Referat Fortpflanzungsmedizin, Teil Pränataldiagnostik (PND) Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung.................................................................................. 2 2. Ablauf einer Schwangerschaft ...................................................... 2 3. Geschichte der Pränataldiagnostik ................................................ 5 4. Die verschiedenen Diagnoseverfahren .......................................... 5 4. Die verschiedenen Diagnoseverfahren .......................................... 6 4.1 Ultraschall (Sonografie).......................................................... 7 4.1.1 Standart ............................................................................ 7 4.1.2 gezielte Ultraschalluntersuchung........................................... 8 4.2 Dopplersonografie ............................................................... 10 4.3 Ersttrimestertest ................................................................. 11 4.4 Triple-Test .......................................................................... 13 4.5 Chorionzottenbiopsie............................................................ 14 4.6 Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) ................................... 15 4.7 Nabelschnurpunktion ........................................................... 17 4.8 Fetoskopie .......................................................................... 18 4.10 Humangenetische Beratung ................................................ 19 5. Zusammenfassung ................................................................... 20 6. Zahlen und Fragen für die Diskussion ......................................... 21 1. Einleitung Pränataldiagnostik (pränatal = vor der Geburt) bezeichnet Untersuchungen des Embryos und der Schwangeren während der Schwangerschaft. In diesem Teil des Referats werden die momentan gebräuchlichen Untersuchungen vorgestellt. 2. Ablauf einer Schwangerschaft Blastogenese (bis zum 15. Tag nach Befruchtung) Im befruchteten Ei verschmelzen die genetischen Informationen der Mutter und des Vaters, das sind je Elternteil 23 Chromosomen, zu einer neuen Zelle mit 46 Chromosomen, wie sie jede menschliche Zelle, mit Ausnahme von Ei- und Samenzelle, enthält. In diesem Moment beginnt die Entwicklung des Kindes. Unmittelbar nach dem Verschmelzen von Ei- und Samenzelle kommt es zur ersten Teilung der neu entstandenen Zelle. Auf dem Weg durch den Eileiter teilen sich die Zellen mehrmals. Nach ca. 4 Tagen wird die Gebärmutter erreicht, man spricht jetzt bereits von einer Keimblase, der so genannten Blastozyste, die aus einer äußeren Wand, dem Trophoblasten, und einer inneren Zellansammlung, dem Embryoblasten, besteht. Von der Keimblase werden Enzyme freigesetzt, die eine Auflösung der Gebärmutterschleimhaut bewirken und ca. am 7. Tag nach der Befruchtung die Einnistung, d.h. die Nidation der Keimblase in die Gebärmutter gestatten. Aus dem Trophoblasten entwickeln sich im folgenden die Plazenta und die Eihäute, aus dem Embryoblasten entwickelt sich der Embryo. Kommt es in dieser Phase zu schädigenden Einwirkungen, werden diese entweder völlig "repariert" oder die weitere Entwicklung beendet (Alles-oder-Nichts-Prinzip). Es sei erwähnt, dass jeder Eingriff, der zu einer Abstoßung oder Abtötung einer bereits eingenisteten Eizelle führt, in der Bundesrepublik Deutschland nach § 218 als Abtreibung gilt. Embryonalperiode (3. bis 10. SSW) In der 4. Schwangerschaftswoche (SSW) differenzieren sich die Zellen. Die Fruchtblase, eine mit salzigem Wasser