Das Lebensbild des Gottfried Lengauer, 21.August 1921 - 10. Mai 1945 Bauernsohn in Lest 13, Gemeinde Kefemarkt, Bezirk Freistadt, Oberösterreich Von Siegmar Josef Lengauer Leonding, 2011 2 Inhaltsverzeichnis Das Lebensbild des GottfriedLengauer,............................................................................................... 1 Inhaltsverzeichnis................................................................................................................................. 3 Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................................... 3 Vorwort ................................................................................................................................................ 5 Einführung ........................................................................................................................................... 7 Die Heimat und Herkunft ..................................................................................................................... 9 Der Beginn einer Tragödie in der Kindheit und frühen Jugend ......................................................... 12 Eine Wechselbürgschaft .................................................................................................... 13 Die Versteigerung des Erbhofes im Jahre 1931 ........................................................................ 14 Asyl beim Nachbarn und Verwandten ...................................................................................... 15 So lockte die SS die Jugend in ihre Reihen .............................................................................. 15 Die militärischen Einsätze (1938 -1945) ........................................................................................... 17 Eintritt in die SS ........................................................................................................................ 17 Beförderungen........................................................................................................................... 18 Kommandierung zum 9. Kriegsführeranwärter-Lehrgang an die SS-Junkerschule Tölz ......... 26 Die Ahnung des bevorstehenden Endes .................................................................................... 29 Letzter Einsatz in und um Prag ................................................................................................. 29 Der Kriegssterbefall ........................................................................................................................... 30 Die Todesnachricht des Deutschen Roten Kreuzes .................................................................. 30 Die Erledigung der Vermisstenanzeige durch die Republik Österreich ................................... 30 Die letzte Ruhestätte in Cheb (Eger)......................................................................................... 30 Nachwort ............................................................................................................................................ 31 Literatur.............................................................................................................................................. 32 Abbildungsverzeichnis Abbildung 2: Kaufbrief, OÖLA, HA Freistadt, Hs.100, Briefprotokolle 1663, p.111 ................................................... 10 Abbildung 3: Franz Lengauer als k.u.k. Zugsführer und Hochzeiter der Anna Kreindl ................................................ 11 Abbildung 4: Gottfried als 3-jähriger Knirps und 10-jähriger Schüler .......................................................................... 12 Abbildung 5: Gottfried mit seiner Mutter dahinter, daneben Josef, Amalia und Stefanie sitzend ................................. 13 Abbildung 6: HJ Führer-Leistungsabzeichen in Gold Abbildung 7: Aufruf des SS-Reichsführers Himmler ............. 15 Abbildung 8: Gottfried als Gymnasiast mit seiner Schwester Stephanie....................................................................... 15 Abbildung 9: Sturmmann der SS-Verfügungstruppe (SS VT). ..................................................................................... 17 Abbildung 10: Rottenführer der Waffen-SSv, 7. Kompanie der 3. SS-Standarte „Der Führer“ ..................................... 18 Abbildung 11: Unterscharführer der 2. SS-Panzer-Grenadier-Division „Das Reich“ .................................................... 18 Abbildung 12: Medaille zu Erinnerung an den 1. Oktober 1938 und Spange „Prager Burg 1939“................................ 19 Abbildung 13: Ostmedaille ............................................................................................................................................. 19 Abbildung 14: Eisernes Kreuz II. Klasse ........................................................................................................................ 19 Abbildung 15: Infanteriesturmabzeichen in Silber ......................................................................................................... 20 Abbildung 16: Verwundetenabzeichen in Silber ............................................................................................................ 20 Abbildung 18: SS-Ehrenwinkel ...................................................................................................................................... 20 Abbildung 17:Regimentsstreifen „Der Führer“ und Ärmelband „SS - Schule Tölz“ ..................................................... 21 Abbildung 19: Nürnberger Parteitag 1938 ...................................................................................................................... 21 Abbildung 20: Einmarsch in Prag ................................................................................................................................... 22 Abbildung 21: Übersetzen der Ijssel ............................................................................................................................... 23 Abbildung 22: Vormarsch im Osten 1941 ...................................................................................................................... 25 Abbildung 23: SS- Junkerschule Tölz 1943 ................................................................................................................... 27 Abbildung 24: Sammelfriedhof in Eger (Cheb) Tschechische Republik ........................................................................ 31 3 4 Vorwort Diese familiengeschichtliche Arbeit betrifft meinen Stiefonkel Gottfried Lengauer (1921-1945) einen Mann der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS), später Waffen-SS genannt. Sein Lebensbild wäre das eines ganz einfachen Durchschnittsmenschen, wenn er nicht als verarmter Landwirtssohn kurz vor der Matura als Vorzugsschüler sein Gymnasialstudium in Freistadt abgebrochen und sich mit gefälschten Personaldokumenten trotz strenger Aufnahmekriterien den Eintritt in die SS erschwindelt hätte. Sein leiblicher Vater Franz Lengauer wurde nach unverschuldetem Verlust seines Vermögens wegen Epilepsie entmündigt, zunächst in der Idiotenanstalt Hartheim, dann in der Landes- Heil- und Pflegeanstalt Niedernhart angehalten und im Jahre 1940 als Euthanasieopfer im Schloss Hartheim ermordet. Seinem Sohn drohte nach dem damaligen deutschen Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses die Sterilisierung. Aus den von ihm erhalten gebliebenen Briefen geht das alles nicht hervor, und es ist anzunehmen, dass ihm auch anlässlich seines „Durchfallenmüssens“ bei der Abschlussprüfung zum SS-Offizier offenbar nicht bewusst war, welchem menschenverachtenden Regime er sich verpflichtet hatte. Die Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht auf allen Kriegsschauplätzen dürfen bei der Bearbeitung dieser Biografie weggelassen werden, weil es dazu keinen konkreten Nachweis gibt. Die Personaldokumente Gottfried Lengauers sind durch Kriegseinwirkungen verloren gegangen. Aus dem sonstigen Schriftgut der ehemaligen deutschen Wehrmacht, der militärhistorischen Literatur, sowie der mündlichen Überlieferung konnte zwar keine ultimative oder komplette Lebensgeschichte erstellt, aber doch so viele Fakten ermittelt werden, dass sich daraus sein Lebensbild einiger Maßen zeichnen ließ. Seine Einheit wurde nahezu an allen Fronten eingesetzt, mehrmals in schwersten Gefechten aufgerieben und wieder an vorderster Front „verheizt“. Gottfried Lengauer wurde dabei vier Mal schwer verwundet und starb letzten Endes, wie Millionen seiner Kameraden sinnlos. Er glaubte und hoffte bis zu seinem Tode aufrichtig, wenn es auch ihm nicht vergönnt wäre, für eine bessere Zukunft seiner Hinterbliebenen gekämpft zu haben. Ich wollte sein Leben weder glorifizieren, noch dämonisieren. Für das, was er in jenen Jahren Unrechtes getan haben mochte, brauchte er sich vor keinem weltlichen Richter verantworten. Es war seine Sache. Es ist seine Geschichte. 