©© Sebastian Kaulitzki / Hemera / Getty Images / Thinkstock R TB ILDU Das HEILBERUFE PflegeKolleg – ein gemeinsames Projekt von Springer Medizin – Redaktion HEILBERUFE, der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/ Holzminden/Göttingen und der Werner-Schule vom Deutschen Roten Kreuz – ist Fernfortbildung zum Mitmachen. So nehmen Sie teil: Jedes PflegeKolleg besteht aus mehreren Fachbeiträgen zu einem Thema und schließt mit einem Fragebogen ab. Nicht-Abonnenten benötigen für die Online-Teilnahme eine TAN im Wert von 15 €, die vom Tag der Einlösung an vier Wochen gültig ist. Diese TAN können Sie per E-Mail oder über www.heilberufe.de bei uns bestellen. Für die erfolgreiche Teilnahme an einem PflegeKolleg, die einen zeitlichen Aufwand von 3 Stunden erfordert, erhalten Sie ein anerkanntes Zertifikat; dieses sichert Ihnen zudem 3 Punkte im Rahmen der Registrierung beruflich Pflegender beim Deutschen Pflegerat (DPR). Zertifizierte Fortbildung in Zusammenarbeit mit G 3 Punkte N ZE IFIZIE E FO Stoma- und Fistelmanagement RT RT PflegeKolleg 12/2016 Füllen Sie als Abonnent/in den Fragebogen einfach unter www.heilberufe.de online aus. Unmittelbar nach der Teilnahme erfahren Sie, ob Sie bestanden haben und können sich Ihr Zertifikat gleich ausdrucken. Mehr zur Teilnahme per Post/Fax erfahren Sie auf direkt auf dem Fragebogen. PflegeKolleg Stoma- und Fistelmanagement Durchführen, unterstützen, anleiten Ein Stoma richtig versorgen Auf weit über 100.000 wird die Zahl der Stomaträger für Deutschland geschätzt. Entscheidend für die Lebensqualität der Patienten ist die mögliche Selbstversorgung des Stomas. Jede Pflegefachkraft sollte in der Lage sein, eine fachgerechte Versorgung durchzuführen und Patienten anzuleiten. Was ist zu beachten? K E Y WO R DS Stomaanlagen Beobachtung Versorgungswechsel Hautkomplikationen I n vielen Fällen ist die Stomaanlage dauerhaft notwendig. In manchen Fällen kann auch eine Rückverlegung des Stomas nach einigen Wochen oder Monaten erfolgen. Ob dies möglich ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab – beispielsweise von der Operationstechnik, der Grunderkrankung und der Prognose des Patienten. Präoperative Pflege Neben der allgemeinen Vorbereitung sollte im Vorfeld der Operation eine Stomamarkierung erfolgen. Dies geschieht nach der Aufklärung durch einen Arzt, kann aber vom behandelnden Chirurgen an einen Pflegeexperten delegiert werden. Bei der Markierung muss Folgendes beachtet werden: —Die Markierung ist mit einem wasserfesten Stift so vorzunehmen, dass sie sich in einem glatten Hautareal von crica 10 x 10 cm befindet und nicht in der unmittelbaren Nähe von Narben, Knochenvorsprüngen oder Falten —Der Patient sollte die Markierung sehen können, um später eine Selbstversorgung durchzuführen —Bei der Wahl der Position ist die Gürtellinie und eine Position direkt oberhalb der Genitalien zu vermeiden Während der präoperativen Phase benötigen Patienten oftmals intensive Unterstützung, um mit Ängsten und Unsicherheiten umzugehen. Pflegefachkräfte sind hier besonders gefragt. Verschiedene Stomaanlagen Unterschieden werden Stomaanlagen, die dazu dienen, Stuhl abzuleiten, und Urostomaanlagen, die zur künstlichen Harnableitung erforderlich sind. 28 Unterschieden werden Stomaanlagen, die dazu dienen, Stuhl abzuleiten (Enterostoma) und Urostomaanlagen, die zur künstlichen Harnableitung erforderlich werden (z.B. Ileumconduit und HarnleiterHautfistel). Enterostomaanlagen werden in Dünndarmstoma und Dickdarmstoma unterteilt. Befinden sich die Stomaanlagen im Dünndarm (Ileostomie), scheiden die Patienten unkontrolliert und dauerhaft flüssigen bis breiigen Stuhl aus. Bei einem Kolostoma hingegen ist in der Regel mit einer festbreiigen bis festen Stuhlkonsistenz zu rechnen. Auch die Ausscheidungsfrequenz kann in vielen Fällen ähnlich sein wie vor der Operation. Von der Ausscheidungskonsistenz ist abhängig, mit welchem Stomabeutel der Patient versorgt wird. Für Patienten mit Ileostomien stehen Ausstreifbeutel mit Klettverschlüssen zur Entleerung zur Verfügung. Patienten, die ein Kolostoma haben, nutzen in der Regel geschlossene Beutel, Patienten mit Urostomien greifen auf spezielle Urostomiebeutel mit Rücklaufsperre und Ablasshahn zurück. Alle Versorgungsarten stehen als ein- und zweiteilige Versorgung zur Verfügung. Welche Produkte eingesetzt werden, sollte gemeinsam mit dem Patienten und gegebenenfalls seinen Angehörigen entschieden werden. Postoperative Pflege Patienten, die eine Stomaneuanlage erhalten, sind in den ersten Tagen auf die Unterstützung durch Pflegefachkräfte angewiesen. Nach der Operation muss die Stomaanlage beobachtet und bei Bedarf ein Wechsel der Versorgung vorgenommen werden. In den ersten postoperativen Tagen sollte das Stoma in jeder Schicht mindestens einmal inspiziert werden. Ileostomien und Kolostomien scheiden in der Regel in den ersten Tagen nicht viel Stuhl, sondern vermehrt Schleim und Verdauungssekrete aus. Auch bei Kolostomien ist die Ausscheidung anfangs flüssig und mit Darmschleim versetzt. Doppelläufige Stomaanlagen verfügen oft über einen Reiter, der verhindern soll, dass die aus der Bauchdecke hervorgezogene Darmschleimhaut in die Bauchdecke zurücksinkt. Bei Urostomaanlagen sind postoperativ meistens Harnleiterschienen – „Splinte“ – zu finden. Dies sind dünne Schläuche aus Polyurethan, die zum Schutz der Anastomosen dienen. Urostomiepatienten scheiden den Urin unmittelbar nach der OP über das Stoma aus. Noch im OP wird ein Post-OP-Set angebracht, das in der Regel am dritten postoperativen Tag oder bei auftretenden Undichtigkeiten gewechselt wird. Die ersten Versorgungswechsel werden meist Heilberufe / Das Pflegemagazin 2016; 68 (6) Vielfältige Versorgungsprodukte Die Auswahl