1 Entwicklung der Halbleitertechnologie - Ruhr

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Die Erzeugung von integrierten Schaltungen
1 Entwicklung der Halbleitertechnologie
Dass leistungsfähige Computer heute als preisgünstige Massenprodukte von jedermann erworben und persönlich für (mehr oder weniger) sinnvolle Zwecke eingesetzt
werden können, ist im Wesentlichen den Fortschritten der Halbleiter-Technologie zu
verdanken. Sie führten dazu, dass man heute Schaltungen für sehr leistungsfähige
Computer als preisgünstige Massenprodukte fertigen kann.
Man kann die Erzeugung von integrierten Schaltungen (integrated circuits, ICs) in
folgende Herstellungsphasen einteilen:
• die Herstellung der Wafer-Scheiben,
• die Herstellung der Schaltungen in der Oberfläche der Waferscheibe,
• die Herstellung der Chips und der gebrauchsfähigen Bauelemente.
1.1 Die Erzeugung von integrierten Schaltungen
Die Herstellung der Wafer-Scheiben
Der Rohling für die Erzeugung der Waferscheiben ist ein in zylindrischer Form
gezüchteter Siliziumkörper höchster Reinheit (Bild 1.1).
Bild 1.1: Mehrzonenofen zur Herstellung des Silizium-Einkristall-Zylinders
Quelle: Fraunhofer-Institut http://www.iis-b.fhg.de
Der zylindrische Rohling wird in einzelne Scheiben zersägt. Anschließend werden die
Oberflächen der Waferscheiben (verkürzt Wafer) hochgradig poliert (Bild 1.2).
Bild 1.2: Polierter Wafer
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Die Erzeugung von integrierten Schaltungen
Die Erzeugung der Schaltungen in der Oberfläche der Waferscheibe
Die Schaltungen werden durch gezielte Diffusions- und Abscheideprozesse in die
Grenzschicht an der Oberfläche des Wafers eingeprägt. Hierzu wird der Wafer
matrixartig in gleich große Elementarflächen eingeteilt, die alle die gleiche Schaltung
enthalten (Bild 1.3, Quelle: Intel).
Bild 1.3: Matrix-Struktur eines Wafers
Die Herstellung der Chips und der gebrauchsfähigen Bauelemente
Man zerteilt den Wafer in einzelne Elementarplättchen (dicing), die geeignet auf
einem Kontaktträger befestigt (die attach, Bild 1.4), verdrahtet (wire bond, Bild 1.5)
und verkapselt (molding, Bild 1.6) werden.
Wenn der Kontaktträger nicht schon mit fertigen Kontakten ausgestattet ist (z.B. bei
Pin-Grid-Sockeln), dann dienen die folgenden Fertigungsschritte der Erstellung
geeigneter Kontakte. Sie sind vom Kontakttyp abhängig, z. B. ob die Kontakte von
Haltestegen befreit werden (tie bar cut), verzinnt oder vergoldet werden (plating) und
in eine geeignete Form gebogen werden (trim and form) müssen.
Integrierte Schaltungen mit hohen Anforderungen an die Lebensdauer werden
besonders behandelt. Man unterwirft sie einem Hitzestress (burn in, Bild 1.7), der
Schwachstellen offenbaren soll. Der Hitzestress verändert die Kristallstruktur, was an
den Schwachstellen Funktionsfehler entstehen lässt, die im folgenden Test erkannt
werden. Die fehlerhaften ICs werden entfernt (screening = aussieben).
Es ist eine Erfahrungstatsache, daß so behandelte ICs sehr wenige Frühausfälle
zeigen. Man spricht auch vom Beschleunigen der Frühausfälle durch das Burn-in.
Danach folgen noch Schritte zur Markierung zwecks Identifikation, stichprobenartiger
visueller Inspektion, Feuchtigkeitsentzug und Verpackung.
Im folgenden wird ein beispielhafter Fertigungsverlauf (Quelle: Payton) vorgestellt. Um einen
Eindruck von der Gerätetechnik zu bekommen, wird das Szenario der Fertigungseinheiten
einiger wichtiger Fertigungsschritte vorgestellt.
