extension nur die Qualitäten des Zieles der Verbreitung beeinflußt oder auch die Eigenschaften des Subjekts, bzw. Objekts modifiziert werden: 1. Die Extension beeinflußt lediglich die Eigenschaften ihres Ziels, vgl.: Die Wasserspritze zerstreute das Wasser über den ganzen Rasen 108. Der noch vor ein paar Stunden ausgedörrte Rasen wurde allmählich grün und naß. durch die Extension (Zerstreuung von Wasser) kommt es zur Veränderung der Qualitäten von ausgedörrt auf naß und grün. Die Modifikation der Qualität betrifft jedoch nur das Ziel der Extension (in diesem Fall den Rasen), die Qualität des Subjekts oder Objekts bleibt unberührt. Ähnliche Beispiele solcher Qualität – Modifikation sind: Der Wind regte den Sand der Wüste auf. Die Kleider aller Leute wurden schnell schmutzig. Die Zweige des Baumes wuchsen in die Breite. Der Raum unter dem Baum wurde jetzt schattig. 2. Durch die Extension wird auch die Qualität des im Zentrum der Aussage stehenden Subjekts, bzw. Objekts modifiziert, vgl.: Die Information verbreitete sich unter breite Bevölkerungsschich ten. Die Nachricht war jetzt bekannt. IV. Die lexikalischen Mittel, die das Verb benutzt, um die Extension ausdrücken zu können 1. Die Präfixe 108 Hier handelt es sich um eines der deutlichsten Beispiele des Zusammenhangs der Extension und der Quantität – auf einer Fläche (Extension) vergrößert sich die Menge von Wasser (Quantität). 136 Meistens ist die Extension zwar schon mittels des Wortstammes ausgedrückt, der von dem betreffenden Adjektiv abgeleitet ist (breitbreiten, langlängen) 109 , trotzdem ist diese schon im Wortstamm enthaltene Bedeutung noch mittels einiger Präfixe zu unterstützen. Es handelt sich um folgende Präfixe: Aus - z.B. die Verben ausbreiten, ausdehnen vgl. die folgenden Beispielsätze: Der Nebel breitete sich auf die ganze Stadt (ganze Landschaft) aus. Die Epidemie / Unruhe breitete sich auf die ganze Bevölkerung aus. Die Partei dehnte ihren Einfluß auf die ganze Bevölkerung aus. Er – z.B. das Verb erweitern, vgl.: Unsere Verwandten haben ihr Einfamilienhaus erweitert. Ver – z.B. die Verben verbreiten (für das Beispiel siehe oben), verengen, verschmälern, vgl.: Er hat die Wahlmöglichkeiten nur auf zwei verengt. Der Stadtrat hat die Straße verschmälern lassen. Das Verb verengen verfügt auch über die Varianten beengen, einengen, die andeuten, daß auch die Präfixe be- und ein- in Frage kommen. 2. Feste Verbindungen, die eher in den Bereich der Syntax gehören Die Verbindung stehen + in + Substantiv, vgl.: Das Haus stand in Flammen. Der Baum stand in Blüte. Es handlet sich um eine Erweiterung, Ausdehnung der Erscheinung, der Handlung. Weil die Extension von zwei Sichtpunkten beobachtet werden kann (vom Sichtpunkt der Ausdehnung oder der Quantität), habe ich diese festen Verbindungen auch in das Kapitel Die syntaktischen Mittel eingeordnet. V. Die Antonymie, die Synonymie und die Extension Das Phänomen der Extension beeinflußt auch die Antonymie und die Synonymie der Verben. Wie im Fall der Quantität befinden sich manche Verben auf den gegenseitigen Polen der Skala, trotzdem Nicht immer stammt jedoch das Verb von einem Adjektiv ab – vgl. die Verben (aus)dehnen, erstrecken. 109 137 können sie für genaue Gegensätze nicht gehalten werden. Eines solcher ungenauen Gegensätze sind z.B. die Verben verengen (bzw. beengen, einengen) und verbreiten. Die Merkmale, die die Antonymie dieses Paares stören, sind am besten aufgrund des Kontextes zu beobachten, vgl. die folgenden Beispielsätze: Sie hat ein bißchen zugenommen, der Damenschneider mußte ihr Rockkostüm ein bißchen verbreiten. Sie hat ein bißchen abgenommen, sie mußte ihre Hose verengen. Das Verhältnis der Antonymie, das sehr gut in diesem Kontext funktioniert, besteht jedoch im folgenden Kontext nicht mehr: Er hat die Nachricht unter breite Bevölkerungsschichten verbreitet. * Er hat die Nachricht nur unter ein paar Menschen verengt. Die Widersinnigkeit des zweiten Satzes zeigt uns, daß in diesem Kontext die Verben verbreiten und verengen für keine Antonyme gehalten werden dürfen. Trotzdem handelt es sich um ein anderes Problem als im Fall der Quantität (vgl. das Verbpaar naschen – sich vollstopfen). Das Verbpaar verbreiten – verengen wird für das Paar der Antonyme gehalten. Der Grund dafür ist wahrscheinlich der folgende: die Bedeutungsmerkmale, die Seme, die nicht entsprechen, sind nicht die bedeutendsten, sie stören also die Antonymie viel weniger als es bei naschen – sich vollstopfen (bzw. gierig essen) der Fall