„Nationalsozialismus und Rassismus – aufgepasst, nicht angepasst“ Ein Projekt in den Osterferien 2012 im städtischen Jugendzentrum Tossehof mit Jugendlichen ab 13 Jahren 1 Vorwort • Die Ergebnisse der Projektwoche werden hier ausführlich vorgestellt und sollen Jugendlichen einen Einstieg in die Themen „Rassismus und Nationalsozialismus“ ermöglichen, sowie das Interesse an einer konstruktiven Auseinandersetzung hierzu wecken. • Die Fülle an furchtbaren Ereignissen, aber auch kleine Hoffnungsschimmer, welche die Projektgruppe ans Licht brachte, haben dazu beigetragen, diesen Projektbericht sehr ausführlich ins Netz zu stellen. 2 Verlauf der Projektwoche 1) • • Ausstellung und eigene Recherche im Jugendzentrum Ausgestellt wurden u.a. Fotos aus dem Leben Anne Franks, ihrer Freundin und Überlebende des Holocaust, Hannah Pick-Goslar, sowie von den Teilnehmern der Wannsee Konferenz und ihrem Werdegang im Nachkriegs Deutschland, von Ruth Held als ein Beispiel für Widerstand junger Menschen im Dritten Reich und eine Dokumentation rechter Gewalt nach 1945 bis heute. Die Unmenschlichkeit der Regierung in der NS Diktatur wurde durch Originalkopien von Dokumenten, wie dem Protokoll der Wannsee Konferenz und die Einberufung von Margot Frank ins Arbeitslager, deutlich. Zur eigenen Recherche lagen Bücher, Zeitschriften, DVD´s und Ausdrucke von Artikeln zum Thema bereit. 2) Film „Das Leben der Anne Frank“ 3) Aufsuchen der „Stolpersteine“ in Bulmke-Hüllen 4) Gedenkfahrt zum Anne Frank Haus in Amsterdam / Niederlande 5) Besuch der Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ in Gelsenkirchen-Erle mit dem Schwerpunkt „Jugend im Nationalsozialismus“ 6) Reflexion und Ausflug „Bowling“ 7) Ergebnis Sicherung durch eine gemeinsame Power-Point Präsentation. Jeder Jugendliche erhält ein Exemplar. 3 „Stolpersteine“ in Gelsenkirchen • Die „Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig sind kleine, dezentrale Mahnmale, die seit 2009 in Gelsenkirchen verlegt werden. Die „Stolpersteine“ erinnern an Menschen, die aufgrund von Rassenwahn und der menschenverachtenden Ideologie der Nationalsozialisten (NS), der Partei Adolf Hitlers und seiner Helfer, in den Jahren 1933 bis 1945 verfolgt, erniedrigt, misshandelt, deportiert und schließlich ermordet wurden. Die „Stolpersteine“ sind pflastersteingroße Betonwürfel mit einer Messingschicht überzogen, in der die Daten der NS-Verfolgung eingeprägt und vor dem letzten Wohnort der Menschen flächenbündig in den Bürgersteig eingelassen werden. • Die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig werden in der Öffentlichkeit durchaus kontrovers, mit unterschiedlicher Meinung, diskutiert. Werden die Opfer der NS Zeit durch die Wahl des Erinnerungsortes gar nachträglich nochmals mit Füßen getreten? Diese Frage wurde von den Jugendlichen gestellt. Deutlich wurde hier, wie unterschiedlich jeder einzelne von uns diese Frage für sich selbst beantwortet. • • Von den 23 teilnehmenden Jugendlichen hatte bisher niemand von der Existenz der „Stolpersteine“ gehört. Zusammen mit Frau Jordan von der Projektgruppe Stolpersteine des Gelsenzentrum e.V., wurden vier dieser dezentralen Gedenkstätten, die alle fußläufig vom Jugendzentrum zu erreichen sind, aufgesucht. Die Biographien der von den Nationalsozialisten und ihrer Helfer getöteten Menschen wurden den Jugendlichen hier aufgezeigt. 4 Opfergruppen Paul Kusz - Deserteur • • • • Paul Kusz Verlegeort: Hohenzollernstraße 272 Paul Kusz wurde am 03. August 1918 in Gelsenkirchen geboren. Er war verheiratet und Vater eines Kindes und war Autoschlosser von Beruf. Am 18. April 1944 wurde Paul Kusz wegen „unerlaubter Entfernung von der Truppe“ festgenommen. Er war nach seinem Urlaub nicht zur Truppe, also der Wehrmacht, zurückgekehrt und hielt sich in Gelsenkirchen versteckt. Im Mai 1944 wurde er von einem Militärgericht wegen „Fahnenflucht“ zum Tode verurteilt. Die Wehrwürdigkeit und die bürgerlichen Ehrenrechte wurden ihm aberkannt. Am 21. Juli wurde Paul Kusz im Dortmunder Gerichtsgefängnis, 25 Jahre jung, enthauptet. 