Welt der Wissenschaft: 50 Jahre Planetenforschung Reisen zu den Planeten Teil 3: Jenseits des Mars In den 1970er Jahren drangen erstmals Raumsonden in das Reich der Gasriesen und ihrer Monde und Ringe vor. Zudem wurden auch die kleinen Himmelskörper im Sonnensystem zu Zielen der interplanetaren Raumfahrt. Von Manfred Gottwald M ehr als zwei Drittel aller mals den Asteroidengürtel durchqueren Erde aus gewonnenen Aufnahmen des Rie- erfolgreichen interplane- und nahe an Jupiter und seinen großen senplaneten. In seiner Nähe registrierten taren Sonden besuchten Trabanten vorbeifliegen. Pioneer 11 holte die Instrumente der Sonde im Strahlungs- bisher die terrestrischen zudem an Jupiter Schwung, um danach gürtel sehr hohe Teilchendichten, ohne Planeten, Flüge zu Zielen jenseits der Um- zum Saturnsystem zu gelangen. Nach dem laufbahn des Mars sind dagegen deutlich Abheben wurden die Sonden von der Trä- dass sie ernsthaften Schaden nahmen. Bei Pioneer 11 entschied sich die NASA seltener. Nur sechs Missionen hatten bis- gerrakete direkt in den Transfer­orbit zu für eine Annäherung bis auf 43 000 Kilo- lang die Gasplaneten Jupiter, Saturn, Ura- Jupiter eingeschossen, mit der damaligen meter, wobei das Raumfahrzeug über den nus und Neptun zum Ziel, wovon wiede- Rekordgeschwindigkeit von 14,4 Kilome- Südpol kommend Jupiter nach Norden rum nur jeweils eine Sonde in eine tern pro Sekunde, und sie erreichten nach hin verließ (siehe Bild auf der rechten Umlaufbahn um Jupiter oder Saturn ge- nur 21 beziehungsweise 20 Monaten ihr Seite). Durch den sehr nahen Vorbeiflug langte. Die Übrigen begnügten sich mit Ziel. Pioneer 10 flog Anfang Dezember 1973 erhöhte Pio­neer 11 seine Geschwindigkeit, den kurzen und einmaligen Beobach- in nur 130 000 Kilometer Entfernung über stieg über die Ebene der Ekliptik auf und tungszeiten bei Vorbeiflügen. Als erste Sonden schickte die US-Raum- die Atmosphäre Jupiters. Dabei machte ein gelangte so auf die der Sonne gegenüber- relativ einfaches Kamerasystem zahlreiche liegende Seite. Dort passierte die Sonde fahrtbehörde NASA im Jahr 1972 Pioneer Bilder, die ab einem Abstand von weniger im September 1979 Saturn in einer Entfer- 10 und ein Jahr später seinen Zwilling als 2,5 Millio­nen Kilometern mehr Details Pioneer 11 auf den Weg. Beide sollten erst- enthielten als die damals bes­ten von der nung von nur 21 000 Kilometern. Durch ihre Planetenpassagen hatten Pioneer 10 und 11 die heliozentrische Fluchtgeschwindigkeit erreicht, die sie 50 Jahre Planetenforschung aus dem Sonnensystem hin­ausführen. Im März 1997 endete offiziell die Mission Harald Krüger: Vorstoß ins Sonnensystem Teil 1: Die erdähnlichen Planeten Teil 2: Die Gasriesen, ihre Monde und die Kleinkörper von Pioneer 10, ihre letzten schwachen August 2012 Funksignale wurden im Januar 2003 aus September 2012 einer Entfernung von zwölf Milliarden Manfred Gottwald: Reisen zu den Planeten Teil 1: Die ersten Schritte Kilometern aufgefangen. Das letzte Signal Oktober 2012 von Pio­neer 11 war bereits Ende 1995 aus November 2012 6,5 Milliarden Kilometern empfangen Teil 3: Jenseits des MarsDezember 2012 worden. Jedes Jahr kommen die Sonden Teil 2: Die Nachbarn der Erde dem Rand des Sonnensystems näher, wo- 52 Dezember 2012 Sterne und Weltraum Pioneer 11 lichtete die südliche Hemisphäre des Jupiter im Dezember 1974 ab. Eine schmale NASA / University of Arizona Uranussichel erschien im NASA / JPL / USGS Gesichtsfeld von Voyager 2, als die Sonde den Eisriesen im Januar 1986 passierte. Helle Zirruswolken in der oberen Atmosphäre von Neptun fotografier­ te die Raumsonde Voyager 2 im bei Pioneer 10 einen Weg zum Sternbild Die Hülle der »Goldenen Platte«, die an Stier eingeschlagen hat, während sich Pio­ Bord beider Voyager-Sonden montiert neer 11 in entgegengesetzter Richtung be- ist. Auf ihr befinden sich Symbole als wegt und im Sternbild Schild zu finden ist. Anleitung zum Abspielen der Platte. NASA NASA / JPL August 1989. Als Hinweis auf ihren Ursprung führen sie jeweils eine Plakette mit sich, welche die Lage und Mitglieder des Sonnensystems, Voyager-Sonden waren deutlich leistungs- tem um Jupiter. Der ähnlich verlaufende den Ursprung der Sonden, ein Wasserstoff- fähiger als ihre Vorgänger, und besonderes Vorbeiflug von Voyager 2 erfolgte im Juli atom mit Informationen zur Entschlüsse- Augenmerk legten die Wissenschaftler auf 1979 mit etwas unterschiedlichen Abstän- lung der Plakette sowie eine Darstellung hoch aufgelöste Bilder der Planeten und den zu den Monden. einer Frau und eines Mannes