5 6 Einführung AbbilCollage dung: des Konvolutes an Feldpostbriefen Diese Biographie konnte einem Menschen gewidmet werden, der nicht nur durch tragische Ereignisse in seiner Kindheit und Jugend und im Kriegsdienst geprägt wurde, sondern auch seine Erlebnisse in zahlreichen Feldpostbriefen zu Papier brachte. Nur anhand dieser Briefe und aufgrund von Recherchen im deutschen Wehrmachtsarchiv, beim Roten Kreuz und aus der Kriegsliteratur konnte sein Lebensbild nachgezeichnet werden. Seine fanatische Begeisterung für den Nationalsozialismus, mit seiner Führerrolle in der HJ, seine freiwillige Meldung zur SS, die Offiziersausbildung, die Fronten, an denen er im Zweiten Weltkrieg kämpfte, seine Verwundungen und Auszeichnungen und letztlich sein Tod und die letzte Ruhestätte sollen angesprochen werden. Hoffnungen und Enttäuschungen sind das Thema dieses gefallenen Soldaten. Die wenigen noch erhaltenen gebliebenen Feldpostbriefe wurden eingescannt, transkribiert und im Internet veröffentlicht1. Es sind Protokolle persönlicher Erfahrungen, sind Symptome für die Denkweise des Verfassers, geben Auskunft über seine Kenntnisse des Kriegsgeschehens und lassen Einblick in das Selbstverständnis des Schreibers zu. Seinem Informationsstand stehen allerdings realhistorische Zusammenhänge gegenüber. An den vorgefundenen, an seine Mutter gerichteten Lebenszeichen, besonders am letzten, einem Abschiedsbrief zugleich, kleben noch die vertrockneten Tränen der inzwischen auch schon längst verstorbenen Leserin. In jedem Falle sind sie Augenzeugenberichte mit einem hohen Grad an Authentizität, denn ihre Aussagen sind nicht durch das heutige Wissen beeinflusst. Es sind keine Rückblicke, sondern die unverfälschte Stimme einer Zeit, dessen Ausmaß und Radikalität, ja Bestialität für uns Nachkommende nur mehr schwer vorstellbar sind. Sie reflektieren aber in ihrer sprachlichen Ausdrucksform und Wortwahl nicht den Zeitgeist, sondern widerspiegeln im Stil und in der Wortwahl die humanistische Bildung des Verfassers. 1 https://picasaweb.google.com/hesiod1/FeldpostGottfriedLengauer mit Transkription 7 8 Die Heimat und Herkunft Abbildung 1: Auf dem Wegerergut in Lest lebte die Familie Lengauer von 1663-1931 Der Schlüssel für den freiwilligen Eintritt Gottfried Lengauers in die SS könnte neben der allgemeinen Begeisterung2 für das NS-Regime und seiner genocidalen imperialistischen Ostpolitik3 in der Besitzergeschichte des Wegerergutes am Marbach liegen. Der Riehof, das Stammhaus der vermutlich im Zuge der bayerischen Besiedelung zugezogenen Familie Lengauer4 und der urväterliche Bauernhof, Lest 13, den Jacob Lengauer 1663 von Georg Lindtner um 500 Gulden gekauft hatte, waren ein Teil der Riedmark, die im 11. und 12. Jahrhundert das Grenzgebiet zu Böhmen bildete. Die sehr exponierte Lage zu Böhmen dürfte ein Grund dafür gewesen sein, dass die Lehen dieser Gegend vom Landesfürsten an freie Bauern vergeben wurden.5 Mit dem Besitzwechsel begann jedenfalls die 250jährige Geschichte der Familie Lengauer auf dem Marbachgut.6 2 Adolf Hitler hatte jedem Deutschen Brot und Arbeit in Freiheit und die Größe Deutschlands in Glück und Wohlstand versprochen… 3 Lebensraum im Osten und die Verdrängung der dort lebenden Bevölkerung zählten zu den grundlegenden Zielen nationalsozialistischer Politik. Entsprechend dem deutschen Kriegsziel, Osteuropa bis zum Ural als deutsches Siedlungsgebiet in Besitz zu nehmen, sah der von Heinrich Himmler in Auftrag gegebene „Generalplan Ost“ nach der Vertreibung der „rassisch unerwünschten“ Einheimischen die Besiedelung mit Deutschen vor. Das Rasse- und Siedlungshauptamt (RuSHA) war zuständig für die Rassenselektionen und Auswahl von Kandidaten für die geplante Ansiedlung verdienter SS-Angehöriger im Osten. 4 Gotfridus de Lengenawe erscheint um 1170 als erster LENGAUER im monumentum boicorum collectio nova, p.28, Bd. 27/1829. Später finden wir die Lengauer in Urkundenbüchern der Grafen von Schaunberg, in den Stifts- und Totenbüchern einiger bayerischer und österreichischer Klöster im Donauraum. Ein genealogischer Zusammenhang zu den freisitzenden Lengauer im Machland ist anzunehmen. Anna Lengauer behauptete immer wieder, dass dieses uralte Geschlecht zum niederen Landadel gehörte und lediglich auf die Führung des Adelsprädikates und des Wappens verzichtete, um so möglichst unabhängig und frei von ihren mächtigeren Herrn zu sein. Das im Wappenbuch Siebmacher pag. 185 und 186 beschriebene Wappen der ausgestorbenen Liechtenwinkler, die aus dem mächtigen Stamm der Lengauer hervorgingen, war auch Titelblatt der Familienchronik; s a.: http://www.edelleute.eu/familie lengauer 5 Julius Strnadt, Die freien Leute der alten Riedmark, Wien 1915 6 Die hs Haus- und Familienchronik wurde mit dem urkundlichen großen Abstammungsnachweis zum Nachweis der „reinarischen Abstammung“ Gottfried Lengauers samt Geburts-, Todes- u. Heiratsurkunden aller Vorfahren bis zum Jahre 1750 anlässlich seiner Aufnahme als SS-Offiziersanwärter nach Prüfung des SS- Reichssippenamtes dem SSRuSHA in Berlin übermittelt, wo sie vermutlich durch Bombardierung verloren ging. 9 Abbildung 1: Kaufbrief, OÖLA, HA Freistadt, Hs.100, Briefprotokolle 1663, p.111 Das Taufdatum Jacob Lengauers ist in den Matriken der Pfarre Neumarkt i. M. nicht verzeichnet. Aus dem Hochzeitsmatrikenbuch der Pfarre Neumarkt geht hervor, dass Jacob Lengauer am 25.2.1664 als ehelicher Sohn des Georg und der Anna Lengauer, am Riehof die eheliche Tochter des Matthias und der Barbara König, Elisabeth, auf der Gschwandt in erster Ehe geheiratet hat7. In zweiter Ehe war er mit Maria, deren Herkunft noch nicht ermittelt werden konnte, bis zu ihrem Tode am 12.10.1698 verheiratet.8 Sie wurde nur 46 Jahre alt und hinterließ ihm 4 Kinder. 1703 starb Jacob Lengauer 73 jährig und wurde am 27. Juli am Pfarrfriedhof Neumarkt beerdigt. Nach seinem Tode wurde eine Verlassenschaftsabhandlung durchgeführt.9 Die zwei Kinder aus erster Ehe waren bereits versorgt, sodass der älteste Sohn aus zweiter Ehe, der 1676 geborene Sohn Simon Lengauer den Hof erhielt. Nach Ausbezahlung seiner fünf Geschwister, darunter seine drei bereits volljährigen Brüder Matthias, Georg und Paul trat Simon das Erbe an. Simon Lengauer starb in hohem Alter und wurde am 25. Mai1757 beerdigt. In der folgenden Verlassenschaftsabhandlung10 wurde der älteste, 1722 geborene Sohn Peter als Erbe eingesetzt, der seine jüngeren Geschwister und sechs Neffen und Nichten ausbezahlen musste. Er baute den Bauernhof um 1766 in einen Barockbau11 um und vermehrte nach dem Umbau seinen Besitz, sodass posthum 1787 im Josefinischen Lagebuch bereits 17 Joch Äcker, zwölf Joch Wiesen und sechs Joch Wald als zugehörig angeführt wurden.12 Peter Lengauer starb 1784 und wurde am 8. April beerdigt. Sein ältester Sohn Simon und dessen Schwester Magdalena verwalteten das Gut über mehrere Jahre, bis der Hof aufgrund der Anordnung ihres Vaters Magdalenas Zwillingsbruder Jakob Lengauer übergaben.13 Die lange Verzögerung des Erbantrittes im Jahre 1799 kann nicht erklärt werden, dürfte aber anfänglich auf die Minderjährigkeit und später auf die langjährige Ehelosigkeit des Erben zurückzuführen sein. Jakob Lengauer heiratete 1800 Marianne Griechmayr,14 doch waren beide schon 1810 verstorben und hinterließen minderjährige Kinder, für die Gerhaben (Vormunde) eingesetzt wurden, die sich weigerten, das Gut zugunsten ihrer Mündel zu verkaufen und durchsetzten, dass sie das Gut bis zur Volljährigkeit am 6. Mai 1822 dem ältesten, damals achtjährigen 7 Pfarre Neumarkt, Trauungsbuch 1632, S. 279 bzw. http://www.matricula-online.eu Pfarre Neumarkt, Totenbuch II/75, http://www.matricula-online.eu 9 OÖLA, HA Freistadt, Prot. u. Handlungsb. 1703, Hs 118, fol. 110 ff 10 OÖLA, HA Freistadt, Prot. u. Abandlungsb. 