Lernziele Kapitel 4 Entwicklungsunterschiede und internationaler Handel Vorzüge von Freihandel sicher kennen (Auffrischen des klassischen Freihandelsmodells und der komparativen Kostenvorteile) Prof. Dr. R. Schubert/ IED [email protected] Wirkung von Zöllen und Handelsbeschränkungen kennen Handelspolitik einordnen und beurteilen können 29.11..2006 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 2 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 4 4.1 Internationaler Handel als Ursache von „Unterentwicklung“? Aussenhandelsverflechtungen zw. einzelnen Regionen (Anteile in %) Quelle: WTO, 2000 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 3 Anteil einzelner Regionen am Welthandel an Waren und Gründe für Aufnahme von Handel Dienstleistungen im Jahr 2005: Warenverkehr Zur Erinnerung: Handel wird aufgenommen wegen unterschiedlicher Verfügbarkeiten von Gütern oder wegen Preisunterschieden Schlüssel-Determinante sind Preisunterschiede Preisunterschiede können im wesentlichen durch Nachfrage(Präferenz-)Unterschiede oder Kostenunterschiede bedingt sein Dienstleistungen Quelle: World Trade Report, 2006 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 5 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 6 1 Gründe für Aufnahme von Handel Handel und Wohlfahrt Zur Erinnerung: Kostenunterschiede können verursacht sein durch Unterschiede in der Faktorausstattung oder durch Unterschiede in der Faktorproduktivität (bzw. Faktorqualität) Beim Faktor „Arbeit“ bzw. „Humankapital“ spielt also die Grösse der Bevölkerung sowie die Bildung bzw. Ausbildung eine Rolle Bildung bzw. Ausbildung sind vor allem im dynamischen Zusammenhang wichtig Theoretische Überlegungen, statisches Modell: Freihandelsargument: Länder, die mit anderen Ländern Handel treiben, können ihre gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt verbessern Idee dabei: Wenn Güter jeweils dort produziert werden, wo die Kosten am niedrigsten sind, kann insgesamt „ein grösserer Kuchen“ hergestellt werden 29.11.2006 7 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] Handel und Wohlfahrt Handel und Wohlfahrt Theoretische Überlegungen, statisches Modell: Konsumierende profitieren hiervon und „landen“ auf einer höheren gesellschaftlichen Indifferenzkurve Bei Handel sind die Konsummöglichkeiten eines Landes nicht mehr direkt durch die Produktionsmöglichkeiten dieses Landes bestimmt Handel ist in diesem Sinne also Motor von 29.11.2006 Entwicklung und nicht Ursache von „Unterentwicklung“ Spezialisierung und Handel führen zur weltweiten Wohlfahrtssteigerung Je mehr Länder sich am Handel beteiligen, desto vorteilhafter ist es 9 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] Freihandelsmodell Zur Erinnerung: 8 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 10 Komparative Vorteile Gut 2 (X2) Pr Zur Erinnerung: r ve eis hä is ltn -H an de l X2B X2A Produktionspunkt Handel die Vorteilhaftigkeit des Handels (Ricardo) Wohlfahrtsmaximum Autarkie Handel ist vorteilhaft, wenn bzw. weil die B Export von X2 A Import von X1 X1B X1A X1C Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] Transformationskurven der Länder nicht identisch sind (selbst bei identischen Nachfragestrukturen) Transformationskurven sind nicht identisch wegen Kostenunterschieden (s.oben) Konsumpunkt Handel C X2C 29.11.2006 Komparative Kostenvorteile als Begründung für rkie ltn is uta er hä -A Pr eis v 1 2 Gut 1 (X1) 11 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 12 2 Komparative Vorteile Komparative Vorteile Typen von Kostenunterschieden: Beispiel für komparative Kostenvorteile: Absolute Kostenvorteile, d.h. ein Land kann von allen Gütern mehr herstellen bzw. die absoluten Produktionskosten sind für alle Güter tiefer Komparative Kostenvorteile, d.h. ein Land hat bei der Herstellung eines Gutes einen besonders grossen Produktionsvorsprung bzw. besonders tiefe Kosten 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 13 Komparative Vorteile Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 15 Fortsetzung - Das Heckscher-Ohlin-Theorem: (Komparative) Kostenvorteile können durch unterschiedliche Faktorausstattungen und – in der Folge – unterschiedliche Preise der Produktionsfaktoren bedingt sein Länder, die besonders reichlich mit einem Faktor (z.B. Arbeit) ausgestattet sind, haben bei diesem Faktor einen besonders tiefen Preis (z.B. Lohn) 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] Heckscher-Ohlin-Theorem Heckscher-Ohlin-Theorem Solche Länder haben besondere Vorteile bei der Anschliessend stabilisiert sich dann die bei Produktion derjenigen Güter, die relativ viel des reichlich vorhanden Faktors einsetzen (z.B. arbeitsintensive Produktion) Es ist dann allerdings davon auszugehen, dass sich die Faktorpreise im Zuge des Handels international angleichen (Mehrnachfrage nach Faktor Arbeit, so dass Lohn steigt; Mindernachfrage nach anderen Faktoren, so dass diese billiger werden) (Faktorpreisausgleichstheorem) 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 14 Heckscher-Ohlin-Theorem Auswertung: Das Weltmarktpreisverhältnis liegt zwischen den Preisverhältnissen der am Handel beteiligten Länder Einkommenssituation bzw. Konsummöglichkeiten