Infomaterial zur Vorlesung - Technische Universität Braunschweig

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Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach
(Lehramt, Biologie, Geoökologie, Pharmazie)
Vorlesung SoSe 2015 (1413003)
Stand: Juli 2015
Prof. Dr. Sigurd Bauerecker, Institut für Physikalische und Theoretische Chemie,
Hans-Sommer-Str. 10, Ruf 0531/391-5336
[email protected], http://www.tu-braunschweig.de/pci/forschung/bauerecker
Vorlesung, 2 SWS, deutsch, jedes SoSe, 8:00 bis 9:30, Hörsaal SN 20.2
Seite 1, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Klausuren
• Geoökologie und CuV Lehramt:
Audimax, 05.08.2015, 07:30 Uhr
2stündig, Vorlesungsstoff, Wiederholungsklaursur: Audimax, 17.02.2016, ab 7:30
Uhr, Dauer: je 90 min.
• Biologie:
Audimax, 05.08.2015, 07:30 Uhr
Vorlesungsstoff, Wiederholungsklaursur: Audimax, 17.02.2016, , ab 7:30 Uhr,
Dauer: je 120 min.
• Pharmazie:
nach dem 4. Semester
im Rahmen des Ersten Staatsexamens
Bedingungen der Klausur: Namen, Matrikelnr., Fachbenennung eintragen; keine
Hilfsmitteln, nur Kugelschreiber, Papier wird gestellt; Namen, Seitenzahl auf jedes Blatt
Papier; Freitext-Klausur; gleiche Klausur für alle, aber Biologie 30 min länger -> ein bis
zwei Aufgaben mehr;
♦ Vorlesung ist Grundlage für PC-Praktikum
Seite 2, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Literatur & Lehrmaterial
Software: SimChemistry für Windows
• Molekulardynamik-Software zu Ausbildungszwecken kostenfrei herunterladbar: www.simchemistry.co.uk
Nachschlagewerke
• Chempagedia Physikalische Chemie: www.chemgapedia.de
• IUPAC Gold Book - aktuelles Kompendium chemischer Terminologie: goldbook.iupac.org
• CRC Handbook of Chemistry and Physics, umfangreiche Tabellen mit Stoffeigenschaften von chem.
Verbindungen, CRC Press, erscheint jährlich neu, aktuell: 95. Aufl. (2013/14)
• H. Kuchling: Taschenbuch der Physik. Carl Hanser Verlag, 20. Auflage, 2010, ca. 711 S.
• Vorlesung C. Maul: Phys. Chemie f. Nebenfächler: www.tu-braunschweig.de/pci/research/maul/people/hcm/vl
Lehrbücher Chemie-Nebenfach
• G. Adam, P. Läuger, G. Stark: Physikalische Chemie u. Biophysik*. Springer, 5. Aufl., 2009, 642 S.
• C. Czeslik, H. Seemann, R. Winter: Basiswissen Physikalische Chemie*. Teubner, 4. Aufl., 2010, 396 S.
• P. Atkins, J. Paula: Kurzlehrbuch Physikalische Chemie. Wiley – VCH, 4. Auflage, 2008, 1154 S.
Lehrbücher Chemie-Hauptfach
• P. Atkins, J. Paula: Atkins: Physikalische Chemie. Wiley – VCH, 5. Auflage, 2008, 1316 S.
• G. Wedler, H.-J. Freund: Lehrbuch der Physikalischen Chemie. Wiley – VCH, 6. Aufl., 2012, 1386 S.
*verfügbar im IP-Adressbereich der TUBS, auch über VPN
Seite 3, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Einordnung der Physikalischen Chemie
Physik
Chemische
Physik
Physikalische
Chemie
Chemie
Biophysik
Biophysikalische
Chemie
Molekularbiologie,
Biochemie,
Physiolog. Chemie
Biologie
Physikalische Grundpfeiler der PC
♦ Thermodynamik (auch irreversible)
Seite 4, Bauerecker, PC für Nebenfächler
♦ Quantenmechanik
Warum PC?
• Thermodynamik: Energieerzeugung technisch, Kraftwerke, Motoren, Kühl- und
Klimaanlagen …
GM Hydrogen4
Solvis GmbH
• Thermodynamik: Energieerzeugung biologisch, Stoffwechsel Organismus u. Zelle,
Nahrungs- und Atmungsketten, Löslichkeiten …
Seite 5, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Warum PC?
• Kinetik und Transport: Reaktionsgeschwindigkeiten, Katalyse, Enzymkinetik, Atmung u.
Blutkreislauf, Wirkstofftransport, Explosion
Stoffkreisläufe Pflanze
Quelle: Digitales Nachschlagewerk über Bäume
Seite 6, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Explosion Natrium in Wasser
P.E. Mason, F. Uhlig, V. Vaněk, T. Buttersack, S. Bauerecker,
Jungwirth, Nature Chemistry (2015)
Bereiche der Physikalischen Chemie
⇒ Statistische Theorie (Deutung makroskopischer Erscheinungen auf
molekularer Ebene), wird hier überwiegend nur behandelt in:
⇒ Kinetische Gastheorie (Gaseigenschaften, ideales Gas, Van-der Waals Gas, …)
⇒ Chemische Thermodynamik (Energie, Entropie, Hauptsätze, Reinstoffe,
Mischungen, Lösungen, Ein- und Mehrphasensysteme, …)
⇒ Transportprozesse (Diffusion, Wärmetransport, irreversible Prozesse, laminare und turbulente
Strömungen, …)
⇒ Chemische Reaktionen (Gleichgewichte, Reaktionskinetik, Geschwindigkeit, …)
⇒ Grenzflächenerscheinungen (Oberflächenspannung, Kapillarität, selektiver
Stofftransport, Osmose, Monolayer, Lipiddoppelschicht, …)
⇒ Spektroskopie (Wechselwirkung Licht mit Materie, …)
⇒ Elektrochemie (Elektrochemische Zellen, Elektrolyte, Redoxreaktion, Brennstoffzelle,
Membranpotential, Nervenerregung, Photosynthese, …)
⇒ Aufbau der Materie (Atome, Moleküle, Gase, Aerosole, Flüssigkeiten,
Festkörper, Plasma, …), kaum hier behandelt
Seite 7, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Mit auf den Weg
Biologen, Pharmazeuten brauchen fundierte Kenntnisse in
Physikalischer Chemie.
Biologie ist eine exakte Naturwissenschaft.
Die Physikalische Chemie beschäftigt sich mit den Änderungen
der physikalisch chemischen Eigenschaften von Materie
Seite 8, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wichtige Begriffe der Physikalischen Chemie 1
System
- Komplexes Gebilde, kann feste, flüssige Stoffe, Gase enthalten
- Teil der Welt, vom Rest der Welt (Umgebung) abgegrenzt
- Materieaustausch Energieaustausch mit Umgebung möglich:
nein
nein
abgeschlossenes System
nein
ja
geschlossenes System
ja
ja
offenes System
- Homogenes System: einphasig (Wasser, Salzkristall, Luft, Salzlösung)
- Heterogenes System: mehrphasig (Milch, Sand, Rauch, Nebel)
Epot
q
Wärmezufuhr
Umgebung
Ekin
U
W
Arbeitsleistung am System
System
Wärmeabgabe
-q
-W
U innere Energie
Seite 9, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Arbeitsleistung vom System
Wichtige Begriffe der Physikalischen Chemie 2
Zustandsgröße
Die Systemeigenschaften sind messbar und beschreiben den Zustand des Systems
(Beschreibung Aggregatzustand z.B. über Kompressibilität). Das System ist im
Gleichgewicht, wenn es seinen Zustand nicht selbsttätig zu verändern sucht. Die
Gleichgewichtsbedingungen sind reproduzierbar, durch Zustandsgrößen
(Zustandsvariable) charakterisierbar und hängen nicht von der Vorgeschichte des
Systems ab.
• Intensive Zustandsgrößen: sie sind unabhängig von der Stoffmenge der Phase
(Druck, Temperatur, Konzentration). Sie sind nicht additiv.
• Extensive Zustandsgrößen: sie sind abhängig von der Stoffmenge der Phase (Masse,
Volumen). Sie sind additiv.
Zustandsfunktion
Die einzelnen Zustandsgrößen eines Systems sind durch die Zustandsgleichung
(Zustandsfunktion) miteinander verknüpft (Zustandsgleichung ideales Gas:
pV = NkT).
Seite 10, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wichtige Begriffe der Physikalischen Chemie 3
Phase
Bis in molekulare Bereiche physikalisch
homogener Teil eines Systems.
Bildquelle: Chemgapedia
1 Komponente:
2 Phasen:
Seite 11, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wasser
flüssig + fest
3 Komponenten:
2 Phasen:
Wasser, Ether, Farbstoff
wässrige + organische
Temperatur Definitionen
Zusammenhang zwischen
absoluter thermodynamischer Temperatur T in K
und
Celsius-Temperatur θ in °C
T / K = 273,15 + θ / °C
Absoluter Nullpunkt von T
Bildquelle: Vorlesung C. Maul 2014
Historisch geht die Definition der Celsius-Temperatur aus der Schmelz- und Siedetemperatur
des Wassers (0 und 100 °C) hervor.
Seite 12, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Das Ideale Gas
Gase zeigen das einfachste Verhalten der möglichen Aggregatzustände. Das Gas wird umso einfacher
beschreibbar (idealer), je niedriger der Druck und je höher die Temperatur ist. Die den Gaszustand
beschreibenden physikalischen Größen Druck p in Pa, Volumen V in m3, Temperatur T in K und
Molekülzahldichte n = N/V in m-3 sind abhängig voneinander und bilden eine Zustandsgleichung, die
N
⋅ k ⋅T = n ⋅ k ⋅T
V
Ideale Gasgleichung:
p=
Ideale Gasgleichung (für 1 Mol):
N mol
⋅ R ⋅T = c ⋅ R ⋅T
p=
V
Teilchengesamtzahl
Gasmasse
Konzentration
Molzahl, Stoffmenge
Molmasse
N
m = Nmol⋅M
c = Nmol/V
Nmol
M
BOLTZMANN-Konstante k = 1,381⋅ 10-23 J⋅K-1,
Allgem. Gaskonstante R = 8,3143 J⋅K-1⋅mol-1,
in kg
in mol⋅m-3,
in mol,
in kg⋅mol-1,
ist gewissermaßen die Gaskonstante pro Teilchen,
auch molare oder universelle Gaskonstante, ist für alle
Gase gleich,
AVOGADRO-Konstante NA= R / k = N / Nmol = 6,022 ⋅ 1023 mol-1, Teilchenzahl pro Stoffmenge;
damit hat 1 mol 6,022 ⋅ 1023 Teilchen.
Seite 13, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Norm- und Standard-Bedingungen
International Union of Pure
and Applied Chemistry
Standardzustand nach IUPAC
T°=
298,15 K = 25°C
p° =
100 kPa = 1000 mbar
Normzustand nach DIN 1343
Tn = 273,15 K
= 0°C
pn = 101.325 Pa = 1013,25 mbar
Achtung: es werden auch andere Standards verwendet (z.B. früher 1013 mbar).
Molares Volumen oder Molvolumen
(Volumen von 1 mol ideales Gas)
Im Standardzustand:
Im Normzustand:
Vm° = 24,79 L/mol
Vm,n = 22,414 L/mol
Seite 14, Bauerecker, PC für Nebenfächler
3dimensionales pVT-Diagramm ideales Gas
N
p = ⋅ k ⋅T
V
Seite 15, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Quelle: Vorlesung C. Maul 2014
Ideale Gasgleichung
Anwendungen des idealen Gasgesetzes
• Gasvolumetrische Umrechnungen (z.B. in Analytik)
• Umrechnung auf Normalbedingungen p = 1,013 bar, 0 °C
(z.B. Erdgas)
• Molmassenbestimmung
• Gasthermometer
• CO2-Gehalt im Blut nach VAN SLYKE und NEILL
H+ + HCO3- ⇔ H2O + CO2↑
• Physiologische Umsetzung unter Beteiligung von Gasen
(z.B. in WARBURG-Apparaturen, Gärungsreaktionen)
Seite 16, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Temperaturmessung, Gasthermometer
• Flüssigkeitsthermometer
• Gasthermometer
• Widerstandsthermometer
• Thermoelemente
• Strahlungsthermometer
Bildquelle: UNC College of Arts and Sciences
- Gasvolumen wird konstant gehalten über Hg-Niveau
- aus Höhendifferenz h wird Druck p bestimmt
- über ideales Gasgesetz ergibt sich T (V und N konstant)
Seite 17, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Kinetische Behandlung des idealen Gases I
y
(Beispiel für deduktive Behandlung phys.-chem. Vorgänge)
Modell des idealen Gases:
- Moleküldurchmesser klein gegen mittleren Molekülabstand
- keine Kraftwirkungen zwischen Molekülen
- geradlinig fortschreitende Bewegung, auch bei Stößen
(Wand, Moleküle), klass. Gesetze Mechanik
- n Teilchenzahldichte, m Molekülmasse.
A
vx
x
z
In Zeitdifferenz dt kommen mit Fläche A genau ½·n·vx·dt·A Moleküle zum Stoss. Jedes überträgt den
Impuls 2·m ·vx auf die Fläche. Alle zusammen daher den Impuls
dB = Σ ½ ·n ·vx ·dt · A · 2·m ·vx = Σ n · m · vx2 · dt · A
2
Einführung des mittl. Geschwindigkeitsquadrats v x , Aufsummierung: ∆B = n · m · v x2 · ∆t · A
Druck p ist definiert als p = F /A = 1/A · ∆B/∆t = n · m · v x2
Drei Raumrichtungen gleichwertig, Vekorbetrachtung (räumlicher Satz d. PYTHAGORAS):
v 2 = v x2 + v y2 + v z2
⇒
v x2 = v y2 = v z2 = 13 v 2
⇒
Anderseits gilt nach id. Gasgesetz p = n ⋅ k ⋅ T ⇒
Seite 18, Bauerecker, PC für Nebenfächler
p = 13 ⋅ n ⋅ m ⋅ v 2
v2 =
3⋅ k ⋅T
m
Ableitung des Drucks
Ableitung mittl. quadratische
Geschwindigkeit
Beispiele f. mittl. quadratische Geschwindigkeit
Mittl. quadratische
Geschwindigkeit
Seite 19, Bauerecker, PC für Nebenfächler
v2 =
3⋅ k ⋅T
m
Wasserstoff
H2
1888
m/s
Sauerstoff
O2
479
m/s
Quecksilber
Hg
189
m/s
Anwendungen der Gaskinetik
Die Diffusionsgeschwindigkeiten u1, u2 zweier verschiedener Gase bei gleichen Bedingungen
(p,T) verhalten sich umgekehrt wie die Wurzeln aus den Quotienten der molekularen Massen
und Molmassen:
u1
m2
=
=
u2
m1
M2
M1
Dies ist wichtig für:
• Molekulardestillation (Vitamine, Lipide, Aromen, …)
• Hochvakuumsublimation (Reinstoffe, Arzneimittel, Pheromone, …)
• Gefriertrocknung (biolog. Präparate, Kaffee*, Tee, Gemüse, …)
• Sprühtrocknung (Kaffee, Milch, Tee, Extrakte, Waschmittel, Babynahrung, Instantprodukte
allgemein, …)
*Welthandelsgut Nr. 2
Seite 20, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Kinetische Behandlung des idealen Gases II
Temperatur wird als kinetische Energie der Moleküle interpretiert:
Mittlere kin. Energie eines Moleküls:
Ekin = 12 m ⋅ v 2 = 32 k ⋅ T
⇒ nur Funktion von T!
Also, Verknüpfung der mechanischen Größe Energie mit der Temperatur! ⇒ Bewegung d. Moleküle.
Ekin setzt sich aus 3 Komponenten zusammen:
Ekin = 12 m ⋅ v x2 + 12 m ⋅ v y2 + 12 m ⋅ v z2 = 32 k ⋅ T
⇒
E x = E y = E z = 12 k ⋅ T
3 Translationsfreiheitsgrade werden als Möglichkeiten der Moleküle bezeichnet, sich in 3 Raumrichtungen
geradlinig-fortschreitend zu bewegen. Je Translationsfreiheitsgrad entfällt die Energie: 12 k ⋅ T
Gleichverteilungssatz (CLAUSIUS, MAXWELL) oder Äquipartitionsprinzip:
Auf jeden Freiheitsgrad eines Moleküls entfällt im Mittel die gleiche Energie
Die Anzahl der Freiheitsgrade f eines Systems ergibt sich aus der Anzahl der
Koordinaten, durch die der Bewegungszustand eindeutig bestimmt ist.
Beispiel zweiatomiges Molekül: 3 Translationen, 2 Rotationen, 1 Schwingung.
Seite 21, Bauerecker, PC für Nebenfächler
1
2
k ⋅T
Daltonsches Gesetz
Der Gesamtdruck des Gasgemisches ist gleich der Summe der Partialdrücke,
d.h., Summe der Drücke der einzelnen Gase.
Die Dampfbildung über einer verdunstenden
Flüssigkeit wird durch Anwesenheit anderer
Dämpfe/Gase nicht beeinflusst. Der entstehende
Dampfdruck heißt Partialdruck.
Seite 22, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Bsp. Gaseigenschaften
Physikalische Eigenschaften Wasserstoff und Methan [Cer08, Roe11, Ull00]
Größe
Molare Masse
Spezielle Gaskonstante
Siedetemperatur
Schmelztemperatur
Krit. Temperatur
Krit. Druck
Krit. Dichte
Dichte (20°C, 101325 Pa)
Löslichkeit in Wasser (20°C)
Viskosität, dynamische (20°C)
Heizwert
Symbol
M
Ri
Tb
Tm
Tkr
pkr
Brennwert
Ho
Zündbereich in Luft
Detonationsgrenzen
Detonationsgeschwindigkeit
Zündtemperatur in Luft
Minimale Zündenergie
Lamin. Brenngeschwindigkeit
Diffusionskoeffizient in Luft
Kohäsionsdruck (vdW-Konst.)
Kovolumen (vdW-Konst.)
Seite 23, Bauerecker, PC für Nebenfächler
ρkr
ρ
η
Hu
Tz
D
a
b
Einheit
kg/kmol
J/kg/K
°C
°C
°C
MPa
kg/m3
kg/m3=g/L
mL/L
kg/m/s
MJ/Nm3
MJ/kg
MJ/Nm3
MJ/kg
kWh/kg
Vol%
Vol%
km/s
°C
mJ
m/s
cm2/s
Pa*m6/mol2
m3/mol
H2
2,016
4124
-252,77
-259,20
-240
1,315
31
0,084
20
8,8*10-6
10,78
120
12,75
141,9
39,4
4 – 75
18,3 – 59
1,5 – 2,2
530
0,017
270 – 346
0,61
0,0247
2,66*10-5
CH4
16,043
518
-161,48
-182,47
-82,6
4,595
162,2
0,71
35
11,0*10-6
35,89
50
39,83
55,5
15,4
4,4 – 16,5
6,3 – 13,5
1,4 – 1,6
645
0,28
37 – 43
0,15
0,225
4,28*10-5
3,6 MJ = 1 kWh
BOLTZMANNsche Energieverteilung
BOLTZMANN-Verteilung (kanonische Verteilung), folgt aus klassischer Statistik = MaxwellBoltzmann-Statistik, ist Grenzfall der Quantenstatistik. Sie folgt aus dem Prinzip, dass der
wahrscheinlichste Zustand angenommen wird, also der, der unter Berücksichtigung von
Randbedingungen die meisten Realisationsmöglichkeiten hat.
Sie beschreibt damit die Energieverteilung von N Teilchen mit der Gesamtenergie E, die die r
Energiewerte E0 bis Er-1 annehmen können. Also jeder Energiewert Ei bekommt Ni Teilchen
zugeordnet.
Randbedingungen:
- Teilchen sind unterscheidbar (nummeriert vorstellbar),
- Teilchen sind unabhängig (keine wechselseitige Beeinflussung),
- jedes Teilchen nimmt genau einen Energiewert an.
E
N − kTi
Ni = ⋅ e
Z
BOLTZMANN-Verteilung
Die Teilchen verteilen sich bezüglich der Energie pro
Raumkoordinate in einer e-Funktion!
Für Interessierte:
Z = ∑je
r −1
−
Ej
kT
= konst.
E = ∑ N i Ei = konst.
i =0
Quelle: Vorlesung K.-H. Gericke
Seite 24, Bauerecker, PC für Nebenfächler
ist die Zustandssumme,
ist die Gesamtenergie.
Ableitungen aus der BOLTZMANN-Verteilung
Aus der BOLTZMANN-Verteilung lassen sich etliche wichtige Gesetze der PC ableiten.
Beispiele:
• Verteilung der kinetischen Energie der Teilchen pro Raumkoordinate (e-Funktion, siehe oben)
• Verteilung der kinetischen Energie der Teilchen
f(E)
• Verteilung der Geschwindigkeit (Impuls) der Teilchen
f(v)
• Luftdruckverteilung in der Erdatmosphäre
p(h)
• Gleichgewichtskonzentration in chemischen Reaktionen
c(G)
h Höhe über Normal,
G Gibbs-Energie, freie Enthalpie
Seite 25, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Barometrische Höhenformel
Ableitung aus der BOLTZMANN-Verteilung
BOLTZMANN-Verteilung/Prinzip: Die N Gasteilchen in der Atmosphäre ordnen sich bezüglich ihrer potentiellen
Energie so an, dass es einem Maximum der Realisationsmöglichkeiten entspricht, d.h. in einer e-Funktion.
Randbedingungen: Luftmoleküle im Schwerefeld der Erde haben alle gleiche Teilchenmasse m. Temperatur T sei
konstant, g Erdbeschleunigung, h Höhe über Meeresniveau.
Potentielle Energie eines Luftteilchens:
Dann ergibt sich für die Teilchenverteilung:
Mit Idealem Gasgesetz:
E(h) = m⋅g⋅h,
N0 = N(h=0),
N ( h) = N 0 ⋅ e
p ( h ) = p0 ⋅ e
−
−
E (h)
kT
= N0 ⋅ e
−
m⋅ g ⋅ h
kT
p0 = p(h=0)
h
m⋅ g ⋅ h
kT
In welcher Höhe halbiert sich der Druck?
Quelle: Imagico.de
m⋅ g ⋅h
= ln 0,5 = -ln2
kT
8,3 ⋅ 300
kT
RT
=
⋅ ln 2 =
⋅ ln 2 =
⋅ 0.693 m = 6075 m
0,029 ⋅ 9,81
m⋅ g
M ⋅g
p (h) = 0,5 ⋅ p0
⇒ h1/ 2
m⋅ g ⋅ h
−
kT
⇒
e
= 0,5 ⇒ −
Quelle: Vorlesung C. Maul
Seite 26, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Verteilung kin. Energie ideales Gas
Bei der Berechnung der Verteilung der gesamten kinetischen Energie müssen alle drei Raumrichtungen
berücksichtigt werden. Jedes Teilchen kann jeweils drei von einander unabhängige Energiezustände für die x, y, und
z Richtungen einnehmen (sogenannte Entartung), wodurch bei der Verteilung ein statistischer Faktor hinzu kommt.
Daher steigt die Verteilung zunächst bei kleinen Energien mit einer Wurzelfunktion. Bei großen Energien dominiert
die e-Funktion, so dass die Verteilung entsprechend fällt.
Verteilung der kinetischen Energie
2
f (E) =
π
 1 