enthält. Nach dem Erfolg von Pioneer bei Ju- ihrer Monde während der Vorbeiflüge. Die später gestartete Sonde Voyager 1 Jupiter kam Voyager 1 im Saturnsystem piter schickte die NASA im August und wählte einen kürzeren Weg zu Jupiter und an, Voyager 2 folgte im Sommer 1981. Die September 1977 ein weiteres Sondenpaar erreichte ihn bereits im März 1979 (siehe übermittelten Einblicke bei Jupiter und in die äußeren Bereiche des Sonnensys­ Kasten auf S. 54). Innerhalb von zwei Ta- Saturn übertrafen alle Erwartungen, vor tems – Voyager 1 und 2. Die seltene An- gen passierte sie in einem Abstand von allem die Monde erwiesen sich als mindes­ ordnung von Jupiter, Saturn, Uranus und 280 000 Kilometern den Gasriesen sowie tens ebenso interessant wie ihr jeweiliger Neptun in der Ekliptik ermöglichte es mit mehrere Trabanten, darunter Io mit einer Mutterkörper. Die Entdeckungen reichten Hilfe von Swing-by-Manövern, erstmals größten Annäherung auf 20 500 Kilome- von aktivem Vulkanismus auf Io bis hin zu den noch nicht besuchten Eisriesen ter. Ein überraschendes Ergebnis von zur Möglichkeit eines Ozeans unterhalb Uranus und Neptun vorzustoßen. Beide Voyager 1 waren Hinweise auf ein Ringsys­ einer mächtigen Eiskruste auf Europa. www.sterne-und-weltraum.de 20 Monate nach dem Vorbeiflug an Dezember 2012 53 Flüge zu den Gasplaneten D as Reich der Gasriesen Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun wurde erstmals in Pioneer 10 und 11 1973 / 1974 den frühen 1970er Jahren von Objekten aus Menschenhand betreten, als die US-Raum- Ulysses 1992 Voyager 1 und 2 1979 sonden Pioneer 10 und 11 Jupiter erreich- Galileo 1995 - 2003 ten und dicht an ihm vorbeizogen. Bislang hat jede Raumsonde, deren Ziel jenseits des Mars lag, ihre Aufgaben erfüllt, es gab keine Fehlschläge. Alle stammten aus den USA mit unterschiedlich starker internationaler Beteiligung. Cassini 2000 Eine besondere Pionierleistung erbrachten die beiden Voyager-Raumsonden, die 1977 gestartet wurden. Einer von ihnen, Voy­ager 2, gelang es wegen einer besonderen Stellung der äußeren Planeten zueinander, alle vier Gasplaneten zu besuchen und sie erstmals im Detail zu erkunden. Zu Uranus und Neptun sind seitdem keine weiteren Sonden mehr vorgedrungen, und es gibt auch keine derartigen Planungen. Im Fall von Jupiter und Saturn wurden die mit den Vorbeiflügen gewonnenen Erkenntnisse bereits vertieft. Von 1995 bis 2003 erkundete die Sonde Galileo aus einer Umlaufbahn Jupiter und seine Monde und Mitte 2004 schwenkte die Raumsonde Cassini in eine Umlaufbahn um Saturn ein. JUICE 2030 Ihre Mission soll noch bis 2017 andauern. Juno 2016 New Horizons 2007 Alle noch aktiven Raumsonden sind grün beschriftet. Für Voyager 1 folgten keine weiteren ter von der Erde entfernt erscheint unser durchstößt, dies dürfte jedoch etwas Planetenbesuche mehr. Die Ablenkung Heimatplanet nur noch als ein schwacher später stattfinden, da sich Voya­ger 2 etwa im Gravitationsfeld von Saturn führte 23 Astronomische Einheiten hinter ihrer die Sonde über die Ekliptik in den in- blassblauer Punkt im All. Die Bahn von Voyager 2 erlaubte dage- terplanetaren Raum, mit dem Ziel, die gen die erste Begegnung mit Uranus, bei Zwillingssonde befindet. Wie die Pioneer-Sonden, so führen auch Heliopause zu bestimmen, das heißt die der die Sonde dem Planeten und seinem die beiden Voyager-Sonden Nachrichten Grenze des Sonnensystems, wo das Ma- Mond Miranda auf weniger als 100 000 von der Erde mit, diesmal auf einer 30 Zen- gnetfeld der Sonne und der Sonnenwind Kilometer nahe kam (siehe Bild auf S. 53 timeter großen vergoldeten Kupferplatte, auf das interstellare Medium treffen. Vo- oben rechts); danach passierte sie im die sich wie eine klassische Schallplatte yager 1 ist mit einer Entfernung von der- Sommer 1989 Neptun und seine Monde. abspielen lässt (siehe Bild auf S. 53 unten zeit 123 Astronomischen Einheiten das Hier erzielte Voyager 2 den geringsten rechts). Neben einer Bedienungsanleitung am weitesten entfernte künstliche Objekt Abstand aller Vorbeiflüge, nur 4800 Kilo- auf ihrer Hülle enthält jede Platte eine und bewegt sich von der Erde aus gesehen meter trennten das Raumfahrzeug von Auswahl an Abbildungen aus dem Son- im Sternbild Schlangenträger. Die NASA der Obergrenze der Planetenatmosphäre nensystem, von irdischen Szenen und des hofft, in den Messdaten, die noch bis zum (siehe Bild auf S. 53 Mitte). Schließlich flog menschlichen Lebens, natürlichen und geplanten Ende der Mission im Zeitraum die Sonde beim Verlassen des Neptun- künstlichen