Aus der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg Direktor: Prof. Dr. med. Dr. med. dent. A. C. Kübler Ätiologie, Vorkommen und Therapie von Kieferzysten in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Universität Würzburg von 1997-2009 Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg vorgelegt von Meike Brigitte Baumgärtel aus Tauperlitz/Döhlau Würzburg, Dezember 2013 1 Referent: Priv.-Doz. Dr. Dr. Tobias Reuther Korreferent: Prof. Dr. Bernhard Klaiber Dekan: Prof. Dr. Matthias Frosch Tag der mündlichen Prüfung: 25. März 2014 Die Promovendin ist Zahnärztin 2 Für meine Eltern und meinen Mann 3 Inhaltsverzeichnis 1 2 Einleitung………………………………………………………………………………………………….….1 1.1 Zysten als lokales Phänomen……………………………………………..………1 1.2 Entstehungsmechanismen von Kieferzysten………………………………2 1.3 Einteilung der Kieferzysten nach geltender WHO-Klassifikation…3 1.4 Übersicht und Charakterisierung der einzelnen Zystenentitäten..5 1.4.1 Zysten odontogenen Ursprungs…………………………………………………5 1.4.1.1 Radikuläre Zyste…………………………………………………………………………5 1.4.1.2 Follikuläre Zyste………………………………………………………………………...6 1.4.1.3 Keratozystischer odontogener Tumor………………………………………..7 1.4.1.4 Seltene Zysten odontogenen Ursprungs…………………………………….9 1.4.2 Zysten nichtodontogenen Ursprungs……………………………………….10 1.4.2.1 Ductus-Nasopalatinus-Zyste…………………………………………………….11 1.4.2.2 Seltene Zysten nichtodontogenen Ursprungs………………………….11 1.4.3 Zysten nichtepithelialen Ursprungs………………………………………….12 1.4.4 Retentionszysten der Kieferhöhlenschleimhaut……………………….14 1.4.5 Zysten der Weichteile…………………………………………...……………..….14 1.5 Zysten als Symptom einer Systemerkrankung………………………….16 1.6 Behandlungsmethoden der Kieferzysten………………………………….17 1.6.1 Zystostomie (Methode nach Partsch I)…………………………………….17 1.6.2 Zystektomie (Methode nach Partsch II)…………………………………...18 1.6.3 Zweizeitiges Vorgehen……………………………………………………………..18 1.6.4 Zystantrostomie……………………………………………………………………….19 1.6.5 Augmentative Verfahren nach Zystenentfernung…………………….19 1.7 Fragestellung……………………………………………………………….…………..20 Material und Methode……………………………………………………………………….………21 2.1 Auswahlkriterien…………………………………………………………………………………21 2.2 Lokalisation der operierten Zysten………………………………………………………21 2.3 Operationsmethoden………………………………………………………………………….22 3 2.4 Antibiotikatherapie……………………………………………………………………………..22 2.5 Histopathologische Aufbereitung des Resektats………………………………….22 2.6 Stationärer Aufenthalt und postoperative Komplikationen…………………23 2.7 Datenverarbeitung und Datenauswertung………………………………………….23 Ergebnisse……………………………………………………………………………………….……….…24 3.1 Allgemeine Patientendaten………………………………………………………….……..24 3.2 Verteilung der Zystenentitäten…………………………………………………………...25 3.2.1 Geschlechter- und Altersverteilung innerhalb der odontogenen Zysten………………………………………………………………………………………………….26 3.2.2 Geschlechter- und Altersverteilung innerhalb der nichtodontogenen Zysten………………………………………………………………………………………………….26 3.2.3 Geschlechter- und Altersverteilung innerhalb der nichtepithelialen Zysten Zysten………………………………………………………………………………………………….26 3.2.4 Geschlechter- und Altersverteilung innerhalb der dysgenetischen Zysten und bei Patienten mit Kombinationsbefund………………………..….27 3.3 Auftreten der unterschiedlichen odontogenen Zysten………………………..27 3.3.1 Radikuläre Zyste…………………………………………….……………………………………28 3.3.2 Keratozystischer odontogener Tumor…………………………………………………29 3.3.3 Follikuläre Zyste………………………………………………………………………………….30 3.3.4 Seltene odontogene Zysten…………………………………………………………………30 3.4 Auftreten der unterschiedlichen nichtodontogenen Zysten………………..31 3.4.1 Mukozele…………………………………………………………………………………………….32 3.4.2 Ductus-Nasopalatinus-Zyste………………………………………………………………..33 3.4.3 Nichtodontogene Zysten mit Lokalisation im Weichgewebe……………….33 3.5 Auftreten der unterschiedlichen nichtepithelialen Zysten…………….…….34 3.6 Auftreten der unterschiedlichen dysgenetischen Zysten………………..…..35 3.7 Häufigkeit der angewandten Operationstechniken……………………………..35 3.7.1 Odontogenen Zysten…………………………………………………………………………..35 3.7.2 Nichtodontogenen Zysten…………………………………………………………………..37 3.7.3 Therapietechniken bei den nichtepithelialen und dysgenetischen Zysten………………………………………………………………….….…38 3.8 Häufigkeit und Anwendung von augmentativen Maßnahmen…………….38 3.9 Dauer des stationären Aufenthalts……………………………………………….….…39 3.10 Antibiotikatherapie………………………………..……………………………….……….…40 4 Diskussion………………………………………………………………………………………………….41 5 Zusammenfassung……………………………………………………………………….……..………52 6 Literaturverzeichnis…………………………………………………………………………………...54 7 Abbildungs-und Tabellenverzeichnis…………………………………..….………….……….65 8 Danksagung 9 Lebenslauf 1 Einleitung 1.1 Zysten als lokales Phänomen Zysten und zystische Veränderungen im Kiefer sind eine im zahnärztlichen Berufsalltag häufig diagnostizierte Erkrankung des Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereiches. Rund 3 % der Erwachsenen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Kieferzyste [1, 2]. Zumeist treten Zysten als Folge eines tief zerstörten Zahnes oder bei retinierten und impaktierten Weisheitszähnen auf. „Echte“ Zysten sind mit Epithel ausgekleidete Hohlräume. Sie können sowohl im Knochen als auch in Weichteilen auftreten. Ihre Erscheinungsform kann ein- oder mehrkammrig sein. In ihrem Inneren schließen sie einen flüssigen, breiigen oder gasförmigen Inhalt ein. Nach außen grenzt sich die Zyste durch eine bindegewebige Kapsel, den Zystenbalg, ab. Lumenwärts ist dieser von einer epithelialen Schicht, welche unterschiedliche histologische Merkmale aufweisen kann, ausgekleidet. Sogenannte „Pseudozysten“ weisen ebenfalls einen Hohlraum auf. Allerdings fehlt hier die epitheliale Auskleidung [3-5]. Oftmals wird der Zahnarzt im Zuge einer akuten Schmerzbehandlung mit dem Befund einer radikulären oder follikulären Zyste konfrontiert. Das zumeist symptomarme Wachstum einer Kieferzyste veranlasst viele Patienten erst bei Anzeichen einer akuten oder bei Exazerbation einer chronischen Pulpitis, den Zahnarzt aufzusuchen. Durch Zysten verursachte geringfügige Zahnfehlstellungen wie Drehungen oder Kippungen der betroffenen Zähne werden nicht selten vom Patienten ignoriert oder gar nicht registriert. Der klinischen Untersuchung durch Inspektion und Palpation werden Zysten erst ab einer beträchtlichen Größe zugänglich [2, 6]. Bei Kindern und Jugendlichen können Veränderungen im stomatognathen Bereich den regelrechten Durchbruch der bleibenden Zähne erschweren oder verhindern. Differentialdiagnostisch sollte beim Verdacht einer Nichtanlage oder beim Auftreten eines dystopischen Zahndurchbruchs das Vorliegen einer Kieferzyste abgeklärt werden. Das verdrängende Wachstum von Kieferzysten kann durch die beobachtete Knochenresorption, besonders im Molarenbereich aufgrund der enormen Kaukräfte, einen pathologischen Kieferbruch provozieren. Der osteoklastische Abbau führt zur Ausdünnung der bedeckenden 1 Knochenlamelle. Durch Palpation der betroffenen Stelle lässt sich das sog. „Pergamentknistern“ oder auch Dupuytrensche Geräusch, hervorgerufen durch die frakturierende Knochenlamelle, provozieren [7]. Durch die Verdrängung des Mandibularkanals hervorgerufen können werden. Sensibiltätsstörungen Sensibilitätsprüfung, des N. alveolaris Perkussionsempfindlichkeit inferior sowie Dokumentation von Sondierungstiefen und Lockerungsgraden der einzelnen Zähne sind somit obligat [7]. Die zuletzt genannten Symptome sind allerdings äußerst selten klinisch zu beobachten. Vielmehr werden Zysten neben den bereits beschriebenen akut auftretenden Schmerzen im Rahmen einer röntgenologischen Routineuntersuchung diagnostiziert [8]. Zur weiteren Abklärung und Therapieplanung können zusätzlich zur standardmäßig durchgeführten Panoramaschichtaufnahme weitere bildgebende Maßnahmen (Computertomographie, Kernspintomographie) hilfreich sein. Die Sinuskopie gewinnt in der Diagnostik und Therapie von Zysten im Oberkiefer vor allem durch ihren Vorteil einer zeitgleich endoskopisch durchgeführten Operation immer mehr an Gewicht. Im Zuge der Therapie einer Kieferzyste ist eine histologische Untersuchung zur Bestätigung des klinisch und operativ gewonnen Befundes, vor allem im Hinblick auf die möglichen Differentialdiagnosen, obligat [9, 10]. Als Differentialdiagnosen sind maligne Tumorerkrankungen des Kiefers, osteolytische Tumore wie Ameloblastome, zentrale Riesenzellgranulome oder zentrale Fibrome zu beachten. Auch darf eine mögliche, wenn auch selten zu beobachtende, maligne Entartung der Zyste nicht unberücksichtigt bleiben [11-13]. So wiesen Kreidler et al. bei 367 Präparaten von dentogenen Zysten in 4,1 % der Fälle einen odontogenen Tumor nach [14]. Beim Auftreten von Fernmetastasen sind weitere Untersuchungen im Hinblick auf den Primärtumor vor allem im Bereich Brust und Prostata unverzichtbar. 1.2 Entstehungsmechanismen von Kieferzysten Die Entstehung und das Wachstum von Kieferzysten beruhen auf der Proliferation des Ursprunggewebes. Kieferzysten entwickeln sich aus odontogenem Gewebe und kommen sowohl im Oberkiefer als auch im Unterkiefer vor [15, 16]. 2 Wodurch die Epithelproliferation und das damit einhergehende Wachstum der Zyste aktiviert werden, ist noch nicht vollständig geklärt. Neukam beruft sich auf zwei Hypothesen [4]: Zum einem können auf ruhendes Epithel einwirkende entzündliche oder traumatische Reize zu einer Epithelproliferation führen; sistiert der Reiz, kann das Epithel in einen Ruhezustand übergehen. Zum anderen wird die Epithelproliferation selbst für die Entstehung einer Zyste verantwortlich gemacht. Die proliferierenden Epithelzellen umfassen einen Hohlraum, wodurch die Zyste bereits definiert ist. Durch ihr langsames, teilweise in Schüben auftretendes, expansives Wachstum verdrängen sie das umgebende Gewebe. Die Größenzunahme beruht auf osmotischen Vorgängen, wobei die Zystenwand semipermeable Eigenschaften besitzt. Stoffwechselprodukte des Epithels sammeln sich im Zystenhohlraum an und erhöhen somit die Konzentration im Zysteninneren. Bei entzündlich bedingten Kieferzysten besteht das chronisch-entzündliche Infiltrat vorwiegend aus Lymphozyten und Plasmazellen, die etwa 40 % Immunglobuline enthalten [17]. Interstitielle Flüssigkeit strömt zum Ausgleich des Konzentrationsgefälles ein. Der hydrostatische Druck im Zystenlumen erhöht sich und die Zyste beginnt zu wachsen. Der auf den umgebenden Kieferknochen wirkende Druck induziert einen osteoklastisch gesteuerten Knochenabbau, welcher durch appositionelles Knochenwachstum nicht ausgeglichen werden kann [15, 18, 19]. Nur durch eine Druckentlastung ist das expansive Wachstumsverhalten zu stoppen. 1.3 Einteilung der Kieferzysten nach geltender WHO-Klassifikation Die heute allgemein gültige Einteilung von Zysten basiert auf der Vorgabe der World Health Organisation von 1992. Zysten des Kiefers sind den odontogenen Neubildungen zugeordnet. Die Einteilung erfolgt an Hand von klinischen, röntgenologischen und histopathologischen Gesichtspunkten [20]. Im Jahr 2005 erfolgte eine Aktualisierung der bestehenden WHO Klassifikation (s. Tab. 1) [21], worin die odontogene Keratozyste als benigner keratozystischer 3 odontogener Tumor gelistet wird. Die Ätiologie und das Wachstumsverhalten sprechen in diesem Fall eher für eine Neoplasie als für eine rein zystische Veränderung. Reichart merkte allerdings 2006 an, dass sich aus dieser Umbenennung und den molekulargenetischen Erkenntnissen für die Therapie keine neuen Konsequenzen ergeben [20]. Tab. 1: Einteilung der Kieferzysten nach WHO Odontogene Zysten, bedingt durch Entzündungen Odontogene Zysten, bedingt durch Entwicklungsstörungen Nicht-odontogene Zysten und Pseudozysten Radikuläre Zyste (apikal und lateral) Keratozyste (Primordialzyste) Globulomaxilläre Zyste des Ductus nasopalatinus (bedingt durch Entwicklungsstörungen) Parodontale Zyste Eruptionszyste Nasolabiale (nasoalveoläre) Zyste Radikuläre Residualzyste Laterale parodontale Zyste Solitäre Knochenzyste (traumatische, einfache, hämorrhagische Knochenzyste) Follikuläre Zyste Aneurysmatische Knochenzyste Die Häufigkeit der epithelialen Kieferzysten zeigt die folgende Tabelle [2]: Tab.2: Übersicht über die Häufigkeit unterschiedlicher Zysten Zystentyp Radikuläre und residuale Zysten Follikuläre Zysten Keratozysten Nasopalatinale Zysten Paradentalzysten Übrige Zysten Häufigkeit 52,3% 16,6% 11,2% 11,0% 2,5% 6,4% 4 1.4 Übersicht und Charakterisierung der einzelnen Zystenentitäten 1.4.1 Übersicht der Zysten odontogenen Ursprungs 1.4.1.1 Radikuläre Zyste Die radikuläre Zyste entsteht durch das Absterben der vitalen Pulpa mit der einhergehenden Entzündung des periapikalen bzw. des lateralen parodontalen Gewebes. Meist geht der Zystenentstehung eine chronisch apikale Parodontitis voraus. Hierbei werden die Malassez–Epithelreste zur Proliferation angeregt. Die MalassezEpithelreste bilden Epithelinseln der Hertwigschen Epithelscheide, die zeitlebens nach Abschluss der Zahnbildung in der Wurzelhaut verbleiben [4]. Der erkrankte Zahn steht entweder über das Foramen Apicale (apikale radikuläre Zyste) oder über einen lateralen Seitenkanal (laterale radikuläre Zyste) direkt mit der Zyste in Kontakt. Die Sensibilitätsprobe ist negativ, die Perkussionsprobe zumeist positiv. Histologisch zeichnet sich die radikuläre Zyste lumenwärts durch ein mehrschichtiges, nicht verhornendes Plattenepithel aus. Subepithelial grenzt Granulationsgewebe an, welches nach außen von dem bindegewebigen Zystenbalg umgeben ist. Die gesamte Wandstärke des dreigliedrigen Aufbaus ist variabel und kann bis zu 5 mm betragen [2]. Bei der Wahl des Therapieverfahrens finden sich in der Literatur unterschiedliche Angaben. Im Anfangsstadium kann klinisch keine Unterscheidung zwischen einem apikalen Granulom und einer radikulären Zyste getroffen werden [22, 23]. Ab einer Läsionsfläche von mehr als 2 cm2 bzw. einem röntgenologisch nachweisbaren Durchmesser von 6-8 mm wird eine radikuläre Zyste angenommen. Aufgrund ihres Wachstumsverhaltens ist eine operative Behandlung der radikulären Zyste angezeigt. Zum anderen wird bei röntgenologisch scharf begrenzten Aufhellungen eine konservative endodontische Behandlung befürwortet. Becker und Neukam vertreten hierbei die Meinung, dass bis zu einer Größe von 10 mm dem konservativen endodontischen Behandlungsansatz der Vorzug zu geben wäre. Allerdings ist hierbei eine Röntgenverlaufskontrolle der perapikalen Osteolyse 5 unverzichtbar. Unterbleibt die knöcherne Regeneration, ist ein operatives Vorgehen angezeigt [2]. 