ist. Ein ähnliches Beispiel sind auch die Verben ausdehnen und beschränken, vgl.: Sein Einfluß beschränkte sich nur auf seine Vaterstadt. Sein Einfluß dehnte sich allmählich auf das ganze Land aus. ABER: Die Zahl der Teilnehmer an dem Wettkampf wurde auf sieben beschränkt. * Die Zahl der Teilnehmer wurde nach der Verabredung auf zehn ausgedehnt. Es wäre besser, in zweitem Satz das Verb erweitern zu gebrauchen. Ebenso kompliziert ist die Frage der Synonymie in der Verbindung mit der Extension. Als Beispielverben können wir die Verben ausdehnen, verbreiten und erweitern gebrauchen, vgl.: 138 Er hat die Verleumdungen verbreitet / *erweitert / *ausgedehnt. Die Adern / Augensterne haben sich erweitert / verbre itet /*ausgedehnt. Der König Přemysl Otakar II. hat das Gebiet des böhmischen Königreichs ausgedehnt /erweitert/ *verbreitet. Auf den angeführten Beispielsätzen ist es deutlich zu sehen, daß trotz dem Merkmal „breiter zu werden“, das den Bestandteil der Verben ausdehnen, verbreiten und erweitern bildet, diese Verben für echte Synonyme nicht gehalten werden dürfen. Jedes von ihnen wird in einem anderen Kontext gebraucht. V. die Signalwörter, die signalisieren, daß im Satz ein Verb vorkommt, das die Extension ausdrückt Wie im Fall der Verben, die die (modifizierte) Quantität ausdrücken, treten auch in Verbindung mit den Extensionsverben Wörter in der Funktion eines Signalwortes. Wieder treten sie in der Form von verschiedensten Wortarten und in der Funktion verschiedenster Satzglieder auf. Sie können so in einige Gruppen unterteilt werden: 1. Das Adverb – das Extension – Verb wird sehr oft von einer lokalen, seltener temporaler Umstandsbedingung begleitet, die das Ziel der Extension angibt. Eine der Wortarten, unter die solch eine Umstandsbedingung unterordnet werden kann, ist das Adverb, vgl.: Er hat die Nachricht überall verbreitet. Unsere Verwandten haben ihr Einfamilienhaus in der Richtung nach vorne erweitert. 2. Das Numerale – es handelt sich um die deutlichsten Beispiele des engen Zusammenhangs der Extension mit der Quantität. Das Zahlwort kann in zwei Funktionen auftreten: a) Das Numerale spezifiziert näher das Substantiv, das der Hauptträger des Zusammenhangs zwischen dem die Extension ausdrückenden Verb und dem Signalwort ist, vgl.: Die Nachricht wurde unter mehr als 30 Menschen verbreitet. b) Das Numerale signalisiert, daß im Satz ein Verb vorkommt, das die Extension ausdrückt, vgl.: 139 Die Zahl der Teilnehmer an dem Wettkampf wurde auf sieben beschränkt. Egal ob das Zahlwort die unterstützende oder signalisierende Funktion hat, ist es für die Bedeutung sehr wichtig, weil es den Maß der Erweiterung, der Ausdehnung präzis angibt. 3. Das Adjektiv – derselbe Fall wie das Numerale. Das Adjektiv kann sowohl in der unterstützenden Funktion als auch in der Funktion eines Signalwortes auftreten. Syntaktisch hat es natürlich die Funktion eines Attributes: a) Das Adjektiv spezifiziert näher das Substantiv, das die Funktion des Signalwortes hat, vgl.: Die interessante Nachricht verbreitet sich unter breite Bevölkerungsschichten. Der heftige Vulkanausbruch versprengte die glühende Gesteinschmelze. b) Das Adjektiv tritt in der Funktion eines Signalwortes auf, vgl.: Die rotierende Wasserspritze zerstreute das Wasser über das ganze Fußballfeld. 4. Das Substantiv hat die Funktion eines Signalwortes. Syntaktisch gesehen handelt es sich entweder um das Subjekt oder Objekt: a) Das Substantiv tritt im Satz in der Funktion eines Subjekts auf, vgl.: Der Vulkanausbruch versprengte das Magma. Der Wind hat das Laub zerblast. b) Das Substantiv tritt im Satz in der Funktion eines Objekts auf, vgl.: Der Sand wurde durch den Wind aufgeregt. Auf den Beispielen, die ich in diesem und auch im vorigen Kapitel angeführt habe, kann man sehen, daß die Extension sehr nah zu der Quantität steht. Im Prinzip gebraucht die deutsche Sprache dieselben Instrumente wie im Fall der Quantität, um die Extension auszudrücken. Auf dem Zusammenhang der Extension mit den anderen Phänomenen konnte auch deutlich gezeigt werden, wie eng 140 die Sprache mit menschlichem Denken und auch mit der realen Welt zusammenhängt. 