Geräuschen. Des Weiteren von 2020 bis 2025 eintreffen, eindeutige systems dicht an dessen größtem Mond befinden sich auf der Platte Beispiele von Hinweise auf den Eintritt in die Heliopau- Triton vorbei. Abgelenkt in den Bereich Musik aus unterschiedlichen Zeiten und se zu finden. südlich der Eklip­tik bewegt sich Voya- Kulturkreisen sowie gesprochene Grüße Im Februar 1990 gelang Voyager 1 ein ger 2 nun ebenfalls weiter in Richtung von Erdbewohnern. Als eine Art Uhr wurde Gruppenfoto des Sonnensystems, das die der Grenze des Sonnensystems. Wie bei eine Markierung aus Uran-238 aufgebracht, Erde als »Pale Blue Dot« zeigt (siehe SuW Voyager 1 hoffen die Forscher der NASA aus deren Zerfall sich bei bekannter Halb- 12/2005, S. 20). Sechs Milliarden Kilome- darauf, dass die Sonde die Heliopause wertszeit der Startzeitpunkt ermitteln lässt. 54 Dezember 2012 Sterne und Weltraum Pioneer 11 1979 Voyager 2 1986 Voyager 1 und 2 1980 / 1981 Cassini 2004 - 2017 Voyager 2 1989 Bilder Planeten: NASA / JPL-Caltech / SSI / STScI; Bilder Raumsonden: NASA / ESA Orbiter erkunden Jupiter und Saturn Rundstrahlantennen ausweichen, konn- Dienst. Der Orbiter trat einen Tag später in ten aber durch Änderungen der Bord- Bereits früh existierten Konzeptstudien software sowie der Empfangsanlagen im eine Umlaufbahn um Jupiter ein. In den nachfolgenden acht Jahren – die mit dem Ziel, sowohl Jupiter als auch Deep Space Network den größten Teil des ursprünglich auf zwei Jahre ausgelegte Saturn über längere Zeiträume hinweg Mission wurde mehrmals verlängert – aus Umlaufbahnen zu untersuchen. Als beabsichtigten Programms verwirklichen. Als im Jahr 1994 die Fragmente des erstes ließ sich die Mission Galileo ver- Kometen Shoemaker-Levy 9 in die At- (siehe Bild auf S. 56). Diese waren lang- wirklichen, ein mehrjähriger Flug zum Ju- mosphäre von Jupiter stürzten, befand gezogene Ellipsen, welche die Sonde im pitersystem, die neben dem eigentlichen sich Galileo in günstiger Position, um die jupiterfernsten Teil ihrer Bahn bis zu zehn Orbiter auch eine Atmosphärenkapsel von der Erde aus nicht direkt sichtbaren Millio­nen Kilometer in den interplane- beinhaltete. Beim Start im Oktober 1989 Einschläge zu dokumentieren. Wenige taren Raum beförderten. Sie erlaubten war Galileo nicht nur eine der komple- Monate vor Erreichen des Riesenplaneten Untersuchungen der ausgedehnten Ma- xesten interplanetaren Sonden der NASA, wurde die Atmosphärenkapsel abgetrennt. gnetosphäre. In Jupiternähe untersuchte es wartete auch ein sehr ambitioniertes Zusammen mit dem Orbiter näherte sie Galileo dagegen die inneren Monde bei wissenschaftliches Programm auf seine sich dem Planeten, bevor sie am 7. Dezem- dichten Vorbeiflügen. Im Falle von Io Durchführung. Die Flugbahn erforderte ber 1995, gebremst durch Hitzeschild und bedeutete dies, bis weit in die starken drei Swing-by-Manöver, davon zwei an der Fallschirm, in die Atmosphäre eintauchte. Jupiter-Strahlungsgürtel Erde sowie eins an der Venus. Während Sie funkte von ihrem Abstieg 58 Minuten und zu riskieren, dass die Sonde durch die der interplanetaren Anreise zeigte sich ein lang Daten über die lokalen Verhältnisse in hohe Strahlendosis versagt. Erst als die gravierender Fehler: Die Hauptantenne den obersten Schichten der Jupiteratmo- eigentlichen Missionsziele erreicht waren, zur Übertragung der enormen Datenmen- sphäre. In einer Tiefe von 150 Kilometern näherte sich Galileo in einer Missionsver- gen hatte sich nicht wie geplant entfaltet. unterhalb der Atmosphären­obergrenze längerung den Monden Io und Europa bis Die Missionskontrolleure mussten auf die versagte die Kapsel schließlich ihren auf wenige 100 Kilometer an. www.sterne-und-weltraum.de absolvierte er 35 Umläufe um Jupiter vorzudringen Dezember 2012 55 Im Jahr 2002 ließen sich die Strahlungsschäden nicht mehr kompensieren; das Abschalten der Kamera leitete das allmähliche Ende von Galileo ein. Endgültig verstummte der Orbiter im September 2003, als er mit einem letzten Schubmanöver kontrolliert in die Atmosphäre Jupiters gelenkt wurde. Galileo hinterließ NASA / JPL / Cornell University jeder nachfolgenden Jupitermission ein schwer zu übertreffendes reichhaltiges Erbe. Derzeit befindet sich die US-Raumsonde Juno im Anflug auf Jupiter und soll dort im Jahr 2016 ankommen. Die Sonde wird vor allem die Atmosphäre und das Magnetfeld des Gasriesen erforschen. Die Europäische Raumfahrtbehörde ESA plant Die Raumsonde Galileo beobachtete den Großen Roten Fleck im nahen für das Jahr 2022 den Start der Sonde JUI- Infraroten. Die