1757, Hs 172, fol 99 ff 11 Buchinger/Schön, Bau- und Besitzgeschichte des Wegerergutes, unveröffentlichte Untersuchung des Bundesdenkmalamtes, Landeskonservatorat Wien, S.16, Wien 2010 12 OÖLA, Finanzarchive, Kataster, Josephinisches Lagebuch, Herrschaft Weinberg, Auszugsbögen samt Erklärungsprot. der Gemeinde Pernau, 1787, Hs 327 13 OÖLA, Bezirksgericht Freistadt, Urkundenb.II,1800-1806, Hs 28, p. 95 ff. 14 Pfarre Neumarkt, Register zu den Kirchenbüchern, Trauungen IIb 97, http://www.matricula-online.eu 8 10 Sohn Johann bewirtschaften durften.15 1823 heiratete er Anna Maria Stadelbauer.16 Er erweiterte das Anwesen um ein Inleuthäusl, ein Backhaus, einen Kuh- und Schweinestall sowie einen Speicher. Diese Erweiterung wirkte sich im Wert des Hofes deutlich aus, denn er verkaufte das Gut an seinen Sohn Franz am 7. November 1872 um 3000 Gulden Österreichischer Währung, was einer Verdoppelung des Wertes seit 1822 entsprach.17 Am 20. November 1872 heiratete Franz Lengauer Barbara Lamplmayr. Seine Eltern bezogen das Inleuthäusl, bekamen das Backhaus zugesprochen und erhielten neben dem allgemein üblichen Ausgedinge das Recht, ein Viertel des Erdkellers zur Aufbewahrung von Erdäpfeln, Kraut und Gemüse sowie einen Stand im Stall für ihre Kuh und zwei Beete im Gemüsegarten zu nutzen. Nach dem Tode Franz Lengauers 1892 übernahm seine Witwe Barbara das Gut und bewirtschaftetes es mit ihrem einzigen Sohn, der deshalb seinen dreijährigen Militärdienst abbrechen durfte, bis sie es schlussendlich 1898 an ihn und dessen Frau Maria, geb. Klambauer übergeben konnte.18 Aus dieser Ehe gingen 3 Söhne, Franz, Sebastian und Josef Lengauer hervor. Nach deren Tod 1920 besaß Franz Lengauer das Gut noch bis 1931 allein. Er heiratete ein zweites Mal und setzte mit seiner Frau Anna, geb. Kreindl ebenfalls drei Kinder, Gottfried, Amalia und Stephanie ins Leben. Abbildung 2: Franz Lengauer als k.u. k. Zugsführer und Hochzeiter der Anna Kreindl 15 OÖLA, BG Freistadt, UrkB. V, 1819-1824, Hs 30 Pfarre Neumarkt, Register zu den Kirchenbüchern, Trauungen IIb 97, http://www.matricula-online.eu 17 OÖLA, BG Freistadt, GB-Urk. 1872, Nr. 163-324, Nr. 295 18 BG Freistadt, GB Pernau, Band 1, EZ 44, KG Pernau, 16 11 Der Beginn einer Tragödie in der Kindheit und frühen Jugend Abbildung 3: Gottfried als 3-jähriger Knirps und 10-jähriger Schüler Gottfried Lengauer wurde am 26. August 1921 in der Mühlviertler Marktgemeinde Kefermarkt in Oberösterreich geboren und stammte aus einer katholischen verarmten Bauernfamilie. Nach dem Besuch der Volksschule trat er mit Beginn des Schuljahres 1934/35 in das Kaiser Franz Josef Gymnasium in Freistadt ein und absolvierte vier Klassen jeweils mit vorzüglichem Erfolg.19 In seiner Kindheit und Jugend musste er den finanziellen Ruin und den Verlust seiner Heimat und seiner Familie hinnehmen, bis er sich als Freiwilliger zur SS-Verfügungstruppe (VT)20 meldete. Das Jahr 1931 steht ganz im Zeichen der sich weiter verschärfenden Weltwirtschaftskrise. Die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit steigt rapide, der Welthandel kommt fast zum Erliegen, und die internationale Finanzwelt gerät an den Rand des Zusammenbruchs. Der nur durch massives Eingreifen der österreichischen Regierung abgewendete Zusammenbruch der Creditanstalt in Wien, die Zahlungsunfähigkeit der Darmstädter und Nationalbank im Deutschen Reich, die Abkehr des schuldengeplagten Großbritannien von der Golddeckung des Pfundes und die erheblichen Goldaufkäufe Frankreichs, des einzig scheinbar noch stabilen Landes, in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten machen die Ungleichgewichte deutlich, die als Folge des Ersten Weltkriegs entstanden sind. Die mit großen Hoffnungen verbundene Initiative Deutschlands, mit Österreich eine Zollunion einzugehen, scheitert an den Siegermächten des Weltkriegs, die dahinter den Versuch einer politischen Einigung vermuten. 19 65. Jahresbericht des Kaiser Franz Josef Gymnasiums in Freistadt 1935, S 24 und Klassenbücher dieser Jahre Die SS-Verfügungstruppe war eine bewaffnete paramilitärische Sondereinheit der SS und ging später in die WaffenSS über. Nach dem Anschluss Österreichs gliederte sich die Allgemeine SS in 4 selbständige Standarten (Regimenter): Leibstandarte „Adolf Hitler“, „Deutschland“, „Germania“ und „Der Führer“. Sie sollte eine politische „Garde“ der NS-Führung darstellen. Die Truppenteile waren militärisch der Wehrmacht unterstellt, während sie, wie auch später die Waffen-SS, politisch weiterhin ein Teil der NSDAP waren. 20 12 Abbildung 4: Gottfried mit seiner Mutter dahinter, daneben Josef, Amalia und Stefanie sitzend Im Bewusstsein der Familie Lengauer treten diese Ereignisse jedoch zurück hinter die Probleme des Alltags: die Sorge um das tägliche Brot und um einen weiteren Zahlungsaufschub, die Angst vor dem Verlust des Obdaches und die Furcht vor einem totalen Absturz in die Mittellosigkeit. Eine Wechselbürgschaft Ein Gutsbesitzer in Neumarkt brachte im Jahre 1924 beim Handelsgericht Linz gegen das Ehepaar Franz und Maria Wiesmayr als Schuldner und deren Wechselbürgen Franz Lengauer, Besitzer des Wegergutes in Lest eine Wechselklage ein. Es erging daraufhin der Wechselzahlungsauftrag, dass die Beklagten auf Grund des unterfertigten Wechsels vom 8. März 1924 zu ungeteilten Hand binnen 3 Tagen bei sonstiger Exekution die Wechselsumme per 101,022.200,-- Kronen samt 6% Zinsen seit 16. 4. 1924, Protestspesen von 411.000,-- Kronen, 1/3 Provision sowie die mit 1,140.300,-Kronen bestimmten Kosten der klagenden Partei zu bezahlen hatten. Nachdem die Beklagten innerhalb der dreitägigen Frist gegen diese Entscheidung keine Einwendungen erhoben haben, wurde dieser Zahlungsauftrag rechtskräftig und vollstreckbar.21 Auf Grund dieses Exekutionstitels wurde die genannte Forderung schließlich im Lastenblatt des Grundbuches der KG Pernau, EZ 44, COZ 12 einverleibt. Die näheren Umstände, die Franz Lengauer zu dieser Wechselbürgschaft bewogen haben, können heuten nicht mehr eindeutig geklärt werden. Aus der Krankengeschichte des Franz Lengauer geht lediglich hervor, dass er nach seinen Angaben „auf Betreiben seiner zweiten Frau „gutgestanden“ sei und durch diese Gutstehen schließlich Haus und Hof verloren habe“. 22 Der Verlauf dieser Insolvenz zog sich über sieben Jahre dahin. So unternahm Franz Lengauer in der Folgezeit mehrere Umschuldungsversuche, um damit die Versteigerung der Liegenschaft hinaus zu schieben. Im zitierten GB finden sich darüber insgesamt 69 Einverleibungen von Anmerkungen 21 BG Freistadt, Grundbuch der KG Pernau, EZ 44, Urkundensammlung zu E 139/24-1, Abschrift des Wechselzahlungsauftrages des Landes- als Handelsgerichtes Linz vom 22. Mai 1924, Cg II 80/24 22 OÖLA: WJKH, Krankenakt, Sch.144, Standes Prot. Nr. 14.544, Einlagebogen Nr.1 13 und Löschungen.23. Zu allem Unglück geschah im Jahre 1928 die Einäscherung des Anwesens, das allerdings unter Anstrengung aller Kräfte wieder aufgebaut werden konnte.24 Als Brandursache wurde Brandstiftung angenommen, doch konnte außer dubiosen Verdächtigungen kein Täter überführt werden. Es ist auch die H nicht mehr bekannt. Ebenso wenig kann heute noch ermittelt werden, ob der Schaden durch eine Versicherung gedeckt war und das bei der Sparkasse Freistadt am 3. Dezember 1928 aufgenommene Darlehen in der Höhe von 18.000,-- Schilling25 den Wiederaufbau abdeckte. Aus Erzählungen von Verwandten geht hervor, dass sich Franz Lengauer beharrlich geweigert haben soll, eines oder mehrere Grundstücke zu verkaufen und mit dem Erlös die bestehenden Schulden abzudecken. Es müsste in diesem Zusammenhang freilich noch untersucht werden, ob der Hof nach dem Verkauf des einen oder anderen Grundstückes noch lebensfähig gewesen wäre. Auch wollte er von einer Hofübergabe an einen seiner 4 Söhne nichts hören. Angeblich bestand noch ein Exekutionstitel gegen den Urschuldner, doch waren Eintreibungsversuche deshalb nicht von Erfolg gekrönt, weil der Urschuldner jeweils von Exekutionsschritten vorgewarnt worden sein soll, so dass Vermögenswerte verbracht werden konnten. So nahm das Schicksal seinen tragischen weiteren Verlauf. Die Versteigerung des Erbhofes im Jahre 1931 Das Jahr 1931 stand ganz im Zeichen der sich weiter verschärfenden Weltwirtschaftskrise. Die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit stieg rapide, der Welthandel kam fast zum Erliegen, und die internationale Finanzwelt geriet an den Rand des Zusammenbruches. Der nur durch massives Eingreifen der österreichischen Regierung abgewendete Zusammenbruch der Kreditanstalt in Wien, die Zahlungsunfähigkeit der Nationalbank im Deutschen Reich, die Abkehr des schuldengeplagten Großbritannien von der Golddeckung des Pfundes und die erheblichen Goldverkäufe Frankreichs machen die Ungleichgewichte deutlich, die als Folgen des Ersten Weltkrieges entstanden sind. Die mit großen Hoffnungen verbundene Initiative Deutschlands, mit Österreich eine Zollunion einzugehen, scheiterten an den Siegermächten, die dahinter den Versuch der Umgehung des Anschlussverbotes vermuteten. Im Bewusstsein der Familie Lengauer treten diese Ereignisse jedoch zurück hinter die brennenden Probleme des Alltags: die Sorge um das tägliche Brot und um einen weiteren Zahlungsaufschub zur Abwendung der drohenden Exekution und damit die Angst vor dem Verlust des Obdaches und die Furcht vor dem totalen Absturz in die Mittellosigkeit. Die Gläubiger kannten kein Erbarmen! Es wurde der Sichtwechsel nicht nur zur Unzeit präsentiert, sondern auch die Rechtsdurchsetzung rücksichtslos vorangetrieben; das angestrengte Exekutionsverfahren war von vornherein auf eheste gradmäßige Verwertung des gesamten Schuldnervermögens angelegt. Ohne Rücksicht auf künftige Entwicklungsmöglichkeiten wurde die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des damals schon gesundheitlich schwer beeinträchtigten Schuldners und seiner Familie betrieben. Auf Grund des Verteilungsbeschlusses des BG Freistadt gelangten insgesamt nur 3.765. o5 Schilling zur Verteilung. Es ist heute infolge der Vernichtung aller diesbezüglichen Exekutionsakten nicht mehr möglich, die Rechtmäßigkeit dieser brutalen Rechtsverfolgung zu überprüfen. Auch der dubiose Beschluss über die Erteilung des Zuschlages an Emmerich Januschko, dem jegliche Kenntnisse über die Bewirtschaftung einer Landwirtschaft nachweislich fehlten, ist nicht mehr vorhanden. 