Handlungsempfehlungen für die Entwicklungszusammenarbeit

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Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 Handlungsempfehlungen für die
Entwicklungszusammenarbeit zu
Klimawandel, Biodiversität und Entwicklung
1 Hintergrund
Die 44 TeilnehmerInnen des Seminars „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels: Herausforde‐
rungen und Chancen für die Entwicklungszusammenarbeit“ (23. – 28.07.2007) haben Empfeh‐
lungen für die Entwicklungszusammenarbeit formuliert, um sicher zu stellen, dass die Interde‐
pendenz von Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Klimawandel und von Biodiversität‐
serhalt in der Entwicklungszusammenarbeit Berücksichtigung finden. Dieses Papier soll •
für das Thema sensibilisieren, •
Verknüpfungen zwischen Klimawandel, Klimaschutz, Biodiversität einschließlich Agro‐
biodiversität, Biodiversitätserhalt, Entwicklung und Katastrophenrisikomanagement aufzeigen, •
Leitlinien für die Entwicklungszusammenarbeit vorschlagen, die als Grundlage für die Regierungsberatung der Bundesregierung gelten können, •
eine Grundlage für die Zusammenarbeit mit Forschungsinstitutionen darstellen •
und zur Diskussion einladen. 1.1 Der Klimawandel gefährdet die biologische Vielfalt Der Klimawandel hat direkten Einfluss auf die biologische Vielfalt: Er kann zu starken Verschie‐
bungen führen in •
den Verbreitungsgebieten von Arten •
der Artenzusammensetzung •
der Struktur von Ökosystemen •
den Wachstums‐ und Reproduktionsraten und •
dem Zeitpunkt von saisonalen Ereignissen (z.B. Blüte, Wanderung, etc.). Damit können sich Stabilität und Funktionen von Ökosystemen und deren Dienstleistungen maßgeblich verändern. Allerdings ist das prognostische Wissen über mögliche Reaktionen von Arten und Ökosystemen auf den Klimawandel (zusätzlich zu den Unsicherheiten bezüglich der 1
Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 Klimaentwicklung selbst) noch begrenzt und lässt sich wegen der Komplexität biologischer Sys‐
teme auch nicht immer verbessern. Deshalb ist ein Umgang mit Unsicherheiten erforderlich. Die durch den Klimawandel zu erwartende Zunahme von Wetterereignissen (verstärkte Nieder‐
schläge, Dürren, Veränderungen des zeitlichen oder räumlichen Niederschlagsmusters, Tempe‐
raturschwankungen, Temperaturanstieg, heftigere Wirbelstürme, Meeresspiegelanstieg) haben unterschiedliche Auswirkungen auf verschiedene Ökosysteme. Es ist davon auszugehen, dass sich die Leistungen der Ökosysteme durch den Klimawandel und die zunehmenden menschlichen Eingriffe größtenteils negativ verändern werden. Betroffen sein werden insbesondere die Nahrungsmittelproduktion durch eine veränderte Produktivität der Böden und die Trinkwasserbereitstellung und der Erosions‐ und Überschwemmungsschutz durch eine veränderte Wasserspeicherkapazität. Eine solche Verknappung/Degradierung von ökosystemaren Leistungen (z.B. sauberes, ausreichendes Wasser, Nahrung, Erosionsschutz, etc.) wird zu stärkerem Nutzungsdruck auf bestehende Schutz‐ und andere Naturgebiete führen. Dadurch können sich Armut und Entwicklungsprobleme weiter verschärfen. Das Risiko für ein‐
geschränkte ökosystemare Funktionen und Dienstleistungen ergibt sich aus der Kombination von Bedrohung und Anfälligkeit der sozio‐ökologischen Systeme und ihrer Widerstandsfähig‐
keit. Indirekte, positive oder negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt ergeben sich durch die Reaktionen des Menschen auf den Klimawandel, sei es durch Anpassung von Landnut‐
zungsformen, Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Extremereignissen oder Maßnah‐
men zur Verminderung der atmosphärischen Treibhausgaskonzentrationen. Insbesondere eine zunehmende Energienutzung aus Biomasse kann bei nicht‐ nachhaltiger Produktion negative Auswirkungen auf die Biodiversität haben. Hier sind u.a. der Nutzungsdruck auf Naturgebiete und die Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion zu nennen. 1.2 Treibhausgaskonzentrationen werden durch den Zustand der Natur beeinflusst Der Klimawandel erhöht die Treibhausgasemissionen aus natürlichen Speichern, z.B. durch das Auftauen von Permafrostböden. Ein nicht‐nachhaltiges Ressourcenmanagement erhöht die Treibhausgasemissionen aus natürlichen Senken, z.B. durch Trockenlegung von Mooren oder Zerstörung der Wälder. 1.3 Ökosysteme können die Auswirkungen des Klimawandels regional abmildern und die Ursachen des Klimawandels mindern 2
Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 Ökosysteme können zur Verminderung des Klimawandels und seiner negativen Aus‐
wirkungen beitragen: •
Pufferfunktion, um die Auswirkungen des Klimawandels zu mindern (z.B. Hochwasser‐ und Küstenschutz durch Mangroven, Sicherung der Wasserversorgung in Trockenzeiten, Erosionsschutz); •
Versicherungsfunktion, um Optionen für die Zukunft zu sichern (Erhalt der genetischen Vielfalt zur Erhöhung der Anpassungsfähigkeit an klimatische Veränderungen) •
Funktion als Kohlenstoffspeicher und ‐senke (z.B. Ozeane, Moore, Wälder, Grasland). Durch den zusätzlich anthropogen verstärkten / beschleunigten Klimawandel erhalten der Er‐
halt der Biodiversität und die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen zusätzli‐
ches Gewicht. Nur so können die oben genannten Funktionen bewahrt und gestärkt werden. 1.4 Zusammenhang zwischen Klimawandel, Biodiversitätserhalt und den MDGs Der Klimawandel und seine direkten und indirekten Auswirkungen auf Öksysteme stellen ein massives Risiko bei der Erreichung der Millennium‐Entwicklungsziele (MDGs) dar. Es besteht die Gefahr, dass sich soziale Ungleichgewichte verstärken werden, da die Auswirkungen des Klimawandels v.a. arme Bevölkerungen besonders schwer treffen, die besonders anfällig sind, und – oft armutsbedingt – weniger Möglichkeiten zu Vorsorge oder Anpassung haben und so‐
mit besonders anfällig sind. Eine besondere Gefahr ist die klimawandelbedingte Zunahme an extremen Wetterereignissen. Strategien zur Armutsbekämpfung und Katastrophenvorsorgekon‐
zepte müssen in Zukunft sowohl die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme und ihre Funktionen als auch die Beiträge von natürlichen/naturnahen Ökosystemen auf die Minde‐
rung des Klimawandels bzw. seiner Auswirkungen berücksichtigen. Von zentraler Bedeutung ist, mögliche scheinbare Zielkonflikte zwischen Armutsbekämpfung, Biodiversitätserhalt und Klimaschutz im Vorfeld zu erkennen und synergetische Lösungen zu finden. In vielen Fällen geht dies einher mit einer Priorisierung von öffentlichen Politiken und (Investitions‐
)Programmen, die auf eine langfristige Absicherung sowie Vorsorge ausgerichtet werden müs‐
sen, und in vielen Fällen nicht dem „unmittelbaren“ Handlungsdruck im Bereich Armutsminde‐
rung entsprechen. Einige Entwicklungsländer tragen im Zuge ihrer rasanten wirtschaftlichen Entwicklung im zu‐
nehmenden Maße zu steigenden globalen Treibhausgasemissionen und damit zum Klimawan‐
del bei. Hier ist die EZ v.a. gefordert, diese Länder bei der Minderung der Treibhausgaskonzent‐
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Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 rationen zu unterstützen und dabei auch die Minderungspotenziale von Ökosystemen zu be‐
rücksichtigen. Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Biodiversitätserhalt wird u.a. im Klimaar‐
beitsprogramm der CBD hergestellt. Sowohl die CBD, als auch UNCCD und UNFCCC, setzen für die Erarbeitung von biodiversitätsrelevanten Reaktionsmaßnahmen auf den Klimawandel einen wichtigen Rahmen. Dabei sind die Industrieländer u.a. im Rahmen der Entwicklungszu‐
sammenarbeit verpflichtet, den Entwicklungsländern Unterstützung bei der Umsetzung dieser Konventionen zu leisten. 2 Allgemeine Handlungsempfehlungen an die deutsche
Entwicklungszusammenarbeit
2.1 Kommunikation des Themas •
Die EZ muss den Zusammenhang von Biodiversität und CO2‐Reduktion, Katastrophen‐
vorsorge sowie Anpassung an den Klimawandel gegenüber Partnerinstitutionen und anderen Gebern herausstellen. Zugleich muss deutlich gemacht werden, dass eine effek‐
tive Klimaschutzpolitik ebenso Voraussetzung ist für einen langfristigen Biodiversität‐
serhalt. •
Der Kommunikation des Klimawandels und seiner Auswirkungen kommt eine Schlüs‐
selrolle bei der erfolgreichen Anpassung zu. -
Die EZ sollte Handlungsempfehlungen für die Kommunikation mit den verschiede‐
nen Ressorts (Ziel: Mainstreaming/Integration von Klimawandelaspekten) entwi‐
ckeln. -
Die EZ sollte Handlungsempfehlungen für die Kommunikation mit betroffenen Be‐
völkerungsgruppen (z.B. Kleinbauern in Trockengebieten oder Bergregionen, Küs‐
tenbewohner, etc.) entwickeln (Ziel: Sensibilität für das Thema schaffen, lokale, zu erwartende Auswirkungen aufzeigen, traditionelles / lokales Wissen nutzen, Wert von Biodiversität im Klimawandelkontext vermitteln, Anpassungs‐ und Minde‐
rungsmöglichkeiten aufzeigen, Mitarbeit fördern). 2.2 Integration in sektorale Politiken •