5 Opfergruppen Familie Hirschhorn - Juden Familie Hirschhorn • • Verlegungsort: Bismarckstraße 152 Die Stolpersteine an der Bismarckstraße 152 erinnern daran, wie eine ganze Familie, die Bewohner eines Hauses, von den Nationalsozialisten verschleppt, voneinander getrennt und schließlich ermordet wurden. Im gleichen Haus wohnten noch Kurt Rosengarten, sowie das Ehepaar Moritz und Toni Meyer, die ebenfalls von den Nazis verschleppt und ermordet worden. • • • Hermann Hirschhorn wurde am 03. März 1894 geboren und war von Beruf Kaufmann. Seine Ehefrau Martha Hirschhorn, geborene Karpf, wurde 1905 geboren. Das Ehepaar hatte drei in Gelsenkirchen geborene Kinder. 1921 wurde Heinrich, 1929 Käthe und 1932 Ruth geboren.. Im Sommer 1940 wurde Hermann Hirschhorn in das Konzentrationslager (KZ) Sachsenhausen deportiert. Im September 1940 wurde er in das KZ Dachau und im Januar 1941 in das KZ Neuengamme verschleppt. Hermann Hirschhorn starb am 18. Juni 1942 im Konzentrationslager Neuengamme, angeblich an „Lungenentzündung“, im Alter von 48 Jahren. 6 Opfergruppen Familie Hirschhorn - Juden • Martha Hirschhorn und ihre drei Kinder Heinrich, Käthe und Ruth, wurden am 27. Januar 1942 nach Riga deportiert. Dort wurde Sohn Heinrich im August 1944 von der Restfamilie getrennt. Zuerst wurde er in das KZ Stutthof verschleppt und von dort in das KZ Buchenwald überstellt. Hier befand sich im September 1944 das „Außenkommando Willie“. Hier waren die Häftlinge in einem Zeltlager untergebracht und wurden zur Enttrümmerung und zu Aufräumarbeiten nach Bombenschlägen durch alliierte Luftangriffe eingesetzt. Die Häftlinge durften die Luftschutzbunker bei Fliegerangriffen NICHT aufsuchen. Heinrich Hirschhorn wurde bei einem der Bombenangriffe Ende November 1944 tödlich verletzt. Er wurde 23 Jahre alt. • Martha Hirschhorn und ihre Töchter Käthe und Ruth wurden am 04. August 1944 in einem Transport von insgesamt 1.321 Menschen von dem KZ Riga in das KZ Stutthof eingeliefert Hier verlieren sich ihre Spuren. Martha Hirschhorn war 39 Jahre alt, als sie ermordet wurde. Käthe wurde mit 15 Jahren und ihre Schwester Ruth mit gerade 12 Jahren von den nationalsozialistischen Schergen getötet. 7 Opfergruppen Kurt Rosengarten - Juden • Kurt Rosengarten • • Verlegungsort: Bismarckstraße 152 Kurt Rosengarten wurde am 15. August 1924 in Gelsenkirchen geboren. Am 27. Januar 1942 wurde er, im Alter von 18. Jahren, zusammen mit 356 jüdischen Kindern, Frauen und Männern aus Gelsenkirchen in Das KZ Riga deportiert dort bei Auflösung des KZ´s im November 1943, gerade 19. Jahre jung, ermordet. Über seinen Leidensweg in den KZ´s ist nichts bekannt. 8 Opfergruppen Moritz und Toni Meyer - Juden • Moritz und Toni Meyer • Das Ehepaar Moritz, geboren am 16. Oktober 1873, und Toni Meyer, 16. Juli 1879, lebte mit seinen Kindern Hans und Paul ebenfalls in dem Haus Bismarckstraße 152. Hans wurde am 24. Juni 1901 und Paul am 30. April 1910 geboren. Moritz Meyer war Geschäftsmann und besaß einen Laden in Gelsenkirchen Horst. Dieses Geschäft wurde dem Ehepaar Meyer 1937 von den Nazis weggenommen. Die Nationalsozialisten nannten diese Enteignungen „Arisierung“. Dies bedeutete, ein deutscher Bürger übernahm das Geschäft. • Sohn Hans heiratete früh und zog mit seiner Frau und dem gemeinsamen Kind nach Saarlouis. 