1 Mathematisches Institut II Universität Karlsruhe Priv.-Doz. Dr. N. Grinberg 15.06.2004 SS’05 Schnupperkurs: Ausgewählte Methoden zur Aufgabenlösung Vorlesung 2: Kongruenzabbildungen in geometrischen Aufgaben • Benutzte Literatur: 1. Lambacher, Schweizer: Geometrie 1 und 2 2. V. V. Prasolov: Planimetrische Aufgaben (in russischer Sprache) 3. Arthur Engel: Problem-Solving Strategies, Chapter 12. 4. Verschiedene Mathematik-Wettbewerbe 1 Ein bißchen Theorie Definition 1 Eine bijektive Abbildung heißt Kongruenzabbildung, wenn für je zwei Punkte A und B gilt |A0 B 0 | = |AB| . (1) • Ist T eine Kongruenzabbildung, so ist die inverse Abbildung T −1 ebenfalls eine Kongruenzabbildung. • Sind T1 und T2 Kongruenzabbildungen, so ist ihre Verkettung (auch Hintereinanderausführung genannt) T2 ◦ T1 ebenfalls eine Kongruenzabbildung. Klassifizierung aller Kongruenzabbildungen der Ebene. Fixpunkte keine ein eine Gerade Ebene R2 2 gleichsinnig Translation Drehung Identitätsabbildung gegensinnig Gleitspiegelung Achsenspiegelung - (2) Vorlesungsbeispiele Aufgabe 2.1 Rotkäppchen und ihre Oma wohnen auf der gleichen Seite eines Flusses. Rotkäppchen soll zum Fluss laufen, Wasser schöpfen und es der Oma bringen. Wie soll Rotkäppchen laufen, damit ihr Gesamtweg minimal ist? Lösung: Wir bezeichnen mit A bzw. B den Punkt wo Rokäppchen bzw. die Oma wohnt. Sei die Gerade g das Flussufer, wo Rotkäppchen Wasser schöpfen muss. Ferner bezeichnen wir mit B 0 das Spiegelbild von B an der Geraden g. 2 B g Y X B‘ Für jeden Punkt Y ∈ g, wo Rotkäppchen hinläuft, wird die Gesamtstrecke l, die sie zurücklegen muss, durch l = |AY | + |Y B| = |AY | + |Y B 0 | gegeben. Die letzte Summe ist genau dann minimal, wenn die Strecke AY B 0 gerade ist. Daraus folgt die Strategie: Rotkäppchen soll zu dem Schnittpunkt X = (AB 0 ) ∩ g laufen. Aufgabe 2.2. Am 22. Juni steht die Sonne um 12 Uhr im Zenit (scheint streng von oben). Wie soll man einen Quader halten, damit dessen Schatten die maximale Fläche hat? Lösung: Eine Umformulierung dieser Frage ist: Auf welche Ebene soll man den Quader projezieren, um eine maximale Fläche zu erzielen? Wir zeichnen eine solche Projektion. A B C Die sichtbare Seite (sowie der Schatten) besteht aus drei Parallelogrammen. Die Gesamtfläche ist dann die doppelte Fläche F (ABC) des Dreiecks ABC. Die Antwort ist also: Die Projektionsfläche ist dann maximal, wenn die Projektionsebene parallel zu der Ebene ABC ist. (Im Falle Sonne im Zenit muss man also den Quader so halten, dass die Ebene ABC horizontal ist). Aufgabe 2.3. Nördlich und südlich von einem Fluß liegt je eine Stadt A und B. Wo soll man eine zum Fluß orthogonale Brücke bauen, damit die Gesamtstrecke von A nach B (über diese Brücke) am kürzesten ist? Lösung: Seien X der Anfang und und Y das Ende der Brücke. Wir bezeichnen mit A0 −−→ −−→ −−→ das Bild des Punktes A bei Translation um XY , d. h. AA0 = XY . 