Zusammenfassung der Projektergebnisse - Hans

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Zusammenfassung des Projektes:
CSR – Corporate Social
Responsibility
Evangelische Akademie
Arnoldshain
Gesellschaftliche Verantwortung
zwischen Unternehmensberichten
und Mitgestaltung des politischdemokratischen Handlungsrahmens
Ein Diskursprojekt der Evangelischen Akademien Arnoldshain, Bad
Boll, Iserlohn/Villigst
Gefördert durch die Hans-BöcklerStiftung
2007 - 2009
Verantwortlich:
Dr. Franz Grubauer
Dr. habil. Klaus Holz
I. Übersicht
Die Ausgangslage des Projektes war die Diagnose, dass die Entwicklung
der sozialen Marktwirtschaft in den letzten Jahrzehnten Probleme erzeugte, die einerseits die soziale Bindung der Wirtschaft schwächen und
letztlich in Frage stellen. Andererseits scheinen allein die etablierten Verfahren, die die gesamtgesellschaftliche Einbettung der Ökonomie sicher
stellen sollen, nicht mehr allen Problemlagen gerecht werden zu können.
Bei diesen Problemlagen handelt es sich um steuerungs- und ordnungspolitische Probleme, um eine Verselbständigung der marktwirtschaftlichen Logik, so dass das wirtschaftliche Handeln von Fragen der gesamtgesellschaftlichen Folgen der Ökonomie entbunden wird. Zugleich
aber sind die gesamtgesellschaftlichen Folgen der Ökonomie von nicht
überschätzbarer, hochkomplexer Bedeutung. Sie betreffen die „klassischen“ Fragen der Verteilung der Wirtschaftsgüter, der Verteilung und
Gestaltung der Arbeit, der Sicherheit der abhängig Beschäftigten – Fragen, die sich zugleich durch wenigstens zwei Entwicklungen in veränderter Gestalt stellen: Eine in alle Lebensbereiche durchgreifende Globalisierung und eine umfassende ökologische Herausforderung marginalisieren die „alten“ Probleme gerade nicht, sondern werfen sie verändert und verschärft auf.
Vor diesem Hintergrund ist die Kernidee dieses Projektes zu verstehen:
Es soll erprobt werden, ob die soziale Marktwirtschaft durch das Konzept
„Corporate Social Responsibility“ weiter entwickelt werden kann. CSR
schien aus drei Gründen hierfür besonders interessant zu sein. Erstens
scheint es wachsende internationale Bedeutung zu gewinnen; zweitens
ist es geeignet, sehr unterschiedliche (etwa inner- und außerbetriebliche)
Stakeholder zu integrieren; drittens bricht es globale Zusammenhänge
herunter auf innerbetriebliche und regionale Handlungszusammenhänge,
so dass globale soziale und ökologische Auswirkungen wirtschaftlichen
Handelns tatsächlich zu einer wesentlichen Orientierung (z. B.) im betrieblichen oder regionalen Handeln in Deutschland werden.
Die hier nur angedeutete Problemstellung ist offensichtlich derart groß,
allerdings auch derart bedeutsam, dass es in unserem Projekt vor allem
darum ging, praktische Erfahrungen mit der Einführung des CSRKonzeptes zu machen. Ziel war es insbesondere zu erproben, unter welchen Bedingungen relevante Akteure für dieses Konzept interessiert
werden können. Ziel war nicht, ein wissenschaftliches Gutachten zu erstellen, sondern exemplarisch Diskurse zu organisieren, die im Ergebnis
zu einer Implementation von CSR führen könnten. Damit ist das Ziel die2
ses Projektes letztlich sehr ambitioniert. Wenigstens ein Schritt hin zur
Realisierung von CSR sollte gelingen.
Das Diskursprojekt wurde in drei Teilprojekten realisiert, die ein je spezifisches Vorgehen favorisierten. In „Kamingesprächen“ wurden erstens in
der Ev. Akademie Villigst wesentliche Akteure aus NRW in einem geschützten Diskursrahmen zusammen gebracht, um gemeinsame Handlungsoptionen trotz teils widerstreitender Interessen auszuloten. Die Ev.
Akademie Arnoldshain dagegen hat sich zweitens auf den Finanzsektor
konzentriert und in einem Zyklus von vier Diskurstagungen Stakeholder
dieses Wirtschaftsbereiches zusammen gebracht. Drittens konzentrierte
sich die Ev. Akademie Bad Boll darauf, in der Region Stuttgart das CSRKonzept zu nutzen, um den übergreifenden Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit vor Ort zu stärken.
II. Ergebnisse und Empfehlungen
1. Die Kernidee des Projektes hat sich als tragfähig erwiesen. CSR kann
ausdifferenzierte Dialoge, Teilsysteme und die sie repräsentierenden Akteure zusammenführen und bietet damit einen Rahmen, die differenten
Akteure für hochkomplexe Problemstellungen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Interessen und Handlungszusammenhänge zu öffnen.
Dies kann allerdings nur in teils mühsamen, hartnäckig betriebenen Prozessen geschehen, in denen allmählich Verständnis, Vertrauen und
(selbstkritische) Einsicht in zunächst verdeckte Handlungsmaximen erarbeitet werden.