Die EZ muss die Integration von Natur‐ und Klimaschutz in nationale und sub‐nationale Politiken, Pläne und (Investitions‐)Programme fördern. Dies beinhaltet auch die inhaltli‐
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Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 che Abstimmung von zu entwickelnden Nationalen Anpassungs‐ und Biodiversitätsstra‐
tegien (UNFCCC, CBD, ITPGRFA) und nationalen Aktionsplänen (UNCCD), sowie de‐
ren Verbindung z. B. zu Armutsminderungsstrategien. Ein besonderes Augenmerk sollte auf die Umsetzung bestehender Arbeitsprogramme zwischen den Konventionen gelegt werden, z. B. Klimaschutzprogramm der CBD. •
Eine wichtige Voraussetzung für die Integration in verschiedene Sektoren ist, dass die EZ weiterhin die Verbesserung der demokratischen und institutionellen Strukturen vor Ort fördert. Das Zusammenwirken verschiedener Sektoren und Ebenen muss erklärtes Ziel sein, um für biodiversitätsrelevanten Klimaschutz Dezentralisierungsprozesse zu unter‐
stützen, ressortübergreifende Politikformulierung und ‐umsetzung zu unterstützen so‐
wie zivilgesellschaftliche Interessen angemessen zu vertreten. 2.3 Stärkung der institutionellen Kapazitäten in den Partnerländern •
Die EZ muss die Handlungsfähigkeit von staatlichen und nicht‐staatlichen Organisatio‐
nen, die sich mit der Umsetzung von biodiversitätsrelevanten Klimaschutz‐ oder Anpas‐
sungsmaßnahmen befassen, fördern. •
Die EZ muss sich mit fortschreitendem Klimawandel auf ihre Moderations‐Rolle bei Inte‐
ressenkonflikten um zunehmend unsicherere Ressourcen einstellen, und entsprechend lokale und nationale Kapazitäten in ihrem Mandat und der Wahrnehmung ihrer Rolle für eine Konfliktprävention und friedliche Konfliktlösung stärken. 2.4 Klimawandelszenarien als Grundvoraussetzung für angepasstes Handeln •
Die Entwicklung von Klimawandelszenarien ist ein wichtiges Instrument zur geographi‐
schen und fachlichen Priorisierung von EZ‐Maßnahmen. Diese Szenarien sollten nicht nur als Voraussetzung für eine lokale bis nationale Priorisierung in den Partnerländern mit ggf. Hilfe der EZ entwickelt und angewendet werden, sondern auch von EZ‐
Institutionen für ihre eigene Priorisierung genutzt werden. Möglicherweise muss die deutsche EZ vor dem Hintergrund solcher Szenarien ihre bisherige Schwerpunktsetzung überdenken. •
Eine kosteneffiziente Methode zur Erstellung von lokalen bis nationalen Klimaszenarien in den Partnerländern sollte von der EZ gefördert werden. In den Klimaszenarien muss deutlich auf Unsicherheiten im Wissen hingewiesen und ein Umgang damit empfohlen werden. 5
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Die Klimaszenarien müssen für die lokale Bevölkerung und die verschiedenen Interes‐
sensgruppen „übersetzt“ werden. Klimawandelszenarien sollen in integrierte Vulnerabi‐
litätsanalysen einfließen, die auch andere Faktoren (Biodiversitäts‐Hotspots, Degradati‐
on/ Desertifikation, etc.) berücksichtigen. •
Unsicherheiten in der Prognose sollten in den Klimawandelszenarien deutlich gemacht, aber nicht als Handlungshemmnis dargestellt werden. •
Regionale und lokale Risikoanalysen (bestehend aus Bedrohungsanalysen unter Berück‐
sichtigung von Klimaszenarien und Vulnerabilitätsanalysen mit Ökosystembezug) müs‐
sen Bestandteil von Anpassungsstrategien und strategischer Raumordnungsplanung sein. Sie sind Grundlage für die Planung von Anpassungsmaßnahmen und müssen fort‐
geschrieben werden, um neue Erkenntnisse zu reflektieren. Die Risikoanalysen sollten sich nicht nur auf die Landnutzungssysteme (Landwirtschaft, Wasser, etc.) beziehen, sondern auch die Auswirkungen auf die Biodiversität einbeziehen. Die EZ sollte die Fä‐
higkeiten von nationalen Einrichtungen zur Erstellung dieser Analysen fördern. 2.5 Screening der EZ‐Maßnahmen und Instrumente im Hinblick auf die Verknüpfung von Biodiversität und Klimawandel •
Die EZ muss kontinuierlich ihre Maßnahmen und Instrumentarien dahingehend evaluie‐
ren, ob sie a) auch unter den Bedingungen des Klimawandels gültig und sinnvoll sind, b) zum Klimaschutz beitragen, c) zum Erhalt der Biodiversität beitragen und die Widerstandsfähigkeit von Ökosyste‐
men stabilisieren bzw. verbessern, d) die Anfälligkeit (Vulnerabilität) sozialer und ökologischer Systeme gegenüber klima‐
bedingten Katastrophenrisiken vermindern oder erhöhen e) von geeigneten, kosteneffizienten Monitoring‐Programmen (auch hinsichtlich Aus‐
wirkungen auf Biodiversität und Klimawandel) begleitet sind. 6
Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 2.6 Instrumente zur Integration von Klima‐, Biodiversitäts‐ und Entwicklungsbelan‐