dunklen Gebiete sind tief liegende Wolken, rosa Farbtöne CE. Der »JUpiter ICy moon Explorer« soll stehen für dünnen, hohen Dunst und weiße Flächen für hohe, dichte Wolken. ab 2030 vor allem die großen eishaltigen Monde Europa, Ganymed und Kallisto im Detail erkunden. Zwei kurze irdische Besuche sind eine Erwähnung wert: Zwischen Oktober 2000 und März 2001 passierte die Saturnsonde Cassini/Huygens Jupiter auf ihrem Weg zum Ringplaneten und erhielt dort den nötigen Gravitationsschwung (siehe Bild links). Ein weiterer Vorbeiflug ereignete sich Anfang 2007 in 2,3 Millionen Kilometer Entfernung, als die Sonde New Horizons mit der Schwerkraftunterstützung Jupiters auf ihre endgültige Bahn in Richtung des Zwergplaneten Pluto gelenkt wurde. Um das Saturnsystem ähnlich detailliert zu studieren, startete die NASA zusammen mit der ESA Ende 1997 die Mission Cassini/Huygens. Sie war wie Galileo ein interplanetares Schwergewicht, was nicht nur ihre Masse, sondern auch den Umfang ihrer Instrumentierung betrifft. Die Sonde bestand beim Start aus dem Orbiter Cassini und der Landesonde Huygens, deren Ziel der Trabant Titan war. Er ist der einzige Mond im Sonnensystem, der von einer dichten Atmosphäre umgeben ist. Cassinis interplanetare Flugbahn führte zweimal an Venus, einmal an der Erde und einmal an Jupiter vorbei, bis sie den Weg in Richtung Saturn einschlagen konnte. Im Juli 2004 erreichte die SonNASA / JPL / SSI de das Saturnsystem und begann kurz danach ihre vierjährige Primärmission, die ähnlich wie bei Galileo aus weiten elliptischen Umläufen bestand, deren saturnnahe Segmente enge Vorbeiflüge an Aus einer Entfernung von zehn Millionen Kilometern gelang der Raumsonde Cassini/Huygens im Dezember 2000 eine der bislang besten Gesamtaufnah- Monden beinhalteten. Die Huygens-Landekapsel wurde im men des Jupiter. Dezember 2004 abgesetzt, die daraufhin 56 Dezember 2012 Sterne und Weltraum NASA / JPL / SSI So präsentierte sich der Ringplanet Saturn Mitte Januar 2005 in die Atmosphäre von Unser Verständnis von den beiden Gas- Titan eintauchte und auf dessen Oberflä- riesen hat sich nach jahrelanger Beobach- der Raumsonde Cassini zur Zeit der che weich aufsetzte. Insgesamt 3,6 Stunden tung aus nächster Nähe grundlegend ge- Tagundnachtgleiche im Jahr 2009, die nur lang – davon 70 Minuten von der Oberflä- ändert. Wir besitzen nun Einblicke in die alle 15 Erdjahre eintritt. Auf diesem Bild che – übermittelte die Kapsel ihre Daten Dynamik ihrer Atmosphären und wurden werden die Ringe nur durch reflektiertes an den Orbiter, der sie an die Bodensta­tion mit reichhaltigen Informationen versorgt, Licht vom Planeten beleuchtet. weiterleitete, bevor er außer Sichtweite um aus den obersten Schichten auf das In- von Huygens gelangte. Große Radiotele- nere der Planeten zu schließen. Als ebenso skope auf der Erde empfingen sogar noch interessant erwiesen sich ihre Monde. für weitere zwei Stunden die Trägerwelle von Huygens! Sowohl beim Abstieg als auch nach der Landung erlaubten die dabei gewonnenen Aufnahmen erste Blicke in eine bisher vollkommen unbekannte Welt. Beinahe wäre die Huygens-Mission fehlgeschlagen, da wegen eines Designfehlers der Dopplereffekt als Folge der relativen Bewegung zwischen Kapsel und Orbiter nicht korrekt berücksichtigt worden war, was letztlich den Datentransfer via Cassini-Orbiter verhindert hätte. Dies erkannten die Missionskontrolleure erst in einem Test während der interplanetaren Flugphase und konnten später die Mission durch ein Anheben der Bahn des Orbiters beim Überflug von Titan retten. Zwischen 2008 und 2010 absolvierte Cassini eine erste Verlängerung, die so genannte Equinox-Mission, da in diesem Zeitraum Saturn die Tagundnachtgleiche durchlief (siehe Bild oben). Derzeit läuft NASA / JPL / SSI eine weitere Verlängerung, die bis 2017 reichende Solstice-Mission, bei deren Ende die Nordhalbkugel des Ringplaneten die Sommersonnenwende erleben wird. Sollte dies gelingen, wäre Cassini eine der am längsten funktionierenden Raumson- Der Saturnmond Titan steht in dieser Seitensicht des Ringsystems im den in der Geschichte der interplanetaren Vordergrund. Rechts zeigt sich der kleine Mond Enceladus vor der Planeten- Raumfahrt. scheibe unterhalb der Ringebene. www.sterne-und-weltraum.de Dezember 2012 57 Flüge zu Kometen International Cometary Explorer (ICE) S ieben Kometen bildeten bislang das Ziel von Raumsonden, und jeder dieser Giotto Vorbeiflüge an einem Schweifstern war erfolgreich. Den Auftakt machte im Jahr 1985 die US-Raumsonde ICE, die den