der Produkte hängt von der Stomaart, dessen Aussehen und der Beschaffenheit der peristomalen Haut ab. Hat das Stoma eine gute Prominenz, das heißt, es ragt 1–3 cm über das Haut- 1 Abb. 1: Colostoma in Hautniveau und Faltenbildung 3 Abb. 3: Abdichtung mit Hautschutzring 5 Abb. 5: Vollständige Versorgung mit Colostomabeutel und zuätzlichem Gürtel Heilberufe / Das Pflegemagazin 2016; 68 (6) niveau hinaus, kann eine plane Versorgung gewählt werden. Ob Zusatzprodukte wie Paste oder Hautschutzringe zum Einsatz kommen, hängt ebenfalls von der Beschaffenheit des Stomas und der peristomalen Haut ab. Paste oder Hautschutzringe werden eingesetzt, wenn die Gefahr besteht, dass die Versorgungsprodukte von Ausscheidungen leicht unterwandert werden können – beispielsweise, wenn die das Stoma umgebende Haut Falten aufweist, oder sich die Stomaanlage in oder unter Hautniveau befindet. Anleitung zur Selbstversorgung Sind die Patienten wieder auf den peripheren Stationen, sollte möglichst frühzeitig mit der Anleitung zur Selbstversorgung begonnen werden. Auch die Einbeziehung der nahen Angehörigen kann sinnvoll sein. Pflegende müssen auf die Fähigkeiten und Ressourcen sowie auf individuelle Probleme eingehen. Die Anleitung und der Versorgungswechsel 2 Abb. 2: Ausgleich der Hautfalten mit Modellierstreifen 4 Abb. 4: Anbringen der Basisplatte 6 ©© V. Pietzonka (6) noch auf der Intensivstation durchgeführt. In dieser Phase ist nur selten eine Anleitung des Patienten möglich. Wichtig ist jedoch, dass der Patient Fragen stellen kann und nach seinen Möglichkeiten und Bedürfnissen einbezogen wird. Wichtige Parameter in der postoperativen Krankenbeobachtung sind neben der allgemeinen Kontrolle die Überwachung der Ausscheidung, die Lage von Reitern oder Splinten sowie die Durchblutung des Stomas und die Beurteilung der peristomalen Haut. Oftmals ist es erforderlich, die Versorgung der Laparatomienaht und Drainagen im Zusammenhang mit der Stomaversorgung durchzuführen. Hierbei ist auf aseptisches Vorgehen zu achten. Abb. 6: Allergien können bei allen Materialien auftreten 29 PflegeKolleg Für alle Stomaarten stehen einteilige oder zweiteilige Versorgungssysteme zur Verfügung. Bei der Produktauswahl sind die Ressourcen der Patienten zu berücksichtigen. Beim Stomawechsel können Rückschlüsse auf eventuell notwendige Veränderungen der Versorgung gezogen werden. 30 Stoma- und Fistelmanagement sollten möglichst in einem separaten Raum oder Badezimmer stattfinden. Damit ermöglichen Sie es dem Patienten, sich frühzeitig auf die Lebenssituationen zuhause einzustellen. Zudem lassen sich in einem geschützten Rahmen Fragen leichter stellen oder Ängste und Bedenken äußern. Üben, üben, üben Um den Wechsel möglichst unkompliziert zu gestalten, hat sich bei Urostomien und Ileostomien der Zeitpunkt vor dem Frühstück bewährt. In diesem Zeitraum produziert der Körper weniger Ausscheidungen, die andernfalls einen Wechsel der Versorgung erschweren können. Alle Materialien müssen sorgfältig vorbereitet werden. Benötigt werden ein- oder zweiteilige Versorgung, Kompressen und Entsorgungsbeutel. Je nach individueller Gegebenheit können eine Schere für den individuellen Ausschnitt des Hautschutzmaterials, Stomapaste, Hautschutzringe oder Modellierstreifen zur zusätzlichen Abdichtung der Versorgung erforderlich werden. Nach der Vorbereitung wird die alte Versorgung vorsichtig von oben nach unten gelöst. Achten Sie darauf, dass die peristomale Haut nicht durch starken Zug an den Materialien belastet wird. Bevor die alte Versorgung in den Abwurf entsorgt wird, wird die Haftfläche begutachtet. Dadurch können Rückschlüsse auf gegebenenfalls erforderliche Veränderungen in der Versorgung gezogen werden. Stellt sich heraus, dass das Hautschutzmaterial stark aufgeweicht oder mit Ausscheidungen unterwandert ist, sollte am Versorgungsmanagement gearbeitet werden. Anzeichen der Unterwanderung weisen darauf hin, dass die Versorgung nicht ausreichend abgedichtet war. Starkes Aufweichen des Hautschutzmaterials deutet darauf hin, dass das Wechselintervall verkürzt werden muss. Die Reinigung des Stomas und der peristomalen Haut erfolgt mit Wasser und Kompressen. Die Verwendung von sterilen Kompressen, einem Schleimhautdesinfektionsmittel und steriler Kochsalzlösung ist lediglich in der Versorgung von Urostomaanlagen mit liegenden Splinten erforderlich, um einen Keimeintritt in das Nierenbecken zu vermeiden. Enterostomaanlagen werden kreisförmig von außen nach innen, Urostomaanlagen von innen nach außen gereinigt. Sollten sich Haare im Bereich der Klebefläche befinden, müssen diese regelmäßig mit einem Einmalrasierer entfernt werden, um eine Follikulitis zu verhindern sowie die Hafteigenschaften der Materialien zu verbessern. Die Rasur geschieht unter Abdeckung des Stomas mit einer Kompresse, um Verletzungen zu vermeiden. Nach sorgfältiger Trocknung der Haut kann die neue Versorgung aufgebracht werden. Um die neue Versorgung der individuellen Stomagröße exakt anzupassen, werden in der Klinik ausschneidbare Materialien verwendet. Zuhause können die Patienten auf vorgefertigte Materialien zurückgreifen. Jeder Patient sollte die Stomagröße regelmäßig überprüfen, damit es nicht zu Hautkomplikationen kommt. Die neue Versorgung sollte von unten nach oben aufgebracht werden. Dies ermöglicht dem Patienten, dass der aus seiner Sicht untere Rand des Hautschutzmaterials exakt an den unteren Stomarand angelegt werden kann. Um das Handling zu verbessern und eine faltenfreie glatte Fläche für das Aufbringen der Materialien zu erhalten, wird die Bauchdecke mit der Hand gestrafft. In der Regel sollten einteilige Versorgungen einmal in 24 Stunden gewechselt werden. Bei zweiteiligen Systemen, die aus Basisplatten und