23 Laut Auskunft des Grundbuchführers des BG Freistadt wurden die diesbezüglichen Vollstreckungsakten des BG Freistadt als zuständigem Exekutionsgericht nach Ablauf von 30 Jahren skartiert. so dass als Sekundärquelle nur mehr das Grundbuch zur Verfügung stand. 24 Kefermarkt ein Markt im Unteren Mühlviertel, Festschrift anlässlich des 500 jährigen Bestehens von Kefermarkt als Markt, S. 69. o.O.,1979 und Kerbschnitz-Inschrift an den Tram-Balken des wieder errichteten Wirtschaftsgebäudes. 25 Auf Grund des Schuldscheines in COZ 48 des GB der KG Pernau, EZ 44 einverleibtes Pfandrecht für die Sparkasse Freistadt 14 Asyl beim Nachbarn und Verwandten Franz Lengauer fand vorübergehend als „verarmter Einleger“ am benachbarten Dürrer gut26 Unterkunft. Später nahm ihn seine Schwester nach Linz zu sich. Seine Frau trennte sich von ihm und fand mit ihren 3 noch minderjährigen Kindern Gottfried, Amalia und Stephanie bei ihrer Mutter in einer notdürftigen Auszugwohnung auf dem benachbarten Plank gut eine vorübergehende Bleibe. Die 3 Söhne aus der ersten Ehe, die nicht nur um ihr mütterliches Erbe infolge der Inflation gekommen waren, sondern auch väterlicherseits nichts mehr zu erwarten hatten, fanden nach Überwindung anfänglicher Schwierigkeiten bei den Österreichischen Bundesbahnen sichere Anstellungen, doch litten sie alle sehr unter dem Verlust ihrer Heimat. Die Abschiebung Franz Lengauers in die Idiotenanstalt Hartheim, seine anschließende Unterbringung in der Landes- Heil- und Pflegeanstalt Niederhaut und die spätere Ermordung im Schloss Hartheim 1940 sind an anderer Stelle ausführlich dargestellt worden27. So lockte die SS die Jugend in ihre Reihen Abbildung 5: HJ Führer-Leistungsabzeichen in Gold Abbildung 6: Aufruf des SS-Reichsführers Himmler Abbildung 7: Gottfried als Gymnasiast mit seiner Schwester Stephanie 26 Frau Anna Reich, eine Gangl - Tochter, erinnert sich, dass der „Wegerer“ nach dem „Abhausen“ bei ihrer Familie vorübergehend Unterkunft und Verpflegung erhielt; er rührte gerne das Butterfass und rauchte dabei eine lange Pfeife. 27 ,Lengauer, Siegmar J.: Die Familie Lengauer auf dem Wegerergut in der Gemeinde Kefermarkt von 1663- 1931, 2005. *) Details Volltext: lengauer.pdf 5401 Kb http://www.ooegeschichte.at/Publikationsforum.65.0.html - 41k S. 55-65 15 Als illegaler HJ-Führer leitete Gottfried Lengauer bereits vor dem Anschluss Österreichs an Deutschland mit einer Schar gleichgesinnter Burschen im Steinbruch in der Nähe des Gasthauses Schön back in Lest Kampfsportübungen und erwarb das „Goldene HJ-FührerLeistungsabzeichen“, welches ihm neben dem großen „Ariernachweis“ das Tor in die SS-Kaserne öffnete. Die SS-Führung versprach nämlich ihren erprobten Männern nach Beendigung ihrer Dienstzeit bzw. nach dem Krieg viele Möglichkeiten, ihre Zukunft zu gestalten. Ein Beispiel hierfür bot die beabsichtigte Ostsiedlung: „Dort sollte der SS-Veteran Herr sein auf eigener Scholle, seinen Kindern eine wirkliche Heimat, seiner Sippe einen wirklichen Stammsitz schaffen. Dabei komme es nicht darauf an, ob der SS-Mann, der sich für diese Lehensgrundlage entscheidet, Geld hat, um einen Bauernhof kaufen zu können, sondern ob er und ebenso seine Frau, die er über seinen Hof als Bäuerin setzen wird, leistungsmäßig fähig ist, einen Bauernhof zu leiten. Warum sollte ein tüchtiger und kampferprobter SS-Mann nicht Schwert und Pflug gleich gut zu führen verstehen? Die Ausbildung zum Neubauern bekommt er auf den anerkannten Lehrhöfen des Rasse- und Siedlungshauptamts der SS. Ihre zeitliche Dauer richtet sich nach Fähigkeit und Erfahrung. Die Höfe für die SS-Männer sind zwar nach Bodengüte und Können des Einzelnen verschieden groß, auf jeden Fall aber haben sie den Umfang, daß sie für eine wirkliche Bauernfamilie eine gute und auskömmliche Lehensgrundlage bieten. So entsteht im Osten durch die SS-Kameraden der Front ein neues deutsches Bauerntum, ein lebendiger Ostwall, dessen Stärke und innere Sicherheit die Wehrbauern der SS garantieren. Denn die in ihrer Haltung besonders zuverlässigen und im Einsatz bewährten SS-Männer bringen die besten Voraussetzungen mit, um dem deutschen Volkstum in den Ostgebieten für alle Zukunft ein tüchtiges, gesundes und volksmäßig unzerstörbares Bauerntum zu geben“.28 28 Aus „Dich ruft die SS!“ Auszug aus dem Aufruf des Reichsführers SS Heinrich Himmler 16 Die militärischen Einsätze (1938 -1945)29 Eintritt in die SS am 21. Juni 1938 Abbildung 8: Sturmmann der SS-Verfügungstruppe (SS VT). 29 Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen der ehemaligen deutschen Wehrmacht (WASt) GZ VI 212/788/o8, Berlin 17 Beförderungen SS-Rottenführer (Obergefreiter) 01.12.1940 Abbildung 9: Rottenführer der Waffen-SS, 7. Kompanie der 3. SS-Standarte „Der Führer“ SS-Unterscharführer (Unteroffizier) 01.11.1943 Abbildung 10: Unterscharführer der 2. SS-Panzer-Grenadier-Division „Das Reich“ 18 Auszeichnungen Verdienstmedaille „Einmarsch in das Sudetenland 1938“ und Spange „Besetzung RestTschechiens 1939“ Um die Verdienste von beteiligten Personen um die Wiedervereinigung des Sudetenlandes mit Deutschland zu würdigen, wurde als sichtbares Zeichen der Anerkennung die „Medaille zum 1. Oktober 1938“ gestiftet. Ergänzend zur Medaille wurde für die Verdienste um den Anschluss der Rest-Tschechoslowakei am 1. Mai 1939 eine Spange „Prager Burg“ verliehen, um Personen, die schon mit der Medaille beliehen waren, erneut auszeichnen zu können. . Abbildung 11: Medaille zu Erinnerung an den 1. Oktober 1938 und Spange „Prager Burg 1939“ Medaille: Winterschlacht im Osten 1941/42 wurde am 26.6.1942 als Anerkennung für die Bewährung im Kampfe gegen den Feind und den russischen Winter innerhalb des Zeitraumes vom 15.11.1941 bis 15.4. 1942 verliehen. Abbildung 12: Ostmedaille Eisernes Kreuz II. Klasse, wurde am 1. 6.1942 für hervorragende Verdienste in der Truppenführung und besondere Tapferkeit vor dem Feind verliehen. Abbildung 13: Eisernes Kreuz II. Klasse 19 Das Infanterie-Sturmabzeichen in Silber wurde an Soldaten verliehen, die an 3 Sturmangriffen in vorderster Linie mit der Waffe in der Hand einbrechend an drei verschiedenen Kampftagen beteiligt gewesen sind. Angehörige der Waffen-SS konnten erst ab dem Russlandfeldzug mit dem Infanterie-Sturmabzeichen beliehen werden. Abbildung 14: Infanteriesturmabzeichen in Silber Das Verwundetenabzeichen in Silber war jeweils als Ehrung für Soldaten vorgesehen, die bei tapferem Einsatz durch feindliche Waffeneinwirkungen drei- u. mehrmals verwundet oder beschädigt wurden. Es durfte nur das zuletzt verliehene Abzeichen auf der linken Brustseite getragen werden. Abbildung 15: Verwundetenabzeichen in Silber SS-Ehrenwinkel „Alter Kämpfer“30 Der Ehrenwinkel der SS bestand aus einer durchwirkten Silbertresse mit zwei ca. 1 cm breiten schwarzen Trennstreifen. Der Winkel lag anfänglich auf einem schwarzen Stoffuntergrund und wurde ab ca. 1939 durch einen ca. 1 cm breiten schwarzen Längsstreifen ersetzt. Abbildung 16: SS-Ehrenwinkel 30 Die Zeit als illegaler HJ-Führer vor dem Anschluss Österreichs an Deutschland wurde ihm „angerechnet“. 20 Ärmelbänder der SS Abbildung 17:Regimentsstreifen „Der Führer“ und Ärmelband „SS - Schule Tölz“ Nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Österreich am 13. März 1938 verließ Gottfried Lengauer ohne Ablegung der Reifeprüfung die Schule und trat im Alter von noch nicht einmal 17 Jahren als Freiwilliger31 in den Dienst der in der ehemaligen Ostmark neu aufgestellten SSVerfügungstruppe (SS VT), 7. Kompanie der 3. SS-Standarte „Der Führer“. Für diese SSElitetruppe waren bis zur Fertigstellung des begonnenen SS-Kasernenneubaues in Graz - Wetzelsdorf die Kurgebäude des herrlich gelegenen Thermalbades Tobelbad südwestlich von Graz angemietet worden.32 Dort genoss der junge Soldat neben der gründlichen Ausbildung im Gefechtsdienst eine Parade - Exerzierdienst - Ausbildung nach preußischer Tradition, um am Nürnberger Reichsparteitag “Großdeutschland“ 33 im September 1938 mit marschieren zu dürfen. Abbildung 18: Nürnberger Parteitag 1938 Am 1. Oktober 1938 rückte er mit seinem Regiment in das zuvor von der Tschechoslowakischen 31 Die NSDAP verlangte vom Bewerber den Nachweis „rein arischer Abstammung“ bis 1750 zurück (großer Ariernachweis). Als künftiger „Paradesoldat“ musste der Rekrut ein Gardemaß von mindestens 1.80 m aufweisen und sich am linken Unterarm die Blutgruppe eintätowieren lassen. 