Inhalt Arnd Florack Franz-Rudolf Esch, Jörn Redler, Cover mit Anzeige im Kleinformat 2 Beurteilung von Markenallianzen am Beispiel von Verpackungsentwürfen 10 Erfolgsfaktoren für Belegungsentscheidungen in Privatkrankenanstalten 22 Vom klassischen Sportsponsoring zur integrierten Kommunikation 26 Stabilität und Kontinuität von Länderimages dargestellt anhand einer Studie aus Indonesien 28 Integrierte Kommunikationsstrategie: Vom Briefing zum Erfolg 34 50 Jahre Werbung - Ein Rückblick aus der Sicht eines Wegbereiters! 36 2006 - Change Management im Pharma Marketing 40 Die Qualität von Ausbildungsinstitutionen in Werbung und Marketing 42 Personalia 46 Interio - Positionierung eines Einrichtungshauses 48 Forschung aus aller Welt: 50 Andrea Honal Bernd Fehrenbach Leodegar Pruschak Anje Reindl, Günter Schweiger Alice Nilsson Hans Schmid, Alexander Lonyay Robin Rumler Christina Urferer, Helmut Kurz Janet Kath Drum prüfe, wer die Kunden bindet Wolfgang Mayerhofer Florian Keusch Andrea Gröppel-Klein transfer - Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 MAFO-Splitter: Skalenkonstruktion 52 einBLICK: Überprüfung von Einflüssen 57 Literaturservice 60 Impressum 62 Buch des Quartals: Emotionen im Marketing 64 Service Andreas Strebinger Praxis Günter Schweiger, Der Fall „Adele“ Österreich musste das Gemälde von Gustav Klimt der rechtmäßigen Erbin zurückerstatten wurde von der Gewista zum Anlass genommen, mittels einer TeaserKampagne zu beweisen, wie stark das City Light wirkt und welche Awareness man mit diesem Medium erreichen kann. Vom 15. Februar bis zum 1. März 2006 wurde das Sujet „Ciao Adele“ an 300 City Light-Standorten in Wien affichiert. Bewusst war kein Absender angegeben. In der Nacht vom 1. auf den 2. März 2006 erfolgte die Auflösung: "Adele geht. Was bleibt: Werbung, die wirkt! Auf den City Lights der Gewista!“ Die Kampagne löste ein beachtliches Echo in den Medien und der breiten Öffentlichkeit aus: 30% Impact - 40% Gesamt-Recall - 64% Recognition. Strategische Werbekreativität und systematisches Kreativitätsmanagement Forschung Martin Scarabis, Werbekreativität Martin Scarabis, Arnd Florack Strategische Werbekreativität und systematisches Kreativitätsmanagement Nur wenn Einhelligkeit darüber besteht, was Kreativität im Kontext von Werbung bedeutet, kann die Qualität einer kreativen Lösung beurteilt werden, und nur dann können kreative Prozesse effizient gesteuert werden. In dem vorliegenden Beitrag wird ein wissenschaftlich fundierter Ansatz von Werbekreativität als zielorientierte Divergenz vorgestellt. Als Instrument zur Steuerung kreativer Prozesse wird die Anwendung einer Divergenz-Ziel-Matrix vorgeschlagen. genturen im Kommunikationsbereich verkaufen kreative Ideen. Doch welche Lösungen sind wirklich kreativ und zugleich werbewirksam? Um diese Frage zu beantworten, ist ein elaboriertes Kreativitätsverständnis Voraussetzung, das erstaunlicherweise in der Kommunikationspraxis nur in Ausnahmefällen die Grundlage von Entscheidungsprozessen ist. In dem vorliegenden Beitrag wird ein wissenschaftlich fundierter Ansatz von Werbekreativität als zielorientierte Divergenz vorgestellt. Dabei wird zur Präzisierung der Kreativitätskomponente Divergenz auf den Ansatz von Gaede (2002a, b) zurückgegriffen, der Kreativität als Herstellung von gezielten Normabweichungen auffasst. Die Orientierung an Zielen einer Werbemaßnahme, zum Beispiel im Hinblick auf die Werbewirkung, bietet darüber hinaus die