RT


3/ 2
⋅ E ⋅e
−
E
RT
BOLTZMANN-Faktor
f(E)
3/2 RT enspricht 300 K
Normierungs-Faktor
Statistischer Faktor
6/2 RT enspricht 600 K
Der Normierungs-Faktor wird so gewählt, dass
alle Teilchen über alle Energien erfasst
werden, also dass gilt:
T = 300 K
∞
0
2000
4000
6000
Energie (1 mol) E / J
Seite 27, Bauerecker, PC für Nebenfächler
8000
10000
∫ f (E ) = 1
0
Geschwindigkeitsverteilung id. Gas
Die Geschwindigkeitsverteilung für ideale Gasteilchen lässt sich aus deren Verteilung der kinetischen Energie
ableiten. Dabei geht man von der Teilchenzahl in Abhängigkeit von der Energie dN(E) = f(E) ⋅ dE aus, ersetzt in
dieser Gleichung E und dE nach den Gleichungen E = ½ mv2 und dE = m⋅v⋅dv (aus Ableitung der
vorhergehenden Gleichung) und erhält die Gleichung dN(v) = f(v) ⋅dv und damit f(v).
MAXWELL-BOLTZMANNsche
Geschwindigkeitsverteilung
f(v)
2  m 
f (v ) =
⋅

π  2π ⋅ kT 
T = 300 K
0
200
400
600
800
1000
Geschwindigkeit Luftmoleküle v (m/s)
Seite 28, Bauerecker, PC für Nebenfächler
1200
3/ 2
⋅v ⋅e
2
−
m 2
⋅v
2⋅kT
Geschwindigkeitsverteilung id. Gas II
MAXWELL-BOLTZMANNsche
Geschwindigkeitsverteilung
2  m 
f (v ) =
⋅

π  2π ⋅ kT 
3/ 2
⋅ v2 ⋅ e
−
3 charakteristische Geschwindigkeiten
• Wahrscheinlichste Geschwindigkeit (Maximalwert der Verteilung), Ableitung verschwindet:
m 2
⋅v
2⋅kT
2kT
m
vˆ =
f ′(v) = 0
• Mittlere Geschwindigkeit (arithmetisches Mittel)
∞
v = ∫ v ⋅ f (v)dv
0
f(v)
8kT
v=
π ⋅m
T = 300 K
• Mittlere quadratische Geschwindigkeit (mittl.
„energetische“ Geschwindigkeit)
3kT
v =
m
2
0
200
400
600
800
1000
Geschwindigkeit Luftmoleküle v (m/s)
Seite 29, Bauerecker, PC für Nebenfächler
1200
∞
v = ∫ v 2 f (v)dv
2
0
Geschwindigkeitsverteilung id. Gas III
Temperaturabhängigkeit der MAXWELL-BOLTZMANNschen Geschwindigkeitsverteilung. Mit zunehmender
Temperatur steigt der Anteil der hochenergetischen, hochreaktiven Moleküle im sogenannten „BOLTZMANNSchwanz“. Aus der Formel erkennt man, dass eine Verringerung der Molekülmasse exakt die gleiche Wirkung auf
die Verteilung hat, wie eine Erhöhung der Temperatur.
Bsp.: Luft, N2
2
f (v ) =
π
 m 
⋅

kT
π
2
⋅


3/ 2
⋅v ⋅e
2
−
m 2
⋅v
2⋅kT
BOLTZMANN-Schwanz, energiereiche Teilchen
sorgen für Reaktionen, Sublimation von
Schnee/Eis, Verdunstung von Wasser, …
Bildquelle: Vorlesung C. Maul 2014
Seite 30, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Mittlere freie Weglänge von Gasteilchen
Mittlerer Abstand zwischen 2 Gasteilchen
(ideales Gas) bei Standardbedingungen:
V
kT
3
3
r=
=
N
p
3,5 nm
−23 J
1
,
38
10
⋅
K ⋅ 298,15 K
=3
= 3,5 nm
105 Pa
⇒ Mittlere Gasdichte (Luft, N2) ist etwa 1000 mal geringer als die der dichtesten Kugelpackung.
⇒ Flüssige Luft ist grob 1000 mal dichter als Luft bei Standardbedingungen.
Mittlere freie Weglänge bei Stoss zwischen zwei Teilchen:
Stickstoff (N2) bei Standardbedingungen:
V
kT
l=
=
2
π 2 ⋅d ⋅ N π 2 ⋅d2 ⋅ p
Seite 31, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Bildquelle: Chemgapedia
≈ 75 nm, Luft bei Standardbedingungen
Stoßzahlen von Gasteilchen
Stoßzahl für 1 Teilchen (ideales Gas).
Stöße mit Stoßpartnern pro Zeit:
Stoßzahl z =
N2 bei Standardbedingungen
mittlere Teilchengeschwindigkeit v
400 m/s
=
= 5,3 ⋅109 s -1
−9
mittlere freie Weglänge l
75 ⋅10 m
Mittlere Stoßzeit ∆tS zwischen 2 Stößen
(N2, Standardbedingungen):
∆t S =
1
= 1,88 ⋅10-10 s = 188 ps
z
Stoßzahl insgesamt (ideales Gas, in Volumen V). Faktor ½, damit Stöße nicht doppelt
gezählt werden. Ohne Ableitung:
Gesamtzahl der Stöße Z =
1
N 1 v N 1 v ⋅π 2 ⋅ d 2 ⋅ N 2
= 2⋅ ⋅ = 2⋅
2⋅z⋅
V
l V
V2
Stoßzahlen sind wichtige Kenngrößen für
Transportphänomene und Reaktionsgeschwindigkeiten.
Seite 32, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Druck- und Vakuumtechnik
Bezeichnung
Bereich (mbar)
Anwendungen, Bedeutung
Ultrahochvakuum
< 10-7
Wissenschaftliche Forschung,
Weltraumsimulation
Hochvakuum
10-7 – 10-4
Molekulardestillation, Hochvakuumsublimation,
Hochvakuum-Schmelzen und Gießen
Feinvakuum
10-4 – 1
Gefriertrocknung, Sublimative Reinigung,
Glühlampenherstellung
Grobvakuum
1 – 103
Konservierung („Einkochen“),
Vakuumverpackung, Destillation unter vermind.
Druck, Himalaja (8,85 km ⇒ 320 mbar)
Normaldruck
um 103
Luftdruck auf Meereshöhe, Sprühtrocknung
Hochdruck
104 – 106
Synthesen (z.B. NH3), Hochdruckgasextraktion
(z.B. Entkoffeinierung, Aromen),
Untertagespeicherung von Gasen
Höchstdruck
106 – 109
Geologische Prozesse, Diamantsynthese
Seite 33, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Vakuumpumpe
Quelle: GUT
Speicherung von Wind- und Sonnenenergie
Unvorteilhaft ist unregelmäßiges Windenergieangebot. Lösungsansätze:
⇒ Umwandlung in Wasserstoff über Elektrolyse
⇒ Speicherung über Druckluft, z.B. in Kavernen, siehe Bild unten
⇒ Pumpspeicherkraftwerke
Seite 34, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Reale Gase: Lennard-Jones-Potenzial
Lennard-Jones-Potential
A B
Φ (r ) = − 6 + 12
r r
Potenzial Φ
Reale Gasteilchen (Atome, Moleküle, Ionen) können sich in Abhängigkeit vom Abstand anziehen und abstoßen. Die
potenzielle Energie zweier kugelförmiger Teilchen kann durch ein Teilchen-Wechselwirkungs-Potenzial
ausgedrückt werden, z.B. durch das bekannte
Für r > r0 überwiegt Anziehung,
für r < r0 überwiegt (starke) Abstoßung,
B
r 12
0
bei r = rmin sind die beiden Teilchen im
Potentialminimum, also in der Gleichgewichtslage
(z.B. bei T = 0 K).
r0 / pm
He
N2
Ar
258
368
342
Angström: 1 Å = 100 pm
Seite 35, Bauerecker, PC für Nebenfächler
−
r0
Beispiele für r0 = r (Φ=0)
Abstoßungsterm
rmin
A
r6
Anziehungsterm
Abstand der Teilchenzentren r
Reale Gase
VAN-DER-WAALS-Gleichung (1873):
(p + a/V2) (V – b) = RT
pV – Diagramm
Bereich ideales Gas,
Verflüssigung unmöglich,
Isothermen ≈ Hyperbeln
Anziehungsterm
(Kohäsionsdruck,
Berücksichtigt Anziehung der Teilchen)
Kritischer Punkt mit
(Sattelpunkt)
dp d 2 p
=
=0
dV dV 2
Gas
Zweiphasengebiet
Flüssigkeit
Phasenübergang
Seite 36, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Abstoßungsterm
(Kovolumen, berücksichtigt effektives
Eigenvolumen der
Teilchen)
gleichgroße Flächen,
Verlauf physikalisch unsinnig
a, b, Van-der-Waals-Konstanten,
müssen empirisch bestimmt
werden, z.B. aus kritischen
Daten :
Tkr= 8a / 27bR,
pkr = a / 27b2,
Vkr = 3b.
Realgasfaktor
Das Realgasverhalten kann beliebig genau genähert werden durch eine Reihenentwicklung des
Realgasfaktors Z als Virialgleichung mit tabellierten T-abhängigen Virialkoeffizienten:
pVmol
B(T ) C (T ) D(T )
= Z =1+
+ 2 + 3 + ...
RT
Vmol Vmol Vmol
Mit dem Realgasfaktor im Normzustand Zn definiert man die Kompressibilitätszahl K:
Z
K=
Zn
[Cer08]
Verschiedene Gase bei 0°C,
zunächst < 1, dann steigend
Seite 37, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Erdgas bei verschiedenen Temperaturen
Anwendung: Energiedichte Wasserstoff u. Methan
Van der Waals
Bildquelle: Eichelseder 2010
700 bar
• Große Unterschiede bis Faktor 2 je nach Modell bei großen Drücken!
• Beispiel Druckspeicher H2 bei 700 bar ⇒ Realgasfaktor bis 3. Virialkoeffizient notwendig!
• Methan/Erdgas hat grob dreifache Energiedichte als Flüssigkeit und Druckgas
Seite 38, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Volumenarbeit ideales Gas
Hohm
Das ideale Gas dehnt sich gegen äußeren Druck p
im Zylinder gegen einen beweglichen Kolben mit
der Fläche A aus. Die Kraft F ergibt sich aus dem
Druck:
dl
dV
F = p ⋅ A = p ⋅ A⋅ = p ⋅
dl
dl
Das System (Gas) leistet Arbeit an der Umgebung:
δW = − F ⋅ dl = − p ⋅ dV = −
Seite 39, Bauerecker, PC für Nebenfächler
n ⋅ R ⋅T
dV
V
Hohm
Die vom Gas geleistete Arbeit ist (graue Fläche):
 V2 
nRT
dV = −nRT ln 
∆W = ∫ −
V
 V1 
V1
V2
∆W ist wegabhängig, siehe rotumspannte
Fläche. Daher ist W keine Zustandsfunktion!
Bsp.: Kompressionsarbeit H2
GM Hydrogen4
• Die Kompressionsarbeit ist proportional ln(p2/p1).
• Bezogen auf den Energieinhalt ist sie im Idealfall für CH4 (Erdgas) etwa 3,3mal geringer.
• Ein höherer Druck als 700 bar wird gebraucht, um H2 in den Drucktank einzufüllen.
• Der H2 muss gegebenenfalls noch gekühlt werden, weil a) das Gas im Tank wieder komprimiert wird
und sich dabei erwärmt, b) sich H2 beim Entspannen erwärmt (Joule-Thomson-Effekt, oberhalb
Inversionstemperatur!).
Die letzten beiden Punkte sind in der Tabelle noch nicht berücksichtigt!
Gaskonstante R = 8,3143 J/K/mol, Molmasse 0,002 kg, 1 kg H2 entspricht 500 mol, Energieinhalt (Heizwert Hu) H2 = 120 MJ/kg, 293 K.
Tabelle: Kompressionsarbeit für Wasserstoff
Verdichtung Faktor
ln(p2/p1) Anwendung
/bar
1 –> 25
25
3,2
Rohrnetz
1 –> 700 700
6,6
Drucktank
25 –> 700 28
3,3
Drucktank/Rohrnetz
Arbeit/MJ
1kg H2
3,90
8,04
4,02
in % H2-Energieinhalt
ideal
real
3,3
6,6
6,7
13,4
3,4
6,8
Wasserstofftransport in Druckbehältern bei 700 bar. Verdichtungsverluste als Anteil der H2-Energie betragen etwa
13 % (Anfangsdruck 2 bar, 4stufige Kompression), 7 % (Anfangsdruck 28 bar, 2stufige Kompression, relevant bei
vorhandenem H2-Pipeline-System!) [Wue07, Bos09].
(Die reale Verdichtungsarbeit ist etwa doppelt so groß, weil noch der Wirkungsgrad des Verdichters mit etwa 50 %
zu berücksichtigen ist [Eic10]).
Seite 40, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Für Interessierte: Joule-Thomson-Effekt
Joule-Thomson-Effekt: Gase in Behältern unter erhöhtem Druck kühlen sich
beim Ausströmen ab, wenn die Gastemperatur unterhalb der
Inversionstemperatur liegt (irreversible adiabatische Expansion realer Gase
über Drossel). Dabei wird nahezu keine äußere Arbeit geleistet und wegen
hoher Geschwindigkeit keine Wärme mit der Umgebung ausgetauscht, aber
innere Arbeit gegen zwischenmolekulare Kräfte. Nutzung z.B. zur
Luftverflüssigung, Linde 1876. [Her12]
Bildquelle: Wikipedia
Richtung und Stärke der Temperaturänderung bei isenthalper Zustandsänderung wird durch den Joule-ThomsonKoeffizient µ beschrieben:
 ∂T 
 ∆T 