3 •B Y •A‘ •A X Es gilt offensichtlich l = |AX| + |XY | + |Y B| = (|A0 Y | + |Y B|) + |XY | . Die Gesamtlänge ist also dann minimal, wenn A0 Y B eine gerade Strecke ist (da |XY | die Breite des Flusses, also fest vorgegeben ist). Dadurch kann der Punkt Y leicht bestimmt werden, und somit auch der Punkt X. Aufgabe 2.4. Sei ABC ein spitzwinkliges Dreieck. Ferner sei ein Punkt X auf der Strecke AB gegeben. Finden Sie einen Punkt Y auf der Strecke BC und einen Punkt Z auf der Strecke CA so, dass die Gesamtlänge lX = |XY | + |Y Z| + |ZX| minimal ist. Lösung: Wir bezeichnen das Spiegelbild von X an der Geraden (BC) mit X 0 , und das Spiegelbild von X an der Geraden (AC) mit X 00 . Es ist offensichtlich |XY | = |X 0 Y | und |XZ| = |X 00 Z| . Das ergibt lX = |X 0 Y | + |Y Z| + |ZX 00 | ≥ |X 0 X 00 | . Die Gesamtlänge lX ist also dann minimal, wenn der Streckenzug X 0 Y ZX 00 gerade ist. Die Antwort ist somit Y = (X 0 X 00 ) ∩ (BC) und Z = (X 0 X 00 ) ∩ (AC) . 4 B X’ X Y A C Z X’’ Aufgabe 2.5. Seien l1 , l2 und l3 drei gerade Wege in der Nähe eines runden Teichs. Eine Ente schwimmt vom Teichufer (Punkt A0 ) aus parallel zu l1 . Als sie wieder das Ufer erreicht (im Punkt A1 ), ändert sie ihre Richtung und schwimmt weiter parallel zu l2 . Nachdem sie wieder am Ufer ankommt (im Punkt A2 ), schwimmt sie weiter in Richtung l3 , dann wieder in Richtung l1 , in Richtung l2 und schließlich in Richtung l3 . Beweisen Sie, dass der letzte Punkt A6 mit dem Anfangspunkt A0 übereinstimmt. Lösung: Wir bezeichnen mit gj , j = 1, 2, 3, die Senkrechte zu lj durch den Mittelpunkt des Teichs. l2 l1 A1 A4 O A0 A6 A5 A3 A2 l3 5 Dann sind g1 , g2 und g3 konkurrent (schneiden sich in einem Punkt). Da die Mittelsenkrechte jeder Kreissehne durch den Kreismittelpunkt geht, haben die Sehnen A0 A1 , A1 A2 , A2 A3 , A3 A4 , A4 A5 und A5 A6 jeweils die Mittelsenkrechten g1 , g2 , g3 , g1 , g2 bzw. g3 . Wir bezeichnen mit Sj , j = 1, 2, 3, die Spiegelung an der Geraden gj . Es gilt dann: A1 = S1 (A0 ) , A2 = S2 (A1 ) , A3 = S3 (A2 ) , A4 = S1 (A3 ) , A5 = S2 (A4 ) , A6 = S3 (A5 ) . wobei Sj = Sgj , j = 1, 2, 3, die Achsenspiegelung bezüglich gj ist. Also ist A6 = (S3 ◦ S2 ◦ S1 ◦ S3 ◦ S2 ◦ S1 ) (A0 ) = (S ◦ S) (A0 ) , mit S = S3 ◦S2 ◦S1 . Die Verkettung S ist gegensinnig und hat mindestens einen Fixpunkt. Daher ist S Spiegelung an einer Achse (siehe Tabelle 2). Für eine Spiegelung gilt aber stets S ◦ S = id, was bedeutet A6 = (S ◦ S) (A0 ) = id (A0 ) = A0 . Aufgabe 2.6. Zwei Spieler, Albert und Bertram, legen abwechselnd 2-Euromünzen auf einen elliptischen Tisch. Man darf seine Münze nur auf einen freien Platz legen. Albert fängt an. Verlierer ist, wer keine weitere Münze auf den Tisch legen kann. Wie soll Albert spielen, um sicher zu gewinnen? Lösung: Albert soll die erste Münze A0 genau in die Mitte legen. Desweiteren soll Albert seine Münze stets punktsymmetrisch (bezüglich des Zentrums O des Tisches) zu der vorherigen Münze von Bertram legen. B2 B1 A0 A1 A2 Da der Tisch punktsymmetrisch bezüglich O ist, bleibt nach jedem Zug von Albert der noch freie Platz F auf dem Tisch ebenfalls punktsymmetrisch. Außerdem ist O ∈ / F, da das Zentrum mit der ersten Münze von Bertram überdeckt ist. Daraus folgt: Wenn Bertram noch eine Münze legen kann, also eine genügend große freie Kreisscheibe K ⊂ F findet, dann ist das Spiegelbild dieser Kreisscheibe an dem Tischzentrum O ebenfalls frei. Dass heißt, Albert findet sicherlich noch Platz für seine nächste Münze. 