1.4.1.2 Follikuläre Zyste Die follikuläre Kieferzyste beruht auf einer Flüssigkeitszunahme zwischen Zahnkrone und Schmelzepithel bzw. zwischen Schichten des Schmelzepithels bei einem (noch) nicht durchgebrochenen Zahn. Für ihre Entstehung werden verschiedene pathogenetische Faktoren diskutiert. Zum einem wird eine Entwicklungsstörung durch Verlagerung und Retention des Zahnkeims angenommen. Hierdurch unterbleibt der zeitgerechte Durchbruch. Abhängig davon, wann die Entwicklungsstörung einsetzt, entsteht eine zahnlose bzw. eine zahntragende Zyste. Ein gehäuftes Auftreten bei Syndromen wie Dysostosis Cleidocranialis, Klippel-Feil-Syndrom, Cherubismus oder dem Hunter-Syndrom spricht für eine genetische Veranlagung [24]. Auch mit Schmelzhypoplasien einhergehende Degenerationserscheinungen der Schmelzpulpa werden diskutiert [24]. Des Weiteren diskutieren auch einige Autoren eine entzündungsbedingte Entstehung ähnlich der Ätiologie der radikulären Zyste. Man nimmt an, dass Zystenentstehung und Wachstum durch eine apikale oder marginale Entzündung an den Milchzähnen oder eine hämatogene Infektion ausgelöst werden [25]. Röntgenologisch stellt sich eine scharf begrenzte, meist einkammrige Aufhellung dar, welche die noch nicht durchgebrochene Zahnkrone bzw. Zahnanlage umgibt [26]. Man unterscheidet nach der Lage der Zyste zum Zahn einen zentralen (perikoronalen), lateralen, periradikulären oder zirkulären Typ [27]. Pindborg gibt als Faustregel an, dass ein radiologischer Abstand von mehr als 3 mm zwischen Zahnkrone und Zystenwand gegen einen physiologischen Zahnfollikel spricht, und das Vorliegen einer follikulären Zyste somit wahrscheinlich ist [2]. Follikuläre Zysten führen häufiger als andere Kieferzysten zu Resorptionen an benachbarten Zahnwurzeln [28]. In der Literatur diskutiert man über einen Zusammenhang zwischen der natürlich ablaufenden Milchzahnresorption und dem Resorptionsverhalten der follikulären Zysten [29, 30]. 6 Histologisch ist in der Regel ein zweischichtiges Epithel nachweisbar, das von einem dünnen, kollagenfaserarmen Bindegewebe (Zystenbalg) umgeben ist [24]. Die Wahl des Therapieverfahrens ist abhängig von Größe, Lage und Alter, bzw. Zahnund Gebissentwicklung des betroffenen Patienten. Im Kinder- und Jugendalter wird dem Erhalt des betroffenen retinierten und verlagerten Zahnes eine größere Bedeutung zugemessen. Auch die gute Regenerationsbereitschaft des Knochens spricht für eine Zystostomie. Im Erwachsenenalter ist die Zystektomie das empfohlene Therapieverfahren. 1.4.1.3 Keratozystischer odontogener Tumor Der keratozystische odontogene Tumor (KOT) wurde erstmals 1956 von H. P. Philipsen beschrieben. 1992 wurde die Keratozyste in der WHO-Klassifikation den entwicklungsbedingten odontogenen Kieferzysten zugeordnet. Die mittlerweile gewonnen Erkenntnisse zeigen jedoch, dass der KOT als echter Tumor einzustufen ist und somit der Gruppe der benignen epithelialen odontogenen Tumore ohne Induktion von Ektomesenchym zugeteilt wird. Die Tumorgenese folgt einem zweistufigen Ablauf. Einem Schaden des Zellgenoms folgt eine konsekutive Überexpression [2]. Klinisch verhält sich der KOT meist stumm und wird erst ab einer beträchtlichen Raumforderung sichtbar. Knochenauftreibungen finden sich selten. Das verdrängende Wachstum führt zur Lockerung und Kippung benachbarter vitaler Zähne. Röntgenologisch ist eine scharf begrenzte, meist mehrkammrige Aufhellung zu beobachten, dessen Rand bedingt durch ortständige Osteolyse girlandenförmig verläuft [31, 32]. Der KOT führt auch zu Zahnwurzelresorptionen an unmittelbar in das Zystenlumen hineinragenden Zähnen. Dies erschwert die Abgrenzung zum Ameloblastom. Histologisch weist der KOT ein verhornendes mehrschichtiges Plattenepithel, begrenzt durch eine dünne fibröse Bindegewebskapsel, auf. Man unterscheidet drei Suptypen [2, 24]: 7 Subtyp I: charakteristisches, flaches, bis sechsschichtiges Epithel mit Para- und Orthokeratose Subtyp II: breiteres, bis achtschichtiges Epithel mit Para-, Hyperkeratose Subtyp III: nur abschnittsweise den Kriterien der odontogenen Keratozyste entsprechend, aber keiner anderen Zystenform eindeutig zuzuordnen Zysten, des Subtyps III weisen nur zum Teil das histologisch charakteristische Epithel odontogener Keratozysten auf [33]. Man vermutet eine in der Entstehung befindliche Keratozyste. Andere Autoren bezeichnen diesen Suptypen der odontogenen Keratozyste als „nicht-genuine Keratozyste“ [34]. Der KOT kann als einzige Zyste außerhalb des Kieferknochens Tochterzysten im Weichgewebe bilden. Diese entstehen in Spongiosaräumen und dem umgebenden Weichgewebe, nachdem ein Wachstum vom Zystenepithel ausgehender schmaler Zellstränge in das umgebende Gewebe erfolgte [33, 35, 36]. Aufgrund des aggressiven Wachstumsverhaltens sollte eine vollständige operative Entfernung des KOT angestrebt werden. Das gewählte Therapieverfahren spiegelt auch die Rezidivhäufigkeit von 2-63 % wider [37-41]. Die häufigsten Rezidive beobachtet man bei Zystostomie, die wenigsten bei Radikaloperationen. Meistens treten Rezidive fünf bis sieben Jahre nach Erst-OP auf [42, 43]. Auch der histologische Differenzierungsgrad soll Hinweise auf das Auftreten eines Rezidivs liefern: dabei sollen eine Orthokeratose und epitheliale Proliferation bei zusätzlicher Unterbrechung des auskleidenden Epithels mit einer erhöhten Rezidivrate korrelieren [4, 44]. Intraoperativ wird eine vollständige Entfernung von Zyste und gebildeten Mikrozysten, meist unter Verwendung von Carnoyscher Lösung, angestrebt [45, 46]. Es konnte ein Rückgang der Rezidivquote von 13,5 auf 2,5 % bei einer zusätzlichen Anwendung von Carnoyscher Lösung nachgewiesen werden [47]. Eine postoperative Nachsorge sollte mindestens 10 Jahre lang halbjährlich klinisch und röntgenologisch erfolgen [48-50]. 8 Im Rahmen des autosomal dominant vererbten Gorlin-Goltz-Syndroms kommt es zum multiplen Auftreten des KOT bei gleichzeitigem Auftreten von Hauteffloreszenzen (Basalzellnävi) und verschiedenen skelettalen Anomalien und Verkalkungen der Falx Cerebri [51]. 1.4.1.4 Seltene Zysten odontogenen Ursprungs Die Gingivazyste weist eine Häufigkeit von ca. 0,3-0,5 % aller Kieferzysten auf [52]. Man unterscheidet hierbei die als Epstein-Perlen benannten Epithelkörperchen bei Kleinkindern, welche meistens vor dem dritten Lebensmonat im Bereich des Oberkieferalveolarfortsatzes auftreten, von den Gingivazysten im Erwachsenenalter mit vorwiegender Lokalisation im Bereich der Eckzähne und Prämolaren des Unterkiefers [26, 53]. Die Zyste tritt mit den benachbarten Zähnen in keinen direkten Kontakt. Gingivazysten werden auch als Sonderform der periodontalen Zysten angesehen [24], welche eine gemeinsame Histogenese besitzen und sich jeweils intrabzw. extraossär manifestieren [54]. Andere Autoren definieren sowohl die Gingiva- als auch die Periodontalzyste als eigene Zystenart [55]. Teils wird aber auch hier eine gemeinsame epitheliale Abstammung vermutet [56]. Die Eruptionszyste stellt eine Sonderform der follikulären Zyste dar. Sie imponiert als bläulich livide Auftreibung im Bereich des Alveolarfortsatzes über einem im Durchbruch befindlichen Zahn und ist somit zum Teil außerhalb des Kieferknoches im Weichgewebe lokalisiert. Das Auftreten von Eruptionszysten ist mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,8 % selten [24]. Die laterale Parodontalzyste entsteht aus odontogenen Epithelresten zwischen oder neben den Wurzeln vitaler Zähne. Ein entzündlicher Stimulus fehlt. Eine Beziehung der Zyste zur Zahnfleischtasche ist nicht nachweisbar. Im Röntgenbild zeigt sich eine runde bis ovale Aufhellung, teilweise mit einem sklerosierten Randsaum [2]. Innerhalb der Zyste lassen sich Reste der Zahnleiste, des Malassez-Epithels oder des Schmelzepithels nachweisen. Ihr Vorkommen ist mit 0,7 % aller Kieferzysten selten [24]. 9 Die von Weathers und Waldron 1973 erstmals beschriebene botryoide odontogene Zyste stellt eine Sonderform der lateralen Parodontalzyste dar [57]. Ihr Name beruht auf der im Röntgenbild ersichtlichen traubenähnlichen Struktur. Die glanduläre odontogene Zyste ist eine äußerst selten auftretende Erkrankung im Bereich des zahntragenden Kiefers [58]. Im Jahr 1987 wurde erstmals über zwei Patientenfälle berichtet [59]. Allerdings wurde sie zuerst den sialoodontogenen Zysten zugeordnet. Gardner et al. führten aufgrund des fehlenden Nachweises, dass diese Zyste ihren Ursprung aus Speicheldrüsengewebe nimmt, den Namen glanduläre odontogene Zyste ein [60, 61]. Ab dem Jahr 1992 wurde sie von der WHO als eigene Entität beschrieben [2, 62]. Die glanduläre odontogene Zyste kann eine beträchtliche Größe erreichen und neigt zu einem aggressiven Wachstumsverhalten [60]. Pathohistologisch muss die große Ähnlichkeit zum zentralen Mukoepidermoidkarzinom erwähnt werden. Es wird angenommen, dass eine große Anzahl von zentralen Mukoepidermoidkarzinomen auf dem Boden bereits existierender odontogener Zysten entsteht [63]. Hervorzuheben ist die große Rezidivneigung der glandulären odontogenen Zyste. In der Literatur werden Rezidivqouten von 21-43 % angegeben [64-67]. Residualzysten entwickeln sich aus belassenem Zystenepithel bei vorausgegangener unvollständiger Entfernung des Zystengewebes. 1.4.2 Übersicht der Zysten nichtodontogenen Ursprungs Nichtodontogene bzw. dysgenetische Zysten entstehen im Bereich embryonaler Gesichtsfurchen aus versprengten Epithelresten. Meist führt ein entzündungsbedingter Stimulus zur Wachstumsproliferation der in der Tiefe befindlichen Epithelrelikte aus der embryonalen Entwicklungsphase. In der Literatur werden ebenfalls die Bezeichnungen dysontogenetische oder fissurale Zysten als Synonym verwendet. 