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Die Erzeugung von integrierten Schaltungen
Bild 1.4: Entnahme der Elementarplättchen aus dem fertig geschnittenen Wafer und
drei beispielhafte Kontaktträger zum Aufkleben
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Die Erzeugung von integrierten Schaltungen
Bild 1.5: Die Herstellung der Verbindungen zwischen den Anschlussflächen der
Schaltung auf dem Die und den Kontakten des Kontaktträgers (bonden)
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Die Erzeugung von integrierten Schaltungen
Bild 1.6: Das Eingießen des Kontakträgers mit dem gebondeten Die in eine
schützende aushärtende Masse (molding)
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Die Erzeugung von integrierten Schaltungen
Bild 1.7: Das Offenbaren „schwacher“ ICs durch Wärmestress (burn in)
Der technische Fortschritt der Halbleitertechnologie lässt sich mit zwei Hauptmerkmalen charakterisieren,
•
•
mit dem Integrationsgrad und
mit der minimalen auflösbaren Strukturbreite
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Der Integrationsgrad
1.2 Der Integrationsgrad
Er gibt an, wie viele maßgebliche Funktionselemente pro Chip durch einen Fertigungsprozess eingeprägt werden können.
Das maßgebliche Funktionselement einer integrierten Schaltung ist der Transistor.
Der Integrationsgrad kann zahlenmäßig durch die Transistordichte angegeben
werden, d.h. als die Zahl der Transistoren pro Fläche.
Man kann aus einer Generation von integrierten Schaltungen ein beliebiges IC und dort eine
beliebige Fläche mit einer beliebigen Größe herausgreifen und dort die Transistoren zählen.
Dann bekommt man einen individuellen Wert für die Transistordichte, der nur für diese
Auswahlsituation gilt.
Um einen pauschalen Wert zu bilden, der für eine ganze Chipgeneration repräsentativ ist,
kann man auch einen typischen Chip, in der Regel den mit der größten Anzahl von
Transistoren, nehmen und diese Zahl unter der Bezeichnung Chipdichte angeben.
Überblick zum Trend der Chipdichte und anderer wichtiger Merkmale
Bild 1.8 fasst die Entwicklung der wichtigsten Merkmale zusammen.
• Man verbessert die Verfahren, um beim Züchtungsprozess der SiliziumEinkristalle größere Durchmesser zu erreichen und damit Wafer mit größerem
Durchmesser zu bekommen. Dadurch erhält man mehr Chips pro Arbeitsgang,
d.h. die Ausbeute wird größer, d.h. die Herstellung wird wirtschaftlicher.
• Die Vergrößerung der Wafer lässt auch die Vergrößerung der Chipflächen zu, um
mehr Schaltfunktionen pro Chip zu realisieren.
• Zusätzlich bemüht man sich, den Platzbedarf der Funktionselemente immer mehr
zu verkleinern, so dass man immer mehr auf einer Einheitsfläche unterbringt.
Bild 1.8: Entwicklung der Speichertechnologie 1971-2001
Das Bild ist auch deshalb interessant, weil es eine Prognose der Merkmale aus der Sicht von
1996 enthält. Bis auf die Schätzung der Chipdichte, die um eine 10er Potenz zu groß ist,
wurden die vorausgesagten Werte erreicht.
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Der Integrationsgrad
Notwendige physikalische Grundlagen
Hochreines Silizium enthält bei einer normalen Temperatur nur wenig Elektronen mit
schwacher Bindung an die Atomkerne. Zum Vergleich: metallische Leiter wie Kupfer
oder Aluminium enthalten bei normaler Temperatur sehr viele Elektronen mit
schwacher Bindung.
Diese „bindungslosen“, üblicherweise als frei bezeichneten Elektronen bewegen sich
willkürlich im Raum, und zwar mit umso höherer Geschwindigkeit und Reichweite, je
höher die Temperatur ist. Durch die willkürliche Richtung der Bewegung der Elektronen im Atom- bzw. Molekülgitter gibt es keine „Vorzugsrichtung“ der Elektronen, also
keinen Elektronenstrom. Eine Vorzugsrichtung der Elektronenbewegung entsteht
aber, sobald man eine Spannung anlegt.
Bei guten elektrischen Leitern entsteht ein verhältnismäßig großer Strom, bei reinem
Silizium ein verhältnismäßig geringer Strom. Deshalb werden die einen als Leiter,
Silizium als Halbleiter bezeichnet.
