Elektrotechnik für Elektroniker im 2. Lehrjahr von Alexander Wenk 2010, Alexander Wenk, AGS Inhaltsverzeichnis Zeigerdarstellung von Wechselgrössen __________________________________________ 1 Addition von zwei Signalen ____________________________________________________ 2 Ladung, elektrisches Feld und Kondensator ____________________________________ 3 Die elektrische Ladung _______________________________________________________ 3 Das elektrische Feld __________________________________________________________ 3 Elektrische Feldlinien ______________________________________________________________ 4 Die elektrische Feldstärke ___________________________________________________________ 5 Influenz und dielektrische Polarisation _________________________________________________ 5 Formeln zum elektrischen Feld_________________________________________________ 6 Der Kondensator ____________________________________________________________ 7 Bauarten von Kondensatoren __________________________________________________ 8 Serie- und Parallelschaltung von Kondensatoren __________________________________ 9 Parallelschaltung von Kondensatoren __________________________________________________ 9 Serieschaltung von Kondensatoren ____________________________________________________ 9 Gespeicherte Energie im Kondensator __________________________________________ 10 Das RC-Glied im Gleichstromkreis ____________________________________________ 11 Laden des Kondensators ________________________________________________________ 13 Entladen des Kondensators ______________________________________________________ 13 Laborversuch RC-Glieder __________________________________________________________ 14 Allgemeine Formeln zur Berechnung von RC-Gliedern ___________________________ 15 Zusätzliche Übungsaufgaben zu RC Gliedern____________________________________ 16 Kondensator mit Isolationswiderstand _________________________________________ 16 Induktivität und Magnetismus ______________________________________________ 17 Grundgrössen des magnetischen Kreises ________________________________________ 17 Durchflutung (Theta) ____________________________________________________________ 18 Feldstärke H ____________________________________________________________________ 18 Magnetische Induktion B (Flussdichte) _________________________________________ 18 Magnetischer Fluss (Phi) _________________________________________________________ 19 Der Magnetwiderstand Rm _________________________________________________________ 20 Strom im Magnetfeld ________________________________________________________ 21 Stromdurchflossener Leiter im Magnetfeld _____________________________________________ 21 Stromdurchflossene Spule im Magnetfeld ______________________________________________ 22 Das Hallelement _________________________________________________________________ 23 Spannungserzeugung durch Induktion _________________________________________ 24 Die Induktivität L einer Spule (Selbstinduktion) _________________________________________ 26 Die gespeicherte Energie in einer Spule _________________________________________ 27 Zusatzaufgaben ____________________________________________________________ 28 Das RL-Glied im Gleichstromkreis __________________________________________ 29 Formeln fürs RL-Glied ____________________________________________________________ 31 Einschalten der Spule ___________________________________________________________ 31 Ausschalten der Spule __________________________________________________________ 31 Allgemeine Formeln zur Berechnung von RL Gliedern ____________________________ 32 Zusätzliche Übungsaufgaben zu RL Gliedern ____________________________________ 33 Simulation des Verhaltens von RC/RL-Gliedern _________________________________ 34 Simulation RC-Glied an beliebiger Eingangsspannungsform _______________________________ 34 Simulation RL-Glied an beliebiger Eingangsspannungsform _______________________________ 35 Zeigerdarstellung von Wechselgrössen In der Einleitung zur Wechselstromlehre sahen wir bereits, dass die Sinusform aus der Rotation von einem Zeiger mit der Länge Û abgeleitet werden kann. Nehmen wir an, zwei verschiedene Wechselgrössen seien zeitlich verschoben 15 15 10 10 5 u [V] 5 0 -15 -10 -5 0 -5 5 10 0 0 15 45 90 135 180 225 270 315 360 -5 -10 -10 -15 φ [°] -15 Beim angegebenen Drehsinn der Zeiger eilt die Grösse 2 dem Ablauf von Grösse 1 mit einer zeitlichen Verschiebung nach. Dies wird Phasenverschiebung genannt Merkpunkte zur Phasenverschiebung: Die Zeitverschiebung t bedeutet, dass die Grösse 2 z.B. ihren positiven Maximalwert um diese Zeit später erreicht als Grösse 1 Diese tatsächliche Zeitverschiebung t wird meist auf die Periodendauer T oder den vollen Winkel (360° resp 2) bezogen und als Bruchteil von T oder als Phasenverschiebungswinkel angegeben = t / T 360° Die Zeigerdarstellung erlaubt eine einfache Angabe der Beziehung von Grösse 2 zu Grösse 1 zu. Dabei ist der Umlaufsinn zu beachten! Die Phasenverschiebung kann nur gegenüber einer anderen Grösse (=Referenzgrösse) angegeben werden. Wir müssen also jeweils ein Zeiger als Referenz- oder Bezugsgrösse definieren. Wenn wir das Zeigerdiagramm fürs Erstellen eines Zeitdiagramms verwenden, ist es nahe liegend, als Zeigerlänge Û zu verwenden. Wenn wir jedoch nur das Zeigerdiagramm zeichnen, ist es häufig einfacher, den Effektivwert für die Zeigerlänge zu verwenden. Übung: Zeichne ein Zeigerdiagramm für U1 = 10 V und U2 = 15V, wobei U2 der Spannung U1 um 60 ° vorauseilt. Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 1 Addition von zwei Signalen Wir werden die Summe von zwei Wechselstromsignalen bei den Berechnungen von Schaltungen mit Spulen und Kondensatoren noch häufig praktisch anwenden. Deshalb möchten wir hier keine grosse Übung durchführen, sondern vor allem den Zusammenhang zwischen Vektor- und Signaladdition im Liniendiagramm kennen lernen. Betrachten wir hierzu das Vektor- und Liniendiagramm von der Addition zweier Signale: 40 30 30 20 20 10 10 u [V] 40 0 -40 -20 0 20 0 40 0 -10 -10 -20 -20 -30 -30 -40 -40 45 90 135 180 225 270 315 360 φ [°] Wenn wir im Liniendiagramm aus den zwei Signalen die Summenkurve bilden, müssten wir Punkt für Punkt die zwei Signale zusammenzählen und so die neue Sinuskurve konstruieren. Einfacher geht dies im Vektordiagramm. Wir reihen die Vektoren einfach aneinander, so wie ihr dies schon in der Physik geübt habt. So können wir wie dargestellt den Summenvektor bilden, und mit diesem direkt eine Aussage über Signalamplitude und Phasenverschiebung des neuen Signals machen. U2 Uges U1 Fürs Zeichnen des summierten Sinussignales lassen wir nun den Vektor Uges im Kreis drehen, und konstruieren so die Sinuslinie. Zur Übung können wir mit der Excel Simulation einige Situationen ausprobieren und auf Plausibilität hin kontrollieren. Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 2 Ladung, elektrisches Feld und Kondensator Die Ladung lernten wir bereits bei den Grundbegriffen kennen. Wir wollen unser Kenntnisse in diesem Bereich nun ausbauen. Die elektrische Ladung Die elektrische Ladung ist ein räumlich begrenzter Überschuss oder Mangel an Elektronen. Elektronenüberschuss ergibt eine negative, Elektronenmangel eine positive Ladung. Elektrische Ladungen üben aufeinander Kraftwirkungen aus: Gleichartige Ladungen stossen sich ab, ungleichartige Ladungen ziehen sich an. Dieses Gesetz lässt sich sehr schön an einem Elektrischen Pendel zeigen: Die Kugel in Bild 1wird zunächst an der Platte 1 positiv geladen, dann von der gleichnamigen Ladung abgestossen und zugleich von der negativen Platte angezogen. An dieser Platte wird die Kugel umgeladen und erneut abgestossen. Der Vorgang wiederholt sich, solange Spannung anliegt. Bild 1 Jede Ladung verursacht eine elektrische Spannung oder anders gesagt einen elektrischen «Druck». Bewegte elektrische Ladung nennen wir Strom. Die Masseinheit für die Ladung ist 1 Amperesekunde = 1 As = 1 Coulomb. Das elektrische Feld Ist eine Kugel geladen, stösst sie andere Ladungen ab, oder sie zieht sie an, d.h. es wirken Kräfte. Sind mehrere Körper vorhanden, lassen sich im Raum zwischen ungleichartig geladenen Körpern Kraftwirkungen nachweisen. Wir können Stärke und Richtung dieser Kräfte im Raum herausfinden, wenn wir mit einer Probeladung an die gewünschte Stelle gehen und die Kraft messen, die auf sie wirkt. Wenn wir die Probeladung frei lassen, so fliegt sie in Richtung dieser Kraftlinien. Nun ist es uns in der Elektrotechnik aber Bild 2 Bild 3 Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 3 geläufiger von Spannungen und Strömen zu sprechen anstelle von Kräften. Deshalb wurde das elektrische Feld als Ursache dieser Kräfte eingeführt. Eine Probeladung fliegt also in Richtung der Feldlinien. Geladene Körper bilden also ein elektrisches Feld. Zwischen zwei unterschiedlich geladenen Körpern herrscht zudem eine Spannung. Ladung, Spannung, Kraftwirkung und elektrisches Feld hängen also zusammen. Elektrische Feldlinien Jedes Feld lässt sich zeichnerisch durch Kraft- oder Feldlinien veranschaulichen. Die elektrischen Feldlinien verlaufen in Richtung der Kraftwirkung auf eine positive Ladung. Die Feldlinien haben folgende Eigenschaften: Sie beginnen auf positiven und enden bei negativen Ladungen sie treten immer senkrecht aus der Leiteroberfläche aus sie kreuzen oder berühren sich nie. Verlaufen die Feldlinien parallel und mit gleichmässigem Abstand, spricht man von einem homogenen Feld. Zwischen den parallelen, nahe beieinander liegenden Platten eines Kondensators ist das el. Feld homogen, von den Randeffekten einmal abgesehen. (Bild 4) Häufig verlaufen die Feldlinien nicht parallel, das Feld ist inhomogen. Aus den Feldlinienbildern kann man die ungefähre Grösse und die Verteilung der elektrischen Bild 4 Feldstärke erkennen: Das Feld ist dort am stärksten, wo die Feldliniendichte am grössten ist. Weisen die geladenen Körper (Bild 5) scharfe Kanten oder Spitzen auf, liegen dort die Feldlinien am nächsten beieinander, das heisst die Feldstärke ist dort immer am grössten. Bild 5 Grosse Flächen und runde Formen führen zu einer gleichmässigen Verteilung der Feldlinien. So sind die Feldlinien an der Kugeloberfläche in Bild 6 wesentlich weniger dicht wie an einer Spitze im Bild 5. Bild 6 Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 4 Die elektrische Feldstärke Je stärker ein elektrisches Feld ist, desto grösser ist die Kraft, die auf geladene Körper oder auf die Elementarladungen der Atome wirkt. Die Feldstärke ist ein Mass für die Kraft auf Ladungen im el. Feld. Masseinheit für die Feldstärke ist V/m, in der Praxis auch V/mm oder kV/mm. In einem homogenen Feld ist die Feldstärke umso grösser, je höher die Spannung und je kleiner der Abstand der Pole ist. Ist die Feldstärke für ein bestimmtes Isoliermaterial zu gross, kommt es zu einem gewaltsamen Ladungsausgleich zwischen den Polen, der Isolierstoff wird elektrisch «durchschlagen» und dadurch meistens zerstört. Die Durchschlagsfestigkeit ist eine wichtige Kenngrösse für ein Isoliermaterial. Influenz und dielektrische Polarisation Unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes kommt es in leitenden Materialien zu einer Ladungstrennung (Influenz). Die Oberfläche des leitenden Gebildes in Bild 7 oben wird dadurch aufgeladen. Der Innenraum eines leitenden Körpers ist feldfrei Abschirmung Auch in Nichtleitern kommen Influenzwirkungen zustande, allerdings gibt es kaum freie Elektronen, die abfliessen können. Innerhalb der Atome und Moleküle tritt jedoch eine Bild 7 Ladungsverschiebung ein. Gewisse Moleküle werden verformt, sie bilden Dipole mit einem positiven und einem negativen Ende (dielektrische Polarisation, dargestellt in Bild 7 unten). Die dielektrische Polarisation beeinflusst die Kapazität von Kondensatoren und die dielektrischen Verluste. Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 5 Formeln zum elektrischen Feld Nachdem wir einige Eigenschaften der Elektrostatik kennen gelernt haben, möchten wir nun einige mathematische Beziehungen zu diesem Thema herleiten: Das elektrische Feld ist wie folgt definiert: l U E = elektrische Feldstärke [V/m] U = Spannung [V] l = Länge [m] E=U/l Elektrische Felder verursachen Kräfte auf eine Probeladung. Anders gesagt sind die elektrischen Feldlinien die auf eine Probeladung wirkenden Kraftlinien. Wir kennen zwei Beziehungen: F q E s F = qE = Kraft [N] = (elementar)Ladung [C = As] = elektrische Feldstärke [V/m] = Länge, Distanz [m] Weiter können wir aus dieser Beziehung auch die elektrische Energie berechnen: W = Fs = Fl = qEl = qU Übungen: Westermann S. 109 Nr. 1, 3 – 5 Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 6 Der Kondensator Der Kondensator besteht im Idealfall aus zwei parallelen Platten und dient zur Speicherung elektrischer Ladung. Je mehr Ladung pro Spannungseinheit gespeichert werden kann desto grösser ist die Kapazität des Kondensators. C=Q/U Damit wir die Beziehungen herleiten können benötigen wir noch den Begriff der elektrischen Flussdichte: Begriffe: D: elektrische Flussdichte (Verschiebungsdichte) E: Elektrische Feldstärke : Dielektrizitätskonstante C: Kapazität vom Kondensator d: Plattenabstand im Kondensator A: Fläche der Platten Einer Grösse sind wir bis jetzt nicht begegnet: dem . Die Dielektrizitätskonstante beschreibt, wie elektrisches Feld und Ladungskonzentration zusammenhängen. Sie ist auch abhängig vom Material, das vom elektrischen Feld durchdrungen wird. Diese Konstante ist ein extrem kleiner Wert, und liegt für die verschiedenen Materialien relativ nahe beieinander. Deshalb verwendet man die Dielektrizitätskonstante von Vakuum, und sagt mit einer zweiten Konstante aus, wie viel besser das Material ist wie Vakuum: = 0r 0: Elektrische Feldkonstante: 0 = 8.85410-12 As/(Vm) r: Dielektrizitätszahl (Faktor wie viel besser als Vakuum) Übungen: Westermann S. 110 Nr. 2 – 4; S. 111/112 Nr. 1, 2, 4 (mit Excel), 6, 8, 10 Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 7 Bauarten von Kondensatoren Wir wollen die verschiedenen Kondensatortypen in einer Gruppenarbeit näher kennenlernen. Ziel dieser Gruppenarbeit ist eine Kurzpräsentation, in der jeder seinen Kondensatortyp vorstellt. Folgende Fragen sollten dabei beantwortet werden: Wie und aus was wird der Kondensator hergestellt? Welche speziellen Eigenschaften hat er? Wo werden sie eingesetzt? Für das Vorbereiten des Vortrages stehen ca. 45 Minuten zur Verfügung. Als Informationsquelle dient das Internet oder das Elektrotechnik-Fachbuch. Folgende Kondensatortypen stehen für die Gruppenarbeit zur Auswahl: Papier- und Kunststoffkondensatoren Metall-Papier und MetallKunststoffkondensatoren Keramikkondensatoren Elektrolyt-Kondensatoren Tantal-Elektrolytkondensatoren Einstellbare Kondensatoren Fabian & Michael Nicolas Daniele Olivier, Gian-Carlo Matthias, Daniel Viel Spass beim Erarbeiten des Vortrages! Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 8 Serie- und Parallelschaltung von Kondensatoren Prinzipiell gelten dieselben Gesetze wie bei der Zusammenschaltung von Widerständen (Maschensatz und Knotenpunktsatz) Da wir aber erst später auf den Blindwiderstand von Kondensatoren eingehen werden, lösen wir die Aufgabe mit der bereits bekannten Formel: C Q U Parallelschaltung von Kondensatoren Bei der Parallelschaltung ist die Spannung an allen Kondensatoren gleich. Wir können deshalb die Gesamtladung bei einer bestimmten Spannung berechnen und daraus die Ersatzkapazität bestimmen: Serieschaltung von Kondensatoren In einer Serieschaltung fliesst durch alle Elemente zu jeder Zeit derselbe Strom. Wir können also auch sagen, dass die Ladung in allen Kondensatoren der Serieschaltung die gleiche ist. Zudem ist die Gesamtspannung gleich der Summe der Einzelspannungen. Damit berechnet sich die Ersatzkapazität wie folgt: Übungen zum Thema: Westermann S. 116 Nr. 1 – 6, 13, 17 Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 9 Gespeicherte Energie im Kondensator Mit dem Kondensator können wir bekanntlich Ladung speichern. Die gespeicherte Ladung ist proportional zur Spannung am Kondensator, wie uns diese Formel zeigte: I t Q C U Zeichnen wir aus dieser Beziehung einmal die Spannung in Funktion der gespeicherten Ladung auf. Diese Kurve können wir übrigens auf dem KO abbilden, wenn wir einen Kondensator mit einem konstanten Strom aufladen. Die Spannung verhält sich gemäss der Beziehung U 1 Q C Betrachten wir nun, wie wir aus dieser Darstellung auf die gespeicherte Energie in einem Kondensator schliessen können. Wir kennen die Beziehung für die elektrische Arbeit resp. Energie: W = Pt = UIt = UQ Das Problem ist für den Kondensator aber, dass die Spannung beim Entladen immer niedriger wird, d.h. die entnommene Energie pro Ladungseinheit wird immer kleiner, je mehr er entladen wird. Deshalb stimmt diese Formel nur für ein ganz kleiner Ladungs- resp. Energiebezug: W = UQ = UIt Anders ausgedrückt entspricht die gespeicherte Energie im Kondensator der Fläche unter der Ladungskurve, also W = 1/2UQ Durch Einsetzen von Q = CU erhalten wir: W = 1/2CU2 Beispiel: Wir haben einen 4.7 F Kondensator auf 300 V aufgeladen. Wie gross ist die im Kondensator gespeicherte Energie? Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 10 Das RC-Glied im Gleichstromkreis Bis jetzt sind wir davon ausgegangen, ein Kondensator werde mit einem konstanten Strom geladen. Doch was geschieht, wenn der Kondensator über einen Widerstand an eine Spannungsquelle gehängt wird? Bei dieser Beschaltung verändert sich der Strom laufend, weil die Spannung über dem Widerstand den Stromfluss bestimmt. Lasst uns im Detail betrachten, was mit dieser Einleitung anzustellen ist, um auf die Ladekurve eines RC-Glieds zu kommen. Zunächst betrachten wir uns die Kurve für einen rein ohmschen Verbraucher. In ihm ist der Strom jederzeit proportional zur Spannung, so wie es das Ohmsche Gesetz beschreibt. Dabei kann sowohl U als auch I sprunghaft ändern. Beim Kondensator verhält sich dies ein wenig anders. Die Formel, die den Kondensator im elektrischen Kreis beschreibt lautet: It = Q = CU Wir sehen bereits: wenn die Spannung am Kondensator sprunghaft ändern sollte müsste sich die Ladung ebenfalls sprunghaft ändern. Dafür müsste aber der Strom unendlich gross werden, was natürlich nicht möglich ist. Daraus ergibt sich der Satz: Die Spannung an einem Kondensator kann nie sprunghaft ändern. In der Praxis ist der Strom an einem Kondensator durch einen Widerstand begrenzt. Aus dem gegebenen Schema ergibt sich die Lade- und Entladekurve des Kondensators. Der Anfangsstrom ist relativ einfach zu bestimmen. Ist der Kondensator ungeladen, beträgt er I0 = U/R Würde er immer weiter fliessen, wäre der Kondensator, der ja der Formel Q = It = CU folgt, nach folgender Zeit geladen: t = CU/I = CU/(U/R) = RC Wir nennen diese Zeit die Zeitkonstante . Elektrotechnik Alexander Wenk = RC Seite 11 Nun ist die Behauptung, dass der Kondensator tatsächlich nach dieser Zeit geladen sei, sehr theoretisch. Natürlich wissen wir, dass der Kondensator schon nach kurzer Zeit eine Eigenspannung UC aufgebaut hat, und damit nicht mehr die volle Spannung U am Widerstand R abfällt. Damit wird aber auch der Ladestrom I kleiner, die Ladekurve flacht also ab. Aus der Praxis können wir sagen: Ein Kondensator ist nach fünf Zeitkonstanten (5) nahezu vollständig geladen oder entladen. Aus diesem Exkurs in die Vorgänge des Ladens vom Kondensator lässt sich die Lade- und Entladekurve vom Kondensator skizzieren: Bevor wir uns den theoretischen Grundlagen widmen werden, möchte ich Euch die Wirkung des RC-Gliedes bei Schaltvorgängen in einer ExcelSimulation erleben lassen. Wir nehmen uns dazu folgendes Beispiel: Ein Kondensator C = 10 F wird über einen Widerstand R = 10 k auf 10 V geladen. Wie wir bereits wissen, können wir den aktuellen Strom in den Kondensator hinein berechnen, wenn wir wissen wie gross die Kondensatorspannung ist. Wenn wir den Strom kennen, können wir auch die Ladungszunahme im Kondensator und damit den Spannungsanstieg berechnen. So können wir eine Excel-Tabelle erzeugen, die uns die Spannungsveränderung am Kondensator darstellt. Wir müssen einzig darauf achten, dass wir die Zeitabschnitte klein genug wählen, d.h. t < 0.05 . Vorgehen: Bestimme t für unser Beispiel und erstelle ein entsprechendes Zeitraster in Excel. Setze die Anfangsspannung vom Kondensator auf 0. Berechne für die jeweilige Zeile den Strom in den Kondensator Berechne für die nächste Zeile die Anfangsspannung des Kondensators. Stelle das Ergebnis grafisch dar. Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 12 Laden des Kondensators Der Kondensator ist zu Beginn des Vorganges entladen (UC = 0) und wird gemäss Schema an eine Spannungsquelle gehängt. Es ergeben sich folgende Zusammenhänge: Entladen des Kondensators Der Kondensator ist zu Beginn des Vorganges auf die Spannung UC = U0 aufgeladen und beginnt sich über den Widerstand R zu entladen. Es ergeben sich folgende Zusammenhänge: Merke: Da der Kondensator beim Entladen wie eine Quelle Strom abgibt, ist der Strom IC negativ! Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 13 Nützliche Anwendungen von RC-Schaltungen im Gleichspannungsbetrieb: Glätten von Spannungen und Strömen Kurzzeit-Energiespeicher (z.B. Stützkondensator) Zeitverzögerungsschaltungen Schaltfunken-Entstörung Übung: Westermann S. 114 Nr. 1 – 5, 7, 8 Laborversuch RC-Glieder Die Versuchsresultate sollen in einem zweiten Schritt mit der Theorie verglichen werden, deshalb ist es unabdingbar, die Messresultate in einem Versuchsbericht festzuhalten. Aufgabe: Messe die Lade- und Entladekurve (Spannung u(t) wie auch Strom I(t)) eines RC Gliedes. Verwende dazu eine (ungeerdete) Spannungsquelle sowie einen Digitalspeicher-KO, um die Spannungen/Ströme zu bestimmten Zeitpunkten herauslesen zu können. Wie sieht die Beschaltung aus, damit wir gleichzeitig den Ladestrom wie auch die Ladespannung am Kondensator messen können? Stelle die Spannungsquelle auf U = 10V und nehme die Ladekurven eines RC-Gliedes mit R=10k und C=100 F auf. Stelle sicher, dass C vor dem Messvorgang auch wirklich entladen ist! Schreibe den Anfangsstrom sowie die Ladeströme/Spannungen bei t = 0.5s, 1s, 1.5s, 2s, 3s, 4s und 5s auf. Nutze dafür die Cursorfunktionen des Oszilloskops. Zeichne die Ladefunktion mit der Exponentialfunktion in Excel auf und stelle in der Grafik Deine Messpunkte als Punkte dar. Begründe eventuelle Abweichungen zwischen Theorie und Messung. Wie sieht die Entladekurve dieses RC-Gliedes aus? (UC vor Versuch auf 10V) Zusatzaufgaben: Mache denselben Versuch mit R=10k und C=10 F. Was können wir im Vergleich zum vorherigen Experiment feststellen? Nehme die Ladekurve eines RC Gliedes mit R=1k und C=100 F auf. Berechne zu diesen Beispielen die Ladespannung nach t = und vergleiche mit der Messung. Wie viel Prozent beträgt dann der Ladestrom und die Ladespannung im Vergleich der Startwerte? Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 14 Allgemeine Formeln zur Berechnung von RC-Gliedern Bis jetzt haben wir vom Laden und Entladen von RC Gliedern gesprochen. Es ist aber auch denkbar, dass ein bereits teilweise geladener Kondensator an eine Spannungsquelle gehängt wird. Mit unseren Erkenntnissen ist es ein kleiner Schritt, allgemein gültige Formeln für diese Problematik herzuleiten: Wir berechnen die Anfangsgrösse, die beim Kondensator sprunghaft ändern kann und setzen das Ergebnis in unsere bereits bekannte e-Funktion ein: Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 15 Zusätzliche Übungsaufgaben zu RC Gliedern 1. Ein RC-Integrierglied mit C = 10F und R = 10 k wird mit einem Spannungspuls von U = 10V und der Dauer t = 50 ms gespiesen. Danach liegt wieder U = 0V am Eingang. Der Kondensator sei zum Zeitpunkt t=0 ungeladen. a) Wie gross ist die Spannung UC am Kondensator nach 50 ms? b) Wie gross ist die Spannung am Kondensator nach 150 ms (vom Beginn des Spannungspulses an gemessen)? a) 3.935 V; b) 1.448V 2. Skizziere den Zeitbereich 0 .. 