gefüllte Hülle, in der das Kind heranwachsen wird, entsteht. Aus anderen Zellen entsteht der Dottersack, wo der Embryo unter anderem Blutkörperchen bilden kann. Zwischen die- sen beiden Zellansammlungen liegt der Embryo. Jetzt wächst der Embryo in die Länge, und zwar ca. 1,5 bis 2 mm. In der 6. SSW sind ein Kopf- und Schwanzteil zu erkennen. Das Aussehen das Embryos verändert sich durch das Wachstum des Kopfes und die Anlage des Gesichtes und der Gliedmaßen. Arme und Beine treten als paddelförmige Knospen auf. Zu diesem Zeitpunkt ist die Monatsblutung der Frau ca. 2 Woche überfällig. In der 6. SSW beginnt das Herz, vorerst eine einzelne Röhre, zu schlagen. Blutzellen entstehen und zirkulieren mit dem Herzschlag. In der Nabelschnur, die zur Plazenta führt, stellen Blutgefäße die Verbindung zur Mutter her. Im Gesicht entwickeln sich die Augen und der Mund. An den Endpartien der Gliedmaßen bilden sich in der 8. SSW Furchen aus, aus denen sich später Finger und Zehen entwickeln. Die inneren Organe sind fast vollständig vorhanden. Es entstehen Knochenzellen, wo vorher nur Knorpelzellen waren. Die großen Gelenke, wie Schultern, Ellenbogen, Hüfte und Knie sind deutlich sichtbar. In der Embryonalperiode entwickeln sich die einzelnen Organe und Gewebe. Während dieser Zeit ist der Embryo gegenüber schädigenden Einflüssen besonders anfällig, da diese zu bleibenden Schäden führen. Die meisten Fehlbildungen entstehen in dieser kritischen Entwicklungsphase. Fetalperiode (ab 10. SSW) Der Zeitraum vom Beginn des dritten Monats bis zur Geburt heißt Fetalperiode. Sie ist durch das schnelle Wachstum des Körpers gekennzeichnet. In dieser Phase entstehen kaum noch Fehlbildungen. Schädigende Einflüsse und Substanzen rufen Abwehrreaktionen des kindlichen Organismus (Fetalkrankheiten) hervor, die ihrerseits zu bleibenden Veränderungen führen können. Je fortgeschrittener die Schwangerschaft zum Zeitpunkt des schädigenden Einflusses ist, umso geringer ist der Schweregrad dieser Fetalkrankheit. In der 9. SSW entwickelt sich das Gesicht, Mund und Nase treten deutlich hervor. Jetzt sind nicht nur Arme und Beine zu unterscheiden, auch Finger und Zehen werden sichtbar. Die Ohren finden in der 10. SSW ihren endgültigen Platz an der Seite des Kopfes und sind in ihrer Form erkennbar. Der Kopf ist, verglichen mit dem Körper, noch sehr groß. In der 11. SSW werden die inneren Geschlechtsorgane (Hoden oder Eierstöcke) gebildet. Die äußeren Geschlechtsorgane sind soweit entwickelt, dass mit einer äußeren Untersuchung, z.B. mit Ultraschall, das Geschlecht des Kindes bestimmbar wird. Das Herz pumpt das Blut in alle Körperteile. Am Ende der 11. SSW sind alle inneren Organe angelegt und arbeiten. Ab der 12. SSW sind geschlossene Augenlider erkennbar und das Gesicht wird immer menschenähnlicher. Aufgrund des zunehmenden Muskelwachstums werden die Kindsbewegungen kräftiger. Die Bewegungen sind aber noch zu schwach, um wahrgenommen werden zu können. Gehirntätigkeit und Muskelarbeit werden aufeinander abgestimmt und die Gelenke ziehen sich zusammen. Finger und Zehen sind voll geformt und haben Nägel. Das Kind kann saugen und ist in der Lage Fruchtwasser zu schlucken. Es hat jetzt eine Länge von ca. 7 cm erreicht. In den folgenden Wochen wächst das Kind rasch in die Länge. Im 4. Monat ist eine Scheitel-Steiß-Länge von ca. 15 cm erreicht, das entspricht etwa der Hälfte der Länge eines Neugeborenen. Am Ende des 5. Monats wiegt das Kind noch weniger als 500 g. Die gesamte Körperoberfläche ist mit einer Lanugo-Behaarung bedeckt, Augenbrauen und Haupthaar sind