Die Vogelgrippe erreicht Deutschland

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Die Vogelgrippe erreicht Deutschland
Informationen für Kunden unserer Praxis
von F. Lausberg
Was ist Vogelgrippe?
Die Vogelgrippe (Hühnerpest / Geflügelpest) ist eine Viruserkrankung. Der Virus ist ein RNAVirus der Familie der Influenza(Grippe-)viren. Diese Viren zeichnet aus, daß ihre
Oberflächeneiweiße (Strukturen auf der Virushülle) ständiger Änderung unterliegen. So können
immer wieder neue Subtypen entstehen. Dabei bleibt die eigentliche Krankheit, die durch das
Virus ausgelöst wird (Grippe) die Gleiche. Die Änderung der Oberflächeneiweiße bewirkt aber,
daß die Viren
1. immer neue Voraussetzungen bekommen, um Zellen anzugreifen. Bspw. können Viren vom
Influenza-Typ A H5N1/Asia, der uns z.Zt. beschäftigt, sowohl Vögel als auch Säugetiere und
Menschen und nicht nur Zellen des Atmungsapparates sondern auch des Verdauungsapparates
befallen.
2. bewirkt die Strukturänderung an der Oberfläche, daß die Viren für das Abwehrsystem eines
Organismus immer neu "aussehen", so daß sich keine dauerhafte Immunität gegen alle
Grippeviren aufbauen kann und Impfstoffe immer neu entwickelt werden müssen und nur recht
kurzfristig wirken. Dennoch sind die Grippeviren meist auf einen Zelltyp spezialisiert (A H5N1
bspw. auf die Schleimhautzellen der Luftwege von Hühnervögeln), d.h., hier funktioniert ihr
Angriff am besten. Dies wiederum bedeutet, es braucht wenig Viren für einen erfolgreichen
Angriff, es werden schnell viele Zellen befallen, die Krankheit verläuft schwer und schnell, die
Virenvermehrung im Organismus verläuft schnell und es werden viele neue Viren
ausgeschieden. Bei anderen Zellen klappt der Angriff aufgrund der Spezialisierung weniger gut
(bspw. A H5N1 bei menschlichen Zellen), ist aber möglich. Es braucht dafür sehr viele Viren,
weil den meisten der Angriff mißlingt. Kommen aber von sehr vielen Viren einige wenige in die
Zellen, kann Virusvermehrung stattfinden und eine Erkrankung ausbrechen. Man kann sich das
vielleicht besser vorstellen, wenn man folgendes Bild benutzt: Ein Taucher mit Harpune und
Schwimmflossen geht im Wald jagen. Sicherlich wird er nur schwer Beute machen, obwohl er im
Meer immer sehr erfolgreich jagt. Schickt man aber 10.000 Taucher mit Harpune in den Wald,
wird evtl. irgendeinem mal ein Tier vor die "Flinte" laufen und dann wird er es verletzen oder
töten können.
Die Virusvermehrung und Ausscheidung beim Fehlwirt reicht in der Regel nicht aus, um einen
weiteren Organismus der gleichen Art zu infizieren. Daher funktioniert die Übertragung der
Vogelgrippe von Mensch zu Mensch (= horizontale Übertragung) nicht. Allerdings muß man
leider sagen: noch nicht. Denn die Influenzaviren haben einen weitere Besonderheit: Aufgrund
einer speziellen Vermehrung ihres Genoms im Zellkern der Wirtszelle können zwei
unterschiedliche Typen von Influenzaviren ihre Gene, die die Oberflächeneiweiße verschlüsseln,
im Zellkern mischen, wenn sie zufällig den gleichen Organismus zur gleichen Zeit befallen
haben. Dies bedeutet für den Vogelgrippevirus des Virustyps A H5N1/Asia, der sehr pathogen
("krankmachend") ist und eine hohe Sterblichkeitsrate bei infizierten Organismen aufweist, daß
er sich in einen Virus verwandeln könnte, der auch leicht von Mensch zu Mensch übertragbar
wäre, wenn ein Mensch gleichzeitig an Vogelgrippe und an Menschengrippe erkranken würde.
Ferner ist die Übertragung dieses Virus zumindest bei einem Fehlwirt mittlerweile möglich (s.u.).