32 Otto Weidinger, Kameraden bis zum Ende: Das Panzergrenadier-Regiment 4 „der Führer“: Die Rekrutierung des Regimentes erfolgte ausschließlich aus Freiwilligen, die sich so zahlreich meldeten, dass trotz scharfer Auslese die baldige Aufstellung des Regimentes gesichert war. Überall in Österreich und vor allem in Kreisen der Bevölkerung wurden die jungen Kerle dieses neuen ostmärkischen Regimentes mit offenen Armen aufgenommen, und mit Begeisterung strebten die Jungmänner danach, in die Reihen gerade dieses Regiments eintreten zu dürfen. 33 Ders. a.a.O.: Anlässlich des Nürnberger Reichsparteitages, wegen des Anschlusses Österreichs an Deutschland, „Reichsparteitag Großdeutschland“ genannt, erhielt das Regiment den Namen „Der Führer“, und die jungen Soldaten durften nun den Regimentsstreifen am linken Arm tragen. 21 Regierung frei gegebene Sudetenland ein.34 Am 15. März 1939 marschierten deutsche Truppen nach Androhung einer Bombardierung von Prag ohne Gegenwehr in das restliche Staatsgebiet der Tschechoslowakei ein. („Erledigung der Rest-Tschechei“)35 Abbildung 19: Einmarsch in Prag Im Mai 1939 wurde das Regiment auf den Truppenübungsplatz Großborn in Pommern verlegt und nach Vertiefung und Festigung der Ausbildung ab Ende Juni 1939 als Wachregiment des Reichsinspektors Böhmen und Mähren in Prag zum Wachdienst auf dem Hradschin und den wichtigsten Protektoratsgebäuden, sowie zu zusätzlichen Sicherungsdiensten an Bahnhöfen und anderen Infrastruktureinrichtungen eingesetzt. Durch die Kriegserklärung Englands und Frankreichs war im September 1939 die Verlegung aller verfügbaren, nicht am Polenfeldzug beteiligten Truppenteile an die deutsch-französisch-belgische Grenze erforderlich, weil diese nur notdürftig mit Befestigungsanlagen (Westwall) gesichert war. Mitte September 1939 erreichte das Regiment den Raum Waldkirch im Schwarzwald und wurde der im südlichen Abschnitt des Westwalles operierenden 7. Armee unterstellt. Im Zuge des weiteren Aufbaues der Deutschen Wehrmacht sind inzwischen unter Ausnutzung der im Polenfeldzug gemachten Erfahrungen die ersten motorisierten Divisionen und Panzer-Divisionen entstanden. Auch für das Regiment „Der Führer“ und die anderen Regimenter der SS-Verfügungstruppe erfolgte deren Zusammenfassung unter dem Begriff „ mot. Division Waffen-SS“. Damit sollte der Anschein erweckt werden, dass die Waffen-SS keine politische Sondertruppe der NSDAP, sondern ein Teil der Wehrmacht, der im Einsatz ausschließlich den Kommandostellen des Heeres und deren Befehlsgewalt unterstellt war.36 Anfang Oktober 1939 wurde das Regiment „DF“ von seiner Aufgabe am Westwall entbunden und auf den ehemaligen 34 Am 1. Oktober 1938 begann der Vormarsch des Regimentes „DF“ aus seinem Versammlungsraum Zwettl, NÖ, in Richtung Znaim. Der Einmarsch erfolgte noch mit Pferdebespannung ohne Zwischenfälle, und das Regiment wurde überall von der sudetendeutschen Bevölkerung stürmisch begrüßt. Anschließend kehrte das Regiment in seine Standorte zurück. 35 Ders. a.a.O.: Anfang März 1939 stand das Regiment „DF“ bereits für einen motorisierten Einsatz bereit. Im Morgengrauen des 15. März 1938 hatte das Regiment von Bruck a. d. Leitha ausgehend ostwärts Gänserndorf die tschechische Grenze zu überschreiten, durch die Kleinen Karpaten unter plötzlich stark auftretenden Schneestürmen bis Bösing (Peczinok) durchzustoßen und das Waag-Tal nach Süden gegen Preßburg und nach Norden bis Jablonica abzusichern. 36 Die Waffen-SS wurde aber auch als Vollstreckungskraft für den Terror im Hinterland, die Euthanasie und den Holocaust und anderer Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingesetzt und daher nach dem Kriege als verbrecherische Organisation eingestuft. 22 tschechischen Truppenübungsplatz Brdy-Wald ostwärts Pilsen verlegt. Im Dezember 1939 wurde das Regiment im motorisierten Marsch im U-Raum37 Datteln im Ruhrgebiet untergebracht, an die 207. Infanteriedivision angegliedert und dann in Vorbereitung auf den bevorstehenden Westfeldzug in den Raum Bocholt an die Staatsgrenze zu den Niederlanden verlegt und rückte von dort in den Bereitstellungsraum Elten/Westfalen vor. Nach der Kapitulation der Niederlande kehrt es zurück zur SS-Verfügungsdivision nach Nordfrankreich und greift dort in die weiteren Kämpfe ein. Der Westfeldzug Der Westfeldzug begann am 10. Mai 1940 mit dem Einbruch in Holland im Verband der 18. Armee. Das II. Bataillon „DF“, dem Gottfried Lengauer angehörte, wurde dem Infanterieregiment 368 zugeteilt und bei Anholt bereitgestellt. Am 10. Mai um 5.35 Uhr brachen die an der holländischen Grenze bereitgestellten Stoßtrupps vor, überrannten die holländischen Grenzsicherungen und stießen bis Babberik als erstes Angriffsziel vor. Der Widerstand der holländischen Grenztruppen war gering und die zahlreichen Straßensperren konnten rasch beseitigt werden. So konnte das III. Bataillon als vorderstes Stoßbataillon rasch auf die Brücke von Arnheim vorrücken und deren Sprengung verhindern. Gleichzeitig setzte sich der Eisenbahn-Panzerzug, der der 207. Infanteriedivision unterstellt war, in Bewegung. Bevor dieser jedoch die Ijssel-Brücke erreichte, wurde diese von den holländischen Streitkräften gesprengt und damit der Aufmarsch der deutschen Wehrmacht in Westervoort, einem Vorort von Arnheim ein wenig verzögert. Trotz zahlreicher Straßenhindernisse erreichten die vordersten Teile des III. Bataillons „DF“ bereits um 7.20 Uhr die Ijssel ostwärts von Arnheim. Abbildung 20: Übersetzen der Ijssel Um 8.30 Uhr erhielt es den Befehl zur Bereitstellung für den Übergang über die Ijssel. Die schweren Waffen des Regiments „DF“ nahmen zusammen mit den Artilleristen die Feindanlagen auf dem Nordufer Ijssel und insbesondere das der Brücke gegenüber liegende Fort Westvoort unter 37 Unterrichts-Raum 23 Feuer. Erst unter diesem Feuerschutz war das Vorbringen der Panzerabwehrkanonen (PAK) und Maschinengewehre (MG) in die vorderste Linie möglich. Die Übersetzmöglichkeiten über die Ijssel selbst waren äußerst ungünstig. Jenseits des Dammes war eine deckungslose Ebene von etwa 300 m zu überwinden. Das jenseitige Ufer der Ijssel, die an dieser Stelle etwa 150 m breit war, hatte starke Drahthindernisse. Der gesamte Raum lag unter heftigem Feuer aus der Front und den Flanken. Kurz nach 11 Uhr begann das Übersetzen mit Floßsäcken, und bald darauf wurden die ersten Gassen in die Drahtverhaue auf dem jenseitigen Ufer geschnitten. In diesem Kampfe erhielt das Regiment „DF“ die erste harte Feuertaufe. Es endete der erste Kampftag mit einem vollen Erfolg. Es war dem Regiment „DF“ nicht nur gelungen, die Grenze in kurzer Zeit zu überwinden, den Übergang über die Ijssel zu erzwingen , sondern sich noch am selben Abend mit allen Teilen an die vorderste Stellung der stark befestigten Grebbe-Linie durchzukämpfen. Der Durchbruch durch die von Amersfort auf Rhenen verlaufende Grebbe Linie und weiter südlich durch die PeelStellung gelang dann allerdings nur unter schweren deutschen Verlusten, hatte aber zur Folge, dass ganz Nordholland zusammenbrach und kapitulierte. Das Regiment erreichte von Haarlem im motorisierten Marsch bald darauf über Amsterdam - Cleve-Venlo - Maastricht Belgien, wo es bei Huy das erste Mal, bei Givet das zweite Mal die Maas überschritt. Das Regiment wurde am 17. Mai 1940 bei Marienbourg wieder der SS-V-Division unterstellt, um die Flanken der inzwischen die Maginot-Linie überwundenen und durch die Ardennen über Verdun – Sedan - Arras auf Calais vorgedrungene Heeresgruppe West abzusichern. Infolge starker Verstopfung der Straßen kam das Regiment „DF“ in den nächsten Tagen nur mühsam vorwärts und erreichte über Hirson-Guise, nördlich St. Quentin und südlich von Arras vorbei, dann nach Norden abdrehend über Aubigny am 21. Mai 1940 den Raum La Basse-Aire. Am 23. Mai 1940 erhielt das Regiment „DF“ den Befehl zur Sicherung und zur Haltung eines etwa 25 km breiten Abschnittes an der Lys und am LaBassee-Lys-Kanal etwa im Raume Armentieres-Bailleul in Nordfrankreich. Am 27. und 28. Mai folgten dann harte Kämpfe durch den Nieppe Wald zur Erzwingung des Überganges über den Lys-Kanal Infolge Zusammendrängens der von Osten und Süden zur Küste vorgestoßenen deutschen Kräfte wurde das Regiment im Rahmen der SS-V-Division am 2. Juni 1940 