Schweif des Kometen Giacobini-Zinner durchflog. Sehr viel mehr Aufmerksamkeit erregte der berühmte Komet Halley, der bei seiner Wie- Grigg-Skjellerup 1992 derkehr 1986 gleich von sechs Raumsonden unter die Lupe genommen wurde. Dabei ge- Giacobini-Zinner 1985 langen der europäischen Sonde Giotto die eindruckvollsten Bilder des Kometenkerns. Nach den Vorbeiflügen an Halley dau- Giotto erte es rund 15 Jahre, bis wieder eine Sonde einen Kometenkern im Detail erkundete. Es war die Raumsonde Deep Space 1, die am Kometen Borelly vorbeiflug. Ihr folgte Vega 1 und 2 Stardust, die im Jahr 2004 erstmals Proben vom Kometen Wild 2 einfing und zwei Jahre später sicher zur Erde brachte. Spektakulär war der Vorbeiflug der Sonde Deep Impact am Kometen Tempel 1 im Juli 2005. Sie hatte vorher einen ICE Impaktor von der Größe eines Kühlschranks Halley 1986 abgesetzt, der mit gro­ßer Wucht mit dem Kometenkern kollidierte (siehe Bild auf S. 60 unten). Derzeit ist die europäische Sonde Rosetta auf dem Weg zum Kometen Tschurjumow-Gerasimenko, den sie Mitte Sakigake und Suisei 2014 erreichen wird. Bilder Kometenkerne: NASA; Komet Giacobini-Zinner: Michael Jäger; Komet Grigg-Skjellerup: Jesper Storm; Bilder Raumsonden: NASA / ESA / JAXA Vor allem das Vorhandensein flüssigen Überresten seiner Entstehung, betrachtet intensive Planun­gen aus, die in Vorbeiflü- Wassers als Voraussetzung für die Ent- werden. Wegen der unterschiedlichen gen von fünf weiteren Sonden mündeten. wicklung einfacher Lebensformen erregte Natur der Objekte, beispielsweise sich Zunächst schickte die UdSSR ihre Vega- großes Interesse. Im Jupitersystem finden schnell bewegende Kometenkerne oder Sonden nach Absetzen der Lander und der wir es womöglich auf Europa, Kallis­to und unregelmäßig geformte Asteroiden mit Ballone bei Venus auf den Weg zu Halley Ganymed in Form von subkrustalen Ozea­ geringer Masse, besitzt jede Mission ihre (siehe SuW 11/2012, S.44). Sie trafen Anfang nen. Saturns Kandidaten sind der Mond eigenen März 1986 als eine Art Vorhut am Kometen Enceladus mit seinen kryovulkanischen standen die Kleinkörper schon frühzei- ein, näherten sich ihm bis auf etwa 8500 Aktivitäten oder auch Titan mit einem tig auf der Agenda der interplanetaren Kilometer und charakterisierten dabei sei- möglichen Ozean unterhalb seiner Kruste. Raumfahrt, doch erst in den 1980er Jahren nen Kern und seine Umgebung. Besonders wagten es die Raumfahrtbehörden, den gespannt warteten die Kometenforscher Weg zu solchen Zielen einzuschlagen. Es begann mit der eigentlich zur Erfor- auf Giotto, die Halley-Mission der ESA. Bei den Flügen zu unseren terrestrischen schung des Sonnenwinds bestimmten Son- von nur 600 Kilometern den Verlust des Nachbarn oder den Gas- und Eisriesen de ISEE-3, später in International Cometary Raumfahrzeugs in Kernnähe, lieferte aber zieht sich wie ein roter Faden die all- Explorer (ICE) umbenannt. Sie durchflog von dort viel detailreichere Bilder als die mählich zunehmende Komplexität der 1985 nur 8000 Kilometer abseits vom Kern russischen Sonden. Aus dem darin ur- Missio­nen durch die Historie. Verbesserte unbeschadet den Schweif des Kometen sprünglich nur schemenhaft erkennbaren, Technik, angesammelte Erfahrung sowie Giacobini-Zinner und im darauf folgenden sehr dunklen Kern extrahierte eine nach- ehrgeizigere wissenschaftliche Ambitio­ Jahr den des Kometen Halley, diesmal je- folgende Bildverar­bei­tung schließlich die nen steigerten im Laufe der Zeit die Anfor- doch in einer Entfernung von 28 Millionen längliche Form mit erstaunlichen Einzel- derungen an jede Sonde. Anders verhält es Kilometern. Das bevorstehende Eindrin- heiten der Oberfläche (siehe Bild oben). sich, wenn die Unternehmungen zu den gen von Halley in das innere Sonnensys­ Obwohl einige Instrumente, darunter kleinen Körpern im Sonnensystem, den tem löste bei vielen Raumfahrtagenturen die Kamera, in unmittelbarer Nähe zum Flüge zu den kleinen Körpern des Sonnensystems 58 Dezember 2012 Herausforderungen. Deshalb Sie riskierte mit einem Minimalabstand Sterne und Weltraum Wild 2 2004 Deep Space 1 Borelly 2001 Stardust Stardust Hartley 2 2010 Tempel 1 2005 / 2011 Deep Impact Deep Impact Kern irreparable Schäden erlitten, gelang länglichen Objekt mit kraterbedeckter es den Missionskontrolleuren der ESA, Oberfläche. Eine ähnliche Form zeigte Giot­to weiter unter Kontrolle zu halten. zwei Jahre später der Asteroid Ida, als er Sie steuerten die Sonde 1992 am Ende ihrer in 2400 Kilometer Abstand in das Gesicht- Mis­sion nochmals in die Nähe eines