Versorgungsbeuteln bestehen, sollten die Platten alle zwei bis vier Tage und die Beutel bei Urostomien und Ileostomien einmal täglich gewechselt werden. Bei Kolostomien erfolgt der Wechsel nach individuellem Ausscheidungsrhythmus. Hautkomplikationen vermeiden Bei sorgfältiger Stomapflege sind Komplikationen die Ausnahme. Dennoch kann es im Verlauf der Versorgung immer auch zu Hautirritationen kommen. Auftreten können: Toxisches Kontaktekzem: Ein Kontaktekzem kommt häufig vor; es kann durch den Kontakt mit den Ausscheidungen entstehen. Überprüfen Sie in dem Fall, ob der Ausschnitt im Hautschutzmaterial noch exakt der Stomagröße entspricht oder ob das Wechselintervall der Versorgung verändert werden muss. Follikulitis: Eine Follikulitis tritt bei Patienten mit Behaarung im peristomalen Bereich auf. Die Entzündung der Haarbälge wird durch Keime, die sich auf der Haut befinden, hervorgerufen. Diesen Entzündungen ist vorausgegangen, dass beim Ablösen der Versorgung Haare ausgerissen werden. Es zeigen sich punktförmige Rötungen und Eiterpusteln. Außerdem klagen die Patienten mit Follikulitis über Schmerzen und Juckreiz. Allergien: Bei allen angewendeten Materialien in der Stomaversorgung können Allergien auftreten. Das kann auch dann der Fall sein, wenn die Patienten die Produkte schon länger verwenden. Hier zeigen sich Bläschen und Rötungen sowie Juckreiz, die sich auf das Anwendungsgebiet beschränken. Auch Beutelfolien, Reinigungsmittel oder Pflegeartikel können eine Allergie auslösen. Wird eine Allergie vermutet, ist es sinnvoll, die Produkte auszutauschen und möglichst auf einen anderen Hersteller Heilberufe / Das Pflegemagazin 2016; 68 (6) umzustellen. Den Patienten wird empfohlen, einen Allergietest bei einem Allergologen durchführen zu lassen. Mykosen: Von Mykosen sind insbesondere Patienten mit geschwächtem Immunsystem betroffen. Durch Chemotherapie, Bestrahlung oder Antibiotikagabe können der Allgemeinzustand reduziert sein und die Entwicklung von Mykosen begünstigt werden. Daher ist bei Patienten mit Stoma, die begleitend eine solche Therapien erhalten, beim Auftreten von Papeln und Pusteln, die oft einen weißlichen Randsaum aufweisen, an eine Mykose zu denken. Die lokale Behandlung darf aufgrund von Beeinträchtigung der Haftung nicht durch Cremes oder Salben erfolgen. Zusätzliche Hilfsmittel Bei prominent angelegten Stomaanlagen sollte der Einsatz zusätzlicher Produkten nicht erforderlich werden. Leider kommt es immer wieder vor, dass sich ein Stoma in oder gar unter Hautniveau befindet und die Versorgung ohne zusätzliche Hilfsmittel nicht zuverlässig haftet. Weiterhin kann es zu Unebenheiten auf der peristomalen Haut kommen, wenn der Patient nach der Operation eine parastomale Hernie entwickelt. Hier kann der Einsatz von Hautschutzpasten, die mittlerweile von einigen Herstellern auch in einer alkoholfreien Variante angeboten werden, sinnvoll sein, um die Versorgung abzudichten. Hautschutzringe in verschiedenen Formen und Größen oder Modellierstreifen können zur zusätzlichen Abdichtung eingesetzt werden. Sollte trotz aller Sorgfalt die Versorgung immer wieder von Ausscheidungen unterwandert werden, ist der Einsatz eines Hautschutzfilms (Spray oder Applikator) sinnvoll. Diese Produkte bilden eine Schutzbarriere zwischen Versorgungsmaterial und Haut und verhindern, dass die Haut durch Kontakt mit Urin oder Stuhl geschädigt wird. Bei richtigem Gebrauch wird die Klebeeigenschaft der Materialien nicht beeinträchtigt. Stomaanlagen, die sich unterhalb des Hautniveaus befinden, haben eine Stomaretraktion ausgebildet. Hier ist das Unterwandern der Klebefläche ohne zusätzliche Unterstützung durch Hautschutzpaste, Hautschutzringe oder Modellierstreifen nicht zu verhindern. Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von konvexen Versorgungen. Dabei handelt es sich um Produkte, in deren Klebefläche durch Einlage einer Plastikkomponente eine Wölbung geschaffen wurde. Diese Wölbung soll sich der trichterförmig eingezogenen stomaumgebenden Haut anpassen und somit eine sichere Abdichtung gewährleisten. Diese Materialen dürfen allerdings nicht unreflektiert und standardisiert eingesetzt werden, da durch die Plastikkomponente Heilberufe / Das Pflegemagazin 2016; 68 (6) Fazit für die Pflege — Patienten, die eine Stomaneuanlage erhalten, sind in den ersten Tagen auf die Unterstützung durch Pflegefachkräfte angewiesen. Nach der Operation muss die Stomaanlage beobachtet und bei Bedarf ein Wechsel der Versorgung vorgenommen werden. — In den ersten postoperativen Tagen sollte das Stoma in jeder Schicht mindestens einmal inspiziert werden. — Die Auswahl der Produkte hängt von der Art des Stoma, dessen Aussehen und der Beschaffenheit der peristomalen Haut ab. — Bei sorgfältiger Stomapflege sollten Komplikationen die Ausnahme sein, dennoch kann es insbesondere zu Hautproblemen kommen. — Möglichst frühzeitig sollte mit der Anleitung des Patienten zur Selbstversorgung begonnen werden. starker Druck auf die peristomale Haut ausgeübt wird. Dies wiederum kann zu Druckulzerationen führen. Unterstützung durch Pflegeexperten In vielen Kliniken gibt es Pflegeexperten für die Stomatherapie. Kliniken, die ein Darmzentrum betreiben, sind verpflichtet, Pflegeexperten in die Betreuung von Patienten einzubeziehen. Dies kann durch hauseigenes Personal oder externe Kooperationspartner geschehen. Pflegekräfte, die eine zweijährige berufsbegleitende Weiterbildung in den Fachbereichen Stoma-Kontinenz-Wunde absolviert haben, können bei schwierigen Versorgungen hinzugezogen werden. In der ambulanten Pflege und in stationären Pflegeeinrichtungen sind Mitarbeiter der Sanitätshäuser und Homecare-Unternehmen, die Patienten mit den erforderlichen Hilfsmitteln beliefern, die