10 1.4.2.1 Ductus-Nasopalatinus-Zyste Die Ductus-Nasopalatinus-Zyste entwickelt sich aus embryonalen Zellsträngen des Tractus Nasopalatinus und ist im Oberkiefer zwischen den beiden ersten Inzisivi lokalisiert. Sie zählt mit 73 % zu den häufigsten nicht-odontogenen Kieferzysten und macht ca. 4-5 % aller Kieferzysten aus [2, 52]. Allerdings finden sich in der Literatur auch Angaben von 0,08-1,3 % [26, 68]. Ihren Ursprung nimmt die nasopalatinale Zyste aus persistierendem Epithel des Canalis Nasopalatinus. Der in der Embryonalzeit offene, paarig angelegte Kanal ist im oralen Abschnitt mit Plattenepithel, im nasalen mit Zylinderepithel ausgekleidet. Im Laufe der weiteren Entwicklung bildet sich der Kanal zurück und enthält dann das Gefäßnervenbündel des N. Nasopalatinus und der Arteria und Vena Incisiva. Klinisch ist die Zyste durch Palpation schwer zu erkennen. Schmerzen während der Zystenentstehung und deren Wachstum gelten als Erkennungsmerkmal [7]. Die Oberkieferfrontzähne reagieren in der Vitalitätsprobe positiv. Bei nasal gelegenen Zysten kann eine Auftreibung des Nasenbodens beobachtet werden. Röntgenologisch stellt sich eine herz- oder birnenförmige, klar begrenzte Aufhellung dar, deren Spitze zwischen den Apices der beiden ersten Schneidezähne liegt; der Parodontalspalt ist erkennbar. Selten überschreitet ihr Durchmesser mehr als 2 cm [7, 25]. Histologisch weist die nasopalatinale Zyste bei einer verstärkten Entwicklung zur Mundhöhle hin vermehrt Plattenepithel, bei einer weiter nasal orientierten Lage mehrheitlich Flimmerepithel des Respirationstrakts als auskleidendes Epithel auf. 1.4.2.2 Seltene Zysten nichtodontogenen Ursprungs Die globulomaxilläre Zyste entsteht im Fissurenbereich des medialen und lateralen Nasenwulstes. Durch ihre Größenzunahme verdrängt sie die Wurzeln der vitalen Zähne, vor allem der zweiten seitlichen Schneidezähne und der Oberkiefereckzähne. Oftmals ist eine zunehmende Konvergenz der benachbarten Kronen ein erstes Anzeichen für das Vorliegen einer Zyste. Diese seltene Zystenform (0,7 % aller Kieferzysten) wurde erstmals 1937 beschrieben [24]. Die Epithelkeime stammen aus 11 den Resten der Hochstetterschen Epithelmauer [1]. Röntgenologisch ist eine klar begrenzte, herz- bis ovalförmige Aufhellung erkennbar. Die Wurzeln der benachbarten Zähne divergieren im Röntgenbild. Neueren Erkenntnissen nach wird die Zyste jedoch nicht mehr als eigene pathologische Entität betrachtet, sondern vielmehr beschreibt der Begriff „globulomaxillär“ die anatomische Lage [2]; oftmals wird histopathologisch die Zugehörigkeit zu den odontogenen Zysten nachgewiesen [69, 70]. Die nasoalveoläre bzw. nasolabiale Zyste ist mit einem Vorkommen von etwa 0,6 % aller Kieferzysten ebenso selten [71]. Sie ist im engeren Sinne keine wirkliche Kieferzyste, da ihre Lokalisation extraossär auf dem Processus Alveolaris liegt [72]. Erstmals wurde sie von Emil Zuckerkandl beschrieben [73]. Vermutet wird, dass sie aus Epithelresten der bei der Nasenbildung entstehenden Epithelmauer ihren Ursprung nimmt. Andererseits wird auch eine Entwicklung aus Epithelresten, die bei der Abschnürung des epithelialen Nasenpfropfs entstehen, angenommen. Des Weiteren wird auch eine Entstehung aus dem Ductus Nasolacrimalis in der Literatur diskutiert [2, 24]. Klinisch imponiert die Zyste als umschriebene derbe, schmerzlose Schwellung unterhalb des Nasenflügelfortsatzes, teilweise mit Anheben des Nasenbodenfortsatzes und der Oberlippe [72]. Aufgrund der subperiostalen Lage ist röntgenologisch nur eine Eindellung an der Oberkiefervorderseite zu beobachten. Die Verwendung von Kontrastmitteln erleichtert die Diagnostik [74]. 1.4.3 Charakterisierung der Zysten nichtepithelialen Ursprungs Die nichtepithelialen Kieferzysten erfüllen die histologischen Merkmale von Zysten im eigentlichen Sinne nicht. Somit beschreibt der Begriff der Pseudozyste den Umstand, dass diese „Zyste“ zwar im Röntgenbild alle Merkmale einer Zyste aufweist, histologisch allerdings eine epitheliale Auskleidung des Zystenhohlraumes fehlt. Lediglich eine den knöchernen Hohlraum begrenzende, bindegewebige Kapsel ist nachweisbar. Neben der solitären und aneurysmatischen Kieferzyste wird ebenfalls die latent idiopathische, statische Knochenhöhle den Zysten nichtepithelialen Ursprungs zugeordnet. 12 Die solitäre Kieferzyste wird auch als traumatische oder hämorrhagische Knochenzyste bezeichnet. Der Begriff „traumatisch“ beruht auf der Vermutung, dass als Folge eines Traumas diese Knochendegeneration auftritt. Die solitäre Knochenzyste tritt im Bereich des Gesichtsschädels vorzugsweise im Unterkiefer auf. Des Weiteren wird sie oftmals bei Jugendlichen im Bereich der Metaphysen von Femur und Humerus diagnostiziert. Sie verhält sich in der Regel klinisch stumm. Ihre Diagnose beruht oft auf radiologischen Zufallsbefunden, in denen eine klar begrenzte einkammrige Aufhellung zu erkennen ist, die bei entsprechender Ausdehnung die Wurzelspitzen der vitalen Zähne umgibt [4, 24]. Die Therapie besteht zumeist in der Trepanation und Kürettage. Das entstehende Blutkoagulum wird in der Regel knöchern reorganisiert [75]. Je nach Größe erfolgt ein Auffüllen des Defektes mit Knochenersatzmaterial [4]. Die aneurysmatische Knochenzyste tritt meistens im Bereich der Metaphysen langer Röhrenknochen und der Wirbelkörper auf. Im Kiefer tritt sie äußerst selten, vorwiegend im Unterkiefer auf [76]. Ätiologisch vermutet man eine lokale Kreislaufstörung mit Erhöhung des venösen Drucks mit der Folge einer Erweiterung des vaskulären Raums. Aber auch ein Trauma mit darauffolgender Einblutung wird als Ursache diskutiert. Sie charakterisiert sich durch das frühe Auftreten von Schwellungen und Schmerzen. Radiologisch ist sie aufgrund des raschen Wachstums nicht eindeutig definierbar. Sie tritt sowohl ein- als auch mehrkammrig auf. Aufgrund ihres raschen Wachstumsverhaltens kann eine klar abgrenzbare knöcherne Randstruktur fehlen und somit das Vorhandensein eines malignen osteolytischen Prozesses vortäuschen [4, 24]. Im Bindegewebe sind mehrkernige Riesenzellen zu beobachten, sodass eine klare Abgrenzung zu einem Riesenzellgranulom bzw. -tumor schwierig sein kann [4]. Deshalb sollte eine Entfernung in toto anstelle einer Kürettage erfolgen [77]. Die latent idiopathische, statische Knochenhöhle wurde erstmals 1969 von Stafne beschrieben („Stafne-Kavität“). Sie stellt weder eine Zyste noch eine krankhafte Veränderung des Kiefers im eigentlichen Sinne dar. Röntgenologisch ist eine klar begrenzte runde bis ovale Aufhellung (Durchmesser 1-3 cm) unterhalb des Mandibularkanals im Bereich der Prämolaren und Molaren zu erkennen. Ihre Ätiologie 13 ist unklar. Vermutet wird eine durch Druck der Glandula Sublingualis hervorgerufene Knochenatrophie der lingualen Knochenoberfläche. 1.4.4 Charakterisierung der Retentionszysten der Kieferhöhlenschleimhaut Auch Retentionszysten der Kieferhöhlenschleimhaut, sogenannte Mukozelen, können bei Routineröntgenuntersuchungen oftmals als Zufallsbefund im OPG erkannt werden. Die Entstehungsursache für eine „einfache Mukozele“ ist oftmals eine apikale Ostitis im Seitenzahnbereich des Oberkiefers [78], hingegen entsteht eine „posttraumatische Mukozele“ aus verschlepptem Flimmerepithel im voroperierten, vernarbten Bereich der Kieferhöhle [24]. Röntgenologisch stellt sich am basalen Kieferhöhlenboden eine kugelförmige, gut abgrenzbare Verschattung mit mäßigem Röntgenkontrast dar [24]. Mukozelen zeigen in der Regel lange ein klinisch stummes Verhalten [79]. Bei enormer Größenentwicklung oder sekundärer Infektion können Kopfschmerzen, diffuse Druckschmerzen im Bereich des Wangenknochens, neuralgiforme Beschwerden oder eine erschwerte Nasenatmung auftreten. Histologisch zeigt die Mukozele eine typische endothelartige epitheliale Auskleidung, vergleichbar der Extravasationszyste, wobei das variable Auftreten von Flimmer- und Zylinderepithel beobachtet wurde. Der Zystenhohlraum ist mit klarem, gelblichem, dünnflüssigem Inhalt gefüllt, welcher sich teilweise spontan durch die Nase entleert. Bei auftretenden Beschwerden können Mukozelen größtenteils endoskopisch entfernt werden. Eine operative Eröffnung der Kieferhöhle ist nur selten und nur bei Beschwerden notwendig. 1.4.5 Zysten der Weichteile Im Bereich der oralen Speicheldrüsen kommt es aufgrund von Obstruktionen der Ausführungsgänge zu häufig rezidivierenden zystischen Veränderungen. Aber auch durch embryonale Entwicklungsstörungen können Zysten wie z.B. die mediane und laterale Halszyste auftreten. 14 Die laterale Halszyste wird entwicklungsbedingt und histologisch den lymphoepithelialen Zysten zugeordnet. Durch Entwicklungsstörungen des branchialen Apparates kommt es zur Bildung von Obliterationszysten aus Resten des Zervikalbläschens [24, 80]. Zum anderen wird eine Entstehung aus versprengten Epithelkeimen innerhalb der Halslymphknoten durch einen entzündlichen Stimulus angenommen [2]. Klinisch imponiert eine rundlich-ovale, gut abgrenzbare Schwellung bis zu 10 cm unterhalb des Kieferwinkels im Bereich der Carotisgabel am Vorderrand des M. Sternocleidomastoideus. Das bedeckende Weichgewebe sowie die Zyste selbst sind frei verschieblich, teilweise ist ein strangartiger Gang von der Zyste ausgehend durch die Carotisgabel bis in den Bereich der Tonsilla Palatina tastbar [24, 81]. Selten treten lymphoepitheliale Zysten auch im Bereich der Parotis auf. Im Rahmen des HIVassoziierten Diffus-Infiltrativen-Lymphozytosis-Syndrom (DILS) kommt es zu einer asymptomatischen bilateralen Parotisschwellung [2]. Die mediane Hals- bzw. Ductus-Thyroglossalis-Zyste erstreckt sich entwicklungsbedingt entsprechend ihrer Abstammung aus persistierenden Resten des Ductus Thyreoglossus in der Medianebene zwischen dem Foramen Caecum der Zunge und dem Isthmus der Schilddrüse. Teilweise ist eine Verwachsung mit dem Zungenbeinkörper zu beobachten. Klinisch imponiert eine weiche bis prall elastische Schwellung, welche beim Schlucken oder Herausstrecken der Zunge nach kranial wandert [24]. Zur vollständigen Entfernung ist zumeist aufgrund der ansonsten hohen Rezidivgefahr von 25 % eine Teilresektion des Zungenbeinkörpers unvermeidbar [24]. Zum Ausschluss einer ektopen Schilddrüse muss eine Kontrolle der Schilddrüsenhormone T3, T4, TSH sowie eine szinitigraphische Untersuchung des Parenchyms erfolgen [2]. Dermoid- und Epidermoid-Zysten manifestieren sich ebenfalls in den Weichteilen des Kopf- und Halsbereichs. Prädilektionsstellen sind die Mitte des Mundbodens und der laterale Bereich der Orbita unterhalb der Augenbraue [82]. Während der embryonalen Entwicklungsphase kommt es zum Einschluss versprengter Zelllinien der (Epi-)dermis in die embryonalen Gesichtsfurchen und –spalten, sodass histologisch auch Hautanhangsgebilde nachgewiesen werden können. Eine traumatische Verlagerung 15 von Epithelien in die Tiefe wurde ebenso als Ursache beobachtet. Im klinischen Bild erscheinen die Zysten als prall-derbe, schmerzlose Vorwölbung. Die Ranula stellt eine oberhalb des M. Mylohyoideus und lateral des Zungenbändchens liegende Extravasations- bzw. Retentionszyste der Gl. Sublingualis dar. Bei enormer Größenzunahme kommt es durch das Anheben der Zunge zu Sprech- und Schluckstörungen. Sie entsteht meist durch traumatisch bedingte Gangobstruktionen und neigt zur spontanen Entleerung, jedoch kommt es nach kurzer Zeit zum Wiederauffüllen des zystischen Hohlraums [2, 24], sodass eine Entfernung teilweise mit Exstirpation der Gl. Sublingualis erfolgen sollte. 1.5 Zysten als Symptom einer Systemerkrankung Kieferzysten können auch als Bestandteil einer Systemerkrankung auftreten und somit Hinweise auf eventuell bislang nicht diagnostizierte Gendefekte geben. So weist das 1960 von Gorlin und Goltz beschriebene nävoide Basalzellkarzinomsyndrom auf einen seltenen, autosomal dominant vererbten Gendefekt hin. Auch wenn das Auftreten bei einer Prävalenz von 1:256000 bis 1:57000 sehr gering erscheint, sollte man bei der Diagnose von Kieferzysten, vor allem beim Vorliegen eines KOT, stets eine systemische Erkrankung bedenken [83, 84]. Vor allem ein geringes Patientenalter zwischen zehn und 20 Jahren bei Erstauftreten eines KOT kann erste Hinweise geben [84-86]. Gorlin und Goltz definierten 1960 die nun geltende Symptomtrias aus multiplen Basalzellkarzinomen, Kieferzysten und Skelettanomalien [51]. Das nävoide Basalzellkarzinomsyndrom liegt beim Auftreten von zwei Hauptsymptomen oder dem gemeinsamen Auftreten von einem Haupt- und zwei Nebensymptomen vor. Als Hauptsymptom gelten hierbei multiple Basalzellkarzinome oder das Auftreten eines Basalzellkarzinoms vor dem 20. Lebensjahr, palmoplantare Grübchen, Verkalkungen der Falx Cerebri, Rippenanomalien und das gehäufte Auftreten odontogener Zysten. Als erkennbare Nebensymptome im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich können kongenitale Fehlbildungen wie zum Beispiel Lippen-, Kiefer- und Gaumenspalten beobachtet werden [87, 88]. 16 1.6 Behandlungsmethoden der Kieferzysten 1.6.1 Zystostomie (Methode nach Partsch I) Bei der Zystostomie wird die vestibuläre bzw. palatinale Zystenwand samt knöchernem Anteil entfernt und das Zystenlumen zu einer Nebenbucht der Mund-, Nasen- oder Kieferhöhle erweitert. Um ein dauerhaftes Offenbleiben zu gewährleisten, werden die Ränder des Zystenepithels mit der Mundhöhlenschleimhaut vernäht. Aufgrund der Druckabnahme reagiert der Knochen mit einem langsamen, lumenwärts gerichteten appositionellen Wachstum. Das vorhandene Zystenepithel metaplasiert zur Mund-, Nasen- oder Kieferhöhlenschleimhaut. Je nach Größe, Art und Lokalisation der Zyste sowie in Abhängigkeit vom Patientenalter ist in der Regel nach zwei bis drei Jahren eine vollständige Regeneration zu erwarten. Während dieser Zeit ist eine engmaschige Nachsorge unverzichtbar. Unmittelbar nach dem operativen Eingriff erfolgt die Tamponade der Zystenbucht. Konnte eine Eröffnung der Kiefer- bzw. Nasenhöhle vermieden werden, wird nach zwei bis drei Wochen ein eigens angefertigter Obturator eingebracht. Dieser wird regelmäßig auf seinen sicheren Sitz kontrolliert und der immer kleiner werdenden Knochenhöhle angepasst. Der Vorteil der Zystostomie ist vor allem die geringe Verletzungsgefahr von Nachbarstrukturen (Mandibularkanal, N. Alveolaris Inferior, N. Mentalis). Auch eine unabsichtliche Perforation des Kieferhöhlen- oder Nasenbodens oder eine iatrogene Devitalisierung von Nachbarzähnen kann hierdurch vermieden werden. Vor allem die Gefahr von pathologischen Kieferbrüchen wird durch diese OP-Methode verringert. Nachteilig wirkt sich jedoch die lange und teilweise auch für den Patienten sehr belastende Behandlungszeit aus. Eine vollständige knöcherne Regeneration ist bereits ab dem 20. Lebensjahr nicht mehr zu erwarten. Als größter Nachteil ist eine histologische Aufbereitung der gesamten Zyste aufgrund der anteiligen Entnahme nicht möglich. Somit besteht die Gefahr, dass falsche histologische Zuordnungen getroffen oder maligne Prozesse übersehen werden. 