GYN-AKTIV 39 STD und Partnerschaft/Sexualität A. Witt, H. Kiss Grundsätzliche Überlegungen zu STD und Partnerbehandlung Normales vaginales Ökosystem und Mechanismen – physiologische Keimflora STD steht für Sexually Transmitted Diseases. Diese im englischen und damit internationalen Sprachgebrauch übliche Bezeichnung für sexuell übertragbare Erkrankungen hat ihren Stellenwert spätestens seit der HIV-Infektion, hätte diesen aber auch schon lange davor verdient. Diese Krankheitsgruppe, deren Übertragungsmodus üblicherweise der Geschlechtsverkehr mit all seinen Varianten ist, kann nicht mehr als „Geschlechtskrankheiten“ bezeichnet werden, da sich das Krankheitsgeschehen in vielen Fällen nicht nur auf die Geschlechtsorgane be- Dr. Armin Witt schränkt, sondern auch andere Organe betreffen kann. Die Wahrscheinlichkeit, an einer STD zu erkranken, steigt naturgemäß mit der Anzahl an Sexualpartnern, den Sexualpraktiken, der Durchmischung mit Risikogruppen, interkontinentalen Beziehungen und anderen demographischen Faktoren wie beispielsweise Homosexualität, Drogenabusus u.a. Bei sexuell aktiven Partnern ist vor allem zu Beginn der Beziehung an die Möglichkeit einer Infektion im Genitalbereich zu denken. Die Inzidenz läßt zwar im Laufe der Jahre deutlich nach, durch verschiedene Lebensumstände sind Paare aber auch bei längerer und langer Beziehungsdauer im wahrsten Sinn des Wortes nicht vor STDs gefeit. Bei den meisten STDs sollte auch der Partner untersucht werden, und bei manchen Erkrankungen ist mit der Therapie des Partners sofort zu beginnen, auch wenn keine klinischen Anzeichen einer Infektion bestehen oder wenn keine entsprechenden Laborergebnisse zur Verfügung stehen. Insgesamt kann man sagen, daß Infektionen, die von den Geschlechtsorganen ausgehen, oft in ihrer Bedeutung unterschätzt werden, sie werden oft als lästiger Ausfluß abgetan, der sich mit einem „Fluormittel“ rasch beseitigen läßt. Daß dies nicht der Fall ist, zeigen neben den klassischen STDs auch Forschungsergebnisse, die z.B. die bakterielle Vaginose mit einem gehäuften Auftreten von vorzeitigen Wehen, vorzeitigem Blasensprung, Frühgeburten u.a. Folgeerkrankungen assoziieren. Die Vagina gesunder Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter ist als Aufnahmeorgan für Penis und Sperma ständigen Einflüssen von fakultativ pathogenen Keimen ausgesetzt. Um Infektionen vorzubeugen, verfügt der gesunde Körper über natürliche Abwehrmechanismen. Dazu zählen die Aufrechterhaltung eines physiologischen Scheidenmilieus, der erschwerte Zugang von Keimen in das Körperinnere durch den Schleimpfropf des Zervixkanals, humorale und zelluläre immunologische Lokalfaktoren u.a. Abhängig vom Reinheitsgrad bei der mikroskopischen Differenzierung kommt es zu unterschiedlichen, zum Teil hochsignifikanten Umverteilungen der Keimflora (siehe Tabelle 1). Wesentlichen Einfluß auf das Scheidenmilieu haben die Sexualhormone, die direkt und indirekt den Säuregrad des Scheideninhaltes bestimmen. Dieser wird im wesentlichen von den physiologischen Lactobacillen, wie z.B. den Döderlein-Stäbchen, bestimmt (siehe Abbildung 1). Sie sind in der Lage, aus dem Glykogen der durch Östrogeneinfluß gewachsenen vaginalen Superfizialzellen nach der durch Progesteron begünstigten Zytolyse Milchsäure zu bilden. Gemeinsam mit dem H2O2, das von bestimmten Unterarten der Lactobacillen gebildet wird, kommt es so zu einer Ansäuerung des Scheideninhaltes