Ko- feld von Galileo kam. Dabei entdeckten meten. Aus einem Abstand von nur 200 Ki- die Bildauswerter, dass der Asteroid von lometern untersuchten die verbliebenen einem nur 1,4 Kilometer großen Tra- Sensoren den kurzperiodischen Schweif­ banten begleitet wird, der den Namen stern Grigg-Skjellerup. Giotto war die erste Dactyl erhielt. eigenständige interplanetare Unterneh- Auch Cassini/Huygens begegnete auf mung Europas. Ebenso läutete Halley die seinem Weg zu Saturn einem Mitglied interplanetare Präsenz Japans ein, denn des Asteroidenhauptgürtels. Es war das Sakigake und Suisei, zwei identisch auf- bis dahin relativ unbekannte Objekt Ma- gebaute, jedoch unterschiedlich instru- sursky, dessen Durchmesser sich trotz der mentierte Sonden, analysierten aus sieben beträchtlichen Entfernung von 1,6 Millio­ Millionen beziehungsweise 150 000 Kilo- nen Kilometern auf 15 bis 20 Kilometer metern das Umfeld des Kometen. bestimmen ließ. Asteroiden im Porträt Asteroid Mathilde ein 2400 Kilometer Die erste Nahaufnahme eines Asteroiden entferntes Motiv der NEAR-Shoemaker gelang der Jupitersonde Galileo im Okto- Mis­sion gewesen. NEAR-Shoemaker steht ber 1991, als sie auf ihrem Weg zwischen für Near Earth Asteroid Rendezvous – der Mars und Jupiter in 1600 Kilometer Namenszusatz erinnert an den kurz zuvor Entfernung an Gaspra vorbeizog, einem verstorbenen Geologen und Astronomen www.sterne-und-weltraum.de Bereits im Sommer 1997 war der Das aktuelle Raumfahrtjahr mit Chronik 2012 Die spannende Welt der Raumfahrt. in der zehnten Ausgabe des WeltraumKlassikers. Jetzt erschienen mit über 300 Seiten, vollständig in Farbe. ISBN: 978-3-00-038886-6 für 16,90 € Dezember 2012 59 jetzt erhältlich auf www.vfr.de www.amazon.de und im Buchhandel. Ein großer Krater auf dem Asteroiden Eros kleinen Objekts, er sollte aber hauptsäch- erscheint hier in einer Falschfarbenaufnah- lich Betriebsabläufe für ein Rendezvous me. Die rötlichen Flächen zeigen gealtertes mit dem Kometen Wild 2 im Jahr 2004 Gestein und Lockermaterial (Regolith), die erproben. blaugrauen dagegen relativ junge Gebiete. Als Stardust dessen Hülle aus Gas und Staub durchquerte, nahm sie mit einer NASA / JPL / JHUAPL speziellen Vorrichtung Partikel aus der Gene Shoemaker. Dieses Raumfahrtunternehmen hatte erstmals einen Asteroi­den letztlich aus deutlich größerer Entfernung Koma auf. Dabei lieferte der Vorbeiflug aus nur ein verwaschenes längliches Objekt 240 Kilometern das nächs­te Kometenport- ablichtete. Erfolg­reicher verlief zwei Jahre rät, in dem Wild 2 weniger langgestreckt später die Begegnung mit dem Kometen als Halley und Borrelly erscheint. Genau Borrelly. Trotz der bereits fortgeschritte- zwei Jahre später kam Stardust wieder der nen Missions­­dauer funktionierten wei- Erde nahe, um eine Rückkehrkapsel mit terhin alle Instrumente einschließlich der dem Kometenstaub abzusetzen. Sie ging Kamera und lieferten 15 Jahre nach den an einem Fallschirm auf einem Testgelän- Vorbeiflügen an Halley erstmals wieder de der amerikanischen Luftwaffe im US- Bilder aus der Umgebung eines Kometen. Bundesstaat Utah nieder, wo sie kurze Zeit später sicher geborgen wurde. zum Ziel, den erdnahen Eros. Die Mission Proben von einem Kometen sollte diesen kleinen Himmelskörper aus Material eines Mitglieds des Planetensys­ somit entschied sich die NASA für eine einer Umlaufbahn analysieren. Nach dem tems aus Regionen jenseits des Mondes Verlängerung des Unternehmens unter 1996 erfolgten Start, dem Vorbeiflug an zur Erde zu bringen, war immer ein ehr- dem Namen New Exploration of Tempel 1 Mathilde sowie einem Swing-By-Manöver geiziges Anliegen der interplanetaren (NExT). Anfang 2011 war ihr neues Ziel an der Erde erreichte die Sonde Ende 1998 Raumfahrt. Zum ersten Mal gelang es im erreicht, der Komet Tempel 1, der bereits Eros. vergangenen Jahrzehnt. Zunächst schickte 2005 Besuch von der Mission Deep Impact Die Sonde funktionierte weiterhin, Der geplante Einschuss in den Aste­ die NASA Anfang 1999 die Sonde Stardust erhalten hatte, die einen 370 Kilogramm roiden­orbit schlug fehl, da die Sonde in den Asteroidengürtel zum Kleinpla- schweren Impaktor auf den Kometenkern kurzzeitig außer Kontrolle geriet. Im neten Annefrank. Der Vorbeiflug mehr als aufprallen ließ (siehe SuW 7/2012, S. 42). folgen­den Jahr bewegten sich das Raum- drei Jahre später in einer Distanz von 3000 Der Impaktor übermittelte dabei Detail­ fahrzeug und der Asteroid auf ähnlichen Kilometern lieferte erste Bilder dieses aufnahmen der Kometenoberfläche bis heliozentrischen