1936 flüchtete die Familie in die Niederlande, nach Amsterdam. • Moritz, Toni und Sohn Paul Meyer flüchteten 1939 ebenfalls nach Holland. Dort war die Familie Meyer zunächst wieder vereint. Als die deutsche Wehrmacht 1940 in Holland einmarschierte und das Land besetzte, war die jüdische Bevölkerung dem Rassismus und der Verfolgung durch die Nazis ausgesetzt. Sohn Paul konnte in die USA emigrieren und überlebte so den Holocaust. Für alle anderen begann eine furchtbare Zeit. • Sohn Hans wurde mit einer Familie über das Durchgangslager Westerbork in das KZ Auschwitz verschleppt. Seine Frau und seine 13. jährige Tochter wurden im Oktober 1942, Hans im Februar 1943 in den Gaskammern von Auschwitz, im Alter von 41. Jahren, grauenvoll ermordet. • Das Ehepaar Toni und Moritz Meyer wurden im Januar 1943 nach Westerbork eingeliefert und Anfang Februar 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Beide wurden unmittelbar nach ihrer Ankunft dort ebenfalls in der Gaskammer grausam vergiftet. Überlebende von Auschwitz berichteten nach der Befreiung später, dass Frau Toni Meyer durch die Haftbedingungen so geschwächt war, so das sie auf einer Tragbahre in die Gaskammer gebracht wurde. Toni Meyer wurde im Alter von 63. Jahren, Moritz Meyer im Alter von 69. Jahre getötet. 9 Opfergruppen Regina Spanier – Juden • Regina Spanier • • Verlegungsort: Florastraße 84 Regine Spanier, geboren am 12. Mai 1896, lebte mit ihrem Ehemann und ihren vier Kindern zunächst in Herford. Ihre ältesten Kinder, Arthur und Erna, heiraten und gründen einen eigenen Haushalt, bevor die Familie 1924 nach Gelsenkirchen zieht. Ihre Kinder Willy und Gertrud heiraten 1924 und beziehen 1924 ebenfalls einen eigenen Haushalt. Gertrud heiratet Simon Raifeisen, einen Juden polnischer Herkunft. Tochter Ilse wird geboren. Vater Spanier stirbt 1935. • • Ende Oktober 1938 wird die erste große Ausweisungsaktion von Juden polnischer Herkunft durchgeführt. Von der Ausweisung betroffen war auch die Familie Raifeisen. Nach sechs Monaten darf Familie Raifeisen zunächst nach Deutschland zurück kehren. In ihre alte Wohnung in Dorsten dürfen sie nicht zurück und werden von den Nazis gezwungen, bei Gertrud´s Mutter Regina einzuziehen. Ihre kleine Tochter Ilse wird im letzten Moment gerettet. Mit einem der so genannten Kindertransporte gelangt sie im Dezember 1939 über Berlin nach Schweden und kann dort den Völkermord an den europäischen Juden überleben. Regina Spanier und das Ehepaar Raifeisen werden am 27. Januar 1942 in das KZ Riga verschleppt. Regina Spanier und Simon Raifeisen werden noch in Riga ermordet. Ihre Tochter Gertrud Raifeisen wird weiter verschleppt. Ihre Spuren verlieren sich im KZ Stutthof. Regine Spanier wurde mit 45 Jahren ermordet. 10 Opfergruppen Peter Heinen - Gemeinschaftsfremde • Peter Heinen • • Verlegungsort: Neuhüller Strasse 27 Peter Heinen wurde um 1902 geboren. Er war Angehöriger der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas. Die Mitglieder der Religionsgemeinschaft wurden unter anderem im so genannten Dritten Reich wegen ihrer Verweigerung des Kriegdienstes und des „Hitlergrußes“ verfolgt, in Konzentrationslager gesperrt und dort vielfach ermordet. Am Mittwoch, den 07. Oktober 1936 führte die Gelsenkirchener „Geheime Staatspolizei“ (Gestapo) bei der Familie Heinen eine Hausdurchsuchung durch. Eine Nachbarin hatte einen Hinweis gegeben. Obschon die Gestapo kein belastendes Material bei Peter Heinen fand, wurde er in das Polizeigefängnis, im damaligen Gelsenkirchener Rathaus, gebracht. Zwei Tage später war er tot. Die Gestapo hatte ihn zu Tode gefoltert und geprügelt. Peter Heinen wurde mit etwa 34 Jahren qualvoll erschlagen. Die namentlich bekannten Mörder wurden auch nach Kriegsende 1945 nicht vor Gericht gestellt und kamen ungestraft davon. • 11 Opfergruppen • Juden • Sinti und Roma • Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter • Politische Gegner • Deserteure, Kriegsdienstverweigerer • „Gemeinschaftsfremde“ und Kranke • Homosexuelle • Nicht angepasste Jugendliche 12 Gedenkfahrt zum Anne Frank Haus Das Tagebuch der Anne Frank 13 Am Mittwoch, den 11. April 2012, ging es mit dem Reisebus nach Amsterdam. Dort besuchten wir das „Anne Frank Haus“ (im Bild der rechte, grüne Bereich) in der Prinsengracht. Jedes Jahr suchen über eine Million Menschen aus aller Welt diese Gedenkstätte auf. Nachdem wir uns vorab über Anne Franks Geschichte, die ihrer Familie und weiteren Mitbewohner informiert hatten, sowie eine Verfilmung ihres Schicksal sahen, konnten wir die Enge des Hinterhauses doch erst während des Besuchs verinnerlichen. 14 Anne Frank Was die Zukunft bringen wird, kann Anne Frank zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, aber die Ahnungen scheinen düster zu sein - wie nach Halt suchend geht ihr Blick an der Kamera vorbei. Um der Deportation in ein Vernichtungslager zu entgehen, musste Anne Frank mit ihrer Familie Anfang Juli 1942 untertauchen - wenige Wochen nach ihrem 13. Geburtstag, zu dem sie jenes rot-weiß karierte Tagebuch geschenkt bekam, das sie nach ihrem grausamen Tod weltberühmt machen sollte. 15 Das Leben im Hinterhaus • Anne Franks Familie musste im Juli 1942 aufgrund ihrer jüdischen Herkunft untertauchen und versteckte sich in einem Amsterdamer Hinterhaus. Im August 1944 wurden sie jedoch von den Nationalsozialisten aufgespürt und in das Konzentrationslager Bergen-Belsen gebracht. Anne starb dort im März 1945 noch vor ihrem 16. Geburtstag. Bekannt wurde das Schicksal der Familie durch die Veröffentlichung von Annes Tagebuch nach dem Krieg. • Anne Frank (r.) mit ihrem Vater Otto (l.) und zwei Unbekannten vor dem Amsterdamer Rathaus im Juli 1941. Anne war gerade zwölf Jahre alt geworden. 16 Das Leben im Hinterhaus • Annelies Marie Frank, genannt Anne, wurde am 29. Juni 1929 in Frankfurt am Main geboren. • Die Familie Frank wanderte im Februar 1934 in die Niederlande aus, nachdem es im März 1933, die Nationalsozialisten waren bereits an der Macht, zu ersten antisemitischen Demonstrationen kam. In den Niederlanden, so dachte Familie Frank, wären sie vor den Nationalsozialisten sicher. • Annes Vater, Otto Frank, leitete die niederländische Vertretung der deutschen Firma Opekta, die Fruchtzucker für die Marmeladenherstellung produzierte. 1938 gründete er zudem mit Hermann van Pels eine zweite Firma, namens Pectacon, die Gewürze verkaufte. Büros und Lager befanden sich auf der Prinsengracht 263. Hier befand sich auch das Hinterhaus, in welchem sich Anne Frank, ihre Familie und vier weitere Menschen über zwei Jahre lang versteckt hielten. • Am 10. Mai 1940 überfiel die deutsche Wehrmacht die Niederlande und besetzte das Land. Nun drohte den Juden in den Niederlanden das gleiche Schicksal, wie denen in Deutschland und den anderen besetzten Gebieten. Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht in die Niederlande baute Otto Frank das Hinterhaus nach und nach um, da schnell klar war, dass eine weitere Flucht ins Ausland unmöglich war. Das Hinterhaus war von der Straße aus nicht sichtbar. • Nachdem Annes Schwester am 05. Juli 1942 einen Aufruf der Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Amsterdam erhielt, der ihre Deportation in ein Arbeitslager anordnete, beschloss Otto Frank, die Familie solle sich sofort in das extra vorbereitete Hinterhaus verstecken. Neben der Familie Frank zogen vier weitere Menschen, Freunde der Familie, ebenfalls dort ein. So lebten ab dem 06. Juli folgende Menschen in dem Hinterhaus, das insgesamt ca. 50 Quadratmeter klein war: 17 Das Leben im