4.3 Verben, die zugleich modifizierte Quantität und Intensität ausdrücken In der realen Welt gibt es nicht selten auch solche Situationen, wenn bei der quantitativen Modifikation einer gewissen Relation zugleich auch eine andere Relation modifiziert wird. Diese Relationen bilden von Natur aus fest gebundene Paare und es kann nicht passieren, daß bei der Modifikation einer von ihnen die andere unberührt bleibt. Diese zwei – und auch mehrfache Modifikation widerspiegelt sich natürlich auch in der Sprache, vgl.: tropfentriefenfließen quellenrinnen strömenwogen fließenwallen, schießen Diese Verben drücken zwar eine größere Quantität aus (Menge des Wassers), zugleich kommt es jedoch zu einer anderen Mod ifikation – auch die Lautstärke gewinnt an Intensität. Die Quantität und Intensität steigt Hand in Hand. Als Beweis können folgende inhaltlich sinnlose Aussagen dienen: *Das Bächlein quellte mit ungeheurem Tosen. *Der Fluß schoß leise. *Der Wasserhahn tröpfelte laut. Natürlich könnte man einwenden, daß das Wahrnehmen der Intensität sehr subjektiv ist. Es hängt auch von der Intensität des Geräusches in der Umgebung der Handlung ab, die mit dem Zeitwort beschrieben wird. Sicher empfinden wir ganz anders den tröpfelnden Wasserhahn in der Küche und den tröpfelnden Tropfstein in einer stillen Höhle. Trotzdem ist die Verbindung tröpfeln – laut unzuläßlich und jeder würde sie als seltsam empfinden. Augenscheinlich widerspiegelt das 141 Verb tröpfeln mit seinen erlaubten Verbindungen die Konvention, die Tradition. 110 Es werden also zugleich zwei Relationen modifiziert. Dieses kann zu einem interessanten Phänomenon führen – zur Kombination zweier Verbreihen: Die Verbreihe quellen fließen strömen rinnen fluten drückt die erhöhte Quantität 111 aus. 112 Die Verbreihe säuseln brausen, rauschen, sausen, tosen drückt die erhöhte Intensität aus. 113 114 Durch Kombination beider Verbreihen können folgende Beispiele gebildet werden: Der überschwemmte Fluß brauste. Das stürmische Meer rollte. Das Wasser im Bächlein säuselte. In diesen Beispielen wird eigentlich die modifizierte Intensität zweimal ausgedrückt – durch das Partizip II. (überschwemmte), Adjektiv (stürmisch) oder das Substantiv / Deminutivum (das Bächlein) und die finite Verbform (brauste, rollte, säuselte). Zur ähnlichen Modifikation kommt es auch bei anderen Verben. Interessant ist das Verb scheinen. Hier möchte ich davon ausgehen, daß durch das Licht auch die Wärme entsteht. Hier kommt es oft zu derselben Situation wie im Fall des Verbs fließen – mir der 110 In der literarischen (poetischen) Sprache können wir trotzdem auf solche Aussage stoßen: Der Klang der fallenden Tropfen widerhallte sich im Raum wie die Kanonenschüsse. Hier handelt es sich jedoch mehr um die Betonung der Ruhe in Raum als um das Beschreiben der Intensität des Tröpfelns. 111 Und zugleich auch Intensität. Diese Verben drücken solche Handlungen aus, bei denen die erhöhte Intensität auch zur größeren Quantität führt. Die Intensität und Quantität können in diesem Fall nicht getrennt werden. 112 Es muß betont werden, daß diese Verbreihe nur im Fall des Substantivs das Wasser entsprechend ist. Wenn wir das Nomen das Blut wählen, muß die Verbreihe ein bißchen modifiziert werden: fließen→strömen→rinnen 113 Interessant ist, daß in der Verbreihe, die die Intensität der Lautstärke ausdrückt, das neutrale Verb fehlt. Das hängt von der Wesensheit der Laustärke ab – sie kann nur als leise oder laut empfunden werden. 114 Eine gewisse Rolle spielt bei diesen zwei Verbreihen auch die Weise der Wahrnehmung – die Reihe „quellen“ wird vor allem oder lediglich optisch wahrgenommen. Die Reihe „säuseln“ wird immer auch akustisch wahrgenommen. 142 steigenden Intensität (Licht) kommt es auch zur größeren Quantität (Wärme), 115 116 117 vgl.: scheinenstrahlenglühen Wieder gibt es zwei Reihen, die die steigende Intensität, bzw. Quantität sprachlich widerspiegeln: Die Reihe „durchschnittlich“, üblich viel, intensiv drückt die größere Intensität des Lichts aus. Die Reihe kalt warm heiß glühend drückt die größere Quantität der Wärme aus. Wieder können beide Reihen kombiniert werden, vgl.: Die strahlende Glühbirne der Lampe war heiß. 118 Das Phänomen kann auch umgewandt werden: die größere Quantität der Wärme kann zur größeren Intensität des Lichts führen, vgl.: Der Ofen erglühte sich rot. Es muß auch auf das Verb glühen aufmerksam gemacht werden. Dieses Verb gehört, dank der engen Verbindung der Intensität des Lichts und der Quantität der Wärme, in zwei Kontexte: scheinenstrahlenglühen brennenglühen Das Eisen im Hochofen glühte. Das Lagerfeuer glühte. ohne nähere Bestimmung kann nicht unterschieden werden, in welchem der zwei Beispiele sich um das Licht und in welchem um die Wärme handelt. Ein anderes klares Beispiel der engen Verbindung der Intensität des Lichts und der Quantität der Wärme ist das Substantiv die Glühbirne 115 Die größere Quantität (Menge) des Lichts, das nicht intensiv (schwach) wäre, würde nicht zur größeren Quantität der Wärme führen. 