Angenommen, man hat einen
quaderförmigen Block dieses
Materials und man bringt an zwei
gegenüberliegenden Flächen je eine
Kappe aus leitendem Material an, an
die man die Pole einer Quelle mit
gleich bleibender Spannung
anschließt.
Dann wird sich wegen der geringen
Zahl der freien Elektronen nur ein
unmerklicher Strom von Elektronen ergeben.
Vernachlässigbarer Strom !
+ -
Man kann nun die Leitfähigkeit entscheidend verbessern, indem man in das Material
Atome einbaut, die entweder als Spender von Elektronen oder als Empfänger für
Elektronen dienen. Das Einbauen nennt man Dotierung.
Als Spender von freien Elektronen kommen z.B. Arsenund Phosphor-Atome infrage.
Durch den Einbau solcher
Atome fügt man „bindungslose“ Elektronen in das Material. Legt man jetzt eine Spannung an, dann lassen sich
auch diese zusätzlichen freien
Elektronen bewegen.
Strom gemäß den eingebauten Überschuß-Elektronen
-
+ -
Ohne besondere strombegrenzende Maßnahmen könnte man das Material durch den sich
ergebenden großen Stromfluss zerstören. Aus der Alltagspraxis kennt man das Problem des
elektrischen Kurzschlusses. In einer konkreten Schaltung muss man einen elektrischen
Widerstand in den Stromkreis schalten, um eine Zerstörung durch einen Kurzschluss zu
vermeiden, den das dotierte Material erzeugen würde.
Das Silizium heißt in diesem Fall n-dotiert. (n = negativ)
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Der Integrationsgrad
Wenn man es schafft, Atome mit Überschusselektronen einzubauen, dann liegt der
Gedanke nahe, als Alternative solche Atome einzubauen, die anstelle eines
Überschusselektrons einen „Mangel an einem Elektron“ oder einen „Empfänger eines
Elektrons“ einbaut.
Im Gittermodell kann man auch von einer besetzbaren Bindung sprechen, die ein
gebundenes nahes Elektron durch ihre Bindungskraft „einfangen“ kann. Das
„Einfangen“ bedeutet aber, dass die besetzbare Bindung sich an die Stelle bewegt
hat, wo das Elektron herkam.
Für das „Einfangen“ gibt es eine anschauliche Analogie: es ist vergleichbar einem trichterförmigen Loch, in das eine rollende Kugel hineinfällt, wenn sie erst einmal den Lochrand
überschritten hat.
Die besetzbare Bindung nennt man auch Loch. Neben dieser – an einer Assoziation
zur Mechanik gebildeten – Bezeichnung gibt es noch die elektrisch orientierte als
Defekt-Elektron.
Wie sich in n-dotiertem Material freie Elektronen - von der Temperatur abhängig willkürlich im Raum bewegen, so sind es hier die Löcher, die eine entsprechende
Eigenbewegung haben. Durch die willkürliche Richtung der Bewegung der Löcher
im Atom- bzw. Molekülgitter gibt es keine „Vorzugsrichtung“ der Löcher, also keinen
Löcherstrom.
Eine Vorzugsrichtung der Löcherbewegung entsteht, sobald man
eine Spannung anlegt.
Strom gemäß den eingebauten Defekt-Elektronen
+
+
+
+ Der Löcherstrom beruht auf der
Ausrichtung der freien Eigenbewegung der Löcher. Der Löcherstrom
ist immer mit einer erzwungenen
gegenläufigen Bewegung von
Elektronen verbunden.
+
+
+ Ein Elektron wird als ein Teilchen angesehen, das eine negative elektrische
Elementarladung trägt. Dann kann man ein Loch als den Träger einer
Elementarladung mit entgegengesetztem Vorzeichen, also einer positiven
elektrischen Elementarladung ansehen. Der Löcherstrom ist dann ein Strom von
positiven Ladungsträgern, der dem der negativen entgegengesetzt ist.
Das Silizium heißt in diesem Fall p-dotiert. (p = positiv)
Als Empfänger kommen z.B. Gallium- oder Boron-Atome infrage.
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Der Integrationsgrad
Im Fall des Stromes in p-dotiertem Material wird deutlich, dass man mit dem Begriff
elektrischer Strom zwei gleichwertige Vorstellungen verbinden kann:
• entweder man fasst ihn als Strom von positiven Ladungsträgern auf,
• oder man fasst ihn als Strom von negativen Ladungsträgern (Elektronen) auf.