Erfreulicherweise hat der Virus aber auch Schwächen. Er ist mit den handelsüblichen
Flächendesinfektionsmittel zerstörbar und ist sehr labil gegen UV-Licht (Sonne) und Hitze.
Bspw. reicht eine Hitzeeinwirkung von 70°C über ein paar Sekunden aus, um den Erreger
abzutöten. Bei Umgebungstemperaturen zwischen 15-20°C überlebt der Erreger nur wenige
Tage. Deshalb tritt die Grippe hauptsächlich in der kalten Jahreszeit auf und ferner kann man
sich deswegen nicht mit Geflügelprodukten infizieren, die erhitzt/gekocht gegessen werden. Der
Virus A H5N1asia weist allerdings eine Entwicklung hin zum widerstandsfähigeren Virus auf, da
er auch recht hohe Körpertemperaturen aushält (Fieber bis 44°C beim Geflügel) sowie in der
Lage zu sein scheint, im Eis zu überwintern. Ferner überlebt er im Gegensatz zu anderen
Influenzaviren einen saureren pH-Wert, wie er im Verdauungstrakt vorliegt, so daß man sich
auch durch den Verzehr von infiziertem Material anstecken kann und der Virus auch über den
Kot ausgeschieden wird. Üblicherweise befallen Grippeviren nur den Atmungstrakt und werden
über abgehustete/ ausgenieste Schleimpartikel (Aerosole) übertragen. Infektionsmaterial bei der
Vogelgrippe A H5N1Asia ist somit Kot infizierter Tiere, Schnabelsekret/ Speichel infizierter Tiere
sowie abgehustetes und ausgeniestes Material aber auch rohverzehrte Nahrungsmittel von
infizierten Tieren (Eier/Geflügelfleisch). Zu beachten ist auch, daß in unmittelbarer Nähe zu
infizierten und/oder an Vogelgrippe verstorbenen Tieren unsichtbares infiziertes Material
(Kotstaub, ausgenieste/ abgehustete Aerosole) eingeatmet werden können!
Vogelgrippe bei Vögeln:
Infizieren kann sich grundsätzlich jeder Vogel mit Influenza A H5N1/Asia, jedoch erkranken nicht
alle Vögel schwer! Sehr krank werden v.a. Hühner und Puten, sie sterben nahezu zu 100 %,
Schwäne erkranken ebenfalls schwer, anderes Wassergeflügel erkrankt oft nur leicht, scheidet
aber sehr lange Viren aus und verbreitet so die Krankheit. Nur so ist ja zu erklären, daß
Zugvögel das Virus in andere Länder einschleppen, denn wären sie sehr krank, könnten sie
keine weiten Strecken zurücklegen. Es gibt einige Vogelarten, die kaum empfänglich für das
Virus scheinen, hierzu gehören auch unsere Stadttauben und Singvögel. Aber auch bei diesen
Arten gibt es mittlerweile Ausnahmen von der Regel. Es muß z.Zt. bei jedem toten Vogel, der
aufgefunden wird, eine mögliche Infektion mit Influenza A H5N1 einkalkuliert werden, ganz
besonders gilt dies für Wassergeflügel und in zunehmenden Masse auch für Greifvögel.
Die Zeitspanne von der Ansteckung mit dem aviären Influenzavirus bis zum Ausbruch der
Krankheit (Inkubationszeit) beträgt bei Vögeln Stunden bis wenige Tage. Die Erkrankung mit
offensichtlichen Anzeichen dauert in der Herde etwa eine Woche, allerdings kann das Virus von
überlebenden Tieren bis zu 30 Tage lang ausgeschieden werden. Die Tiere sind apathisch,
haben ein stumpfes, gesträubtes Federkleid, hohes Fieber und verweigern Futter und Wasser.
Manche zeigen Atemnot, Niesen und haben Ausfluss aus Augen und Schnabel. Es kommt zu
wässrig-schleimigem, grünlichem Durchfall und manchmal zu zentralnervösen Störungen
(abnorme Kopfhaltung). Am Kopf können Wassereinlagerungen (Ödeme) auftreten,
Kopfanhänge und Füße können sich durch Blutstauung oder Unterhautblutungen blaurot
verfärben. Die Legeleistung setzt aus, die noch gelegten Eier haben dünne und verformte
Eierschalen oder die Kalkschale fehlt völlig (Windeier).