und dadurch zu einer Infektionsprophylaxe. Abhängig vom hormonellen Stimulus kommt es zu einer vermehrten bzw. verminderten Glykogenolyse und dementsprechenden pH-Unterschieden während des weiblichen Zyklus und natürlich auch in der Gravidität. Abbildung 1: Normale Keimflora GYN-AKTIV 40 Krankheiten, die unbedingt eine Partnerbehandlung erfordern Gonorrhoe Inzidenz Die Inzidenz der durch den Keim Neisseria gonorrhoeae ausgelösten Erkrankung ist abhängig vom sozialen Status, andere demographische Faktoren sind wechselnde Sexualkontakte, Homosexualität, Gonorrhoe in der Anamnese u.a. Aufgrund des geänderten Sexualverhaltens im Rahmen der HIV-Aufklärung nahm die Inzidenz deutlich ab. Diagnose Klinik: Die Infektion führt v.a. beim männlichen Geschlecht in 2–5 Tagen zu den typischen Beschwerden der akuten Urethritis mit einem dicklichen, mukopurulenten Ausfluß und Dysurie. Beim weiblichen Geschlecht ist der Krankheitsverlauf weniger typisch und auch weniger symptomatisch. Zeichen für eine Infektion sind Dysurie, verstärkter Fluor, Zwischenblutung, bei der Untersuchung sieht man oft die mukopurulente Cervicitis. In beiden Geschlechtern ist eine Aszension mit entsprechenden Entzündungszeichen der benachbarten Drüsen möglich. Labor: Üblicherweise werden folgende Diagnostika verwendet: • Polymerase Chain Reaction (PCR) • Kultur (modif. Thayer-Martin-Medium) • Gram- bzw. Methylenblaufärbung • Amplifikationstests (v.a. Urindiagnostik) Therapie Bei Therapie ausschließlich nach der Klinik → siehe mukopurulente Cervicitis! • Ceftriaxon 250 mg i.m. als Singleshot • Cefixim 400 mg p.o. als Singleshot • Gyrasehemmer p.o. • Penicillin G 1x 10 Mio. IE i.m. als Singleshot Abbildung 2: Neisseria gonorrhoeae Tabelle 1 120 – Prozentuelle Verteilung in Abhängigkeit vom Reinheitsgrad 100 – 80 – Normal Intermediate BV 60 – 40 – 20 – La c La toba cto c ba illus cil lus spp Ga H2O rd 2 Di nere ph l l a t Ba eroid cil e lus s Sta Sta spp ph ph. . .K a oa ur. g. n En Stre eg. p ter oc t. vi oc c. r. s Str pp. ep t. B Kl eb E. c si o Ha ella li sp em p. o My ph. i nf. co p Ur lasm ea a p An l ae Can asm rob did a a eg ram alb. Pr neg. ev ote * Ba lla* Ba ct. f ra ct Fu . ure g. o s Mo oba lyt. bil kte Cl unc rien os us Ac tridi spp u . ti m s Pr nom op yc pp. ion es s Bif ibak pp. ido ter ba ium Pe kter p iu Ve tostr m illo ep t. ne lla * sp p. 0– Legende zum Text: rot=hochsignifikant blau=signifikant GYN-AKTIV Therapie Schwangerschaft Keine Gyrasehemmer, sonst dieselbe Therapie. Partnerbehandlung? Eine Untersuchung des Partners ist absolut indiziert, ebenso die Partnerbehandlung. Chlamydien Inzidenz Chlamydieninfektionen des Urogenitaltraktes sind durch den Stamm der C. trachomatis bedingt und nehmen seit Bekanntwerden dieser eigenen Keimgruppe als Krankheitserreger (1986 in den USA) an Bedeutung und bedingt durch die verbesserten Diagnosetechniken an Inzidenz zu. Die Nachweisrate reicht in internationalen Studien von 3–5% bei asymptomatischen Frauen bis über 20% bei Frauen in STDKliniken. Die höchste Rate an positiven Zervikalkulturen liegt in der Gruppe der 15- bis 19jährigen, sexuell aktiven Frauen (ca. 30%), sinkt dann im Laufe des Lebens und pendelt sich schließlich bei ca. 10% in der Altersgruppe über 25 Jahre ein. Obwohl die Chlamydieninfektion nicht als eigenständiges Krankheitsbild zu sehen ist, können einige seriöse Krankheiten, wie PID, Urethritis, Endometritis, Salpingitis, ektopische Graviditäten und Infertilität mit diesem Erreger in Zusammenhang gebracht werden. 