1 Predigt von Bischof Gregor Maria Hanke OSB bei der Diakonenweihe am 27. Juni 2009 im Eichstätter Dom Liebe Mitbrüder, liebe Praktikumspfarrer, liebe Eltern und Angehörige der Weihekandidaten, verehrte Ehefrauen der beiden Kandidaten für den ständigen Diakonat, liebe Schwestern und Brüder, In der heutigen Liturgie darf ich vier Männern zu Diakonen weihen. Zwei verheiratete Weihekandidaten aus der Stadtpfarrei Hilpoltstein: Herrn Grünauer und Herrn Mildner erwartet das Bistum, die Ortskirche von Eichstätt, als ständige Diakone mit Zivilberuf. Für die beiden Kandidaten des Priesterseminars, Michael Alberter aus Aberzhausen, Pfarrei Laibstadt, und Laurent Koch aus der Pfarrei Deißlingen ist der Empfang der Diakonenweihe der entscheidende Schritt auf dem Weg zur Priesterweihe im kommenden Jahr. Das Amt des Diakons – Träger des Geistes Jesu Christi des Dieners Die Weihe des Diakons erfolgt durch die stille Handauflegung des Bischofs und durch das große Weihegebet, in dem der Bischof den Geist Gottes auf die Weihekandidaten herabfleht. Aber nicht den Hl. Geist ganz allgemein, wie ihn jeder Gläubige braucht. Der Hl. Geist wirkt ja in seiner Kirche vielfältige und besondere Gaben. Die Diakonenweihe verleiht dem Geweihten den Hl. Geist als jene Kraft des Dienens, die in Jesus Christus selbst wirksam war. Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu dienen. So sagt der Herr über sich. (Mt 20, 28; Mk 10, 45) Jesus Christus kam als Diener, als eigentlicher Diakon der Menschen. Aus der Fülle der Sendung Jesu repräsentiert der Dienst des Diakons das Amt des Dienens. Das Amt des Diakons soll die Gnade und Haltung des Dienens in der Kirche wach halten! Äußerlich sichtbar wird dieser Auftrag durch den Dienst des Diakons bei der Eucharistiefeier: Er assistiert dem Priester, er dient der Verkündigung und rüstet den Altar zu. Er unterstützt den Priester bei der Spendung von Sakramenten. Gemäß kirchlichem Brauch sind dem Diakon besonders Menschen am Rand aufgegeben. Er soll in der Haltung Jesu Christi des Dieners den Menschen begegnen. Liebe Weihekandidaten, Euere menschliche Existenz wird sakramental hineingenommen in die Existenzweise Christi des Dieners. Handlauflegung und Weihegebet geben Euch bleibend, auf immer Anteil an Christi Sendung zum Dienen. Die Theologie drückt das im Bild des Siegels aus: Euch wird durch die Weihe ein unauslöschliches Siegel eingeprägt. In einer schnelllebigen Zeit, in der sich menschliche Beziehungen und menschliche Lebensentwürfe oft nur noch auf sogenannte Lebensabschnitte erstrecken, ist es wichtig, den langen Atem Gottes hervorzuheben. Was heute an Euch geschieht, liebe Weihekandidaten, ist bleibend. Gottes Geist wirkt keine Unternehmung für Zeitarbeiter oder für Projektarbeiter. Konkret bedeutet dies: Die heutige Weihe stellt nicht den feierlichen Abschluss einer kirchlichen Weiterqualifizierungsphase für eine neue Aufgabe dar. Nein, Ihr, liebe Weihekandidaten, werdet als Diakone bleibend vom Geist Jesu des Dieners erfüllt. Christi Sendung, Diener zu sein, wird Teil Euerer menschlichen Existenz. In Euch und Euerem Leben soll man gleichsam eine Ikone Christi des Dieners der Menschen erkennen. 