Möglichkeit, die Vielzahl möglicher Divergenzoptionen auf solche zu beschränken, die die gewünschte Werbewirkung unterstützen. A 1. Forschungsfrage Es gehört zum Kerngeschäft von Werbe- und Kommunikationsagenturen, kreative Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Doch welche Werbemaßnahmen sind wirklich kreativ? Wie können kreative Prozesse gesteuert werden? Diese Fragen sind weniger leicht zu beantworten, als es zunächst scheint. In der alltäglichen Praxis der Agenturen werden die Kreativität und die zu erwartende Effektivität von Werbemaßnahmen meist eher intuitiv und auf der Basis der subjektiven Erfahrung eingeschätzt. Ein Bewertungsschema und ein systematisches Management von Kreativität finden nur sel- 2 ten Anwendung (Turner, 2004). In dem vorliegenden Beitrag stellen wir ein Konzept von Kreativität als „zielorientierte Divergenz“ vor, das sowohl die Abweichung vom Gewohnten und Bekannten (Divergenz) als auch die Zielorientierung im Hinblick auf die Ziele einer Kampagne berücksichtigt. Darüber hinaus erläutern wir, wie das Konzept der zielorientierten Divergenz als Grundlage eines effektiven Kreativitätsmanagements dienen kann. 2. Kreativität als zielorientierte Divergenz In der Forschung werden zur Beurteilung der Kreativität eines Produkts meist kriteriumsorientierte Maße verwendet (Plucker/Renzulli, 1999; Mumford/Gustafson, 1988). So wird zum Beispiel berücksichtigt, wie häufig ein Produkt oder eine Lösung von anderen als wertvoll und qualitativ hochwertig angesehen wird, wie viele Auszeichnungen und Preise es erhält und wie es von einer Jury von Experten beurteilt wird. Der „Art Directors Club“ (ADC), der als ein solches externes Kriterium zur Beurteilung von Werbekreativität gesehen werden kann, fordert von kreativer Werbung: Originalität (Neuartigkeit), Klarheit, Überzeugungskraft, Freude und Machart (Turner, 2004; ähnlich auch White/Smith, 2001). Trommsdorff und Becker (2001) erwähnen zusätzlich die Kriterien Risikobereitschaft, Ideenreichtum, Phantasie, Offenheit und Unabhängigkeit. Die Kriterien von ADC und Trommsdorff und Becker haben mit vielen anderen Ansätzen aus der Kreativitätsforschung gemeinsam, dass sie Neuartigkeit, Ungewöhnlichkeit und Un- vertrautheit als Kernmerkmal einer kreativen Leistung betrachten. Dieser Aspekt der Werbekreativität wird auch als „Divergenz“ bezeichnet (Smith/Yang, 2004). Die Abweichung von den Erwartungen und dem Wissen der Konsumenten ist aber nur eine Komponente von Kreativität. Eine zweite Kategorie von Kriterien betrifft die Relevanz oder Effektivität des kreativen Produkts (Smith/Yang, 2004). Der Gedanke, dass nicht jede ungewöhnliche Idee gleichzeitig kreativ ist, sondern sie angemessen, relevant und zielführend sein muss, ist Bestandteil vieler wissenschaftlicher Beiträge zum Kreativitätsthema (ElMurad/West, 2004). Während der kreativ Schaffende in der Kunst seine Ziele weitestgehend selbst bestimmen kann (z.B. Publikum erfreuen, irritieren, sich selbst ausdrücken), haben wir es bei Werbekreativität mit dem Sonderfall zu tun, dass sie von außen gesetzte Kommunikationsziele erreichen muss (El-Murad/West, 2004). In diesem Artikel verwenden wir daher ein Konzept von kreativer Werbung, dass Dr. Martin Scarabis, Wissenschaftlicher Assistent am Institut Sozialpsychologie, Persönlichkeitspsychologie, Organisationspsychologie Westfälische WilhelmsUniversität Münster. [email protected] Dr. Arnd Florack, Oberassistent am Lehrstuhl für Sozialund