41 • Polymerase Chain Reaction (PCR) • Kultur auf Spezialagar – als Alternative, da die obigen Nachweismethoden technisch sehr aufwendig sind Entscheidend für eine erfolgreiche Diagnose ist die strikte Einhaltung der je nach Hersteller unterschiedlichen Entnahme- und Transportart. Therapie Bei Therapie ausschließlich nach der Klinik → siehe mukopurulente Cervicitis! • Doxycyclin 200 mg 1x 1 durch 14 Tage • Azithromycin 1 g p.o. als Singleshot • Alternativen sind andere Makrolide und Gyrasehemmer. Therapie Schwangerschaft • Josamycin 750 mg p.o. 2x 1 durch 14 Tage oder • Amoxicillin 500 mg 3x 1 durch 7 Tage • Doxycyclin und Gyrasehemmer sind in der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Azithromycin ist noch nicht zugelassen. Partnerbehandlung? Eine Untersuchung des Partners ist zu empfehlen, ebenso die Partnerbehandlung. Lymphogranuloma venerum (LGV) Inzidenz Das LGV ist eine eher seltene Sonderform einer Chlamydieninfektion, und zwar durch die Serotypen L1, L2 oder L3 von C. trachomatis. Diagnose Klinik: Die häufigste klinische Manifestation ist eine inguinale und/oder femorale Lymphadenopathie. Bei entsprechender Therapie entstehen heutzutage nicht mehr die ulzerösen, aber selbstlimitierenden Defekte. Labor: Die Diagnose erfolgt serologisch oder mittels Keimidentifikation durch Kultur nach Abstrich. Abbildung 3: Chlamydien (Erdbeer-Zervix) Diagnose Klinik: Es gibt keine genitalen Symptome, die spezifisch mit Chlamydieninfektion der Zervix korreliert werden. Hinweise für eine Infektion sind endozervikale Blutungen, mukopurulenter endozervikaler Fluor und Ödem im Bereich von Ektopien, die Zervix zeigt häufig Petechien, die sg. „Erdbeer-Zervix“. Die Differentialdiagnose von mukopurulentem Ausfluß vom Endozervikalkanal von jungen, sexuell aktiven Frauen inkludiert Gonorrhoe, Salpingitis, Endometritis, IUD-induzierte Entzündung u.a. Labor: • Ligase Chain Reaction (LCR) – erreicht die höchste Sensitivität und Spezifität Therapie • Doxycyclin 200 mg p.o. durch 21 Tage. • Josamycin 750 mg p.o. 2x 1 durch 14 Tage oder evtl. andere Makrolide. Therapie Schwangerschaft • Josamycin 750 mg p.o. 2x 1 durch 14 Tage Partnerbehandlung? Eine Untersuchung des Partners ist zu empfehlen, ebenso die Partnerbehandlung. Mukopurulente Cervicitis Dieses klinische Symptom wird oft der Differenzierung des Erregers vorgezogen und als solches durch ein antimikrobielle Kombination gegen Neisseria gonorrhoeae und C. trachomatis therapiert, da die Kosten der Antibiotika deutlich unter denen der Austestung liegen. GYN-AKTIV 42 Übliche Therapieschemata: • Ceftriaxon 250 mg i.m. Singleshot + Doxycyclin 200 mg p.o. durch 14 Tage • Ciprofloxacin 500 mg p.o. Singleshot + Doxycyclin 200 mg p.o. durch 14 Tage Als Alternative stehen statt Ceftriaxon andere oral verfügbare Cephalosporine, Gyrasehemmer oder Penicillin G i.m., statt Doxycyclin Makrolidantibiotika wie Roxithromycin, Clarithromycin und Azithromycin zur Verfügung. Lues (Syphilis) Inzidenz Die Lues ist eine systemische Erkrankung, die durch Treponema pallidum ausgelöst wird und in 4 Stadien eingeteilt wird. Die Krankheit ist im europäischen Raum selten geworden, wenngleich sie durch HIV eine Renaissance erfahren hat. Diagnose Klinik: Lues I (lokales Stadium): Die ersten Symptome treten nach 10–14 Tagen auf – braunrotes Infiltrat oder Knötchen, das sich