ebenfalls vorhanden. Jetzt sind die Kindsbewegungen schon so kräftig, dass sie von der Mutter wahrgenommen werden können. Das Unterhautfettgewebe ist im 6. Monat noch nicht vorhanden. Das Kind hat daher eine runzelige Haut. Zu einer entscheidenden Gewichtszunahme kommt es in den letzten 3 Schwangerschaftsmonaten. Durch die Ablagerung des subkutanen Fettes runden sich die Formen des Kindes. Gegen Ende der Schwangerschaft ist die Haut von einer weißlichen, fettigen Substanz bedeckt, die von den Talgdrüsen ausgeschieden wird. Am Ende des 6. Monats sind das Gehirn und die Lungen soweit gereift, dass das Kind lebensfähig wäre. Mit dem Ende des 10. Monats übertrifft der Schädel alle übrige Körperpartien an Umfang. Er bestimmt den Durchtritt des Kindes durch den Geburtskanal. Das Kind wiegt bei der Geburt zwischen 2800 und 4000 g und hat eine Körperlänge von 48 - 54 cm. Eine weitere Einteilung ist die nach Trimestern: Die Schwangerschaft wird in das 1., 2. und 3. Trimenon eingeteilt. 3. Geschichte der Pränataldiagnostik In Deutschland wird 1970 an der medizinischen Fakultät der Universität Ulm die erste Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) durchgeführt. Die ersten pränatalen Tests kamen Anfang der 70iger Jahre auf den Markt. Damals unterlag deren Anwendung strengen Richtlinien: • Beschränkung auf bestimmte Diagnosen, anfangs Chromosomenstörungen, wenig später auch Neuralrohrdefekte (Spina bifida = „offener Rücken“) • Beschränkungen auf bestimmte Nutzerinnengruppen wie Frauen mit hohem genetischen Risiko und Frauen ab 38 (später ab 35) Jahre • Einhaltung bestimmter Qualitätsstandards wie Beratung vor und nach jeder PND Jeder Untersuchung sollte eine fachkundige Unterweisung über Folgen und Gefahren der Tests vorausgehen. Sollte ein auffälliges Ergebnis vorliegen, sollte eine medizinische sowie sozialpsychologische Beratung der Schwangeren helfen, sich für oder gegen einen Abbruch zu entscheiden. Die Zahl der genetischen Beratungen lag dabei beständig bei etwa nur 50 % der durchgeführten PNDs. Zahl der durchgeführten Fruchtwasseruntersuchungen von 1970 bis 2001 90000 80.000 80000 70000 58.499 60000 50000 42.745 40000 33.535 30000 20000 15.882 10000 16 49 112 308 893 1.796 2.648 19 70 19 71 19 72 19 73 19 74 19 75 19 76 19 77 19 82 19 87 19 91 19 94 20 01 0 6 4. Die verschiedenen Diagnoseverfahren Mit der Aufteilung WIE - Beschreibung der Untersuchung WANN - In welchem Zeitraum der Schwangerschaft WAS - diagnostiziert werden kann medizinische RISIKEN Vor- und Nachteile 4.1 Ultraschall (Sonografie) 4.1.1 Standart WIE Ultraschallwellen sind Schallwellen einer Frequenz, die der Mensch nicht hören kann. Diese Wellen werden vom Körper der Mutter und des Ungeborenen reflektiert und auf einem Bildschirm sichtbar gemacht. Es gibt zwei Möglichkeiten, den Ultraschall bei einer Schwangeren durchzuführen: Über die Bauchdecke oder mittels eines stabförmigen Schallkopfes durch die Scheide (vaginaler Ultraschall). Der vaginale Ultraschall wird in der frühen Schwangerschaft durchgeführt, später ist der Ultraschall über die Bauchdecke günstiger. WANN Zur Zeit sind im Rahmen der Mutterschaftsrichtlinien drei Untersuchungen vorgesehen: 9.–12. Woche 19.–22. Woche 29.