gen •
Die EZ sollte die Entwicklung von Instrumenten und Anreizen fördern, die der Verknüp‐
fung von Maßnahmen des Klimaschutzes, des Biodiversitätserhalts, der ländlichen Ent‐
wicklung und der Katastrophenvorsorge dienen. •
Die EZ muss Anpassungsmaßnahmen unterstützen, die zugleich mit dem Erhalt und/oder einem Gewinn an Biodiversität verbunden sind. •
Damit Anpassungsmaßnahmen nicht zu Lasten der Biodiversität gehen, sind verbindli‐
che Verträglichkeitsprüfungen von Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel hinsichtlich möglicher negativer Auswirkungen auf die Biodiversität erforderlich. Eben‐
so sind mögliche negative Auswirkungen von Maßnahmen zur Minderung des Klima‐
wandels auf die Biodiversität zu antizipieren, zu monitoren und zu verhindern. Die EZ sollte die Partner dahingehend beraten. •
Nationale Anpassungsstrategien sind ein wichtiges Instrument zur Analyse und Kom‐
munikation der Auswirkungen des Klimawandels und zur Erarbeitung von Handlungs‐
bedarf. Damit Anpassungsstrategien das Klimaschutzpotenzial von Ökosystemen be‐
rücksichtigen und damit Synergien zwischen Biodiversitätserhalt und Anpassungsmaß‐
nahmen gebildet werden, ist die Erfassung gefährdeter Ökosystemleistungen und der Anpassungsleistungen von Biodiversität erforderlich. Die EZ sollte diesbezügliche Richt‐
linien erarbeiten und Kapazitäten von nationalen und regionalen Einrichtungen zur Er‐
stellung dieser Analysen fördern. •
Die EZ sollte die Erfahrungen des Katastrophenrisikomanagements (z.B. Risikoanalyse, Frühwarnsysteme) für den Umgang mit dem Thema „Anpassung an den Klimawandel“ nutzen und das Instrumentarium entsprechend weiter entwickeln. Der Aufbau von Frühwarnsystemen (Ernährung, Extremwetterereignisse,…) ist essentiell. Lokales Wissen
ist dabei von großer Bedeutung. Die EZ sollte den Aufbau solcher Systeme fördern und da‐
bei neben den technischen Komponenten v.a. zur Stärkung der Organisationsfähigkeit der Institutionen beitragen, angemessen zu reagieren. •
Eine wichtige Strategie bei der Förderung von Naturschutz für den Klimaschutz ist so‐
wohl die Internalisierung externer Kosten als auch die Inwertsetzung von Ökosystem‐
funktionen und ‐leistungen. Weiterhin ist dafür die Einführung neuer finanzieller In‐
strumente nötig, um biodiversitätsrelevante Schutzleistungen der Menschen vor Ort zu honorieren, entsprechende Anreize zu schaffen und beispielsweise Nutzungsverzicht zu 7
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systemleistungen gelegt werden, z.B. Regulierung von Wasserhaushalt, Biodiversität‐
serhalt, und Kohlenstoffspeicherung. Die EZ sollte Partnerländer bei der Einführung von Kompensationsmechanismen für ökosystemare Dienstleistungen beraten, die sowohl zur Minderung des Klimawandels als auch zum Erhalt der Biodiversität beitragen. 2.7 Schutz von Ökosystemen verstärken •
Schutzgebiete mit ihrer Vielfalt an Habitaten, Arten und genetischen Ressourcen sowie ihre Ökosystemleistungen müssen eine zentrale Rolle in nationalen, regionalen und glo‐
balen Strategien zum Klimaschutz spielen. Deshalb sollte die EZ die Umsetzung des Ar‐
beitsprogramms zu Schutzgebieten der CBD mit der Verpflichtung zur Einrichtung eines globalen, effektiv bewirtschafteten Schutzgebietsnetzwerkes bis 2010 (sowie im marinen Bereich bis 2012) besonders fördern. •
Die Strategische Raumordnungsplanung ist ein wichtiges Instrument, um Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität zu mindern und die Widerstandskraft von Öko‐
systemen und Arten zu erhöhen. Die diesbezüglichen Konzepte und Instrumente sind nicht neu, erfahren jedoch angesichts des Klimawandels eine neue Gewichtung. Insbe‐
sondere muss die strategische Raumordnungsplanung in diesem Kontext folgendes leis‐
ten: -
Fragmentation vermeiden, Konnektivität durch Biokorridorre sicherstellen und Wanderungs‐ sowie Ausweichmöglichkeiten schaffen, -
Stressfaktoren, die auf die Ökosysteme wirken, vermindern, z.B. durch Zonierung und Pufferzonen -
Resilienz /Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen verstärken, z.B. durch Rehabilitie‐
rungsmaßnahmen und Förderung von grenzüberschreitenden Ökokorridoren und Schutzgebieten -
Maximierung der aktiv gemanagten Schutzgebiete, um Handlungsoptionen und Ent‐
scheidungen auf größerer biogeographischer Skala zu ermöglichen -
Schutz von repräsentativen Gebieten entlang von Umweltgradienten -
Schutz aller noch intakten Naturgebiete, die CO2‐Minderungspotenzial haben oder als Speicher fungieren (avoided emissions), u.a. alte Wälder, tropische Regenwälder, Moore, Grasland und boreale Wälder 8