Der Strom der negativen und der Strom der positiven Ladungsträger sind einander
entgegengesetzt.
Analog kann man den Strom der negativen Ladungsträger in n-dotiertem Material
bzw. metallischen Leiter durch einen Strom positiver Ladungsträger in der
Gegenrichtung gleichwertig ersetzen. Diese Analogie ist eine Abstraktion, die das
Strommodell in Halbleitern und Leitern vereinheitlicht, wobei man sich natürlich der
dazu gehörenden physikalischen Vorgänge bewusst sein muss.
Wenn man also den einen Strom mit seiner Richtung als positiv erklärt, dann muss
der gleichwertige alternative Strom als negativ gelten. Es ist die Frage, welche der
Richtungen man als positiv zählt.
In der Elektrotechnik gibt es die Vereinbarung, die Stromrichtung der positiven
Ladungsträger als positiv zu zählen.
Das Funktionselement Transistor
Der Transistor ist das maßgebliche elementare Schaltelement der Computertechnik.
In diesem (eingeschränkten) Sinn wird er im folgenden eingeführt. Genauso wichtig ist die
Anwendung als Verstärker-Element. Das ist aber Gegenstand von allgemeiner gültigen
Einführungen.
Bei einem Schaltelement gibt es immer auslösende und ausführende Teilfunktionen.
Als Beispiele können manuell betätigte Schalter bzw. Relais dienen.
Beim manuellen Schalter ist die auslösende Aktion die Betätigung des Schalthebels. Die
Bewegung des Schalthebels verändert die Stellung eines Kontaktes, der einen Stromkreis
öffnet oder schließt. Der Schalthebel mit der Bewegungsübertragung erfüllt die auslösende Aufgabe. Der Kontakt erfüllt die ausführende Aufgabe.
Tatsächlich verändert der Kontakt beim Schalten den Widerstand im Stromkreis. In der
einen Stellung ist der Widerstand sehr groß, in der anderen Stellung sehr klein. Das ist
die eigentliche Schaltfunktion.
Beim Relais wird bei der auslösenden Aktion der Strom durch eine Magnetspule ein- oder
ausgeschaltet. Eine Magnetspule zieht dabei einen Kontakt an oder sie lässt ihn los.
Dadurch, dass sich die Stellung des Kontaktes verändert, kann ein Stromkreis geöffnet
oder geschlossen werden.
Ein Transistor enthält ebenfalls eine auslösende und eine ausführende Teilfunktion.
Die ausführende Funktion beruht - genau so wie in den Beispielen mit Kontakten auf einer Veränderung des elektrischen Widerstandes. Aber die physikalische
Realisierung ist anders. Im Folgenden wird die physikalische Funktion eines NMOSTransistors genauer beschrieben. ( Bildquelle: Intel )
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Der Integrationsgrad
Der polierte Wafer ist hochreines Silizium. Die gewünschte Transistorfunktion erhält man
dadurch, dass man gezielt „Verunreinigungen“ in den Kristall einbringt, z.B. durch
Diffusion. Man erzeugt über der Wafer-Oberfläche eine gasförmige Atmosphäre. Dort, wo
die Oberfläche frei für das Gas zugänglich ist, dringen die Atome bzw. Moleküle in das
Kristallgitter und bauen sich dort ein (Dotierung).
Die Flächen, die nicht frei zugänglich sein sollen, werden mit einem (für das Gas) undurchlässigen Material bedeckt. Die Vorlagen zur Festlegung der freien bzw. zu bedekkenden Flächen heißen Masken. Die Erzeugung der Masken, der bedeckenden Schichten
und die Entfernung der bedeckenden Schichten sind komplexe photo- und chemotechnische Prozesse.
Zunächst bringt man eine Boron-Dotierung (hell-lila) ein und erhält
das p-dotierte Substrat.
Mit Hilfe einer Maske erzeugt man die Bereiche, in die man eine
Phosphor-Dotierung eindringen lässt. Dadurch ergeben sich
„wannenförmige“ n-Dotierungen (dunkel-lila).
Zwischen den Wannen entsteht ein schmaler, nicht negativ dotierter
Zwischenraum.