116 Die Tatsache hat ihren Ursprung in den physikalischen Gesetzen: durch die Wärme entsteht das Licht und umgekehrt (das Licht der Sonne enthält den infraroten Teil) 117 Das dieser Zusammenhang auch den Bestandteil der Sprache bildet, beweisen die folgenden Beispielsätze: Die Sonne wärmt. Die Sonne brennt. Die Sonne sengt. Für den Beweis kann auch das Zeitwort glühen genommen werden, das zwei Bedeutungen ausdrücken kann, und zwar die der Wärmte und die des Lichts. Vgl. auch weiter. 118 Man kann auch auf folgende Aussage stoßen – Die Leuchtstofflampen überfluteten die Halle mit kaltem Licht. – Hier wird jedoch nicht von der Wärme gesprochen, sondern davon, wie man das Licht empfindet. 143 – geht es hier um ein Glied der Verbreihe scheinen oder brennen, dank dem das Licht ensteht? Ich würde es in die Reihe „scheinen“ einordnen, weil die primäre Funktion der Glühbirne (älter die Glasbirne) zu scheinen ist, die Wärme ist sekundär. Das Wort glühen heißt entweder mit oder ohne die Flamme brennen. Früher bedeutete es sowohl zu brennen, als auch zu scheinen, die Grundbedeutung ist jedoch zu scheinen, hell sein, gleißen, durchleuchten. 5 Die Applikation der in dieser Arbeit beschriebenen Tatsachen auf die Praxis Es ist natürlich höchst schwierig zu prophezeien, in welchen Bereichen der menschlichen Tätigkeit die in dieser Dissertation gewonnenen Erkenntnisse gebraucht werden könnten. Während es noch in den Naturwissenschaften noch mindestens teilweise vorhersagbar ist (auch wenn hier die Erkenntnisse oft erst nach langen Jahren ihre Anwendung finden), ist es im Bereich der humanistischen Wissenschaften oft unmöglich. So ist es auch mit den Erkenntnissen, die auf dem Feld der Linguistik gewonnen worden sind. Die sind höchst theoretisch und abstrakt und ihre konkrete, theoretische Anwendung ist unabsehbar. Trotzdem haben alle Bereiche der Linguistik ihre unersetzliche Stelle in der Mosaik der menschlichen Erkenntnis. Trotz der Schwierigkeit, die konkrete Anwendung der so abstrakten Erkenntisse abzuschätzen, wie sie in meiner Arbeit zu finden sind, möchte ich versuchen in großen Zügen zu schildern, in welchen Bereichen der menschlichen Tätigkeit meine Arbeit anwendbar sein könnte: 1. die Kybernetik - die künstliche Intelligenz – damit wird die selbstständige Sprachfähigkeit und Denkfähigkeit des Computers gemeint. a) Die Sprachfähigkeit der Computer – was heißt das eigentlich, eine Sprache zu beherrschen? Ein bißchen vereinfacht kann gesagt werden – die Bedeutungen der Wörter und die Art und Weise der Zusammenhänge zwischen den einzelnen Bedeutungen zu kennen. 144 Das alles gebrauchen wir sozusagen automatisch, ohne sich die Vorgänge beim Sprechen und Äußern unserer Gedanken zu vergegenwärtigen. Bei den Computern ist das anders – der soll immer bewußt bei der Äußerung eines Gedankens von einer breiten Klasse der Ausdrücke wählen – und zwar aufgrund der Bedeutung und des Zusammenhangs zu den andereren Ausdrücken in der Äußerung. Dazu braucht er notwendig eine möglichst präzise Analyse der Bedeutungen der einzelnen Ausdrücke und der Verhältnisse unter ihnen. Und hier könnte meine Arbeit die Rolle eines kleinen Steinchens in der Mosaik spielen, weil sie eines der zahlreichen Seme – das Sem der Quantität - analysiert. b) Die Denkfähigkeit der Computer – es ist natürlich nicht möglich, den Computer denken zu lehren. Was aber möglich ist, ihm die Struktur der Sprache, die Natur der Zusammenhänge in der Sprache vorzulegen. Weil die Sprache mit dem Denken eine untrennbar verbundene Sache bildet, ist es mindestens teilweise möglich, mittels der Sprache dem Computer die groben Züge des menschlichen Denkens vorzulegen. Hier könnte meine Arbeit wieder die Rolle eines kleinen Steinchens spielen – hier werden die Zusammenhänge zwischen der Quantität und den anderen Phänomenen untersucht – der Intensität, der Qualität und der Extension, un d diese Zusammenhänge spiegeln ziemlich treu dieselben Zusammenhänge im menschlichen Denken und in der realen Welt ab. Aufgrund der Sprache könnte man also dem Computer mindestens teilweise das menschliche Denken vermitteln. 