Hinterhaus • • • • • • • • Anne Frank, geboren am 12. Juni 1929, ermordet im KZ Bergen-Belsen Anfang März 1945 mit 15 Jahren Margot Betti Frank, geboren am 16. Februar 1926 (Annes Schwester), ermordet im KZ Bergen-Belsen Anfang März 1945 mit 19 Jahren Edith Frank-Holländer, geboren am 16. Januar 1900 (Annes Mutter), ermordet im KZ Auschwitz-Birkenau Anfang März 1945 mit 45 Jahren Otto Heinrich Frank, geboren am 1. Mai 1889 (Annes Vater und einziger Überlebender, gestorben 1980 bei Basel) Hermann van Pels, geboren am 31. März 1898 (Otto Franks Geschäftspartner und Freund), ermordet im KZ AuschwitzBirkenau am 08. September 1944 mit 46 Jahren Auguste van Pels, geboren am 29. September 1900, ermordet in Raguhn, Außenlager des KZ Birkenau am 09. April 1945 mit 44 Jahren Peter van Pels, geboren am 08. November 1926, ermordet am 05. Mai 1945 im KZ Mauthausen mit 18 Jahren Fritz Pfeiffer, geboren am 30. April 1889 (kam im November 1942 dazu), ermordet am 20. Dezember 1944 im KZ Neuengamme mit 55 Jahren • • • • • • • • Ohne Unterstützung niederländischer Helfer wären die Menschen im Hinterhaus von Anfang an verloren gewesen. Trotz Lebensgefahr und eigener karger Essensrationen versorgten folgende Menschen die acht Verborgenen mit Lebensmitteln, manchmal mit neuen Anziehsachen und hin- und wieder mit z.B. Zeitungen/Zeitschriften: Miep Gies-Santrouschitz, geboren am 15. Januar 1909 (versteckte Anne Franks Tagebuch vor der Gestapo und übergab es nach Kriegsende Otto Frank) Jan Gies, geboren am 18. Oktober 1905 Victor Kugler, geboren am 5. oder 06. Juni 1900 Johannes Kleiman, geboren 1896 Elisabeth „Bep“ van Wijk-Voskuijl, geboren am 05. Juli 1919 Alle Helfer waren Freunde und bis auf Jan Gies zudem Angestellte der Firma Otto Franks. Nach der Erstürmung des Verstecks durch die Gestapo wurden alle männlichen Helfer verhaftet und kamen in ein Lager und überlebten glücklicher Weise den Krieg, wenn auch zum Teil mit erheblichen gesundheitlichen Schäden . 18 Das Leben im Hinterhaus • Über zwei Jahre lebten die acht Menschen auf engsten Raum im Hinterhaus. Nie kamen sie nach Draußen und lebten ständig voller Angst, Sorge und doch mit Zuversicht. In dieser Zeit schrieb Anne Frank an ihrem Tagebuch, welches wir jedem Jugendlichen ans Herz zur eigenen Lektüre empfehlen. • Am 04. August 1944 stürmte gegen 10:00 Uhr die Gestapo das Versteck im Hinterhaus. Durch Verrat kamen die Nazis den Flüchtlingen auf die Spur. Wer das Versteck verraten hat, wurde niemals aufgeklärt. 19 • Zuerst wurden alle acht Gefangenen von der Gestapo verhört und ins Gefängnis „Huis van Bewaring“ gebracht. Zwei Tage später wurden sie ins Durchgangslager Westerbork verschleppt. Dort arbeiteten die Frauen getrennt von den Männern. Da sie als Verbrecher galten (schließlich hatten sie sich den Nazis „entzogen“), mussten sie Schwerstarbeit leisten. • Am 2. September wurde die Familie Frank und die Familie van Pels für den letzten Transport nach Auschwitz ausgewählt, zusammen mit 1.019 weiteren Menschen jüdischen Glaubens. • In Auschwitz angekommen, sahen die Frauen die Männer zum letzten Mal. Alle Kinder unter 15. Jahren, sowie alle nicht mehr „arbeitsfähigen“ Menschen kamen sofort in die Gaskammern. Von 1.019 Menschen wurden 549 unmittelbar nach ihrer Ankunft qualvoll vergiftet. Diejenigen, welche die Selektion (Auswahl) überlebt hatten, mussten sich ausziehen, wurden kahl geschoren, desinfiziert und bekamen ihre Häftlingsnummer eintätowiert. Am 28. Oktober 1944 wurden Anne und Margot Frank weiter in das KZ BergenBelsen „evakuiert“, da die Alliierten immer näher anrückten und die Nazis alle Spuren ihrer Gräueltaten verwischen wollten. • In Bergen-Belsen trafen Anne und Margot Frank ihre Freundinnen Hannah Goslar und Nanette Blitz wieder. • Anfang März 1945 sterben Margot und Anne Frank an Typhus. Wo genau ihre Leichen in Bergen-Belsen verscharrt wurden, ist unbekannt. Das Foto rechts zeigt ebenfalls einen Gedenkstein. 