–32. Woche WAS • Alter der Schwangerschaft • ob Ein- oder Mehrlinge heranwachsen • ob eine Eileiterschwangerschaft besteht Medizinische RISIKEN nicht bekannt 4.1.2 gezielte Ultraschalluntersuchung WIE Die gezielte Ultraschalluntersuchung ist die am häufigsten angewandte Methode der vorgeburtlichen Diagnostik. Sie wird von ÄrztInnen mit einer speziellen Zusatzausbildung durchgeführt. Auch werden bessere Geräte verwendet, als sie für das normale Ultraschallscreening im Einsatz sind. WANN Die gezielte Ultraschalldiagnostik wird vorwiegend im zweiten Schwangerschaftsdrittel und meist zur Abklärung eingesetzt. WAS • Zur Untersuchung der Entwicklung von Zwillingen / Mehrlingen • Bei Hinweisen auf eine kindliche Entwicklungsstörung oder eine Mangelversorgung im Mutterleib • Wenn Mutter oder Vater aus einer Familie stammen, in der es gehäuft zu Fehlbildungen gekommen ist, oder wenn das Paar miteinander verwandt ist • Wenn die Schwangere in der Frühschwangerschaft bestimmte Medikamente eingenommen hat, durch die es bekannterweise zu Auswirkungen auf den Embryo kommen kann • Wenn die Frau in der Frühschwangerschaft eine Infektion (etwa Röteln) hatte, bei der es bekannterweise zu Störungen kommen kann • Wenn die Frau an einer Krankheit leidet, durch die das Risiko, krank zu werden, oder einer Mangelversorgung für das Kind erhöht ist, zum Beispiel bei Diabetes mellitus • Zur genaueren Untersuchung, wenn beim Ultraschallscreening eine Wasseransammlung im Bereich des Nackens des Kindes entdeckt wurde (Diese relativ neue Methode beruht auf der Erkenntnis, dass Embryos mit Trisomien (Down Syndrom, Trisomie 13 u. 18) in den meisten Fällen einen dickeren Nacken haben als normale Embryos. Die statistische Wahrscheinlichkeit einer Trisomie errechnet sich unter anderem aus dem größten ermittelten Wert der Nackentransparenz in der Referenzebene, der Scheitelsteißlänge und dem Alter der Schwangeren. Das Verfahren der Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswertes ist sehr kompliziert, z.B. gehen auch vorausgegangene Schwangerschaften mit Trisomien in die Berechnung ein und erhöhen das Risiko. Biochemische Werte wie der PAPP-A u. freies ß-HCG können ebenfalls mit einbezogen werden. In Anschluss an eine Untersuchung muss bei einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Triso- • mie der Verdacht unbedingt mit einer Amniozentese oder einer Chorionzottenbiopsie bestätigt werden, weil es auch viele normale Embryos mit einer erhöhten Nackendichte gibt) Als Alternative zu anderen vorgeburtlichen Untersuchungen: Die guten Geräte, die es heute schon gibt, können manchmal schon die riskanteren, invasiven Diagnoseverfahren ersetzen Medizinische RISIKEN nicht bekannt Vor- und Nachteile Bei Vorliegen bestimmter Erkrankungen wie z.B. Hydrocephalus („Wasserkopf“), Spina bifida („offener Rücken“), Herzfehler etc. kann es sinnvoll sein, die Geburt per Kaiserschnitt oder in einer Klinik mit Anbindung an eine Kinderklinik durchzuführen. 4.2 Dopplersonografie WIE Die Dopplersonografie ist eine weitere Form der Ultraschalluntersuchung. Dabei wird die Durchblutung der Nabelschnur und anderer Blutgefässe des Fötus gemessen. WANN meistens im zweiten Schwangerschaftdrittel WAS • Bluthochdruck der Mutter medizinische RISIKEN keine 4.3 Ersttrimestertest WIE Beim Erst-Trimester-Screening (auch "Down-Syndrom-Screening genannt) erfolgt eine Risikokalkulation anhand der Kombination zweier verschiedener Untersuchungs-Methoden. Zum einen der fetalen Ultaschalluntersuchung, speziell der Nackenfaltenmessung (siehe dort), zum anderen eines Serum-Screening. Im mütterlichen Serum (Blutentnahme) werden die Parameter PAPP-A (schwangerschaftsassoziiertes Protein) und freies β-HCG bestimmt und neben dem mütterlichen Alter, das mütterliche Gewicht und der exakten Schwangerschaftswoche in die Risikokalkulation einbezogen. Zu Berücksichtigen wären ferner Besonderheiten wie mütterlicher Diabetes mellitus. WANN Im ersten