Exzerpt H.Weder: „Die Menschwerdung Gottes (Joh6)“, ZThK 82/3

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Material von Markus Eisele
Rosenpark 14, 65795 Hattersheim, [email protected]
Exzerpt H.Weder: “Die Menschwerdung Gottes (Joh6)”, ZThK 82/3, 325-360
Gliederung
- VV1-15: Speisungsgeschichte (vgl. 1.1)
- VV16-21 der Seewandel
- VV 22-59 Überlegungsgänge, die sich an das Wunder anschließen
1. Überlegungsgang VV22-29 (vgl. 1.2)
2. Überlegungsgang VV 30-40 (vgl.1.3)
3. Überlegungsgang 40-51b (vgl. 1.4)
- Abschnitt über das Abendmahl (AM) VV51c-58 (vgl. 1.7)
- Abschluß V59
- Das harte Wort VV60-65 (vgl. 1.5)
- Das provozierte Bekenntnis VV66-71 (vgl. 1.6)
Drei Sprachebenen leicht zu unterscheiden:
Wundergeschichte: aus der Semeiaquelle (vorjoh. Tradition wie auch synopt. Tradition: Verbindung der zwei Wunder,
Wundergeschichte hat mit anderen joh. Wundern größere Konsistenz als zu den übrigen Teilen des JohEv, Verfahren eine
Wundergeschichte in mehreren dialogischen Überlegungsgängen zudeuten, ist typisch joh., das JohEv Wunder interpretiert die
Wunder als die zugrundeliegenden Geschichten, alle joh. Interpretationen sind konsistent
Offenbarungsrede
Abendmahl: ist
eigenständige
Textebene:
1.
Wundergeschichte-materielles
Brot
wird
ausgeteilt,
Offenbarungsrede-Indentifikation des Lebensbrotes mit Christus, Abendmahl-Person des Offenbarers wird ausgeteilt, 2.
Offenbarungsrede greift auf VV22-51b zurück, nicht aber auf 51c-58, 3. in Wunder und Brotrede Anspielungen auf AM, aber
51c-58 nicht aus Brotrede herleitbar, 4. drei Zeitebenen 1-15 er gab, 22-51b ich bin, 51c-58 ich werde geben, den drei
Zeitebenen entsprechen drei Reflexionsebenen: 1. Austeilen des Brotes als Messianität, 2. Beziehung zum gegenwärtigen
Christus als Empfang des ewigen Lebens 3. AM als Präsenz des rettenden Christus. Daraus folgt: Der Abschnitt über das AM
ist spätere Stufe.
Zwei Axiome werden in der Auslegung angewendet und geprüft:
1. Der Werdegang zeugt von einem fortschreitendem Reflexionsprozeß, dessen Ziel die inkarnatorische
Theologie ist.
2. Die treibende Kraft in der Entfaltungsbedürftigkeit ist der christliche Glaube selbst.
1 Auslegungsskizze
1.1
Die Mehrdeutigkeit des Zeichens (1-15)
Erzählsignale der Semeiaquelle:
1. Handlungsführung wird Jesus alleine überlassen. Das Semeion will auf nichts anderes als auf die lebensspendende Handlungsmacht Jesu hinweisen (Geschenkwunder: beseitigt Notlage und überhäuft mit Wohltaten, die überraschen derselbe Überraschungscharakter kommt auch Christus zu).
2. Das Wunder wird gesteigert (vgl. Joh 6,7; Mk 6,37; Joh 6,11). Steigerung hängt damit zusammen, daß den
Wundergeschichten ihre esch. Dimension verloren ging. Die Steigerungen stellen den Versuch dar, in den Taten Jesu die
vollendete Gegenwart Gottes zu sehen und zum Ausdruck zu bringen. Sie dienen dem christologischen Interesse. Sie erzeugen
nur selten Glauben beim Volk, erwecken nur den Glauben bei den Jüngern. Die Zeichen sind mehrdeutig.
3. Die Wundererzählungen sind Zeichen für die eschatologische Qualität Jesu.
Joh. Ergänzungen: 1. V4 Hinweis auf das Passa, 2. V15 die Kritik am Messianismus (grenzt ab gegen herkömmliche Messiaserwartungen, die Messiaserwartung muß sich durch Christus verwandeln lassen, Christus entzieht sich ihrer Vorstellungskraft und läßt sich nicht zum König machen)
Zwei Schritte: 1. Semeiaquelle versteht das Brotwunder als Zeichen der Messianität
2. Verfasser des JohEv überführte drohende Messianologie in Christologie.
1.2 Das Mißverständnis der Sättigung (22-29)
V26: Die Suche gilt dem, was das Geschehen darstellt, nicht dem, was es bedeutet. Joh kritisiert die
Reduktion auf das Vordergründige.