20 Das Leben, welches die Häftlinge im KZ Bergen-Belsen und allen weiteren Konzentrationslagern leben mussten, können wir uns heute gar nicht vorstellen, so menschenverachtend waren die Lager. Die Versorgung mit Lebensmitteln und die hygienischen Bedingungen waren furchtbar, eine ärztliche Versorgung gab es gar nicht. Anfang März 1945 raffte eine Typhus-Epidemie etwa 17.000 Gefangene hin. So auch Anne und Margot Frank. Etwa einen Monat vor der Befreiung und dem Kriegsende. 21 Vermächtnis • Otto Frank (rechts, Bildmitte) überlebte als Einziger aus dem Hinterhaus die Vernichtungslager sowie den Krieg und richtete das „Anne Frank Haus“ ein. Darauf hin veröffentlichte er Annes Tagebuch. • Als wichtigstes Ziel der Stiftung nannte Otto Frank den Kontakt und die Kommunikation zwischen jungen Menschen mit verschiedenen Kulturen, Religionen oder ethnischen Hintergründen, um Intoleranz oder rassistischer Diskriminierung entgegenzutreten. 22 Zivilcourage (...)“Wir konnten so wenig tun; gewiss, es gab Widerstand. Als die Deutschen zum ersten Mal im Februar 1941 in Amsterdams Straßen Juden zusammen trieben. Es kam zu Streik: Es fuhr keine Straßenbahn, Eisenbahn oder Bus. Es war still, beklemmend still in Amsterdam. Nach drei Tagen brach der Streik zusammen. Die Deutschen hatten die Macht. Auch als sie euch befahlen den Stern zu tragen, gab es Widerstand. Viele Christen trugen den Stern oder gelbe Blumen. An vielen Mauern leuchteten große, gelbe Sterne, Euch zu Ehren. Aber wir konnten es nicht verhindern; das was auf euch zu kam. Wir konnten nur versuchen zu helfen, Verstecke zu finden, Untertauchmöglichkeiten, Möglichkeiten zu überleben (Miep Gies, Ausschnitt Vorwort zu „Tagebuch der Anne Frank“ Audio CD)“. Das Foto aus dem Jahre 1987 zeigt Miep Gies, die der Familie Frank in deren Versteck über einen Zeitraum von zwei Jahren trotz Lebensgefahr half, vor dem Eingang zum Hinterhaus. Getarnt war der Eingang durch ein Bücherregal. Neben ihr steht ihr Mann Jan, der ebenfalls den Versteckten half. 23 • Ebenso wie die Familie Frank mussten sich tausende Menschen vor der nationalsozialistischen Willkür, der Gestapo (Geheime Staatspolizei) und der SS (Sturm Staffel, Terror – und Unterdrückungsorgan der Nazis) verstecken. • In dem Comic-Buch „Maus“ erzählt Art Spiegelmann die Geschichte seiner Eltern, die sich bis Anfang 1944 in dem, von der deutschen Wehrmacht und der Sowjetunion, besetzten Polen verstecken konnten. Oftmals durch Hilfe polnischer Menschen. Ebenfalls durch Verrat wurden sie auf der Flucht nach Ungarn von der Gestapo verhaftet. Im März 1944 kamen sie nach Auschwitz. Anja und Wladek Spiegelmann haben beide die KZ Haft und den Krieg, wenn auch mit tiefen seelischen Wunden, überlebt. • Das auf dem linken Bild gezeigte Versteck „bewohnten“ Wladek´s Vetter Miloch, seine Frau und ihr 24 Sohn. 1944 dreijähriger Institut für Stadtgeschichte Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ • Am dritten Projekttag fuhren wir in die Dokumentationsstätte. • Das vormalige Polizeigebäude an der Cranger Straße wurde nach Machtübernahme der Nazis 1933 Sitz der NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) in Gelsenkirchen Erle. In dem Gebäude gab es ein Gefängnis in dem es auch zu Folterungen kam. • „Ziel der Ausstellung an einer der wenigen erhaltenen historischen Stätten zur Geschichte des Nationalsozialismus in Gelsenkirchen ist es, die Ursachen und Folgen der nationalsozialistischen Herrschaft am Beispiel der Ruhrgebietsstadt Gelsenkirchen zu dokumentieren“, erfuhren wir vorab auf der Internetseite der Dokumentationsstätte. • Frau Klein vom Institut für Stadtgeschichte begleitete uns durch die Ausstellungsräume. Sie berichtete sehr anschaulich über wesentliche Aspekte der Weimarer Republik und der Zeit Gelsenkirchens unter der Herrschaft des Nationalsozialismus. Das Vorwissen und Fragen einzelner von uns nutzte Frau Klein, um unser Geschichtswissen für die wesentlichen Punkte zu sensibilisieren. 