richtigen Ansprechpartner. Dennoch ist es wichtig, dass jede Pflegekraft die Grundprinzipien der Stomaversorgung beherrscht und umsetzen kann, denn bei akutem Handlungsbedarf muss jederzeit reagiert werden können. Sollte trotz aller Sorgfalt die Versorgung immer wieder von Ausscheidungen unterwandert werden, ist der Einsatz eines Hautschutzfilms sinnvoll. Literatur bei der Verfasserin Veronika Pietzonka Pflegeexpertin Stoma Inkontinenz Wunde PubliCare Regionalteam Berlin [email protected] 31 PflegeKolleg Stoma- und Fistelmanagement Umgang mit enterocutanen Fisteln Fistelmanagement: Hautschutz ist das A und O Enterocutane Fisteln, die als spontane Röhrenverbindungen zwischen Hohlorganen und der Körperoberfläche auftreten, sich nach dem Ziehen einer Drainage nicht spontan verschlossen haben oder nach chirurgischen Eingriffen entstanden sind, bedürfen einer speziellen pflegerischen Versorgung. Eine häufig auftretende Fistel ist die enterocutane Fistel zwischen Darm und Haut. Worauf ist bei deren Versorgung besonders zu achten? K E Y WO R DS Fisteln Sekret Lage der Fisteln Dokumentation E nterocutane Fisteln entstehen aus einer chronischen oder akuten Entzündung heraus oder durch mechanische Einwirkungen wie einem chirurgischen Eingriff, einem Unfall oder dem Geburtsvorgang. Therapeutisch können sie medikamentös und/oder chirurgisch versorgt werden. In 30 bis 70% der Fälle verschließen sie sich jedoch selbst. Da dieser Prozess aber oft mehrere Jahre dauert, sind eine engmaschige Kontrolle des Patienten sowie eine adäquate Fistelversorgung, beispielsweise mit Fistelbeuteln, durch speziell qualifiziertes Personal unerlässlich. Bevor aber eine solche Dauerversorgung eingeleitet wird, ist eine umfassende D E FI N ITI O N Eine Fistel (lat. fistula „Pfeife“, „Röhre“) ist eine nicht natürlich vorbestehende röhren- oder röhrennetzartige Verbindung zwischen einem inneren Hohlorgan und anderen Organen (z.B. zwischen Magen und Dickdarm). Diese Verbindung kann aber auch zwischen einem inneren Organ und der Körperoberfläche bestehen (z.B. zwischen Darm und Haut). Diese parastomalen Fisteln werden auch als enterocutane Fisteln bezeichnet. Auch chirurgisch angelegte Stomata wie z.B. eine Zoecostomie werden als Fisteln (z.B. Zoekalfistel) bezeichnet. Abzugrenzen sind Drainagen. Je nach Ausscheidungsmenge können Fisteln in drei Kategorien unterschieden werden: 1.„high output“ (>500 ml/Tag) 2.„middleoutput“ (200–500 ml/Tag) 3.„lowoutput“ (<200 ml/Tag) 32 Diagnostik notwendig, damit eine Behandlung der Grunderkrankung eingeleitet werden kann. Sekret beeinflusst die Versorgung Enterocutane Fisteln, auch äußere Fisteln genannt, fördern Sekret, vermischt mit Stuhlgang oder Urin. Die Ausscheidung ist häufig höchst aggressiv, da nicht nur Dünndarmstuhl, sondern auch Verdauungssekrete wie Enzyme, Lipase usw. in hoher Konzentration vorkommen können. Bei sehr hohen Ausscheidungsmengen ist deshalb zeitgleich mit der Behandlung der Grunderkrankung eine symptomatische Therapie mit Medikamenten und – unter Beachtung der metabolischen Situation – eine Bilanzierung und gegebenenfalls eine Ernährungs-, Elektrolyt- und/oder Infusions-Substitutionstherapie angezeigt. Hier bestimmt die Menge und Zusammensetzung des Sekrets die Versorgung. Fisteln mit kleinen Öffnungen und geringer Sekretmenge: Sie sind häufig gut zu versorgen, da es der Ausscheidungsmenge angepasste Beutelformen gibt. Falls die Fistel jedoch in Falten oder Narbengebieten liegt, sollte Hautschutzzubehör für den Falten-/Niveauausgleich verwendet werden. Fisteln mit kleiner Öffnung und großer Sekretmenge: Hier wird ein an die Größe angepasster Fistelbeutel gewählt, kombiniert mit einer Ableitung in einen Sekretbeutel. Je nach Situation werden immobile Betroffene mit einem Sekret-Bettbeutel, der mobile Betroffene mit einem Beinbeutel versorgt. Dünnflüssiges Sekret und Schleimbeimengung: Durch integrierte Rücklaufsperren von Drainagebeuteln können dünnflüssiges Sekret und Schleimbeimengungen am Abfließen gehindert werden. Dickflüssiges Sekret kann bei Fistelbeuteln mit Heilberufe / Das Pflegemagazin 2016; 68 (6) Rücklaufsperre nicht abfließen, hier sind Produkte ohne Rücklaufsperre und mit großlumigen Ablässen zu verwenden. Lage beeinflusst die Versorgung ©© G. Gruber, München Liegen Fisteln im parastomalen Bereich, sind diese nach Möglichkeit getrennt von der Stomaanlage zu versorgen. Falls dies durch die Nähe zum Stoma nicht möglich ist, kann es erforderlich sein, im Bereich der Fistel nach den Kriterien der phasengerechten Wundversorgung zu arbeiten und anschließend die Stomaversorgung durchzuführen. Fisteln in sezernierenden Wunden sind nach Möglichkeit getrennt von der Wunde zu versorgen. Ist dies nicht möglich, ist die Wunde nach den Kriterien der sterilen, phasengerechten Wundversorgung zu versorgen und die Fistel über einen Fistelbeutel abzuleiten. Für die Versorgung von Fisteln in klaffenden Wunden (z.B. Nahtdehiszen) wird unterschiedliches Hautschutzzubehör benötigt, um die Narben, Falten, Vertiefungen oder zerklüfteten Wundränder abzudichten (Wundrandschutz). Das Handling wird schwieriger, wenn sterile Produkte benötigt werden. Ursachen für parastomale Hautkomplikationen Die Ursachen für parastomale Hautkomplikationen der Fistel oder Komplikationen in der Umgebung von Nahtdehiszenzen sind vielfältig. Bei Risikogruppen (z.B. Diabetiker, onkologische Patienten, Autoimmunerkrankte) benötigt die fistelumgebende Haut speziellen Schutz in Form von geeigneten, hautschonenden weichen, widerstandsfähigen, hygroskopischen Hautschutzmaterialien und speziellen Produkten (Fistelbeutel). Auch der Zustand und die Größe der zur Verfügung stehenden Haut um eine Fistel beeinflusst die Haftung der Fistelversorgung