Wirtschaftspsychologie, Universität Basel. [email protected] transfer Divergenz als Kreativitätskomponente Zur Verwendung von Divergenz als Kreativitätskomponente im Alltag von Kommunikationsagenturen ist es wichtig, die Bedeutung von Divergenz stärker einzugrenzen. Ein hilfreicher Ansatz zur Klärung dieser Frage, stammt von Smith und Yang (2004). Sie erarbeiteten auf der Grundlage einer konzeptuellen Analyse 14 unterschiedliche Divergenzfaktoren (vgl. auch Torrance, 1987). Dazu gehören beispielsweise Originalität („Ideas that are rare, surprising, or move away from the obvious and commonplace“, S. 28), Synthese („... bring together items by combining, connecting, or blending normally unrelated objects or ideas“, S. 38) oder Fantasie („... generate non-real ideas, worlds, or creations, often marked by highly fanciful or supernatural elements“, S. 38). Ein weiterer Ansatz wurde von Gaede (2002a, 2002b) vorgelegt. Er klassifiziert werberelevante Normen in verschiedene Kategorien (Kommunikationsnormen, Gesellschaftsnormen, Wissensnormen, Erfahrungsnormen) und fasst gezielte Verstöße gegen diese Normen unter dem Kreativitätsprinzip ABWeichung zusammen. Dieses Prinzip ist nach Gaede (2002a) grundsätzlich dazu geeignet, unter den gegeben Bedingungen der Informationsüberlastung des Konsumenten (vgl. KroeberRiel/Esch, 2000) eine erhöhte Aufmerksamkeitswirkung, Verarbeitungstiefe und Gedächtniswirkung zu erzielen. Gaede orientiert sich bei seiner Argumentation damit im Wesentlichen am bekannten AIDAPrinzip1, bei dem davon ausgegangen wird, dass zur Entfaltung einer Werbewirkung, zunächst die Aufmerksamkeit (Attention) und das Interesse (Interest) von Konsumenten geweckt werden müssen, bevor die Konsumenten den Wunsch (Desire) entwickeln können, das Produkt zu besitzen und es schließlich kaufen (Action). Gaede (2002a; 2002b) und Smith und Yang (2004) haben insgesamt eine beeindruckende Systematisierung theoretisch möglicher Divergenzprinzipien für die Werbung zusammengestellt und dokumentiert. Allerdings wird in beiden Arbei- Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 ten der strategische Aspekt von Werbung nur oberflächlich berührt, indem divergenter Werbung pauschal eine positive Wirksamkeit attestiert wird. Tatsächlich allerdings dürften nicht alle der von Gaede dargestellten Abweichungsmöglichkeiten für eine zielgerichtet werbliche Kommunikation gleichermaßen geeignet sein, wie die folgende Diskussion beispielhaft aufzeigt. Zielorientierung als Kreativitätskomponente Es sind viele Werbungen vorstellbar, die ihre Wirkung verfehlen, obwohl sie neu und unbekannt sind und einem oder mehr der von Gaede (2002a; 2002b) und Smith und Yang (2004) genannten Divergenzkriterien entsprechen. Unsystematische Divergenz kann schädlich sein für die Wahrnehmung und Verarbeitung der Produktinformationen, für die Abspeicherung dieser Informationen im Gedächtnis, für das Produktimage und schließlich auch für das Image des Auftraggebers und seiner Produkte. Bei der Gestaltung von kreativer Werbung sind daher die Ziele der Werbung zu berücksichtigen. Dies betrifft zum einen kampagnenspezifische Ziele. Das heißt, es ist abzuwägen, in welchem Ausmaß die Ziele einer Kampagne, z.B. die Herausbildung eines spezifischen Produktimages, durch kreative Werbung erfolgreich umgesetzt werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, in welchem Maße eine kreative Werbung in allgemeiner Weise psychologische Wir