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Rehabilitierung degradierter Flächen, die als CO2‐Speicher wirken, wie Wälder, Moore, und der Flächen, die Pufferpotenzial haben -
Öffentliche und private Investitionsplanung auf der Raumordnungsplanung aufbau‐
end. Die EZ sollte die Partnerinstitutionen bei der Anwendung der Raumordnungsplanung in diesem Sinne unterstützen. 2.8 Anwendungsorientierte Forschung fördern •
Die EZ muss sich auf Grund bestehender Unsicherheiten über die genauen Aus‐
wirkungen des Klimawandels für die Förderung von bedarfs‐ und anwendungs‐
orientierter Forschung einsetzen. Die EZ sollte hierzu die Vernetzung von rele‐
vanten Forschungsinstitutionen und Partnerländern/Partnerinstitutionen fördern. •
Ein wichtiger Forschungsgegenstand sollten dabei auch die Beziehungen zwischen Kli‐
mawandel, Biodiversität und Entwicklung sein. •
Die EZ muss die Handlungsfähigkeit von staatlichen und nicht‐staatlichen Organisatio‐
nen in Entwicklungsländern fördern, die sich mit der Erforschung von biodiversitätsre‐
levanten Aspekten des Klimawandels befassen. Dabei kommt der Erfassung und Einbe‐
ziehung traditionellen Wissens (z.B. hinsichtlich Frühwarnsysteme für Extremwettereig‐
nisse, Anpassungsstrategien an Klimavariabilitäten, Indikatorarten) eine wichtige Rolle zu. •
Die EZ sollte best practice‐Beispiele von nationalen Anpassungsstrategien, die Biodi‐
versitätsbelange durchgehend berücksichtigen, auswerten und zur Verfügung stellen. 2.9 Finanzierung sicherstellen •
Die EZ muss zu einer langfristigen Absicherung der Finanzierung von Natur‐ und Kli‐
maschutzmaßnahmen beitragen. 2.10 Geberkoordination stärken •
Angesichts der Dringlichkeit für die Entwicklung und Umsetzung nachhaltiger Strate‐
gien ist die Koordination der Geber besonders notwendig.
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Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 3 Besondere Herausforderungen und Chancen für die Verknüpfung von Klimapolitik, Biodiversitätserhalt und ländlicher Entwicklung
3.1 Avoided Deforestation und Voluntary Carbon Market Wälder haben eine aktive Funktion in der Anpassung an und der Verminderung von Klima‐
wandel. Besonders große Waldgebiete (Kongobecken, Amazonas, Ostasiatischer Regenwald) haben eine globale Funktion zur Regulierung des Weltklimahaushaltes sowie zum Erhalt der Biodiversität. Waldökosysteme stellen besonders folgende klimarelevante Dienstleistungsfunk‐
tionen zur Verfügung: •
Kohlenstoffbindung und ‐speicherung; •
lokale Klima‐ und Wasserregulierung; •
Puffer‐ und Kühlungsfunktion; •
Erhalt der genetischen Vielfalt •
Bodenerhalt oder Bodenschutz •
Lebens‐ und Wirtschaftsraum für ca. 1,6 Mrd. Menschen, darunter viele indigene Völker. Der Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto‐Protokolls (KP) ist für den Erhalt von Biodiversität nicht nutzbar, solange weder der CDM‐Gold Standard der allgemeine Standard ist, noch Projekte zum Erhalt von Kohlenstoff in ökologisch wertvollen Ökosystemen angerechnet werden können. Zur Zeit gibt es aber einen wachsenden freiwilligen CO2‐Handel, der für die finanzielle Absiche‐
rung von Waldschutzgebieten genutzt werden kann. Es können darüber beträchtliche Summen für den Schutz von Gebieten mobilisiert werden. Die Teilnahme an diesem Handel wird von vielen potenziellen Adressaten aber noch als schwierig angesehen. Zudem wird damit ein Paral‐
lelmarkt zum Kyoto‐Regime etabliert, der keinen einheitlichen Standards unterliegt. Die Gefahr des Missbrauchs ist deswegen nicht unerheblich. Auf internationaler Ebene wird die Einführung eines neuen Instruments für die Post‐Kyoto‐
Periode diskutiert: „Reduced emissions from avoided deforestation and degradation (REDD)“. Damit sollen die Besitzer bzw. Nutzer bestehender Wälder für den Erhalt von deren CO2‐
Speicherfunktion belohnt werden und damit Anreize gegen die Entwaldung gesetzt werden. Auch hier gilt, dass das Instrument große Chancen (erhebliche Geldmengen), aber auch Risiken 10
Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 für die Biodiversität birgt. Deshalb sollte sich die EZ sowohl hinsichtlich dieses neu diskutierten Instruments als auch hinsichtlich des Voluntary Carbon Markets wie nachfolgend engagieren: Einflussnahme der EZ auf die politische Ebene zur Integration von Biodiversitätsaspekten in ein neues Instrument REDD im Rahmen der UNFCCC hinsichtlich: •