mit hydrocolloider Hautschutzfläche. Nur bei intakter Haut kann die vom Hersteller angegebene Tragezeit erreicht werden, jeglicher Hautschaden oder nässende Defekte führen zu einer reduzierten Tragezeit oder einem vorzeitigem Ablösen der Versorgung. Der Wechsel muss häufiger stattfinden, bis sich die Haut regeneriert hat. Oberstes Ziel ist, eine intakte Hautfläche zu erhalten oder zu schaffen. Eine Vielzahl an pflegerischen Grundsätzen aus der Stomaversorgung ist auch hier zu berücksichtigen. Einflüsse nicht adäquater Reinigungsprodukte (austrocknend, rückfettend) können Störungen der physiologischen Funktion der Haut bedingen, Mykosen oder Infektionen können entstehen. Herstellerinformationen immer beachten Jede Hautschutzmixtur interagiert mit der Ausscheidung (am Schnittrand der HautschutzfläHeilberufe / Das Pflegemagazin 2016; 68 (6) Durch Verwenden von Hautschutzringen und -paste wurden Falten und Narben (Unebenheiten) ausgeglichen, der Fistelbeutel kann aufgebracht werden. che) und Feuchtigkeit (Schweiß) der Haut. Deshalb ist es wichtig, die Eigenschaften der hygroskopischen Hautschutzmaterialien und die Herstellerinformationen zu beachten. Der Anteil an Pektinen, Zellulose und absorbierende Partikel bestimmt die Aufnahmekapazität der Hydrocolloide (auch Exsudatmenge bei nässenden Hautdefekten). Je nach Inhaltsstoffen und deren Anteilen in der Mixtur sowie die Zusammensetzung der Fistelausscheidung werden Trageeigenschaft und Tragezeit beeinflusst. Ein hygroskopischer Hautschutz, der über seine Tragezeit hinaus verwendet wird, kann bereits direkt um die Fistel durch Schweiß oder Feuchtigkeit gesättigt sein und verliert seine Eigenschaft, die Haut vor Ausscheidungen zu schützen. Bei großflächigen Hautdefekten ist die Schutzfläche so auszuwählen, dass circa 3 cm der Fläche auf intakter Haut haften können. Bei Unterwanderung mit Ausscheidung oder wenn der Patient Schmerzen, Jucken oder Brennen der Haut angibt, ist die Versorgung zu überprüfen und sofort zu wechseln. Innerhalb kürzester Zeit können sonst Hautschäden entstehen. Das gilt besonders bei aggressiver Ausscheidung, beispielsweise bei Gallen- oder Pankreasfisteln. Akute oder Eine Behandlung der Grunderkrankung ist immer angezeigt. Ein intakter Säureschutzmantel und die physiologische Hautgesundheit schützen vor dem Eindringen von Fremdkörpern und Keimen in die Haut. 33 PflegeKolleg Stoma- und Fistelmanagement I N FO Grundsätzlich zu vermeiden sind: — Zu großer Ausschnitt des fistelumgebenden Hautschutzes. Hier helfen Schablonen bei der Anpassung. — Mangelnde Abdichtung durch Unebenheiten, Falten o. ä. in der Fistelumgebung; Zubehör wie Hautschutzringe-Streifen können einen Niveauausgleich herstellen. — Zu lange Tragezeit der Produkte und somit Unterwanderung des Hautschutzmaterials; die Herstellerangaben sind zu beachten. — Falsche Beutel- oder Versorgungsausführungen (z.B. geschlossene Beutel ohne Ablauf). Sekret und Ausscheidung der Fistel sollten bei großen Ausscheidungsmengen immer in einen zusätzlichen Sekretbeutel abfließen können. — Inadäquates Zubehör oder hautbelastende Materialien (z.B. Produkte wie Fettsalben und Cremes, die die Haftung der Fistelbeutel vermindern) — Gerbende Lotionen, Tinkturen, Desinfektionsmittel, Hautschutzlotionen auf Alkoholbasis entfetten und verändern oft den pHWert der Haut, die Haftung kann beeinträchtigt werden chronische Schmerzen sind gemäß dem entsprechenden Expertenstandard zu behandeln. Richtig dokumentieren Die Fistelversorgung ist immer mit dem Arzt durchzuführen, die Versorgung kann an die Pflegenden delegiert werden. 34 Besonderes Augenmerk muss auf die Dokumentation gelegt werden, sie ist Bestandteil der Therapie, der Pflege und die Grundlage, um den Verlauf zu beurteilen. Die wichtigsten Inhalte sind: —Erstellen einer Fistel- bzw. und Wunddiagnose (erstes Auftreten oder Rezidiv) —Beschreibung der Fistelsituation und der verwendeten Materialien —Ausscheidung, Menge, Farbe, Beimengungen, Geruch —Fistelumgebung: besteht eine Wunde, deren Größe, Ausmaß, bestehen Wundtaschen mit Unterminierung? —Sind ein Wundgrund, -rand, -exsudat, -geruch zu beurteilen? —Gibt es Wundinfektionen? —Häufig gewählt wird die Fotodokumentation Versorgung in der Häuslichkeit Werden Patienten mit Fistel-, Drainage- oder Wundversorgung in die Häuslichkeit entlassen, Fazit für die Pflege — Fisteln und deren Ausscheidung sind nicht kalkulierbar, aus einer Highoutput-Situation kann eine Lowoutput-Fistel entstehen und umgekehrt. — Das Wechselintervall und die Bedarfsermittlung der Materialien ist auch für erfahrene Pflegefachkräfte schwierig, eine Verlaufsprognose im Gegensatz zur Stomaversorgung fast unmöglich. — Fistelversorgungen können mit einer Abszedierung einhergehen und eine zusätzliche Schmerztherapie erforderlich machen. sollte in der Klinik immer eine umfassende Anleitung, Beratung und Schulung stattfinden. Eine alleinige Selbstversorgung ist bei Komplikationen jedoch zeitweise nicht möglich, Bezugspersonen oder Pflegende im ambulanten Bereich sollten entsprechend geschult werden. Durch die ständige Ableitung müssen individuelle Lösungen für mobile Patienten gefunden werden, erfahrene qualifizierte Pflegefachkräfte können hier die Versorgungssituation wesentlich verbessern. Der Betroffene und seine Angehörigen sind umfassend zu informieren und zu schulen. Dem Patienten ist unbedingt zu erklären, dass Pflegefachkräfte in Homecare-Unternehmen oder Sanitätshäusern keine „häusliche Pflege“ leisten, sondern Ansprechpartner für die Koordination der Produktauswahl, die Bereitstellung, Anleitung zum Gebrauch der Hilfsmittel, deren Anpassung und bei Problemen sind. Die Versorgung bei Komplikationen mit Produkten der modernen Wundversorgung oder mit