herausgelöst und im Raume südostwärts Arras zum Angriff an der Weygand-Stellung gegen die Reste der französischen Armee bereitgestellt. Die SS-V-Division wurde dem XVI. Korps der 6. Armee unterstellt und begann am 5. Juni 1940 den Angriff in zweiter Welle. Das Regiment „DF“ überschritt am 7. Juni 1940 die Somme und stieß dicht an der offenen feindlichen Flanke vorbei tief in den Rücken des Gegners und traf dabei auf ein farbiges französisches Regiment. Dabei kam es zu den ersten kriegsverbrecherischen Untaten dieser SS-Truppe. Als bewegliche Truppe wurde sie sodann aus dem Heer zum Angriff weiter nach Westen über die Avre auf Mondidier-Compiegne herausgezogen um Guerbigny an der Avre einzunehmen. Dann wurde sie in den Raum St. Quentin zurückgezogen und mit Mannschaftsersatz aus dem Ersatzbataillon aufgefüllt und schon am 13. Juni 1940 dem XIV. Panzerkorps, Panzergruppe von Kleist, unterstellt zum Vormarsch über Soisson über die Marne bei Chateau-Thierry und die Seine bei Rommily. Die letzten Kämpfe hatte das Regiment am 18. Juni 1940 bei dem Ort Coulmiere-Sec zu bestehen. Nach der Kapitulation Frankreichs erfolgte der Vormarsch durch den westlichen Teil des Plateaus von Langres über Autun nach Le Creusot. Schon am 21. Juni 1940 rückte es weiter vor und erreichte in Gewaltmärschen bei glühender Sommerhitze über Autun - Montargis - Orleans - Tours - Poitier - Angoulem - Bordeaux am 26. Juni 1940 Biaritz an der Biskaya, wo es dann an der spanisch-französischen Grenze in den Pyrenäen mit befreundeten spanischen Soldaten den errungenen Sieg im Westfeldzug feierte. Am 2. Juli 1940 beendete ein neuer Marschbefehl die schönen Tage in Biaritz, Bayonne und in den Pyrenäen und es erfolgte der Rückmarsch über Libourne - Angouleme - Poitiers - Tours - Orleans - Fontainbleau - Chateau - Thierry - Namur - Lüttich - Aachen - Mönchengladbach - Wesel - Bocholt - De24 venter - Zwolle nach Meppel im nördlichen Holland, wo Das Regiment „DF“ als Besatzungstruppe zur Niederschlagung von Unruhen und Streiks eingesetzt war. Zur Vorbereitung einer Landeoperation in England fanden intensive Übungen zum Be- und Entladen von Panzern und Fahrzeugen in Transportkähne statt. Jäh unterbrochen wurde der Aufenthalt in Holland, als Mitte Dezember 1940 der Befehl zum Abmarsch nach Südfrankreich über Dortmund - Karlsruhe - die Vogesen auf das Plateau von Langres westlich von Vesoul kam, wo die in zwischen umbenannte SS-V-Division in „Reich“(später „Das Reich“) bis Ende März 1942 ohne besondere Vorkommnisse ausreichende Unterkunft fand. Nachdem Anfang April Jugoslawien die Achse Berlin- Rom verlassen und zu den Alliierten gewechselt hatte, kam es zu einem überstürzten Krieg und die Division „Das Reich“ wurde über die vereisten Vogesen und den noch tief verschneiten Schwarzwald über München Salzburg - Linz - Wien - Budapest - Arad nach Temeschwar im Banat mit dem Auftrag in Marsch gesetzt, die jugoslawischen Teile des Banats und der Batschka bis zur Donau Richtung Belgrad zu befrieden. So erfolgte das Überschreiten der jugoslawischen Grenze am Karfreitag des Jahres 1941 in breiter Front. Angriffsziel für das Regiment „Der Führer“ war die Ortschaft Seleus. Hier war für das Regiment der Feldzug zu Ende, weil auf dem Südufer der Donau deutsche Panzerverbände konzentriert auf Belgrad vorgingen und eine Einnahme der Stadt vom Norden her über die Hochwasser führende Donau infolge der Sprengung der großen Donaubrücke unmöglich erschien. Das Regiment „DF“ marschiert daher in den Raum Eferding-Oberdonau, wo es nach gründlicher Überholung der Ausrüstung und der Fahrzeuge für den weiteren Einsatz Kräfte sammelte. In den weiteren Jahren steht das Regiment zusammen mit der SS-Division „Das Reich“ an allen wichtigen Brennpunkten des Krieges. Der Russlandfeldzug und das Ende des II. Weltkrieges Abbildung 21: Vormarsch im Osten 1941 Während der ersten Phase des Russlandfeldzuges im Juni 1941 im Dauereinsatz - Einsatzorte der Division „Das Reich“, zu welcher das Regiment „Der Führer“ mittlerweile gehörte - waren vor allem der Jelnja-Bogen, Baranovici, Smolensk, Kiew, Gomel und das Vorfeld von Moskau - nahm Lengauer an der Spitze seiner ihm ergebenen Männer tagtäglich an harten Infanterie-Einsätzen wie 25 Stoßtruppunternehmen, Sturmangriffen, Defensivaufgaben und erbitterten Grabenkämpfen teil und wurde am 09.10.1941 bei Cholmino38 durch Artilleriegeschoss-Splitter am rechten Arm (Ellenbogen) und linken Unterschenkel erstmals verwundet und vom Hauptverbandsplatz am 22. Oktober 1941 in das Reservelazarett Rheine, Teillazarett Mathiasspital überstellt. Am 28. Oktober 1941 wurde er zum Ersatztruppenteil Infanterie-Ersatz-Bataillon SS „Der Führer“ nach GrazWetzelsdorf als innendienstfähig entlassen. Inzwischen mit dem EKI für hervorragende Verdienste in der Truppenführung und besondere Tapferkeit vor dem Feinde ausgezeichnet, ging er wieder an die Ostfront, und es erwischte den kampferprobten Soldaten bereits am 26. März 1942 bei Dorogino39durch Infanteriegeschoss-Splitter am rechten Oberschenkel erneut. Über den weiteren Einsatz im Verlauf des Kriegsjahres 1942 gibt es erst ab Anfang August wieder verlässliche Angaben.40 Kommandierung zum 9. Kriegsführeranwärter-Lehrgang an die SS-Junkerschule Tölz41 Die vorbereitende Ausbildung für die Teilnahme an einem Kriegs - Junker - bzw. Reserve - FührerAnwärter - Lehrgang bestand aus mehreren Abschnitten. Nach der Rekrutenausbildung, Frontverwendung und Unterführerausbildung sollte der SS - Führerbewerber in ansteigendem Maße an Aufgaben herangeführt werden, die ihm Gelegenheit gaben, seine Führereigenschaften mit rücksichtsloser Härte und Mitleidlosigkeit unter Beweis zu stellen.42 38 Cholmino konnte nicht exakt verortet werden, dürfte aber im Raume Gschatsk zwischen Cholm und Borodino liegen, wo die Kesselschlacht um Wjasma zu dieser Zeit tobte. 39 Dorogino liegt im Wolgabogen, dem russischen Einbruchsraum zwischen Ashewo und Kischkino., 40 Brief vom Westen, 2. August 1942: …Der Grund meines so langen Stillschweigens war der, dass ich krank war. Es ist auch kein Wunder, wenn die Nerven einmal durchgehen, sind sie doch in den vergangenen Jahren auf höchste Probe gestellt worden…Wegen meiner Versetzung zum Ersatz-Bt. (Stralsund) musste ich nochmals an die Gemeinde schreiben, da die Bestätigung (vermutlich über den Gesundheitszustandes seines Vaters) an militärischen Wortlaut gebunden ist. 41 Ab 27. Jänner1943 wurde der 9. Kriegs-Reserveführer-Anwärter-Lehrgang bis Ende April 1943 in Bad Tölz, dann ab 5. März 1943 an der SS-Pz.Gren.- Schule Prosetschnitz durchgeführt. Quelle: Befehl des SS-Führungshauptamtes, Amt XI, Az.: 22 b 16 Qu./Kö., Amt V Abt. IE (B/IV), Berlin, Wilmersdorf, Kaiserallee 188, vom 22. Feb.1943 42 SS-Junkerschulen waren Elite Kaderschmieden, in denen Offiziersanwärtern das militärische und ideologische Rüstzeug eingedrillt wurde, das sie später bei der Führung von Himmlers Verfügungstruppen, den Totenkopfverbänden, bei der politischen Polizei und der Waffen-SS umzusetzen hatten. Die SS-Junker wurden nicht nur formal auf den Eid verpflichtet, dem „Führer“ Adolf Hitler bedingungslos bis in den Tod getreu dem Wahlspruch der SS, „Deine Ehre heißt Treue“ zu folgen, sondern sie wurden auch in den Lernfächern „Weltanschaulicher Erziehung“, „Germanische Geschichte“ und „Großdeutsche Lebensraum-Philosophie“ unterrichtet. Ziel dieses Unterrichtes war jeweils die totale Identifikation mit den ideologischen Grundpfeilern des NS-Staates, nämlich mit dem geopolitischen Herrschaftsanspruch des „deutschen Volkes ohne Raum“, mit dem Sozialdarwinismus auf der Grundlage der sich überlegen dünkenden „arischen Herrenrasse“ und mit dem Antikommunismus, Antibolschewismus auf der Grundlage des Kampfes gegen die „slawischen Untermenschen“ und gegen „das Weltjudentum“. 