drittel der Schwangerschaft (daher der Name), also zwischen 11.er und 13.er Schwangerschaftswoche. WAS Der Ersttrimestertest ist eine Risikoabschätzung für eine Chromosomenstörung (Down-Syndrom) des Ungeborenen. Er kann Entscheidungsgrundlage für weitere Test wie z.B. Fruchtwasseruntersuchung oder Chorionzottenbiopsie sein. Vor-und Nachteile Dieser Test kann nur ein Hinweis auf evt. vorliegende Störungen, also eine Risikoabschätzung sein. So ist es möglich, das Befunde auffällig sind, ohne dass eine Erkrankung vorliegt. Genauso kann es sein, dass erkrankte Ungeborene durch dieses Verfahren nicht entdeckt werden. Die Messung der Nackentransparenz erfordert viel Erfahrung, geringe Messfehler oder falsche Angaben zur genauen Dauer der Schwangerschaft wirken sich auf die Risikoberechnung aus und erhöhen die falsch-positiven wie falsch-negativen Befunde. Es gibt keine ausreichenden Studien über die Spezifität und Sensitivität der Untersuchungen. 5 - 20 % der getesteten Frauen (falsch-positiv-Rate) werden in Angst versetzt und unterziehen sich in der Folge überflüssigen invasiven Eingriffen, die sie körperlich und psychisch und mit dem Risiko einer Fehlgeburt belasten. Screenings in der Gesundheitsversorgung werden im allgemeinen mit den sich ergebenden therapeutischen Möglichkeiten gerechtfertigt. Im Fall der Früherkennung einer Erkrankung gibt es keine Maßnahmen, die zu einem besseren Versorgungsergebnis führen könnten, die einzige Handlungsmöglichkeit sind weitere, invasive Untersuchungen zur Überprüfung des Befundes und ggf. der Abbruch der Schwangerschaft. 4.4 Triple-Test WIE Beim Triple-Test, auch MoM-Test genannt, werden frühestens in der 15. Schwangerschaftswoche drei Werte aus dem Blut der Schwangeren auf Chromosomenstörungen - also Störungen in den Erbanlagen - hin untersucht: Es ist bekannt, dass bei Down-Syndrom oder Neuralrohrdefekten (Fehlern bei der Entwicklung von Gehirn und Rückenmark) diese Werte erhöht sein können. Der Test dient vor allem einer Risikoeingrenzung, wenn überlegt wird, aber noch nicht entschieden ist, eine Fruchtwasseruntersuchung durchzuführen. Mit Hilfe der Testergebnisse können viele Amniozentesen - vor kurzem noch ein Eingriff, der bei 75 Prozent aller Frauen über 35 durchgeführt wurde - vermieden werden. WANN Nicht vor der 15. Schwangerschaftswoche. Vor der 15. Woche liefert der Test keine Ergebnisse, sodass eine nachfolgende Fruchtwasseruntersuchung erst in der 16. oder 17. Woche durchgeführt werden kann. Das bedeutet einen Zeitverlust von 2 bis 3 Wochen gegenüber dem normalen Zeitpunkt der Amniozentese. WAS • Down-Syndrom • Neuralrohrdefekten medizinische RISIKEN keine Vor- und Nachteile Wenn das genaue Schwangerschaftsstadium nicht bekannt oder falsch festgelegt ist, kommt es zu falschen Ergebnissen. Auch bei auffälligem Testergebnis liegt in den meisten Fällen keine Chromosomenanomalie vor - die so genannte "Falschpositivrate" des Tests ist sehr hoch. Auf der anderen Seite ist ein unauffälliges Testergebnis keine Garantie für ein gesundes Kind. Die Rate an auffälligen Testergebnissen steigt deutlich mit dem Alter der Mutter (35 Jahre: 16 Prozent; 40 Jahre: 90 Prozent), und das, obwohl die Gefahr für Chromosomenanomalien im gleichen Zeitraum nur leicht ansteigt. 