6 Ein Ausflug in die affine Abbildungen Aufgabe 2.7. (Spezialfall des Satzes von Desargues). Sind die Verbindungsgeraden entsprechender Ecken zweier Dreiecke parallel: (AA1 ) k (BB1 ) k (CC1 ), so sind die Schnittpunkte entsprechender Seiten kollinear. C A B A1 C1 B2 A2 B1 C2 Lösung: Wir beweisen den Satz durch räumliche Deutung des Bildes. Wir betrachten das Bild als Zeichnung der Parallelprojektion von der Originalebene E = (ABC) auf die Zeichenebene E1 = (A1 B1 C1 ) mit Projektionsrichtung pk (AA1 ) k (BB1 ) k (CC1 ) . Diese Projektion (sogenannte axiale Affinität) ist eine affine Abbildung von E auf E1 . Das Dreieck A1 B1 C1 ist die Projektion des Dreiecks ABC. Offensichtlich ist (AC) ⊂ E, (A1 C1 ) ⊂ E1 und damit B2 = (AC) ∩ (A1 C1 ) ∈ E ∩ E1 = g (wir bezeichnen mit g die Schnittgerade E ∩ E1 ). Analog ist A2 = (CB) ∩ (C1 B1 ) ∈ g und C2 = (AB) ∩ (A1 B1 ) ∈ g. | {z } | {z } | {z } | {z } ∈E ∈E1 ∈E ∈E1 Also sind die drei Schnittpunkte A1 , B1 und C1 kollinear: sie liegen auf der Schnittgeraden g der Ebenen E und E1 . Bemerkung: Anders ausgedrückt ist g die Achse einer ebenen axialen Affinität, die ∆ABC in ∆A1 B1 C1 abbildet. 7 3 Übungsaufgaben Aufgabe 2.8. Gegeben seien drei parallele Geraden l1 , l2 und l3 . Konstruieren Sie ein gleichseitiges Dreieck A1 A2 A3 mit Aj ∈ lj für alle j. Lösung: Sei A ein beliebiger Punkt auf l2 . Ferner sei l10 das Bild der Geraden l1 bei der Drehung DA,−60◦ mit Zentrum A und Drehwinkel −60◦ , siehe Bild. Dann ist C = l3 ∩ l10 und B = DA,60◦ (C) . l1 B A l2 C l3 l1’ Aufgabe 2.9. Seien ABC und A0 B 0 C 0 zwei kongruente Dreiecke, wobei ∆ABC im Uhrzeigersinn und ∆A0 B 0 C 0 gegen den Uhrzeigersinn orientiert ist. Beweisen Sie, dass die Mittelpunkte A00 , B 00 und C 00 von den Strecken (AA0 ) , (BB 0 ) bzw. (CC 0 ) kollinear sind. Lösung: Da Dreiecke ABC und A0 B 0 C 0 kongruent aber gegensinnig orientiert sind, gibt es eine gegensinnige Kongruenzabbildung T mit T (ABC) = A0 B 0 C 0 . Es also entweder T = Sg eine Geradenspiegelung, oder T = Sg,d eine Gleitspiegelung mit einer Achse g. B’ B’’ B A’ A’’ A C’ C C’’ In jedem Fall gilt für jeden Punkt X : der Mittelpunkt X 00 der Strecke XX 0 (wobei X 0 = T (X) ist) liegt auf der Achse g. Insbesondere ist {A00 , B 00 , C 00 } ⊂ g. 8 Aufgabe 2.10. Am 22. Juni steht die Sonne um 12 Uhr im Zenit (scheint genau von oben). Welche maximale Fläche kann der Schatten eines regelmäßigen Tetraeders mit der Kante 1 haben? Lösung: Eine Umformulierung dieser Frage ist: Auf welche Ebene soll man den Tetraeder projizieren, um eine maximale Fläche zu erzielen? D X Y A B W Z C Wir bezeichnen die Projektion mit ADBC. Seien ferner X, Y, Z und W die Mittelpunkte der Strecken (AD) , (DB) , (BC) und (CA) . Aus Ähnlichkeitsgründen gilt 1 1 F (DXY ) = F (DAB) , F (CW Z) = F (CAB) , 4 4 1 1 F (AXW ) = F (ADC) , F (BY Z) = F (BDC) . 