Das ist der entscheidende Bereich für die Schaltfunktion!
Über dem Zwischenraum erzeugt man - mit Hilfe einer Maske - eine
Glasschicht (blau) und darüber eine Schicht aus leitendem Material
(silbergrau).
Die Schichtung über dem Zwischenraum ist von oben nach unten: Metall-SiliziumOxydSilizium, was zur Bezeichnung MOS zusammengefasst wird.
Die Funktion des Schaltens liegt darin, dass die Anzahl der elektrischen Ladungsträger im
Zwischenraum zwischen den n-dotierten Bereichen gezielt verändert wird.
Das erreicht man durch eine sehr einfache Schichtungsstruktur. Man bringt oberhalb des
Zwischenraumes eine elektrisch isolierende Glasschicht auf, die man mit elektrisch
leitendem Material bedeckt (Gate). Legt man an dieses Material eine Spannung, dann
beeinflusst das die Verteilung der elektrischen Ladungen im Zwischenraum.
Legt man an das Gate eine positive Spannung (gegen das
Bezugspotential ┴ ) , dann sammeln sich Elektronen im
Zwischenraum zwischen den n-dotierten Bereichen und
bilden eine Elektronen-Brücke.
+
+
-
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Der Integrationsgrad
Man legt nun zusätzlich das Bezugspotential an den einen
n-dotierten Bereich (Source) und eine positive Spannung an
den anderen n-dotierten Bereich (Drain). Der Drain-Bereich
leitet also die Elektronen zur Spannungsquelle ab, weil es
genügend frei bewegliche Elektronen im Zwischenraum
zwischen Source und Drain gibt. Der Source-Bereich liefert
entsprechend viele nach.
+ +
+
-
Der elektrische Widerstand zwischen dem Source- und dem Drain-Anschluss ist
vernachlässigbar gering. Der Strom durch den Stromkreis zwischen Source und Drain
muss durch einen Widerstand begrenzt werden, sonst ergibt sich Zerstörung.
Wenn man nun am Gate 0 Volt erzeugt, stellt sich wieder
der Gleichgewichtszustand ein, bei dem es keine
Elektronen-Brücke gibt. Das bedeutet einen großen Widerstand. Es fließt kein Strom im Stromkreis zwischen Source
und Drain.
0 +
+
-
Gefertigte MOS-Transistoren
Der Schnitt durch einen beispielhaften gefertigten Transistor zeigt die Übereinstimmung mit den schematischen Schnitten und die maßgeblichen Größen (Bild 1.9).
Man erkennt einen symmetrischen Aufbau. Die schwarzen Bereiche rechts und links
unten sowie oben in der Mitte sind die Zonen für den Anschluss von Leiterbahnen.
Es gibt zwei charakteristische Größen für die Leistungsfähigkeit eines Fertigungsprozesses:
die physikalische Gatelänge, die gemäß dem aufgebrachten elektrisch leitenden
Gate-Material den Abstand zwischen den beiden stabilisierenden „Seitenstützen“
angibt (im Bild 1.9 70 nm) und
die effektive Gatelänge, die den Abstand zwischen den Rändern des Source- und
des Drain-Bereiches angibt (im Bild 1.9 130 nm).
Bild 1.9: Schnitt durch einen Transistor
Der Prozess wird von Intel gemäß der effektiven Gatelänge 130 nm Prozess genannt.
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Der Integrationsgrad
Die Transistorfunktion als gesteuerte Änderung eines Widerstandes
Ein Transistor ist eine Einheit mit drei Anschlusspunkten oder Polen: Source, Drain, Gate.
Source und Drain sind die Anschlusspunkte auf der Basisschicht, dem Substrat. Legt man
zwischen Source und Drain eine Spannung an, so wirkt die Substrat-Zone dazwischen als
ein mehr oder weniger guter Leiter. Das Maß für das „mehr oder weniger gut“ ist die
Größe des elektrischen Widerstandes.
Die Spannung am dritten Pol oben, dem Gate, steuert die Größe des Widerstandes in der
Substrat-Zone. Das hat dem Transistor auch den Namen gegeben: transfer resistor.
In der Digitaltechnik (und dazu gehört die Computertechnik) sind eigentlich nur zwei
Zustände des Widerstandes maßgeblich:
• Widerstand sehr groß: es fließt also kein Strom durch die Zwischenzone,
• Widerstand sehr klein: es kann Strom durch die Zwischenzone fließen; begrenzt wird
er durch der Widerstand im Stromkreis der zu- und abführenden Leitungen.