25 Institut für Stadtgeschichte Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ Die Gedenkstätte verfügt über viele Dokumente der NS Machthaber und bietet somit einen erschreckenden Einblick in die so genannte „Tätersicht“. • • • • Unter anderem, wurden folgende Aspekte thematisiert: Die Zeit des Erstarken der NSDAP in der Weimarer Republik und der Weltwirtschaftskrise Die Struktur Gelsenkirchens um 1930. Dies ist wichtig, da Gelsenkirchen damals eine Stadt war, in der überwiegend Arbeiterfamilien lebten. Der Bergbau und die Schwerindustrie waren die Hauptarbeitgeber. Auf Grund der großen Arbeiterschaft innerhalb der Bevölkerung Gelsenkirchens gab es neben der Zunahme von Wählern der Nationalsozialisten auch einen hohen Anteil von Wählern der Sozialdemokraten und Kommunisten. Verlauf der Nazi Diktatur 26 Institut für Stadtgeschichte Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ • • Den Schwerpunkt bildete der Themenbereich: „Jugend im Nationalsozialismus“ Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich auch das Leben junger Menschen. Im Schulunterricht wurden die Inhalte der nationalsozialistischen Ideologie vermittelt. Für jede Altersgruppe, egal ob Mädchen oder Junge, gab es eine entsprechende Gruppe innerhalb der „Hitler Jugend“. Eine Teilnahme hieran war mehr oder weniger verpflichtend. Für Jugendliche, z.B. jüdischer Herkunft hingegen tabu. Im Grunde dienten diese Jugendorganisationen der Vorbereitung der Kinder und Jugendlichen auf den Krieg. Gehorsam und Dienerschaft dem „Führer“ gegenüber wurden hier eingeübt. 27 Letzter Projekttag • • • • Am letzten Projekttag fuhren wir gemeinsam Bowlen. Eine gute Möglichkeit, angestaute Aggressionen abzubauen. Zudem wurden die Möglichkeit genutzt, die Projekttage zu zweit, zu dritt, gemeinsam zu reflektieren. Heute, nur 7 Jahrzehnte später, ist es kaum vorstellbar, dass all die Gräueltaten in der NS Zeit wirklich geschahen. Erschreckend, dass es heute immer noch Menschen gibt, die nationalsozialistisches und rassistisches Denken verbreiten und viele ihre Ziele mit Terror und Gewalt erreichen wollen. 28 Nachwort Zielgruppe: • Jugendliche ab 13 Jahren (Anm. Etwa 85% der BesucherInnen des Jugendzentrum Tossehof verfügen über eine eigene Einwanderungsgeschichte). Ziele: • • • • • Ziele des Projektes sind: Verdeckte und offene Formen von Rassismus offen legen und benennen Reflexion bezüglich eigener Vorurteile Emphatie und Gedenken für/an Opfer des Nationalsozialismus und gegenwärtiger rassistischer und/oder rechtsradikaler Anschläge eine Dokumentation des Projekts • • • • • • • • • Die Auseinandersetzung mit folgenden Fragen stand somit im Vordergrund: Individuelle Verantwortung Zivilcourage Solidarität Rassismus – Gestern und Heute Kurze Einführung in die Zeit des Nationalsozialismus Rassistische Gewalt – Opfergruppen Wie können aus Menschen Mörder werden – Täterprofile und institutionelle Gewalt Rechte und rassistische Taten und Täter heute 29 Nachwort • • • Rechtsradikalismus und Rassismus stellen eine seit Jahrzehnten oft unterschätzte Gefahr für unsere demokratische Republik und für viele hier lebende Menschen dar. Die Gewaltbereitschaft rechter Täter nahm insbesondere in den 90.er Jahren rapide zu Erinnerungsarbeit- und Kultur hat nun auch einen präventiven Charakter. Einen Bezug zur Gegenwart herzustellen, ist ein wichtiger Baustein dieses Projekts. Die Projekttage sind ein kleiner Einstieg um das Bewusstsein junger Menschen für Toleranz, Zivilcourage und Demokratie zu schärfen. Gerade an einem Ort wie dem Jugendzentrum, wo die Begegnung von Menschen unterschiedlicher Herkünfte und Kulturen seit Jahren einerseits überwiegend positiv verläuft, andererseits immer noch bestimmte Vorurteile sowie der negative Terminus „Opfer“ innerhalb des Sprachgebrauchs Jugendlicher eine beachtliche Rolle einnimmt. 