Akademie Berlingen, 5. März 2014 Gentechnologie in der Pharmaindustrie Fabienne Heimgartner,Heimgartner, Interpharma Fabienne Interpharma 1 / XX Übersicht Gentechnologie – Biotechnologie Kleiner historischer Exkurs Rote Gentechnologie Forschung – Medikamente – Gentests Personalisierte Medizin Was darf der Mensch? Gesetzgebung Schlussworte 2 Gentechnologie - Biotechnologie Biotechnologie = Nutzung von Bakterien, Hefen, Pilzen, Mikroorganismen • seit Jahrtausenden vom Menschen genutzt (oft ohne biochemischen Hintergrund zu kennen) Im 20. Jhdt industrielle Massstäbe angenommen Gentechnologie = modernes Teilgebiet der Biotechnologie • Gezielte Veränderung der Erbanlagen • Über Art-Grenzen hinweg 3 Der genetische Code ist universell Wer besitzt die meisten Gene? Arabidopsis thaliana E.coli E.elegans 4 Der genetische Code ist universell Wer besitzt die meisten Gene? 25‘500 36 ‘500 25‘000 19‘000 4‘500 5 Gentechnologie lesen kopieren isolieren verändern übertragen neu kombinieren Anwendung in: © GenSuisse Industrie Medizin Landwirtschaft 6 „Lebenslauf“ der Gentechnologie ..Entdeckung Bakterienzellen, Penicillin, DNA als Trägerin der Erbinformation, DNA-Struktur.. 1960er Werner Arber entdeckt Restriktionsenzyme das grundlegende Werkzeug 1973 DNA-Stück wird in ein Bakterium geschleust 1982 Insulin = erstes gentechnisch hergestelltes Medikament auf dem Markt 1983 PCR (Polymerase-Ketten reaktion) Gene und Sequenzen vervielfältigen 2. März 2011 7 „Lebenslauf“ der Gentechnologie 1990 Internationales Human Genom-Projekt beginnt Ziel, das Genom des Menschen vollständig zu entschlüsseln 1995 erstes ganzes Genom eines Organismus entschlüsselt (sequenziert) Haemophilus influenzae Bakterium mit 1 800 000 Bausteinen 2003 vollständige Sequenzierung des menschlichen Genoms mit 3 200 000 000 Bausteinen 8 Die rote Gentechnologie Die medizinische Gentechnologie Forschung Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen Gentests 9 Forschung 10 Grundlagenforschung Erforschen von Krankheiten auf Basis molekularer Informationen mit Hilfe gentechnischer Methoden häufigste gentechnisch veränderte Modelle: Bakterien, Hefen, Zellkulturen aber auch Pflanzen und Tiere gezielt Ansatzpunkte für Therapie/Medikament finden 11 Transgene Alzheimer-Mäuse Früher Forschung nur an Verstorbenen möglich Heute Mausmodelle Teilaspekte der Krankheit im lebenden Modell studieren Zb. Maus mit Übermass an Tau-Protein ©Gensuisse 12 Der Wahn eines Genies? 2. März 2011 13 Forschung ist den Firmen viel wert 14 Der demographische Wandel Source: WHO, 2005 15 Forschung ist weiterhin dringend nötig Grosse Durchbrüche selten kleine Schritte für rund 2/3 aller Krankheiten keine Therapien Alterstruktur der Bevölkerung mehr chronische Erkrankungen Krebserkrankungen wahrscheinlich häufigste Todesursache in Zukunft Herausforderung Demenz Verdreifachung bis 2050 Entwicklung von Medikamenten / Impfstoffen 17 Bio- und gentechnisch hergestellte Produkte Hier steht der Titel der Präsentation / der Referent 2. März 2011 18 Bio- und gentechnisch hergestellte Produkte Hier steht der Titel der Präsentation / der Referent 2. März 2011 19 Biologika = Biopharmazeutika . Mit den Mitteln der Biotechnologie in lebenden Zellen (bspw. Hamsterzellen, Bakterien etc.) hergestellte Arzneistoffe „neue“ revolutionäre Wirkstoffklasse Hochkomplexe, grosse Moleküle nicht einfach kopierbar (Nachahmerprodukte: Biosimilars) Zb. Insuline, Antikörper, Proteine zur Stimulierung der Blutzellbildung Zur Behandlung von MS, Bluterkrankungen, Krebs, Diabetes.. 