Bahnen, und ein Jahr später im Februar 2000, als sich diese kreuzten, gelang das Orbitmanöver. Bis Februar 2001 untersuchte NEAR-Shoe­ maker Eros aus unterschiedlichen Höhen von weniger als 200 Kilometern und kartierte dessen Oberfläche genau (siehe Bild oben). Zum Missionsende riskierte die NASA einen langsamen Abstieg zur Oberfläche mit einer weichen Landung als unerwartetem Höhepunkt. Überraschend setzte die Sonde am 12. Februar 2001 tatsächlich sanft mit einer Geschwindigkeit von nur 1,8 Metern pro Sekunde auf und übermittelte 16 Tage lang Daten über die Beschaffenheit der Asteroidenoberfläche. Mit Deep Space 1 schickte die NASA im Oktober 1998 eine interplanetare Sonde zum Marskreuzer (9969) Braille, die neben wissenschaftlichen Untersuchungen auch NASA / JPL-Caltech / UMD neue Technologien testen sollte. Insbesondere wurde erstmals ein Ionentriebwerk während eines lang andauernden Raumflugs eingesetzt. Deep Space 1 traf im Juli 1999 auf Braille und passierte ihn in einem Abstand von nur 26 Kilometern. Allerdings versagte die automatische Nachführung der Kamera bei der dich- Nach dem Auftreffen des Impaktors der Sonde Deep Impact am 4. Juli 2005 testen Annäherung, so dass die Sonde leuchtete der Komet Tempel 1 am Ort der Kollision in gleißendem Licht auf. 60 Dezember 2012 Sterne und Weltraum Die Ankunft der japanischen Raumsonde Hayabusa erfolgte am 13. Juni 2010 über Australien und wurde von einem NASAForschungsflugzeug beobachtet. Während die Sonde verglühte, setzte die Rückkehrkapsel, der separate helle Punkt rechts, NASA ihren Weg zum Boden fort. kurz vor dem Einschlag, während die schließlich den Heimweg in Richtung Erde Reihe von Anomalien begleitet, in deren vorbeifliegende Muttersonde das Ereignis antreten. Bereits während der Reise zu Verlauf der kleine Lander verloren ging. aus sicherer Entfernung ablichtete (siehe Itokawa fiel ein Teil der Solarzellen wegen Ein erstes Aufsetzen Hayabusas gelang Bild links unten). Aus dem Ablauf der Er- starker solarer Aktivität aus, wodurch sich am 19. November, obwohl die von der eignisse ließen sich Rückschlüsse auf die wegen Energiemangel die Reisegeschwin- Sonde übermittelten Informationen dies Struktur des Kometen ziehen. digkeit des mit einem Ionentriebwerk zunächst nicht anzeigten – das kontrol- ausgerüsteten Fahrzeugs verringerte. lierte Probeneinsammeln schlug jedoch Sechs Jahre später sollte Stardust-NExT den künstlichen Einschlagkrater genauer Hayabusa erreichte sein Ziel verspä- inspizieren, außerdem wollten die Kome- tet im September 2005 bei einem fixen Am 25. November erfolgte ein zweiter tenforscher aus dem Erscheinungsbild Rückreisetermin im November. Zunächst Abstieg, wiederum mit unklarem Ablauf, von Tempels Oberfläche in den Jahren untersuchte die Sonde die Oberfläche was die Aufnahme von Material betrifft. 2005 und 2011 generelle Veränderungen des Asteroiden, um einen geeigneten Ort Trotzdem gelangten in beiden Fällen Par- des Kometenkerns durch die Einwirkung für den Abstieg zu finden. Dieser begann tikel der Oberfläche in das Probengefäß der Sonnenstrahlung untersuchen. Da Anfang November, war jedoch von einer der Rückkehrkapsel. Anschließend verließ fehl. auch Deep Impact im Jahr 2005 seinen Vorbeiflug an Tempel 1 unbeschadet überstanden hatte, schickte die NASA die Sonde weiter zum Kometen Hartley 2, den sie im November 2010 in 700 Kilometer Entfernung passierte. Obwohl dieser den kleinsten aller bisher untersuchten Kerne besitzt, erwies er sich als extrem aktiv, denn in seiner Umgebung ließen sich Jets aus Eis und Kohlendioxid beobachten, die zentimetergroße Kometenpartikel ausstießen (siehe Bild auf S. 59). Die Odyssee von Hayabusa Eine der wohl ungewöhnlichsten interplanetaren Reisen hat die japanische Sonde Hayabusa hinter sich. Das ursprünglich geplante Treffen mit dem Erd- und MarsESA 2010, MPS für OSIRIS-Team bahnkreuzer Nereus entfiel wegen einer Startverzögerung; als Ersatz wählte die japanische Raumfahrtbehörde JAXA den zur gleichen Asteroidenklasse zählenden Itokawa aus, ein nur etwa 550 3 300 3 200 Meter großes, längliches Objekt. Dort sollte Hayabusa nach ihrem Start im Jahr 2003 einen winzigen Lander absetzen, danach selber auf dem Asteroi­ So erschien der Asteroid Lutetia im Juli 2010 bei der größten Annäherung der den niedergehen, mit einer Vorrichtung Raumsonde Rosetta aus einem Abstand von 3160 Kilometern. Der Himmels- Oberflächenmate­rial körper ist etwa 100 Kilometer lang. einsammeln www.sterne-und-weltraum.de und Dezember 2012 61 2015 geplant. Das danach