2. Die Didaktik – und zwar in der Didaktik der fremden Sprachen (in diesem Fall der deutschen Sprache) und der Philosophie a) In der Didaktik der fremden Sprachen – konkret handelt es sich um das Kapitel Wortarten, die signalisieren, daß im Satz ein Verb steht, das die Quantität ausdrückt. Hier werden die semantischen Verhältnisse zwischen dem Verb und den einzelnen Satzgliedern dargestellt, die schon jetzt häufig bei der Schaffung der sog. Lückentexte oder Ergänzungsübungen gebraucht Lückentext könnte dann folgendermaßen aussehen: 145 werden. Der Eine riesengroße Masse des Wassers …….durch das Flußbett. ( z.B. fluten) Der Adler ……. bedächtig unter den Wolken. ( z.B. segeln) Die Sonne …… das Wasser. ( z.B. erwärmen) Der Wind …… den Zweig ... ( z.B. abbrechen) Paul ……. das Papier in zahlreiche Stücke. ( z.B. zerfetzen) b) In der Didaktik der Philosophie – in meiner Arbeit werden auch die elementaren philosophischen Begriffe definiert – die Quantität, die Qualität, die Intensität, die Extension und teilweise auch die Intension. Dazu werden zahlreiche Beispiele aus der alltäglichen Sprache angeführt. Diese können im Philosophieunterricht z u deren Erklärung und Demonstration gebraucht werden. Nützlich für den Philosophieunterricht kann auch die in dieser Arbeit angedeutete Beziehung zwischen der Sprache und dem Denken sein. 3. Die Psychologie – die Psychologie befaßt sich mit der Psychik und dem Denken eines Menschen. Wie ich schon mehrmals erwähnt habe, hängt die Sprache sehr eng mit der Weise des menschlichen Denkens zusammen. Aufgrund der skizzierten Verhältnisse könnte man auf die Logik des menschlichen Denkens urteilen. Dazu bin ich jedoch mit meiner Arbeit nur halbwegs steckengeblieben. Um aufgrund der Sprache das menschliche Denken präzis untersuchen zu können, müßte ich die deutsche Sprache mit einer anderen, nicht indoeuropäischen Sprache konfrontieren (z.B. einer indianischen oder afrikanischen Sprache – siehe die Whorf – Sapir Theorie). Doch könnte meine Arbeit wieder die Rolle eines Steinchens in der Untersuchung des menschlichen Denkens spielen. Das Schlußresultat der ganzen Erforschung könnte eine bessere Voraussehbarkeit des menschlichen Benehmens sein. 4. Überall, wo man sich präzis ausdrücken muß. Dazu dienen v.a. die Kapitel Antonymie und die Verbreihen, Die Synonymie und die Verbreihen, Stil und Kontext und eigentlich die ganze Arbeit, weil hier oft die Verbbedeutungen ziemlich präzis analysiert werden. Die Arbeit zeigt oft die Verschiedenheit der einzelnen Ausdrücke – und 146 das kann im alltäglichen menschlichen Sprachverkehr wichtig sein (z.B. in der Justiz oder Diplomatie, wichtig ist jedoch auch das Kapitel Stil und Kontext – und zwar für die Stilistik). 147 Schlußwort In meiner gerade beendeten Dissertation habe ich mich mit der Wortbedeutung befaßt – das Thema gehört also in den Bereich der Semantik. Meiner Meinung nach wird es sich in der sehr nahen Zukunft um einen sich sehr dynamisch entwickelnden Zweig der Sprachwissenschaft handeln – der Grund für diese Behauptung liegt in der sehr rasch fortschreitenden Computerlinguistik, in deren Kraft auch solche Tatsachen liegen wie die künstliche Intelligenz oder die maschinelle Übersetzung. Das alles fordert eine detaillierte Forschung der Wortbedeutung auf, das alles deutet an, daß der Forschung in diesem Zweig der Linguistik viel mehr Kräfte gewidmet werden müssen. Die sehr enge Spezialisierung und der relativ große Umfang dieser Arbeit ist ein weiteres Merkmal, das andeutet, wieviel Arbeit auf diesem Feld noch zu machen ist – das Sem der Quantität in der Bedeutung des deutschen Verbs stellt nur den sprichwörtlichen Tropfen im Meer dar – zu bearbeiten ist die ganze Bedeutung aller Wortarten mindestens der größten Sprachen. Die oben behandelte Problematik spricht noch von etwas anderem – von dem Wert dieser Arbeit. Meine Dissertation muß zum Bestandteil eines viel größeren Komplexes werden, isoliert hat sie fast keinen Wert. Dazu ist sie zu spezialisiert, dazu widmet sie sich einen zu engem Ausschnitt der Tatsache. Die Weise, wie ich das Thema behandelt habe, ist natürlich nicht vollkommen. Die Sprache ist ein zu kompliziertes Werkzeug, um alle passenden Beispiele zu finden. Daher ist es nicht nur möglich, sondern auch höchstwahrscheinlich, daß es Aspekte gibt, die ich in meine Arbeit nicht einbezogen habe. Was noch ein gewisser Nachteil ist, ist die nicht hinreichende Konfrontation des Deutschen mit mindestens einer, besser jedoch mit mehreren, wenn möglich nicht eng verwandten Sprachen. Das würde eine Verallgemeinerung der 148 Schlüsse und auch die Benutzung der Schlüsse bei der Konstruktion der Übersetzungsprogramme ermöglichen. 