µ =
=  

 ∆p  H  ∂p  H
µ ist abhängig von Gasart, Anfangsdruck und Anfangstemperatur.
µ > 0, Anfangstemperatur < Inversionstemperatur
Abkühlung:
µ < 0, Anfangstemperatur > Inversionstemperatur
Erwärmung:
Inversionstemperatur Van-der-Waals-Gas (nur Maximalwert,
da auch vom Druck abhängig!):
Ti ≈
2a
= 6,75 ⋅ Tk
R ⋅b
Das sind mit den Parametern a, b für H2 223 K.
Inversionstemperatur Wasserstoff (1013 mbar) [Kuc07]: 193,15 K.
Seite 41, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Joule-Thomson-Inversionskurve
für H2 (para) mit Dampfdruckkurve [Ull00]
µ<0
µ>0
Dynamische Viskosität
Modell zur dynamischen Viskosität: Eine ebene Platte wird mit der Kraft K und der
Geschwindigkeit v auf einer Flüssigkeitsschicht der Dicke x bewegt.
Gase sind näherungsweise
inkompressibel, wenn ihre
Strömungsgeschwindigkeit höchstens
1/3 der Schallgeschwindigkeit beträgt
[Her07]
Reibungsgesetz nach Newton (1687) mit der dynamischen Viskosität η (Zähigkeit) mit der
Einheit [η]= N·s·m-2 = Pa·s als Proportionalitätskonstante für ein Newtonsches Fluid:
K =η ⋅ A ⋅
Seite 42, Bauerecker, PC für Nebenfächler
dv
dx
Zahlenwerte dynamische Viskosität
Substanz
Wasser
Blut
Glykol
Glykol/Wasser (50/50)
Ethylether
Glycerin
n-Heptan
n-Nonan
n-Tetradekan
n-Hexadekan
Luft
Wasserstoff-Gas
Helium-Gas
Neon-Gas
T / °C
0
20
40
100
37
0
20
0
20
20
0
20
20
20
20
20
0
40
0
0
0
η / 10-3 Pa·s
1,789
1,005
0,653
0,282
3 bis 25!
62
22
10
4,4
0,243
12110
1499
0,409
0,711
2,18
3,34
0,0171
0,0190
0,00835
0,0186
0,0297
Quelle: Adam, Läuger, Stark 2002
Seite 43, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Beachte:
• Viskosität η nimmt bei Flüssigkeiten mit steigender Temperatur
sehr stark ab:
η ≈ A eB/T
A, B empirische Konstanten
• Bei Gasen nimmt Viskosität η
mit steigender Temperatur zu!
Bsp. Kinematische Viskosität
T-abhängige Viskosität von Glykol-Wasser-Gemischen
Kinematische Viskosität ν in mm2/s ist Quotient
aus dynamischer Viskosität η und Dichte ρ :
ν=η/ρ
Quelle: Viessmann Handbuch Solarthermie
Anwendung z.B. in Solarthermie
(Frage welches Wasser/Glykol-Gemisch liegt vor?)
Quelle: Baukataloge.ch
Seite 44, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Laminare Rohrströmng, Gesetz v. HAGEN-POISEUILLE
In laminaren Rohrströmungen (z.B. in Niederdruckgasnetzen) haben die einzelnen Fluidschichten unterschiedliche
Geschwindigkeiten v(r): null an der Wandung und maximal auf der Rohrachse. Dazwischen bildet sich eine parabolische
Geschwindigkeitsverteilung aus, mit ∆p Druckdifferenz zwischen den Rohrenden, l Rohrlänge, r Radius der bewegten
Zylinderschale, R Rohrdurchmesser:
v(r ) =
∆p
⋅ (R 2 − r 2 )
4 ⋅ l ⋅η
Berechnung des Gesamtvolumen V, das den
Zylinder (Rohr) pro Zeiteinheit t durchströmt. Durch
die Zylinderschale zwischen r und r + dr strömt
(R 2 − r 2 )
dV = 2π ⋅ r ⋅ dr ⋅ t ⋅ v = 2π ⋅ r ⋅ dr ⋅ t ⋅ ∆p
4 ⋅ l ⋅η
R
π ⋅ t ⋅ ∆p R 2 2
V = ∫ dV =
⋅ ∫ (R − r )rdr
⋅
⋅
l
2
η
0
0
⇒ Gesetz von HAGEN-POISEULLE
π ⋅ t ⋅ ∆p ⋅ R 4
V=
8 ⋅η ⋅ l
Seite 45, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Folgerungen:
• Transportierte Fluidvolumen steigt mit 4. Potenz des
Rohrradius!
• Verdopplung Rohrradius bewirkt 16fachen (!)
Volumentransport
⇒ über Rohrradius lässt sich das Strömungsvolumen
wesentlich effektiver als über den Druck vergrößern.
• Anwendung Biologie: Variation des Kapillarradius mit
glatter Gefäßmuskulatur erlaubt eine effektive
Regulation der Durchblutung von tierischem Gewebe.
• Gilt nur für laminare Strömungen, also für Re < 2320.
Reynoldszahl
Charakterisierung von Fluidströmungen über
Reynolds-Zahl Re (d Hauptabmessung des Körpers,
z.B. Rohrdurchmesser, ρ Massendichte des Fluids, v
Relativgeschwindigkeit Körper/Medium weit vom
Körper entfernt, η dynamische Viskosität):
Re =
d ⋅ ρ ⋅v
laminar
turbulent
η
Unter der kritischen Reynoldszahl Rekrit = 2320 ist die Rohrströmung laminar [Cer08]. Darüber
kann sie zunächst noch laminar sein (bis etwa 20000 [Kuc07]), ist aber so instabil, dass bei
kleinster Störung bleibende Turbulenz eintritt .
Reynoldsches Ähnlichkeitsgesetz: Strömungsbilder mit gleicher Reynoldszahl ähneln sich und
lassen sich aufeinander übertragen.
Beispiel 1: das Strömungsbild bleibt gleich bei Verdopplung des Rohrdurchmessers und
Halbierung der Strömungsgeschwindigkeit.
Beispiel 2: im Windkanal können 10fach kleinere Modelle bei 10fach höherer Strömungsgeschwindigkeit getestet werden.
Seite 46, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Für Interessierte: Beispiele Reynoldszahl
Beispiel Ideales Gas: Für das ideale Gas gilt ρ ∝ p / T, η ∝ T1/2 und η(p) = konst., η ist also
unabhängig vom Druck. Damit ergibt sich:
d ⋅ p ⋅v
Re ∝ 3 / 2
T
Damit lassen sich Druck-Temperaturpaare mit gleicher Reynoldszahl und gleichem Strömungsbild
aufstellen, wie z.B. (1013 mbar, 293 K), (200 mbar, 100 K).
Beispiel Gasherd [Cer08]: Durch Herdanschlussleitung mit Rohrinnendurchmesser von 16 mm
(DN15) fließen bei 20°C etwa 0,9 m3/h Erdgas. Die Strömungsgeschwindigkeit ergibt sich aus dem
Volumenstrom pro Rohrquerschnitt, η = 11*10-6 kg/m/s ⇒ Re = 0,016 * 0,71 * 0,9 / 3600 /
0,0162 / π *4 / 11*10-6 = 1285 < 2320. Die Strömung ist also laminar.
Beispiel Wasserstoff: Gleicher Energiefluss bei 3 m3/h. ⇒ Re = 0,016 * 0,084 * 3 / 3600 / 0,0162 /
π *4 / 8,8*10-6 = 1583 < 2320. Die Reynoldszahl ist für H2 um den Faktor 1,23 größer und immer
noch laminar.
Beispiel maximaler laminarer Wasserstoff-Energietransport: Rohrinnendurchmesser 0,4 m,
p = 30 bar = 3 MPa, ideales Gas angenommen, T = 20°C, ⇒ v = 2320*8,8*10-6/0,4/(30*0,084) m/s
= 0,02 m/s. ⇒ Volumenstrom = Rohrquerschnitt * v = 0,0025 m3/s ⇒ Energiefluss =
Volumenstrom * Heizwert * Druck = 0,0025 * 10,78 * 30 MW = 0,8 MW. Der Energiefluss ist
proportional zum Rohrdurchmesser und unabhängig vom Druck.
Seite 47, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Für Interessierte: Rohrreibungsdruckverluste
Rohrreibungsdruckverluste bei inkompressiblen Medien
Druckverluste bei Rohrströmungen werden durch folgenden allgemeingültige Ansatz (für laminare und turbulente
Strömungen) beschrieben:
Gleichung von Darcy
∆p
λ
k
l
r, d
ρ
v
∆p = λ
l ρ 2
v
r 4
Druckabfall durch Rohrreibung
Rohrreibungszahl
Rohrrauigkeit
Rohrlänge
Rohrinnenradius (Durchmesser)
Dichte
Mittlere Geschwindigkeit
Pa
m
m
m
kg/m3
m/s
Laminare Strömung: λ = 64/Re ⇒ Hagen-Poiseuillesches Gesetz!
Turbulente Strömung:
- hydraulisch glatte Rohre, k = 0
⇒ λ hängt nur von Re ab
- hydraulisch rauen Rohren
⇒ λ hängt nur von d und k ab
- Übergangsbereich zw. rau und glatt ⇒ λ hängt von Re, d und k ab
Daher wird λ durch verschiedene Gleichungen beschrieben. Einfacher handhabbar ist das Rohrreibungsdiagramm,
aus dem man λ entnehmen kann.
Seite 48, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Für Interessierte: Rohrreibungsdruckverluste kompressible Medien
Im Vergleich zu Flüssigkeiten sind Gase kompressibel (aber ≈ inkompressibel bei Strömungsgeschwindigkeit < 1/3
Schallgeschwindigkeit!),
⇒ Ausdehnung bei sinkendem Druck
⇒ Berechnung komplizierter
Effizienter Transport im Hochdruckrohrnetz
⇒ Hoher Druck (30 – 120 bar), hohe Strömungsgeschwindigkeit
v12
l
2
⇒ Turbulente Rohrströmungen mit Re > 2320
p2 = p1 − p1
⇒ Näherungen: Vernachlässigung kin. Energie, T = konst ⇒
V1
d
⇒ Enddruck ist Wurzelfunktion der Rohrlänge [Glu88]
λ
λ
l
d
Enddruck
Anfangsdruck
Anfangsgeschwindigkeit
Spez. Anfangsvolumen
Rohrreibungszahl
Rohrlänge
Rohrinnendurchmesser
Pa
Pa
m/s
m3/kg
m
m
Druckverlust Pipeline 1000 MW 30 bar Anfangsdruck
Rohrdurchmesser D = 0,6 m, Temperatur 15°C, Massestrom: 8,33 kg/s (H2), 21,3 kg/s (CH4)
35
30
25
Rohrdruck / bar
p2
p1
v1
V1
Wasserstoff D = 0,6 m
Methan D = 0,6 m
Methan D = 0,516 m
20
15
10
Vergleich der Druckverluste von Pipelines in Abhängigkeit von der Rohrlänge bei
15°C mit Transportkapazität 1000 MW, berechnet nach obiger Gleichung bei
einem Anfangsdruck von 30 bar. Das entspricht einem Massestrom von 8,33 kg/s
für Wasserstoff und 21,3 kg/s für Methan. Dabei schneidet Wasserstoff etwas
schlechter ab als Methan: bei gleichem Rohrinnendurchmesser von 0,6 m kommt
man bei H2 auf 370 km, bei CH4 auf knapp 800 km. Allerdings braucht man bei H2
mit 0,6 m gegenüber CH4 mit 0,516 m nur einen etwas größeren
Rohrdurchmesser, um das gleiche Ergebnis zu erzielen.
Seite 49, Bauerecker, PC für Nebenfächler
5
0
0
100
200
300
400
500
Rohrlänge / km
600
700
800
900
Für Interessierte: Berechnung Rohrdruckverluste
v12
l
p2 = p − p1λ
V1
d
2
1
Seite 50, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Zum Vertrautmachen:
Druckverlust-Online-Rechner [Sch11]
http://www.druckverlust.de
Beispiel Erdgaspipeline OPAL
Ostsee-Pipeline-Anbindungs-Leitung:
• 470 km lang
• zwischen Lubmin und Südsachsen/
Tschechien
• verschweißt aus 26000 Elementen
• je 18 m lang, 2,2 cm stark, 15 t schwer
• 1 Mrd. Euro Baukosten
• Innendurchmesser 1,4 m
• Anfangsdruck 84 bar (bis 120 bar)
• Massenstrom 1200 kg/s CH4
⇒ 60 Gigawatt an Transportleistung ( ≈ elektr. Durchschnittsleistung von Deutschland!)
Seite 51, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Anwendung: H2-Pipeline-Transportverluste
in Brennwert% von H2:
Quelle: Ulf Bossel Leipzig 4.11.2009
Plausibler durchschnittlicher Transportweg in Europa bei lokaler H2Produktion, z.B. aus Photovoltaik, Wind oder Biomasse: 100 km
⇒ Minimale H2-Transportverluste
Seite 52, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Anwendung: Energietransport
Vergleich Stromnetz mit Gasnetz
• Verteilungskosten Strom:
5 – 12 ct/kWh
• Verteilungskosten Gas:
0,7 ct/kWh (Rohrmiete Erdgas 0,2 ct/kWh)
• Grenzübergangspreis Erdgas (Polen/D, 2014):
2,5 ct/kWh!
• Energieverteilung über Gas-Rohrnetz etwa 10 mal
effizienter/günstiger als über elektrisches Stromnetz (Gesamtkosten)
• Beispiel: Vergleich Hochspannungs-Überlandleitung
(220 – 380 kV, Mast 60 m hoch) mit Rohrleitung (Erdgas
oder H2, 40 cm Durchmesser): beide transportieren die
Leistung von je 600 MW.
⇒ Strom wird als Energieträger überschätzt
⇒ Gasnetz hat Puffer- und Speicher-Option
⇒ Moderne Stromübertragung (HGÜ)?
Quellen: [Tet08, Agf00, Har94]
Seite 53, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Anwendung: Wasserstoff-Netze
Wasserstofftransport in Rohrleitungssystemen (sehr hohe Sicherheitsstandards [Gei04]):
• Deutschland/Ruhrgebiet seit 1938, Air Liquide, 240 km, bis 30 bar, bislang keine nennenswerten
Unfälle.
• Deutschland/Leuna, Linde AG, 100 km, 24 bar.
• Nordfrankreich/Belgien seit 1966, Air Liquide,
400 km, 65 – 100 bar.
• USA seit ca. 1955, Systeme mit insgesamt
720 km.
• Stadtgas seit 150 Jahren
Vision Wasserstoffenergienetz (Rifkin, 2002):
„Hydrogen Energy Web“ (HEW) in Analogie
zum „World Wide Web“ (WWW).
Quelle: BMW
http://www.bmw.dk/dk/da/insights/technology/cleanenergy/_sh
ared/pdf/cleanenergy_map.pdf?download=true
Seite 54, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Thermodynamisches System
Bei chemischen Reaktionen werden nicht nur Stoffe umgewandelt, sondern auch Energien:
• freigesetzt (exotherme Vorgänge),
• aufgenommen (endotherme Vorgänge).
Für chemische Reaktionen gilt die Erhaltung der Masse (nicht für Kernchemie: E = mc2).
Epot
Wärmezufuhr
q
Wärmeabgabe
-q
Ekin
U
System
w
-w
Arbeitsleistung am System
Arbeitsleistung vom System
Vorzeichenfestlegung: „immer vom System aus gesehen“. Die Arbeit w kann sein:
• Volumenarbeit (mechanische Arbeit),
• elektrische Arbeit,
• Oberflächenarbeit, ... .
Die Gesamtenergie E des Systems setzt sich zusammen aus potentieller Energie Epot und kinetischer
Energie Ekin des gesamten Systems (z.B., wenn es sich bewegt) und der inneren Energie U (alle restl.
Energiebeiträge; U hier bitte von elektrischer Spannung unterscheiden!):
E = E pot + Ekin + U
Seite 55, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Erster Hauptsatz der Thermodynamik
Nach MAYER 1842 und JOULE 1849
Erster Hauptsatz:
Die innere Energie U eines abgeschlossenen Systems vergrößert sich durch Zufuhr von Wärme q
oder Arbeit w und bleibt ansonsten konstant:
dU = δq + δw
Erster Hauptsatz, alternative Formulierung:
Ein Perpetuum Mobile erster Art* ist unmöglich
*eine Maschine, die in der Bilanz nichts anderes bewirkt, als Wärme in Arbeit umzuwandeln
⇒ Ist Erhaltungssatz und Erfahrungssatz
Seite 56, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Innere Energie und Enthalpie
Da Energie nicht verloren gehen kann, verändern zu- oder ab-geführte Energien die Innere Energie U eines Systems:
∆U = U 2 − U1 = q + w
Oder differenziell ausgedrückt, d.h. für sehr kleine Änderungen (Symbol δ kennzeichnet mathematisch „nicht
wohldefinierte“ Größe):
dU = δ q + δ w
U ist unabhängig davon, auf welchem Weg der Zustand des Systems erreicht wurde, nur Anfangs- und Endzustand
sind wichtig! U ist eine extensive (von der Stoffmenge abhängige) Zustandsgröße. Meistens möchte man
Systemeigenschaften nicht als Funktion von T und V, sondern von T und p beschreiben. Grund: Chemische Prozesse
laufen meist bei konstantem Normaldruck ab ⇒ nur noch T ist variable Systemgröße. Darum wird eine weitere
Zustandsgröße Enthalpie H zweckmäßig definiert als
Enthalpie H ist um Volumenarbeit
H = U + p ⋅V
ergänzte innere Energie U
Es ergibt sich: dU = δq − pdV
(falls nur Volumenarbeit)
dH = dU + pdV + Vdp
(Produktregel),
dH = δq + Vdp
Also gilt für Einfache Systeme:
Zusammengesetzte Systeme:
Seite 57, Bauerecker, PC für Nebenfächler
für p = konst ⇒ dp = 0 ⇒
dH = dU + pdV
U = U(T,V)
U = U(T,V,n1,n2,...)
H = H(T,p)
H = H(T,p,n1,n2,...)
Wärmekapazitäten cV und cp
Unter der Wärmekapazität C in J/K eines Körpers versteht man das Verhältnis von
zugeführter Wärmemenge q zu erzielter Temperaturänderung ∆T:
q
q
C=
∆T
dU = δq − pdV
V konst., dV = 0
⇓
 ∂U 
 δq 
=
 = cV



 dT V = konst .  ∂T V
-q
U
System
V, T, p
dH = δq + Vdp
p konst., dp = 0
⇓
 ∂H 
 δq 
=
 = cp