in den beteiligten Ländern verbessert sich Ricardos Überlegungen begründen auch ganz generell die Vorteilhaftigkeit von Arbeitsteilung Man kann dann Güter zu tieferen Preisen als den eigenen Opportunitätskosten erwerben 29.11.2006 29.11.2006 16 Aufnahme des Handels gefundene internationale Arbeitsteilung Veränderung der internationalen Arbeitsteilung bei Veränderung der Faktorpreisstruktur (Faktoroder Länderbezogen) oder der Produktionstechnologien (Veränderung der Faktorintensitäten) 17 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 18 3 Handel – Dynamische Sicht Handel- Dynamische Sicht Gut X2 Theoretische Überlegungen, dynamisches Modell: Die klassischen Überlegungen beziehen sich auf einen Zeitpunkt: Ein Land nimmt Handel auf und stellt sich dadurch besser Aber: gerade auch mittel- und langfristige Aspekte sind relevant Der Vorteil von Handel liegt dann darin, dass die Transformationskurve eines Landes nach aussen verschoben werden kann x2max C x2C ∆x2 x2D D' D ∆x1 x1D 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 19 Handel – Dynamische Sicht Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 29.11.2006 x1C Gut X1 x1max 20 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] Handel – Dynamische Sicht Gründe für Erweiterung der Produktionsmöglichkeiten: Vorteile aus der Spezialisierung (Exportseite) (Fixkostendegression, spezifisches Know-How, intensivere Forschung, spillovers für andere Produktionen) Lerneffekte (Importseite) (Imitation und Weiterentwicklung von Produkten und Produktionsverfahren anderer Länder; Innovationen) 29.11.2006 E D'' Wachstumsperspektive: Sozialprodukt Sozialprodukt t0 21 29.11.2006 Zeit t t0 Zeit t Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] Situation für Entwicklungsländer Situation für Entwicklungsländer Bisher: EL produzieren und exportieren vor allem landwi. Produkte, Rohstoffe Textilien, IL produzieren und exportieren vor allem industrielle Produkte Problem 1: Früher entsprach dies den komparativen Kostenunterschieden zwischen EL und IL, heute jedoch nicht mehr. IL verhindern die Anpassung oft durch Subvention an eigene Produzenten oder durch Zölle Problem 2: Wegen Zollstruktur der IL müssen EL 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 23 22 ihre Rohstoffe oft unverarbeitet exportieren und verlieren dadurch Wertschöpfungsmöglichkeiten Vermutung: Es ist nicht der Freihandel, sondern vielmehr dessen Behinderung, was die Möglichkeiten der Entwicklungsländer einschränkt, vom Handel für ihre Entwicklung zu profitieren Æ Nächster Abschnitt (4.2)! 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 24 4 Handelshemmnisse 4.2 Handelshemmnisse als Ursache von „Unterentwicklung“? Inlandsmarkt für Gut X Marktangebot inländischer Produzenten Preis p Handelshemmnisse können tarifär oder nichttarifär sein (Sicherheits-Normen, Umweltstandards, Mengenkontingente) Zölle spielen allerdings die wichtigste Rolle Hauptmotiv von Importzöllen: Schutz der heimischen Wirtschaft Folge solcher Zölle: Verglichen mit Freihandel geht die Nachfrage zurück und das inländische Angebot steigt p* pWelt + z Import bei Zoll pWelt Import von Gut X x1A x2A 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 25 29.11.2006 x* Marktnachfrage inländischer Konsumenten x2N x1N Menge x Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] Handelshemmnisse Handelshemmnisse Zölle bedeuten Wohlfahrtsverluste Zölle belasten die Konsumenten, bereichern den Handelshemmnisse sind für alle Länder Staat und schützen die einheimischen Produzenten Zusatzlast durch ineffiziente Verzerrung von Produktion und Konsum Zölle können „altersschwache“ Branchen (in IL) oder „sich entwickelnde“ Branchen (EL) schützen Æ „Infant industry“ Argument 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 27 Handelshemmnisse 26 entwicklungsbehindernd und vor allem für EL nachteilig Wegen der „effektiven Protektion“ (und wegen Subventionen) sind landwirtschaftliche Produkte aus EL besonders benachteiligt Effektiver Zollsatz = Zoll/ Wertschöpfung 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 28 Handelshemmnisse Effektiver Zollsatz = (Preis mit Zoll – Vorleistungen)–(Wertschöpfung)/ Wertschöpfung Beispiel: Produktpreis 100 Rohstoffe 60 Æ WS 40 Nominalzoll 15% Effektiver Zoll (55 – 40)/40 =0, 375 Im Beispiel beträgt der Effektivzoll 37,5% und ist um 150% höher als der Nominalzoll 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 29 Effektiver Zollsatz ist c.p. um so grösser, je kleiner die WS ist: Im Bsp.: Rohstoffe 90; WS 10 Æ Effektiver Zollsatz = (115-90-10)/10 =1,5 Æ 150% Da EL vielfach Rohstoffe kaum verarbeitet exportieren, sind sie auch bei niedrigen Nominalzöllen stark betroffen Effektiver Zoll gibt den Spielraum an, um den die WS im importierenden Land höher als im exportierenden Land sein kann 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 30 5 Handelshemmnisse IL bzw. Gütern einer hochwertigeren Produktionsstufe sind von hohen Effektivzöllen weniger betroffen Fazit: wegen effektiver Protektion und ILSubventionen an die heimische Landwirtschaft sind Handelsbarrieren für EL besonders hoch 29.11.2006 Schubert/Institut für Umweltentscheidungen/[email protected] 31 6