17 Die Zystostomie ist bei größeren Zysten angezeigt, wenn Nachbarstrukturen bei der Operation geschädigt werden könnten oder im Wechselgebiss retinierte und verlagerte Zähne erhalten werden sollen. 1.6.2 Zystektomie (Methode nach Partsch II) Bei der Zystektomie wird die gesamte Zyste vollständig entfernt und die entstandene Wunde vernäht. Das hierbei in der Knochenhöhle entstehende Blutkoagulum wird zunächst bindegewebig und später knöchern organisiert. Der Vorteil der Zystektomie besteht vor allem in der vollständigen Entfernung der gesamten Zyste. Neben einer kompletten histologischen Aufbereitung ist vor allem die Gefahr von Rezidiven minimiert. Des Weiteren kann auf eine langwierige und zeitaufwendige Nachsorge verglichen mit der Zystostomie verzichtet werden. Allerdings sind die erhöhte Gefahr der Verletzung von Nachbarstrukturen und auch eine postoperative Infektion des Blutkoagulums als Nachteil der Zystektomie nicht außer Acht zu lassen. Die Zystektomie ist vor allem bei kleinen Zysten angezeigt, wenn die Gefahr der Verletzung von Nachbarstrukturen gering ist. 1.6.3 Zweizeitiges Vorgehen Infizierte oder extrem große Zysten können ein modifiziertes zweizeitiges Vorgehen nötig machen. Bei infizierten Zysten wird zunächst durch Eröffnen des Zystenbalgs ein Sekretabfluss und somit ein Abklingen der Entzündungssymptomatik (Schmerz, Schwellung) ermöglicht. Im Anschluss an die akute Entzündungsphase erfolgt die vollständige Entfernung im Sinne einer Zystektomie. Bei extrem großen Zysten ist eine primäre Zystostomie dann angezeigt, wenn durch eine sofortige vollständige Entfernung wichtige Nachbarstrukturen verletzt oder aber pathologische Kieferfrakturen provoziert werden würden. Nach ausreichender knöcherner Regeneration schließt sich eine Zystektomie der gesamten Zyste an. 18 1.6.4 Zystantrostomie Bei ausgedehnten Zysten im Oberkieferseitenzahnbereich empfiehlt sich eine Fensterung zur Kieferhöhle. Der operative Zugang erfolgt durch eine Schnittführung im Vestibulum parallel der Zahnreihen. Die Trennwand zwischen Zyste und Kieferhöhle wird entfernt, das Zystenepithel mit der Kieferhöhlenschleimhaut verbunden, sodass eine einzige große Höhle entsteht. Ein wiederholter Druckaufbau wird durch die zusätzliche Fensterung des unteren Nasengangs verhindert. Erfolgt die Eröffnung zur Nasenhöhle dauerhaft, spricht man von einer Zystantrorhinostomie. 1.6.5 Augmentative Verfahren nach Zystenentfernung Durch die operative Entfernung entsteht eine Knochenhöhle, die oftmals einen primären Wundverschluss nur bedingt zulässt. Als kritische Größe gilt heute ein Durchmesser von 15-20 mm [6]. Übersteigt der Durchmesser die kritische Größe läuft man Gefahr, durch Retraktion oder Verlust des entstandenen Blutkoagels Wundheilungsstörungen zu provozieren und dadurch eine knöcherne Regeneration zu verhindern. Zur Ersatzmaterialien Stabilisierung zur des Verfügung. Blutkoagels Hierbei stehen unterscheidet unterschiedliche man autogenes (selbes Individuum), allogenes (anderes Individuum der gleichen Spezies) oder xenogenes (Individuum einer anderen Spezies) Material [4, 89]. Das Einbringen von Kollagen, zumeist als Kegel oder Vlies, hat sich bei Zysten mit einem Durchmesser von ca. 20 mm bewährt [6, 90]. Bei größeren Durchmessern wird ein kombiniertes Einbringen von Kollagen und Knochenersatzmaterialien praktiziert. Bei den Knochenersatzmaterialien unterscheidet man zwischen biologischen, organischen Materialien in Form von aufbereitetem Knochen und synthetischen, anorganischen Werkstoffen wie Tricalciumphosphatkeramiken oder Hydroxylapatit [4]. Die genannten Materialien haben eine osteogene, osteoinduktive bzw. osteokonduktive Wirkung und beschleunigen somit die vollständige Verknöcherung. 19 1.7 Fragestellung Ziel der vorliegenden, retrospektiven Studie war es, Auftreten, Häufigkeit und Verteilung der verschiedenen Zystenentitäten darzustellen. Neben der Alters- und Geschlechterverteilung wurde dazu die Lokalisation im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich für die unterschiedlichen Zystenarten bestimmt. Des Weiteren wurde unterschieden, ob die jeweiligen Zysten als alleiniges Krankheitsbild oder im Rahmen einer Systemerkrankung auftraten. Zusätzlich zur Ermittlung klinischer Ergebnisse über einen Zeitraum von zwölf Jahren sollte ein Vergleich zu den bereits in der Literatur vorliegenden Ergebnissen angestellt werden. Außerdem sollte untersucht werden, welche Operationstechniken bei den jeweiligen Zystentypen klinisch zur Anwendung kamen. Darüber hinausgehend sollte der Einsatz augmentativer Verfahren hinsichtlich Methodik und Häufigkeit beleuchtet werden. 20 2 Material und Methode 2.1 Auswahlkriterien Als Grundlage einer retrospektiven Studie diente die Auswertung der Krankenakten von 285 Patienten. Diese Patienten wurden im Zeitraum von 1997-2009 mit der Diagnose einer Zyste im Bereich des Kiefers oder Gesichtes in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg stationär behandelt. Davon waren 124 Patienten weiblich (43,5 %) und 161 männlich (56,5 %), das Alter zum Zeitpunkt der Zystenoperation erstreckte sich von zwei Monaten bis 88 Jahren. Das durchschnittliche Patientenalter der männlichen Patienten zum Operationszeitpunkt betrug 41 Jahre, dass der weiblichen 36. Geschlechtsunabhängig betrachtet betrug das Durchschnittsalter 39 Jahre. Zweihundertsiebzehn Patienten wurden durch ihren Hauszahnarzt überwiesen, 20 Patienten suchten die Poliklinik selbstständig auf. Bei 51 Patienten handelte es sich um Rezidivfälle. Dreiundvierzig Patienten wurden vor Erstuntersuchung an der Poliklinik bereits anbehandelt. Die Patienten wurden im Zuge ihrer stationären Aufnahme zu ihrer bisherigen Anamnese befragt. Die Angaben wurden schriftlich erfasst. 2.2 Lokalisation der operierten Zysten Anhand des präoperativen Röntgenbefunds sowie der Erwähnung der Lokalisation im OP-Bericht erfolgte die Auswertung der Lokalisation der histopathologisch diagnostizierten Zysten (siehe 2.5). Neben der Dokumentation der Lage in Ober- bzw. Unterkiefer erfolgte noch die Unterteilung in Seiten- oder Frontzahnbereich, Unterkieferkorpus, Kieferwinkel und Ramus mandibulae. Ebenso wurden Befunde im Weichgewebe an Oberlid, Nasolabialfalte, Mundboden, Vestibulum, Lippe und Hals unterschieden. 21 2.3 Operationsmethoden Im Rahmen der Operationen wurden die gängigen Techniken nach Partsch I und II sowie die Zystantrostomie angewandt. Man dokumentierte zusätzlich, ob der Zugang zum Operationsgebiet von intra- oder extraoral geschaffen wurde. Gegebenfalls erfolgten osteoplastische Maßnahmen. Hierbei wurden autologe, allogene bzw. xenogene Ersatzmaterialien eingesetzt. Autologe Entnahmestellen wählte man im Bereich des Beckenkamms und des retromolaren Unterkiefers. Als allogene Materialien setzte man demineralisierte Knochenmatrix in Form von Grafton® (Fa. Osteotech Inc., USA) oder AAA-Bonechips und -Pulver ein. Die Gewinnung und Aufbereitung dieses autolysierten, Antigen-extrahierten, allogenen Knochens erfolgte im wissenschaftlichen Labor der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Plastische Chirurgie der Universität Würzburg. Bei der xenogenen Defektdeckung wurden Bio-Oss® und Bio-Gide® der Firma Geistlich Pharma AG, Schweiz, verwendet. Bei Entfernung von Zysten eines Durchmessers von weniger als 10 mm erfolgte ein primärer Wundverschluss. Zystenlumina mit einem Durchmesser von 10-20 mm wurden zusätzlich mittels osteoplastischer Maßnahmen versorgt. Hier wurden Kollagenkegel zumeist kombiniert mit autologen oder allogenen Knochenbestandteilen verwendet. Überstieg die Zyste eine Größe von 20 mm, kamen autologe Transplantate der Beckenkammspongiosa zum Einsatz. 2.4 Antibiotikatherapie Intra- und postoperativ erfolgte vorwiegend eine antibiotische Therapie. Insgesamt wurden vier verschiedene chemotherapeutische Wirkstoffklassen eingesetzt. Dabei können Betalaktam-Antibiotika und andere Chemotherapeutika unterschieden werden. 2.5 Histopathologische Aufbereitung des Resektats Die pathologische Aufbereitung der operativ gewonnenen Resektate fand am Institut für Pathologie der Universität Würzburg statt, um eine eindeutige histologische Klassifikation der einzelnen Zysten zu erzielen. Die entnommenen Operationspräparate 22 wurden hierzu frei schwimmend in zehnprozentigem Formalin bei neutraler Pufferung fixiert. Das entsprechende Probegefäß wurde mit Name und Geburtsdatum des Patienten versehen. Zum fixierten Präparat wurden weiterhin Angaben zur Lokalisation und Orientierung gemacht. Im Pathologischen Institut entwässerte man das Präparat mit Ethanol, bevor das Resektat nach Austausch des Alkohols durch ein Intermedium mit flüssigem Paraffin durchsetzt wurde. Vor der Anfärbung des Präparates mit Hämatoxylin-Eosin-Färbung wurde der gewonnene Paraffinblock mit Hilfe eines Mikrotoms in Scheiben definierter Dicke geschnitten. 2.6 Stationärer Aufenthalt und postoperative Komplikationen Man erfasste pro Patientenfall postoperativ die Dauer des stationären Aufenthalts und das etwaige Auftreten von Wundheilungsstörungen. Weitere Komplikationen wie Schwellung, Schmerz, bakterielle Infektion des Knochens und der umgebenden Weichteile, Kieferklemme, Verletzung von Nachbarzähnen, Mund-Antrum-Verbindung, Verletzung anatomischer Nachbarstrukturen und Sensibilitätsstörungen wurden begleitend dokumentiert. 2.7 Datenverarbeitung und Datenauswertung Die statistische Auswertung wurde mit dem Programm IBM SPSS® Statistics 20 für Windows® erstellt. Die in der Studie erfassten Daten wurden als Variablen in das Statistikprogramm eingegeben, sodass eine Grundlage zur tabellarischen und graphischen Auswertung entstand. Die Auswertung der Daten erfolgte dann am Rechenzentrum der Universität Würzburg. Zusätzlich wurden die Softwareprogramme Microsoft Word® 2007 zur Textverarbeitung und Microsoft Excel®2007 zur Erfassung der gewonnenen Ergebnisse benutzt. 23 3 Ergebnisse 3.1 Allgemeine Patientendaten Die Auswertung der Patientendaten ergibt eine Geschlechterverteilung von 1:1,3 Frauen zu Männern. Die meisten Patienten erkrankten geschlechtsunabhängig zwischen dem 11. und 20. Lebensjahr (18,6 %). Bei der dritten bis zur sechsten Lebensdekade wurde ein gleichbleibendes Auftreten von Zysten beobachtet (14,4-15,8 %). Abbildung 1 zeigt die geschlechtsunabhängige Altersverteilung der Patienten zum Zeitpunkt der Operation. Abb.1: Anzahl der Patienten je Altersgruppe am Tag der Operation Die meisten Frauen wurden im Alter zwischen 11 und 20 Jahren (22,6 %) therapiert. Bei Männern wurde eine Erkrankung am häufigsten bei den 51- bis 60-Jährigen (18,6 %) diagnostiziert (s. Abb. 2). 24 Patientenanzahl 40 30 20 10 männlich 0 weiblich <10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 81-90 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Altersgruppen Abb.2: Geschlechtsspezifische Verteilung der Patienten innerhalb der Altersgruppen zum OP-Termin Hundertachtunddreißig Patienten gaben in ihrer Anamnese Schmerzen und Schwellungen an. Bei 66 Patienten wurde die Zyste im Zuge einer röntgenologischen Routineuntersuchung festgestellt, ohne dass etwaige klinische Symptome auftraten. Acht Patienten (2,8 %) wiesen als Vorerkrankung ein Gorlin-Goltz-Syndrom auf. Hiervon waren drei Patienten weiblich, fünf männlich. 3.2 Verteilung der Zystenentitäten Die Untersuchungen des pathologischen Instituts der Universität Würzburg ergaben in 191 Fällen (67 %) odontogene Zysten. Nichtodontogene Zysten traten in 77 Fällen (27 %) auf. Nichtepitheliale Zysten wurden elfmal operativ entfernt (4 %). Dysgenetische Zysten wurden dreimal diagnostiziert (1 %) (s. Abb. 3). 4% 1% 1% Odontogene Zysten Nichtodontogene Zysten 27% Nichtepitheliale Zysten Dysgenetische Zysten 67% (Nicht-) odontogene Zysten Abb.3: Prozentuale Verteilung der unterschiedlichen Zystenentitäten innerhalb des Patientenkollektivs 25 Bei drei Patienten (1 %) ergaben sich Mischformen odontogener und nichtodontogener Zysten. Hier wurden die Kombinationen radikuläre Zyste/Mukozele, follikuläre Zyste/Mukozele sowie follikuläre/Ductus-Nasopalatinus-Zyste beobachtet. 