Der Löwe und das Mäuschen (Fabel nach Aesop) Ein Mäuschen lief aus Unachtsamkeit über einen schlafenden Löwen. Der Löwe erwachte und ergriff es mit seinen gewaltigen Tatzen. Er blickte es mürrisch an. „Verzeih mir meine Unachtsamkeit!“ flehte das Mäuschen. „Ich wollte dich nicht stören! Bitte schenke mir mein Leben! Ich will dir ewig dankbar dafür sein und ich will dir meine Dankbarkeit auch zeigen!“ Da musste der Löwe laut lachen. „Na dann lauf schon!“ brummte er und lies das Mäuschen los. Immer noch lächelnd sagte er zu sich selbst: „Wie soll denn so ein kleines Mäuschen mir großem Löwen seine Dankbarkeit zeigen? Ein guter Scherz ist das!“ Kurze Zeit darauf hörte das Mäuschen in seinem Loch ein fürchterliches Gebrüll. Es war der Löwe, der da brüllte. Neugierig wie es war lief es dorthin, von wo der Schall kam. Und was sah es da? Der Löwe war in einem Netz gefangen. Er strampelte und kämpfte mit dem Netz, aber je mehr er sich bewegte, desto mehr verstrickte er sich im Netz. Er konnte sich nicht befreien. Da eilte das Mäuschen zum Löwen. „Halt still!“ piepste es, doch der Löwe hörte es nicht. „So halt doch endlich still, sonst erdrückst du mich noch!“ piepste es so laut es konnte. Da hörte der Löwe zu zappeln auf und hielt still. Das Mäuschen eilte hin und zernagte hier einen Knoten des Netzes, und dort einen Knoten und noch einen dritten und vierten und fünften Knoten. Nun konnte der Löwe mit seinen Tatzen den Rest erledigen und das Netz zerreißen. So vergalt das Mäuschen die ihm erwiesene Großmut.