149 Resumé in het Nederlands De kwantiteit (de hoeveelheid, de maat, vraag – hoeveel?) is een fenomeen dat de mens overat tegenkomt. Het feit dat vele dingen en ook abstracte feiten (bijv. de tijd) gemeten kunnen worden spiegelt zich ook in het menselijke denken weer – en omdat het menselijke denken en de taal twee kanten van hetzelfde fenomeen vormen, kunnen ook in de taal vele middelen gevonden worden hoe de kwantiteit kan uitgedrukt worden. Uiteraard kunnen bijna alle woordsoorten de kwantiteit (en ook kwaliteit, intensiteit en extensie) uitdrukken. Ik heb er echter maar één van hun gekozen – het (Duitse) werkwoord. De taal die ik voor mijn beschrijving heb gekozen is het Duits. Dat betekent niet dat ik andere talen voor de vergelijking niet gebruik – van tijd tot tijd vergelijk ik het Duits met het Nederlands als een verwandte Germaanse taal, met het Tsjechisch als een Slavische taal en met het Japans als een niet Indo-europese taal. De gebruikte middelen zijn natuurlijk anders – terwijl het Nederlands analoog is, staat het Tsjechisch al verder en de Japanse middelen zijn met de Duitse helemaal niet te vergelijken. Voor het Duitse werkwoord staan een heleboel middelen ter beschikking – onder morfologische zijn er prefixen (an-, auf-, be-, durch-, ein-, ent-, er-, ver-, zer-), onder de syntactische zijn er verscheidene constructies en ook de passief te vinden. In het geval van de voorvoegsels zijn de relaties heel interessant – de synonymie en de antonymie, d.w.z.. hoe een prefix een ander kan vervangen of hoe de prefixen wat de betekenis betreft tegenover elkaar staan. Heel interessant en van belang zijn ook de relaties die om de seem van de kwantiteit zijn te vinden. Zo moet men over de betekenis van het begrip antonymie in het geval van zulke paren zoals naschen en gierig essen nadenken – d.t.w. zulke vraag stellen – zijn zulke woorden die weliswaar aan tegengestelde kanten van een kwantiteitscala staan, toch wat de betekenis betreft niet precies 150 tegengesteld zijn, nog als antoniemen te beschouwen? Als wij daarmee instemmen, wat voor een soort antoniemen zijn dat? In de taal zijn ook zulke uitdrukkingen te vinden die meerdere betekenissen hebben. Dat heeft ook invloed op de bekwaamheid van het werkwoord kwantiteit uit te drukken – één van de betekenissen kan de kwantiteit uitdrukken, de andere echter niet – bijv. het Duitse scheren is een van zulke werkwoorden. De stijgende of dalende kwantiteit zegt ook iets over de oorzaak van het stijgen (evt. dalen). Die kan als kwantiteit of intensiteit beschreven worden. Een voorbeeld zijn de werkwoorden trinken en essen. Een belangrijk deel van mijn scriptie zijn ook de hoofdstukken die over andere fenomenen gaan die de wereld beschrijven – de intensiteit, kwaliteit en de extensie. Deze begrippen staan natuurlijk naast elkaar, toch staan zij in een nauw verband met de kwantiteit (en met elkaar). Zo vinden wij in de taal de relatie werkwoord – adjectief (kwantiteit – kwaliteit), kwantiteit en intensiteit (de Duitse werkwoorden arbeiten of fließen→fluten) en extensie en kwantiteit (de werkwoorden verbreiten of knallen). Ook de relativiteit van de relatie tussen de intensiteit en kwantiteit mag niet vergeten worden. Heel interessant is ook de relatie tussen de intensiteit en de kwaliteit – hierbij moet men zich afvragen of met de termijn de kwaliteit alleen de eigenschappen van statische of ook dynamische objecten kunnen worden beschreven. Mijns inziens zouden met de term kwaliteit alleen statische objecten beschrijven worden. Anders zou het begrip intensiteit als een hyponiem van kwaliteit beschouwd kunnen worden. En de betekenis van dit werk? Nietzo groot als het geïsoleerd staat. In het heden en de nabije toekomst zal de wetenschap van de betekenis een grote rol spelen – de reden daarvoor is de poging computers te leren spreken en denken. Dan kan mijn scriptie een steentje bijdragen. 