innerhalb der folgenden Woche zum Vollbild des Primäraffektes (= harter Schanker, Ulcus durum) entwickelt, begleitet von einer Lymphangitis bzw. Lymphadenitis. V.a. beim VDRL-Test sind falsch positive Reaktionen bei verschiedenen Infektionen, Autoimmunerkrankungen u.a. möglich. Außerdem muß man bedenken, daß der VDRL-, TPHA- und FTA-Test nach einer Lues positiv bleiben. Therapie Die Dosierung und Therapiedauer hängen vom Stadium der Erkrankung ab. Frühsyphilis (primäre, sekundäre und latente Syphilis < 1 Jahr): • Benzathin-Penicillin 2,4 Mio. IE i.m. als Singleshot – je eine Hälfte in beide Gesäßbacken Alternativ: • Doxycyclin 1x 200 mg p.o. oder Erythromycin 1 g 2x 1 p.o. jeweils durch 14 Tage (Cave: Compliance!!) • Ceftriaxon 1x 250 mg i.m. durch 10 Tage Spätsyphilis (Latente [Infektionsdauer > 1 Jahr oder unbekannt], kardiovaskuläre Syphilis und Gummen): • Benzathin-Penicillin 2,4 Mio. IE i.m. ein Mal wöchentlich – je eine Hälfte in beide Gesäßbacken – für insgesamt 3 Wochen Alternativ: • Doxycyclin 1x 200 mg p.o. oder Erythromycin 1 g 2x 1 p.o. jeweils durch 4 Wochen (Cave: Compliance!!) Neurosyphilis: • Penicillin G 10–20 Mio. IE 3 x 1 i.v. durch 14 Tage Therapie Schwangerschaft Benzathin-Penicillin (w.o.) – eine Wirkung auf den Fetus ist hier gesichert. Bei Penicillinallergie sollte zunächst eine Allergieaustestung, anschl. eine Desensibilisierung erfolgen. Die Therapie sollte immer in entsprechenden Zentren erfolgen. Abbildung 4:Treponema pallidum Die Lues II (systemisches Stadium) zeichnet sich durch das symmetrische, nicht juckende, braunrote Exanthem aus, das vorwiegend am Stamm lokalisiert ist. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer generalisierten Lymphadenopathie. Daneben kommt es in unterschiedlicher Häufigkeit zu anderen (dermatologischen) Veränderungen. Labor: Die primäre Syphilis wird im Dunkelfeld durch Abstrichentnahme aus der Primärläsion diagnostiziert. Serologische Methoden (immer Kombination von 2 Tests notwendig): Abbildung 5: Lues • VDRL-Test • TPHA-Test • FTA-ABS-Test • FTA-ABS-IgM-Test • IgM-ELISA Partnerbehandlung? Eine Untersuchung des Partners ist absolut indiziert, ebenso die Partnerbehandlung. Trichomonas vaginalis Inzidenz Trichomoniasis wird durch das Protozoon Trichomonas vaginalis ausgelöst, die Krankheit korreliert gut mit sexueller Aktivität und der Anzahl der Sexualpartner, kann aber auch durch Kontaktinfektion in Bädern und Toiletten oder durch Badeschwämme u.ä. übertragen werden. Diagnose Klinik: Ungefähr 50% der Patientinnen zeigen klinische Symptome. Charakteristisch ist ein dünnflüssiger, gelblichgrünlicher, übelriechender Ausfluß, der meist auch schaumig imponiert. Die Vaginalschleimhaut ist entzündlich irritiert. Labor: Diagnostisch hat sich mit der höchsten Sensitivität das Nativpräparat nach Donne durchgesetzt, obwohl auch andere Techniken wie Gramfärbung, Giemsa, Papanicolaou, u.a. eingesetzt werden. Im Nativpräparat sieht man die typischen Bewegungen der Trichomonaden Therapie • Metronidazol als Singleshot 1x 2 g oder • Metronidazol 500 mg 2x 1 durch 7 Tage GYN-AKTIV 43 tationen daran zu denken, daß bei 10–20% der klinisch unauffälligen Frauen ein positives Kulturergebnis zu erwarten ist. Besonders häufig entsteht eine klinisch manifeste Infektion nach vorhergehender Antibiotikatherapie, allerdings reicht die Palette der prädisponierenden Faktoren sehr weit. Diabetes mellitus, HIV, Kontrazeptiva, Gravidität, Intimsprays