26 Abbildung 22: SS- Junkerschule Tölz 1943 Mit dem Silbernen Infanteriesturmabzeichen sowie dem Silbernen Verwundetenabzeichen beliehen, wurde Lengauer ab 27. Jänner 1943 zu dem in der SS-Junkerschule Tölz stattgefundenen Lehrgang für den 9. Kriegsreserveführeranwärter-Lehrgang (KRFA) einberufen. Die Spezialausbildung zu Panzergrenadieren erhielt er anschließend an der Panzergrenadierschule Prosetschnitz südlich von Prag.43 Allerdings war ihm ein erfolgreicher Abschluss dieser Ausbildung nicht vergönnt. In einem Brief der im Folgenden auszugsweise wiedergegeben wird, schildert er die vermuteten Gründe für seinen Misserfolg: Prosetschnitz, 16.5.43 Liebe, gute Mutter! Ich sitze hier im Hörsaal, mache aber nicht mehr mit und um wenigstens den Schein zu erwecken schreibe ich Briefe. Natürlich stehst Du da an allererster Stelle. Ich bin zwar seit gestern auf einem moralischen Tiefpunkt angelangt, aber gerade, wenn ich mich mit Dir aussprechen kann, geht das leicht wieder vorüber. Wenn ich Dir schreibe und dabei an Dich, liebe Mutti, denke, so ist es mir als könnte ich mit Dir sprechen und Dir mein ganzes Herz ausschütten. Sei mir bitte nicht böse, wenn ich dies heute wieder mache, aber wem soll ich denn sonst alles anvertrauen, als meiner Mutter, die mich ja am Besten verstehen kann. Nach der langen Ungewißheit wurden gestern schließlich die Karten aufgetischt. Alles das, mit dem ich mich bereits abgefunden hatte, wurde in mir zerstört. Ich kann es ja noch nicht ganz begreifen. Jetzt weiß ich, warum ich durchfallen mußte, trotz guter Leistungen in sämtlichen Fächern. Wenn man mir das allerdings vorher gesagt hätte, so würde ich mich ja nicht nach hieher bemüht haben. Ich will es Dir jetzt kurz erklären. Aus den Gesprächen konnte ich entnehmen, daß ich von vornherein auf die schwarze Liste gesetzt wurde, ohne daß man wußte, was ich eigentlich leisten kann. Der Grund dafür ist nur darin zu finden, dass Vater an Epilepsie gestorben ist44. Einen solchen Sohn kann man nicht als Führer gebrauchen. Aber ich werde mich nicht nur damit abfinden, sondern es wurden mir einmal die vielleicht 43 Lt. Befehl des SS-Führungshauptamtes, Amt Führerausbildung, Az.: 22b16 v. 22.2.1943 ab 5.3.1943 an der SS- Pz.Gren.-Schule Prosetschnitz 44 Lt. gefälschter Sterbeurkunde d. Standesamtes Grafeneck: Todestag 5.8.1940; in Wahrheit wurde Franz Lengauer am 26.7.1940 im Schloss Hartheim von einem SS-Arzt ermordet! 27 verblendeten Augen geöffnet. Für alle Zukunft werde ich wissen, wie ich zu handeln habe und welchen Weg ich von nun an beschreiten muß. Er wird vielleicht bald zeigen, daß alles zum Guten geht. Denn wenn ich von dieser Schule morgen gehe, dann gehe ich mit der Gewißheit, daß ich alles getan habe, was in meinen Kräften stand, und daß ich fleißig war und gelernt habe. Und außerdem fühle ich mich über so viele, die durchgekommen sind, weit erhaben. Daß ich lange Zeit krank war, dafür konnte ich nichts. Im Unterricht hat mir das keinesfalls geschadet, denn in der Zeit, in der die anderen im Gelände waren, bin ich bei den Büchern gesessen. Ich gehe also mit dem Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein und werde in Zukunft bestrebt sein, es auch so zu machen, wie viele andere!!! Unternehmen dagegen will ich nichts, denn erstens hätte es ja keinen Zweck und zweitens habe ich von der ganzen Sache bis zum Hals herauf genug. … Es ist ja noch nicht ganz klar, wohin ich kommen werde. Entweder zu einer neu aufgestellten Einheit oder zum Ersatz-Btl. Persönlich wäre mir ersteres lieber, denn Stralsund ist mir verhaßt… Sei nochmals recht herzlich gegrüßt von Deinem dankbaren Sohn Friedl Bitte vernichte diesen Brief sofort!!!!! Nach Abschluss des Lehrganges im Frühjahr 1943 erfolgte seine Rückkehr zum Ersatzbataillon der SS-Division „Das Reich“ nach Stralsund. Erst im November des Jahres 1943 erhielt Lengauer die Rangabzeichen eines Unterscharführers (Unteroffiziers) und musste bald darauf wieder an die bereits vor dem Zusammenbruch stehende Ostfront zurückkehren und er- bzw. überlebte auch noch die Rückzugskämpfe im Einsatzraum Lemberg. Am 14. April 1944 teilt er in einem Feldpostbrief seiner Mutter u. a. mit: „Ich hoffe, daß Ihr bereits wisst, daß ich wieder im Osten gelandet bin. Etwas darüber will ich Euch aber nicht schreiben…. Ich glaube, Vater hat schon in diesem Gebiet gekämpft. Die erste Kampfwoche ist nun hinter uns. Sie war schwer, aber ich habe mich bereits eingelebt und bin wieder der Alte wie früher. Wenn in einigen Tagen der Dreck aufhört und die Straßen, die grundlos verschlammt sind, trocken werden, dann geht es ja wieder. Haben schon wieder Kameraden getroffen, die wir befragt haben. Diesen Jubel solltet Ihr gesehen haben. Der Russe ist ja auch nicht mehr so stark. Wir werden es bestimmt schaffen. Daran glaube ich mit ganzem Herzen. Es ist nur so bestialisch. In dieser Stadt hier, die auch eingekesselt war, hat er auf einem Hang aus über 400 durch Genickschuß ermordeten deutschen Soldaten ein Hakenkreuz gemacht, daß der Besatzung einen schaurigen Anblick und eine Mahnung sein sollte. Sie ist aber tapfer und treu geblieben. So werde ich es auch immer halten: Tapfer und treu!“ Im Sommer 1944 wurde das Regiment „DF“ mit der gesamten Division an die Westfront verlegt. Dort kämpfte er im Juli 1944 in der Normandie auch gegen die Amerikaner und Briten, wo er Kämpfe bei St. Lô, Caen und im Kessel von Coutances sowie die Panzerschlacht von Mortain mitmachte. Im August 1944 fanden erbitterte Kämpfe in den Räumen Argentan und Vimoutiers statt. Während der harten Kämpfe um den Kessel von Falaise wurde er erneut verwundet und verbrachte einen Lazarettaufenthalt vom 25. August bis 9. September 1944 im Reservelazarett Tübingen. Noch nicht richtig wiedergenesen, wurde er schon nach einem Monat von Ende 1944 bis Anfang März 1945 als Ausbildner in Brünn eingesetzt. Dadurch blieb ihm der verlustreiche Rückzug aus Nordfrankreich über Elbeuf, Rouen, St. Quentin, durch Belgien und Luxemburg in die Eifel und die bekanntlich vergebliche Ardennenoffensive sowie die hoffnungslose Verlegung an die nach Ungarn herangerückte Ostfront erspart 28 . Die Ahnung des bevorstehenden Endes In einem seiner letzten Briefe bringt Gottfried bereits resigniert seine Ahnung von seinem bevorstehenden Ende zum Ausdruck: Auszug aus dem Brief vom 1. Februar 1945 aus Brünn Meine liebe, gute Mutter! Heute habe ich Deinen lieben Brief vom 21.1. erhalten. Ich hatte sehr große Freude daran und danke Dir auch recht aufrichtig dafür. Nun ist Steffi doch da gewesen. Ich wäre ja auch gerne gekommen, aber leider, man ließ mich nicht weg. Da hätten wir uns wenigstens noch einmal sehen können alle zusammen. Denn wer weiß, wann das wieder einmal und ob das überhaupt nochmals zutrifft. Ich gehe am Samstag wieder an die Front nach dem Westen. Werde auch über Linz kommen, aber ich weiß noch nicht wann…. Es wird schon wieder alles recht werden und ich glaube bestimmt, daß mir auch diesmal das Glück hold sein wird. Wenn ich halt nicht mehr wiederkommen sollte, dann dürft Ihr mich nicht ganz vergessen. Denkt immer, daß ich Euch alle sehr gern gehabt habe und immer gern haben werde. Ich bin froh, weil ich die Gewißheit habe, daß Du meine liebe Mutter, in Philipp einen Gefährten gefunden hast, der Dir beistehen wird das ganze Leben. Ich möchte ihn heute auch nochmals herzlich bitten, sich immer Deiner anzunehmen, wenn ich am Felde der Ehre bleiben sollte. Wenn es das Schicksal will, opfere ich gern und freudig mein junges Leben auch am Altar des Vaterlandes, denn mein Herz sagt mir, daß es nicht umsonst sein wird, daß es dazu beiträgt, daß es Euch allen einmal besser gehen wird. Falls mir etwas passieren sollte, dann ist alles was ich habe45, das Geld in Freistadt unter Konto Nr. 5315 für Dich, meine liebe Mutter! Ich habe halt auch keine Gelegenheit gehabt, mehr zu erwerben, weil ich ja immer meine Person zurückgestellt habe und nur bestrebt war, die Pflicht gegenüber dem Vaterland unserer schönen, deutschen Heimat voll und ganz zu erfüllen. Ich bin aber glücklich, weil alles klar ist zwischen uns, wenn ich wieder nach draußen gehe. Nochmals viele herzliche Grüße Dein dankbarer Sohn Friedl Letzter Einsatz in und um Prag Durch den Prager Aufstand, der am 5. Mai 1945 begann und sich gegen die deutsche Besatzung wandte – es waren immerhin noch 80.000 Soldaten der Heeresgruppe Mitte, mehrere SSDivisionen und zentrale Gestapo-Dienststellen im Protektorat stationiert – wurde die Protektoratsregierung gestürzt. Am 6. Mai stehen im Zentrum von Prag mehr als 1.600 Barrikaden, gebaut aus Latten, Straßenbahnwagen und anderen Fahrzeugen. Der Aufstand wurde von den Deutschen niedergeschlagen und war de facto am 8. Mai beendet. Das Deutsche Reich selbst war weitgehend besetzt, lediglich der Alpenraum, Teile des Protektorats Böhmen und Mähren und Schleswig-Holstein standen noch unter Kontrolle deutscher Truppen. Als am 9. Mai die Rote Armee in der Moldau-Metropole eintrifft, sind dem Aufstand mehr als 1600 Tschechen, 900 Deutsche und 500 Russen zum Opfer gefallen. "Die Rache der Sieger war schrecklich, die Deutschen waren praktisch Freiwild", schrieb der tschechische Autor Rudolf Ströbinger später. Massenhaft liefen Meldungen über grauenhafte Misshandlungen deutscher Soldaten und Zivilisten ein. Das grauenhafteste Bild waren die an Laternen mit dem Kopf nach unten aufgehängten Deutschen, die angezündet wurden. Gottfried Lengauer konnte diesem chaotischen Kriegsende in diesem Raume nicht entfliehen und galt als vermisst. 