3.2.1 Geschlechter- und Altersverteilung innerhalb der odontogenen Zysten Die operative Entfernung einer rein odontogenen Zyste fand bei 73 Frauen und 118 Männern statt. Dies entspricht einem prozentualen Anteil von 25,6 % der behandelten Frauen und 41,4 % der Männer. Das Durchschnittsalter betrug zum Zeitpunkt der Operation geschlechtsunabhängig 41,5 Jahre. Hierbei traten Erkrankungen im Alter von acht bis 88 Jahren auf. Weibliche Patienten waren durchschnittlich 39,6 Jahre und männliche Patienten 42,7 Jahre alt. Die häufigsten Erkrankungen kamen geschlechtsunspezifisch im Alter von 51-60 Jahren (17,3 %) vor. Bei den Frauen wurden die meisten operativen Eingriffe bei den 11 bis 20- und 31 bis 40-Jährigen (je 16,4 %), bei den Männern bei den 51 bis 60-Jährigen (19,5 %) vorgenommen. 3.2.2 Geschlechter- und Altersverteilung innerhalb der nichtodontogenen Zysten Insgesamt wurden 42 weibliche (14,7 %) und 25 männliche (8,8 %) Patienten aufgrund einer nichtodontogenen Zyste stationär behandelt. Durchschnittlich waren diese 36,5 Jahre alt. Das Alter differierte zum Zeitpunkt der Operation zwischen zwei Monaten und 77 Jahren; das Durchschnittsalter der Frauen betrug 34,5 Jahre, das der Männer 38,8 Jahre. Von 11 bis 30 Jahren (37,7 %) wurden geschlechtsunabhängig die meisten Erkrankungen festgestellt. Bei den Frauen wurden die meisten Operationen bei den 11 bis 20-Jährigen (23,8 %), bei den Männern bei den 21-30-Jährigen (22,9 %) vorgenommen. 3.2.3 Geschlechter- und Altersverteilung innerhalb der nichtepithelialen Zysten Sieben Frauen (2,5 %) und vier Männer (1,4 %) wurden aufgrund einer nichtepithelialen Zyste therapiert. Das durchschnittliche Patientenalter betrug 18,2 Jahre. Erkrankungen traten zwischen dem 11. und 42. Lebensjahr auf. Die weiblichen Patienten waren im Schnitt 19,3 Jahre, die männlichen 16,3 Jahre alt. Die meisten 26 Operationen wurden in der zweiten Lebensdekade vorgenommen, hierbei waren sechs Patienten weiblich und drei männlich. 3.2.4 Geschlechter- und Altersverteilung innerhalb der dysgenetischen Zysten und bei Patienten mit Kombinationsbefund Insgesamt lagen bei jeweils drei Studienteilnehmern dysgenetische Zysten bzw. ein pathologischer Kombinationsbefund einer nicht-/und odontogenen Zyste vor. Bei den dysgenetischen Zysten wurden zwei Männer (44 und 48 Jahre) und eine Frau (33 Jahre) therapiert. Zwei männliche Patienten (42 und 69 Jahre) und eine 33-jährige Patientin wiesen einen histopathologischen Kombinationsbefund auf. 3.3 Auftreten der unterschiedlichen odontogenen Zysten Radikuläre Zysten traten in 73 Fällen (37,6 %) von 194 diagnostizierten odontogenen Zysten am häufigsten auf. Am zweithäufigsten wurden keratozystische odontogene Tumoren (65 Fälle/ 33,5 %), gefolgt von follikulären Zysten (43 Fälle/22,2 %) operativ therapiert. In drei Fällen konnte histopathologisch keine genaue Zuordnung getroffen werden, da im Präparat radikuläre und follikuläre Zellbereiche mikroskopiert wurden. Residualzysten wurden sechsmal, glanduläre odontogene Zysten und Eruptionszysten je zweimal histologisch nachgewiesen (s. Abb. 4). Geschlechtsspezifisch waren 38,1 % der operierten Patienten weiblich, 61,9 % männlich. 27 Residualzyste Gl. odontogene Zyste Eruptionszyste Rad./Foll.Zyste Follikuläre Zyste Radikuläre Zyste Radikuläre Zysten KOT Follikulären Zysten Radikuläre/Follikuläre Zysten Residualzysten Glanduläre odontogene Zysten Eruptionszysten KOT Abb.4: Prozentuale Verteilung einzelner Zysten innerhalb der Gesamtzahl odontogener Zysten 3.3.1 Radikuläre Zyste Die operative Entfernung radikulärer Zysten wurde bei 27 Frauen (37 %) und 46 Männern (63 %) durchgeführt. Hierbei ergibt sich ein Verhältnis von 1:1,7 zwischen Frauen und Männern. Das geschlechtsunabhängige Durchschnittsalter betrug zum Zeitpunkt der Operation 40,6 Jahre. Es wurden Erkrankungen im Alter von neun bis 81 Jahren beobachtet. Frauen waren im Schnitt 40,2 Jahre, Männer 41 Jahre alt. Die Altersgruppe der 21 bis 30-Jährigen (18 Fälle/24,7 %) war am stärksten vertreten. Die vierte bis sechste Dekade war gleichmäßig verteilt (je 11 oder 12 Fälle/15,1 bis 16,4 %). Die meisten operativen Eingriffe erfolgten bei beiden Geschlechtern zwischen dem 21. und 30. Lebensjahr (weiblich 25,9 %, männlich 23,9 %). Radikuläre Zysten waren 41 Mal im Unterkiefer, 28 Mal im Oberkiefer lokalisiert. Viermal wurde in gleicher Sitzung sowohl im Oberkiefer als auch im Unterkiefer ein operativer Eingriff vorgenommen. Das Auftreten radikulärer Zysten im Oberkiefer wurde im rechten Seitenzahnbereich achtmal, im Frontzahnbereich elfmal, im linken Seitenzahngebiet 13 Mal dokumentiert. 28 Der Unterkiefer wurde in Frontzahnbereich sowie eine linke und rechte Seite jeweils für Korpus, Kieferwinkel und aufsteigender Ast unterteilt. Am rechten Kieferwinkel wurde in fünf Fällen, im Korpus in sieben Fällen, im kombinierten Bereich von Kieferwinkel und Korpus in zwei Fällen eine Operation durchgeführt. Der linke Kieferwinkel war achtmal, der Korpus 15 Mal und die Unterkieferfront insgesamt achtmal betroffen. 3.3.2 Keratozystischer odontogener Tumor Ein operativer Eingriff aufgrund eines keratozystischen odontogenen Tumors (KOT) wurde bei 29 Frauen (44,6 %) und 36 Männern (55,4 %) vorgenommen, hieraus ergibt sich ein Geschlechterverhältnis von 1:1,2 zwischen Frauen und Männern. Im Durchschnitt waren die Patienten 43,6 Jahre alt. Der jüngste Patient wurde mit zehn Jahren, der älteste mit 88 Jahren operiert. Frauen wiesen ein Durchschnittsalter von 42,8 Jahren, Männer von 44,3 Jahren auf. Am häufigsten wurde in der zweiten und sechsten Lebensdekade (je 13 Fälle/je 20 %) ein KOT therapiert. Bei Frauen wurde die Diagnose zumeist zwischen dem 11. und 20. Lebensjahr (7 Fälle/24,1 %) gestellt. Des Weiteren wurde zwischen dem 31. und 70. Lebensjahr eine gleichmäßige Verteilung des KOT zwischen den Dekaden beobachtet (je vier Fälle mit 13,8 %). Die größte männliche Patientengruppe (9 Fälle/25 %) stellten die 51-60-Jährigen dar, gefolgt von den 11-20-Jährigen (6 Fälle/16,7 %). Der KOT wurde mehrheitlich im Unterkiefer (59 Fälle) entfernt. Lediglich sechs Patienten wurden im Oberkiefer therapiert. Bei vier Patienten war der KOT im Bereich des linken Oberkiefers, bei zwei Patienten in der Oberkieferfront lokalisiert. Der linke Kieferwinkel war in 21 Fällen, der Bereich linker Kieferwinkel/aufsteigender Ast in vier Fällen, der Bereich linker Kieferwinkel/Korpus einmal betroffen. Ein isoliertes Auftreten im linken aufsteigenden Ast wurde bei einem Patienten beobachtet. Dreimal wurde linksseitig eine Entfernung im Korpus vorgenommen. 21 Patienten wurden am rechten Kieferwinkel operiert. Im Gebiet 29 rechter Kieferwinkel/Korpus und rechter Kieferwinkel/aufsteigender Ast wurden vier bzw. zwei KOT diagnostiziert. Ein alleiniges Auftreten im rechten aufsteigenden Ast wurde einmal dokumentiert. Bei einem Patienten wurde in der Unterkieferfront eine Operation durchgeführt. 3.3.3 Follikuläre Zysten Bei den follikulären Zysten betrug das Geschlechterverhältnis zwischen Frauen und Männern 1:1,9. Insgesamt wurde bei 15 Frauen (34,9 %) und 28 Männern (65,1 %) ein Eingriff vorgenommen. Das Durchschnittsalter lag bei 40,5 Jahren. Die weiblichen Patienten waren zum Zeitpunkt der Operation im Schnitt jünger (31,8 Jahre) als die männlichen Patienten (45,2 Jahre). Eine operative Entfernung erfolgte im Alter von acht bis 77 Jahren. Geschlechtsunspezifisch wurden die meisten follikulären Zysten bei den 41-50-Jährigen (12 Fälle/27,9 %) diagnostiziert. Frauen wurden zumeist im zweiten Lebensjahrzehnt operiert (4 Fälle/26,7 %). Männer erkrankten am häufigsten zwischen dem 41.und 50. Lebensjahr (10 Fälle/35,7 %). Follikuläre Zysten waren bei sieben Patienten im Oberkiefer und bei 36 Patienten im Unterkiefer lokalisiert. Im Oberkiefer war der linke Seitenzahnbereich in vier Fällen betroffen, im rechten Seitenzahngebiet traten eine Zyste, in der Front zwei Zysten auf. Bei zehn Patienten wurde ein operativer Eingriff am linken Kieferwinkel vorgenommen. Bei fünf Patienten erfolgte die Therapie im linken Unterkieferkorpus. Rechtsseitig wurden im Kieferwinkel 13 Zysten, im Korpus sechs Zysten entfernt. Ein alleiniges Auftreten im rechten aufsteigenden Ast sowie im kombinierten Bereich Kieferwinkel/aufsteigender Ast wurde je einmal beobachtet. 3.3.4 Seltene odontogene Zysten Hier ergab sich ein seltenes Auftreten von glandulären odontogenen Zysten (insgesamt zwei männliche Patienten, im Alter von 38 und 44 Jahren), Residualzysten (insgesamt drei weibliche Patienten mit einem Durchschnittsalter von 41,3 Jahren und drei 30 männliche Patienten im Alter von durchschnittlich 58,7 Jahren) und Eruptionszysten (zwei männliche Patienten im Alter von neun und elf Jahren). 3.4 Auftreten der unterschiedlichen nichtodontogenen Zysten Es wurden 80 nichtodontogene Zysten operativ entfernt. Am häufigsten (36mal, 45 %) erfolgte die Operation aufgrund einer Mukozele. In neun Fällen (11,3 %) wurde eine Ductus- Nasopalatinus-Zyste stationär therapiert. Die Behandlung einer lateralen Halszyste erfolgte achtmal (10 %). Mediane Halszysten und Retentionszysten wurden sechsmal (je 7,5 %), Ranula und Dermoid- Zysten viermal (je 5 %), eine Zyste der Kieferhöhlenschleimhaut fünfmal beobachtet (6,3 %). Bei je einem Patienten ergab der pathologische Befund eine Zyste der Glandula Submandibularis bzw. eine EpidermoidZyste (je 1,3 %) (s. Abb. 5). 31 Abb.5: Anzahl und prozentuale Verteilung der einzelnen unterschiedlichen nichtodontogenen Zysten innerhalb ihrer Gesamtzahl Geschlechtsspezifisch ergab sich ein Verhältnis von 1,16:1 zwischen Frauen und Männern. Insgesamt wurden 43 Frauen und 37 Männer an einer nichtodontogenen Zyste operiert. 3.4.1 Mukozele Von einer Mukozele waren Frauen und Männer gleich betroffen (je 18 Patienten). Auch das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Operation lag bei Frauen und Männern gleich (je 41,6 Jahre). Eingriffe aufgrund einer Mukozele wurden bei Patienten im Alter von 17 bis 77 Jahren durchgeführt. Die meisten Operationen (58,3 %) erfolgten im Alter von 31-60 Jahren (s. Abb. 6). 32 Patientenanzahl 10 8 6 4 2 0 Patienten gesamt Frauen Männer 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Altersgruppen Abb.6: Patientenanzahl (Geschlechtsunabhängig/-abhängig) je Altersgruppen des an einer Mukozele operierten Patientenkollektivs Bei Frauen wurden die häufigsten stationären Behandlungen bei den 31- bis 40Jährigen (33,3 %) beobachtet. Bei den männlichen Patienten stellt die Altersgruppe der 41- bis 60-Jährigen (44,4 %) die größte Patientengruppe dar. Bei der Auswertung der betroffenen Körperseiten ist eine relativ gleichmäßige Verteilung erkennbar. Im Bereich des I. Quadranten wurde in 18 Fällen eine Mukozele entfernt. Im II. Quadranten erfolgte in 15 Fällen und im Frontbereich in 3 Fällen ein operativer Eingriff. 3.4.2 Ductus-Nasopalatinus-Zyste Am zweithäufigsten (11,3 %) wurden Zysten des Ductus Nasopalatinus entfernt. Das durchschnittliche Patientenalter betrug zum Zeitpunkt der Operation 46,2 Jahre. Insgesamt wurden eine Frau und acht Männer stationär aufgenommen. Die weibliche Patientin war 39 Jahre alt, die männlichen Patienten durchschnittlich 47,1 Jahre alt. Es ergab sich keine besondere Prävalenz in einer bestimmten Altersgruppe. Das Patientenalter umfasste ein Spektrum von 26-69 Jahren. 3.4.3 Nichtodontogene Zysten mit Lokalisation im Weichgewebe Als weitere nichtodontogene Zysten wurden laterale und mediane Halszysten, Zysten der Glandula Submandibularis, Retentionszysten, Ranula, Zysten der Kieferhöhlenschleimhaut sowie Dermoide bzw. Epidermoide Zysten operativ entfernt. Hierbei überwiegen vor allem Zysten im Halsbereich. 33 Die operative Entfernung lateraler Halszysten (acht Fälle) trat vor allem bei jungen Frauen (sieben Fälle/ 87,5 %) im Alter von 17 bis 31 Jahren auf. Die meisten Eingriffe erfolgten in der dritten Lebensdekade, dies spiegelt auch das Durchschnittsalter der weiblichen Patienten von 25,4 Jahren wider. Der einzige männliche Patient war zum Zeitpunkt der Operation 27 Jahre alt. Mediane Halszysten traten bei beiden Geschlechtern gleich häufig auf (je drei Fälle). Geschlechtsunabhängig wurden 83,3 % der medianen Halszysten in den ersten vier Lebensjahrzehnten entfernt. Nur eine Patientin war älter als 40 Jahre. Therapeutische Maßnahmen wurden im Säuglingsalter (zwei Monate) bis ins Alter von 77 Jahren durchgeführt. Retentionszysten (sechs Fälle) wurden bei zwei jungen weiblichen Patienten (ein und vier Jahre) und bei vier männlichen Patienten mit einem Durchschnittsalter von 40,3 Jahren diagnostiziert. Eine hohe Prävalenz des weiblichen Geschlechts tritt vor allem bei Ranulae (75 %), Zysten der Kieferhöhlenschleimhaut (80 %) und Dermoid-Zysten (100 %) auf. Bei den Zysten der Kieferhöhlenschleimhaut ist keine Bevorzugung einer Altersgruppe erkennbar. Das weibliche Durchschnittsalter beträgt 48,2 Jahre; Erkrankungen traten bei Frauen im Alter von zehn bis 72 Jahren auf. Geschlechtsunabhängig traten 75 % der Ranulae innerhalb der ersten drei Lebensdekaden auf. Lediglich bei einer Patientin wurde mit 60 Jahren eine operative Entfernung vorgenommen. Dermoid-Zysten wurden bei jungen Patientinnen im Alter von 15 bis 23 Jahren festgestellt. 