kungsprozesse unterstützt oder behindert. Das heißt, es muss geprüft werden, ob die Werbung vom Konsumenten aufgenommen und verarbeitet wird und ob die Inhalte im Gedächtnis verankert werden. Kampagnenspezifische und unternehmensrelevante Werbeziele Kampagnenspezifische und unternehmensrelevante Werbeziele sollten idealerweise in der Briefingphase an Kreativ- und Strategieteam weitergegeben werden. Zu diesen Zielen gehören allgemeine Vorgaben (z.B. Erlangung einer bestimmten Position am Markt) und Vorgaben konkreter Art (z.B. Herausbildung eines bestimmten Produktimages). Zusätzlich sollten auch Werbekonstanten (Corporate Design, Claim) und Zielgruppenspezifizierungen angegeben werden (Schnettler/Wendt, 2003). Corporate Design-Vorgaben stellen ein wesentliches Mittel zur formalen Integrati- on von Maßnahmen im Rahmen einer integrierten Kommunikationsstrategie dar (Esch, 2003). Abweichungen vom Vertrauten sollten sich im Rahmen dieser Konstanten bewegen. Die Abstimmung von Corporate Design und konkreter Werbung betrifft einen formalen Aspekt der Anpassung kreativer Werbung an Produkt- und Unternehmensmarke (Brand-Fit), die zusätzlich natürlich auch bezüglich der Inhalte zu prüfen ist. Besondere Aufmerksamkeit bei der Gestaltung kreativer Werbung muss immer der Zielgruppe gewidmet werden. Im Bereich der Werbung ist dies insbesondere bei der gezielten Verletzung von sozialen, moralischen oder religiösen Normen relevant. Bestimmte Normverletzungen können in einer Zielgruppe als witzig und intressant empfunden werden, von einer anderen aber als unakzeptabel. Die Produktmarke, aber auch die Unternehmensmarke kann Schaden nehmen, wenn gruppenspezifische Normen nicht berücksichtigt werden. Ziele der allgemeinen Werbewirkung Die zielgruppenspezifischen Anforderungen an eine kreative Werbung sind aber nicht nur in Bezug auf die Inhalte, sondern auch in Bezug auf die Gestaltung relevant. Nehmen wir das Beispiel älterer Konsumenten ab 50 Jahren. Aus wahrnehmungsund kognitionspsychologischen Untersuchungen ist bekannt, dass im höheren Alter die Fähigkeit zum Umgang mit Komplexität abnimmt. Es würde sich daher bei dieser Zielgruppe verbieten, solche Divergenztechniken einzusetzen, die die Komplexität des Werbemittels erhöhen (ausführlich dazu Bieri, Florack/Scarabis, 2006). So könnte beispielsweise der Verstoß gegen typographische Normen, wie rückwärts geschriebener Text (vgl. Gaede, 2002b, S. 513), bei einer jüngeren Zielgruppe, nicht aber bei einer älteren Zielgruppe ein geeignetes Mittel sein, Divergenz zu schaffen, ohne die Werbewirkung zu behindern. Kreative Werbung muss also nicht nur von den inhaltlichen Kriterien eine Abstimmung auf die Ziele der Kampagn aufweisen, auch die Gestaltung sollte den Prozess der Verarbeitung der Werbung fördern. In vielen Fällen wird dabei eine Wirkung kreativer Werbung über eine tiefe Verarbeitung der Inhalte und eine starke, distinkte und positive Repräsentation des beworbenen Produkts im Konsumenten- 3 Forschung sowohl die Divergenz der Werbung als auch die Zielorientierung einschließt, und sprechen somit von zielorientierter Divergenz: Kreative Werbung = Divergenz + Zielori entierung = zielorientierte Divergenz Werbekreativität gedächtnis angestrebt. Das heißt, die Werbung muss vom Konsumenten wahrgenommen werden, die Botschaft muss verstanden werden und die Inhalte müssen im Gedächtnis verankert werden. Aufmerksamkeit und Wahrnehmung Das Divergenzprinzip der Werbung basiert auf