 dT  p = konst .  ∂T  p
Dies sind die Definitionen der stoffmengenbezogenen Wärmekapazitäten (Molwärmen) bei
konstantem Volumen cV und bei konstantem Druck cp. Beide werden durch Kalorimetrie
gemessen.
Seite 58, Bauerecker, PC für Nebenfächler
w
-w
Kalorimetrie
Messung von:
1. Wärmekapazitäten (T ändert sich, äußere Bedingungen und stoffliche Beschaffenheit
bleiben konstant).
2. Wärmetönungen (T konst., Änderung der stofflichen Beschaffenheit beim
Aggregatzustand, bei chemischen Reaktionen, ...).
3. Nichtthermische Vorgänge (radioaktive Umwandlungen, Strahlungsmessungen, ...).
Beispiel: Messung der molaren Wärmekapazität cp,m
Kalorimeter
Definierte elektr. Energie R⋅I2⋅∆t (Strom I,
Widerstand R, Zeitraum ∆t) erwärmt
Probe um ∆T; cp,m wird bestimmt aus:
∆H = c p ,m ⋅ n ⋅ ∆T = RI 2 ∆t
=q
Seite 59, Bauerecker, PC für Nebenfächler
H = H(T), p = const.
Wärmekapazitäten Gase
Ableitung aus Definitionen von cp und cV unter Anwendung des Id. Gasgesetzes:
c p − cV = N mol ⋅ R
C p − CV = R
für 1 mol
1 mol = 6,022⋅1023 Teilchen
1 u = 1,66054⋅10-27 kg
Die innere Energie U des idealen Gases ist nur durch die kinetische Energie der Moleküle bestimmt
für 1 mol.
(Wärmeenergie) und hängt damit nur von T ab:
U = Ekin = 3/2 R⋅T
Pro Freiheitsgrad kann das Gas ½ R pro mol Teilchen (oder ½ k pro Teilchen) aufnehmen, siehe auch
Gleichverteilungssatz.
Bei einatomigen Gasen gilt: CV = 3/2 R und Cp = 5/2 R,
Seite 60, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wärmekapazität mehratomiger Gase
Zweiatomige Gase (O2, N2, H2, NO, HCl, …)
Freiheitsgrade
3 Translation
2 Rotation
(1 Schwingung, eingefroren bei tiefen T ⇒ Quantentheorie)
Cp = CV + R = 3/2 R + 2/2 R + R = 7/2 R
HantelModell
Mehratomige Gase
Lineare Moleküle
(CO2, N2O, C2H2, …)
3
2
3N – 5
Translation
Rotation
Schwingung (2fach)
Freiheitsgrade
Gewinkelte Moleküle
(H2O, SO2, NH3, …)
3
3
3N – 6
Translation
Rotation
Schwingung (2fach)
Aufteilung der 3N Bewegungskoordinaten (= Freiheitsgrade): 3 für Schwerpunktstranslation, 3 für
Schwerpunktsrotation (2 lineares Molekül!), Rest für relative Positionen der Atome im Molekül. Die
Schwingungen sind wiederum erst bei rel. hohen T angeregt.
Seite 61, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wärmekapzität komplexe Moleküle
Komplexe Moleküle haben sehr viele Schwingungsfreiheitsgrade!
3N – 6 (Normal-)Schwingungen bei N Atomen.
Quelle: Wikipedia, engl. Ausgabe
Seite 62, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wärmekapazität Festkörper 1
Gittermodell:
Atome
„Federn“
U = Ekin + Epot , für 1 Mol ⇒
U = 3⋅ ½ RT + 3⋅ ½ RT = 3RT (Gleichverteilungssatz, s.o.),
d.h. auf jedes Atom kommen 3 „kinetische“ und 3 „potentielle“
Freiheitsgrade.
 ∂U 
-1
-1
CV = 
 = 3R ≈ 25 J ⋅ K ⋅ mol
 ∂T V
Dieses Ergebnis wird bei einatomigen Festkörpern, z.B.
Metallen, bei Raumtemperatur experimentell bestätigt
(DULONG-PETIT-Regel).
Seite 63, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wärmekapazität Festkörper 2
Das Experiment zeigt jedoch eine T-Abhängigkeit von Cv! Die Schwingungsfreiheitsgrade „frieren
ein“ (Begründung durch Quantenstatistik). Dies gilt besonders für leichte Metalle.
Raumtemperatur ⇒ Regel von DULONG-PETIT
3R
Für Flüssigkeiten und Festkörper ist
die Differenz Cp – Cv klein wegen i.a.
geringer thermischer Ausdehnung
(⇒ geringe Volumenarbeit).
Quelle: Wedler, Lehrbuch der Physik. Chemie
Seite 64, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wärmekapazität Flüssigkeiten
In Flüssigkeiten können die Moleküle sowohl kinetische (Translation, Rotation, Vibration) als
auch potentielle Energie aufnehmen (→ intermolekulare Wechselwirkungen). Daher ist Cp von
Flüssigkeiten i.a. höher als bei Festkörpern und Gasen!
Beispiel: Wasser hat eine etwa zweifach höhere Wärmekapazität als (Wasser-)Eis.
Darstellung der T-Abhängigkeit von Cp z.B. als Polynom:
Cp = a + bT + cT2 , a, b, c gasspez. Konstanten.
Beispiel spezifische Wärmekapazität cp
• Wassereis (0 °C) 2,1 kJ/(kg⋅K)
• Wasser (0 °C)
4,2 kJ/(kg⋅K)
Seite 65, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Prozessrealisierung
Prozess
Bedingung für System
Mathem. Formulierung
isotherm
Temperatur konstant
T konst., dT = 0
isochor
Volumen konstant
V konst., dV = 0
isobar
Druck konstant
p konst., dp = 0
adiabatisch
Kein Wärmeaustausch mit
Umgebung
dq = 0
isenthalpisch
Enthalpie konstant
H konst., dH = 0
isoster
Molzahlen Einzelkomponenten
konstant
ni konst., dni = 0
reversibel
Ständig im Gleichgewicht
S konst., dS = 0
irreversibel
Nicht immer im Gleichgewicht
S wächst, dS > 0
Seite 66, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Phasenumwandlungs-, Reaktions-, u. Bildungs-Enthalpien
Enthalpie
Symbol
Phasenumwandlungsenthalpien:
Prozess, Beispiel
Abkürzung
Latente Wärme, Wärmezufuhr bewirkt keine
T-Erhöhung, T = const.
s solid, l liquid,
g gaseous
Verdampfungsenthalpie
∆vapHθ
H2O (l) → H2O (g)
vap
vaporisation
Schmelzenthalpie
∆fusHθ
H2O (s) → H2O (l)
fus fusion
Sublimationsenthalpie
∆subHθ
H2O (s) → H2O (g)
sub
sublimation
Umwandlungsenthalpie
∆trHθ
Graphit → Diamant (Fest-fest-Umwandlung)
tr transition
Reaktionsenthalpie
∆rHθ
H2 (g) + ½ O2 (g) → H2O (l)
∆rHθ < 0 exotherme, ∆rHθ > 0 endotherme
Reaktion
r reaction
Verbrennungsenthalpie
∆cHθ
C + O2 → CO2
c combustion
Hydratationsenthalpie
∆hydrHθ
Anlagerung Wassermoleküle an gelöste/dispergierte Stoffe
hydr hydration
Bildungsenthalpie
∆fHθ
für Bildungsreaktion für 1 Mol der
Verbindungen, aus den bei 25°C thermodyn.
stabilsten Modifikationen ihrer Elemente
f formation
∆Hθ molare Standardenthalpien (bei 1 bar = 105 Pa)
Seite 67, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Anwendung Latentwärmespeicher
... nutzen Umwandlungsenthalpien von Stoffen
(Schmelz-, Lösungs-,
Adsorptionswärme →
(Phasenwechselmaterialien, engl. PCM). Für
Speicher-temperaturen
zwischen 0 und 150°C
eignen sich u.a. Wasser,
Paraffine, Salzhydrate,
Zuckeralkohole.
Quelle: BINE
Quelle: PowerTank
Beispiel Paraffin-Speicher:
Eigenschaften Paraffin: Wachsartiges Gemisch aus Alkanen (CnH2n+2 , n = 18 – 32 oder größer), Dichte 720 – 780
kg/m3, Schmelzwärme 200 – 240 kJ/kg, Schmelztemperatur 45 – 80°C, Preis 2008 ca. 1 (1,2) €/kg [Eci08].
Annahme: Heizölpreis 0,6 (0,9) €/l entspricht 0,714 €/kg bei Dichte von 0,84 kg/l. Für gut isoliertes Einfamilienhaus braucht man ca. 1000 kg Erdöl (ca. 4,3 x 1010 J; 714 €). Für Vollversorgung mit Solarenergie in D braucht
man ca. 20 t Paraffin-Speicher (20000 €), mit Volumen von π/4⋅3,62⋅2 m3 = 20,4 m3 als Rundtank. Ohne Zinsen
und Zusatzinvestition für Solaranlage und Speichersystem braucht man also etwa 30 Jahre, um allein den
Paraffinpreis wieder hereinzuholen (10 Füllungszyklen pro Jahr angenommen). Paraffinspeicher auf dem Markt
→ z.B. Fa. PowerTank. Gegenüber Wasserwärmespeichern haben sie einen etwa 3 x geringeren Raumbedarf,
kosten aber etwa 4 x so viel.
Überlegung: Kombination mit Warmwasserspeicher (Patronen passiv integrieren), optional?
Seite 68, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Brennwert und Heizwert
Ermittlung des Energieinhalts einer Probe durch Verbrennungskalorimetrie. Wichtig für
Lebens- und Genussmittel sowie für Brennstoffe.
Man unterscheidet
Heizwert Hu in J⋅g-1
Brennwert Ho in J⋅g-1
→ H2O ist dampfförmig
→ H2O ist flüssig
Ho ist um Verdampfungsenthalpie des entstehenden (oder kondensierenden) Wassers
größer als Hu ⇒ Brennwertkessel.
Seite 69, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Bsp. Brennwerttechnik
Abluft
ca. 80 - 150°C
Altes Prinzip
Neue Brennwerttechnik (ab 1985)
Ventilator,
Schornstein fällt weg
Abluft
nur 30°C !
Zuluft
Quelle: Veritherm
Quelle: Wikipedia
CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2O
Kondensationsenthalpie H2O
Brennwert Ho > Heizwert Hu
Ho = 1,11 Hu (Erdgas)
Ho = 1,05 Hu (Öl)
Einsparung 4 Großkraftwerke in D !
Richard Vetter
Preisträger
Dieselmedaille
Seite 70, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Brennwert
Physikalischer Brennwert von
• Kohlehydraten
• Proteine
• Fette
• Alkohol
Ho ≈ 16 MJ/kg
Ho ≈ 16 MJ/kg
Ho ≈ 38 MJ/kg
Ho ≈ 29 MJ/kg
• Wasserstoff
• Methan
• Öl
Ho = 1,18 Hu = 141,9 MJ/kg (H2-Verbrennung):
Ho = 1,11 Hu = 55,5 MJ/kg (Erdgasverbrennung):
Ho = 1,05 Hu = 42,7 MJ/kg
2 H2 + O2 → 2 H2O
CH4 + 2 O2 → CO2 + 2 H2O
Der physiologische Brennwert ist natürlich kleiner, vor allem bei Proteinen → unvollständiger Abbau
im Organismus, nicht zu CO2 (g), H2O (lq), N2 (g)!
1 kcal = 4.187 kJ
Energiebedarf des Menschen, täglich:
EMensch ≈ 2000 kcal = 8400 kJ = 8,4 MJ → entspricht 526 g Kohlehydrate/Proteine
Durchschnittsleistung Mensch:
PMensch = EMensch / d = 8,4 MJ / (3600*24 s) ≈ 100 W → entspricht Abwärme
Seite 71, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Satz von HESS
Kirchhoffsches Gesetz der Temperatur-
HESS‘scher Satz: Die Reaktionsenthalpie einer gege-
abhängigkeit der Reaktionsenthalpie:
benen Reaktion ist unter gleichen Reaktionsbedingungen eine konstante Größe. Dies gilt unabhängig
davon, in wie vielen Schritten und über welche
Zwischenstufen ein Reaktionsprodukt gewonnen
wird. Thermodynamische Grundlage ist die Wegunabhängigkeit von ∆H.
T2
∆ R H T2 − ∆ R H T1 = ∫ ∆c p ⋅ dT
T1
Für temperaturkonstante Wärmekapazität:
∆ R H T2 − ∆ R H T1 = ∆c p ⋅ (T2 − T1 )
Anwendungsbeispiel 1:
Anwendungsbeispiel 2:
Bestimmung der Bildungsenthalpie von CO:
∆cHθ (Graphit) = -393 kJ·mol-1
C + O2
CO2
+ ½ O2
∆cHθ (CO) =
-283 kJ·mol-1
CO
∆fHθ (CO) = (-393 – (-283)) kJ·mol-1 =
-110 kJ·mol-1
Seite 72, Bauerecker, PC für Nebenfächler
∆fHθ(H2O, 373K)
-242
373 K
H2, ½ O2
+ ½ O2
373 K
H2O(g)
(∆cp(H2(g))+
½ ∆cp(O2(g)))
• 75 K
3,2
298 K
H2, ½ O2
∆vapHθ
40,6
Werte in
kJ/mol
-285,8
∆fHθ(H2O, 298K)
373 K
H2O(l)
5,6
298 K
H2O(l)
∆cp(H2O(l))
• 75 K
Überleitung zum 2. Hauptsatz
Bisher wurden behandelt:
energetische Umsetzungen (z.B. Phasenumwandlungen, chem. Reaktionen)
Im Folgenden befassen wir uns mit:
 Ablaufrichtung und
 Gleichgewichtslage von Reaktionen.
Ansicht früher:
Reaktionen verlaufen umso besser und vollständiger, je exothermer sie sind
(BERTHELOT-Prinzip). Dies ist nicht richtig, denn z.B. verlaufen endotherm (unter
Abkühlung, dem System Wärme entziehend):
NH4Cl(s) + H2O(l) → NH4+(aq) + Cl- (aq)
N2(g) + 2 O2(g) → 2 NO2(g)
⇒ Die Affinität (chem. Triebkraft) einer chemischen Reaktion muss noch durch eine
andere Größe bestimmt sein als allein durch den Wert einer exothermen
Reaktionsenthalpie!
Seite 73, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Irreversible (spontan ablaufende) Prozesse 1
• Temperaturausgleich durch Wärmeleitung, z.B heiße Tasse Kaffee
• Konzentrationsausgleich durch Diffusion, z.B. Tropfen Tinte in Wasser
• Ausströmen eines Gases ins Vakuum (Effusion)
• Auflösen von Zucker in Kaffee (Lösung)
• Springende Kugel/Ball verliert kinetische Energie (Wärmeumwandlung)
• Unordnung im Zimmer nimmt zu (Entropiezuwachs)
Quelle: Wikipedia, engl. Ausgabe
Seite 74, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Irreversible Prozesse 2
Solche Prozesse verlaufen zeitlich offenbar spontan in einer Richtung. Man nennt sie irreversibel.
Der Ablauf in umgekehrter Richtung ist nicht spontan. Er kostet Energie. Arbeit muss geleistet
werden, um den Anfangszustand wieder zu erreichen.
Extreme Beispiele für irreversible Reaktionen sind: Explosionen, Verbrennungen. Was passiert
hier? Kann es sein, dass die Energie im betrachteten System ein Minimum annimmt? Nein, denn
solche Vorgänge laufen auch in abgeschlossenen Systemen ab. Dabei erfolgt nach dem 1. HS keine
Änderung der Gesamtenergie. Es scheint eher mit der Verteilung der Energie zusammenzuhängen,
(z.B. T-Ausgleich, Verteilung id. Gas).
• Irreversible (spontan ablaufende) Prozesse hängen mit der Verteilung der Energie und der
Materie zusammen.
• Irreversible Prozesse verlaufen vom Zustand geringerer zum Zustand größerer
Wahrscheinlichkeit. Beispiel: Ein Gas kann sich auf einer Seite des Raumes befinden (vor allem
wenn wenige Moleküle da sind). Dies ist aber sehr unwahrscheinlich.
geringe
hohe
Wahrscheinlichkeit
Seite 75, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Reversible Prozesse
Neben den häufigeren irreversiblen Prozessen gibt es auch seltenere reversible (oder
zumindest angenähert reversible) Prozesse. Diese bewegen sich meist sehr langsam von
Gleichgewichtszustand zu Gleichgewichtszustand, quasi unendlich langsam. Bei der Umkehr
reversibler Prozesse bleibt keine dauernde Veränderung zurück.
Ist die vollständige Umwandlung von Wärme in Arbeit möglich? Eine solche Maschine wäre
ein Perpetuum Mobile 2. Art. Die Erfahrung zeigt: dies ist nicht möglich. Die Umkehrung ist
jedoch möglich, sogar die Regel: Umwandlung Energie in Wärme, z.B. bei elektrischer
Heizung, Bremsvorgang Auto, ... .
Beispiele:
• Kompression eines Gases (Luftpumpe)
• Laden/Entladen eines Akkus (Auto)
• elektrischer Schwingkreis ohne el. Widerstand (reversibel und schnell
ablaufend!)
• Schwingendes Pendel im Vakuum (reversibel und schnell ablaufend!)
Ist eine BELOUSOV-ZHABOTINSKY-Reaktion ein reversibler Prozess?
Quelle: Wikipedia
Seite 76, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wärmekraftmaschine
Wir betrachten eine Wärmekraftmaschine (Dampfmaschine, Automotor, Kohle-, Kern-Kraftwerk, ...). Sie wird
zwischen zwei Wärmereservoirs mit hoher und mit geringer
Temperatur betrieben, indem die Wärmemenge Q2
aufgenommen und eine kleinere Wärmemenge Q1
(Verlustwärme) plus einer (erwünschten) Arbeit W
abgegeben wird. Man definiert den Wirkungsgrad η der
Maschine als
−W
q
η=
= 1+ 1
q2
q2
(1)
T1
T2
(2)
Dabei werden vier reversible Teilprozesse am idealen Gas
(jeweils adiabatische und isotherme Expansionen und
Kompressionen) unter Berücksichtigung des 2. Hauptsatzes
durchgeführt (CARNOT 1824).
Seite 77, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Q2
W
Wärmekraftmaschine
Q1
Aus dem Gedankenexperiment des Carnotschen
Kreisprozesses ergibt sich der maximale Wirkungsgrad
eines reversiblen Vorgangs zu:
η max = 1 −
Wärmereservoir
T2 > T1
Wärmereservoir
T1
Die Entropie
Obige Gleichungen (1) und (2) für ηmax liefern:
Wärmereservoir
T 2 > T1
q1 q2
+ =0
T1 T2
Q2
q selbst ist keine Zustandsfunktion aber q/T ! Daher führte CLAUSIUS
(1850) eine neue Zustandsgröße Entropie S ein, deren Änderung
definiert wurde als
δq
dS = rev ,
T
∆q
∆S = rev
T
W
Wärmekraftmaschine
Q1
Wärmereservoir
T1
In abgeschlossenen Systemen kann diese Größe nie abnehmen:
dS = 0
für reversible Vorgänge
dS > 0
für irreversible Vorgänge
Anschaulich:
Entropie ist Maß für Qualität von Wärme. Wärme mit höherer Temperatur (also geringerer
Entropie) ist „wertvoller“, weil sie mehr Arbeit verrichten kann.
Beispiel 1:
1000 J Wärme bei 1000 K können bei Abkühlung auf 300 K maximal 700 J Arbeit verrichten.
1000 J Wärme bei 500 K aber nur 400 J. (Bitte selbst nachvollziehen).
Seite 78, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Beispiel CARNOT-Maschine
Beispiel 2 Kohlekraftwerk:
Maximaler Wirkungsgrad für Arbeitsmedium Wasser bei
kritischer Temperatur (647 K) und Kühlung durch
Umgebung wie Luft oder Fluss (293 K):
Prinzipskizze Verbrennungsmotor
η = (647 – 293 / 647) = 0,547 ≈ 55 %.
Der reale Wirkungsgrad ist niedriger aufgrund
zusätzlicher Verluste (Reibung, nichtideale Isolierung, ...).
Folgerung:
• Wärme kann durch periodische Vorgänge nicht vollständig in Arbeit umgewandelt werden
(nur bis CARNOT-Wirkungsgrad).
• Das Konzept der Carnot-Maschine mit dem maximalen Carnot-Wirkungsgrad ist äquivalent
zur Aussage des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik. Wäre nämlich ein höherer Wirkungsgrad
als ηmax möglich, so könnte man mit Hilfe der obigen Wärmekraftmaschine und einer
umgekehrt arbeitenden Wärmekraftmaschine Wärme von einem tieferen auf ein höheres
Temperaturniveau transformieren, ohne dass sich sonst etwas am Gesamtsystem ändern
würde. Umgekehrt gäbe es bei Nichtgültigkeit des 2. HS keine theoretische Beschränkung im
Wirkungsgrad von Wärmekraftmaschinen.
Seite 79, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik 1
⇒ Erfahrungssatz
Zweiter Hauptsatz:
Alle irreversiblen Prozesse in einem abgeschlossenen System vergrößern die Entropie:
∆S > 0
Unter Arbeits-Aufwendung kann in Teilsystemen ∆S < 0 gelten.
Zweiter Hauptsatz alternativ:
Es gibt kein Perpetuum Mobile zweiter Art, also keine Maschine die
ausschließlich Arbeit unter Abkühlung eines Wärmereservoirs liefert.
Seite 80, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik 2
Weitere Formulierungen:
• Alle spontan im abgeschlossenen System ablaufenden Vorgänge produzieren Entropie
(erniedrigen den Grad der Ordnung).
• Die Entropie des Universums nimmt zu.
• Für jeden homogenen Bereich (System) existiert eine extensive Zustandsfunktion, die Entropie
S des Bereichs (Systems), mit folgenden Eigenschaften:
A) Für kleinste (infinitesimale) Zustandsänderungen gilt: TdS = dU + pdV,
(U, V, unabhängige Zustandsvariablen, konstante Stoffmengen).
B) Die Entropieänderung dS des Bereichs (Systems) kann immer in zwei Anteile zerlegt
werden: dS = deS + diS,
(Indices: e für Austausch mit Umgebung (exchange), i für inneres System). Es gilt:
deS = 0
deS = dQ/T
diS = 0
diS > 0
Seite 81, Bauerecker, PC für Nebenfächler
für thermisch isoliertes System,
für geschlossenes System (thermisch leitende Wände),
für reversible Zustandsänderung,
für irreversible Zustandsänderung, diS < 0 ist stets unmöglich.
Thermodynamische Maschinen
Weitere thermodynamische Maschinen sind die Wärmepumpe und die Kältemaschine:
Hier wird der Maschine die Arbeit W zugeführt und damit die Wärme Qzu der Temperatur T1 auf ein höheres
Temperaturniveau T2 transformiert, so dass die Maschine die Wärme Qab = Qzu + W bei T2 abgibt. Ein Kühlschrank
ist z.B. eine solche Maschine.
Umgebung
T2 > T1
Wärmereservoir
T2 > T1
Qab
Qzu
Wärmekraftmaschine
W
Kältemaschine
Wirkungsgrad:
η=
W
Qzu
=
T2 − T1
T2
Carnot-Rechtsprozess
Bsp.: Stirlingmotor
T2 = 1200 K, T1 = 300 K
ηid = 0,75
ηreal= 0,3 bis 0,4
Seite 82, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Qab
W
Wärmepumpe
Qzu
Qab
Wärmereservoir
T1
Heizung
T2 > T1
Qzu
Kühlraum
T1
Umgebung
T1
Leistungszahl:
Leistungszahl:
ε KM =
Qzu
T1
=
W T2 − T1
Carnot-Linksprozess
Bsp.: Kühlschrank
T2 = 310 K, T1 = 270 K
εid = 6,75
W
ε WP =
Qab
W
=
T2
T2 − T1
Carnot-Linksprozess
Bsp.: Erdwärmepumpe
T2 = 313 K, T1 = 273 K
εid = 7,8 εreal = 3 – 5
Arbeitsanteil: 20 bis 33 %!
Beispiel Wärmepumpe generell
Die Wärmepumpe ist eine Maschine, die mit elektrischer/mechanischer Pumpe Heizwärme aus
einer Niedertemperatur-Wärmequelle zur Raumheizung/Warmwasserbereitung erzeugt. Je
geringer die Differenz zwischen beiden Temperaturniveaus, desto effizienter arbeitet die
Wärmepumpe (⇒ Leistungszahldefinition oben).
Beispiel: Zieltemperatur = 40°C, Wärmequellentemperatur = 0 °C ⇒ maximale theoretische
Leistungszahl = 7,8 (realistisch nur ε = 3 – 5!). Verstärkter Einsatz wegen steigender Öl- und
Gaspreise in den letzten Jahren.
Mögliche Wärmequellen:
• Grundwasser (Wasser/Wasser-Wärmetauscher) ⇒
Vorteil: rel. hohe WQ-Temperatur, Nachteil: Unsicherheit,
weil offenes System
• Erdreich mit Erdkollektoren (Sole/WasserWärmetauscher) ⇒ robustes System, Gartenboden kühlt
etwas aus
• Erdreich mit Erdsonden (Sole/Wasser-Wärmetauscher)
⇒ robustes System
• Umgebungsluft (Luft/Wasser-Wärmetauscher) ⇒