Konsistente/restriktivere Walddefinition für die UNFCCC gemeinsam mit den Ländern erarbeiten •
Erarbeitung von Qualitätskriterien (Biodiversitätserhalt) für die Ausgestaltung der Han‐
delssysteme •
Vermeidung perverser Anreize (z.B. Abholzung , um anschließend Plantagen aufzufors‐
ten) •
Kriterien für die Auswahl von potenziellen Wäldern definieren (hohe/r Kohlenstoffspei‐
cher und ‐senke (im regionalen Vergleich), naturnahe Ökosysteme, Biodiversitätsschutz, sozio‐ökonomische Benefits, Korridorfunktion, Katastrophenvorbeugefunktion, Wah‐
rung von formellen und informellen Nutzungs/ Eigentums/Verfügungsrechten von be‐
nachteiligten Bevölkerungsgruppen – Gewichtung/Priorisierung nötig), besonders biodi‐
versitätsreiche Agroforstsysteme Förderung durch die EZ bei der Entwicklung von konsistenten Baseline‐Bestimmungen •
Angewandte Forschungsaktivitäten fördern •
kosteneffiziente Methodenentwicklung fördern •
Im Zweifelsfall konservative Annahmen treffen (Reduktion von heißer Luft) •
Beratung bei der Bestimmung von baselines Förderung durch die EZ bei der Entwicklung von kosteneffizienten Monitoringsystemen •
Forschung und Methodenentwicklung •
Berücksichtigung von Kriterien wie: Nachhaltigkeit, Kosten, Partizipation 11
Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 Beratung und Mitwirkung der EZ bei der nationalen Umsetzung von CO2‐Handelsprojekten: •
Beratung zu Governancefragen, Umsetzungsinstrumenten, Rechtsfragen (insbes. Klärung von Eigentumsrechten/Kataster und Berücksichtigung indigener Rechte (private Besitz‐
rechte versus Staatsbesitz versus Gemeinschaftsbesitz)), Realisierung von sozio‐
ökononomischen Benefits für Bewohner, Vermeidung von perversen Anreizen •
Capacity Development für Projektplanung, Projektumsetzung (Management, Verwal‐
tung, Buchhaltung, Umsetzung konkreter Maßnahmen) und Monitoring •
EZ als Broker, um Anbieter und Käufer zusammenzubringen und Markt zu entwickeln •
Beratung und Förderung von Pilotvorhaben und Scaling Up •
Beratung bei der Entwicklung von nationalen Ansätzen zur Reduktion von Leakage 3.2 Bioenergie Nachwachsende Rohstoffe als Energieträger können einen wesentlichen Beitrag zur Treibhaus‐
gasreduktion und zur Armutsminderung im ländlichen Raum leisten. Eine ungeregelte Entwick‐
lung kann aber auch zu Biodiversitätsverlust, Gefährdung der Nahrungsmittelsicherheit, und zur Verstärkung von sozialen Ungleichgewichten führen. Deshalb sollte die EZ die bereits laufende Prozesse zur Entwicklung von ökologischen und sozi‐
alen Nachhaltigkeitsstandards fördern und Umsetzungsanreize schaffen, um Gefahren zu ver‐
hindern wie: •
Verdrängung von Klein‐ und Mittelproduzenten, •
Degradierung durch Übernutzung und Überdüngung •
Verdrängung der Nahrungsproduktion (Flächenkonkurrenz) und damit Steigerung von Nahrungsmittelpreisen, •
prekäre Arbeitsbedingungen, •
Bodendegradierung, •
Monokulturen, •
Rodung von (naturnahen) Waldflächen •
Trockenlegung von Mooren •
negative Treibhausgasbilanz 12
Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 •
Ansiedlung von Arten mit invasivem Potenzial. Um sowohl für Klima als auch für Biodiversität und Armutsminderung positive Effekte zu er‐
zielen, ist es notwendig, die mögliche Entwicklungen der Bioenergienutzung genau zu analysie‐
ren und ökologisch und ökonomisch nachhaltig zu gestalten. U.a. ist dafür notwendig: •
Eine Verbesserung der Energieeffizienz von erneuerbaren Brennstoffen durch Verbesse‐
rung der entsprechenden Technologie.. •
Die Entwicklung von dezentralen Energieversorgungsstrukturen. •
Eine umfassende Energiebilanzierung. •
Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Wirkungsgrade und THG‐Relevanz ver‐
schiedener Energieträger bei Förderentscheidungen. •
Entwicklung von ökologischen Kriterien für den nachhaltigen Anbau von Biomasse •
Ausweisung von Gebieten, die sich aus Gründen des Biodiversitätserhalts nicht für den Anbau eignen •
Die Entwicklung von nationalen Nachhaltigkeitsstrategien für die Biomassenproduktion und ‐verwendung Bei diesen Maßnahmen ergeben sich konkrete Ansatzpunkte für die Regierungsberatung der EZ. 3.3 Wassereinzugsgebietsmanagement Wassereinzugsgebietsmanagement erfährt vor dem Hintergrund des Klimawandels neues Ge‐
wicht, da viele Gefährdungen (Überflutung, Hangabrutschung, Erosion) durch Änderungen im Wasserregime entstehen, vielfach verstärkt durch unangepasste Landnutzungsformen und da‐
durch entstehende Degradations‐ und Desertifikationsprozesse. Integriertes Management von Wassereinzugsgebieten muss daher regionale/lokale Klimaänderungsvorhersagen berücksichti‐