2 Die Nivellierung des Amtes nivelliert die Vielfalt der Geistesgaben Für manche Mitchristen unserer Tage ist die Vorstellung der Aussonderung des Geweihten zum amtlichen Werkzeug des Hl. Geistes in der Kirche nicht nachvollziehbar. Das moderne demokratische Bewusstsein setzt die Gleichberechtigung aller voraus und fordert auch in der Kirche die Legitimation der Verantwortungsträger von der Basis her statt Weihe von oben. Die hierarchische Verfassung der Kirche erscheint als verstaubtes Relikt einer vergangenen Zeit. Gleiches Recht für alle! Legitimation von unten! Diese Forderung ist nicht ganz neu. Die Reformatoren vertraten bereits die Ansicht, dass jedem Getauften die geistliche Fülle innewohnt und dass sich deshalb das sakramentale Amt erübrigt. Nur der äußeren Ordnung und Organisation wegen konzentriert, bündelt die Gemeinde nach reformatorischer Lehre ihre Kompetenz in einer Person und beauftragt diese, ihr Vorsteher zu sein. Der zum Leiten Bestellte übt lediglich eine von der Basis delegierte Funktion aus, aber sein Dienst bedeutet keine wesensmäßige Verschmelzung seiner Person mit der Sendung Christi. Es gehört wesentlich zum katholischen Amtsverständnis, wie wir es von den Anfängen, aus der Zeit der ungeteilten Kirche bewahrt haben und weitergegeben, dass der geweihte Amtsträger bleibend von jenem Geist von oben erfüllt ist, der vom Dienstamt Jesu Christi selbst herkommt. Das dreigestufte Amt hält die Sendung Christi in der Kirche lebendig. Es dient dazu, Charismen in der Kirche zu wecken und ihnen Raum zu garantieren. Laien und Amtsträger geben so Zeugnis für das Evangelium der Hoffnung und der Liebe, wie es Papst Benedikt einmal ausdrückte (8. Febr. 2007, An die Bischöfe der Fokolarbewegung). Wenn manche Kreise in unserer katholischen Kirche heute das Amt in der Kirche stattdessen basisdemokratisch legitimiert wissen möchten, wenn in der Feier der Liturgie der Dienst des Amtes durch Missbräuche relativiert wird, dann bedroht eine solche Gleichmacherei von unten letztlich die Vielfalt der Gnadengaben in der Kirche. Eine Relativierung des Amtes führt anstatt zur Vielfalt der Gnadengaben zur Monokultur. Dies hat Auswirkungen auf die Sakramentalität der Kirche. Das sakramentale Amt – Garant des vielfältigen Geistwirkens und der Einheit in der Kirche Der Glaube kommt doch vom Hören. (RömKat 875f.) Somit kann sich keiner das Wort Gottes selbst verkünden, keiner kann sich das Heilswirken Gottes selbst zusprechen. Die Sache Jesu ist kein Selbstbedienungsladen, sie ist Geschenk Gottes. Heil muss man sich sakramental immer neu von oben schenken lassen. Durch den Dienst des sakramentalen Amtes erfahren wir unverdient und unwiderruflich, dass Gottes Heilshandeln, dass die Kirche Geschenk Gottes für diese Welt ist. Wir brauchen die Gesandten. Nicht irgendwelche Gesandten, sondern die Gesandten an Christi statt, in denen Christus und seine Sendung, die verschiedenen Wesenszüge seiner Sendung sakramental gegenwärtig bleiben. Das Amt, das dreistufig ist in den Diensten und Gnadengaben des Diakons, Priesters und Bischofs, ist die sakramentale Erinnerung und Vergegenwärtigung, dass Gottes Geist auf vielfältige Weise in seiner Kirche das Heil wirkt. Es geht beim sakramentalen Amt um die Sendung Jesu, die in ihrer ganzen Breite und Tiefe in der Kirche, das heißt in den Herzen der Gläubigen lebendig sein soll. Das Amt ist in der Kirche Garant für den Reichtum des Gnadenwirkens. Gott betreibt durch die Ausgießung der Geistesgaben keine Monokultur, sondern fördert das Wachstum einer gnadenhaften Artenvielfalt, wie sie in der Sendung Jesu wurzelt. Die Vielfalt der Gaben im 3 dreigestuften Amt eröffnet die