preisgünstig, aber bei T << 0°C nicht so effizient
• Solarkollektoren einbeziehen ⇒
Niedertemperaturbereich (20 – 60°C) und
Überschusswärme kann in Boden und Eis-Speichern
gespeichert werden.
Seite 83, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Quelle: Engstfeld
Beispiel Wärmepumpe Funktionsprinzip
Kompressionswärmepumpe: ein Kältemittel mit niedrigem Siedepunkt wird bei tiefen Temperaturen unter
Nutzung der Erdwärme verdampft/erwärmt, mit einem Kompressor verdichtet und damit auf die höhere
Zieltemperatur gebracht. Auf diesem Temperaturniveau wird die Nutzwärme über einen weiteren Wärmetauscher
abgeführt, wobei sich das Kältemittel verflüssigt und die Kondensationswärme frei wird. Über ein
Expansionsventil wird das Kältemittel entspannt und zum Sieden gebracht, die Temperatur erniedrigt sich
deutlich, so dass der Kreislauf geschlossen ist.
T2 = 313 K
Bildquelle: Wikipedia
Quelle: K+W Vlasak GmbH, www.k-w-info.de
Seite 84, Bauerecker, PC für Nebenfächler
T1 = 273 K
Anwendung: Effizienzvergleich Raumwärmeerzeugung
70 % der Nutzenergie ist Wärme (50 % Raumwärme, 20 % Prozesswärme)! Daher hat WärmepumpenTechnik große Bedeutung ⇒ riesiges Energieeinsparpotential, das mit Wärmepumpen realisiert
werden kann:
Verluste:
Primärenergieaufbereitung / Stromerzeugung / Stromtransport
Gesamtwirkungsgrad zur Erzeugung von Raumwärme
ohne Wärmepumpe:
mit elektr. Strom
mit Öl, Gas (Brennwertkessel)
mit Öl, Gas (Diesel- oder Stirlingmotor)
mit Wärmepumpe:
mit elektr. Strom
mit Gas (Gas - oder Stirlingmotor)
mit Wasserstoff (Brennstoffzelle)
0,9 x 0,4 x 0,9 x 1 = 0,32
0,9 x 0,95 = 0,86
0,9 x (0,25 + 0,75)
El. Strom
0,9 x 0,4 x 0,9 x 4 = 1,3
0,9 x (0,25 x 4 + 0,75) = 1,6
0,8 x (0,6 x 4 + 0,4) = 2,2
Effizienzsteigerung durch solargetriebene Erdwärmespeicher: 20 – 50 %?
Seite 85, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Berechnung der Entropie
1. Berechnung Entropieänderung für GGszustände einfach, z.B. Phasenumwandlungen. Da
q = ∆ trs H
⇒
∆ trs S =
∆ H
q
= trs
Ttrs
Ttrs
2. Verknüpfung 1. und 2. Hauptsatz
1. Hauptsatz:
δq = dU + pdV
dS =
2. Hauptsatz:
Beide H.-Sätze:
dU + pdV cv dT + pdV
=
dS =
T
T
⇒ dU = TdS − pdV
S = S(T, V)
S(T, p) wird durch Integration berechnet
Seite 86, Bauerecker, PC für Nebenfächler
δq = dH − Vdp
δq
T
dH − Vdp c p dT − Vdp
dS =
=
T
T
⇒ dH = TdS + Vdp
S = S(T, p)
Wichtigere Darstellung!
T -Abhängigkeit der Entropie S eines Stoffes
S(T, p) wird durch Integration berechnet:
S = S0 +
T2
∫
c p (T )dT
T
T1→0
Integrationskonstante
(„Nullpunktsentropie“)
Vdp
T
p1
−∫
Glied klein,
außer für Gase
hinzu kommen ev. noch
Terme
∆ H
Schema T-Abhängigkeit Entropie
S
p2
trs
∆vapS
Ttrs
vgl. 1.
∆fusS
g
∆trsS
∆trsS
S0
s, I
s, II
s, III
0
lq
Ttrs
Seite 87, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Aussagen über die
Integrationskonstante S0 ?
Ttrs
Tfus
Tvap
T2
T
3. Hauptsatz der Thermodynamik
Dieser ist wie der 1. und 2. Hauptsatzes ein Erfahrungssatz (NERNST, PLANCK):
Die Entropien aller ideal kristallinen Substanzen besitzen bei T = 0 den gleichen
Wert. Dieser Wert wird gleich null gesetzt: S(T = 0) = 0.
• in Einklang mit der Anschauung versteht man die Entropie als Maß für die
Unordnung.
• dieser Satz gilt für ideale Kristalle unterschiedlicher Modifikationen (z.B. monokliner
oder rhombischer Schwefel)
• dieser Satz gilt nicht für amorphe Substanzen!
Mit dem 3. Hauptsatz kann man S = S(T, p) explizit berechnen. Für viele Stoffe sind
die Entropie-Werte tabelliert, vor allem für Standardbedingungen:
° (Molare Standard-
S
SATP = standard ambient temperature
and pressure: 298,15 K und 105 Pa = 1 bar
Seite 88, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Entropie)
Freie Enthalpie
→ Triebkraft spontaner Vorgänge in geschlossenen Systemen
Abgeschlossene Systeme:
dS ≥ 0
(2. Hauptsatz)
Geschlossene Systeme:
Gibt es hier ein ähnliches Kriterium?
→ wichtig, weil häufig auftretend, z.B. Reaktionsgefäß
Wir betrachten ein geschlossenes System zusammen mit seiner
Umgebung als abgeschlossenes System:
geschlossenes
System
diS
Umgebung
T = konst.
deS
Umgebung wird als unendlich großes
abgeschlossenes System betrachtet
⇒ T = konst.
dS = diS + deS ≥ 0,
diS ≥ 0 (= für reversible, > für irreversible Vorgänge)
deS = δq/T
diS = dS − δq/T ≥ 0, isobarer Prozess, p = konst. ⇒ δq = dH
diS = dS − dH/T ≥ 0 (Multiplikation mit −1) ⇒ dH − TdS ≤ 0 gilt für geschlossene Systeme
Seite 89, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Freie Enthalpie - Definition
Definition Freie (GIBBSsche) Enthalpie G nach J. W. GIBBS:
G = H −T ⋅ S
Für isobare Prozesse (p = konst.) gilt: dH – TdS ≤ 0
Also:
∆G = ∆H − T∆S ≤ 0
dG = dH − TdS ≤ 0
(siehe Vorfolie, beachte auch: T = konst. ).
GIBBS-HELMHOLTZ-Gleichung
Wir haben damit eine wichtige Beziehung für freiwillig ablaufende (= spontane) isotherme und
isobare Vorgänge in geschlossenen Systemen:
G strebt einem Minimum zu. Vorgänge laufen nur spontan ab, wenn ∆G < 0.
⇒ Aussage über die Triebkraft einer Reaktion (eines Prozesses).
Seite 90, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Differenzial der Freien Enthalpie …
Wir leiten Ausdruck für dG ab:
G = H − T⋅S
dG = dH − T⋅dS − S⋅dT (Produktregel)
dH = δq + V⋅dp
(s.o.) und
dS = δq/T
(m. Umgebung ausgetauschte Entropie) eingesetzt,
ergibt:
verschwindet bei p = konst. und T = konst. !
dG = V⋅dp − S⋅dT
… und Beispiele für chemische Gleichgewichte
• chemische Reaktion
• Koexistenz verschiedener Phasen (z.B. flüssig/fest)
• Lösungsgleichgewichte
•…
Seite 91, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Bildquelle: Reininger
Freie Reaktionsenthalpie ∆rG
Freiwilliger Ablauf chemischer Reaktionen bei
∆rG = ∆r H − T ⋅ ∆r S < 0
∆ rH
∆ rS
Folgerung über Freiwilligkeit des Vorgangs:
a)
<0
>0
Bei jeder Temperatur möglich, ∆rG stets < 0
b)
>0
<0
Bei keiner Temperatur möglich, ∆rG stets > 0
c)
<0
<0
Bei niedriger Temperatur begünstigt, da dort
∆rG < 0 wahrscheinlicher
d)
>0
>0
Bei hoher Temperatur begünstigt, da dort
∆rG < 0 wahrscheinlicher
Vorgänge vom Typ c)
Vorgänge vom Typ d)
Vorgänge mit ∆G stets < 0
Vorgänge mit ∆G stets > 0
Seite 92, Bauerecker, PC für Nebenfächler
heißen enthalpiegetrieben.
heißen entropiegetrieben.
heißen exergonisch.
heißen endergonisch.
Beispiel Anwendung Freie Enthalpie
Bildquelle: superlehrer.de
Beispielreaktion: Oxidation von Glukose (Verbrennung)
C6H12O6(s) + 6 O2(g) → 6 CO2(g) + 6 H2O(l)
∆ r G ° = ∆ r H ° − T ⋅ ∆ r S ° = (−2794 − 298 ⋅ 0,262) kJ/mol = − 2872 kJ/mol
Berechnet über Freie Standardbildungsenthalpien:
∆ r G ° = [6 ⋅ (−394) + 6 ⋅ (−237) − (−911) − 6 ⋅ 0] kJ/mol = − 2875 kJ/mol
Seite 93, Bauerecker, PC für Nebenfächler
∆rG bei chemischer Reaktion
Änderung der Freien Enthalpie bei chemischer Reaktion schematisch:
A+B ⇌ C+D
Rückreaktion
läuft auch immer ab!
Edukte
Produkte
Bildquelle: pixabay
G
spontan
∆rG < 0
nur
A+B
Seite 94, Bauerecker, PC für Nebenfächler
spontan
Warum verbrennt Glukose nicht spontan in
Sauerstoffatmosphäre, wie es nach obiger
Betrachtung sein müsste?
⇒ Kinetische Hemmung liegt vor
⇒ Energiebarriere
∆rG = 0
nur
C+D
Man muss also unterscheiden:
- thermodynamische Betrachtung
- kinetische Betrachtung
Gleichgewicht,
thermodynamische
Triebkraft verschwindet,
→ dynamisches Gleichgewicht aus Hin- und Rückreaktion
Freie Energie
Definition der Freien (HELMHOLTZ) Energie F :
F =U −T ⋅ S
∆F = ∆U − T∆S ≤ 0
dF = dU − TdS ≤ 0
dF = dU − T⋅dS − S⋅dT (Produktregel), dU = δq + p⋅dV (s.o.) und dS = δq/T eingesetzt,
ergibt:
dF = p ⋅ dV − S ⋅ dT
Wir haben damit eine weitere wichtige Beziehung für freiwillig ablaufende (= spontane)
isotherme und isochore Vorgänge:
F strebt einem Minimum zu. Vorgänge laufen nur spontan ab, wenn ∆F < 0.
Anwendbar bei V = konst. und T = konst.
Seite 95, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Übersicht Thermodynamische Potentiale
Innere Energie
Freie Energie
Freie Enthalpie
Enthalpie
dU = TdS – pdV
dF = – SdT – pdV
dG = – SdT + Vdp
dH = TdS + Vdp
GUGGENHEIM Quadrat
Beispiel dU = – pdV + TdS
Natürliche
Variable
Merkschema:
Unheimlich viele
Forscher trinken gern
Pils hinterm Schreibtisch
Das Potential (hier U) wird ausgewählt, benachbart stehen die zugehörigen Differenziale (hier dS und dV)
ohne Vorzeichen. An den Ecken gegenüber stehen die zugehörigen Koeffizienten (hier – p und T) mit
Vorzeichen. Die natürlichen Variablen des thermodynamischen Potentials U sind S und V. Für energetische
Betrachtungen/Rechnungen wählt man das Potential dem vorliegenden System entsprechend so, dass die
Differentiale Null sind, z.B. bei abgeschlossenen Systemen das Potential U (keine Wärmeaustausch, keine
Volumenänderung.
Seite 96, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Aggregatzustände und Phasenumwandlungen
Festkörper α
umwandeln
Festkörper β
Seite 97, Bauerecker, PC für Nebenfächler
DICHTE
Gläser
(amorphe Stoffe)
desublimieren
Flüssigkeiten
sublimieren
ENERGIEINHALT
Gase (Dämpfe)
Phasengleichgewichte eines Reinstoffes
Schmelzkurve
Dampfdruckkurve
Gibbssche Phasenregel:
F=K–P+2
F Anzahl der Freiheitsgrade des Systems (Zahl der
Zustandsvariablen die unabhängig von der Zahl der Phasen
geändert werden können).
K Anzahl der Komponenten,
P Anzahl der Phasen,
Phasenregel gilt im Gleichgewicht.
Beispiele:
1) Auf Phasengrenzlinie: P = 2, K = 1 ⇒ F = 1. Man kann
sich auf Linie bewegen ⇒ 1 Freiheitsgrad.
Sublimationskurve
2)
Auf Tripelpunkt: P = 3, K = 1 ⇒ F = 0. Man ist auf
Punkt beschränkt ⇒ 0 Freiheitsgrade.
3)
Innerhalb einer Phase: P = 1, K = 1 ⇒ F = 2. Man kann
sich in p-T-Fläche des Phasengebietes bewegen.
Phasengleichgewichte eines Reinstoffes werden im p-T-Phasendiagramm dargestellt:
• gibt stabilste Phasen an;
• Phasengrenzlinien: benachbarte Phasen stehen mitein-ander im GG (Dampfdruck-, Sublimations-, Schmelz-Kurve);
• Dampf/Flüssigkeit stehen im dynamischen Gleichgewicht;
• kritischer Punkt: Oberhalb Tkrit keine Verflüssigung möglich;
• Tripelpunkt: alle drei Phasen sind im GG.
Seite 98, Bauerecker, PC für Nebenfächler
CLAUSIUS-CLAPEYRON-Gleichung
Wir betrachten ein geschlossenes System aus einer Komponente, die in zwei Phasen
vorliegt (gekennzeichnet durch '' und '). Phasengleichgewicht bedeutet, dass die
Freie Umwandlungsenthalpie null ist (sonst würde sich die eine Phase weiter in die
andere umwandeln):
G'' – G' = ∆trG = 0 ⇒ dG'' = dG'
mit dG = Vdp – SdT folgt
V''dp – S''dT = V'dp – S'dT,
(V'' – V') dp = (S'' – S') dT ⇒ (dp/dT)koex = (S'' – S') / (V'' – V'),
mit S'' – S' = ∆ trS = ∆ trH / T und V'' – V' = ∆ trV folgt
∆ tr H
 dp 
  =
 dT  koex T ⋅ ∆ trV
Seite 99, Bauerecker, PC für Nebenfächler
CLAUSIUS – CLAPEYRONsche
Gleichung
Folgerungen aus CLAUSIUS-CLAPEYRONscher ..
… Gleichung:
∆ H
 dp 
  = tr
 dT  koex T ⋅ ∆ trV
1. Steigung (dp/dT)koex der Phasengrenzlinie lässt sich durch rechten Teil der
Gleichung bestimmen.
2. Übergang (l) → (g): ∆vapH > 0 (Verdampfung erfordert Energiezufuhr)
∆vapV > 0 (Molvolumen Gasphase 1000 x größer als in fl. Phase)
⇒ dp/dT > 0
3. Übergang (s) → (g): ∆subH > 0 (Sublimation erfordert Energiezufuhr)
∆subV > 0 (Molvolumen Gasphase 1000 x größer als in fester Phase)
⇒ dp/dT > 0
4. Übergang (s) → (l): ∆fusH > 0 (Schmelzen erfordert Energiezufuhr)
aber! ∆fusV ≈ 0 (Molvolumina flüssige und feste Phase unterscheiden sich sehr gering)
⇒ dp/dT ist groß, aber Vorzeichen ist a priori nicht bestimmbar
⇒ siehe H2O, hier ∆fusV < 0
⇒ negative Steigung im Phasendiagramm
Seite 100, Bauerecker, PC für Nebenfächler
T - Abhängigkeit des Dampfdrucks (einer Flüssigkeit)
Für Übergang (l) → (g) gilt
∆vapV = V(g) – V(l) ≈ V(g), mit id. Gasgesetz V = N/p ⋅RT
in CLAUSIUS-CLAPEYRONsche Gleichung eingesetzt:
dp p ⋅ ∆ vap H
=
dT
n ⋅ RT 2
(DGL lösbar durch Trennung der Variablen)
Integration der Gleichung liefert T- Abhängigkeit des Dampfdruckes:
p(T ) = p0 (T0 ) ⋅ e
∆vap H 1 1
(T −T )
n⋅R
0
(nimmt exponentiell mit 1/T zu)
T0, p0 sind Referenztemperatur und –druck, d.h., wenn ein Punkt auf Dampfdruckkurve
bekannt ist, lässt sich diese mit dieser Gleichung berechnen.
Entsprechende Gleichungen gelten für Übergang (s) → (g). Hier muss ∆vapV durch
∆subV = ∆vapV + ∆fusV ersetzt werden. ⇒ Sublimationskurve hat größere Steigung als
Dampfdruckkurve.
Seite 101, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Flüssigkeiten
metallische
(geschmolzene Metalle)
polare
(auch geschmolzene
Salze)
unpolare
Hohe elektr. Leitfähigkeit
mäßige Leitfähigkeit
⇒ teilweise Ionisation
⇒ vollständige Ionisation in
Rumpfionen und Elektronengas,
metallischer Glanz
Sehr geringe elektrische
Leitfähigkeit
(„Isolatoren“)
⇒ Keine Ionisation
Na, Hg, Al, Au
H2O, HNO3, BiCl3,
CH3OH, ...
CCl4, C6H6, C6H12, C6H14,
...
Stark assoziiert
(Zusammenlagerung)
Gering assoziiert
→ Viskosität, Strömungseigenschaften siehe oben!
Seite 102, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wasser - Struktur
Wasser spielt für Leben und Klima auf der Erde eine herausragende Rolle. Es hat einige
„anomale“ Eigenschaften. Die erhöhte Verdampfungsentropie deutet z.B. auf einen erhöhten Ordnungszustand in der
flüssigen Phase hin → lokale Cluster aus Molekülen, über H-Brücken gebunden.
Lewis-Strukturmodell
Gittermodell von Eis mit
Wasserstoffbrückenbindungen
Seite 103, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wassermolekül
Struktur des
Wassermoleküls
Wasser – Besondere Eigenschaften
GrotthußMechanismus
Bildquelle: K.-D. Keller Wikimedia
Eigenschaft
Im Vergleich
Bedeutung / Auswirkung
Wärmekapazität
Extrem hoch, nur fl.
NH3 höher
Temp.-Ausgleich, Dämpfung v. Temp.Schwankungen
Schmelzenthalpie
Hoch
Temp.-Ausgleich, langsames Gefrieren
Verdampfungsenthalpie
Extrem hoch
Atmosphär. Wärmetransport, Schwitzen, etc.
Thermische Ausdehnung
anormal
Dichtemaximum (3,98 °C), Temp.-Konvektion, Eis
schwimmt oben
Oberflächenspannung
Extrem hoch
Membranen, Tropfenbildung, Tensidwirkungen
Transparenz
Relativ groß
Absorption IR und UV, kaum im Sichtbaren
(Photosynthese, Lebensvorgänge)
Viskosität
Relativ klein
Blutkreislauf (Kapillaren)
Wärmeleitfähigkeit
Extrem hoch
Energieaustausch durch Wärmeleitung groß (Zelle!)
Dielektrizitätskonstante
Sehr hoch
Solvatisierung von Ionen
Dissoziation
Sehr gering
Bei H+ und HO- hohe Ionenbeweglichkeit durch
besonderen Transportmechanismus (GROTTHUSS-)
Lösungsfähigkeit
außergew. hoch für
verschied. Stoffe
Elektrolyte, polare Nichtelektrolyte, Blutplasma,
Bioflüssigkeiten
Seite 104, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Phasendiagramm Wasser
Tripelpunkt T:
0,01°C ; 6,1 hPa
negative Steigung!
Bildquelle: Chemgapedia
Seite 105, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Kritischer Punkt K:
374 °C; 220 bar = 22 MPa
Festkörper
kristalline
amorphe
Metalle, Salze, Minerale,
Halbleiter, org. Stoffe
regelmäßige Anordnung der
Bausteine
Scharfe Schmelztemperatur, wenn
rein: Tfus
Gläser, Bitumen, Si, Ge,
Kunststoffe, Zucker
regellose Anordnung der
Bausteine
Erweichungsintervall,
Glastemperatur: Tg
Strukturaufklärung durch Beugung und Interferenz v. Röntgenstrahlen
(v. LAUE 1912, BRAGG 1916), Elektronen und Neutronen.
Informationen aus Reflexen:
Lage
⇒ Abstand Gitterebenen
Intensität ⇒ Atomgewicht
Breite
⇒ Partikelgröße
Seite 106, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Gittertypen:
1. Atomgitter
2. Ionengitter
3. Molekülgitter
Bildquelle: Wikipedia
Mischungen/Lösungen (Mehrkomponentensysteme)
Wir sehen Lösung und Mischung als gleichbedeutend an und betrachten sie allgemein als
Mehrkomponentensysteme.
Einteilung
1. Beide reine Stoffe sind Flüssigkeiten
a) vollständig mischbar (Ethanol/H2O, CCl4/Benzol, …)
b) unvollständig mischbar (Ether/H2O, CS2/Methanol, Nikotin/H2O
→ Mischungslücke
2. Flüssigkeit und Festkörper
a) gesättigte Lösungen (ohne und mit Bodenkörper)
b) ungesättigte Lösungen
b1) Stoff 2 löst sich als Molekül:
H2O/Rohrzucker
H2O/Harnstoff
b2) Stoff 2 dissoziiert:
H2O/Salze
H2O/Säuren
3. Flüssigkeit und Gas
a) keine Reaktion mit Lösemittel:
H2O/O2, H2O/CH4
b) Reaktion mit Lösemittel:
H2O/CO2, H2O/NH3
Seite 107, Bauerecker, PC für Nebenfächler
System
Wasser/Nikotin
T/°C
Bildquelle: Vorlesung Gericke
Konzentrationsmaße (Mengenanteile)
… einer chemischen Komponente in einer Mischung.
xi =
Ni
NA
Ni
NA
ni
=
n
∑i ∑
=
Ni
∑ Ni
xi
= Stoffmengenanteil (Molenbruch) einer Komponente i
ni
= Stoffmenge einer Komponente i
Ni
= Teilchenanzahl einer Komponente i
NA
= Avogadro-Konstante = 6,022 ⋅ 1023 mol-1
Ni/NA = Molzahl einer Komponente i = Stoffmenge
Hier bevorzugt verwendet.
mi/V
= Massenkonzentration (Partikeldichte) einer Komponente i
Vi/V
= Volumenkonzentration einer Komponente i
Vi/ΣVi = Volumengehalt (Volumenbruch) einer Komponente i
mi/Σmi = Massengehalt (Massenbruch) einer Komponente i
ci = ni/V
= Stoffmengenkonzentration (Molarität)
yi = Ni/(NA·m) = Stoffmenge pro Masse (Molalität)
100·Vi/VLsg
Für zwei Komponenten (binäre Mischung):
x1 =
n1
n1 + n2
x2 = 1 − x1 =
Seite 108, Bauerecker, PC für Nebenfächler
n2
n1 + n2
= Volumenprozent einer Komponente i
Ideale Mischungen
Extensive Zustandsgrößen addieren sich aus denen der reinen Komponenten
(Ausnahme Entropie). Bsp. Volumen ideale Mischung (m für Mischung):
V = n1V1 + n2V2 + n3V3 + ...
Vmol = x1Vmol ,1 + x2Vmol , 2 + x3Vmol ,3 + ...
U = n1U1 + n2U 2 + n3U 3 + ...
U mol = x1U mol ,1 + x2U mol , 2 + x3U mol ,3 + ...
...
...
• Entspricht „naiver“ Erwartung.
• Zwischenmolekulare Wechselwirkungen zw. allen Komponenten sind gleich groß.
• Eigenschaftsänderungen hängen bei Konzentrationsänderung nur von dieser Konzentrationsänderung ab,
nicht jedoch von den Eigenschaften der gelösten Stoffe.
• Gilt annähernd für gleichartige Stoffe (z.B. Gasmischungen).
• Ideale Mischungen sind die Ausnahme, nicht die Regel!
26,7 cm3 bei verdünnter Lsg. (n1 groß)
Dies gilt nicht für reale Mischungen!
31,3 cm3 bei gesättigter Lsg. (n1 klein).
Bsp.: Zugabe 1 mol KCl zu n1 mol H2O ⇒ Volumenzunahme d. Lsg.
Bei realen Mischungen sind die extensiven Größen nicht additiv aus denen der reinen Komponenten zu errechnen.
Hier gilt:
V = n1V1 + n2 V2 + n3V3 + ..., mit
 ∂V 
Vi =  
 ∂n1  p ,T ,ni
ist eine Funktion von den anderen Molzahlen, Druck und Temperatur.
Seite 109, Bauerecker, PC für Nebenfächler
als partielles molares Volumen. Dieses
Partielle molare Größe
Bsp.:
Molvolumen ist Funktion mehrerer Veränderlicher (z.B. p,T,ni):
Partielles Molvolumen der Komponenten i:
V = f ( p, T , ni )
 ∂V 
Vi =  
 ∂ni  p ,T ,ni
• Partielle Ableitung von V nach Variable ni
• unter Konstanthaltung aller anderer Variablen (p,T, ni ≠ nk)
• partielle Ableitung ist gekennzeichnet durch geschwungenes ∂
Beispiele partieller Ableitungen:
g = g ( x, y, z,♥) = 2 x + 3 yz + ♥
3
2
Seite 110, Bauerecker, PC für Nebenfächler
∂V
∂ni
p ,T , ni
manchmal auch so
geschrieben!
∂g ∂
2 x + 3 yz 3 +♥2 = 2
=
∂x ∂x
∂g ∂
2 x + 3 yz 3 +♥2 = 3z 3
=
∂y ∂y
∂g ∂
2 x + 3 yz 3 +♥2 = 9 yz 2
=
∂z ∂z
∂g ∂
2 x + 3 yz 3 +♥2 = 2♥
=
∂♥ ∂♥
(
)
(
)
(
)
(
=
)
Reale Mischungen
Beispiel:
Mischung Ethanol – Wasser
Bsp.: bei einem Anteil von etwa 10 % hat das Ethanol in der Mischung
nur ein molares (partielles) Volumen von ca. 52 anstelle der „idealen“
58,3 mL/mol (gestrichelte Linie).
 Partielles Molvolumen von Ethanol in der
Mischung: ∂V/ ∂nE
 Molvolumen der Mischung: VMischung(xE)
 Partielles Molvolumen von Wasser in der
Mischung: ∂V/ ∂nW
Bildquelle:
Vorlesung Maul
Molvolumen der realen Mischung:
 ∂V
 ∂V 