Im Fall „Übergang der Gate-Spannung auf positiven Wert“ fließen negative Ladungsträger
vom Gate ab und zum Zwischenraum zwischen Source- und Drain-Bereich hin. Im Fall
„Übergang der Gate-Spannung auf Bezugspotential 0 Volt) fließen die negativen
Ladungsträger im umgekehrten Sinn vom Zwischenraum zwischen Source- und DrainBereich zum Gate zurück.
Die Schnelligkeit des Umschaltens eines MOS-Transistors
Maßgeblich dafür, dass beim Übergang kleine Ströme in kurzer Zeit fließen, ist das
Funktionselement, das von der Glasschicht und den an sie unmittelbar angrenzenden
Zonen gebildet wird, also der Gate- sowie der gegenüberliegenden Substrat-Zone. Je
nach angelegter Spannung sammelt sich in der einen Zone ein Elektronenüberschuss und
in der gegenüberliegenden Zone ein gleich großer Elektronenmangel. Die Größe der
Fläche, die sich in den begrenzenden Zonen gegenüber liegen, und ihr Abstand, also die
Dicke der Glasschicht, bestimmen, wie viele Ladungen sich maximal sammeln können.
Ein solches Funktionselement wird Kondensator genannt.
Man versucht also, die Glasschicht möglichst dünn und den Zwischenraum zwischen
Source- und Drain-Bereich möglichst schmal zu machen. Um so weniger Ladungsträger
müssen in kürzerer Zeit fließen, um den Schaltvorgang zu realisieren. Hier ist also eine
entscheidende Einflussgröße für die Schaltgeschwindigkeit eines Transistors. Diese ist
maßgeblich für die Arbeitsgeschwindigkeit der Schaltung, die mit einer Vielzahl solcher
Transistoren aufgebaut wird.
Die Glasschicht ist im Schliffbild (Bild 1.9) kaum erkennbar, weil sie nur einige Nanometer
dick ist.
Der wesentliche Vorteil der MOS-Technologie ist, dass der Flächenbedarf der gefertigten
Transistoren immer kleiner, d.h. dass die Transistordichte auf einem Chip immer größer
gemacht werden kann (large scale integration = LSI, very large scale integration = VLSI).
Dass damit auch eine Vergrößerung der Umschaltgeschwindigkeit verbunden ist, ist ein
angenehmer Begleiteffekt.
Außer der Technologie der MOS-Transistoren gibt es noch die der bipolaren Transistoren,
die aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften vom Prinzip her schneller sind als MOSTransistoren. Aber sie haben prinzipiell einen größeren Flächenbedarf als MOSTransistoren.
Verstärkerfunktion
Computertechnik
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Der Integrationsgrad
Der sehr kleine Strom, bei dem wenige Elektronen zwischen dem Gate und dem
Zwischenraum zwischen Source- und Drain-Bereich in sehr kurzer Zeit verschoben
werden (Verschiebungsstrom), hat eine „große Wirkung“: der „geschaltete“ Strom
zwischen Source und Drain ist wesentlich größer. Kleine Ursache, große Wirkung: das
deutet auf eine andere grundsätzliche Funktion von Transistoren hin: die Verstärkerfunktion. Sie ist eine der wichtigsten Funktionen der Transistoren, die für die Analogtechnik konzipiert werden.
Schaltungsbeispiel: Speicherzelle
Die Transistoren werden zum Aufbau von Schaltungen mit einer bestimmten Funktion eingesetzt. Die Funktion erreicht man durch eine zweckdienliche elektrische
Verbindung der Pole der Transistoren. Aus diesem Blickwinkel ist nicht mehr die
Physik eines einzelnen Transistors interessant, sondern die geeignete Bildung der
Leiterbahnen. Das ändert auch die Methoden der Veranschaulichung.
Bei der Festlegung der Transistorfunktionen sind Schnitte maßgeblich.
Bei der Festlegung von Schaltungsfunktionen sind es die Aufsichten zur Festlegung
der Leiterbahnen (Bild 1.10).