2. Die Verflechtungszusammenhänge wirtschaftlichen Handelns sind zu
vielen Akteuren noch nicht zureichend bewusst, eher abstrakt bekannt,
als konkret vermittelt. Hieran muss weiterhin gearbeitet werden, um die
gesellschaftspolitischen Herausforderungen konkret zu etablieren und
die Grundlagen verantwortlichen Handelns legen zu können. Die Weiterarbeit am und mit dem Konzept CSR ist auch daran zu orientieren, dieses Konzept als „Kommunikationsmedium“ zu nutzen, durch das die zu
lösenden Probleme in der öffentlich-politischen Diskussion nicht als
übermächtige Probleme („Die Globalisierung“, „Die Ökologie“), sondern
als konkret anzugehende Aufgaben kommuniziert werden.
3. An der Offenheit, Gegenläufigkeit und Vielfalt von Aspekten, die unter
dem Titel „CSR“ zusammengefasst werden, sollte weiter gearbeitet werden. So ist, um nur ein wichtiges Beispiel zu nennen, die Alternative, ob
CSR auf freiwillige betriebliche oder umfassende gesetzliche Regelungen abzielt, nicht entschieden. Nach unserer Erfahrung ist diese Offenheit hilfreich, kann fallweise geklärt werden. Abgesehen davon schließen
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sich die beiden Extreme dieser Alternative nicht nur aus, sondern können
sich auch wechselseitig fördern.
4. Diskursprojekte, die Kernform der Arbeit evangelischer Akademien,
machen nur Sinn, wenn es um wesentlich anderes als nur um Dialoge
oder Gespräche geht. Diskurse zielen auf die Veränderung der Handlungsoptionen der Diskurs-Teilnehmer. Diskursprojekte brauchen deshalb unbedingt Reibungen, Widerstände und die Integration von Teilnehmenden, die sich (zunächst) gerne dem Diskurs entziehen möchten.
Dies war auch in diesem Projekt eindeutig der Fall, weshalb die Organisation der Diskurse sehr aufwendig war. Deshalb war es aus Sicht der
Evangelischen Akademien in Deutschland sehr wichtig, gerade die Hans
Böckler Stiftung als festen Kooperationspartner zu haben. Das hat es
manchem Akteur erleichtert, in den Diskurs einzutreten, und hilft hoffentlich zukünftig, die nun gemachten ersten Erfahrungen weiter zu kommunizieren und weiter reifen zu lassen.
5. Eine zentrale Erfahrung des Gesamtprojektes ist, dass man unweigerlich, meist aber erst in späteren Phasen des Diskursprozesses auf die
Frage stieß, welche Grundlagen nötig wären, um von individuellen wie
institutionellen Akteuren ethisches Handeln realistisch einfordern zu können. Dringend geboten scheint uns deshalb, den Schlüsselbegriff der
Verantwortung mit den Personen und Institutionen zu reflektieren, von
denen wir eine verantwortungsvolle Gestaltung unserer Wirklichkeit erwarten. Der gängigen Phrase „Verantwortung“ muss ein angemessenes
Verständnis entgegengestellt werden, das sich unter anderem dem zentralen Problem stellt: Welche konkreten Bedingungen des Handelns müssen so oder so gestaltet werden, dass die individuellen und institutionellen Akteure in ihrem Handlungsbereich verantwortlich agieren können.
Geht man dieses Problem nicht an, verlangt man faktisch von den Akteuren ein naives oder altruistisches Handeln. Koppelt man z.B. das Einkommen von Beratern im Finanzsektor stark an Provisionen, so zwingt
man diese Berufsgruppe in die Alternative, sich entweder am Eigeninteresse zu orientieren oder die Kunden optimal zu beraten.
6. Wir sind uns sicher, dass das Konzept CSR auch in Deutschland beträchtlich an Bedeutung gewinnen wird. Dies wird schon allein durch die
bereits vorhandenen Probleme einer sozial ausgerichteten Marktwirtschaft unter globalen Bedingungen und ökologischem Problemdruck
herbeigeführt werden. Noch nicht abzusehen ist allerdings, wer sich für
was genau dieses Konzept zu eigen machen wird und damit wesentlich
den Diskurs und die Praxis der Gestaltung unserer Gesellschaft beeinflussen wird. Wir gehen davon aus, dass die soziale Marktwirtschaft wei4
ter entwickelt werden muss, um sie nach Jahrzehnten der Hegemonie
einer marktliberalen Ideologie wieder zu stärken. Hierfür sehen wir gegenwärtig gute Chancen. Sie werden vertan, wenn wir die gesellschaftlichen Veränderungen nicht offensiv aufgreifen. Das heißt u. a., dass neben der bilateralen Struktur der Sozialpartnerschaft diverse Stakeholder
entstanden sind, die je nach Problemlage in Entscheidungsprozessen
berücksichtigt werden müssen.
7. Die Evangelischen Akademien werden deshalb in diesem Bereich auf
jeden Fall aktiv bleiben. Sie wünschen sich auch eine weitere Kooperation mit der Hans Böckler Stiftung. Eine Konzentration unserer zukünftigen
Aktivitäten könnte sich an zwei Eckpunkten orientieren: Erstens an dem
oben unter dem Begriff „Verantwortung“ bezeichneten Problem, wie Individuen in Institutionen verantwortlich handeln können, zweitens durch eine Konzentration auf bestimmte Wirtschaftsbereiche resp. Regionen. Wir
denken vorab der noch ausstehenden internen wie externen Beratungen
u. a. an den Finanzsektor (auch, weil wir aller Voraussicht nach 2011/12
in Frankfurt/M. eine neue Evangelische Akademie begründen werden).
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