und das Tragen von Nylonunterwäsche werden häufig mit dem Entstehen von Soor in Verbindung gebracht. Abbildung 6:Trichomonas vaginalis Therapie Schwangerschaft Metronidazol als Singleshot 1x 2 g nach dem 1. Trimenon oder lokal als Vaginalkapseln 1x 1 durch 7–10 Tage. Partnerbehandlung? Eine Partnertherapie ist auch bei Symptomlosigkeit unbedingt indiziert. Phthirus (Pediculosis) pubis (Filzlaus) Inzidenz Die Inzidenz ist stark abhängig vom sozialen Status, häufig tritt der Befall in Koinzidenz mit anderen STDs auf. Diagnose Die Diagnose wird gestellt durch genaue Anamnese, Miteinbeziehen der Erkrankung in die Differentialdiagnose und genaue Untersuchung des Patienten. Das Leitsymptom ist der Juckreiz mit entsprechender mechanischer Irritation. Therapie Lindan – Emulsion ein Mal täglich für 3 Stunden durch 2 Tage Diagnose Klinik: Typische klinische Symptome sind Pruritus, Erythem, weißer, topfiger, geruchsarmer Fluor, weiters Dysurie und Dyspareunie. Labor: Als Diagnostika der Wahl sind das Grampräparat, das Nativpräparat (Zusatz von 10%iger KOH) bzw. die Kultur anzusehen. Therapie Fluconazol 150 mg p.o. als Singleshot oder Eintagestherapie mit Itraconazol 200 mg morgens und abends (zur Mahlzeit!). Als Alternative stehen verschiedene topische Antimykotika (Clotrimazol, Econazol, Miconazol u.a.) zur Auswahl. Therapie Schwangerschaft Topische Antimykotika (Clotrimazol, Econazol, Miconazol u.a.) durch 7 Tage. Partnerbehandlung? Bei der einmalig auftretenden Candidose nicht notwendig. Rekurrente Candidiasis Therapie Schwangerschaft Kontraindiziert Inzidenz Etwa 5% der Frauen leiden unter der sogenannten rekurrenten vulvovaginalen Candidose (RVVC). Mehr als 4 Episoden pro Jahr sind für die Diagnose einer RVVC Bedingung. Die Behandlung dieser Fälle sollte von entsprechend ausgerüsteten Zentren vorgenommen werden. Partnerbehandlung? Auch bei Symptomlosigkeit absolut indiziert. Diagnose Immer durch Kultur mit Resistenzprüfung! Krankheiten, die optional eine Partnerbehandlung erfordern Candidiasis (Soor) Inzidenz Die vulvovaginale Candidiasis ist eine der häufigsten Infektionen des weiblichen Genitaltraktes und therapeutisch oft unterschätzt. Die Candidiasis betrifft die meisten Frauen zumindest ein Mal während des Lebens in einer geschätzten Rate von 70–75%, 40–50% der Frauen erfahren eine häufigere Infektion. Etwa 5% leiden unter häufig wiederkehrenden Episoden, die zumeist insuffizient behandelt werden. Auslöser sind Candida albicans (85–90%), gefolgt von C. glabrata, C. tropicalis u.a. Pilzen. Neben dieser hohen Inzidenzrate von Candidainfektionen ist v.a. bei Kulturinterpre- Therapie Das Wesen in der Behandlung der RVVC liegt in der Dauertherapie mit entsprechendem Gewebespiegel des Antimykotikums und Kontrolle des Therapieerfolges mittels Kultur. Eingehende Anamnese und Aufklärung bezüglich PrädispositiAbbildung 7: Candidose onsfaktoren und eingehende Betreuung der Patientin durch den behandelnden Arzt tragen wesentlich zum Erfolg bei. Therapie Schwangerschaft Topische Antimykotika (Clotrimazol, Econazol, Miconazol u.a.) durch mindestens 7 Tage, nach der Stillzeit Kontrolle GYN-AKTIV 44 mittels Kultur und eventuell Umstellen auf perorale Dauertherapie. Partnerbehandlung? Wesentlich seltener zeigen die männlichen Geschlechtspartner klinische Zeichen wie Pruritus, Balanitis sowie Dysurie und Dyspareunie. Eine Partnerbehandlung ist in Fällen der RVVC zu