4.5 Chorionzottenbiopsie WIE Das Chorion ist der fetale (kindliche) Anteil der noch nicht voll entwickelten Plazenta (Mutterkuchen). Dieser Teil hat sich aus der befruchteten Eizelle gebildet und trägt das Erbgut des Kindes, nicht das der Mutter. Für die Chorionzottenbiopsie, die auch Chorionbiopsie, CVS (corion villi sampling), Chorionzottenuntersuchung oder Chorionuntersuchung genannt wird, führt der Arzt eine Nadel durch die Bauchdecke der Mutter ein und entnimmt Gewebeteile aus dem Chorion. Eine andere Methode ist das Einführen eines dünnen Kunststoffschlauchs über die Scheide, mit dem aus dem Chorion Gewebe abgesaugt wird. Bei beiden Methoden wird Ultraschall eingesetzt, um die Bewegungen des Kindes und die Lage von Nadel oder Schlauch bestimmen zu können. Die entnommene Gewebeprobe wird auf Chromosomenstörungen untersucht; das Ergebnis liegt nach wenigen Tagen vor. WANN Die Untersuchung kann zwischen der 7. und 14. Schwangerschaftswoche, in der Regel zwischen 11. und 13. stattfinden, im Vergleich zu den anderen invasiven Methoden der Pränataldiagnostik also sehr früh. WAS Die Untersuchung von Chorionzellen - den Chorionzotten – lässt Schlüsse auf die Erbanlagen des Kindes zu. medizinische RISIKEN Wenn sie von einem besonders erfahrenen Arzt durchgeführt wird, liegt die Gefahr für eine Fehlgeburt zwar nur bei 1 Prozent, was mit dem Risiko bei der späten Fruchtwasseruntersuchung vergleichbar wäre; an den meisten Kliniken ist das Risiko für einen Abgang jedoch doppelt bis dreimal so hoch. Darüber hinaus gab es mehrere kleine Studien, die bei Neugeborenen nach der Untersuchung gehäuft Verformungen an Fingern und Zehen festgestellt haben (die Ergebnisse sind bisher umstritten; zur Risikoeinschränkung sollte die Untersuchung trotzdem erst nach der 9. Woche vorgenommen werden). Vor- und Nachteile Die meisten diagnostizierten Krankheiten sind nicht behandelbar 4.6 Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) WIE Bei der Untersuchung wird durch die Bauchdecke der Frau eine Nadel in die Fruchtblase eingeführt und Fruchtwasser abgesaugt, wobei der Arzt über Ultraschall beobachtet, wo sich das Kind befindet, um es nicht zu verletzen. Aus der entnommenen Flüssigkeit wird eine Zellkultur angelegt, das heißt, es werden die Zellen des Kindes aus dem Fruchtwasser im Labor vermehrt. Diese Zellen können dann auf Unregelmäßigkeiten hin untersucht werden. WANN ab der 14. Woche, seit einiger Zeit auch Frühamniozentesen zwischen der 12. und 14. Woche WAS Untersucht werden Zellen des den Fötus umgebenden Fruchtwassersacks (Amnion), sowie abgeschilferte Hautzellen des Fötus und Zellen aus dem Magen-Darm-Trakt. Im Labor werden die Zellproben "angezüchtet". Nach erfolgreicher Vermehrung können die Chromosomen isoliert und analysiert werden. Zusätzlich lassen sich aus dem Fruchtwasser bestimmte Marker, wie das Alpha-Fetoprotein (AFP), bestimmen. Dieses Eiweiß ist speziell bei Neuraldefekten, z.B. beim offenen Rücken (Spina bifida), erhöht. Die Ergebnisse der Untersuchung erhält man in der Regel zwei bis drei Wochen nach der Fruchtwasserentnahme. Die folgenden Diagnosen lassen sich mit ihrer Hilfe feststellen: • Chromosomenveränderungen, z.B. das Down-Syndrom (Mongolismus) • eine Reihe von Neuraldefekten, wie ein offener Rücken (Spina bifida) • erbliche Stoffwechselerkrankungen medizinische RISIKEN In etwa einem von 200 Fällen kommt es nach dem Eingriff zu einer Fehlgeburt. Es hat sich erst wenig Fruchtwasser gebildet, das untersucht werden kann, und es besteht die Gefahr, dass sich nach der Untersuchung nur wenig Fruchtwasser nachbildet. In diesem Fall wird das Kind später im Wachstum behindert. Das Risiko, Embryo oder Fruchtblase mit der Nadel zu verletzen, ist hoch. Auch das Risiko von Fehlgeburten und Fehlbildungen durch die Untersuchung liegt mit 2 bis 3 Prozent deutlich über dem der späten Amniozentese. Außerdem besteht eine gewisse Infektionsgefahr für Mutter und Kind. Bei einem Drittel der Untersuchungen muss die Prozedur wiederholt werden, weil die Untersuchung beim ersten Mal nicht gelingt. Vor- und Nachteile Die klassische "späte Amniozentese" findet erst zwischen der 15. und 16. Schwangerschaftswoche statt. Bis die Testergebnisse vorliegen, ist die Entwicklung des Kindes also schon sehr weit fortgeschritten. Entschließt sich die Frau zu einem Schwangerschaftsabbruch, muss eine normale Geburt eingeleitet werden. 