Mies Bouhuys: Anne, Kitty und die beiden Paulas Bilder aus dem Leben Anne Franks Auszüge Zu diesem Buch: Anne Frnak kam 1929 in Frankfurt zur Welt. Als ihre Familie Deutschland verlassen muß, ist sie knapp vier Jahre alt. Die Franks ziehen nach Amsterdam, wo Anne und ihre Schwester Margot wie Holländerinnen heranwachsen. Doch nach der Besetzung der Niederlande im Mai 1941 beginnt für die Franks erneut die Angst: Die Judenverfolgung setzt auch in Amsterdam ein. Im Juli 1942 tauchen sie unter und leben versteckt. Über diese Zeit, über das Zusammenleben auf engstem Raum in einer Atmosphäre steter Bedrohung haben wir Kenntnis, denn Anne führt ein Tagebuch, das heute weltberühmt ist. Durch Verrat werden die Untergetauchten im August 1944 entdeckt und nach Ausschwitz deportiert. Anne und Margot werden weiterschleppt nach Bergen-Belsen. Beide sterben dort. Mies Bouhuys schildert das Leben Anne Franks von 1933 bis zu ihrem Tod. Private Szenen, Bilder aus dem Leben von Anne, wechseln mit Passagen, in denen die Autorin historische Zusammenhänge und Fakten erklärt. Die Straße . . . Eine fröhliche Straße in einer schönen deutschen Stadt. Er schwenkt den Hut und grüßt die Frau im Fenster des Nachbarhauses. „Guten Tag, Herr Frank”, sagt sie, „herrlicher Tag, nicht?” Er nickt freundlich und steckt den Schlüssel ins Schloß. Nächste Woche wird er nicht mehr hier wohnen. Nicht mehr in diesem Haus, nicht mehr in diser Stadt, nicht mehr in Deutschland. Es ist das Jahr 1933, und Herr Frank ist Jude. . . . Der Zug . . . Sie können nicht mehr zurück. Von diesem Tag an gehören sie zu den Tausenden, Zehntausenden Menschen, die aus Deutschland fliehen, seit Hitler dort die Macht hat. Vor 1933 wohnten sechshunderttausend Juden in Deutschland. Als es im Januar sicher war, daß von nun an die Naziß das Sagen hatten, begann der Auszug. ... Die Nazis wollen, daß alle deutschen Kinder mitsamt ihren Eltern wie ein einziger großer Block um einen Mann stehen: um Hitler. . . . Wenn jemand auf der Straße, in der Schule oder zu Hause etwas gegen Hitler oder die Nazis sagt, oder wenn ein Onkel oder die Nachbarn noch immer mit Juden befreundet sind, muß man sie anzeigen. . . . Die Braunhemden marschieren ab. Die Schreihälse mit den Münzen ziehen am offenen Fenster vorbei, die Hackenkreuzfahnen flattern. . . . Es ist der 10. Mai 1940. Bisher gab es immer noch Menschen, die glaubten, daß es niemals dazu kommen würde. Nicht geschehen könnte. Nicht in den Niederlanden. . . . Für Millionen Menschen in Europa gibt es kein Land, in das sie fliehen könnten. Und jetzt, am zehnten Mai, gibt es auch keine Hoffnung mehr. . . . Jeden Monat gibt es neue Befehle, neue Maßnahmen, die sie zu unerwünschten Fremden in einem fremden Land machen. . . . Auch in den Bibliotheken und Sporthallen, auf den Märkten, in den Parks, Hotels und Pensionen tauchen jetzt die Schilder auf: FÜR JUDEN VERBOTEN. Das Hinterhaus . . . Diese Welt wird jeden Tag grauenvoller. In der Nähe und in der Ferne. In Amsterdam hat die große Menschenjagd begonnen. . . . Die Menschen werden nach Polen gebracht, wo die Deutschen in abgelegenen Gegenden Konzentrationslager errichtet haben. . . . Tagaus, tagein geht es weiter: Züge . . . Familien, die durch eine Kopfbewegung auseinandergerissen werden. Menschen in Kolonnen auf dem Weg zu den Baracken, zu Hunger, Läusen, Krankheit und unmenschlich harter Arbeit, die die meisten nicht lange überleben. Andere Kolonnen auf dem Weg zu den Gaskammern, wo sie sofort getötet werden. ... Endlich kommt der Tag, auf den Millionen in Europa gewartet haben: der 6. Juni, >D-Day<, der Tag, an dem die Invasion beginnt. Englische und amerikanische Truppen landen an der französischen Küste. . . . Es klingt wie ein Märchen. . . . Sogar Margot, die