20 Medizinischer Fortschritt AIDS: In der Schweiz starben noch 1994 fünfzig Mal mehr Menschen als heute. Heute: über 50 Aids-Medikamente Asthma: Betrifft rund 6% der Erwachsenen, 10% der Kinder – bessere Lebensqualität, weniger Notfalleinweisungen Herzinsuffizienz: frühzeitige Behandlung (Blutdruck und Cholesterin) senkt Risiko – massive Absenkung der Re-Infarktrate dank moderner Medikamente (Statine) Die Chance, heute einen Herzinfarkt zu überleben, ist fünfmal grösser als 1960. Beispiel Osteoporose Heute gibt es Wirkstoffe, die nur 1x im Monat, jedes halbe Jahr oder sogar nur 1x im Jahr verabreicht werden müssen Sclerostin verspricht neue Perspektiven beim Knochenaufbau Beispiel Rheumatoide Arthritis Autoimmunkrankheit Auf breit wirkende Basispräparate sprechen 50-60% der Patienten nicht an Bis heute 5 Biologika (va. Antikörper) zugelassen, weitere werden folgen.. Biologika bringen bei 2/3 der schweren RA-Fälle sehr gute Resultate - schnelle und gezielte Wirkung - wenige Nebenwirkungen - können Gelenkzerstörungen verhindern - reduzieren Morgensteifigkeit Schrittweise Innovation: Multiple Sklerose 2011 wurde eine MS-Therapie in Tablettenform zugelassen (Eskalationstherapie). März 2013: EMA gibt grünes Licht für Zulassung zweier Tabletten zur Behandlung von schubförmiger Multipler Sklerose. Erstmals steht damit orale MS-Therapie zur Verfügung (für schubförmige MS) Nutzen: Medikamente für 40% der gestiegenen Lebenserwartung verantwortlich Hier steht der Titel der Präsentation / der Referent 2. März 2011 25 Impfstoffe Früher: Verabreichung des abgetöteten Erregers Heute: Gentechnische Herstellung einzelner Eiweisse des Erregers, die als Impfstoff verabreicht werden können © istockphoto 2. März 2011 26 Gentherapie Erster Erfolg (1998) Injektion eines Gens, das Wachstum von Blutgefässen stimuliert erspart Fussamputation Erste Gentherapie in der EU zugelassen (2012) Fettstoffwechselkrankheit (Lipoproteinlipasedefizienz) Medikament ersetzt defektes Gen mit gesundem und stellt natürliche Körperfunktion wieder her Gefahren/Risiken Viren (Taxis) können Immunreaktionen auslösen (1999 Tod eines 18-Jährigen) Funktionierende Gene können ausgeschaltet werden Fortschritte/woran wird geforscht? Einbau auf bestimmte Stelle im Erbgut beschränken Immunreaktionen besser behandelbar oder vermeidbar Alternativen zu Viren = synthetische „Gentaxis“ Diverse klinische Studien: Morbus Parkinson, Onkologie etc. 27 Gentests Gentest Präimplantationsdiagnostik (PID) diagnostisch vorausschauend (prädiktiv) Gendiagnostikgesetz Pränataldiagnostik (PND) Regelt die Durchführung genetischer Untersuchungen beim Menschen Test muss vorbeugenden/therapeutischen Zweck haben oder Als Grundlage für Familien-/Lebensplanung dienen 29 Biomarker = messbares Merkmal einer Krankheit, einer normalen Körperfunktion oder einer pharmakologischen Antwort auf ein Medikament 30 Beispiel Brustkrebs HER2- Überexpression Erfolgsgeschichte geht weiter.. Überleben