4.7 Nabelschnurpunktion WIE Für die Untersuchung wird - mit Ultraschall überwacht - eine sehr dünne Nadel durch die Bauchdecke der Mutter eingeführt und aus der Nabelschnur Blut entnommen. WANN Eine Nabelschnuruntersuchung kann erst nach der 18. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. WAS • • • • genetisch bedingte Störungen Krankheiten, die das Kind erst im Mutterleib bekommen hat Infektionen Blutgruppenunverträglichkeit medizinische RISIKEN Das Risiko einer Fehlgeburt nach der Nabelschnurpunktion liegt bei bis zu 5 Prozent; nur sehr erfahrenen Spezialisten gelingt ein Wert von 1 Prozent. Die Verletzungsgefahr für das Kind ist mit etwas weniger als einem Prozent ebenfalls hoch. Vor- und Nachteile Zusätzlich zur Diagnose, so argumentieren Befürworter der Methode, kann die Nabelschnurpunktion auch zur Therapie verwendet werden. So ist es beispielsweise möglich, bei einer Rhesusunverträglichkeit das Kind noch im Mutterleib zu behandeln. Allerdings gibt es darüber hinaus bis heute kaum therapeutische Anwendungsbereiche. 4.8 Fetoskopie WIE Betrachtung des Ungeborenen durch ein dünnes Röhrchen, dass durch die Bauchdecke der Schwangeren in die Gebärmutter eingeführt wird WAS Zur Diagnose seltener Haut- oder Stoffwechselerkrankungen können Gewebeproben des Ungeborenen (Haut und Leber) entnommen werden. medizinische RISIKEN Fehlgeburtsrate von ca. 5 %. 4.10 Humangenetische Beratung Bei bestehenden Krankheiten oder Behinderungen in der Familie kann sich die Frage der Vererbbarkeit auf eigene Kinder stellen. Die Beratung durch eine Humangenetikerin/ einen Humangenetiker kann bei der Klärung der Frage helfen, ob Krankheiten, Beeinträchtigungen oder Behinderungen genetisch bedingt sind und sich auf ein zu erwartendes Kind vererben können. Die humangenetische Beratung versucht, das individuelle Erkrankungsrisiko für Kinder der betreffenden Personen zu ermitteln. Sie informiert auch über Möglichkeiten, ob und wie die befürchtete Erkrankung in der Schwangerschaft mit Hilfe der pränatalen Diagnostik und Medizin erkannt und gegebenenfalls behandelt werden kann. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass nur ein Teil aller Beeinträchtigungen, Behinderungen oder Krankheiten eindeutig genetisch verursacht sind. Bei dem Verdacht auf mögliche genetische Ursachen nach wiederholten Fehlgeburten oder Totgeburten besteht ebenfalls die Möglichkeit, Hilfe durch die humangenetische Beratung zu bekommen. Eine humangenetische Beratung kann insbesondere vor Eintritt einer Schwangerschaft sinnvoll sein, da zu diesem Zeitpunkt kein Druck für eventuelle diagnostische Eingriffe besteht und Zeit ist, alle möglichen Entscheidungen in Ruhe zu bedenken. 