250 ms, wenn wir annehmen das obige Integrierglied erhalte eine gepulste Rechteckspannung mit Û = 10 V und Tastgrad g = 0.5 und einer Frequenz f = 10 Hz. (Aus diesen Angaben ergibt sich eine Rechteckspannung, die 50 ms auf 10 V ist und die nächsten 50 ms auf 0 V usw.) Uc(50)= 3.935V; Uc(100)=2.387V; Uc(150)=5.38V; Uc(200)= 3.264V; Uc(250)=5.915V Kondensator mit Isolationswiderstand Ein Glimmerkondensator (r = 8) hat folgende Kenngrössen: Wirksame Oberfläche A = 500 cm2, Plattenabstand d = 0.1 mm. a) Wie gross ist die Kapazität C dieses Kondensators? b) Wie gross ist der Isolationswiderstand der Glimmerschicht dieses Kondensators (Glimmer = 51014 m) Wie gross ist die Zeitkonstante der Selbstentladung dieses Kondensators? Wie lange dauert es, bis die Spannung des Kondensators durch Selbstentladung auf 50 % der Anfangsspannung gesunken ist? C = 35.4 nF; R = 1012 ; = 9.8 h; t(U=50%) = 6.79 h Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 16 Induktivität und Magnetismus In diesem Kapitel wollen wir uns dem Wesen und den Zusammenhängen des Magnetismus mit mathematischen Formeln nähern. Lasst uns zunächst einmal den magnetischen Kreis berechnen: Grundgrössen des magnetischen Kreises Der magnetische Kreis hat ähnliches Verhalten wie ein elektrischer Kreis. Wir brauchen nur die magnetischen den elektrischen Grundgrössen zuzuordnen. Danach können wir eigentlich ein Schema vom magnetischen Kreis zeichnen, so wie wir ein Elektro-Schema für eine Schaltung zeichnen. Mithilfe der mathematischen Beziehungen können wir schlussendlich die fehlenden Grössen berechnen. Betrachten wir diesen Sachverhalt in einer einfachen Gegenüberstellung: Wir können folgende Grössen gegenüberstellen: Quelle elektrischer Kreis Batterie / Generator Leiter Kupferdraht Strömungsur- elektrische Spannung U sache [V] Verbraucher Widerstand R [=V/A] Fluss Strom I [A] Feldstärke el. Feldstärke E [V/m] Flussdichte Stromdichte J [A/mm2] Materialkonstante spez. Widerstand [mm2/m oder m] Elektrotechnik magnetischer Kreis Spule, Dauermagnet Eisenkern Durchflutung [A] magn. Widerstand Rm [A/Vs], Luftspalt magn. Fluss [Vs] magn. Feldstärke H [A/m] Induktion B [Vs/m2 = T] Permeabilität [Vs/Am] Alexander Wenk Seite 17 Wir können also mit unserem bereits eingeprägten Modell "elektrischer Stromkreis" auch den magnetischen Kreis angehen und in den Griff kriegen! Lasst es uns gleich versuchen: Durchflutung (Theta) Die magnetische Durchflutung ist treibende Kraft in einem Magnetkreis. Üblicherweise wird sie durch eine Spule erzeugt es kann aber auch ein Permanentmagnet die treibende Kraft sein (z.B. in einem Dynamo). Wir berechnen sie mit folgender Beziehung: : magnetische Durchflutung [A] I: elektrischer Strom [A] = IN N: Anzahl Windungen der Spule [einheitenlos] Feldstärke H Die magnetische Feldstärke können wir nach der Substitution der elektrischen Formelzeichen durch die magnetischen direkt berechnen: H= l H: magnetische Feldstärke [A/m] : magnetische Durchflutung [A] l: Feldlinienlänge [m] Magnetische Induktion B (Flussdichte) Wir betrachten hier zuerst die magnetische Flussdichte, weil eine einfache Beziehung existiert, wie man sie aus den bisher bekannten Grössen berechnen kann: B: magnetische Induktion B = H wobei [Vs/m2 = T = Tesla] = 0r : magnetische Leitfähigkeit [Vs/Am] H: magnetische Feldstärke [A/m] Die Beziehung = 0r zeigt uns denselben Sachverhalt wie das mit bei den Kondensatoren der Fall war: 0 ist eine Naturkonstante und beschreibt die Verhältnisse in Vakuum oder Luft. Sie beträgt 0 = 1.25710-6 Vs/Am. r hingegen sagt aus, wievielmal besser der verwendete Werkstoff die Feldlinien leitet wie das in Luft der Fall ist. Da Magnetwerkstoffe praktisch immer nichtlineares Verhalten zeigen, gibt es für den Zusammenhang B = f(H) meistens Diagramme anstelle fixer Zahlen. Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 18 Magnetischer Fluss (Phi) Der magnetische Fluss hängt mit der Flussdichte genau gleich zusammen wie die Stromdichte mit dem Strom: : magnetischer Fluss [Vs oder Wb (Weber)] = BA B: magnetische Flussdichte [T = Vs/m2] A: Querschnitt des Kerns [m2] In der Regel wird der magnetische Fluss durch einen Eisenkern geleitet. Der magnetische Fluss beschreibt also die Gesamtzahl aller Feldlinien einer stromdurchflossenen Spule oder eines Dauermagneten (Analog zum Strom I im Stromkreis). Lasst uns zu diesem Sachverhalt zwei Beispiele lösen: 1. In einer Spule fliesst ein Strom I = 8 A. a) Wie viele Windungen muss sie haben, um in einem 5 mm breiten Luftspalt eine magnetische Induktion von 0.4 T zu erzeugen? b) Wie gross ist der magnetische Fluss, wenn der Kern einen Querschnitt von 1 cm2 aufweist? 2. Gegeben ist ein einzelner stromdurchflossener Leiter. Wie verhält sich die Feldstärke H und die magnetische Induktion B in Funktion vom Abstand zum Leiter? Zahlenbeispiel: Der Strom ist I = 10 A, der Abstand r = 10 cm. H = ?, B = ? Zur Übung: Westermann S. 120 Nr. 1-8, 10-12 (Achtung Lösungen zum Teil falsch) Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 19 Der Magnetwiderstand Rm Als einzige noch unbehandelte Grösse ist uns der Magnetwiderstand Rm geblieben. Wenn wir diesen definiert haben, können wir den magnetischen Kreis genau gleich wie den elektrischen betrachten: Das „ohmsche Gesetz“ für den Magnetkreis lautet: = Rm Rm = / Wenn es uns gelingt, rechnerisch von auf zu kommen, sollten wir Rm aus rein geometrischen Grössen berechnen können: H=/l B = H = / l = BA = A / l Wenn wir nun das Ergebnis für in unsere Formel für Rm einsetzen, erhalten wir: Rm = / = / (A / l) Rm = l / (A) Aufgabe: Berechne den Magnetwiderstand vom Luftspalt mit folgenden Dimensionen (aus Aufg. 1, vom letzten Blatt): Breite = 5 mm, Querschnitt = 1 cm2 Berechne die magn. Durchflutung, wenn = 40 Vs beträgt. Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 20 Strom im Magnetfeld Wir haben gesehen, dass einzelne Magnete sich je nach Lage zueinander anziehen/abstossen können. Besonders beim Hufeisenmagnet stellten wir fest, dass diese Kräfte ganz beachtlich sein können. Wenn wir nun stromdurchflossene Leiter haben, werden diese ebenfalls zum Magneten. Wir werden in den folgenden Abschnitten sehen, wie genau dies zu erklären und zu berechnen ist. Stromdurchflossener Leiter im Magnetfeld Lasst uns zuerst nur ein Leiter in einem Magnetfeld betrachten, indem wir die Feldlinien dieser Anordnung aufzeichnen: N S Die Kraft wirkt unserer Skizze folgend quer zum Magnetfeld und auch quer zur Stromrichtung. Nachdem wir nun die Kraftrichtung kennen, interessiert uns natürlich auch die Stärke dieser Kraft. Sie hängt ab von: F: I: B: l: F = IBl Wenn wie bei einer Spule mehr als ein vom Strom durchflossener Leiter im Magnetfeld ist, beträgt die Kraft natürlich für jeden Leiter separat obigen Wert. Wir können dann die Gesamtkraft mit der erweiterten Formel berechnen: Lasst uns nun noch die Einheiten kontrollieren: Kraft in [N] Strom in [A] Flussdichte [T] Länge des Leiters im Magnetfeld [m] N: Anzahl Leiter im Magnetfeld F = IBlN F = IBl = [AVs/m2m = VAs/m = Nm/m = N] Übung: Westermann S. 121 Nr. 1 - 5 Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 21 Stromdurchflossene Spule im Magnetfeld Wir haben uns noch gar keine Gedanken über den technischen Nutzen dieser Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter gemacht. Wir können mit diesem Effekt nämlich Motoren mit einem hohen Wirkungsgrad (ca. 75 - 95 %) bauen. Allerdings verwendet man dort anstelle von einzelnen Leitern ganze Leiterpakete oder eben Spulen. Lasst uns einige dieser Feldlinienbilder betrachten: In nebenstehender Skizze stellen wir fest, wie auf die Spule ein Drehmoment entsteht. Sie hat N das Bestreben, siech um die eigene Achse zu drehen, bis die beiden Felder gleich ausgerichtet sind. Bei einem Elektromotor muss die Stromrichtung dann jeweils umgepolt werden, um den Drehvorgang fortzusetzen. Dies geschieht mit dem Kollektor oder Kommutator. S Wir können dieses Drehmoment auch berechnen: MMax = 2Fr = 2rIBlN = dIBlN Lasst uns noch einige weitere Feldlinienbilder betrachten, um festzustellen, ob wir die Gesetzmässigkeit verstanden haben. Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 22 Das Hallelement Hallelemente können wir zur Messung von der magnetischen Flussdichte B verwenden. Es sind dünne Halbleiterplättchen mit folgender Form: Schicken wir nun einen Strom I durch dieses Plättchen, würde dieses im Magnetfeld genauso eine Kraft erfahren, wie dies bei einem normalen Leiter der Fall wäre. Wir erahnen es schon: Die Kraft wirkt natürlich auf die einzelnen Ladungsträger, d.h. die bewegten Ladungen werden im Magnetfeld abgelenkt. Das heisst wiederum, dass sich an der einen Plattenseite positive Ladungsträger konzentrieren, auf der anderen die Negativen. Es entsteht eine Ladungstrennung, was wiederum auf eine Spannung schliessen lässt. Wie gross ist nun diese Spannung? Dazu müssen wir die Kraft auf einen Ladungsträger im elektrischen Feld heranziehen und dafür schauen, dass die magnetische und die elektrische Kraft im Gleichgewicht sind: F = 0 = FMag + Fel = IBl + QE E = -IBl/Q Bleibt nur noch herauszufinden, wie gross Q ist. Die Ladungsmenge im Plättchen entspricht dem Produkt der Ladungsträgerdichte und dem Plattenvolumen: Q = Ellbdq E = -IBl/(Ellbdq) E = -IB/(Elbdq) Uns interessiert anstelle der Feldstärke die Hallspannung UH. UH = Eb = -IBb/(Elbdq) UH = -IB/(Eldq) RH = 1/(Elq) Wenn wir nur den Betrag der Hallspannung wissen wollen und die Hallkonstante einsetzen, erhalten wir die Formel: UH = IBRH/d Elektrotechnik I: B: RH: d: Stromstärke im Hallelement magnetische Flussdichte Hallkonstante Dicke des Hallplättchens Alexander Wenk Seite 23 Spannungserzeugung durch Induktion Wir wissen bereits, dass wir mit Generatoren elektrische Energie erzeugen können. Wir erzeugen Spannung durch Induktion. Wie dies genau vor sich geht, wollen wir in diesem Kapitel betrachten. Ein Magnetfeld bewirkt Kräfte auf bewegte Ladungen. Dies haben wir im vorigen Kapitel herausgefunden, als wir stromdurchflossene Leiter im Magnetfeld betrachteten. Nun versuchen wir einmal, den Leiter selber durch das Magnetfeld zu bewegen und zu betrachten, was mit den Ladungsträgern im Leiter passiert: Ein bewegter Leiter im Magnetfeld bewirkt Magnetkräfte auf dessen Ladungsträger, die senkrecht zum Magnetfeld und senkrecht zur Bewegungsrichtung des Leiters wirken. Wie gross ist nun diese magnetische Kraft? Wir kennen bereits die Beziehung F = IsB Wenn wir für I = Q/t einsetzen erhalten wir: FM = QBs/t FM = QBv Durch diese Kraft wandern die Ladungsträger ans eine Leiterende, es gibt eine Ladungskonzentration. Dadurch baut sich im Leiter ein elektrisches Feld auf, die Gegenkraft zur Magnetkraft. Es ergibt sich: FM + FEl = 0 QE = - QBv FEl = -FM E = - Bv Wenn wir nun die Induktionsspannung suchen setzen wir ein: Uind = El = - Bvl B: magnetische Flussdichte v: Geschwindigkeit des Leiters l: Länge des Leiters im Magnetfeld N: Windungszahl der Spule Das Minuszeichen sagt aus, dass die Induktionsspannung der magnetischen Kraft entgegengerichtet ist. Die Induktionsspannung entsteht in jeder Windung einer Spule, also entsteht die Hauptformel: Uind = - BvlN Zur Übung: Westermann S. 122 Nr. 4 Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 24 Mir selbst ist das aus der Herleitung hervorgegangene Minuszeichen auch immer etwas suspekt. Vielleicht ist es einfacher es wegzulassen und uns die Richtung der Spannung jeweils im Diagramm herauszulesen. Ein Merksatz, die Lenzsche Regel, sagt zudem: Der durch die induzierte Spannung verursachte Strom ist stets so gerichtet, dass sein Feld der Flussänderung entgegenwirkt. Ist ein Leiter im Magnetfeld in Bewegung, wird in ihm eine Spannung induziert. Hänge ich einen Lastwiderstand an diesen Leiter so beginnt ein Strom zu fliessen. Dieser ist so gerichtet, dass er wiederum eine Kraft im Magnetfeld bewirkt, die ihn in seiner Bewegung abbremsen. Folgende Bilder sollen diesen Sachverhalt unterstreichen: Wir können aber nicht nur in einem bewegten Leiter mit einem Magnetfeld eine Spannung induzieren. In einem Trafo z.B. haben wir keine beweglichen Teile. Folgende Formelumstellung soll uns zeigen, wie dies zu interpretieren ist. Wir nehmen zuerst die