gen, um festzustellen, wo – auch aufgrund von Landnutzungen ‐ die größten Auswirkungen (Überschwemmungen) zu erwarten sind und auf welche Vulnerabilität (Bevölkerungsdichte, Siedlungsform) diese treffen, um prioritäre Maßnahmen (Bergwaldschutz, nachhaltige Waldbe‐
wirtschaftung, Aufforstung, Retentionsflächen) zu ergreifen. In vielen Fällen bieten sich (Mikro‐) Wassereinzugsgebiete als sinnvolle Planungseinheit für Raumordnungen an, was wiederum eine Förderung der Zusammenarbeit der entsprechenden Gemeinden in Sinne eines naturraum‐
orientierten Regionalmanagements voraussetzt. V.a. auf Ebene von Wassereinzugsgebieten bie‐
tet sich die Anwendung von innovativen Finanzierungsinstrumenten wie z.B. Kompensation für 13
Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 Umweltdienstleistungen an, um Ausgleichsmechanismen zwischen Ober‐ und Unterlauf, oft verbunden mit der Förderung von Stadt‐ Land‐Verflechtungen, zu schaffen. 3.4 Anpassung von Artenschutz‐ und Sortenschutzstrategien Artenschutzstrategien müssen die zu erwartenden Veränderungen antizipieren bzw. Unwäg‐
barkeiten einbeziehen. Stärkeres Gewicht sollte vor allem auf die Erhaltung eines reichen Gen‐
pools (z.B. durch verstärkten Schutz von Old growth forests) gelegt werden. Der Ansiedlung von fremden Arten mit invasivem Potenzial aus vollkommen anderen Ökoregionen, die Ökosysteme und natürlich vorkommende Arten gefährden, sollte ‐ sofern machbar ‐ entgegen gewirkt wer‐
den. Der Erhalt von Agrobiodiversität dient dazu, die Anpassungsfähigkeit von Sorten an sich än‐
dernde Klimabedingungen zu bewahren und damit entscheidend zur Ernährungssicherung bei‐
zutragen. Der Erhalt von Agrobiodiversität erfährt damit eine noch stärkere Bedeutung. Die EZ sollte Erhaltungsmaßnahmen fördern, u.a. durch •
Unterstützung der nationalen landwirtschaftlichen Ministerien und anderer relevanter staatlichen Stellen bei der Umsetzung des internationalen Saatgutvertrags (ITPGRFA), des völkerrechtlich bindenden UN‐Vertrages zur Erhaltung der Agrobiodiversität •
Verknüpfung der Aktivitäten mit dem Regelwerk von Kyoto Protokoll und ITPGRFA (z.B. Einbeziehung der Agrobiodiversität in das National Adaptation Programme of Ac‐
tion – NAPA) •
Unterstützung bei der Entwicklung von angepasstem Saatgut in Kooperation mit dem formalen Saatgutsektor, NGOs und Bauernorganisationen •
Erfassung von Sorten und Rassen, die besonderes Anpassungspotential haben, Doku‐
mentation; Konservierung •
Rückführung von Sorten aus Genbanken an Dorfgemeinschaften, Sorten, die für die An‐
passung an den Klimawandel relevant sind. •
Unterstützung von kleinbäuerlichen Produzenten (Livelihood‐Systems), •
der Förderung nachhaltiger Landnutzungssysteme, die zu einem Erosionsschutz und Bodenschutz beitragen (Agroforstsysteme, Terrassierung, Bodendecker, ökologischer Landbau, Windschutz etc.). 14
Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 Anhang Auswirkungen des Klimawandels auf besonders betroffene
Ökosysteme und Handlungsbedarf
Küste Küsten sind aufgrund des steigenden Meeresspiegels und durch die Intensivierung von Taifunen/ Hurrikanen/ Wirbelstürmen besonders gefährdet. Zudem leben viele arme Menschen in Küstenregionen (zur Zeit leben rund 1,2 Milliarden Menschen in Küstenregionen und die Zahl wird weiter rasch steigen). Somit stellen Küstenregio‐
nen in vielen Fällen bedeutende Wirtschaftszentren dar. Küstenschutz muss ein wesentlicher Bestandteil der Entwicklungszusammenarbeit sein. Es bestehen erhebliche Synergien zwischen Biodiversitätserhalt, Katastrophenvorsorge und Anpassungsmaßnahmen an den steigenden Meeresspiegel. Insbesondere der Erhalt von Mangrovenwäldern und Korallenriffen muss aufgrund ihrer natürlichen Pufferfunk‐
tion gegenüber Sturmfluten hohe Priorität erhalten. Seegraswiesen leisten nicht so spektakuläre Beträge, sind aber dennoch für den Küstenschutz ein wichtiges Element. Als CO2‐Senke und –Speicher sind Seegraswiesen allerdings von großer Bedeutung. Durch die Erwärmung der Meere können die marinen Lebensgemeinschaften beeinträchtigt werden. Da Fische eine große Rolle bei der Ernährung spielen, kommt nachhaltigen Fischereibewirtschaftungsplänen inkl. Meeres‐
schutzgebieten als Rückzugsgebiete für Jungfische deshalb eine wichtige Rolle zu. Zusätzlich sollten voraus‐