3.5 Auftreten der unterschiedlichen nichtepithelialen Zysten Eine Therapie aufgrund einer nichtepithelialen Zyste wurde insgesamt elfmal, siebenmal bei Frauen und viermal bei Männern, eingeleitet. Hierbei traten in acht Fällen solitäre, in drei Fällen aneurysmatische Knochenzysten auf. Die Auswertung der vorliegenden Patientendaten ergab ein junges Patientenalter von durchschnittlich 17,3 Jahren. Die größte Altersgruppe stellte die zweite Lebensdekade mit 81,8 % dar. Operative Eingriffe wurden bei Patienten im Alter von 11-42 Jahren durchgeführt. 34 3.6 Auftreten der unterschiedlichen dysgenetischen Zysten Den kleinsten Anteil der stationär behandelten Zysten stellen mit 1,1 % die dysgenetischen Zysten dar. Insgesamt wurden zwei männliche Patienten im Alter von 44 und 48 Jahren und eine 33jährige weibliche Patienten an einem Atherom im Gesichts- und Halsbereich operiert. 3.7 Häufigkeit der angewandten Operationstechniken Zweihunderteinunddreißig Patienten (81 %) wurden einer Zystektomie unterzogen. Bei diesen Patienten sind die drei Fälle eines Kombinationsbefundes aus odontogenen und nichtodontogenen Zysten enthalten, welche alle mittels Zystektomie operiert wurden. In 22 Fällen erfolgte die Therapie durch eine Zystostomie (7,7 %). Eine zusätzliche Fensterung zur Kieferhöhle im Zuge einer Zystantrostomie wurde bei 31 Patienten vorgenommen (10,9 %). Einmalig ist ein bewusst zweizeitiges Vorgehen durch eine Kombination der Operationsmethoden Partsch I und II dokumentiert (0,4 %). In 259 Fällen wurde eine intraorale Schnittführung gewählt. Bei 26 Patienten erfolgte der Zugang von extraoral. 3.7.1 Häufigkeit der angewandten Operationstechniken bei den odontogenen Zysten Die Operation einer odontogenen Zyste erfolgte 164mal durch Zystektomie (84,5 %), 22mal (11,3 %) wurde die Entfernung im Sinne einer Zystostomie durchgeführt. Bei sieben Patienten (3,6 %) musste zusätzlich eine Öffnung zur Kieferhöhle (Zystantrostomie) geschaffen werden. Einmalig wurde ein bewusst zweizeitiges Vorgehen dokumentiert (0,5 %). Radikuläre Zysten wurden mehrheitlich durch die Anwendung der Operationstechnik nach Partsch II therapiert (62 Fälle/84,9 %). Am zweithäufigsten wurde die Methode Partsch I herangezogen (sieben Fälle/9,6 %). Eine Zystantrostomie wurde dreimal (4,1 %), ein kombiniertes Vorgehen einmal (1,4 %) angewandt. 35 Beim Befund eines KOT wurde zumeist eine vollständige Entfernung des Tumors in einer Sitzung angestrebt; bei 57 Patienten (87,7 %) wurde somit eine Zystektomie durchgeführt. Bei acht Patienten (12,3 %) erfolgte eine Zystostomie. Ebenso wurden follikuläre Zysten vorwiegend nach Partsch II operiert (38 Fälle/88,4 %). In vier Fällen (9,3 %) wurde die Entfernung durch eine Zystostomie vollzogen. Einmal wurde eine Zystantrostomie dokumentiert (2,3 %). Bei der Therapie der Residualzysten wurden alle drei Operationstechniken, Zystektomie (dreimal), Zystostomie (einmal) und Zystantrostomie (zweimal), angewandt. Eruptionszysten (zwei Fälle) wurden durch Zystostomie, Glanduläre odontogene Zysten (zwei Fälle) je einmal durch Zystektomie bzw. Zystantrostomie operativ behandelt. Bei den drei Patienten mit histologischem Mischbefund (radikuläre und follikuläre Gewebeanteile) erfolgte eine Zystektomie (s. Abb. 7). Abb.7: Prozentuale Verteilung der angewandten Operationstechniken innerhalb der Gesamtzahl odontogener Zysten 36 3.7.2 Häufigkeit der angewandten Operationstechniken bei den nichtodontogenen Zysten Bei der Therapie der nichtodontogenen Zysten kamen zwei verschiedene Operationstechniken, Zystektomie (56 Fälle/70 %) und Zystantrostomie (24 Fälle/30 %) zum Einsatz. Mukozelen wurden in 17 Fällen (47,2 %) durch Zystektomie, in 19 Fällen durch Zystantrostomie behandelt. Die Therapie der Ductus-Nasopalatinus-Zysten erfolgte vorwiegend durch Zystektomie (8 Patienten/88,9 %). Einmalig musste eine zusätzliche Fensterung zur Kieferhöhle durchgeführt werden (11,1 %). Retentionszysten und Zysten der Kieferhöhlenschleimhaut wurden nach beiden Verfahren operiert. Die Entnahme der Retentionszyste im Ganzen konnte viermal (66,7 %) bewerkstelligt werden, bei zwei Patienten (33,3 %) musste eine Zystantrostomie durchgeführt werden. Zysten der Kieferhöhlenschleimhaut wurden bei drei Patienten (60 %) ektomiert, bei zwei Patienten (40 %) erfolgte eine Fensterung zur Kieferhöhle. Im Bereich des Halses wurde bei allen Zysten eine Entnahme in toto angestrebt. Somit wurden die lateralen und medianen Halszysten (acht und sechs Fälle) nach Partsch II exzidiert. Gleichsam wurden Ranulae und Dermoid-Zysten (je vier Patienten), sowie Epidermoid-Zysten und Zysten der Glandula Submandibularis (je ein Patient) therapiert (s. Abb. 8). 37 Abb.8: Prozentuale Verteilung der angewandten Operationstechniken innerhalb der Gesamtzahl nichtodontogener Zysten 3.7.3 Therapietechniken bei den nichtepithelialen und dysgenetischen Zysten Die Therapie der diagnostizierten nichtepithialen und dysgenetischen Zysten verlief gleich. Sowohl solitäre und aneurysmatische Knochenzysten, als auch Atherome wurden in toto enukleiert; sodass als alleinige OP-Methode das Verfahren nach Partsch II angewandt wurde. 3.8 Häufigkeit und Anwendung von augmentativen Maßnahmen Bei 132 Patienten (46,3 %) wurden im Zuge der Zystenentfernung augmentative Maßnahmen durchgeführt. Bei 63 Patienten wurden rein autologe Materialien angewandt. Allogene Ersatzstoffe kamen in 52 Fällen zum Einsatz. Auf Augmentativa xenogener Herkunft wurde in zwölf Fällen zurückgegriffen. Bei fünf Patienten wurden sowohl autologe als auch allogene Anteile verwendet. 38 Die Eigenspende wurde in 66 Fällen aus dem Beckenkamm entnommen, zweimal wurde eine Spenderregion im Unterkiefer des Patienten gewählt. Bei den allogenen Ersatzmaterialien wurde in 43 Fällen Grafton® eingesetzt, bei 14 Patienten wurde AAA-Bonechips bzw. –Pulver eingebracht. Die Verwendung von Bio-Oss® wurde insgesamt zwölfmal dokumentiert. Zehnmal kamen dabei Bio-Gide®-Membranen zum Einsatz. Bei der operativen Therapie von odontogenen Zysten waren 113 Mal augmentative Maßnahmen erforderlich. Bei 53 Patienten wurde körpereigenes Material angewandt. Bei 44 Patienten griff man auf allogene Produkte zurück, elfmal wurden xenogene Produkte eingebracht. Bei fünf Patienten kamen autologe und allogene Materialien gleichzeitig zum Einsatz. Bei der Therapie der nichtodontogenen Zysten wurde je dreimal autologes bzw. allogenes Augmentativum zur Defektdeckung herangezogen. Sowohl autologes (sechs Fälle), allogenes (vier Fälle) sowie xenogenes (ein Fall) Knochenersatzmaterial kam bei der Therapie der nichtepithelialen Zysten zum Einsatz, sodass diese alle operativ augmentiert wurden. Bei der Entfernung zweier dysgenetischer Zysten musste jeweils auf autologen oder allogenen Knochen zurückgegriffen werden. 3.9 Dauer des stationären Aufenthalts Im Schnitt verweilten die Patienten 9,4 Tage im Universitätsklinikum. Frauen wiesen eine stationäre Behandlungszeit von durchschnittlich 9,2 Tagen auf. Bei Männern wurde eine durchschnittliche Verweildauer von 9,6 Tagen beobachtet. Der kürzeste Aufenthalt wurde mit einem Tag, der längste mit 53 Tagen dokumentiert. Beim Vergleich der unterschiedlichen operierten Zystenarten (odontogen, nichtodontogen, nichtepithelial, dysgenetisch) konnte typabhängig keine Unterscheidung festgestellt werden. Im Mittel zeigten sich Werte zwischen 7,7 und 9,7 Tagen. Am längsten wurden im Schnitt Patienten mit KOT (10,3 Tage) stationär betreut. 39 3.10 Antibiotikatherapie Intra- und postoperativ erfolgte bei 249 Patienten eine antibiotische Therapie. Insgesamt wurden vier verschiedene chemotherapeutische Wirkstoffklassen eingesetzt. Dabei können Betalaktam-Antibiotika und andere Chemotherapeutika unterschieden werden. Aus der Gruppe der Betalaktam-Antibiotika wurden Penicilline und Cefalosporine zur Therapie herangezogen. Benzylpenicillin mit dem Wirkstoff Penicillin G wurde bei einem Patienten, das Aminopenicillin Ampicillin in Kombination mit dem Betalaktamase-Hemmer Sulbactam bei 82 Patienten angewandt. Cefalosporine verabreichte man in 38 Fällen, davon das Cefalosporin der zweiten Generation Cefotiam (3) und Cefalosporine dritter Generation, nämlich Cefotaxim (34) und Ceftriaxon (1). Die zweitgrößte Patientengruppe (78 Patienten) wurde mit Chemotherapeutika der Gruppe der Gyrasehemmer (Chinolone) zweiter und dritter Generation antibiotisch therapiert. Die Antibiotikatherapie erfolgte in 75 Fällen mit Levofloxacin (dritte Generation), zwei Patienten erhielten Ofloxacin und ein Patient Moxifloxacin (jeweils zweite Generation). Dreiundzwanzig Patienten wurden mit Chemotherapeutika der Makrolid-, Lincosamidund Streptogramin-Gruppe (MLS-Gruppe) therapiert. Bei 22 Patienten wurde das Lincosamid Clindamycin gewählt, in einem Fall kam Clarithromycin als MakrolidWirkstoff zum Einsatz. 40 4 Diskussion Das anteilige Auftreten odontogener und nichtodontogener Zysten bei Erkrankungen des kraniofazialen Systems ist ein häufig anzutreffendes Krankheitsbild. Verschiedene Studienergebnisse aus unterschiedlichen Ländern belegen die hohe Prävalenz. So beschäftigten sich Jones et al. über einen 30jährigen Zeitraum mit dem Auftreten odontogener Zysten. Bei 12,8 % der eingereichten Biopsien handelte es sich um odontogene Zysten [91]. Eine ähnlich hohe Krankheitsrate beobachteten auch Sharifian M.J. und Khalili M. bei ihren Untersuchungen innerhalb der iranischen Bevölkerung. Eine Auswertung der histologischen Präparate bestätigte in 1227 (14,4 %) von 8529 Fällen die Diagnose einer odontogenen Zyste [92]. Die Analyse der histologischen Präparate aus einer anderen Studie von 1976 bis 2004 ergab in 10 % der eingereichten Fälle odontogene Zysten [93]. Ähnliche Ergebnisse (11,5 % und 10,45 %) wurden auch in Mexiko bzw. Brasilien gefunden [94, 95]. Daley T.D. gab 1994 für Kanada sogar eine Prävalenz von 17,2 % an [96]. Vergleicht man das Auftreten zystischer Läsionen zwischen den Geschlechtern, ist eine Bevorzugung des männlichen Geschlechts zu beobachten. Neukam und Becker geben in ihren Aufzeichnungen zum Auftreten unterschiedlicher Zysten im Kiefer- und Gesichtsbereich eine Prädisposition des männlichen Geschlechts an. Bei ihren Untersuchungen zeigte sich ein Geschlechterverhältnis von 58 zu 42 % zwischen Männern und Frauen [4]. Hoffmeister und Härle fanden bei ihrer Studie bei der Untersuchung von 3353 Zysten einen ähnlichen Quotienten vor. Im Rahmen ihrer Untersuchungen unterschieden sie zwischen odontogenen und nichtodontogenen Zysten. Bei den odontogenen Zysten trat ein Verhältnis von 1:1,4 zwischen Frauen und Männern auf und bei den nichtodontogenen Zysten eine Relation von 1:1,3 zwischen Frauen und Männern auf [97]. Zu einem ähnlichem Ergebnis kamen auch Acikgöz et al.. In ihrer Veröffentlichung von Januar 2012 zeigte sich ein vermehrtes Auftreten von Zysten im Kiefer- und Gesichtsbereich beim männlichen Geschlecht (53,8 zu 46,2 %) [98]. Die genannten Beobachtungen decken sich mit der retrospektiven Auswertung des hier untersuchten Patientenstamms. Im zugrundeliegenden Patientenkollektiv 41 waren ebenfalls vermehrt männliche Patienten (56,5 %) betroffen. In einigen Studien wird die Vermutung geäußert, dass Männer ehr eine schlechtere Mundhygiene aufweisen und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen seltener wahrnehmen als Frauen, wodurch das gehäuftere Auftreten inflammatorischer Zysten bei Männern begünstigt würde [98-100]. Die meisten Erkrankungen (18,6 %) traten in der vorliegenden Studie geschlechtsunspezifisch zwischen dem 11. und 20. Lebensjahr auf. Zwischen der dritten bis sechsten Lebensdekade beobachtete man ein gleichbleibendes Auftreten (14,4 bis 15,8 %). Somit wurden 79,3 % der Operationen zwischen der zweiten bis sechsten Lebensdekade durchgeführt. Neukam und Becker beschreiben ebenfalls ein gehäuftes Auftreten von Kieferzysten zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr [2]. Ebenso finden die gewonnenen Ergebnisse Übereinstimmung mit denen von Acikgöz et al.. Bei seinen Untersuchungen zeigte sich, dass 82,4 % der diagnostizierten odontogenen und nichtodontogenen Zysten innerhalb der zweiten bis fünften Lebensdekade, mit einem Gipfel von 25,9 % im dritten Lebensjahrzehnt, auftraten. Ein vermehrtes Vorkommen von odontogenen und nichtodontogenen Zysten zwischen dem zehnten und 60. Lebensjahr mit einer Häufung im dritten Dezennium wurde auch in der brasilianischen Bevölkerung beobachtet [101]. Auch weitere Studien aus Südamerika und SaudiArabien belegen ein verstärktes Auftreten innerhalb des zweiten und dritten Lebensjahrzehnts [102, 103]. In der Literatur schwanken die Angaben