Formel für nur eine Windung: Uind = - Bvl = -B(s/t)l Uind = -Bls/t = -BA/t /t: magnetische Flussänderung N: Uind = -/t pro Zeiteinheit. Windungszahl der Spule Uind = -N/t Für eine Spule mit N Windungen ergibt sich: Was für Anwendungen der Spannungserzeugung durch Induktion kennen wir? Generatoren Induktionsmotoren (DrehstromAsynchronmaschine) Transformatoren magnetische Tonabnehmer Drosselspulen (Selbstinduktion) Zur Übung: Westermann S. 122 Nr. 1-3 Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 25 Die Induktivität L einer Spule (Selbstinduktion) Wir stellten fest, dass eine Flussänderung eine Induktionsspannung in einer Spule bewirkt. Was geschieht nun, wenn wir dieselbe Spule als Erzeuger des Magnetfeldes und als Induktionsspule betrachten? Wir beobachten die sogenannte Selbstinduktion. Sie beträgt U ind - N t Wir wollen nun versuchen, diese Formel so umzubiegen, dass nur noch elektrische Grössen als Veränderliche vorkommen. Bekanntlich wird der magnetische Fluss letztendlich vom Spulenstrom erzeugt: = IN = / Rm = IN/Rm Daraus ergibt sich für die Selbstinduktionsspannung: UL = N/t = NIN/(tRm) UL = (N2 / Rm) I / t Die Selbstinduktionsspannung hemmt die den Strom verursachende Spulenspannung UL. Bei der idealen Spule können wir sagen: UL + Uind = 0. Daraus ergibt sich UL = -Uind, oder anders gesagt, wir werden nun endlich das negative Vorzeichen auch offiziell wieder los… UL = (N2 / Rm) I/t Nun, der Formelteil N2/Rm wird auch die Induktivität L der Spule genannt: N: Rm: Windungszahl der Spule Widerstand des Magnetkreises (Siehe auch Seite 20) I/t: Stromänderung in der Spule pro Zeiteinheit. L: Induktivität der Spule in Henry [H = Vs/A] AL: Spulenkonstante L = N2 / Rm = N2AL In Bestellkatalogen wird häufig anstelle vom Rm die Spulenkonstante AL angegeben. Wir wissen ja nun: AL = 1/Rm Durch Einfügen von L ergibt sich die Grundformel für die Spulenspannung: UL = L I/t Zur Übung: Westermann S. 123 Nr. 1 - 5 Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 26 Die gespeicherte Energie in einer Spule Offensichtlich kann mit einer Spannung an der Spule eine Stromstärkenänderung in dieser bewirkt werden. Umgekehrt bekommen wir beim Ausschalten einer Spule hohe Induktionsspannungen. Damit dies überhaupt möglich ist, muss in der stromdurchflossenen Spule ähnlich wie im Kondensator Energie gespeichert sein. Die Beziehung der Induktivität zu Spannung und Strom bringt uns auf die richtige Fährte: U L I t Bei gleichbleibender Spannung an einer idealen Induktivität ist die Stromstärkenzuname konstant: Zeichnen wir zunächst einmal den Strom der Spule in Funktion der Einschaltzeit auf. Der Strom verhält sich gemäss der Beziehung I U t L wenn die Spannung an der idealen Spule konstant gehalten wird. Betrachten wir nun, wie wir aus dieser Darstellung auf die in der Spule gespeicherte Energie schliessen können. Wir kennen die Beziehung für die elektrische Arbeit resp. Energie: W = Pt = UIt Die Spannung haben wir beim Einschalten der Spule konstant gehalten, wir müssen also noch einen Wert für das Produkt It haben. Dieses Produkt entspricht der Fläche des Dreiecks unter der Kurve, ähnlich wie bei der Energieberechnung beim Kondensator. Der Grund liegt darin, dass sich der Strom ja kontinuierlich verändert, also nicht konstant bleibt: W = 1/2UIt t = IL/U W = 1/2LI2 Übungen zum Thema: Rechenbuch für Elektroniker S. 84 Nr. 3 - 5 Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 27 Zusatzaufgaben 25 20 45 1. Eine Ringspule hat folgende Kennwerte: N = 400, di = 25 mm, da = 45 mm, h = 20 mm Wie gross ist die Induktivität L dieser Spule a) als Luftspule b) mit einem Ferritkern mit r = 500 ausgeführt 2. Eine Spule mit N = 300 Windungen ist auf einen Eisenkern (Querschnitt 16 x 16 mm) mit unendlich hoher Permeabilität gewickelt Wie gross ist die Induktivität L, wenn die beiden Teilkerne durch einen Luftspalt s = 0.15 mm getrennt sind. 3. Nehmen wir an, eine ideale Spule mit L=0.15 H werde an eine Spannung U = 1V angeschlossen. a) Wie gross ist I/t? b) Wie gross ist der Strom I nach t=0.5s? c) Zeichne ein Diagramm der Stromzunahme in Funktion der Zeit. d) Wie gross ist die in der Spule gespeicherte Energie bei einem Endstrom von I = 5A? Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 28 Das RL-Glied im Gleichstromkreis Nachdem wir nun den Kondensator am Gleichstromkreis untersucht haben, betrachten wir uns die Induktivität an Gleichspannung. Schauen wir uns zunächst das Schema an, mit dem wir das Verhalten eines LR-Kreises beobachten können. Wir kennen noch die Formel, welche die Induktivität L im elektrischen Kreis beschreibt: UL = L I/t Wenn die Stromstärke in einer Spule eine abrupte Änderung erfahren sollte, müsste die Stromänderung pro Zeiteinheit I/t sehr gross sein. Dies wiederum ergibt eine sehr grosse Spulenspannung UL. Könnte der Strom in der Spule sprunghaft ändern, müsste die Spulenspannung unendlich gross werden. Dies heisst für uns: Der Strom in einer Induktivität kann nie sprunghaft ändern! Wir können nun wieder eine ähnliche Betrachtung wie beim Kondensator machen: Schalten wir die noch stromlose Spule an die Spannung U, haben wir zu Beginn die volle Spannung an der Induktivität: UL = U Zur Begründung: Die Spule ist im Einschaltmoment noch stromlos, folglich fliesst auch durch den Widerstand noch kein Strom, er verursacht also noch keinen Spannungsabfall. Die Stromzuname in der Spule beträgt im ersten Moment: I/t = UL / L Der Maximalstrom, der irgendwann nach dem Einschalten einmal erreicht wird, nur durch den Widerstand R begrenzt. Sobald der Strom konstant ist wird I/t = 0, folglich ist auch UL = L0 = 0 Es ergibt sich der maximale Strom ILMax = U/R Wenn wir annehmen, dass die Spulenspannung konstant bleiben würde finden wir die Zeitkonstante heraus (= die Zeit, bis der Maximalstrom bei konstantem UL = U fliessen würde): ILMax/ = U / L = ILMaxL / U = UL/(RU) = L/R Auch hier gilt aber wieder die Einschränkung, dass die Spulenspannung UL ja gar nicht konstant bleibt. Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 29 Durch den zunehmenden Strom in der Spule ergibt sich über dem Widerstand ein Spannungsabfall, der die Spulenspannung UL verringert. Dadurch verkleinert sich aber auch die Stromzunahme, es ergibt sich wieder eine gekrümmte "Ladekurve": Was können wir gegen die Überspannungsspitzen tun? Wir schalten Widerstände, Kondensatoren oder Freilaufdioden parallel zur Induktivität, damit die Spulenenergie unterbruchslos abfliessen kann. Wir können die Selbstinduktionsspannung aber auch nutzbringend einsetzen: Zündspannungserzeuger zum Zünden von Gasentladungslampen oder von Benzinmotoren. DC-DC Konverter mit Zerhacker Viehhütapparat Beispiele für induktive Verbraucher (Bei all diesen Bauteilen können also Überspannungspitzen beobachtet werden, die ohne Vorkehrungen durchaus zerstörerisch wirken können): Drosselspulen Motoren und Generatoren Elektrotechnik Transformatoren Relaisspulen Magnetventil Alexander Wenk Seite 30 Formeln fürs RL-Glied Ganz ähnlich wie ein RC Glied verhält sich auch das RL-Glied. Beim RLGlied kann aber der Strom nicht sprunghaft ändern (beim RC-Glied war es die Spannung) Auf diesem Blatt wollen wir die notwendigen Berechnungsformeln zusammenstellen. Einschalten der Spule In der Spule fliesst zu Beginn des Vorganges kein Strom (IL = 0). Es ergeben sich folgende Zusammenhänge: Ausschalten der Spule Durch die Spule fliesst zu Beginn des Vorganges der Strom IL = I0. Es ergeben sich folgende Zusammenhänge: Merke: Da die Spule beim Ausschalten den Strom halten möchte, wird die Spulenspannung UL negativ! Übung: Westermann S.125 Nr. 1, 2, 4, 5, (10) Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 31 Allgemeine Formeln zur Berechnung von RL Gliedern Bis jetzt haben wir vom Ein- und Ausschalten von RL Gliedern gesprochen. Es ist aber auch denkbar, dass eine Spule eingeschaltet wird, deren Strom IL (noch) nicht 0 ist. Mit unseren Erkenntnissen ist es aber ein kleiner Schritt, allgemein gültige Formeln für diese Problematik herzuleiten: Wir berechnen die Anfangsgrösse, die beim jeweiligen Element sprunghaft ändern kann und setzen das Ergebnis in unsere bereits bekannte e-Funktion ein: Übung: Rechenbuch für Elektroniker S. 78 Nr. 21, 23 Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 32 Zusätzliche Übungsaufgaben zu RL Gliedern Ein RL-Integrierglied wird zum Dämpfen des Wechselstromanteiles einer Rechteckspannung verwendet. L = 1.5H und R=50. Sie wird mit einer Rechteckspannung mit U=5V und f=50Hz gespiesen (Tastgrad G=0.5) a) Zeichne den Spannungsverlauf am Widerstand R für die ersten 3 Perioden (IL(t=0)=0) vom Eingangssignal auf. b) Wie würde der Spannungsverlauf am Widerstand R aussehen, wenn zum Zeitpunkt t=0 eine Gleichspannung U=2.5 V angelegt würde. (Vergleiche die Kurven aus a) und b)) (Lösung siehe RL-Glied Aufgabe2.xls) Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 33 Simulation des Verhaltens von RC/RL-Gliedern Wir haben es nun im Griff, das Ein- und Ausschaltverhalten von Spulen und Kondensatoren zu berechnen. Ja wir können noch mehr: Wir wissen bereits wie wir die Spannung oder den Strom an diesen Elementen nach einer bestimmten Zeitdauer berechnen können, auch wenn der Kondensator nicht ungeladen oder die Spule nicht stromlos war. Mit diesen allgemeinen Formeln für RL/RC Glieder können wir zum Abschluss dieses Kapitels noch etwas Hochinteressantes ausprobieren: Wir versuchen, die Spannung/den Strom an diesen Bauteilen jeweils nach fixen Zeitabständen neu zu berechnen. Wir werden jeweils von den Werten zu Beginn der Zeitperiode ausgehen und so die Werte am Ende der Zeitperiode bestimmen. Wenn wir nun noch zulassen, dass sich die Eingangsspannung im Verlaufe der Zeit ändert, können wir mit Hilfe von Excel einen kleinen Simulator bauen, der das Verhalten unserer RC/RL Glieder an beliebigen Spannungsformen darstellt. Auf ganz ähnliche Weise funktioniert z.B. Electronics Workbench. Lasst uns also die Grundlagen für dieses Thema erarbeiten und uns das Ganze schlussendlich auf Excel ausprobieren. Simulation RC-Glied an beliebiger Eingangsspannungsform Zunächst scheint uns obiger Text wohl noch etwas hypothetisch. Lasst uns also zunächst im Diagramm betrachten, was wir überhaupt genau berechnen wollen: Wir 'hangeln' uns quasi von Zeitperiode zu Zeitperiode, wobei die Spannung des Kondensators zu Beginn einer Berechnungsperiode dieselbe ist wie am Ende der vorherigen Periode. Die Spannung am Kondensator kann ja nicht sprunghaft ändern. Wenn wir nun unsere allgemeine Formel fürs RC Glied noch so umschreiben, dass wir nur noch eine zeitabhängige e-Funktion drinhaben, können wir diese später in EXCEL verwenden, um aus den Anfangswerten jeweils die neuen Endwerte zu berechnen: Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 34 Lasst uns nun das Ganze einmal so vorbereiten, dass wir im Excel das Verhalten des RC-Gliedes an einer Sinusspannung simulieren können. Dazu dient folgendes Beispiel: Ein RC-Glied mit C = 10 F und R = 3.3 k liegt an einer Wechselspannung mit einer Periodendauer von 200 ms und Û = 10 V. Berechne die Spannungen UC und UR jeweils im Abstand von 1 ms (t = 1 ms). Wir erstellen uns dazu eine Tabelle mit folgenden Kolonnen und tragen unten ein, wie wir die entsprechenden Werte berechnen können: t UEingang UC UR IC [ms] [V] [V] [V] [mA] 0 0 0.000 0 0 1 0.314108 0.000 0.314 9.52E-05 2 0.627905 0.009 0.619 0.000187 3 0.941083 0.028 0.913 0.000277 4 1.253332 0.055 1.198 0.000363 5 Simulation RL-Glied an beliebiger Eingangsspannungsform Genau gleich können wir vorgehen, wenn wir ein RL-Glied simulieren möchten. Hier kann sich allerdings der Strom nicht sprunghaft ändern, d.h. wir müssen sicher nach jeder Zeitperiode den Spulenstrom bestimmen: Der Endwert der vorigen Periode wird der Startwert der folgenden. Auch hier hilft zur Simulation die umgestellte allgemeine Formel für RL Glied: Beispiel: Ein RL-Glied mit L = 1.5 H und R = 50 liegt an einer Sinusspannung mit Û = 10 V und Periodendauer T = 200 ms. Berechne in 1 ms Schritten UL und UR. Elektrotechnik Alexander Wenk Seite 35