vorgesehene, mindestens fünf Monate dauernde Beob­ achtungsprogramm ähnelt demjenigen bei Vesta. Das heißt, Dawn hält sich in einer niedrigen Umlaufbahn mit ausreichend Zeit für wissenschaftliche Untersuchungen auf. Fast zeitgleich wird ein weiterer Zwergplanet von einer interplanetaren Sonde besucht werden, nämlich Pluto mit seinem Mond Charon. Beide erwarten im Sommer 2015 den Vorbeiflug der 2006 gestarteten Sonde New Horizons. Nach gegenwärtiger Planung passiert New HoNASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS / DLR / IDA rizons Pluto im Abstand von 10 000 Kilometern, die Entfernung zu Charon wird etwa 27 000 Kilometer betragen. Danach nimmt die Sonde Kurs auf den Kuipergürtel in der Hoffnung, wenigstens eins seiner eisigen Mitglieder im Zeitraum von 2016 bis 2020 besuchen zu können. Da die heliozentrische Geschwindigkeit von New Horizons ausreicht, das Sonnensystem zu verlassen, wird sie zusammen mit den Sonden Pio­neer 10 und Diese Aufnahme der nördlichen Hemisphäre von Vesta lichtete die US-Raum- 11 sowie Voyager 1 und 2 als Bote unserer sonde Dawn im Juli 2011 ab, sie befand sich zu diesem Zeitpunkt 5200 Kilo- Zivilisation schließlich den interstellaren meter von ihr entfernt. Vesta misst rund 530 Kilometer im Durchmesser. Raum erreichen. Hayabusa den Asteroiden und kehrte mit den ist, wird außerdem das Landegerät Manfred Gottwald stark beeinträchtigten Subsys­temen zur Philae abgesetzt, das die Oberfläche vor arbeitet am Institut für Erde zurück. Im Juni 2010 endete die Mis- Ort analysiert. Seit dem Start durchlief Methodik der Ferner- sion mit der weichen Landung der Rück- Rosetta bereits alle nötigen Swing-by- kundung des DLR, wo kehrkapsel, in deren Probenbehälter sich Manöver an Erde und Mars, die Flugbahn er für den Betrieb des tatsächlich etwa 1500 winzige Teilchen ermöglichte nebenbei Begegnungen mit Atmosphäreninstruments fanden, von denen die meisten von Itoka- zwei Asteroi­den, nämlich im Jahr 2008 SCIAMACHY zuständig wa stammen (siehe Bild auf S. 61). mit dem Objekt Šteins und 2010 mit dem Im Umlauf um einen Schweifstern Kleinplaneten Lutetia. Mit einem Durchmesser von mehr ist. Er promovierte über Gammaastronomie am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) und war an als 100 Kilometern war Lutetia zum Zeit- wissenschaftlichen Weltraummissionen bei Nach dem Erfolg der ESA mit Giotto punkt des Vorbeiflugs der größte jemals der ESA und am MPE beteiligt. reiften rasch Pläne, einen Kometen ge- besuchte Kleinplanet (siehe Bild auf S. 61). nauer zu studieren. Daraus entwickelte Dies änderte sich im Juli 2011, als die sich Rosetta, eine Sonde zur Untersu- Sonde Dawn, angetrieben durch einen Io- chung des Kometen 67P/Tschurjumow- nenmotor sowie unterstützt durch einen Gerasimenko aus einer nahen Umlauf- Vorbeiflug an Mars, nach einer vier Jahre bahn – das anfängliche Ziel, der Komet dauernden Anreise bei Vesta, einem der 46P/Wirtanen, musste wegen einer Start- mit mehr als 530 Kilometer Durchmesser verzögerung aufgegeben werden. Rosetta größten Asteroiden, ankam. Sie analy- wird 67P Mitte 2014 erreichen und ihn bis sierte Vesta aus unterschiedlichen Bahn- Ende 2015 in das Innere des Sonnensys­ höhen mit zahlreichen Instrumenten bis tems begleiten. Dort soll sie den Über- September 2012 (siehe Bild oben). gang des Kometenkerns in die aktive aus seiner Oberfläche hervorbrechen und Auf dem Weg zu den Zwergplaneten die Koma und den Schweif des Kometen Im September 2012 begab sich Dawn auf aufbauen. Sobald mit Hilfe ihrer Bild- seinen weiteren Weg zum Zwergplaneten daten eine geeignete Landestelle gefun- Ceres. Die Ankunft bei ihm ist für Anfang Phase dokumentieren, bei der Gasströme 62 Dezember 2012 Literaturhinweise Bond, P.: Exploring the Solar System, Cambridge University Press, Cambridge 2012 Harvey, B.: Russian Planetary Exploration: History, Development, Legacy and Prospects, Springer Praxis Books, 2006 Lang, K. R.: The Cambridge Guide to the Solar System. Cambridge University Press, Cambridge 2011 Weblinks zum Thema finden Sie unter www.sterne-und-weltraum.de/artikel/ 1168807 Sterne und Weltraum Die Geschenkidee* für junge Wissenschaftler! * Spektrum jetzt auch im Abo: Für alle Kinder zwischen 10 und 14 Jahren, die nicht nur das »Was«, sondern auch das »Wie« und »Warum« interessiert . 4 Ausgaben für nur € 5,50 pro Hef t. (Das Abo ist jederzeit kündbar) Als Dank für Ihre Bestellung erhalten Sie ein Präsent Ihrer Wahl! Bestellen Sie jetzt für Ihr Kind! www.sterne-und-weltraum.de www.spektrum-neo.de/abo Dezember 2012 63