signifikant verlängert 2. März 2011 31 Personalisierte Medizin Definitionssache Personalisierte Medizin Precision Medicine Stratifizierte Medizin Biomarkerbasierte Medizin Massgeschneiderte Medizin Systemmedizin Individualisierte Medizin P4-Medicine Pharmako -genetik 33 Stratifizierte Medizin ist bereits Realität Gleiches Medikament – verschiedene Wirkung Wirksamkeit und Nebenwirkungen sind individuell Biomarker Gezielte Therapie Breites öffentliches Interesse Pille nach Mass Massenware war gestern. Die Zukunft gehört der massgefertigten Pille 35 Hype oder medizinischer Fortschritt? Severin Schwan, CEO Roche 36 Wovon sprechen wir? Von welchen Zeithorizonten? Heute Morgen Übermorgen Zukunft ? Personalisierte Medizin Biomarker Gezielte Therapien Individuelle Datengetrieben Instanttherapie Medizin Genom, X-omics Lebensstil •Struktur, Organisation Gesundheitswesen Umwelt •Vergütungsmodelle Social Media • Warp Antrieb •Gesundheitsbildung • Beamen •Training 37 Potenzial der personalisierten Medizin fordert Forschung, Industrie, Behörden, Medizin, Versicherer und Politik •Biomarker •X-omics Daten •Lebensstil •Umwelt •Social Media • In-silico • Tierversuche Evidenz • Kontrollierte Studien • Versorgungsforschung • Entschei • -dungen • • Medizin Recht Ethik Ökonomie Bis zu 10 Jahren 38 Was darf der Mensch? 39 Gesetzgebung in der Schweiz -Übersicht 1992 Verfassungsartikel in Bundesverfassung Art. 119 Humanbereich/Fortpflanzungsmedizin Art. 120 Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen • • Jede Art des Klonens ist untersagt Embryonen dürfen gentechnisch nicht verändert werden Embryonenspende und Leihmutterschaft sind verboten … Gutheissung (74% ) • 1998 Genschutzinitiative •Verbote: Herstellung transgener Tiere, Patentierung Gentechnikbereich, Freisetzung genetisch veränderter Organismen Ablehnung (66.7%) 2001 Fortpflanzungsmedizingesetz •Aufbewahren von Embryonen und Untersuchung im Reagenzglas verboten •PID momentan überarbeitet Gesetzgebung in der Schweiz -Übersicht 2004 Gen-Lex bzw. Gentechnikgesetz 2004 Stammzellforschungsgesetz • Strenge Leitplanken für Gewinnung und Erforschung embryonaler Stammzellen • Erlaubt Gewinnung von Stammzellen aus überzähligen Embryonen und Forschung an isolierten Stammzellen 2005 Gentechfrei-Initiative Annahme (55.7%) -> Moratorium 2007 Gendiagnostikgesetz 2010 Parlament verlängert Moratorium bis 2013 2012 Parlament verlängert Moratorium bis 2017 Internationale Abkommen Nationale Schweizer Gesetze streben Harmonisierung mit europäischem Recht an Diverse europäische Regelungen und internationale Abkommen, u. a. Bioethikkonvention verbietet Diskriminierung einer Person aufgrund Erbmaterial Veränderungen des menschlichen Erbgutes nur für therapeutische Zwecke Zusatzprotokoll über das Verbot des Klonens menschlicher Lebewesen Künstliche Erzeugung eines Menschen (reproduktives Klonen)national und international verboten Gentechnik? Hier steht der Titel der Präsentation / der Referent 2. März 2011 43 Chancen und Risiken gegenüberstellen Enorme Fortschritte durch Gentechnologie neue Fragen Erfolge, Hoffnungen, Hype, Ängste Was kann, muss, darf der Mensch? Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! [email protected] Tel: 061 264 34 44