Fistelund Wundversorgungsbeuteln erfolgt durch eine separate Verordnung. Oftmals muss hierzu vom qualifizierten Leistungserbringer (Sanitätsfachhandel oder Homecare-Unternehmen) ein Kostengenehmigungsverfahren über die Krankenkasse veranlasst werden. Falls medizinisch notwendig, wird die ambulante Pflege ebenfalls über den Kostenträger beantragt und genehmigt. Wichtig: Die Diagnose, um welche Fistel es sich handelt, das benötigte Material und der Versorgungszeitraum, sind unbedingt korrekt einzutragen. Literatur bei der Verfasserin Gabriele Gruber, MSc MedicalSupport Ginsterweg 15 81377 München [email protected] Heilberufe / Das Pflegemagazin 2016; 68 (6) Den Alltag erleichtern Herausforderung: Stoma bei Säuglingen Im Säuglingsalter ist die Anlage eines Stomas häufig eine lebensrettende Maßnahme. Schon die lebensbedrohliche Erkrankung des Kindes ist eine für die Eltern sehr belastende Situation. Zudem benötigen sie nun Informationen und Hilfestellungen, die den täglichen Umgang mit einem Stoma erleichtern. E in Stoma wird bei Säuglingen viel seltener angelegt als bei Erwachsenen. Die Indikationsstellung ist ebenfalls eine andere. Die häufigsten Ursachen sind: Angeborene anorektale Missbildungen: Angeborene Fehlbildungen des Enddarms können mit einem angeborenen Mastdarmverschluss und fehlender Verbindung zum After einhergehen. Die Ausscheidungsöffnung fehlt komplett, teilweise oder liegt an einer falschen Stelle. Diese Erkrankung entsteht durch eine Entwicklungshemmung unklarer Ätiologie. Anorektale Fehlbildungen stehen häufig in Kombination mit anderen assoziierten Anomalien (z.B. Trisomie 21). brose aufgrund einer bestimmten Genmutation (CFTR). Folglich bildet sich im Magen-Darm-Trakt hochvisköser Darmschleim. Die Pankreasenzyme werden nicht sezerniert und können den Darminhalt nicht spalten. Meistens liegt eine starke Dilatation des Ileums mit der Gefahr der Perforation vor. Hier findet man keine Darmunterbrechung, sondern klassischer Weise eher im unteren Ileum einen stark kontrahierten Darm mit eingedicktem und verhärtetem Mekonium. K E Y WO R DS Indikationen Stomaarten Stomaanlagen Komplikationen Nekrotisierende Enterocolitis: NEC ist eine Darminfektion unklarer Ätiologie, die zu einer Darmwandischämie führt. Als begünstigende Faktoren gelten Frühgeburtlichkeit, perinatale Komplikatio- ©© kieferpix / Fotolia Morbus Hirschsprung: Beginnend im Rektum, kann in unterschiedlicher Ausprägung das gesamte Kolon betroffen sein. Darmabschnitte sind nicht ausgereift und verengt, es fehlen Nerven (Aganglionose), die für eine normale Defäkation nötig sind. Hinter gelagerte Darmabschnitte zeigen eine abnorme Weite und Verdickung. Infolge der Verengung des Rektums (und eventuell des Kolons) kommt es zu einer Unterbrechung oder Verzögerung der Stuhlpassage. Der Säugling leidet unter hartnäckigen Obstipationen, es kann zum Ileus, zu Entzündungen und auch zur Darmperforation kommen. Operativ wird der betroffene Darmabschnitt reseziert und eine kolorektale Anastomose durchgeführt. Zum Schutz dieser Anastomose wird ein temporäres Stoma angelegt. Mekoniumileus: Wenn der erste Stuhl des Neugeborenen durch eine vermehrte Eiweißansammlung sehr zäh, klebrig und eingedickt ist, kann es zu einer Obstipation und folglich durch das „kittartige“ Verkleben des Darmlumens zu einem Mekoniumileus kommen. Ursache ist häufig eine zystische FiHeilberufe / Das Pflegemagazin 2016; 68 (6) Die Anlage eines Stomas bei Säuglingen ist seltener als bei Erwachsenen – aber eine besondere Herausforderung für Pflegekräfte und Eltern. 35 PflegeKolleg Einteilige Systeme kommen dem Bewegungsdrang des Kindes entgegen. Stoma- und Fistelmanagement nen mit Hypoxie/Asphyxie sowie Atemnotsyndrom und Herzmissbildungen. Die Ausreifung des Darms bei Frühgeborenen ist unvollständig. Es liegt ein unreifer und vulnerabler Darm vor, bei dem es zu einer mangelnden Blutversorgung und zum Fehlen der physiologischen Schleimbildung als Schutzfunktion kommt. Ursächlich für die Entstehung einer NEC ist eine bakterielle Besiedlung: Die Bakterien dringen in die Darmwand ein. Meistens kann eine unkomplizierte NEC konservativ behandelt werden. Kommt es allerdings zu Komplikationen (z.B. Darmperforation, Abszess-Bildung), ist eine operative Intervention erforderlich. Dann wird der betroffene Darmanschnitt reseziert. Ziel ist es, die Ileozäkalklappe zu erhalten und weniger als 150 cm Dünndarm zu entfernen. Die temporäre, meist doppelläufige Stomaanlage dient hier ebenfalls dem Anastomosen Schutz. Volvulus des Dünndarms: Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine Ileum-Malrotation. Die betroffenen Darmabschnitte sind unterversorgt und können nekrotisch werden. Abgestorbene Darmbezirke müssen entfernt werden. In den meisten Fällen wird ein protektives Ileostoma angelegt. Ein Volvulus kann bereits pränatal auftreten. Aufgrund des Unterganges von Darmanteilen kann es zu einer Darmatresie kommen. Pränatale Diagnostik In den letzten Jahren hat sich die Qualität der pränatalen Vorsorgeuntersuchungen und Diagnosestellung deutlich verbessert. Dies ermöglicht häufig eine frühzeitige interdisziplinäre Aufklärung der Eltern und eine optimierte perinatale Behandlung sowie Planung der operativen Therapien. Zunehmend gewinnen minimal-invasive Verfahren an Bedeutung und doch ist es oft nötig, temporäre Stomata anzulegen, da eine sofortige End-zu-End-Anastomose nicht sinnvoll wäre. In den meisten Fällen ist die Stomaanlage nur vorübergehend; sie kann nach ursächlicher Abheilung der Grunderkrankung zurückverlegt werden. Stomaarten und Anlagen Die Versorgung muss unverzüglich gewechselt werden, sobald es zu Undichtigkeiten kommt. 