4 4 Die Gesamtfläche des Vierecks ADBC ist damit das Doppelte von der Fläche F (XY ZW ) des Parallelogramms XY ZW, da F (XY ZW ) = F (ADBC) − F (DXY ) − F (CW Z) − F (AXW ) − F (BY Z) 1 1 = F (ADBC) − [F (DAB) + F (CAB)] − [F (ADC) + F (BDC)] 4 4 1 1 1 = F (ADBC) − F (ADBC) − F (ADBC) = F (ADBC) . 4 4 2 Nach dem Satz von der Mittelparallelen gilt |XY | = |W Z| = 1 1 1 1 |AB| ≤ und ebenso |Y Z| = |XW | = |DC| ≤ 2 2 2 2 (wir haben |AB| ≤ 1 und |DC| ≤ 1, da die Projektion einer Strecke nicht länger ist, als die Strecke selbst). Daraus folgt F (ADBC) = 2 · F (XY ZW ) ≤ 2 · |XY | · |Y Z| · sin ]XY Z ≤ 2 · |XY | · |Y Z| ≤ 2 · 1 1 = . 4 2 Gleichheit ist möglich, wenn die Projektionsebene parallel zu einem Paar gegenüberliegender Kanten ist. 9 Aufgabe 2.11. (Thomsenstreckenzug). Auf den Seiten eines Dreiecks ABC seien Punkte C1 , C2 ∈ (AB) , A1 , A2 ∈ (BC) , B1 , B2 ∈ (CA) gegeben mit (A1 B1 ) k (AB) , (B1 C1 ) k (BC) , (C1 A2 ) k (CA) , (A2 B2 ) k (AB) , (B2 C2 ) k (BC) . C B2 A2 A1 B1 A C1 C2 B Beweisen Sie, dass auch (C2 A1 ) k (CA) ist. Lösung: Wir haben die Parallelogramme A1 B1 C1 B, B2 AC1 A2 , B1 C1 A2 C, B2 C2 BA2 . −−→ −−−→ −−→ −−−→ −−→ Also ist A1 B = B1 C1 und C2 B = B2 A2 = AC1 . Somit erhält man das Dreieck ³−−−→B´1 AC1 −−→ −−→ . Folglich ist B1 A = T−−−→ A1 C2 aus ∆A1 C2 B durch Parallelverschiebung T− und A1 B1 A1 B1 somit (C2 A1 ) k (CA). Aufgabe 2.12. Sei T eine Kongruenzabbildung, die zwei verschiedene Fixpunkte A und B hat, d. h. zwei Punkte A und B, für die A0 = A und B 0 = B gilt Zeigen Sie, dass T entweder die Spiegelung S(AB) an der Geraden (AB) ist, oder die Identitätsabbildung id. Lösung: Erstens wird jeder Punkt X ∈ (AB) eindeutig durch die zwei Abstände |AX| und |BX| bestimmt. Da aber |AX| = |A0 X 0 | = |AX 0 | und |BX| = |B 0 X 0 | = |BX 0 | (3) ist, folgt X 0 = X. Also ist jeder Punkt auf der Geraden (AB) ein Fixpunkt der Abbildung T. Betrachten wir jetzt zwei Fälle: 1. Es gibt einen Fixpunkt C ∈ / (AB) ; 2. Es gibt keine weitere Fixpunkte außerhalb (AB) . Im ersten Fall ist T die Identitätsabbildung, da T durch die Bilder dreier nichtkollinearer Punkte eindeutig bestimmt wird. Wenn also id (A) = T (A) , id (B) = T (B) und id (C) = T (C) ist, dann ist auch identisch id = T. Im zweiten Fall betrachten wir einen beliebigen Punkt X ∈ / (AB) und finden sein Bild X 0 . Es gilt (3), was für die Lage des Punktes X 0 nur zwei Möglichkeiten lässt: entweder ist X 0 = X oder ist X 0 das Spiegelbild S(AB) X von X bezüglich (AB) . Da wir den Fall X 0 = X ausgeschlossen haben (es gibt ja keine weitere Fixpunkte außerhalb (AB)!) muss also X 0 = S(AB) X für jeden Punkt X gelten. 