erwägen. Therapeutisch bieten sich in diesen Fällen topische Antimykotika sowie in hartnäckigen Fällen systemische Behandlungsregime an. Krankheiten, die keine Partnerbehandlung erfordern (Expositionsprophylaxe) Bakterielle Vaginose Inzidenz Die bakterielle Vaginose (BV) ist ein klinisches Symptom, das durch einen Verlust von H2O2 bildenden Lactobacillus spp. in der Vagina beziehungsweise durch eine Verdrängung derselben durch hohe Konzentrationen von anaeroben Bakterien, wie Gardnerella vaginalis, Bacteroides spp., Prevotella spp., Mobiluncus spp. u.a., entsteht. Die BV ist der häufigste Grund für einen Fluor vaginalis und Vaginalschmerz, dennoch sind 50% der Frauen, welche die klinischen bzw. labordiagnostischen Kriterien für eine BV erfüllen, symptomlos. Der Grund und Mechanismus der mikrobiellen Alteration ist noch nicht völlig aufgeklärt. Obwohl die BV mit multiplen Sexpartnern assoziiert ist, kann man nicht mit Sicherheit darstellen, daß die Infektion durch ein sexuell übertragbares Pathogen ausgelöst wird. Frauen ohne jegliche sexuellen Kontakte leiden praktisch nie unter diesem Syndrom. Eine Partnerbehandlung hat sich nicht als Prävention für eine rekurrente BV bewährt. Diagnose Klinik: Für die Diagnosestellung müssen 3 der folgenden 4 Kriterien erfüllt sein (nach Amsel): • Homogener, weißlicher Fluor • Sg. Clue cells bei der mikroskopischen Untersuchung • pH des Vaginalfluors > 4,5 • „Whiff-Test“: Typischer Fischgeruch vor oder nach Zugabe einer 10%igen Kalilauge (KOH) Labor: Das Diagnosemittel der Wahl ist das Grampräparat. Abbildung 8: Bakterielle Vaginose Therapie • Metronidazol 500 mg 2x 1 durch 7 Tage oder als Kurzzeittherapie 1x 2 g durch 2 Tage • Clindamycin 300 mg 2x 1 durch 7 Tage. Nach der Therapie mit Clindamycin Wiederaufbau der Keimflora mit einem Lactobacillus-Präparat. Therapie Schwangerschaft In der ersten Schwangerschaftshälfte • Clindamycin-Vaginalcreme vor dem Schlafengehen durch 7 Tage oder • Clindamycin 300 mg 2x 1 durch 7 Tage In der zweiten Schwangerschaftshälfte auch • Metronidazol-Kurzzeittherapie 1x 2 g durch 2 Tage möglich. Partnerbehandlung? Die Ergebnisse verschiedener klinischer Studien zeigen keine Beeinflussung des Heilungsverlaufes und der Reinfektionsrate durch Partnerbehandlung. Herpes genitalis Inzidenz Der Herpes genitalis wird in überwiegender Mehrheit durch den Serotyp 2 der Herpes-simplex-Gruppe ausgelöst. Die Frequenz der HSV2-Infektion wird beeinflußt von Geschlecht (f > m), vorangegangener HSV-1-Infektion (weitgehende Protektion vor genitaler HSV-1-Infektion, teilweise auch Schutz vor genitaler HSV-2-Infektion) und sexueller Aktivität mit einer Person mit bekannter Infektion. Aufgrund der Instabilität des Virus ist der nahezu einzige Infektionsweg der sexuelle Kontakt. In 9–25% entstehen auch extragenitale Abbildung 9: Herpes Manifestationen, die von genitalis Hautläsionen über Pneumonitis, Hepatitis bis hin zur aseptischen Meningitis reichen. Diagnose Klinik: Die klinischen Manifestationen zwischen Erstinfektion und wiederkehrenden Episoden unterscheiden sich deutlich. 