30 Quellen Bilder • • • Bild 1) Eigenes Foto 2) http://www.google.de /imgres?q=konzentrationslager+auschwitz&um=1&hl=de&client=firefox-a&sa=N&rls=org.mozilla:de:official&channel=s&biw=1272&bih=635&tbm=isch&tbnid=1B1pf-8FNlxlOM:&imgrefu einestages.spiegel.de/static/entry/_wir_trauten_unseren_augen_nicht /7547/gefangene_in_auschwitz.html%3Fo%3Dposition-ASCENDING%26s%3D11%26r%3D1%26a%3D1296%26c%3D1&docid=Lmx1QSWXXCYjnM&imgurl=http:// einestages.spiegel.de/hund-images /2007/08/09/13/e28c9a5a2fdc6421524e872718d9e191_image_document_large_featured_borderless.jpg&w=500&h=376&ei=iruWT7SxLYbUtAadntXmDQ&zoom=1&iact=hc&vpx=512& • • • • • • • • 3) Eigenes Foto 4) Eigenes Foto 5) Eigenes Foto 6) Eigenes Foto 7) http://www.stolpersteine-gelsenkirchen.de/aktuelles.htm 8) Ausschwitz-Birkenau State Museum, URL: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/24248/1/skizzen_des_schreckens.html 9) EINESTAGES - 25. Januar 2012 18:10 URL: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/1564/1/_ich_zielte_ruhig_auf_die_saeuglinge.html 10) http://www.google.de /imgres?q=konzentrationslager+auschwitz&um=1&hl=de&client=firefox-a&sa=N&rls=org.mozilla:de:official&channel=s&biw=1272&bih=635&tbm=isch&tb 11) Spiegelmann, Art, „Die Vollständige Maus“, Bonn, 2010, S. 215 12) Infoaktuell, 2012, Informationen zur politischen Bildung, (27. Januar – Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus), Bonn 2012, S. 6) 13.) http://einestages.spiegel.de/static/document/38606/anne_franks_zimmer.html?k=anne+frank&o=original_publicationdate-DESCENDING&s=16&r=1&c=1#featuredDocument 14) Foto: Allard Bovenberg, Anne Frank Huis, doorsnede voor-en Achterhuis – Postkarte 15) http://einestages.spiegel.de/static/document/38606/anne_franks_zimmer.html?k=anne+frank&o=original_publicationdate-DESCENDING&s=16&r=1&c=1#featuredDocument 16) http://einestages.spiegel.de/static/document/38606/anne_franks_zimmer.html?k=anne+frank&o=original_publicationdate-DESCENDING&s=16&r=1&c=1#featuredDocument 19) Spiegelmann, Art, „Die Vollständige Maus“, Bonn, 2010, S. 113 20) http://maps.google.de /maps?hl=de&client=firefox-a&hs=an0&rls=org.mozilla:de:official&channel=s&q=konzentrationslager&bav=on.2,or.r_gc.r_pw.r_qf.,cf.osb&um=1&ie=UTF-8&ei=Up6WT4T6EIztsgaw3tT • • • • • • • • • • • • • • • • • • 21) Spiegelmann, Art, „Die Vollständige Maus“, Bonn, 2010, S. 249/253 22) http://einestages.spiegel.de/static/document /38606/anne_franks_zimmer.html?k=anne+frank&o=original_publicationdate-DESCENDING&s=16&r=1&c=1#featuredDocument 23) http://einestages.spiegel.de/static/document/38606/anne_franks_zimmer.html?k=anne+frank&o=original_publicationdate-DESCENDING&s=16&r=1&c=1#featuredDocument 24) Spiegelmann, Art, „Die Vollständige Maus“, Bonn, 2010, S. 153/154 25) http://www.institut-fuer-stadtgeschichte.de/Dokumentationsstaette/doku.asp 26) http://www.institut-fuer-stadtgeschichte.de/Dokumentationsstaette/Dauerausstellung.asp 27) http://www.institut-fuer-stadtgeschichte.de/Dokumentationsstaette/Dauerausstellung.asp 28) Eigenes Foto 30) EINESTAGES - 23. Januar 2012 12:49 URL: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/24245/1/die_kalten_buerokraten_des_genozids.html 31