Bild 1.10: Aufsicht auf eine SRAM-Speicherzelle mit 6 Transistoren
(Intel 130 nm Prozess)
Links: Der Bereich der Transistoren ist rot markiert. Man erkennt die weiß-grauen
Leiterbahnen der elementaren Verbindungsstruktur zwischen den Transistoren im Substrat,
deren Aufsicht durch die Leiterbahnen teilweise verdeckt ist.
Rechts: Der Bereich der Gates, der durch die Leiterbahnen verdeckt ist, wird schematisch
mit einer roten Markierung angedeutet.
Die Funktion dieser Speicherzelle wird bei der Erklärung der Speichersysteme noch einmal
genau erläutert.
Die Leiterbahnen bilden ein Netz von Linien, die bei komplexen VLSI-Schaltungen in
mehreren Ebenen realisiert werden müssen (multilayer). Die Transistoren im Substrat können nur so eng beieinander liegen, wie die minimale Distanz der Leiterbahnen bei der Fertigung sein kann.
Die minimale Distanz wird minimale auflösbare Strukturbreite genannt. Sie ist ein
weiteres grundsätzliches Merkmal des technologischen Fortschritts.
Computertechnik
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Die minimale auflösbare Strukturbreite
1.3 Die minimale auflösbare Strukturbreite
Bei der Herstellung einer integrierten Schaltung wird die Struktur mit Hilfe von Masken eingeprägt. Die Herstellung und Anwendung dieser Masken legt die Grenzen für
die Mindestgrößen des Abstandes und der Breite der Leiterbahnen fest (Bild 1.11).
Bild 1.11: Struktur der Leiterbahn-Schichten eines ICs (Intel 130 nm Prozess)
Die hohen Anforderungen an die Fertigung von integrierten Schaltungen werden
noch deutlicher, wenn man sich die Strukturen im Schnitt ansieht. Er zeigt den
schichtenweisen Aufbau sowie die Größe und Abstände der metallischen Strukturelemente (Bild 1.12).
Bild 1.12: Schnitt durch die Schichten eines ICs (Intel 130 nm Prozess)
Die Abstände in der Leiterbahn-Ebene 1, die der elementaren Verbindung der
Transistoren dient, sind am engsten. Dort entscheidet entweder der minimale
Flächenbedarf der Transistoren oder die minimale Strukturbreite, wie eng die
Transistoren beieinander liegen können.
Dort entscheidet sich also der Integrationsgrad der Chips, die mit dem durch diese
Größen charakterisierten Herstellungsprozess gefertigt werden können.
Computertechnik
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Ausblick in die Zukunft
1.4 Ausblick in die Zukunft
In Bild 1.13 werden die Ziele der Weiterentwicklung aus der Sicht von Intel
dargestellt.
Bild 1.13: Die zukünftige Miniaturisierung von MOS-Transistoren
Die Glasschicht beim 20 nm Transistor hat eine Dicke von etwa 12 Angström. Das entspricht
drei Atomlagen.
Bis hierher standen technologische Gesichtspunkte im Vordergrund. Nun soll die
Wirkung des technologischen Fortschrittes auf die Leistungsfähigkeit der beiden
wichtigsten elementaren Funktionseinheiten eines Computers diskutiert werden.
1.5 Entwicklung der Speicherchips
Bild 1.14: Entwicklung der effektiven Gatebreite und der Speicherkapazitäten von
Speicher-ICs
Der 20 nm-Prozess im Bild 1.13 ist nicht mehr weit von der Größe eines Atomes
entfernt.
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Entwicklung der Mikroprozessoren
1.6 Entwicklung der Mikroprozessoren
Die augenfälligste Revolution, die durch die Fortschritte der Halbleitertechnologie
entstand, ist die Entwicklung der Miniaturisierung der zentralen Einheit eines
Computersystemes in der Form des Mikroprozessors (Bild 1.15, Quelle: Intel).