10 4 Schwieriegere Aufgaben *Aufgabe 2.13. Sei T eine Kongruenzabbildung, die genau einen Fixpunkt O hat. Zeigen Sie, dass T eine Drehung um O ist. Lösung: Betrachten wir einen Punkt A 6= O. Dann ist A0 = T (A) 6= A. Es ist nun |OA0 | = |O0 A0 | = |OA| . Wir bezeichnen mit ϕ den (orientierten) Winkel ]AOA0 6= 0◦ und betrachten die Drehung Dϕ um den Drehpunkt O mit dem Drehwinkel ϕ. Es gilt nach der Definition Dϕ (A) = A0 = T (A) . Die inverse Drehung Dϕ−1 = D−ϕ erfüllt also D−ϕ (A0 ) = A. Wir betrachten nun die Verkettung T1 = Dϕ−1 ◦ T. Die Abbildung T bestimmt sich dann aus der Gleichung T = Dϕ ◦ Dϕ−1 ◦ T = Dϕ ◦ T1 . | {z } (4) T1 Es gilt T1 (O) = O und T1 (A) = D−ϕ (T (A)) = D−ϕ (A0 ) = A. Die Kongruenzabbildung T1 hat somit mindestens zwei verschiedene Fixpunkte O und A. Aus der Aufgabe 2.12 wissen wir, dass somit entweder T1 = S(OA) oder T1 = id ist. Im Falle T1 = S(OA) folgt aus (4) T = Dϕ ◦ S(OA) . Diese Abbildung hat aber weitere Fixpunkte (in der Tat ist sie eine Achsenspiegelung), siehe Bild. X‘ = S(OA) (X) ϕ/2 O A X = Dϕ (X‘) Dieser Fall ist somit ausgeschlossen. Also bleibt T1 = id. Daraus schließt man T = Dϕ ◦ id = Dϕ . Die Abbildung T ist somit eine Drehung um den Fixpunkt O, was zu zeigen war. Aufgabe 2.14. Seien g1 und g2 zwei Geraden mit dem Schnittpunkt O. Sei ϕ der gerichtete Winkel zwischen den Geraden g1 und g2 . Beweisen Sie, dass die Verkettung T = Sg2 ◦ Sg1 die Drehung um O mit dem Drehewinkel 2ϕ ist. 11 b). Seien g1 , g2 und g3 drei konkurrente Geraden mit dem Schnittpunkt O. Wir bezeichnen mit Sj = Sgj , j = 1, 2, 3, die Achsenspiegelung an gj . Beweisen Sie die Relation (S3 ◦ S2 ◦ S1 ) ◦ (S3 ◦ S2 ◦ S1 ) = id. (5) Lösung: a). Die Verkettung T = Sg2 ◦ Sg1 ist eine gleichsinnige Kongruenzabbildung mit dem Fixpunkt O. Daraus folgt, dass T eine Drehung um O ist. Um den Drehwinkel zu bestimmen, betrachten wir einen Punkt A ∈ g1 . Es ist A0 = Sg1 (A) = A und A00 = T (A) = Sg2 (A0 ) = Sg2 (A) . Der Drehwinkel wird durch ]AOA00 = 2] (g1 , g2 ) = 2ϕ gegeben. b). Die Verkettung S = S3 ◦ S2 ◦ S1 ist eine gegensinnige Kongruenzabbildung mit dem Fixpunkt O. Also ist T eine Achsenspiegelung. Daraus folgt S 2 = S ◦ S = id. *Aufgabe 2.15. Auf den Seiten BC, CA und AB eines Dreiecks ABC werden (nach außen) gleichseitige Dreiecke BCA0 , CAB 0 bzw. ABC 0 aufgerichtet. Seien X, Y und Z die Mittelpunkte dieser gleichseitigen Dreiecke BCA0 , CAB 0 bzw. ABC 0 . Man beweise: Das Dreieck XY Z ist gleichseitig. Bemerkung: Diese Aussage ist als Satz von Napoleon in die Geschichte der Mathematik eingegangen. Angeblich wurde sie von Napoleon Bonaparte entdeckt. A' A' B B X X C' C' Z Z C A C A Y Y B' B' Lösung: Man betrachte die Drehungen um X, Y und Z, wobei die Drehwinkel jeweils 120◦ sein sollen. Wir bezeichnen mit Z 0 den Punkt, für den ]Z 0 XY = 60◦ = ]XY Z 0 gilt (das Dreieck XY Z 0 ist somit gleichseitig). Die Verkettung T = DY ◦ DX ist nun eine Drehung um Z 0 mit Drehwinkel 120◦ + 120◦ = 240◦ (oder −120◦ ). Angenommen, Z 0 6= Z. Die Verkettung T1 = DZ ◦ DY ◦ DX = DZ,120◦ ◦ DZ 0 ,240◦ 12 ist dann eine Parallelverschiebung, weil für die Winkel die Relation 120◦ + 240◦ = 360◦ erfüllt ist. Andererseits gilt T1 (B) = B, d. h. T1 hat einen Fixpunkt. Das ergibt einen Widerspruch zu der Annahme, dass Z 0 6= Z ist. Also ist Z 0 = Z und damit ∆XY Z gleichseitig.