V27: Wie das Brot, so wird das Leben auf seinen weltlichen Aspekt beschränkt. Aber: Wer im
Brotwunder ein Semeion sieht, hat das bleibende Brot gesehen. Die bleibende Speise ist ein Brot, das
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Gemeinschaft mit Gott schafft. In ihm wird der Geber gegenwärtig. Das wahre Leben ist das Bleiben in
Gott.
V28f: Die Frage zielt auf eine werktätige Herstellung des Gottesverhältnisses. (Wer Gott in seinen Gaben
nicht zur Welt kommen läßt, muß ihn werktätig zur Welt bringen.)
Die Antwort zielt darauf, daß das Glaube ein von Gott durch im Menschen gewirktes Werk ist. (vgl. Das
Lachen ist als meine Tat das Werk eines Witzes.)
1.3
Das Mißverständnis der Zeichenforderung (30-40)
Die Zeichenforderung distanziert das geforderte Geschehen von der Gotteswahrnehmung. Es interessiert nicht für das Geschehen selbst, sondern nur dafür, was es bedeutet. Die Zeichen werden vom Geber
getrennt. Deshalb kann er niemals im Zeichen gegenwärtig werden.
V32: 1. Einspruch: mein Vater gibt das Brot. Es steigt (!) vom Himmel herab. Die Begegnung mit
Christus gewährt Leben. Am Ursprung des joh. Christusglaubens steht die Lebenserfahrung, die in der
Begegnung mit ihm gemacht wurde.
V34: Das Mißverständnis wird wiederholt. Die Zeichenforderung verhindert, daß der Logos Fleisch
wird, indem sie ihn distanziert von seiner personalen Gestaltwerdung.
V35: Genau auf diese personale Erscheinung des Himmelsbrotes kommt es aber an. Der Geber hat
die Distanz ganz aufgegeben. Er ist ganz Gabe geworden. Christus stillt den Durst dauerhaft. (Vgl. Sir
24,21f: Die Weisheit führt zu immer größerem Durst, weil so köstlich.)
In der Symbolik des Brotwortes sind Lebensunterhalt und Lebensgewinn zusammengeschlossen.
Die menschliche Unersättlichkeit gilt als Indiz für ganz verfehltes Leben. Der Lebensunterhalt (was ich
mir erwirken kann) wird mit dem Leben selbst (was ich nur empfangen kann) verwechselt.
Die Zeichenforderung will die personale Gegenwart des Lebensbrotes verhindern.
VV36-40:
Deshalb wird die Einheit von Vater und Sohn herausgestellt. Das ewige Leben als
Gottesgabe wird im Sehen des Sohnes empfangen. Der Irdische wird transparent für das göttliche Licht.
1.4
Das Mißverständnis der natürlichen Herkunft (40-51b)
Der Messianismus, der Gott nicht in diesem konkreten Menschen zur Welt kommen läßt,ist natürliche
Theologie, d.h. Theologie, die sich weltlich begründet. Das Murren gilt der Inkarnation, deren natürliche Herkunft bekannt ist, was als Widerspruch gilt. Aber der Glaube sieht in Jesus Gott, der zur Welt
gekommen ist.
V44: Dieser Glaube ist keine menschliche Möglichkeit, ist also Werk Gottes.
V45: Gott hat seine Distanz zur Welt vollends aufgegeben, er ist in Person da und lehrt ohne jede
Vermittlungsinstanz (Gesetz, Mose, Weisheit).
Die Gabe des Lebens hängt davon ab, ob ich diesen Menschen Gott sein lasse.
1.5 Das harte Wort (VV60-65)
Das harte Wort ist Jesu Anspruch, vom Himmel herabgekommenes Lebensbrot zu sein. Aber wie erst
wird der Aufstieg durch das Kreuz zum Anstoß werden?