Ein toter oder schwer kranker Wildvogel sollte unter keinen Umständen mit bloßen Händen
angefaßt werden. Kleinere Vögel (Singvögel) können mit Einweghandschuhen in Plastiktüten
verpackt und zum zuständigen Veterinäramt verbracht werden. Größere Vögel sollten
weiträumig umgangen werden, der Fund muß dem Veterinäramt gemeldet werden. Für die Stadt
Köln: Veterinäramt Köln, Liebigstraße 120 (K-Nippes), Tel.: 0221-221-262-80.
Hühner und anderes Nutzgeflügel müssen z.Zt. aufgestallt werden, d.h., mindestens in einem
überdachten, eingezäunten, geschlossenen Raum untergebracht sein. Ferner muß der Bestand
an Nutzgeflügel dem Veterinäramt gemeldet werden. Für die Aufstallungspflicht gibt es in
Ausnahmefällen Befreiung, dies muß vom jeweiligen Veterinäramt entschieden werden.
Vogelgrippe bei Katzen:
Eine Infektion bei Katzen ist leichter möglich als beim Mensch. Da eine Katze jedoch ein
Fehlwirt für den Erreger ist, müssen von der Katze größere Mengen von Virusmaterial
aufgenommen werden als von Vögeln, damit eine Infektion stattfinden kann. Die Katze muß
einen infizierten Vogel fressen oder bspw. massiv mit infiziertem Vogelkot verschmutzt sein und
diesen dann im Rahmen der Katzenwäsche durch Ablecken des Fells aufnehmen. Katzen
erkranken u.U. schwer. Typische Symptome sind hohes Fieber, Abgeschlagenheit, Inappetenz,
Bindehautentzündung, Nickhautvorfall und Lungenentzündung. Diese Krankheitssymptome
kommen ebenso bei vielen anderen Infektionskrankheiten der Katze vor. Der Erreger wird mit
Speichel, Tränenflüssigkeit, Nasen- und Trachealsekret, sowie mit dem Kot ausgeschieden.
Eine Übertragung von Katze zu Katze ist bei sehr intensiver Katzenhaltung (Tierheim/
Katzenpension etc.), wo viele Katzen auf engem Raum gehalten werden, möglich. Die VirusAusscheidung bei erkrankten Katzen ist aber offensichtlich zu gering, um Menschen zu
infizieren. Gefährdet sind wahrscheinlich hierfür nur immungeschwächte Menschen. Dennoch
sollte man intensiven körperlichen Kontakt zu erkrankten Katzen vermeiden. Es liegt bei
Erkrankung einer Katze jedoch in der Regel kein Grund vor, der berechtigt, das Tier abzugeben
oder zu euthanasieren! Eine an Vogelgrippe erkrankte Katze kann und muß tierärztlich
behandelt werden. Katzen müssen in Sperrzonen (bestimmt das Veterinäramt; in der Regel ca.
10 km im Umkreis des Fundortes eines Vogels, bei dem Influenza A H5N1/Asia nachgewiesen
wurde), UND NUR DORT, im Hause gehalten werden. Falls es in Köln zu Vogelgrippe-Fällen
und damit zur Erklärung von Sperrzonen kommt (die Wahrscheinlichkeit dafür ist allerdings
meiner Meinung nach recht hoch), ist dies ebenfalls kein berechtigter Grund, eine Katze ins
Tierheim zu bringen.
Jeder muß dazu beitragen, diese Krise zu überstehen, dazu gehört auch das Zusammenleben
mit einer jammernden und u.U. in die Wohnung urinierenden Katze für eine begrenzte Zeit. Das
Problem auf die Tierheime abzuschieben, halte ich persönlich für eine Unverschämtheit und
außerordentlich gemein der Katze gegenüber.
Vogelgrippe bei Hunden?
Hunde konnten bisher nur im Tierversuch mit Influenza A N5N1/Asia infiziert werden. Weltweit
ist bisher kein Fall bekannt geworden, bei dem ein Hund unter natürlichen Bedingungen an
Vogelgrippe erkrankt ist! Dennoch sollen Hunde, da potenziell für den Erreger empfänglich, in
Sperrzonen (10 km um den Fundort eines an Vogelgrippe verstorbenen Tieres; vom
Veterinäramt offiziell zur Sperrzone erklärt) an der Leine gehalten und von toten Vögeln
ferngehalten werden. Eine Übertragung von Hund auf Mensch ist nach derzeitigem
Wissensstand unmöglich!