sonst immer schweigend und blaß im Haus herumgeht, faßt wieder Hoffnung: „Vielleicht”, sagt sie zu Anne, „vielleicht können wir im September oder Oktober zur Schule gehen.” Aber dann ist wieder die Angst da. Die Befreier sind auf dem Weg. Aber werden sie rechtzeitig eintreffen? Am 15. Juli, als sie schon über zwei Jahre im Hinterhaus versteckt lebt, schreibt Anne in ihr Tagebuch: „Ich höre immer stärker den anrollenden Donner, der auch uns töten wird. . .” Irgendwo in Deutschland . . . In der dritten Nacht hält der Zug in Auschwitz. Anne und Margot stehen auf einer Seite, ihre Mutter auf der anderen. Bei denen, die im Lager bleiben. Sie können einander nicht mehr sehen. Das Licht des Scheinwerfers hat sie getrennt, bevor sie voneinander verabschieden können. Drei Monate später stirbt Edith Frank in einer Krankenbaracke in Auschwitz. Über tausend Kilometer entfernt, im Norden Deutschlands liegt Bergen-Belsen. Der Viehwaggon, der Anne und Margot dorthin bringt, ist länger als eine Woche unterwegs. . . . Bald darauf ist Margot gestorben. Ein paar Tage später Anne. Ganz allein, fünfzehn Jahre alt, ging sie in den Tod. An einem Märztag, ein paar Wochen, bevor das Lager Bergen-Belsen befreit wurde. Niemand weiß, an welchem Tag sie starb. Niemand weiß, wo sie begraben ist. Irgendwo in Deutschland, in einem Massengrab auf der Lüneburger Heide, wo dreißigtausend Menschen, Erwachsene und Kinder, ermordet wurden. Der Markt . . . Aber irgendwo hier in Amsterdam, bei Freunden von Otto Frank, tickt noch die Uhr aus Annes Haus, in der Gut und Böse gegeneinander kämpften. Aus Anne Franks Tagebuch weißt du, was passieren kann, wenn das Böse für kurze Zeit die Oberhand gewinnt und wie lange es dauert, bis endlich das Gute siegt. . . . Schau uns an, wir haben viel zu essen, viele Kleider und alles, was unser Herz begehrt, und dort neben uns sind die anderen, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Warum verstehen wir sie nicht? Warum nicht? „Warum?” hat Anne Frank gefragt, „o warum sind die Menschen so verrückt?” Aufgaben zu den Texten I. Lies die Texte und entscheide, ob die Aussagen richtig (R) oder falsch (F) sind. R 1. Anne Frank ist in Amsterdam geboren. 2. Anne hat eine Schwester, Margot. 3. Die Familie Frank musste fliehen und untertauchen. 4. Auschwitz ist in Nord-Deutschland. 5. Anne schrieb ein Tagebuch, das heute weltberühmt ist. F II. Beantworte die Fragen anhand der Texte. 6. Von wann bis wann leben Franks versteckt? ………………………………………………………………………………………………… 7. In welchem Jahr flieht die Familie nach den Niederlanden? …………………………………………………………………………………………………. 8. Wie heißen die Familienmitglieder? Vater …………………………… Mutter …………………………… Annes Schwester …………………………… 9. Was ist am sogenannten D-Tag (Day) passiert? ………………………………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………………………. 10.Welche Frage stellt Anne immer wieder? ………………………………………………………………………………………………… III. Was bedeuten die Ausdrücke? Unterstreiche die richtige Lösung. 11. Braunhemden a) modische Hemden b) die Mäntel von Hitler c) die Uniform der Nazis 12. Massengrab a) eine Menge von Graben b) viele Leute sind da begraben c) eine große Schatzgrube 13. Menschenjagd a) eine Verfolgung von Menschen b) ein Kinderspiel c) Tiere suchen nach Menschen IV. Erkläre die folgenden Begriffe. Du kannst dabei auch Synonyme verwenden. 14.Juden ………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………………………. 15. Familien werden auseinandergerissen…………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………………………. 16. Konzentrationslager ………………………………………………………………………………………………… ………………………………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………………………. V. Du kannst hier freiwillig eine Zeichnung über die Gelesenen machen. Vielen Dank für deine Arbeit!