+ xW 
VMischung = xE 
 ∂nE  p ,T ,nW
 ∂nW
1 = xE + xW
Seite 111, Bauerecker, PC für Nebenfächler


 p ,T ,nE
Chemisches Potential
Das Chemische Potenzial µi eines Stoffes i in einer Mischphase (Gasmischung, Lösung, chem.
Reaktionssystem, …) ist eine sehr wichtige Größe in der Thermodynamik (siehe auch oben).
Definition:
 ∂G 
µi =  
 ∂ni  p ,T ,n
j
Anschaulich:
µi beschreibt also die Fähigkeit einer kleinen Stoffmenge ∂ni der Substanz i, die dem System
zugegeben wird, an diesem System Arbeit zu verrichten, die bei konstanter Temperatur T,
konstantem Druck p und konstanten Stoffmengen nj der anderen Substanzen j als kleine
Änderung der Freien Enthalpie ∂G auftritt.
Erweiterung des Differentials der Freien Enthaltpie (s.o.) um die Wirkung von Materieaustausch
des Systems mit der Umgebung durch die einzelnen Komponenten-Stoffmengen n1, n2, n3, …,
zur Gibbschen Fundamentalgleichung:
dG = − SdT + Vdp + ∑ µi dni
Wenn p und T konstant, ergibt sich die
gesamte Freie Enthalpie des Systems zu
Seite 112, Bauerecker, PC für Nebenfächler
G = ∑ ni µi
Chemisches Potential und Aktivität
Das chemische Potential lässt sich in zwei Anteile aufspalten:
µi(p,T) = µi°(p=105Pa, T) + RT⋅lnai
chem. Standardpotential
Aktivität mit
ai = fi ⋅ xi
Anders geschrieben:
µi = µi° + RT⋅lnxi + RT⋅lnfi
id. Anteil
(id. Gas, id. Lösung)
Bei ideal verdünnter Lösung gilt:
fi ≈ 1 ⇒ ai ≈ xi
Seite 113, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Zusatzanteil / Exzessanteil
für reales Verhalten
Aktivitätskoeffizient berücksichtigt
Abweichung vom id. Verhalten
HENRYsches Gesetz
Der Dampfdruck pi einer flüchtigen gelösten Substanz ist proportional zu ihrem
mit HENRY-Konstante KH
Stoffmengenanteil xi in der Lösung: pi = KHxi
(gilt insbesondere für ideal verdünnte Lösungen)
Gasgemisch mit
Komponente i
Flüssigkeit mit
gelöstem Gas i
HENRY-Konstante einiger Gase in Wasser
bei 25°C,
KH / mbar
Methan, CH4
Kohlendioxid, CO2
Wasserstoff, H2
Stickstoff, N2
Sauerstoff, O2
Seite 114, Bauerecker, PC für Nebenfächler
105
4,19 x
1,67 x 106
7,12 x 107
8,68 x 107
4,40 x 107
Physiologische Bedeutung:
A) In Luft ist bei 25°C die 30fach größere
Menge O2 als in gleichem Volumen in
Wasser!
⇒ Lungenatmung ist gegenüber
Kiemenatmung im Vorteil!
B) T-Abhängigkeit der Gaslöslichkeit:
Löslichkeit von O2, N2, CO2 nimmt bei TAnstieg von 0 auf 30°C auf die
Hälfte ab!
⇒ vitales Meeresleben in Polarregionen
(auch wg. Durchmischung!).
Kolligative Eigenschaften von Lösungen
Dies sind Eigenschaften verdünnter Lösungen, die praktisch nicht von der Natur der
beteiligten Stoffe, sondern ausschließlich von deren Konzentrationen abhängen. Alle
vier kolligativen Effekte haben unterschiedliche Ausprägung. Vergleiche die
Zahlenwerte (Bsp.: einmolare wässrige Lösung, 25°C):
Kolligativer Effekt
Symbol
Zahlenwert / Ausprägung
1. Dampfdruckerniedrigung
∆p/p0
-0,02
2. Siedepunktserhöhung
∆Tvap
0,51 K
3. Gefrierpunktserniedrigung
∆Tfus
-1,9 K
4. Osmotischer Druck
π
25 bar (!)
Seite 115, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Dampfdruckerniedrigung
Wir betrachten eine verdünnte Lösung einer nicht-flüchtigen Substanz 2 in einem flüchtigen
Lösungsmittel 1 mit p0 als Dampfdruck des reinen Lösungsmittels.
RAOULTsches Gesetz (1890):
Der Dampfdruck p des Lösungsmittels nimmt proportional mit seiner Stoffmengenkonzentration x1
ab:
p = x1 ⋅ p0
Mit ∆p = p0 – p und x2 = 1 – x1 gilt:
Die relative Dampfdruckerniedrigung ∆p/p0 ist gleich
dem Molenbruch der gelösten Substanz: ∆p/p0 = x2
p
p0
RAOULTsches
Gesetz
wahrer
Verlauf
0,5
Seite 116, Bauerecker, PC für Nebenfächler
x1
1
Siedepunktserhöhung u. Gefrierpunktserniedrigung
Wir betrachten beide Phänomene schematisch am p-T-Phasendiagramm (s. auch oben):
p
Schmelzdruckkurven
Dampfdruckkurven
1013
mbar
Bsp. H2O (mit negativ steigender
Schmelzdruckkurve)
reines Lösungsmittel
Lösung, z.B. von Zucker
∆Tfus
∆Tvap
T
Dampfdruckkurve und Schmelzdruckkurve der Lösung verlaufen unterhalb der entsprechenden
Kurven des reinen Lösungsmittels. Aus den Gleichungen von RAOULT und CLAUSIUS-CLAPEYRON
folgt durch Gleichsetzen (über ∆p/p0):
RT 2
(Siedepunktserhöhung)
∆Tvap = x2 ⋅
∆ vap H
∆T fus
Seite 117, Bauerecker, PC für Nebenfächler
RT 2
= x2 ⋅
∆ fus H
(Gefrierpunktserniedrigung)
Beispiele Gefrierpunktserniedrigung
1. Winterdienst-Salzstreuung. Es kommt nur auf die
Zahl der gelösten Teilchen an. Also ließe sich auch
Zucker streuen.
2. Winterharte Pflanzen. Umwandlung von Stärke
(Polysaccharid) in Glucose (Monosaccharid) erhöht Zahl
gelöster Teilchen ⇒ Gefrierpunktsabsenkung.
Seite 118, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Osmotischer Druck
Osmotische Erscheinungen bilden eine bestimmte Klasse von Transporterscheinungen an Membranen. Osmose ist
ein wichtiges Phänomen in der Biologie. Semipermeable Membran: Ideale Membran, ist durchlässig für eine
Komponente (meist Lösungsmittel, z.B. H2O) und undurchlässig für andere Komponente(n) (z.B. geladene Salzionen
wie Na+, Mg2+, Cl-). Geeignete technische Membranen sind in Praxis realisiert ⇒ z.B. bei Meerwasserentsalzung.
Modellaufbau
Lösungsmittel,
Druck: p
Lösungsmittel plus
weitere Komponente,
Druck: p + π
Bildquelle: Chemgapedia
semipermeable Membran
Lösung (L) und Lösungsmittel (LM) (bzw. 2 Lösungen unterschiedl. Konzentration) sind durch semipermeable Membran
getrennt ⇒ LM wandert vom Ort höheren chem. Potentials zum Ort niedrigeren chem. Potentials in L.
π = osmotischer Druck
a) Gleichgewicht (kein LM-Fluss):
b) Osmose (LM fließt zur L und verdünnt diese:
0 < π < osmotischer Druck
π > osmotischer Druck
c) Umkehrosmose, Hyperfiltration (LM wird aus L gepresst, ⇒ L konzentrierter):
Seite 119, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Osmose: VAN‘T HOFFsches Gesetz
Für verdünnte Lösungen gilt für den osmotischen Druck:
π = c ⋅ R ⋅T
VANT‘HOFFsche Gleichung (1886)
Die Gleichung ist formal analog zur idealen Gasgleichung:
c = Nmol /V ist Konzentration
des gelösten Stoffes.
p=
N mol
RT = cRT
V
Lösungen von gleichem osmotischen Druck heißen isotonisch. Sie sind wichtig für
• Augen-, Nasen-Tropfen,
• Injektions- und Infusionslösungen,
• Blutplasma-Ersatzlösungen (physiolog. Kochsalzlösung),
• Turgor von Gewebs- und Pflanzenzellen (Zellflüssigkeitsdruck, → Spannungszustand,
• Isotonische Getränke für Leistungssportler.
Seite 120, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Umkehrosmose: Anwendungen
1. Reinwasserspender
Bildquelle: Siemens
2. Großtechnische Meerwasserentsalzung
Bildquelle: Taprogge
Seite 121, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Bildquelle: Siemens
Kolligative Eigenschaften: Anwendungen
Die Gesetze für die vier kolligativen Eigenschaften von Lösungen sind anwendbar zur
Bestimmung von:
• „Osmolarität“ der Lösung (Gesamtkonzentration der gelösten Stoffe),
• Aktivitätskoeffizient des Lösungsmittels und des gelösten Stoffes,
• Dissoziationsgrad des Gelösten,
• Relative Molekülmasse des Gelösten (hochmolekulare Stoffe)
Seite 122, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Chemische Gleichgewichte
Wir betrachten eine chemische Reaktion, deren stöchiometrische Gleichung
gegeben sei durch:
Hinreaktion
Edukte
Produkte
νAA + νBB ⇌ νCC + νDD
Rückreaktion
νi sind stöchiome-
Bildquelle: SchulLV
trische Koeffizienten
Unabhängig davon, ob die Reaktion mit den Produkten oder Edukten startet, stellt sich im thermodynamischen Gleichgewicht (GG) ein eindeutig bestimmter dynamischer Gleichgewichtszustand ein.
Beispiel Ammoniaksynthese:
3 H2 + N2 ⇌ 2 NH3
mit νA = 3, νB = 1, νC = 2
Seite 123, Bauerecker, PC für Nebenfächler
VAN‘T HOFFsche Reaktionsisotherme
Wir betrachten die Freie Reaktionsenthalpie ∆rG und gehen vom totalen Differenzial von G(T,p,ni) bei
isothermen und isobaren Bedingungen (dT = 0, dp = 0) aus, s.o.:
=0
=0
d r G = ∑ µi dni [+ Vdp − SdT ]
Bezogen auf Reaktionsgleichung, mit dni ersetzt durch νi
i
∆ r G = ∑ν i µi
i
∆ r G = ∑ν i µi + RT ∑ν i ln ai
i
Die µi sind im allgemeinsten Fall gegeben durch (s.o.):
µi = µi° + R⋅T ⋅ lnai , womit
i
∆rG° = Freie Standardreaktionsenthalpie
Anwendung Logarithmusgesetze
∆ r G = ∆ r G  + RT ⋅ ln ∏ aνi i
VAN‘T HOFFsche Reaktionsisotherme
i
 aνCC ⋅ aνDD
∆ r G = ∆ r G + RT ⋅ ln ν A ν B
 a A ⋅ aB

Seite 124, Bauerecker, PC für Nebenfächler
 für die Reaktion νAA + νBB ⇌ νCC + νDD