V63: Geist der Leben schafft ist: Jesu Wort von Herabkunft und Aufstieg
nutzloses Fleisch= die Bestreitung der Menschlichkeit Christi
dieser Vers rekapituliert den entscheidenden Punkt aller Gedankengänge:
Sarx:
Pneuma:
Sarx:
Pneuma:
Sarx:
Pneuma:
Sarx:
Pneuma:
Sarx:
Pneuma:
Vereinahmung des Wundertäters zum politischen Messiaskönig
Jesu Rückzug zugunsten der Christologie
Beschränkung des Brotwunders auf Sättigung
Entdeckung des Semeion in diesem Geschehen
die werktätige Vergegenwärtigung Gottes im Glauben
Wahrnehmung Gottes im Glauben
Zeichenforderung, die den Himmel weltlich festlegt
unbedingte Wahrnehmung dieses Zeichens Christus
Distanzierung der Gabe vom Geber
Identifizierung von ego und Himmelsbrot
Sarx:
Pneuma:
weltliche Selbstbeschränkung und Beschränktheit
deckt den Gottesbezug des Geschehens auf
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Das wahre Leben ist eine Frucht des Geistes. Das Weltlich gehört zum Lebensunterhalt, das Geistliche
dagegen zum Lebensgewinn. Deshalb ist ist das Fleisch nutzlos. Ihm wird im Geist das Leben Gottes
zugesprochen.
1.6 Das provozierte Bekenntnis (66-71)
Krise im Kreis der Bekenner. Weggang ist eindeutig ein Rückschritt. Denn mehr als wahr kann das
Leben nicht sein. Das Bekenntnis hat dort seinen Ort, wo man sich gemeinsam vor Rückschritten bewahrt. Der Rückschritt ist eine satanische Möglichkeit.
1.7 Das Verständnis des AM (51c-58.59)
Das Pathos der inkarnatorischen Theologie liegt darin, daß die Begegnung mit dem Fleischgewordenen
alles entscheidet. Aber die Begegnung ist an einen geschichtlichen Augenblick gebunden. Daher muß
die Person (nicht die Lehre) nach dem Tode vergegenwärtigt werden. Joh. Lösung: 1. Vorstellung des
Parakleten in den Abschiedsreden, 2. eucharistische Interpretation der Brotrede
V51: Anspielung auf Kreuzestod und Joh 1,14.
V52: Einwand unklar: gegen Möglichkeit Jesus zu vergegenwärtigen? oder: dagegen, daß dieses Brot
überhaupt Leben bringen kann?
Antwort: Empfang des Lebens gebunden an Essen und Trinken von Fleisch und Blut Jesu. In
diesen Elementen ist Jesu Geschick, in Jesu Geschick Gott gegenwärtig.
V54: Kombination von Gegenwarts- und Zukunftsaussage: das ewige Leben jetzt zu haben ist ein
Gottesverhältnis unter der Zeitlichkeit, das Leben nach der Auferweckung ist ein Gottesverhältnis unter
der Ewigkeit. Die Kontinuität verdankt sich nur dem Geber selbst. Leben ist in seiner Wahrheit
begriffen ist Gottesverhältnis. Das Wort teilt genauso Leben aus wie das Sakrament.
2 Auslegung des Johannesevangeliums
2.1 Die Menschwerdung Gottes
Inkarnatorische Theologie läßt sich in Traditionsschichten des Evangeliums beobachten. Joh 1,14a ist
der Schlüssel zum ganzen JohEv.
Der Inkarnationsgedanke findet seine Vollendung erst durch das Wie des Menschseins Jesu. Die Semeia-Erzählungen bleiben für das ego des Christus aufschlußreich. Die Menschwerdung Gottes wird
konkret.
Dem JohEv darf kein Dualismus unterstellt werden: es denkt zwar in Dualitäten, aber der Dualismus
wird durchbrochen. Dualismus wird überwunden durch die Bewegung des Himmels auf die Erde zu,
durch das Erscheinen des Lichtes in der Finsternis etc.
2.2 Die religionsgeschichtliche Arbeit
Verhältnis zur Weisheit:
So sehr die Weisheitstheologie die Möglichkeit bietet von der Gegenwart des Göttlichen in der Welt zu sprechen, so wenig bietet sie Anhalt für die Inkarnation. Die Inkarnationsaussage ist eine Neuschöpfung des Christentums.
Verhältnis zur Gnosis: Es besteht Affinität zur gnostischen Weltsicht. Aber erst die Entschlossenheit,
mit welcher das JohEv Gott und Mensch in Jesus zusammendachte, gab Gelegenheit diesen Gedanken
gnostisch zu zersetzen. Die doketische Christologie ist ein Zerfallsprodukt der inkarnatorischen.
Markus Eisele
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