Vielfalt der Gaben in der Kirche. Zugleich bürgt das von Christus herkommende Amt dafür, dass die vielen Gaben des Geistes stets geeint bleiben in der Kirche. Sakramentales Amt bedeutet zudem eine Entlastung der Kirche, insofern diese immer auch sichtbare Gemeinschaft von endlichen und begrenzten Menschen ist. Das von Christus herkommende Amt schenkt der sichtbaren Kirche trotz ihrer Schwächen die Gewissheit, weit mehr zu sein als die Summe ihrer Glieder. Kirche ist die Summe des Geistwirkens. Liebe Weihekandidaten, die Gnadengabe des Diakonates ist Teil des Reichtums, den Gottes Geist in seiner Kirche wirkt. So dürfen wir die Verleihung des Diakonates an Euch als Zusage des Herrn begreifen: Die Sache Jesu geht weiter, nicht weil Menschen sie in die Hand genommen haben und sie zu managen verstehen, sondern weil der Herr seine umfassende Sendung vom Vater her auf sakramentale Weise fortleben lassen möchte. Auch der Geist Jesu des Dieners der Menschen bleibt lebendig. Stellt durch Eueren Dienst und Euer Leben bereiten Herzens Christus den Diener der Menschen dar. Weggefährte des dienenden Christus sein Liebe Weihekandidaten, Freut Euch über diese hohe Berufung, Weggefährten Jesu Christi des Dieners sein zu dürfen. Fürchtet Euch nicht vor Eueren eigenen Schwächen. Der Gerufene erfährt sich zwar immer auch begrenzt, aber die sakramentale Sendung entlastet. Gesandter Christi sein, heißt letztlich: Das tun und geben, was man von sich aus nicht tun und geben kann, sondern was von der Sendung Christi herkommt. Wir sind SEIN Werkzeug, nicht das Kunstwerk. Unsere armselige Liebe, unsere geringen Gaben bringen durch das Wirken des Geistes vielfältige Frucht. Im Falle der beiden verheirateten Weihekandidaten danke ich den Familien, besonders den Ehefrauen für die geistliche Weggemeinschaft mit ihren Männern. Durch Ihr Ja-Wort, liebe Ehefrauen, tragen Sie dazu bei, dass Ihre Männer Weggefährten des dienenden Christus sein können. Sie werden erfahren, die Erteilung des Weihesakramentes, die Indienstnahme der Ehemänner wird Ihr Miteinander verändern und wandeln. Nicht mehr nur sich gegenseitig gehören, sondern einem anderen, der nun gürtet und führt. Insofern scheint auch bei Euch eine Dimension des Verzichts um des Himmelreiches willen auf, wie sie im zölibatären Leben unserer beiden Priesterkandidaten noch radikaler präsent sein muss. Ohne diese Dimension kann man kein sakramentales Amt übernehmen. Mögen Sie als Eheleute, als Familie diesen Wandel als eine neue geistliche Fruchtbarkeit erfahren, auch wenn sie äußerlich immer auch als Verzicht und Einschränkung erfahrbar wird. Euch, liebe Priesteramtskandidaten, die Ihr in der Diakonatsweihe das zölibatäre Leben gelobt und im kommenden Jahr die Priesterweihe empfangen werdet, gebe ich zu bedenken, dass der Geist des Dienens, mit dem Ihr heute betraut werdet, durch die Priesterweihe nicht gelöscht, sondern bereichert wird. Übt Euch ein in die Haltung des Dienens, damit diese in Euerem priesterlichen Dienst gleichfalls spürbar bleibt. Meine lieben vier Weihekandidaten! Zunächst sollt Ihr Christus dienen, vor allem im Gebet, in der Liturgie, in einem ernsthaften geistlichen Leben, in dem ihr Euch von Christus dienen lasst. Ich lege Euch den regelmäßigen Empfang des Bußsakramentes ans Herz. Hier dient uns Christus auf besondere Weise. Mit Christus an der Seite seid Ihr befähigt, in seinem Geist den Menschen zu dienen. Amen.