95–99% der Patienten (beider Geschlechter) mit einer Erstinfektion klagen über zum Teil starke Schmerzen und Juckreiz im Bereich der Bläschen, welche von einem Erythem umgeben sind. Die klinischen Symptome nehmen in den ersten 7 Tagen der Infektion zu, erreichen dann ihr Maximum und nehmen in der zweiten Krankheitswoche ab, schließlich kommt es zur Restitution nach ca. 3 Wochen. Eine Narbenbildung ist auszuschließen. Die mittlere Zeitspanne der Virusausschüttung, definiert vom ersten Auftreten von Läsionen bis zur letzten positiven Kultur, beträgt 12 Tage. GYN-AKTIV 45 Bei der Untersuchung zeigen sich meist multiple, papulöse oder vesikuläre Läsionen vorwiegend im Bereich der Ektozervix (70–90%), die ulzerieren können. Im Gegensatz zur Erstinfektion ist das klinische Bild des wiederauftretenden Herpes genitalis deutlich milder, kürzer und von geringerer Ausdehnung. Labor: Als Diagnosemittel stehen Methylenblau-Färbung; Papanicolaou-Färbung, Virusisolation in Gewebekulur, PCR, Antigendetektion und serologische Methoden zur Verfügung. Therapie Immer zu Beginn der ersten Symptome! • Aciclovir 3x 10 mg/kg KG durch 5 Tage i.v. • Valaciclovir 2x 1000 mg durch 5 Tage p.o. • Famciclovir 3x 250 mg durch 5 Tage p.o. Therapie Schwangerschaft 1. und 2. Trimester: Obwohl die oben genannten Nucleosidanaloga nicht teratogen sind, ist die Indikation zur Therapie in der Schwangerschaft in strenger Abhängigkeit von der Klinik zu stellen und ausschließlich von entsprechenden Zentren durchzuführen. Erstmanifestationen können mit Aciclovir 400 mg p.o. 3x 1 durch 7–10 Tage behandelt werden. In besonders schweren Fällen 5–10 mg/kg KG i.v. alle 8 Stunden durch 5–7 Tage. Rezidivierender Herpes: Häufige Rezidive sollten entweder lokal oder systemisch (Dosierung s.o.) behandelt werden. 3. Trimester/Geburt: Erstmanifestation: Eine elektive Sectio kurz vor dem Termin unter begleitender i.v. Aciclovir-Gabe (5–10 mg/kg KG) ist anzustreben. Das Risiko der Übertragung ist bei einer Erstmanifestation kurz vor dem Geburtstermin mit 30–50% sehr hoch. Rezidivierender Herpes: Bei Patientinnen mit floriden Läsionen sollte eine Sectio durchgeführt werden, obwohl das Transmissionsrisiko mit 3% sehr gering ist. Der neonatale Herpes stellt eine gefürchtete Komplikation mit hoher Mortalität dar. Bei Verdacht auf eine Erstinfektion des Kindes in der Perinatalperiode ist die Dosis deutlich höher, 30–60 mg/kg KG pro Tag intravenös. Partnerbehandlung? Expositionsprophylaxe in der infektiösen Periode. Tabelle 1 Krankheitsbild Therapie Intervall Alternative Intervall Partnerbehandlung? Gonorrhoe Ceftriaxon 1x 250 mg i.m. Singleshot Ciproxin 500 mg 1x 1 p.o. Singleshot ja Mukopurulente Cervicitis Ceftriaxon 1x 250 mg i.m. Doxycyclin 100 mg 1x 2 p.o. Singleshot 7–14 Tage Ciproxin 500 mg 1x 1 p.o. Clarithromycin 500 mg 1x 1 Singleshot 7–14 Tage ja ja Chlamydien Azithromycin 1 g 1x 1 p.o. Singleshot Doxycyclin 100 mg 1x 2 p.o. 7 Tage zu empfehlen Lymphogranuloma venerum Doxycyclin 100 mg 1x 2 p.o. 21 Tage Josamycin 750 mg 2x 1 p.o. 21 Tage zu empfehlen Syphilis Stadium I, II Benzathin-Penicillin 2,4 Mio. IE i.m. Singleshot Doxycyclin 100 mg 1x 2 p.o. 7–14 Tage ja Trichomonas vaginalis Metronidazol 1 g 1x 2 p.o. Singleshot Metronidazol 500 mg 2x 1 p.o. 7 Tage Pediculosis pubis Lindan Emulsion 1x 1 lokal 2 Tage Candidiasis Flukonazol 150 mg 1x 1 p.o. Singleshot Recurrente Candidose Behandlung durch ein spezialisiertes Zentrum! Bakterielle Vaginose Metronidazol 1 g 1x 2 p.o. Singleshot Clindamycin 300 mg 2x 1 p.o. 7 Tage nein Herpes genitalis Valaciclovir 500 mg 2x 2 p.o. 5 Tage Famciclovir 250 mg 3x 1 p.o. 5 Tage Expositionsprophylaxe ja ja Itrakonazol 100 mg 2x 2 p.o. 1 Tag nein eventuell Therapie während Schwangerschaft Chlamydien Josamycin Lymphogranuloma venerum (LGV) Josamycin