151 Résumé in English The quantity (amount, extent, question – how many/much?) is a phenomenon which acoompanies the whole life of man. The fact that many things and abstract facts (for example time) can be measured is reflected in human thinking – and because human thinking and the language are two sides of the same phenomenon, there are many tools to be found in the language which are used to express the quantity. Of course all word classes are nearly able to express quantity (and as well the quality, intensity and extensity). I have chosen only one of them – the (German) verb. The object of my research is German. Beside German I use another languages, too – for the sake of confrontation. Now and again I compare German with Dutch as a related German language, witch Czech as a Slavonic language and with Japanese as a not Indo European language. The used tools are naturally different – while Dutch is similar, stands Czech already further and the Japanese tools cannot be compared with the English at all. The German verb can use many tools to express the quantity – among morphological ones; there can be found prefixes (an-, auf-, be-, durch-, ein-, ent-, er-, ver-, zer-), among the syntactic tools various contructions and the passive. In case of the prefixes, the relations are very interesting – the synonymy and the antonymy, i.e. how can a prefix replace another one or how the prefixes stand against each other (concerning the meaning). Very interesting and also important are the relations around the sememe of quantity. We must here reconsider the meaning of the term antonymy in the case of such couples like naschen and gierig essen – i.e. ask such a question – can be such couples considered antonyms because of the simple fact they stand on the opposite poles of the quantity-scale? When we agree, what sort of antonyms are they? 152 In language there can be found also such expressions which have more than one meaning. This has also influence on the ability of the verb to express quality – one of the meanings is able to express quantity, the other is not – the German verb scheren belongs among such verbs. Interesting is also the exploration of the background of modified quantity – for example the modified quantity (or intensity) of the verbs trinken and essen. An important part of my thesis are also the chapters over other phenomenons – the intensity, quality and extensity. These terms stand naturally beside each other, they stand very close to the term quantity after all (and to each other). Thus, in language there can be found the relations such as verb – adjective (quantity – quality), quantity and intensity (the German verbs arbeiten or fließen→fluten) and extensity and quantity (the verbs verbreiten or knallen). Forgotten may not be the relation between the intensity and the quantity (for example the verb arbeiten). Very interesting is also the relation between the intensity and the quality – here we must speculate if the term qaulity may be used only to denote qualities of static objects or also of dynamic ones. In my conception the term quality can be used only in the case of static objects. Otherwise the term intensity would stand in the function of a hyponym of the term quality. And the importance of this thesis? Not very big when it remains isolated. In present and near future, the science over the meaning play will a big role – the reason is the endeavour to teach computers speak and think. Then, my thesis can bring a small stone to the mosaic. 153 Literaturverzeichnis Braune, Wilhelm: Althochdeutsche Grammatik, Max Niemeyer, Halle, 1955 Černý, Jiří: Dějiny lingvistiky, Votobia, Olomouc, 1996 Duden Band 10, Bedeutungswörterbuch, Dudenverlag, Mannheim, 1985 Dudengrammatik der deutschen Sprache, Dudenverlag, Mannheim, 1998 Erben, Johannes: Abriß der deutschen Grammatik, Akademieverlag, Berlin, 1965 Erhart, Adolf: Základy obecné jazykovědy, SPN, Praha, 1965 Das Herkunftswörterbuch, Dudenverlag, Mannheim, 1997 Helbig/Buscha: Deutsche Grammatik, Langescheidt, Leipzig, 1991 Jackendoff, Ray S.:Semantic structures, MIT Press, Cambridge (MA), 1990 Klimeš, Lumír: Slovník cizích slov, Státní pedagogické nakladatelství, Praha, 1995 Kluge, Friedrich: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Walter de Gruyter & Co., Berlin, 1934 Linke, Angelika; Nussbaumer, Markus; Portmann, Paul R.: Studienbuch Linguistik, Max Niemeyer Verlag, Tübingen, 1996 Mey, Jacob L.: Pragmatics: an introduction, Blackwell, Oxford, 1993 Michels, Victor: Mittelhochdeutsches Elementarbuch, Carl Winters Universitätsbuchhandlung, Heidelberg, 1912 Schmidt, Heinrich: Philosophisches Wörterbuch, Stuttgart, 1965 Sinn- und sachverwandte Wörter, Dudenverlag, Mannheim, 1997 Spillmann, Hans Otto: Einführung in die germanistische Linguistik, Langescheidt, Berlin, 2000 Wahrig deutsches Wörterbuch, Bertelmann Lexikon Verlag GMBH, Gütersloh, 1997 Weinrich, Harald: Textgrammatik der deutschen Sprac he, Dudenverlag, Mannheim, 1993 154 Internetquellen http://de.wikipedia.org/wiki/Synonymie http://de.wikipedia.org/wiki/Antonymie http://de.wikipedia.org/wiki/Qualit%C3%A4t http://de.wikipedia.org/wiki/Quantit%C3%A4t http://de.wikipedia.org/wiki/Intensit%C3%A4t http://de.wikipedia.org/wiki/Extension Encyklopedie Universum A–Z na CD-ROM Encyklopedie Diderot 2001 na CD-ROM 155 Inhalt Einleitung……………………………………………………………….4 1 Die Definition der Quantität .............................................................. 