Pentium 4
2,2 GHz
32 GByte
64 Bit
Pentium III
1,33 GHz
32 GByte
64 Bit
300 MHz
4 GByte
66 MHz 64 Bit
4 GByte
50 MHz 64 Bit
33 MHz 4 GByte
4 GByte 32 Bit
32 Bit
12,5 MHz
16 MByte
16 Bit
Anfang
10 MHz
1 MByte
16 Bit
2002
2 MHz Taktrate
64 KByte adressierbarer
Hauptspeicher mit
8 Bit Speicherwortbreite
Bild 1.15: Entwicklung der Transistor-Zahl, der Taktrate und der Merkmale des
Speicherzugriffs der Mikroprozessoren von Intel
Es
sind nur einige Merkmale der Leistungssteigerung erkennbar. Ganz wesentliche funktionale
Merkmale sind nicht angegeben, weil sie erst nach der Einführung wichtiger
Strukturmerkmale verständlich sind. Das ist aber Gegenstand der Erklärungen, die noch
folgen werden.
Der erste marktbeherrschende Ansatz, zentrale Prozessorfunktionen eines
Computers als großintegrierten IC zu realisieren, war der Mikroprozessor 8080 von
INTEL. Da es geeignete Speicher-ICs schon gab und bald solche ICs folgten, die den
Datenverkehr mit Peripheriegeräten unterstützten, entstand in kürzester Zeit eine
neue Klasse von Computern: die Microcomputer.
Die Entwicklung der Computertechnik wurde seit diesem Start maßgeblich von der
Weiterentwicklung der großintegrierten Prozessoren bestimmt. Dabei waren zu
Beginn durchaus mehrere IC-Hersteller im Rennen. Neben INTEL gab es maßgebliche IC-Hersteller wie AMD, IBM, NATIONAL SEMICONDUCTORS, MOTOROLA,
TEXAS INSTRUMENTS. Dass INTEL heute die mächtigste Rolle unter ihnen hat,
liegt an der eigenen Erfindungs- und Herstellerkraft und an der erfolgreichen Allianz
mit dem Software-Hersteller MICROSOFT auf dem Massenmarkt der PCs.
Der Mikroprozessor 8086/8088 brachte Ende der 70er Jahre den entscheidenden
Durchbruch zum Personal Computer, dem Computer für Jedermann.
Computertechnik
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Entwicklung der Mikroprozessoren
Der Ruhm der ersten Idee wird immer mit dem Firmennamen APPLE verbunden
sein, die breite Durchsetzung des Konzeptes mit dem Namen IBM.
IBM stellte 1982 sein PC-Konzept IBM-PC/XT auf der Basis des Prozessors 8088
von INTEL vor. Alle Details des inneren Aufbaus des Computers wurden offengelegt.
Damit war ein Quasi-Standard geschaffen. Dieser Computer wurde zum Urvater
vieler Anwendungen in der Industrie und im Büro.
Computer wurden bis Ende der 70er Jahre vor allem von zahlungskräftigen Institutionen der Industrie und der öffentlichen Hand angewandt. Da Computer teuer waren,
versuchte man auf einem einzelnen Computer möglichst viele Aufgaben zu
konzentrieren. Mit dem Erscheinen der Microcomputer setzte der umgekehrte Trend
ein.
Die Aufgaben wurden wieder einzeln gesehen und mehreren Computern kleinerer
Leistung zugeordnet. Das brachte - mit angepasstem Aufbau - die Klasse der
Microcomputer auch in industrielle Anwendungen.
Es folgten weitere PC-Generationen, über den IBM-PC/AT mit dem Mikroprozessor
80286 zu den PCs mit den Mikroprozessoren 80386 und 80486.
Die Entwicklung jeder neuen PC-Generation unterlag immer der Forderung, dass
Anwenderkomponenten, die für die vorhergehenden Generationen entwickelt worden
waren, auf den PCs der neuen Generation weiterhin einsetzbar sind.
Diese Forderung nach Kompatibilität wird von Entwicklern neuer Systeme häufig
als Hemmnis betrachtet, von Anwendern aber als notwendiger Investitionsschutz.
Umso mehr muss man bei den Weiterentwicklungen bewundern, mit welchen Ideen
die Entwickler neue Leistungen ermöglichen, ohne alte Vorgaben zu verletzen.
Mit dem 80486 war eine Leistungsstufe erreicht, die nahe an den Prozessoren lag,
die aufgrund ihrer Struktur und der Taktraten leistungsfähiger waren als die
damaligen Personal Computer auf der Basis der Intel-Prozessoren und als
Workstations bezeichnet wurden. Der nächste Schritt, der Pentium-Prozessor,
brachte Intel den Einbruch in die Domäne der Workstation-Leistungsklasse.
Computertechnik
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