45 BUNDESARCHIV Berlin; eine im Bestand SM (SS-Unterführer- u. Mannschaftspersonalakten) vorhandene Gebührnis-Karte unter der Besoldungs-Nr. 29597, Listen-Kenn-Nummer 12 1492 weist im Zahlungszeitraum vom 1.4.1943 bis 1.1.1945 ein Diensteinkommen von insgesamt RM 778,83 netto aus. 29 Der Kriegssterbefall Die Todesnachricht des Deutschen Roten Kreuzes Das DRK teilte der Mutter von Gottfried Lengauer aufgrund ihrer Anfrage vom 25.8.1949 u. a. folgendes mit: „Wie aus einem Briefumschlag, in dem der Nachlaß verpackt ist, hervorgeht, ist Gottfried Lengauer mit 9 anderen deutschen Soldaten am 11.5.1945 auf der Strecke Kolin-Chotzen (Böhmen) bestattet worden. Der Briefumschlag ist das einzige Dokument, das über den Tod des Gottfried Lengauer Aufschluß gibt und daher wohl auch als Unterlage für die Beschaffung einer amtlichen Todesurkunde gelten muß. 46 Weiters geht aus einer Mitteilung der Heimatgemeinde Kefermarkt an die Mutter des Verstorbenen hervor, dass dem RK Hessen vom RK in Bad Wildungen der Nachlass des Verstorbenen, bestehend aus einem Verwundetenabzeichen in Silber, einem Infanteriesturmabzeichen und Fotos übergeben wurde. Weiters wurde in dem Briefumschlag, in dem der Nachlaß verpackt war, eine kurze Notiz gefunden, wonach Gottfried Lengauer am 10. Mai 1945 um 17.45 Uhr infolge eines Halssteckschusses und Bauchdecksplittern in einem Lazarettzug verstorben ist.47 Die Erledigung der Vermisstenanzeige durch die Republik Österreich Das Bundesministerium für Inneres bezog sich bei der Erledigung der Vermisstenmeldung der Mutter, Frau Anna Lengauer auf die Angaben des DRK und teilte außerdem mit, dass die Beurkundung dieses Kriegssterbefalles im Sterbebuch des Standesamtes Kefermarkt unter der Nr. 13/50 erfolgte. Damit erledigt sich die Vermisstenanmeldung über (Uscha) Lengauer Gottfried.48 Die letzte Ruhestätte in Cheb (Eger)49 Gottfried Lengauer wurde vermutlich als unbekannter deutscher Soldat von einem ursprünglichen Sammelgrab im Friedhof Stary Kolin, früher Alt Kolin, im Rahmen der Umbettungsmaßnahmen geborgen und in der in den Jahren 2008 - 2010 zentral geschaffenen Kriegsgräberanlage der Stadt Cheb, früher Eger, überführt. Auf den Pultsteinen stehen die Namen der dort bestatteten Kriegstoten, die zwar nicht direkt identifiziert werden konnten, aber auf diesem Friedhof bestattet sind. Ein besonderes Gedenkbuch enthält außerdem seinen Namen und die Lebensdaten. 46 Antwortschreiben des RK Hessen, Bezirksverband Kassel, Suchdienst Abt. Heimkehrer vom 20.9.1949 Mitteilung der Markgemeinde Kefermarkt vom 19.8.1949 48 Note der Republik Österreich, BMI, Abt.9, Ref.9/St.- Zahl: 272.686-9/St-50 v. 7.10.1950 49 49 Gräbernachweis des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Vorgangs-Nr. 788479/ Tschechische Republik v. 18.11.2010 47 30 Abbildung 23: Sammelfriedhof in Eger (Cheb) Tschechische Republik Nachwort Einige Stationen im Leben dieses unglücklichen Soldaten sind in der Deutschen Dienststelle festgehalten. Viele personenbezogene Daten befinden sich in den Beständen an Personalunterlagen von Mannschaftssoldaten und Unteroffizieren der Wehrmacht und Waffen-SS in der Bundesarchiv Zentralnachweisstelle. Dort lagern alphabetisch sortiert in etwa 70.000 Archivboxen, zwischen drei und vier Millionen dieser Akten, von denen jede in formalisierten Angaben das Leben, Überleben oder Sterben eines Angehörigen von Wehrmacht oder Waffen-SS dokumentiert. In der Vergangenheit wurden diese Quellen vor allem für den Nachweis von Versicherungsansprüchen und im Rahmen der Familienforschung genutzt. Im Gegensatz zu den Personalakten der Offiziere, galten diese Bestände der Geschichtsforschung wegen ihrer Überlieferungsstruktur und ihrem scheinbar nur dürftigen Informationsgehalt als wenig attraktiv. Das Bundesarchiv ist jedoch nicht die einzige Institution, die personenbezogene Quellen zum Mannschafts- und Unteroffizierspersonal von Wehrmacht und Waffen-SS bewahrt. Bei der Deutschen Dienststelle (WASt) in Berlin befinden sich die Erkennungsmarkenverzeichnisse und die Verlustunterlagen der Wehrmacht sowie - allerdings nur fragmentarisch - vergleichbare Unterlagen der Waffen-SS. Der Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes hat nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Rahmen seiner Arbeit die Vermisstenbildliste und die Heimkehrerkartei erstellt, die beide ebenfalls biographische Angaben zu Millionen von Soldaten enthalten. Während die Vermisstenbildliste gedruckt vorliegt, lagert die Heimkehrerkartei im Archiv des Suchdienstes in München. Die Erkennungsmarkenverzeichnisse der Deutschen Dienststelle erlaubten das Erstellen weitgehend vollständiger Personalverzeichnisse von Einheiten der Wehrmacht auf der Ebene einzelner Kompanien oder vergleichbarer Gliederungen. Auf der Grundlage der so entstandenen Personallisten konnten bei der Bundesarchiv Zentralnachweisstelle durch die Überprüfung aller Namen sämtliche erhaltenen Wehrstammbücher ermittelt und sukzessive erfasst werden. Die Erkennungsmarkenverzeichnisse der Deutschen Dienststelle fungieren also gewissermaßen als Schlüssel für die Personalunterlagen der Bundesarchiv Zentralnachweisstelle. Die Wehrmachteinheiten verteilen sich zu etwa 80 Prozent auf das Heer, zu 15 Prozent auf die Luftwaffe und zu fünf Prozent auf die Waffen-SS. Dabei sind, insbesondere im Falle des Heeres, durch die Auswahl die wichtigsten Waffengattungen und die zentralen Kriegsschauplätze abgedeckt. Im Fall der Waffen-SS war es auf der Grundlage der bei der Deutschen Dienststelle erhalte31 nen Quellen nicht möglich, ausreichend vollständige Namenslisten zu generieren. Während die Sozialstruktur von Heeresverbänden in der jüngeren Vergangenheit bereits in Form von Fallstudien untersucht wurde, ist über das Personal der Waffen-SS bislang keinerlei vergleichbare Erhebung bekannt. Weder ist klar, wie viele Soldaten im Kriegsverlauf durchschnittlich zu Wehrmachtseinheiten unterschiedlicher Truppengattungen gehört haben, noch sind die durchschnittliche Verlust- und Vermisstenzahlen oder die genaue Überlieferungsstruktur der Wehrstammbücher bekannt. Die Vermisstenbildliste, liegt bei der Bundesarchiv - Zentralnachweisstelle gedruckt vor. Die Personalverzeichnisse aus den Erkennungsmarkenverzeichnissen und Erfassung der Wehrstammbücher sind nur fragmentarisch vorhanden. Fazit Der Versuch, Quellen, die räumlich und institutionell getrennt sind, jedoch in engem inhaltlichen Zusammenhang stehen, ja zum Teil sogar so eng miteinander verwoben sind, dass der eine Bestand wissenschaftlich kaum ohne die Nutzung des anderen erschlossen werden kann, war eine spannende Herausforderung. Die vorbehaltlose Unterstützung der Arbeit durch das Bundesarchiv, die Deutsche Dienststelle sowie den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes und deren Kooperationsbereitschaft waren einer der wichtigen Faktoren, die schließlich zu einem nahezu lückenlosen Rekonstruktion des Kriegseinsatzes von Gottfried Lengauer geführt haben. Erklärung Die in dieser Arbeit dargestellten Symbole erfüllen nicht den Straftatbestand gemäß §86 und 86a StGB. Sie dient der Wissenschaft, der Forschung, der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens bzw. der Geschichte. Ein Zusammenhang zum § 86a (1) und (2) ist somit sinngemäß, als auch vom Rechtsgegenstand her nicht herstellbar, denn der Aufsatz ist weder Repräsentant noch Projektion einer Partei, einer Vereinigung, einer Organisation oder Ersatzorganisation, einer Regierung, einer Vereinigung oder einer Einrichtung, noch ist es ein Propagandamittel. Wer jedoch die hier dargestellten Symbole und Abbildungen herunterlädt oder kopiert, ist verpflichtet, dieselben nur für o.a. Zwecke zu erwerben und in keiner Weise propagandistisch im Sinne des §86 und §86a StGB zu benutzen. Literatur BECK Christoph, Sozialdarwinismus, Rassenhygiene, Zwangssterilisation und Vernichtung „lebensunwerten“ Lebens. Eine Bibliographie zum Umgang mit behinderten Menschen im „Dritten Reich“ –und heute. 2. Aufl. Bonn 1995 BUCHINGER Günther/SCHÖN Doris: Wegerergut, Lest 13 und 27, unveröffentlichtes Gutachten für Unterschutzstellungen des Bundesdenkmalamtes, Landeskonservatorat Wien 2010 CARELL Paul, Unternehmen Barbarossa Der Marsch nach Russland, Frankfurt a. Main und Berlin 1963 und Verbrannte Erde Die Schlacht zwischen Wolga und Weichsel, Frankfurt a. Main 1966 KOHL Walter, Die Pyramiden von Hartheim, Euthanasie in Oberösterreich 1949 – 1945, (1997) LENGAUER Siegmar Josef, Die Familie Lengauer auf dem Wegerergut in der Gemeinde Kefermarkt von1663 - 1931, Leonding, 2005 MAYRHOFER Willibald, Quellenerläuterungen für Haus- und Familienforschung in Oberösterreich 2004 WEIDINGER Otto, Kameraden bis zum Ende: das SS-Panzergrenadierregiment 4 „Der Führer“, Göttingen 1967 und Division „Das Reich“, Osnabrück 1986 SUCHDIENST d. DRK (Hg) Divisionsschicksale, München 1958-60 TESSIN Georg, Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939-45,Osnabrück, (1973) 32