Massenwirkungsgesetz
Im Gleichgewichtsfall gilt:
mit
K = ∏ aνi i
∆rG = 0 = ∆rG° + RT⋅lnK
Massenwirkungsgesetz (fundamental wichtig!),
i
aνCC ⋅ aνDD
K = νA νB
a A ⋅ aB
Man erhält
für die Reaktion νAA + νBB ⇌ νCC + νDD,
K ist thermodynamische Gleichgewichtskonstante d. Reaktion.
∆rG
ln K = −
RT
(fundamental wichtig!)
Man kann damit aus bekannten Freien Standardreaktionsenthalpien die Gleichgewichtskonstante
einer chemischen Reaktion berechnen!
[NH3] andere Schreibweise f.
Obiges Beispiel 3 H2 + N2 ↔ 2 NH3 liefert
Konzentration oder Molenbruch!
[ NH 3 ]2
a( NH 3 ) 2
x( NH 3 ) 2
K=
≈
=
a(H 2 ) 3 ⋅ a( N 2 ) x(H 2 ) 3 ⋅ x( N 2 ) [H 2 ]3 ⋅ [ N 2 ]
unter Verwendung der bei Gasen guten Näherung ai ≈ xi. Einsetzen von ∆rG° = -32,9 kJ⋅mol-1 bei
25°C liefert K = 5,8 x 105 ⇒ x(H2) = 0,046, x(N2) = 0,0154, x(NH3) = 0,938, wobei Σxi = 1 gelten
muß!
Seite 125, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Chemische Reaktionskinetik
Chemische Thermodynamik
macht Aussagen zu:
- Gleichgewichten,
- Ablaufrichtung und
- Energetik von chem. Reaktionen
- keine Aussage zur Geschwindigkeit
- ohne Begriff „Zeit“
Der Reaktionsmechanismus chem.
Reaktionen besteht i.d.R. aus zahlreichen, experimentell schwer
erfassbaren Zwischenstufen
(Elementarreaktionen).
Chemische Kinetik
ist Lehre der Dynamik molekularer u. zellulärer Prozesse,
sie behandelt:
- Transportvorgänge im System (Makrokinetik)
- Geschwindigkeit und
- Mechanismus von Reaktionen (Mikrokinetik)
Homogenkinetik
Reaktion verläuft vollständig
in einer Phase
Heterogenkinetik
Reaktion verläuft an
Phasengrenzflächen
-Historisches:
Anscheinend erstes Wissen zu Reaktionskinetik bei
Bierbrauern, Weingärtnern, Metallurgen
- Stoffwechselkinetik (z.B. Diagnostik Organfunktion)
- Pharmakokinetik
Seite 126, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Transportvorgänge
Konvektion
„erzwungen“
- Schütteln
- Rühren
- Ultraschall
- Umschwenken
- ...
Diffusion (molekularer Transport)
„frei“
durch Unterschiede in
- Temperatur
- Dichte
- Oberflächenspannung
A
c2
A
c1
1. FICKsches Gesetz:
dN/dt = – D · A · dc/dx
STOKES-EINSTEIN-Gleichung
D = kB T / (6 π ηr)
Zähigkeit
Molekülradius
Seite 127, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Stoffmengenfluss
Fläche
Konzentrationsgradient (-gefälle)
Diffusionskoeffizient D
ist Maß für Diffusionsgeschwindigkeit
[D] = m2 s-1
Reaktions-Geschwindigkeit und -Ordnung
Wir betrachten ein geschlossenes Reaktionsgefäß mit Volumen V, in dem die
Reaktion A + B ⇌ C + D abläuft. Dann gilt wegen Stöchiometrie (Lehre von den chemischen
Umsetzungen) für die Reaktionsgeschwindigkeit:
v=−
dc
dc A
dc
dc
=− B = C = D
dt
dt
dt
dt
(Negative Vorzeichen, weil A, B verschwinden, wenn C, D zunehmen).
v hängt von allen Konzentrationen cA, cB, cC, cD ab.
Ansatz für diesen Zusammenhang:
(Geschwindigkeitsgleichung)
v = k(T) ⋅ [A]a⋅[B]b⋅[C]c⋅[D]d
Exponenten werden experimentell
bestimmt, können nicht abgeleitet
werden.
Konzentrationen ci oder auch Stoffmengenanteile xi der Reaktanden
Geschwindigkeits-Konstante (besser: -Koeffizient)
Definition: Reaktionsordnung = Summe aller Exponenten = a + b + c + d
muss nicht unbedingt eine ganze Zahl sein!
Seite 128, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Beispiele Reaktionsordnung
• Reaktion 1. Ordnung (Zerfall Distickstoffpentoxid):
2 N2O5 → 4 NO2 + O2
v = k⋅[N2O5] (Exponent 1, unabhängig v. anderen Konz.)
• Reaktion 2. Ordnung (Zerfall Stickstoffdioxid, T > 150°C):
2 NO2 → 2 NO + O2
v = k⋅[NO2]2 (Exponent 2, unabhängig v. anderen Konz.)
• Reaktion 3. Ordnung (Oxidation Stickstoffmonoxid):
2 NO + O2 → 2 NO2
v = k⋅[NO]2⋅[O2] (Exponent 3, unabhängig v. NO2 Konz.)
• Reaktion 0. Ordnung: selten, Konzentrationen haben keinen Einfluss auf Reaktionsgeschwindigkeit
(z.B. Zersetzung von Gasen an Oberflächen):
2 N2O Au→ 2 N2 + O2
• Reaktion „Pseudo“ 1. Ordnung:
A+B → C
v = k1⋅[A]⋅[B] = k2⋅[B]
= konstant, da im Überschuss vorhanden
Seite 129, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Wasser: Autoprotolyse – das Ionenprodukt KW
Einige wenige Wassermoleküle dissoziieren (→ el. Leitfähigkeit),
Dissoziationsgleichgewicht:
OxoniumIon
HydroxidIon
2 H2O ⇌ H3O+ + OHUnter Anwendung des Massenwirkungsgesetzes und weil der Stoffmengenanteil des Wassers nahezu
unverändert bleibt ([H2O] ≈ 1) ergibt sich für die das Ionenprodukt des Wassers
(Gleichgewichtskonstante):
= 1 ⋅ 10-14 mol2⋅L-2 (bei 25°C, ist T-abhängig!).
KW = [H3O+]⋅[OH-] / [H2O]2 ≈ [H3O+]⋅[OH-]
Bei Autoprotolyse werden gleiche Mengen Oxonium (Hydronium)- und Hydroxid-Ionen gebildet ⇒
[H O ] = [OH ] =
+
3
-
10
-14
mol2
-7 mol
10
=
L2
L
Der pH-Wert ist der negative dekadische Logarithmus der Oxonium-Ionen-Konzentration:
pH = − lg[H3O+]
Seite 130, Bauerecker, PC für Nebenfächler
⇒ pH(H2O, 25°C) = 7
Dissoziation von Säuren – die Säurekonstante KA
Definition nach BRØNSTED: Säuren sind Protonendonatoren, Basen sind Protonenakzeptoren.
Wasser ist ein Ampholyt, d.h. sowohl Säure (H2O ⇌ H+ + OH-) als auch Base (H2O + H+ ⇌ H3O+).
Die Stärke einer Säure HA drückt sich durch die Säurekonstante KA bei ihrer Reaktion mit Wasser
aus, wiederum unter Berücksichtiung, dass [H2O] ≈ 1:
KA
[H O ]⋅ [A ] ≈ [H O ]⋅ [A ]
=
KB
[HB ]⋅ [OH ] ≈ [HB ]⋅ [OH ]
=
+
HA + H2O ⇌ H3O+ + AEntsprechend gilt für eine Base B:
[HA]⋅ [H 2O]
+
B + H2O ⇌ HB+ + OH-
+
-
3
-
[B]⋅ [H 2O]
3
-
[HA]
+
-
[B]
Wiederum wird der negative dekadische Logarithmus verwendet, um die Stärke der Säure oder
Base auszudrücken :
pKA = − lg(KA) ⇒ Säure
pKB = − lg(KB)
Seite 131, Bauerecker, PC für Nebenfächler
⇒ Base
Starke und schwache Säuren
Starke Säuren sind in der Regel vollständig dissoziiert
⇒ Dissoziationsgrad αstark ≈ 1
Schwache Säuren sind in der Regel unvollständig dissoziiert
⇒ Dissoziationsgrad αschwach < 1
pKA
Eigenschaft
Beispiel
<0
sehr stark
HCl, H2SO4, HNO3
0–4
stark
HCOOH, H3PO4
4–8
mittelstark
CH3COOH, H2CO3, H2S
8 – 12
schwach
HCN, NH4+, HCO3-
> 12
sehr schwach
NH3
Quelle: Vorlesung Maul
Seite 132, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Molekularität und Aktivierungsenergie
Die Molekularität einer chem. Reaktion gibt die
notwendige (Stoß-)Partnerzahl bei
Elementarreaktionen an.
• Unimolekulare (monomolekulare) Reaktionen,
Zerfallsreaktionen,
sind immer Reaktion 1. Ordnung.
Bsp. 1: Zerfall von Ozon O3 → O2 + O
Bsp. 2: Radioaktiver Zerfall
• Bimolekular sind die weitaus meisten
Elementarreaktionen, sind immer Reaktionen 2.
Ordnung.
Bsp.: Bildung von Ozon O2 + O → O3 oder
• Trimolekular, drei Stoßpartner sind notwendig,
selten.
Bsp.: Bildung des Sauerstoffmoleküls
O + O + O2 → 2 O 2
Seite 133, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Vor der Reaktion müssen Partner i.d.R.
energetisch angeregt werden, d.h. es
bildet sich ein aktivierter Komplex
Geschwindigkeitsgesetze einfacher Reaktionen
Ziel: Berechnung der Zeitabhängigkeit der Konzentration bei Reaktionen aus Differenzialgleichungen (DGL).
Reaktion 1. Ordnung
v=−
dc
= k ⋅ c = k[A]
dt
Integration der DGL, mit c = c(A), c0 = c(A, t=0) als Konzentration des Edukts A bei t und t = 0.
dc
−
= k ⋅ dt
c
c
ln  = −kt
 c0 
c
t
dc
∫c c = −k ∫0 dt
0
⇒
c(t ) = c0 ⋅ e − kt
c/c0
1 -
Exponentieller Abfall der
Konzentration von A
k nimmt zu
Günstige Form zur Auswertung
⇒ Gerade mit Steigung –k
Halbwertszeit t1/2 → Nach t1/2 ist nur noch die halbe Stoffmenge vorhanden: c(t1/2) = ½ c0 →
Einsetzen in
⇒ ln2 = k⋅ t1/2 ⇒ t1/2 = ln2/k ⇒ t1/2 ist unabhängig von c0!
Seite 134, Bauerecker, PC für Nebenfächler
t
Geschwindigkeitsgesetze einfacher Reaktionen 2
Reaktion 2. Ordnung
v=−
dc
= k ⋅ c 2 = k[A]2 , s.o.
dt
Integration der DGL, mit c = c(A), c0 = c(A, t=0) wie oben, Trennung der Variablen.
c
t
dc
− 2 = k ⋅ dt
c
dc
∫c c 2 = −k ∫0 dt
0
1 1
− = kt
c c0
c0
c(t ) =
1 + k ⋅ c0 ⋅ t
⇒
Günstige Form zur Auswertung
⇒ Gerade mit Steigung k
Halbwertszeit t1/2 → c(t1/2) = ½ c0 → Einsetzen in
⇒ t1/2 ist abhängig von c0!
Seite 135, Bauerecker, PC für Nebenfächler
c/c0
1 -
Hyperbolischer Abfall der
Konzentration von A
k nimmt zu
t
⇒ 2/c0 – 1/c0 = k⋅ t1/2 ⇒ t1/2 = 1/(k⋅ c0)
T-Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit
Faustregel:
Temperaturerhöhung um 10 K führt zur
Verdopplung der Reaktionsgeschwindigkeit
ARRHENIUS-Gleichung
(empirisch):
Logarithmierte Auftragung:
ln k = ln A − Ea / RT
lnA
k (T ) = A e − Ea / RT
A Präexponentieller Faktor
Ea Aktivierungsenergie
Seite 136, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Steigung EA
Enzymkatalysierte Reaktion
Enzyme → hochwirksame, hochspezifische Biokatalysatoren (von lebenden Zellen gebildeter Eiweißkörper)
Katalysator → Reaktionsbeschleuniger
Substrat S lagert sich spezifisch und reversibel an aktives Zentrum im Enzym E an. Komplex ES reagiert zu Produkt P ab,
E wird zurückgebildet:
k1
k2
E
Enzym
+
S
Substrat
⇌
k-1
ES
Komplex
⇀
P + E
Produkt Enzym
GG liegt weit auf rechter Seite
Geschieht die Bildung von ES schnell, der Zerfall von ES jedoch langsamer = geschwindigkeitsbestimmender Schritt,
so gilt:
vP =
d [P]
= k2 [ES]
dt
Die Komplexkonzentration [ES] lässt sich mit Hilfe der Enzymgesamtkonzentration [E]0 und der Substratkonzentration
[S] ausdrücken:
[ES] =
[E]0 [S]
K M + [S]
MICHAELIS-MENTEN-Gleichung
MICHAELIS-Konstante KM
Seite 137, Bauerecker, PC für Nebenfächler
MICHAELIS-MENTEN-Gleichung
vP = k2 [ES] = k2
[E]0 [S]
K M + [S]
MICHAELIS-MENTEN-Gleichung (Schreibweise 1, s.o.)
Es gibt 2 Grenzfälle:
a) [S] << KM ⇒ vP = k2 [E]0⋅[S] / KM
Reaktion 1. Ordnung
b) [S] >> KM ⇒ vP = vmax = k2 [E]0
Reaktion 0. Ordnung
konstant
Damit kann man die MM-Glg. auch so schreiben:
vP
vmax
vP =
½ vmax
vmax ⋅ [S]
K M + [S]
MICHAELIS-MENTEN-Gleichung
(Schreibweise 2)
KM
Seite 138, Bauerecker, PC für Nebenfächler
[S]
Grenzflächenerscheinungen
Mehrphasensysteme haben Phasengrenzen. An Grenzflächen sind physik.-chem. Eigenschaften anders als im Inneren
der Phase. Der Grenzflächeneinfluss nimmt bei fein verteilten Stoffen mit ihrem Verhältnis von Grenzfläche A zu
Volumen V zu.
Beispiele:
a) Kugelförmige Dispersion (Mehrphasensystem):
b)
Einfacher kubischer Kristall:
N = 6⋅1023 Teilchen
groß
A 4π ⋅ r 2 3
=
=
3
4
V
r
3π ⋅r
xOberfl. = 7⋅10-8
⇒ geringer Oberflächenanteil
((42 ⋅ 2 ⋅ 106)2 ⋅ 6)/(6 ⋅ 1023)
0,5 nm Teilchendurchmesser
42 mm
N = 109 Teilchen
klein
500 nm
Seite 139, Bauerecker, PC für Nebenfächler
xOberfl. = 0,01 = 1%
⇒ größerer Oberflächenanteil
Große relative Oberflächen haben:
• Tröpfchen in Emulsionen (z.B. Milch)
• Aerosole, Sprays, Rauche
• Zellen (Oberfläche = zelluläre Membran)
• poröse, gefurchte Teilchen
Aerosolpartikal in der Umwelt
UV
VIS
IR
Öl/Dieselrauch
Wolkentröpfchen
Mineralstaub
Pollen
Meersalzkerne
Algen
Atome
Metallstäube
Bakterien
Viren
Moleküle
0,1
1
Seite 140, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Proteine
10
100
1000
104
105
in nm
Beispiele häufige Aerosole in der Umwelt
Wolken:
Wassertröpfchen- oder Eispartikel-Aerosol
Vulkane:
Staub- und Säure-Aerosole
Meeresbrandung, Gischt:
Salzwassertröpfchen- und Salzkern-Aerosole
Seite 141, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Phänomen Leben
Das Phänomen Leben beruht wesentlich auf speziellen Grenzflächenvorgängen.
Seite 142, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Oberflächenspannung von Flüssigkeiten
Flüssigkeit zeigt Bestreben, einen Zustand minimaler Energie einzunehmen ⇒ möglichst kleine
Grenzfläche ⇒ Kugelform
Isotherme Vergrößerung eines Tropfens:
δw = pi⋅dV = σ ⋅dA
dV = d(4/3⋅ π ⋅r3) = 4π⋅r2⋅dr
dA = d(4π ⋅r2) = 8π⋅rdr
⇒ pi = 2 σ / r
Bildquelle: Backhaus Uni Duesseldorf
YOUNG-LAPLACE-Gleichung
→ „Luftballoneffekt“
Bildquelle: Chemgapedia
Kräfte in Flüssigkeit an Oberfläche und
im Inneren
anziehende Kräfte
(molekulare WWen)
Seite 143, Bauerecker, PC für Nebenfächler
σ Grenzflächenspannung (ist Kraft)
[σ] = N⋅m-1
pi
resultierende Kraft
zieht nach innen
Messmethoden der Grenzflächenspannung
Messmethoden der Grenzflächenspannung
• kapillare Steighöhe
• Tropfenmasse
• maximaler Blasendruck
• Ringmethode
• Plattenmethode (WILHELMY)
Bsp.: Kapillare Steighöhe
r
Benetzbarkeit der Kapillarwand bewirkt
Kapillarkraft:
- Kapillarszension (Flkt. steigt auf, z.B. Wasser)
- Kapillardepression (Flkt. wird unter Oberfläche
gedrückt, z.B. Quecksilber)
Kapillare
Kontaktwinkel
= Randwinkel
θ
h Steighöhe
Hier halten sich im Gleichgewichtsfall die
Gewichtskraft der Flüssigkeitssäule und die durch
die Oberflächenspannung bewirkte „Zugkraft“
die Waage:
π r2g h ∆ρ = 2π r σ cosθ
Dichtedifferenz
zw. Flkt. u. Dampf
Erdbeschleunigung
⇒ σ=
Seite 144, Bauerecker, PC für Nebenfächler
g ⋅ h ⋅ r ⋅ ∆ρ
2 cosθ
Grenzflächenspannung
Anwendung des Kapillaritätsverhaltens
Flüssigkeit
bei 20°C
Oberflächenspannung
in mN/m
Ethanol
22,6
Wasser 80°C
62,6
Wasser 50°C
67,9
Wasser 20°C
72,8
Quecksilber
476
• Messung σ
• Safttransport in Pflanzen
• Blutkreislauf
• Transport Wasser in Böden (Poren)
Temperaturabhängigkeit Grenzflächenspannung
und Mischbarkeit
• σ nimmt für alle Flüssigkeiten annähernd linear mit T ab
• σ = 0 bei T = TK
• σ12 = 0 ⇒ zwei Flüssigkeiten sind vollständig mischbar
Seite 145, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Kapillaraktive und –inaktive Stoffe
Kapillarinaktive Stoffe
streben volle Solvatisierung an und reichern sich in der Grenzfläche ab: z.B. Salze, starke Säuren,
Polysacharide, kleine Aminosäuren, Zucker, mehrwertige Alkohole.
⇒ erhöhen σ (max. 15%).
Kapillaraktive Stoffe („Tenside“)
werden angereichert in der Grenzfläche. Moleküle sind amphiphil, d.h. hydrophil und lipophil.
⇒ erniedrigen σ (teilweise sehr stark).
Zusammenlagerungsformen
amphiphiler Substanzen
Monolayer
Bilayer
PhospholipidMolekül
hydrophober,
unpolarer Fettsäureschwanz
hydrophiler,
polarer Kopf
Bildquelle: Encyclopedia Britannica
Micelle (Kugel-, Stäbchen-,
Scheibchen-)
Seite 146, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektromagnetisches Spektrum
Sonne als Schwarzkörperstrahler
mit Oberflächentemperatur 6000 °C
Intensitätsmaximum Sonnenlicht grün (530 nm):
• Blätter sind grün ⇒ grünes Licht wird absorbiert, d.h.
Komplementärfarbe des Restlichts ist wieder grün.
• Augen sind am empfindlichsten im grün ⇒ Naturvölker haben
viele verschiedene Namen für grün.
Seite 147, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Energiespektrum Sonnenstrahlung
Spektrale Strahlungsleistungsdichte in W/(m2µm)
Das Energieverteilungsspektrum der Sonnenstrahlung (unten, Bildquelle [Kal06]) stimmt außerhalb
der Atmosphäre gut mit dem Schwarzkörperspektrum bei 5700°C überein. Man erkennt, dass ein
großer Teil der Strahlungsenergie von der Atmosphäre gestreut und absorbiert wird.
Seite 148, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Globale Energiebilanz
30 %
100 %
70 %
Quelle: [IPC07]
Seite 149, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Lichtwechselwirkung mit Teilchen (Aerosol)
Streuung
Eingestrahlte Photonen
Transmission
Absorption
Reflexion
Seite 150, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Lumineszenz
Einteilung Optische Spektroskopie
Optische Spektroskopie
Absorption
MolekülAbsorption
AtomAbsorption
Körper (z.B. Blatt) nimmt
Lichtenergie auf.
Seite 151, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Reflexion
Normale
Reflexion
Diffuse
Reflexion
Körper reflektiert