Vogelgrippe bei weiteren Tierarten:
Es ist davon auszugehen, daß auch andere Säugetiere bereits für das Influenza A H5N1/AsiaVirus empfänglich sind, v.a. Kleinnager, Schweine und Wildkatzen und andere Fleischfresser. In
Asien sind bereits Fälle bei Wildkatzen in zoologischen Gärten bekannt geworden.
Vogelgrippe bei Menschen:
Infektion durch massiv virushaltiges Material von infizierten Vögeln (Kotpartikel,
Schnabelsekret, Körperflüssigkeiten, rohes Geflügelfleisch, rohe Eier), auch auf kontaminierten
Gegenständen/ Geräten/ Fahrzeugen/ Kleidung! Eine Infektion von Menschen durch
erkrankte Katzen ist bisher weltweit nicht bekannt geworden, ist aber nicht auszuschließen.
Eine Infektion von Menschen durch erkrankte Hunde ist nach derzeitigem Wissensstand
absolut auszuschließen. Dennoch ist es denkbar, daß Hunde oder Katzen infiziertes Material
von Vögeln (Kot/ Beutetier) in die Wohnung bringen. Gefährdet sind v.a. Menschen, die in
exponierten Berufen arbeiten (Geflügelzucht/-mast, Tierärzte, Personen, die tote Vögel
beseitigen oder sezieren sowie Kinder, alte und immungeschwächte Menschen.
Der Krankheitsverlauf beim Mensch:
Die ersten Symptome treten in der Regel zwei bis fünf, evtl. bis zu 14 Tagen nach Infektion auf.
Das klinische Bild ist gekennzeichnet durch schwere grippeähnliche Symptome wie hohes
Fieber, Husten, Atemnot und Halsschmerzen. In etwa der Hälfte der Fälle kommt es auch zu
Durchfall, seltener auch zu Bauchschmerzen und Erbrechen. Im weiteren Verlauf der
Erkrankung entwickelt sich meist eine Lungenentzündung, die zu Lungenversagen und Tod
führen kann. Etwa die Hälfte aller menschlichen Fälle mit Vogelgrippe verstarb an ihrer
Erkrankung.
Menschen können erfolgreich behandelt werden. Es gibt für Influenzaviren spezifische
Medikamente, die die Virusfreisetzung der in der Körperzelle vermehrten Viren aus ihrer
Wirtszelle hemmen können und somit den Krankheitsverlauf abschwächen
(Neuramidasehemmer wie bspw. Tamiflu).
Impfungen:
Impfstoffe gibt es für die Vogelgrippe nur für Vögel. Die Impfung ist aber in der Regel verboten.
Ausnahmeregeln für Zuchttiere und Zootiere werden z.Zt. diskutiert. Impfungen gegen
Vogelgrippe für Hunde und Katzen gibt es nicht. Für Menschen gibt es Impfungen gegen die
menschliche Influenza. Diese Impfung schützt zwar nicht gegen Vogelgrippe. Wegen der oben
beschriebenen Gefahr einer Vermischung der Virustypen bei gleichzeitiger Infektion mit
humaner und aviärer Grippe sowie der Immunschwäche im Zuge der menschlichen
Grippeerkrankung und Rekovaleszenzzeit und damit leichterer Anfälligkeit für ähnliche Infekte
(wie bspw. Vogelgrippe), ist die Impfung gegen Grippe für Menschen jedoch gerade jetzt sehr
ratsam!
Weitere Informationen:
Für weitere Fragen hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz eine Telefon-Hotline eingerichtet:
01805-768-555 (von 9.00-17.00 Uhr)
Ferner empfehlen wir folgende Links für weitere Informationen zur Vogelgrippe:
http://www.bmelv.de/cln_044/DE/00-Home/__Homepage__node.html__nnn=true
http://www.fli.bund.de/Aktuelle_Mitteilungen_aus_dem_NRL.471.0.html
http://www.who.int/csr/disease/avian_influenza/en/
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