36 Die Grunderkrankung des Säuglings ist ausschlaggebend für die Art der Stomaanlage. Je nach Art und Ursache der Erkrankung werden eine oder mehrere Stomata angelegt. Häufig werden doppelläufige Stomaanlagen angelegt. Hierbei werden die Darmschenkel durchtrennt und separat ausgeleitet. Es entstehen zwei Stomata, die meistens nahe nebeneinander liegen und häufig nur durch eine kleine Hautbrücke getrennt sind. Endständige oder singulär angelegte Anlagen, bei denen der orale Darmschenkel aus der Bauchdecke ausgelei- tet wird und der aborale Darmschenkel entfernt oder blind verschlossen wird, werden bei Säuglingen sehr selten angelegt. Im Einzelnen wird unterschieden: —Kolostomie: Hier wird ein Teil des Dickdarmes entfernt. Der größte Teil des Darmes bleibt erhalten. Das ermöglicht die Resorption der Nahrungsbestandteile und die Eindickungsfähigkeit des Stuhls (durch Wasserentzug). Die Konsistenz des Stuhlgangs ist breiig und weniger aggressiv als beim Ileostoma. —Doppelläufige Kolostomie: Dabei entstehen ein oraler und ein aboraler Schenkel. Häufig sind diese Schenkel getrennt durch eine Hautbrücke befestigt. Zum einen, um eine einfachere Versorgung zu gewährleisten, zum anderen als Prophylaxe vor einem Prolaps. Diese Anlage wird angewandt, wenn der abführende (aborale Anteil) geschont werden muss. Der aborale Teil des Darms wird entlastet (z.B. zum Anastomosen Schutz), da der größte Teil der Ausscheidungen nicht durch diesen Abschnitt läuft. Der Säugling kann allerdings weiterhin durch den After ausscheiden. —Ileostomie: Hierbei wird das Ileum ausgeleitet. Das Kolon kann seine Aufgabe des Wasserentzuges nicht mehr erfüllen; die Ausscheidung ist flüssig und für die parastomale Haut sehr aggressiv. Bei einem Ileostoma ist die prominente Anlage des Stomas besonders wichtig. —Doppelläufige Ileostomie: Sie hat ähnliche Merkmale wie das doppelläufige Kolostoma und dient zur Entlastung des Kolons. Da die Ausscheidung dünnflüssig ist, muss auf einen besonderen Hautschutz geachtet werden. Kriterien der Versorgungsauswahl Die Stomaversorgung ist nach speziellen Gesichtspunkten auszuwählen. Die Stomaart spielt neben der Hautbeschaffenheit, der Größe und dem Alter des Kindes eine genauso wichtige Rolle, wie die Stuhlbeschaffenheit und eventuell vorliegende Komplikationen. Die Versorgung sollte weich sein und über einen guten Hautschutz verfügen. Es gibt einteilige und zweiteilige Versorgungssysteme mit hautfreundlicher Klebeplatte und Stuhlauffangbeutel. Bei den zweiteiligen Systemen kann die Basisplatte mehrere Tage auf dem Bauch des Säuglings verbleiben. Viele Hersteller bieten auch konvex- oder konvex light-Systeme an. Die Stuhlbeutel werden wahlweise über einen „Rastring“ oder „Klebering“ befestigt. Diese zweiteiligen Systeme sind vor allem bei sehr empfindlicher Haut vorteilhaft. Einteilige Systeme kommen dem Bewegungsdrang des Kindes entgegen. Es gibt geschlossene und offene Beutel. Insbesondere ist aber auf den Verschluss zu achten: Der Beutel sollte nicht mit einer starren Klammer verschlosHeilberufe / Das Pflegemagazin 2016; 68 (6) sen werden, um Druckstellen zu vermeiden. In den meisten Stuhlauffangbeuteln ist ein Kohleaktivfilter integriert, um einen kontrollierten neutralen Luftabgang zu ermöglichen. Durchführung des Versorgungswechsels Das Wechselintervall richtet sich nach der ausgewählten Versorgung, der Art der Stomaanlage und der Hautbeschaffenheit. Die Säuglingshaut ist sehr empfindlich und wird bei Kontakt mit Ausscheidungen sehr schnell wund. Sind die Ausscheidungen sehr flüssig, erschöpft sich das Material und der Hautschutz schneller als bei festeren Ausscheidungen. Entscheidend sind auch die Bewegungen des Kindes oder ob es in einem Inkubator liegt. Auch durch Wärme und Feuchtigkeit werden Lebenszeit und Sitz der Versorgung beeinflusst. Überprüfen sie daher häufiger die Dichtigkeit. Beim Wechsel der Stomaanlage ist eine gute Vorbereitung vonnöten. Die Entfernung der alten Versorgung sollte – wie bei den Erwachsenen auch – behutsam von statten gehen. Gegebenenfalls sollte ein Pflasterlöser verwendet werden. Hautschutz und Pflege Sehr wichtig ist, dass die Versorgung gut ausgemessen ist und der Ausschnitt dicht mit dem Stoma abschließt. Frische Stomaanlagen können sich im Laufe der ersten Tage erheblich verkleinern (z.B. durch Resorption des Ödems). Allerdings können sie sich auch im Laufe der Zeit vergrößern (z.B. durch Wachstum und/oder Gewichtszunahme des Säuglings. Diese Veränderung ist zu berücksichtigen. Zur Säuberung reicht klares, warmes Wasser normalerweise aus. Sollten Badezusätze verwandt werden, achten Sie auf einen neutralen pH-Wert. Für die Pflege der Haut oder zum Hautschutz sollten nur fettfrei Substanzen verwandt werden, da sonst die Versorgung nicht mehr sicher hält (z.B. Cavilon Lollys®, Schutzcreme®). Falls es einen aboralen Schenkel gibt, der separat ausgeleitet ist, benötigt dieser ebenfalls eine besondere Pflege. Er muss vor Austrocknung, Verletzungen und Verklebung geschützt werden beispielsweise durch ein Hydrogel (z.B. Suprasorb Gel®, Purilon Gel®) oder indem man ihn mit einer Fett-Gaze versorgt (z.B. Softa Tüll®, Atrauman®). Um eine weitere Verklebung zu verhindern, eignen sich Vlieskompressen als Sekundärverband und eine Fixierung mit einem Schlauchverband. Mögliche Komplikationen Es gibt eine Vielzahl von intra- und postoperativen Komplikationen. Intraoperativ können zum Beispiel benachbarte Organe verletzt werden. Es kann aber auch der Darm nicht adäquat durch die Bauchdecke ausgeleitet und fixiert werden. Postoperativ sind Heilberufe / Das Pflegemagazin 2016; 68 (6) Fazit für die Pflege — Stomaanlagen bei Säuglingen sind ein wirkliches Spezialgebiet, deshalb die Beratung und Betreuung der Eltern besonders wichtig. — Je aufgeklärter die Eltern sind, desto schneller können sie