schauend alternative Wertschöpfungsketten und entsprechend nachgelagerte Wirtschaftsbereiche aufgebaut werden (Diversifizierung der Einkommensquellen). Küstenzonen und deren Management müssen in übergeordnete Raumordnungspläne integriert werden, so dass Wassereinzugsgebiete und deren Wechselwirkung mit Küstenzonen in Einklang gebracht werden können, damit Versalzung, Sedimenteintrag und Überschwemmungen von Nutzflächen verhindert werden können. Trockengebiete In Trockengebieten werden sich generell gesehen Dürren, oft aber auch Starkregen erhöhen. Degradations‐ und Erosionsprozesse können durch Extremwetterereignisse verstärkt werden. Die Fähigkeit der meist armen Bevöl‐
kerung der marginalisierten Trockengebiete, sich eigenständig an Klimaveränderungen anzupassen ist oft gering, so dass diese besonders gefährdet ist. Für Trockengebiete ist die Verbindung zwischen Landnutzung und integriertem Wassermanagement entschei‐
dend für die Anpassung an den Klimawandel und die Ernährungssicherung. Konflikte um das knappe Schlüssel‐
gut Wasser werden zunehmen. Ansatz der EZ muss es dabei sein, konfliktmindernd zu wirken. Agroforstsysteme spielen in Trockengebieten eine wichtige Rolle zur Ernährungssicherung und Regenerierung von verarmten Böden, Schutz vor Winderosion, Erhöhung der Wasserspeicherung und der Biodiversität. Der Erhalt der Agrobiodiversität (insbesondere hinsichtlich trockenresistenter Arten) ist in diesen Extrem‐
Ökosystemen essentiell. 15
Seminar „Naturschutz in Zeiten des Klimawandels“ Organisiert von GTZ, BfN, KfW und ded Internationale Naturschutzakademie Insel Vilm, 23. – 28.7.2007 Da für Trockengebiete eine spezifische Konvention zur Bekämpfung der Desertifikation ins Leben gerufen wurde (CCD), ist eine synergetische Umsetzung mit den beiden anderen großen Umweltkonventionen (CBD, UNFCCC) notwendig. Die Kommunikation zwischen der EZ und bestehenden Fach‐ und Forschungsnetzwerke (z. B. De‐
sertNet) sollte verbessert werden. Moore Moore sind wichtige Kohlenstoffspeicher und sind zunehmend durch Raubbau, Drainage und Flächennutzungs‐
druck (u. a. durch Anbau von Bioenergiepflanzen, Torfabbau, Gewinnung von zusätzlichen Anbauflächen) be‐
droht. Bei der Trockenlegung werden große Mengen von Treibhausgasen freigesetzt. Moorerhaltung ist deshalb entscheidend für die Minderung der Klimagase. Sie sollte integraler Bestandteil von Programmen des Umwelt‐ und Ressourcenmanagements und von ländlichen Entwicklungsstrategien sein. Wälder Wälder spielen eine zunehmend bedeutende Rolle sowohl bei der Anpassung als auch bei der Minderung des Klimawandels. Durch die systematische Zerstörung und Vernichtung der Waldökosysteme werden ca. 20% der Kohlenstoffemissionen (GHG) frei gesetzt. Auf diesem Grund ist es notwendig, die vorhandenen Vermeidungs‐
konzepte (CO2‐Reduktion, Kyoto‐Protokoll) sowie Anpassungsstrategien weiter zu entwickeln und diese besser durchzusetzen. Aufgrund der langen Generationsdauer der Waldbäume können Anpassungen in der Forstwirt‐
schaft, sofern sie einen Baumartenwechsel erfordern, nur sehr langsam durchgeführt werden. Es ist daher zu empfehlen, bereits heute die Klimaänderung in den waldbaulichen Entscheidungen zu berücksichtigen. Dazu sollte man sich bei der Baumartenwahl an den gegenwärtigen und künftigen natürlichen Waldgesellschaften orientieren. Nachhaltige Methoden in der Landwirtschaft, der Waldbewirtschaftung und der Rehabilitierung von Wäldern sind erforderlich, damit die Anpassungs‐ und Minderungsfunktionen des Waldes erfüllt werden kön‐
nen. Diese sollten verbreitet und unterstützt werden. Solche Maßnahmen können den Lebensunterhalt der Bevöl‐
kerung verbessern und lokale Umweltprobleme durch den Schutz des Ökosystems, der Sanierung des Bodens und der Verbesserung des Mikroklimas mildern. Eine bessere Landnutzung verlangsamt den Klimawandel und dient zugleich der Anpassung an ihn. Agrobiodiversität. Agrobiodiversität ist eine strategische Ressource zur langfristigen Ernährungssicherung. Ca 75 % der 1.2 Milliar‐
den ärmsten Menschen leben im ländlichen Raum und sind von der traditionellen Landwirtschaft mit ihren pflanzen‐ und tiergenetischen Ressourcen abhängig. Der Erhalt der Agrobiodiversität (insbesondere trockenresis‐
tenter , überflutungsresistenter und stressunempfindlicher Arten und Agrarökosyteme) ist essentiell., da diese genetischen Ressourcen ein wichtiges Element für die Anpassung an den Klimawandel sind. Für Agrobiodiversität existiert eine internationale Konvention (International Treaty for Plant Genetic Resources for Food and Agriculture), auch hier ist eine synergistische Umsetzung mit UNCCD, CBD und UNFCCC anzu‐
streben. 16
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