5. Zusammenfassung 6. Zahlen und Fragen für die Diskussion Aus einer Spezialuntersuchung für wenige (Risiko-)Patientinnen ist heute ein Routinecheck geworden. Jeder 10. Geburt geht mittlerweile eine Fruchtwasseruntersuchung voraus. Dabei sind lediglich rund 5 Prozent der Schwer-Behinderungen (also Behinderungen ab einem Grad von 50 Prozent) angeboren. Von diesen können zur Zeit etwa 0,5 Prozent durch die Pränataldiagnostik erkannt werden. ca. 2% aller (menschlichen) Krankheiten sind sinnvolle Ziele für eine Gentherapie, da alle anderen durch ein kompliziertes Zusammenspiel mehrerer Gene und/oder Umwelteinflüssen bedingt sind. ca. 1% der Fruchtwasseruntersuchungen endet mit einem Abort, die Wahrscheinlichkeit, durch die Untersuchung eine Behinderung zu entdecken, liegt weitaus niedriger. Das Angebot der Pränataltests schafft eine Zwangssituation: Der nichtgemachte Test bürdet ebensoviel Verantwortung auf wie der gemachte: Die Wahl besteht nur noch zwischen zwei „Gefahren“. Der einzige Ausweg nach der Krankheitsdiagnose ist meist eine Abtreibung: Die Belastungen, die für Familie und Gesellschaft durch ein behindertes Kind entstehen, könnten damit, so wird argumentiert, "rechtzeitig" verhindert werden. Das trifft ins Mark - wer will schon ein krankes Kind? Dass es sich bei manchen der Diagnoseergebnisse lediglich um Wahrscheinlichkeiten handelt, mit denen die diagnostizierte Krankheit auftreten wird - und das gilt in höchstem Maße für die Ergebnisse der Genanalysen ist dabei ein zu Unrecht vernachlässigtes Detail. Allerdings ein dramatisches: Bei der Diagnose einer genetischen Disposition für Fettleibigkeit etwa - also der Veranlagung, vielleicht einmal dick zu werden - oder bei möglicher Homosexualität würde ein großer Teil der deutschen Frauen, so haben Studien (Forsa) ergeben, ihr Kind abtreiben. Statt Lebensgewohnheiten, die für so viele Krankheitsbilder verantwortlich sind, oder den Umgang mit "Randgruppen" der Gesellschaft (Fettleibige, Homosexuelle...) in Frage zu stellen bzw. ihn zu verändern, bieten Medizin und Technik eine radikale "Lösung". Dabei müssen (Be)wertungen wie „Krank“ und „Normal“ immer im Bezug zu den gesellschaftlichen Verhältnissen gesehen werden. Der Krankheitsbegriff ist keine naturwissenschaftliche Kategorie. Er ist gesellschaftlich geprägt und verändert sich mit neuen Werthaltungen. Womöglich gilt morgen als krank, was heute zwar ungewöhnlich, aber doch akzeptabel ist. Eugenik von unten Fragt man nach harten Zahlen, stößt man auf ein auffälliges Vakuum. "Gesonderte Daten über Schwangerschaftsabbrüche nach pränataler Diagnostik liegen nicht vor", heißt es lapidar von der Bundesregierung in der entsprechenden Bundestags-Drucksache vom Mai 1999.(7) Und weiter: "Die geltende Rechtslage sieht keine Regelung des Schwangerschaftsabbruchs nach pränataler Diagnostik' vor". So einfach kann man es sich machen und einen offensichtlichen Zusammenhang verleugnen, nur weil er im Gesetz nicht vorgesehen ist. In derselben Drucksache der Bundesregierung werden dann aber einige der wenigen einschlägigen "Erfolgsdaten" der selektiven pränatalen Diagnostik veröffentlicht. Die Zahl der Neugeborenen mit Spina bifida hat sich danach in den Jahren 1973 bis 1990 von 18,6 auf 100.000 Neugeborene auf 7,7 verringert; die Zahl der Neugeborenen mit Down-Syndrom im gleichen Zeitraum von 13,5 auf 8,7. Diese Zahlen müssen vor dem Hintergrund interpretiert werden, dass hier auch andere Ursachen eine Rolle spielen, wie beispielsweise im Bereich der Spina bifida die wachsende Prävention durch Einnahme von Folsäure während der Schwangerschaft. Zum anderen ist die Meldebasis nicht einheitlich. Bei aller gebotenen Vorsicht belegen diese Zahlen aber einen bedenklichen Trend, der sich auch in internationalen wie auch in regionalen Studien abbildet. Mag man auch den einzelnen Anbietern und Nutzern keine eugenischen Motive unterstellen, die eugenischen Folgen des Gesamtunternehmens Pränataldiagnostik sind nicht zu leugnen.