zum durchschnittlichen Patientenalter zwischen 28 und 36 Jahren [92, 102-104]. Das durchschnittliche Patientenalter zum Zeitpunkt der stationären Behandlung bei der durchgeführten Studie betrug 39,3 Jahre (Frauen 36,6 Jahre, Männer 41,4 Jahre). Das leicht erhöhte Durchschnittsalter des untersuchten Patientenstamms lässt sich durch das gewählte Studiendesign erklären. Die gesammelten Daten beziehen sich auf stationär behandelte Patienten. Die alleinige Diagnose einer Kieferzyste bedingt noch keinen operativen Eingriff in Intubationsnarkose. Somit liegen weitere Faktoren (zumeist Größe der zystischen Läsion, Allgemeinzustand und Medikation der Patienten) vor, die eine Einweisung ins Klinikum bedingen. Vor allem die Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten, welche 42 oftmals im fortgeschrittenen Patientenalter beobachtet wird, veranlasst viele niedergelassene Kollegen zu einer stationären Überweisung. Bei verwandten Studien werden die Ergebnisse allein aus den Auswertungen der unterschiedlichen pathologischen Institute gewonnen, unabhängig davon, ob eine ambulante bzw. stationäre Behandlung vorliegt. Die Abnahme der Erkrankungen ab dem siebten Lebensjahrzehnt lässt sich zum einem durch einen in dieser Altersgruppe zu beobachtenden stärker reduzierten Zahnbestand erklären. Zum anderen ließe sich erklären, dass ältere Patienten vermehrt die empfohlenen halbjährlichen Routineuntersuchungen nicht mehr regelmäßig wahrnehmen, sodass periodisch angedachte Röntgenkontrolle oftmals nicht mehr durchgeführt werden können und deshalb klinisch symptomlose Zysten unentdeckt bleiben. Die pathologische Aufbereitung der innerhalb der Studie entnommenen Biopsate bestätigte in 67 % der Fälle odontogene, bei 27 % nichtodontogene Zysten. Nichtepitheliale und dysgenetische Zysten wurden in 4 bzw. 1 % der Fälle entfernt. Beim Vergleich der gewonnen Studienergebnisse ist eine Abweichung im prozentualen Verhältnis zu erkennen. Fickling gibt eine Verteilung von 89,6 % odontogener zu 10,4 % nichtodontogener Zysten an [52]. Weitere Studien zeigen eine noch geringere Prävalenz (1,5 bis 3,2 %) nichtodontogener Zysten [98, 101, 104]. Zu berücksichtigen ist, dass bei dem vorliegenden Patientengut Mukozelen als nichtodontogene Zysten gelistet wurden, wohingegen die genannten Studien diese Zystenethnität nicht beinhalten. Bei Nichtberücksichtigung dieses Zystentyps ergäbe sich in der hier untersuchten Studie ein Verhältnis von 81,5 % odontogener zu 18,5 % nichtodontogener Zysten. Das vermehrte Aufkommen nichtodontogener Zysten lässt sich durch das vordefinierte Patientengut erklären. Die zum Vergleich dienenden Studienergebnisse aus der Literatur stammen aus Analysen unterschiedlicher pathologischer Institute, welche ein breites Spektrum an zugesandten Gewebeproben beinhalten. Viele dieser Proben stammen auch von niedergelassenen Zahnärzten, die im Praxisalltag im Rahmen kleinerer chirurgischer Eingriffe vorrangig odontogene Zysten einsenden. Somit spiegelt die Auswertung des Probenpools die durchschnittliche Verteilung innerhalb der Bevölkerung wider. Demgegenüber bezieht 43 sich die Analyse der hier gewonnen Studienergebnisse auf eine eng gefasste und aufgrund der gewählten Studienparameter begrenzte Patientengruppe. Die Therapie erfolgte zumeist bei großen Läsionen und Risikopatienten stationär in Intubationsnarkose an einer Universitätsklinik. Die Entfernung nasopalatinaler Zysten, lateraler und medialer Halszysten stellte somit einen überdurchschnittlichen Anteil im Vergleich mit anderen Studien der Literatur dar. Betrachtet man die Verteilung der unterschiedlichen odontogenen Zysten isoliert, so ist die radikuläre Zyste die am häufigsten diagnostizierte odontogene Kieferzyste [2, 91, 105]. Unterschiedliche Langzeituntersuchungen belegen die Vorrangstellung dieser Zystenart. Prockt et al. diagnostizierten im Zeitraum von 1985 bis 2005 einen Anteil von radikulären Zysten an odontogenen Zysten von 72,5 % [95]. Einen ähnlich hohen Wert (61 %) lieferte die retrospektive Untersuchung von Grossmann et al. [101]. Hierbei erfolgte die Auswertung der Präparate über eine Beobachtungszeit von 51 Jahren. Die Mehrheit der Untersuchungen gibt eine Häufigkeit radikulärer Zysten mit 48-55 % an [91, 93, 98, 106]. Die Auswertung der hier untersuchten Patientengruppe weist die radikuläre Zyste ebenfalls als häufigste Kieferzyste mit einem prozentualen Anteil von 37,6 % aus. Die gewonnen Studienergebnisse sind vergleichbar mit denen von Mosqueda et al. (39,9 %) und Sharifian et al. (37,8 %), die ihre Ergebnisse auf die Analyse von 856 bzw. 1227 Fälle stützen [92, 94]. Der in der vorliegenden Studie ermittelte geringere prozentuale Anteil lässt sich dadurch erklären, dass die Entfernung kleiner radikulärer Zysten zumeist ambulant durch den Hauszahnarzt bzw. Kieferchirurgen erfolgt, und derartige Zysten aufgrund der Parameter des Studiendesigns einen verhältnismäßig geringeren Anteil einnehmen. In der Altersgruppe der 21 bis 30jährigen wurden die meisten radikulären Zysten operativ entfernt. Diese Beobachtung deckt sich mit den Ergebnissen der Literatur, welche ein vermehrtes Auftreten in der dritten und vierten Lebensdekade widerspiegeln [92, 93, 98, 101]. Mehrheitlich wurden männliche Patienten (63 %) an einer radikulären Zyste therapiert. Ebenso geben Tekkesin et al. in ihren Beobachtungen über 2802 radikuläre Zysten eine höhere Männerrate an [104]. Auch 44 Meningaud et al. bestätigten ein Verhältnis von 1,7:1 zwischen Männern und Frauen [107]. Vergleicht man die Angaben zur Lokalisation von radikulären Zysten, findet man zumeist eine Bevorzugung des Oberkiefers (71,3-58,9 %) [91, 92, 98]. Die Entfernung der meisten radikulären Zysten erfolgt im anterioren Bereich des Ober- und Unterkiefers [91, 104]. Im vorliegenden Patientenstamm wurden mehrheitlich Operationen im Unterkiefer (58,4 %) vorgenommen. Dies mag sich aus der Tatsache ergeben, dass die Entfernung ausladender Zysten im Unterkiefer durch die enge Lagebeziehung eine Verletzung des N. Alveolaris Inferior nach sich ziehen könnte. Vor allem die dreidimensionale Diagnostik der Lagebeziehung zwischen Zahn, Zyste und Nerv bedarf einer hohen technischen Ausstattung (DVT bzw. CT), welche zumeist niedergelassenen Zahnärzten nicht zur Verfügung steht. Deshalb sind in dieser Studie solcherart Fälle nach Überweisung an das Klinikum vermehrt aufgetreten: 82,2 % der im Unterkiefer entnommenen Zysten standen in Nachbarschaft zum Nervus Alveolaris Inferior. Im Oberkiefer wurde dagegen eine vornehmliche Prävalenz des Front- und Prämolarenbereiches in der Studie beobachtet. Verschiedene Autoren führen dieses verstärkte Auftreten darauf zurück, dass vor allem aus ästhetischen Gründen Frontund vordere Seitenzähne länger erhalten werden; zudem zeigt sich bei den Patienten eine größere Bereitschaft, Schmerzen länger zu tolerieren, wenn dadurch ein Zahn erhalten werden könnte [93]. Auch die kassenzahnärztlichen Richtlinien zur Durchführung endodontischer Maßnahmen haben zur Folge, dass Molaren bei gleichem Befund zumeist nicht Wurzelkanal behandelt, sondern extrahiert werden, wohingegen bei Prämolaren und Frontzähnen zuerst ein Erhalt angestrebt wird, auch wenn dies im Falle eines endodontischen Misserfolges eine Wurzelspitzenresektion mit gleichzeitiger Entfernung einer radikulären Zyste nach sich ziehen könnte. Am zweithäufigsten erfolgte die operative Entfernung eines keratozystischen odontogenen Tumors (33,5 %). Dies deckt sich mit den Ergebnissen von Tekkesin et al. und Koseoglu et al.. Bei beiden rangieren KOT im Vergleich der odontogenen Zysten 45 an zweiter Stelle (20,6 und 27 %) [104, 108]. Myoung et al. geben in ihren Ausführungen über die histopathologische Auswertung von 256 KOT eine Männerrate von ca. 60 % an [109]. Gleichsam geben weitere Autoren eine Prädisposition des männlichen Geschlechts mit einem Verhältnis von 1,7:1 bis 1,38:1 zwischen Männern und Frauen an [42, 43, 110]. Der höhere männliche Anteil (55,4 %) in der vorliegenden Studie stimmt somit mit den Resultaten von Myoung et al. und Lam et al. überein [43, 109]. Das Auftreten eines KOT wurde innerhalb des 10. bis 88. Lebensjahres beobachtet; das ermittelte Häufigkeitsmaximum liegt hierbei in der zweiten und sechsten Lebensdekade, übereinstimmend mit den Ergebnissen von Acikgöz et al., Ochsenius et al. und Jones et al., welche ebenfalls ein Maximum in diesen beiden Dekaden bestätigen [91, 93, 98]. Eine ähnliche Spannweite des Patientenalters beobachteten auch andere Autoren, wobei die Angaben bzgl. des Häufigkeitsmaximums zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahrzehnt schwanken [43, 101, 109-111]. Einigkeit besteht in dem vermehrten Auftreten des KOT im Unterkiefer. Bei einer Studie der Universität Florida an 398 an KOT erkrankten Patienten traten 66,8 % der zystischen Veränderungen im Unterkiefer auf [73]. Weitere Statistiken bestätigen das bevorzugte Vorkommen im Unterkiefer [109, 110, 112]. Des Weiteren wurde weltweit eine Häufung des KOT im Molaren- und Kieferwinkelbereich beobachtet [33, 110, 113, 114]. Im vorliegenden Fall wurden über 90 % der KOT im Unterkiefer entfernt. Auch die vorrangige Lage im Molaren- und Kieferwinkelbereich (93,2 %) deckt sich mit den Beobachtungen von Simiyu et al. Bei ihren Beobachtungen waren über 86,7 %, der im Unterkiefer aufgetretenen KOT im posterioren Bereich lokalisiert [110]. Lam et al. beobachtete, dass 92 % der Tumore distal der Unterkiefereckzähne auftraten [43]. Innerhalb der untersuchten Studie wurde das Auftreten im Oberkiefer sechsmal beobachtet, nämlich viermal im linken Seitenzahnbereich und zweimal in der Oberkieferfront. In der Literatur herrscht Uneinigkeit über die Häufigkeit der beobachteten Lokalisationen innerhalb der Maxilla. Zum einen wird eine gleichmäßige Verteilung zwischen dem Tuber- und Fontzahnbereich beschrieben [115]. Zum 46 anderen wird eine Prädisposition im posterioren Bereich beschrieben [33, 109, 111]. Ein vermehrtes Auftreten in der vorderen Oberkieferregion beobachteten Pindborg et al., Panders et al. und Chow bei ihren Untersuchungen [116-118]. Eine Eingliederung der gewonnen Ergebnisse in eine der drei genannten Gruppen ist aufgrund der geringen Fallzahlen im Oberkiefer nicht möglich. Der KOT zählt zu den Hauptsymptomen des Gorlin-Goltz-Syndroms. Bei 65 bis 75 % der betroffenen Patienten tritt eine neoplastische Veränderung auf [85, 119]. Eine Erkrankung am nävoiden Basalzellkarzinomsyndrom wurde im hier untersuchten Patientenkollektiv in acht Fällen (12,3 %) mit dem Befund eines KOT dokumentiert. In der Literatur wird eine Prävalenz von 1,4 bis 8,2 % für das Vorliegen eines Gorlin-GoltzSyndroms bei Auftreten eines KOT angegeben [44, 109, 110, 114]. Die hier leicht erhöhte Rate lässt sich mit einem vordefinierten Patientenklientel erklären. In den zum Vergleich herangezogenen Studien wurden zumeist Auswertungen der histopathologischen Institute zu Grunde gelegt, sodass ein homogenerer Probenpool entstand. Kleinere Zysten, vor allem in Assoziation mit retinierten Zähnen, werden oftmals durch den Hauszahnarzt entfernt und eingesandt. Nicht selten werden KOT fälschlicherweise zuerst nur röntgenologisch und klinisch als follikuläre Zysten eingestuft und ohne besondere Maßnahmen ambulant entfernt und zur pathologischen Kontrolle weitergeleitet. Bei dem vorliegenden Patientenklientel war bei allen acht Patienten die Diagnose Gorlin-Goltz-Syndrom bekannt, deshalb wurden diese zur Therapie an die Poliklinik überwiesen. Daraus ergibt sich der vergleichsweise höhere Anteil an Syndrompatienten. Das Auftreten von KOT wird bei Gorlin-Goltz-Patienten vor allem in den ersten Lebensdekaden beobachtet [43, 87, 119, 120]. Lo Muzio gibt eine Erkrankungsrate von 51 % bei über 20-Jährigen Patienten an [121]. Eine Auswertung von Kimonis et al. von 105 Patienten mit Gorlin-Goltz-Syndrom ergab sogar, dass sich bei 75 % der Betroffenen in den ersten beiden Lebensjahrzehnten ein KOT entwickelt [122]. Das Durchschnittsalter des hier untersuchten Patientenklientels betrug 22,1 Jahre. Fünf der 47 acht Patienten besaßen ein Alter von zehn bis 20 Jahren (62,5 %). Die gewonnenen Ergebnisse spiegeln somit die Angaben der Literatur wider. Bei den odontogenen Zysten werden follikuläre in der Literatur meistens als zweithäufigste Art geschildert [92-94, 106, 107]. Einige Autoren geben sie als dritthäufigste odontogene Zystenentität an [104, 108]. Tekkesin et al. untersuchten hierzu 5088 odontogene und nichtodontogene Zysten, wobei als häufigste Zysten radikuläre gefolgt von dem KOT und an dritter Stelle follikuläre Zysten auftraten [104]. Bei der vorliegenden Untersuchung an der ZMK Würzburg rangiert die follikuläre Zyste an dritter Stelle (22,2 %). Die beobachtete Häufigkeit von 22,2 % stimmt mit anderen Studien überein. Für die follikuläre Zyste wird eine Prävalenz von 10,4 bis 33 % angegeben, mit einer Häufung im Bereich zwischen 19 und 25 % [52, 92, 98, 99, 101, 104, 106]. Statistische Untersuchungen zeigen auch für diese Zystenentität eine Prädisposition des männlichen Geschlechts. Das untersuchte Kollektiv weist ein Verhältnis von 1,86:1 zwischen Männern und Frauen auf. Jones et al. untersuchten in einer 30jährigen Studie 1292 follikuläre Zysten und beobachteten hierbei ein identisches Geschlechterverhältnis [91]. Weitere Angaben zum Verhältnis zwischen Männern und Frauen schwanken zwischen 1,2:1 bis 2,3:1 [98, 100, 102, 107]. Die Zahl der untersuchten Fälle liegt in diesen Studien zwischen 122 und 156. Einen altersbezogenen Häufigkeitsgipfel der follikulären Zysten beobachtet man zwischen dem zweiten und vierten Lebensdezennium [123]. Das hier ermittelte Durchschnittsalter der Patienten lag bei 40,5 Jahren, allerdings wurden die meisten Eingriffe im fünften Dezennium vorgenommen. Das leicht erhöhte Durchschnittsalter und das größte Patientenaufkommen bei den 41- bis 50-Jährigen deckt sich mit den Beobachtungen von Jones et al.. Bei deren Untersuchungen kristallisierten sich ein durchschnittliches Patientenalter von 41 Jahren und ein stetiger Anstieg von Erkrankungen mit einem Gipfel in der fünften Lebensdekade heraus [91]. Mehrheitlich findet sich aber ein gehäuftes Aufkommen follikulärer Zysten im zweiten und dritten Lebensjahrzehnt [92, 93, 98, 102]. 