7 1.1 Der Begriff der Quantität in der Sprachwissenschaft ............ 7 1.2 Das Verb und die Ausdrückung der Quantität ...................... 11 1.3 Verben, deren Quantität nicht gesteigert werden kann ....... 15 2 Die Mittel, die das deutsche Verb benutzt, um die Quantität auszudrücken.............................................................................................. 18 2.1 Die Präfixe ................................................................................. 19 2.1.1 Das Präfix an- .................................................................... 24 2.1.2 Das Präfix ab ...................................................................... 26 2.1.3 Das Präfix aus .................................................................... 29 2.1.4 Das Präfix be ...................................................................... 33 2.1.5 Das Präfix durch ................................................................ 37 2.1.6 Das Präfix ein .................................................................... 41 2.1.7 Das Präfix ent .................................................................... 45 2.1.8 Das Präfix er ...................................................................... 50 2.1.9 Das Präfix ver .................................................................... 57 2.1.10 Das Präfix zer .................................................................... 61 2.2 Die Suffixe –eln, -ern ............................................................... 65 2.3 Die syntaktischen Mittel .......................................................... 69 3 Die Bedeutungsverhältnisse um das Sem der Quantität .............. 76 3.1 Die Synonymie und die Verbreihe ......................................... 76 3.2 Antonymie und die Verbreihen ............................................... 81 3.3 Die die modifizierte Quantität ausdrückenden Verben und die mit ihnen zusammenhängenden Substantive .............................. 87 3.4 Die übertragene Bedeutung des Verbs ................................... 90 3.5 Die Polysemie/Homonymie und die Fähigkeit, die Quantität auszudrücken.......................................................................................... 98 3.6 Indirekt ausgedrückte Bedeutungen ..................................... 101 3.7 Stil und Kontext ...................................................................... 105 3.8 Die Relativität der durch die steigende Intensität ausgedrückten Quantität ..................................................................... 109 3.9 Wortarten, die signalisieren, daß im Satz ein Verb steht, das die Quantität ausdrückt ...................................................................... 113 4 Andere Phänomene, durch die die Sachverhalte beschrieben werden (die Qualität, die Intensität, die Extensität) und ihr Zusammenhang zu der Quantität .......................................................... 119 4.1 Die Qualität .............................................................................. 119 4.1.1 Die Definition .................................................................. 119 4.1.2 Die Quantität und die sich davon ergebende veränderte Qualität 124 (Der Zusammenhang das Verb – das Adjektiv) .......................... 124 4.2 Die Extension ........................................................................... 128 4.2.1 Die Definition .................................................................. 128 4.2.2 Das Verb und die Ausdrückung der Extension ........... 133 4.3 Verben, die zugleich modifizierte Quantität und Intensität ausdrücken ............................................................................................ 141 156 5 Die Applikation der in dieser Arbeit beschriebenen Tatsachen auf die Praxis ........................................................................................... 144 Schlußwort ............................................................................................... 148 Resumé in her Nederlands………………………………………………..150 Résumé in English…………………………………………………...152 Literaturverzeichnis………………………………………………….154 Inhalt………………………………………………………………….156 157