Licht.
nach W. Schmidt
Streuung
Raleigh Mie
Fraunhofer
RamanStreuung
Körper (z.B. Blatt) streut
(=verteilt) Licht.
Lumineszenz
Fluorreszenz
Phosphoreszenz (lang
anhaltend)
Chemolumineszenz
→ Biolumineszenz
(Glühwürmchen,
Tiefseefische,
Bakterien, …)
Körper leuchtet selbst,
ohne sehr heiß zu sein.
Elektrochemie
Die Elektrochemie verknüpft elektrische Phänomene (Strom, Spannung, …) mit chemischen
Prozessen. Sie ist wichtig zum Verständnis zahlreicher biologischer, alltäglicher Erscheinungen,
wie zum Beispiel :
 Membranpotential
1) Spannungspotentiale
 Nervenerregung
2) Transport von Ladungen
 Verrosten
3) Anwendungen
4) Übungsaufgaben
Seite 152, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Transport von Ladungen
Elektrolyte sind Stoffe, die in Wasser in frei bewegliche Ionen (Anionen, Kationen) dissoziieren.
Geladene Teilchen (Ionen, Elektronen) tragen Vielfache der Elementarladung e0 = 1,602 · 10-19 C
mit der Einheit 1 C = 1 Coulomb. Sie üben eine abstandsabhängige Kraftwirkung aufeinander aus:
1 q1 ⋅ q2
F=
⋅ 2
4πε r
r
q1, q2
ε = εr · ε0
ε0
εr
COULOMB – Gesetz
(Analogie Gravitationsgesetz)
Teilchenabstand
Ladungen der Teilchen (positiv oder negativ)
Dieletrizitätskonstante
Vakuum-Permittivität (= 8,854 · 10-12 A·s/(V·m))
relative Dielektrizitätskonstante (z.B. 79 für H2O und 2,2 für CCl4)
Seite 153, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Transport von Ladungen
Der Stromfluß I im Elektrolyt hängt mit der Spannung U über den Widerstand R zusammen. Im
Idealfall gilt das Ohmsche Gesetz:
U = R⋅I
Empirisch findet man:
(→ Elektrolysezelle)
Elektrodenabstand
R= ρ⋅
l
A
Spezifischer
Widerstand
κ = 1/ρ
Λ = κ/c
c
spez. Leitfähigkeit, Einheit Siemens S = Ω-1·m-1
molare Leitfähigkeit, Einheit S·m2·mol-1
Konzentration
Seite 154, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Querschnittsfläche
der Zelle
• Gelöste Elektrolyte :
o starke Elektrolyte (z.B. NaCl, NaOH)
o schwache Elektrolyte (z.B. Essigsäure)
Dissoziationsgrad
α=
caq
c0
o Biologische Elektrolyte :
im Cytosol sind Na+, K+, Mg2+, Cl-, PO43-,
HCO32- gelöst
Seite 155, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Kathode
• Frei bewegliche Elektronen in Metallen
(sehr gute Leitfähigkeit)
Anode
Elektrochemie – Transport von Ladungen
Elektrochemie – Transport von Ladungen
Beschleunigung durch E-Feld FE
Bremsende Reibungskraft FR
→
→
FR = 6πriη ν i
Elektrische Beweglichkeit:
vD =
Seite 156, Bauerecker, PC für Nebenfächler
z ⋅e⋅ E
6π ⋅ ri ⋅η
vD
z ⋅e
u=
=
E 6π ⋅ ri ⋅η
elektrisches Feld E
Ladungszahl z
Elementarladung e
Viskosität η(Wasser, 20 °C)
Ionenradius r
→
FE = zi ⋅ e ⋅ E
(Stokessches Gesetz)
Driftgeschwindigkeit:
Beispiel
→
1000 V/m
1
1.609·10-19 C
10-3 kg/(ms)
10-9 m
E
e
ri
η
elek. Feldstärke
Elementarladung
Radius Teilchen
Viskosität
(Tabellierte Materialkonstante)
m
vD = 8,5 ⋅10
s
−6
m2
u = 8,5 ⋅10
V ⋅s
−3
Elektrochemie – Transport von Ladungen
Elektrische Leitfähigkeit
κ=
1
ρ
= F ⋅ c ⋅ (ν ⋅ z ⋅ u +ν ⋅ z ⋅ u )
+
+
+
−
−
−
Λ=
κ
c
Kation
Anion
Unabhängige Ionenwanderung !
ρ
c
z
u
ν
Λ
F
spezifischer Widerstand
Konzentration
Ladung der Ionen
elektrische Beweglichkeit
Geschwindigkeit des Ions
molare Leitfähigkeit
Faraday-konstante
Seite 157, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Leiter
Leitfähigkeit [1/(Ω·cm)]
Au
Graphit
NaCl(flüssig)
1 M NaCl-Lösung
1 M HCl-Lösung
4,85 · 105
1.2 · 10-3
3,77
0,074
0,332
Elektrochemie – Transport von Ladungen
• Anionen und Kationen leiten in der Regel unterschiedlich gut!
 Hittorfsche Überführungszahlen
I+
= t+
I
−
I
= t−
I
• Anteil am Gesamtstrom I
• Experimentell durch Elektrolyse bestimmbar
Seite 158, Bauerecker, PC für Nebenfächler
+
−
t +t =1
Elektrochemie – Transport von Ladungen
Elektrolyse
-
+
+++++
Kathodenraum
Anodenraum
Mittelraum
----K
A
++++
-
++++
M
Diffusion und
Rühreffekte
vermeiden
Bsp.: Kationen leiten 5 mal besser
−
∆cKathodenraum t
= +
∆c Anodenraum t
M
Seite 159, Bauerecker, PC für Nebenfächler
K
A
Elektrochemie – Transport von Ladungen
Kohlrausch‘sches
Quadratwurzelgesetz
Λc = Λ0 − k ⋅ c
Ursache für Konzentrationsabhängigkeit:
 Coulomb Wechselwirkungen zwischen den Ionen bremsen die
Beweglichlichkeit
 je geringer die Konzentration (= großer Abstand) desto geringer die Rolle der
interionischen WW
Was hat eine größere Beweglichkeit ein kleines oder ein großes Ion?
Seite 160, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Transport von Ladungen
• Debye-Hückel-Onsager-Theorie:
 Ionen besitzen eine Ionenwolke
 Je größer die Ladungsdichte des Ions, desto größer
der Radius der Ionenwolke
• Relaxationseffekt (Störung der Nahordnung durch EFeld  Ionenwolke muss neu Aufgebaut werden 
Ion wandert dem Schwerpunkt der Wolke voraus 
Bremswirkung)
• Elektrophoretischer Effekt (Erhöhung der
Stokesschen Reibungskraft durch Ionenwolke)
Seite 161, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Transport von Ladungen
• H+ und OH- sind klein und leiten besonders gut
 Anderer Mechanismus der Leitung !
 Nicht die Moleküle wandern sondern nur die
Ladung (Dissoziation)
GROTTHUß-Mechanismus
GROTTHUßMechanismus
Seite 162, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Transport von Ladungen
Schwache Elektrolyte
OSTWALDSCHES Verdünnungsgesetz
α²
c( K + ) ⋅ c( A− )
=
⋅ c0
Kd =
c( KA)
1−α
Λc
=α
Λ0
Λ2c
Kd =
⋅c
(Λ 0 − Λ c )Λ 0
W. F. Ostwald 1853-1932
Nobelpreis 1909
Kd
α
c(A-)
c(K+)
c(KA)
c0
Λc
Λ0
Dissoziationskonstante
Dissoziationsgrad
Konzentration Anionen
Konzentration Kationen
Konzentration des nicht dissoziierten Elektrolyts
Einwaagekonzentration
Äquivalenzleitfähigkeit
Grenzleitfähigkeit (d.h. bei unendlicher Verdünnung)
 Durch Verdünnen der Lösung nimmt der Dissoziationsgrad α zu !
Seite 163, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Transport von Ladungen
Zusammenfassung Elektrolyte
• Starke Elektrolyte zeigen schwache Abhängigkeit der mol. Leitfähigkeit von
Konzentration (Kohlrausch Quadratwurzelgesetz)
 interionische WW (Debye-Hückel-Theorie: Nahordnung von Zentralionen und
Gegenionenwolken, Coulombkräfte)
• Schwache Elektrolyte zeigen starke Abhängigkeit von mol. Leitfähigkeit von der
Konzentration (Ostwaldsches Verdünnungsgesetz)
abnehmender Dissoziationsgrad durch Konz.-Erhöhung
Schwache : Ver-dünn-ungsgesetz
Starke: Kohl-Rausch-mittel
Seite 164, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie - Potential
~
Faraday-konst= 9,6· 104 C/mol
µ i = µi + zFϕ
Elektrochemisches Potential [J/mol]
Elektrisches Potential [V=J/C]
Chemisches Potential [J/mol]
µi (T , p) = µi0 + RT ln(ai )
Aktivität
• korrigiertes Konzentrationsmaß
• Kolligative Eigenschaft (nur von Teilchenzahl abhängig)
• Kationen und Anionen tragen zur Teilchenzahl bei
• Experimentell bestimmbar
p1
ai = f i ⋅ xi = *
p1
p1
1 − * = xi
p1
(Raoultsches Gesetz 1890)
Dampfdruckerniedrigung
Seite 165, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Potential
Redox-Reaktion
2−
Fe + Cu 2+ SO 4 ⇔ Fe 2+ + Cu + SO4
2−
ΔG0= -150 kJ/mol < 0
 GG auf Seite der Produkte
 läuft spontan ab
Übertragung von Elektronen von Fe zu Cu
Reaktionsschritte:
1) Oxidation von Eisen:
Fe  Fe2+ + 2e(Erhöhung der Ox zahl, Anode)
2) Reduktion von Kupfer:
(Kathode)
Cu2+ + 2e-  Cu
Ox+Red Form = Redoxpaar: z.B. Fe2+/Fe
Seite 166, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Potential
Elektrochemische Spannungsreihe
E0 > 0  reduzierte Form bevorzugt
Nernstsche Gleichung:
aOx
RT
ln
E = E0 +
zF aRe d
R: Gaskonst; T: Temperatur; F:
Faradaykonst.; z: Ladungszahl; E:
Potentialdifferenz; ΔG: freie
Enthalpie; a: Aktivität
Seite 167, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Reduzierende Wirkung nimmt zu
∆G 0
E0 = −
zF
Oxidierende Wirkung nimmt zu
Standard-Redox-Potential E0
Halb-Reaktion
E0
Elektrochemie – Potential
Aufbau einer Galvani-Spannung
+
+
+
+
+
+
+
- +
- +
- +
- Me - +
- +
- +
- +
- + +
Me+
a) Übertritt von positiven Ionen in Lösung
+ +
+ +
+ +
+ Me +
+ +
+ +
+ +
+ +
- -
Me+
b) Übertritt von positiven Ionen aus Lösung
• Aufbau einer Doppelschicht (Dicke ~ 1 nm)
• elektrochemisches GG:
• Galvani-Spannung nicht direkt messbar sondern nur Vergleichbar (Standard-WasserstoffElektrode) !
Seite 168, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Potential
Galvanische Zelle
• Zwei verbundene galvanische Halbzellen
• Elektromotorische Kraft (EMK):
ΔE = EReduktion - EOxidation
Bsp.:
ECu = E0Cu +
EZn = E0Zn +
RT
2F
RT
2F
ln aCu
ln aZn
2+
2+
E0Cu = 0.34 V
E0Zn = −0.76 V
(Daniell-Element)
Δ E0 = E 0Cu−E0Zn = 0.34 V−(−0.76 V)=1.1 V
Seite 169, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Potential
Ag/AgCl-Bezugselektrode
•„natürliche“ Bezugselektrode ist Standard-H2-Elektrode
(negativ Handling)
• Am häufigsten genutzte Referenzelektrode
• Gebrauchsfertig kommerziell verfügbar
• Standard-Elektrodenpotential: E0 Ag+/Ag = 0,8 V
• Konstantes Potential
• AgCl sehr schwer löslich KL= 2·10-10 mol²/L²
• Ag + Cl-  AgCl + e-
• Alternative : Kalomelelktrode (Hg/Hg2Cl2)
Seite 170, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Potential
Lithium-Ionen-Akku
CoO2 + Li+ + e-  LiCoO2
LiCoO2
Seite 171, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Li-Graphit
LiCn  Cn + Li+ + e-
 3,6 V
Elektrochemie – Brennstoffzelle
Brennstoffzelle
• Katalytisch kontrollierte Knallgasreaktion
(benötigt Platin  teuer)
• Anode: 2 H2  4 H+ + 4 e• Kathode: O2 + 4 H+ + 4 e-  2 H2O
• Standardzellspannung E0 = 1,23 V
• verschiedene Typen:
• SOFC (Solid Oxid, 600-1000°C)
• MCFC (Molten Carbonate, 600°C)
• PEMFC (Polymerelektrolyt, < 200°C)
Seite 172, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Brennstoffzelle
Stacks von Brennstoffzellen
Wirkungsgrad vs. Leistungsgrad optimiert
65 %
Elektrischer
Wirkungsgrad
Seite 173, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Hohe Leistung
P = U ·I
Elektrochemie – Brennstoffzelle
Elektroautos
• Seit etwa 1830 (T. Davenport, R. Anderson, Flocken
Elektrowagen)
• ab 1910 Nischendasein (Verbrennungsmotor)
1) Wasserstoff-Tank + Brennstoffzelle
• Schneller Aufladevorgang (5 min)
• Hohe Energiedichte (33 kW/kg)
• Wenige Tankstellen ( in DE < 20)
• Teuer (z.B. Platin)
• Serienfahrzeug: Toyota Mirai
2) Li-Ionen-Akkumulator
• Hohes Gewicht  geringe Reichweite
• Sehr langer Aufladevorgang
• Serienreife Modelle verschiedener Hersteller
auf dem Markt (Renault ZOE, Nissan Leaf, Tesla
S, BMW i3, Opel Ampera, VW e-Golf)
Seite 174, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Toyota Mirai
Nissan Leaf
(meist verkauftes Elektroauto)
Elektrochemie – Potential
Konzentrationselement
aOx
RT
E = E0 +
ln
zF aRe d
a groß
RT
∆E =
⋅ ln
zF
aklein
(für kleine Konzentrationen kann
mit c statt a gerechnet werden)
a1 = 10 · a2  59 mV @ RT
• Membranpotential
• Lambda-Sonde
Seite 175, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Oxidation
Cu  Cu2+ + 2e-
Reduktion
Cu2+ + 2e-  Cu
Elektrochemie – Potential
Membranpotential
• Eigenschaft aller Zellen
• Besonders wichtig: Nerven-, Muskel-,
Sinneszellen
• Kommunikation innerhalb des Körpers und
mit Umgebung
• etwa 30 bis 100 mV
Seite 176, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Potential
Gibbs-Donnan-Gleichgewicht:
• Lebende Zellen (und technische Systeme)
• Semipermeable Membran ( z.B. Protein zu
groß)
• unterschiedliche K+, Na+, ClKonzentrationen
• Summe der Ladungen ausgeglichen
Zelle (innen)
Goldmann-Gleichung: (vgl. Nernst-Gleichung)
UM
PNa ⋅ [ Na + ]a + PK ⋅ [ K + ]a + PCl ⋅ [Cl − ]i
RT
=
⋅ ln
F
PNa ⋅ [ Na + ]i + PK ⋅ [ K + ]i + PCl ⋅ [Cl − ]a
Seite 177, Bauerecker, PC für Nebenfächler
P = Permeabilität
=(Diffusionskonst ./ Membrandicke)
i = Innen
a = außen
Um = Membranpotential
Elektrochemie – Potential
Lambdasonde
• Vergleicht Restsauerstoffgehalt im Abgas mit O2 in
Atmosphäre
Ziel: Schadstoffabgabe minimieren (NOx, CxHy,
Ruß)
• Zr-Membran ist bei hohen T ( ~650 °C) O2Durchlässig
• O2 wird ionisiert
 450 mV
Seite 178, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Lambdasonde Volvo 240
Elektrochemie – Potential
Korrosion von Eisen (Verrosten)
• Redoxvorgänge im belüfteten Wassertropfen auf Eisen
• Oxidation: Fe  Fe2+ + e- (E0 = -0,44 V)
• Reduktion: 0,5 O2 +H2O + 2e-  2 OH- (E0 = +0,4 V)
• Aktivitäten der Reaktanten sind entscheidend (pH-Wert)
• Gelöste Salze beschleunigen die Korrosion
Seite 179, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Elektrochemie – Potential
Korrosionsschutz durch Opferanode
• Zusatz eines leichter oxidierbaren (unedel) Metalls
• z.B. Zink oder Magnesium (Me/Me2+ < Fe/Fe2+)
• Opferanode muss regelmäßig ersetzt werden
• Anwendungen: Wasserspeicher, Bohrinseln, Öltanks, Schiffe, …
Opferanode an Schiffsrumpf
Seite 180, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Opferanoden aus
Wasserspeicher
Elektrochemie - Übungsaufgaben
1. Nimmt der Dissoziationsgrad beim Verdünnen einer Elektrolytlösung
zu oder ab ?
2. Die Dissoziationskonstante Kd eines Elektrolyten sei 0,5 und die
Anfangskonzentration c0 = 1mol/L. Auf welche Konzentration c1
muss Verdünnt werden, um einen 20% größeren Dissoziationsgrad
α1 zu erhalten?
3. Ist ein ähnliches Verhalten auch für eine HCl-Lösung zu erwarten
und warum?
4.a) Welche Potentialdifferenz liegt in einer Au/Al-Zelle vor? (die
Aktivitäten seien jeweils 1)
b) Notieren Sie die Redox-Gleichungen!
c) Welches Metall wird oxidiert?
5. Was beschreibt das Raoulsche Gesetz ?
Seite 181, Bauerecker, PC für Nebenfächler
Verzeichnis der Formelzeichen
a
A
b
B
E
Ekin
Epot
c
c
cp
cv
d
D
F
g
GG
h
h
H
Ho
Hu
k, K
kB
K
K
K
KH
l
I
m
M
n
N
NA
Nmol
Kohäsionsdruck (VdW-Gas)
Fläche
Kovolumen (VdW-Gas)
Impuls
Energie
kinetische Energie
potentielle Energie
Konzentration in mol/m3
Lichtgeschwindigkeit
Wärmekapazität b. konst. Druck
Wärmekapazität b. konst. Volumen
Durchmesser, Dicke, Länge
Diffusionskoeffizient
Kraft
Erdbeschleunigung
Gleichgewicht
Höhe
Planck-Konstante
Enthalpie
Brennwert
Heizwert
Reaktionsgeschwindigkeitskonstante
Boltzmannkonstante
Gleichgewichtskonstante
Kompressibilitätszahl
Anzahl der Komponenten
Henry-Konstante
Länge, freie Weglänge
Stromstärke
Masse Teilchen, Körper
Molare Masse
Teilchenzahlvolumendichte
Teilchenzahl
Avogadrokonstante (Teilchen pro Mol)
Molzahl
Seite 183, Bauerecker, PC für Nebenfächler
p
p°
pn
P
q
q
Q
r
R
R
S
t
T
T°
Tn
u
U
v
vx
V
Vm
Vm°
Vm,n
w
w, W
W
WW
x
xi
z
z
Z
Z
Zn
Z
Druck
Standarddruck
Normaldruck
Anzahl der Phasen
Elektrische Ladung
Wärme
Wärme
Radius, Abstand, Länge
molare Gaskonstante, Radius
Elektrischer Widerstand
Entropie
Zeit
absolute Temperatur
Standardtemperatur
Normaltemperatur
(Diffusions-)Geschwindigkeit
innere Energie
Geschwindigkeit
Geschwindigkeitskomponente
in x-Richung
Volumen
molares Volumen
Vm° im Standardzustand
Vm,n im Normalzustand
Arbeit
Wahrscheinlichkeit
Arbeit
Wechselwirkung
Länge, Abstand
Stoffmengenanteil, Molenbruch
Stoßzahl
Ladungszahl
Anzahl, Gesamtstoßzahl
Realgasfaktor
Realgasfaktor im Normzustand
Zustandssumme
α
ε
ε
η
η
λ
ν
ρ
ρ
σ
σ
θ
µ
Λ
Π
Dissoziationsgrad
Leistungszahl Kältemaschine
Dielektrizitätskonstante
Viskosität
thermodynamischer Wirkungsgrad
Wellenlänge
Frequenz
Dichte
spez. Widerstand
Moleküldurchmesser
Oberflächenspannung
Celsius-Temperatur
Joule-Thomson-Koeffizient
Ionenleitfähigkeit
Osmotischer Druck
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