48 Follikuläre Zysten stehen entwicklungsbedingt in engem Kontakt zu noch nicht durchgebrochenen Zähnen. Somit zeigt die anatomische Verteilungskurve ein Maximum im Bereich des Kieferwinkels und der Eckzahnregion des Oberkiefers auf [14, 91, 92]. Dies spiegelt auch die enge Korrelation zwischen den am häufigsten retinierten und impaktierten Zähnen und operativ entfernten Gewebefehlbildungen wider [123]. In 83,7 % der hier untersuchten Fälle wurden follikuläre Zysten im Unterkiefer entfernt, wobei in 69,4 % Operationen im Kieferwinkel bzw. aufsteigenden Ast vorgenommen wurden. Ähnliche Ergebnisse wurden auch in England (81,6 % im posterioren Unterkiefer, 73,2 % im Bereich der Weisheitszähne) und der Türkei (79,5 % im posterioren Unterkiefer) dokumentiert [91, 98]. Eine vermehrte Assoziation mit den Eckzähnen des Oberkiefers konnte aufgrund der geringen Anzahl an Zysten im Oberkiefer nicht nachgewiesen werden. Als weitere odontogene Zystenentität traten Residualzysten (insgesamt sechs Fälle), glanduläre odontogene Zysten und Eruptionszysten (je zwei Fälle) auf. Im internationalen Vergleich wurden Residualzysten in 2,7-13,7 % der Fälle beobachtet [94, 95, 98, 99, 102]. In der vorliegenden Studie wurden bei den odontogenen Zysten 3,1 % der Operationen an Residualzysten vorgenommen, je 1 % der Eingriffe erfolgte aufgrund glandulärer odontogener Zysten und Eruptionszysten. Für die beiden zuletzt genannten Zystenarten werden in der Literatur Werte zwischen 0,2 bis 0,8 %, bzw. 0,1 bis 5 % genannt [93, 95, 102, 106]. Die leicht erhöhte Prävalenz der glandulären odontogenen Zysten ist aufgrund der geringen Anzahl nicht repräsentativ vergleichbar. Vergleichbare Studien, welche sich ebenfalls mit dem Auftreten odontogener und nichtodontogener Zysten beschäftigen, schließen Mukozelen gemäß der WHOKlassifikationen von 1992 bzw. 2005 als eigenständige Zystenentität aus, womit diese dort nicht behandelt werden. Vielmehr wird deren Therapie oftmals als Gegenstand des Fachgebietes der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde angesehen. Entsprechend der WHO-Klassifikationen wurde in der vorliegenden Studie deshalb definitionsgemäß die Ductus-Nasopalatinus-Zyste von den nichtodontogenen Zysten als die häufigste genannt. Ductus-Nasopalatinus-Zysten traten in 3,9 % aller Fälle auf (9 Patienten); 49 innerhalb der nichtodontogenen Zysten nehmen sie einen Anteil von 11,3 % ein. Bislang wurden nur wenige Studien über das Auftreten und die Therapie dieser Zystenart durchgeführt, obwohl sie die am meisten beobachtete nichtodontogene Zyste im Kieferbereich ist [124]. Grossmann et al. geben eine Prävalenz von 2,2 % innerhalb odontogener und nichtodontogener Zysten an [101]. Bei Daley et al. ergab die Auswertung von 7282 Zysten einen prozentualen Anteil von 4 % [96]. Ebenso wird ein vermehrtes Auftreten bei Männern, vor allem in der vierten bis sechsten Lebensdekade beschrieben [124, 125]. Swanson et al. fanden bei ihren Untersuchungen über 334 Fälle gleichfalls eine Prädisposition für das männliche Geschlecht und ein allgemeines Durchschnittsalter von 42,5 Jahren [126]. Im zugrunde liegenden Patientenkollektiv ist eine deutliche Gewichtung zu Gunsten des männlichen Geschlechts zu beobachten (acht männliche Patienten, eine weibliche Patientin), gleichfalls wurde ein Durchschnittsalter innerhalb des fünften Lebensjahrzehnts beobachtet (46,2 Jahre). Die gefundenen Ergebnisse decken sich daher mit anderen wissenschaftlichen Beobachtungen. Als häufigste nichtepitheliale Knochenzyste traten solitäre Knochenzysten auf. Die Angaben bzgl. des Auftretens dieser seltenen Zystenart schwanken zwischen 0,2 bis 0,7 % [127, 128]. Bei einer Untersuchung von Brandt et al. kristallisierte sich ein junges Patientenalter von durchschnittlich 16 Jahren heraus, wobei 94,7 % der zystischen Läsionen im Alter von neun bis 27 Jahren beobachtet wurden [129]. Jend-Rossmann et al. beobachtete ebenfalls eine deutliche Dominanz der solitären Knochenzyste in der zweiten Lebensdekade (80 %) [130]. Ebenso gaben Kumar et al. ein vermehrtes Auftreten zwischen dem elften und 20. Lebensjahr an[131]. Die Ergebnisse der eigenen Studie zeigen eine ähnliche Situation. Bei den elf- bis 30-Jährigen wurden 87,5 % der solitären Knochenzysten beobachtet. Lediglich ein Patient war älter als 40 Jahre. Das in der Literatur beschriebene vermehrte Auftreten beim männlichen Geschlecht konnte innerhalb des eigenen Patientenkollektivs nicht bestätigt werden [129]. JendRossmann et al. konnte in seiner Studie gleichfalls keine geschlechtsspezifische Prädisposition zu Gunsten des männlichen Geschlechts belegen [130]. Übereinstimmung findet man im Bezug auf die zumeist im Unterkiefer diagnostizierte 50 Lokalisation der solitären Knochenzysten [2, 129, 130, 132]. Im untersuchten Kollektiv waren zwei Zysten im Kieferwinkel und sechs Zysten im Korpus entfernt worden. Die häufig in der Literatur geäußerte Vermutung, der Entstehung einer solitären Zyste könnte ein Trauma vorausgehen, wurde bislang noch nicht wissenschaftlich belegt [133]. Allerdings lässt die zumeist beobachtete Lokalisation im Unterkiefer den Verdacht aufkommen, dass ein Trauma im Kindesalter im Kopf-Kinn-Bereich Ursache sein könnte. 51 5 Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit umfasst alle Patienten (n=285), welche in den Jahren 1997 bis 2009 in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg aufgrund einer Kieferzyste in Intubationsnarkose operiert wurden. Als Grundlage der retrospektiven Auswertung dienten die Krankenakten der behandelten Patienten, sowie die histologische Aufbereitung des pathologischen Instituts Würzburgs. Ziel der Untersuchung war es, dass Auftreten und die Häufigkeit von Kieferzysten am Universitätsklinikum zu dokumentieren und mit anderen Studien zu vergleichen. Innerhalb des 13jährigen Beobachtungszeitraums traten mehrheitlich odontogene Zysten (67 %) auf. In 27 % der Fälle wurden nichtodontogene Zysten dokumentiert. Die Therapie von nichtepithelialen und dysgenetischen Zysten erfolgte in 4 bzw. 1 % der Fälle. Odontogene Zysten wiesen bei der hier durchgeführten Studie eine geringere Prävalenz im Vergleich zum in der Literatur geschilderten Auftreten innerhalb der Bevölkerung auf. Hingegen wurden nichtodontogene Zysten überdurchschnittlich häufig diagnostiziert. Das Auftreten nichtepithelialer und dysgenetischer Zysten wurde elf- bzw. dreimal beobachtet, sodass keine repräsentativen vergleichenden Aussagen getroffen werden konnten. Eine Prädisposition des männlichen Geschlechts zeigte sich auch in dem zugrundeliegenden Patientengut. Das vermehrte Vorkommen von Kieferzysten innerhalb der zweiten bis fünften Lebensdekade wurde ebenso bestätigt. Innerhalb der unterschiedlichen Zystenentitäten wurde die odontogene radikuläre Zyste am häufigsten diagnostiziert. An zweiter Stelle wurden KOT gefunden, gefolgt von follikulären Zysten. Bei Vergleichen mit der Literatur besteht Übereinstimmung darüber, dass radikuläre Zysten die am häufigsten entstehenden odontogenen Zysten sind. Einige Autoren fanden bei ihren Untersuchungen eine umgedrehte Reihenfolge zwischen KOT und follikulären Zysten als in der hier durchgeführten Studie vor. 52 Allerdings fanden sich auch Studien mit identischen Ergebnissen. Das Auftreten von Residualzysten, glandulären odontogenen Zysten und Eruptionszysten wurde entsprechend der in der Bevölkerung bekannten Verteilung beobachtet. Mukozelen wurden in der hier durchgeführten Studie als nichtodontogene Zysten gelistet. Allerdings fallen diese zystischen Veränderungen zumeist in den Zuständigkeitsbereich der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, sodass in der Literatur keine verwertbaren Angaben zum Vergleich gefunden wurden. Auf der Grundlage der WHOKlassifikation von 1992 und 2005 wurden als häufigste nichtodontogene Zysten innerhalb des untersuchten Patientenstamms die Ductus-Nasopalatinus-Zysten operiert. Als weitere Vertreter dieser Zystenart traten mediale und laterale Halszysten, Retentionszysten, Ranulae, Zysten der Glandula Submandibularis, Zysten der Kieferhöhlenschleimhaut, sowie Dermoid- und Epidermoidzysten auf. Vorwiegend erfolgte die operative Entfernung der Zysten im Sinne einer Zystektomie. Als weitere Operationsmethoden wurden Zystostomie und Zystantrostomie angewandt, ebenso wurde die Kombination der beiden Methoden nach Partsch I und II dokumentiert. Mehrheitlich wurde eine intraorale Schnittführung gewählt. Bei ca. der Hälfte der untersuchten Patienten wurden augmentative Maßnahmen mit autologen, allogenen bzw. xenogenen Materialien durchgeführt. Ein alleiniger primärer Wundverschluss erfolgte bei Zysten mit einem Durchmesser von bis zu 10 mm. Bei einer Zystengröße von 10-20 mm wurden xenogene Materialien in Kombination mit autologen und allogenen eingesetzt. Autologe Knochentransplante aus dem Bereich des Beckenkamms wurden ab einer Defektgröße von 20 mm verwendet. Größtenteils erfolgte intra- und postoperativ eine antibiotische Therapie der Patienten. 53 6 Literaturverzeichnis 1. Mittermayer, C., Oralpathologie, Erkrankungen der Mundregion1993, Stuttgart - New York: Schattauer. 2. Neukam F. W., B.T., Zysten des Kiefers und der Weichteile. Zahnärztliche Chirurgie, ed. E.M. Schwenzer N. Vol. 4. 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart New York. 3. Boss, N., Jäckle R., , Hexal Taschen Lexikon Medizin. Vol. 1.,. 1993: Urban & Schwarzenberg- Verlag,. S.837. 4. Neukam F. W., B.T., Zysten des Kiefers und der Weichteile. Zahnärztliche Chirurgie, Band 3, ed. E.M. Schwenzer N. Vol. 3. 2000, Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York. S.89-104. 5. Donath, K., [Odontogenic and nonodontogenic jaw cysts]. Dtsch Zahnarztl Z, 1985. 40(6): p. 502-9 passim. 6. Joos, U., [Bone regeneration after cyst surgery]. Dtsch Zahnarztl Z, 1985. 40(6): p. 661-3. 7. Schierle, H.P., Zystenoperationen. Curriculum zahnärztliche Chirurgie, ed. R.A.H.J.E.B. J. 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Kübler, ärztlicher Direktor der Mund-, Kiefer- und Plastischen Gesichtschirurgie der Universität Würzburg für die Möglichkeit, meine Dissertation in seiner Abteilung zu erstellen. Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. Dr. Isabell Reuther und Herrn PD Dr. Dr. Tobias Reuther für die interessante Themenstellung, die hervorragende Betreuung, Hilfsbereitschaft und das Korrekturlesen. Bei Herrn Spahn für die Hilfe und Unterstützung bei der statistischen Auswertung. Besonders bedanken möchte ich mich bei meinen Eltern und meinem Bruder Dirk. Sie haben mich jederzeit unterstützt, motiviert und standen mir liebevoll mit Rat und Tat zur Seite. Mein größter Dank gilt meinem Mann, Dr. Holger Roschlau. Er weiß wofür. 9 Lebenslauf Meike Brigitte Baumgärtel Familienstand: ledig Geb.: 28.02.1986 in Hof/Saale Eltern: Inge Baumgärtel Rudolf Baumgärtel 1992-1996 von Pühel Grundschule, Tauperlitz 1996-2005 Schiller-Gymnasium Hof 2005 Abitur 2005-2010 Studium der Zahnheilkunde an der Julius- Maximilians-Universität Würzburg 2010 Approbation 2010- 2011 Vorbereitungsassistentin in der zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis Dr. Karl Roschlau und Dr. Holger Roschlau in Nordhalben 2011-2013 Vorbereitungsassistentin in der Zahnarztpraxis Dr. Holger Roschlau in Nordhalben Feb. 2013 Niederlassung in der zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis Dr. Holger Roschlau und Meike Baumgärtel in Naila