ihren Alltag autark gestalten. — Durch den sicheren und geübten Umgang mit dem Stoma lassen sich Komplikationen verhindern und die schwere Zeit besser überbrücken. Frühkomplikationen wie Infektionen, Nachblutungen, Ödeme oder Durchblutungsstörungen möglich. Zu den Spätkomplikationen zählen: Parastomale Hernie, Darmprolaps, Hautmazerationen und Stomastenose. Darüber hinaus kann es zu Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes kommen. Eine Säuberung mit klarem warmen Wasser reicht in der Regel aus. Ambulante Nachbetreuung Es ist entscheidend, die Hilfsmittel zur Versorgung des Stomas den individuellen Gegebenheiten, der Entwicklung und den Bedürfnissen des Kindes und der Eltern anzupassen. Die benötigten Hilfsmittel zur Versorgung müssen bei Entlassung bereitstehen. Auch der Kontakt zu einem Nachversorger sollte bereits in der Klinik hergestellt werden. Unterstützung können Eltern bei Fachkräften in Sanitätshäusern, Care Teams, Apotheken oder Homecare-Unternehmen finden. Möglich ist auch eine Betreuung durch einen speziellen Kinderpflegedienst. Einige Krankenhäuser bieten eine Stomaambulanz an. Darüber hinaus können sich Eltern und Angehörige in Selbsthilfegruppen und Internet-Foren informieren und austauschen. Rückverlegung des Stomas Wie lange die Stomaanlage besteht, hängt entscheidend von der Erkrankung und dem Allgemeinzustand des Säuglings ab. Fast alle Anlagen können zurückverlegt werden. In den meisten Fällen wird aus chirurgischer Sicht ein Gewicht des Kindes von 2.000–2.500 g angestrebt. Bestenfalls liegen aufgrund der Verwachsungsgefahr zwischen dem ersten und dem nächsten chirurgischen Eingriff mindestens acht Wochen. Tanja Ristof Examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, Pflegeexpertin Stoma Inkontinenz Wunde Abteilungsleiterin Care im Sanitätsfachhandel Im Schlehental 16a, 52459 Inden [email protected] 37 RT Mit dem HEILBERUFE PflegeKolleg können sich alle Pflegekräfte unkompliziert fortbilden. Wenn Sie 9 der 10 Fragen richtig beantworten, erhalten Sie ein anerkanntes Zertifikat, das Ihnen 3 Punkte im Rahmen der Registrierung beruflich Pflegender (RbP – www.regbp.de) beim Deutschen Pflegerat (DPR) sichert. So nehmen Sie teil Am einfachsten füllen Sie den Fragebogen unter www.heilberufe.de online aus. Unmittelbar nach der Teilnahme erfahren Sie, ob Sie bestanden haben und können sich Ihr Zertifikat gleich ausdrucken. Per Post senden Sie den Fragebogen an: Springer Medizin Redaktion HEILBERUFE Heidelberger Platz 3 14197 Berlin (Fax: 030 82787 5505) Die Online-Teilnahme ist für Abonnenten der Zeitschrift HEILBERUFE kostenlos; von NichtAbonnenten sowie bei postalischer Einsendung wird eine Bearbeitungsgebühr erhoben. Teilnahmeschluss ist der 31.10.2016 2. Welcher Zeitpunkt hat sich bei Urostomien und Ileostomien bewährt, um den Wechsel möglichst unkompliziert zu gestalten? A Vor dem Frühstück. B Um die Mittagszeit. C Vor dem Abendbrot. 3. Wie wird die alte Versorgung beim Wechsel gelöst? A Von unten nach oben. B Von oben nach unten. C Die Richtung spielt keine Rolle. 4. Bei sorgfältiger Stomapflege sind Komplikationen die Ausnahme. Dennoch kann es im Verlauf der Versorgung immer auch zu Problemen kommen. Welche sind häufig? A Fieber. B Hautirritationen. C Fehlende Compliance. 5. Was ist entscheidend für die Art der Stomaanlage beim Säugling? A Grunderkrankung des Säuglings. B Größe des Säuglings. C Gewicht des Säuglings. 6. Wonach richtet sich das Wechselintervall der Versorgung beim Säugling? A Entscheidend sind die Herstellerangaben auf den Materialien. B Nach dem Dienstplan der Pflegekräfte. C Nach der ausgewählten Versorgung, der Art der Stomaanlage und der Hautbeschaffenheit. Name, Vorname Straße E Fernfortbildung zum Mitmachen 1. Wie oft sollte in den ersten postoperativen Tagen das Stoma inspiziert werden? A Mehrmals innerhalb einer Schicht. B In jeder Schicht mindestens einmal. C Es genügt vollkommen, das Stoma je nach Bedarf zu inspizieren. 3 N TB G Punkte R (Es ist jeweils nur eine Antwort richtig.) IFIZIE RT FO Stoma und Fistelmanagement ZE PflegeKolleg Fragebogen ILDU 7. Bei Säuglingen können fast alle Anlagen zurückverlegt werden. Welches Gewicht des Säuglings wird bei der Rückverlegung der Stomaanlage angestrebt? A Das Gewicht des Kindes sollte bei 2.000 bis 2.500 g liegen. B Ein Gewicht von 1.500 bis 2.000 g ist ausreichend. C Angestrebt wird ein Gewicht des Kindes von 2.500 bis 3.000 g. 8. Wie entstehen enterocutane Fisteln? A Enterocutane Fisteln entstehen durch Unachtsamkeit bei einer OP. B Aus einer chronischen oder akuten Entzündung oder durch mechanische Einwirkungen wie einem chirurgischen Eingriff, einem Unfall oder dem Geburtsvorgang. C Wenn eine Wunde vernachlässigt wird, entstehen enterocutane Fisteln. 9. Welches sind häufige Fehler bei der Fistelversorgung? A Bei der Fistelversorgung wird oft ein falsches Wechselintervall gewählt. B Die Pflegekräfte wählen einen ungünstigen Zeitpunkt für die Versorgung. C Zu großer Ausschnitt des fistelumgebenden Hautschutzes, mangelnde Abdichtung durch Unebenheiten, zu lange Tragezeit der Produkte, falsche Beutel- oder Versorgungsausführungen. 10. Wofür stehen die drei Kategorien „highoutput“, „middleoutput“ und „lowoutput“ bei der Unterscheidung von Fisteln? A Die Einteilung wird dazu genutzt, den Durchmesser der Fisteln anzugeben. B Die Kategorien sind Ausdruck für die Länge der Fisteln. C Die Kategorien stehen für die Ausscheidungsmenge der Fisteln. ☐ Ich bin Abonnent/in von HEILBERUFE und möchte gegen Gebühr (5 €/pro Zertifikat) postalisch teilnehmen. ☐ Ich habe kein HEILBERUFE Abo und möchte gegen Gebühr (7,50 €/pro Zertifikat) postalisch teilnehmen. PLZ/Ort E-Mail 38 Datum/Unterschrift Heilberufe / Das Pflegemagazin 2016; 68 (6)