der Annahme, dass durch eine kreative Gestaltung der Werbung die Bereitschaft gesteigert wird, sich dem Werbemittel zuzuwenden. Die erste Stufe in diesem Prozess ist die fokussierte Aufmerksamkeit auf das Werbemittel. Da kreative Werbung nach dem Prinzip ABWeichung ja durch Divergenz vom Vertrauten gekennzeichnet ist, stehen die Chancen nicht schlecht, tatsächlich die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erhaschen. Es ist schon lange bekannt, dass neuartige Informationen aus der Umwelt eine so genannte Orientierungsreaktion erzeugen, also vom Menschen etwas genauer betrachtet werden, um zu prüfen, ob sie für eine tiefer gehende Beschäftigung relevant sind (z.B. Berlyne, 1974). Letztendlich geht es aber nicht nur darum, dass das Werbemittel überhaupt vom Konsumenten betrachtet und als Werbung erkannt wird (Aufmerksamkeit), vielmehr ist wichtig, dass die zentralen Inhalte zur Kenntnis genommen werden. Die Wahrnehmung des Inhalts der Anzeige kann durch bestimmte Divergenztechniken gefährdet sein. Ein Beispiel ist die Abweichung von der erwarteten Bildlage (z.B. kopfüber, quer, schräg), die Gaede (2002b, S. 499) als Divergenzoption nennt. Lachmann (2003, S. 163) berichtet, dass „ 80 Prozent(!) der Testpersonen bei gedrehten Anzeigen weder den Kopf noch das Heft drehten.“ Eine gedrehte Anzeige mag zwar hervorstechen, kommuniziert aber inhaltlich möglicherweise nichts. In diesem Fall wäre die erzeugte Divergenz nicht vereinbar mit Zielen, die sich auf die kommunikative Wirkung der Werbung beziehen. Verstehen und Sinnhaftigkeit Werden die Inhalte einer Kampagne wahrgenommen, dann muss der Konsument durch das Zusammenfügen einzelner Elemente eine sinnvolle und eindeutige Bedeutung der Werbebotschaft erschließen. Im Sinne der Werbeeffektivität sollte dabei aber nicht nur irgendeine Botschaft aufgenommen werden, sondern der Rezipient muss eine Bedeutung erkennen, die mög- 4 lichst genau mit dem übereinstimmen sollte, was der Absender (Unternehmen, Marke) kommunizieren möchte (Jacoby/ Hoyer, 1989). Beispiele, bei denen diese grundlegende Voraussetzung erfolgreicher Kommunikation nicht erfüllt ist, finden sich in der viel beachteten Studie zum Verständnis von englischsprachigen Slogans (Endmark Trendstudie, 2003). Nur 8 Prozent der befragten Personen konnten z.B. den Slogan „One Group. Multi Utilities“ (RWE) halbwegs richtig übersetzen. Die Divergenzoption, von der Landessprache abzuweichen (Gaede, 2002b, S. 312), ist daher zumindest für kommunikationszentrale Inhalte nicht angezeigt (vgl. auch Gerritsen/Korzilius/van Meurs, 2000). Liking und Akzeptanz Gerade unter der Bedingung, dass es gelungen ist, den Betrachter tatsächlich zu einer weitergehenden Beschäftigung mit dem Werbemittel zu motivieren, ist es oft gewollt, dass die Werbung auch spontan gefällt (vgl. auch das ADC-Kriterium „Freude“, Turner, 2004). Gefallen kann dabei verschiedene Aspekte einschließen. Du Plessis (1994; 2005) hat die Beurteilung von mehr als 10.000 TV-Spots durch Konsumenten analysiert und festgestellt, dass eine positive Beurteilung von Werbung vor allem durch die drei Faktoren „Relevant news“ (neue, wichtige Informationen), „Empathy“ (Einfühlung, Realitätsnähe) und „Entertainment“ (Unterhaltsamkeit) erzeugt wird. Ablehnung der Werbung hingegen wird wahrscheinlicher bei „Familiarity“ (Vertrautheit), „Confusion“ (Verwirrung) und „Alienation“ (Entfremdung). Divergente Werbung, wird mit einer geringen „Familiarity“ einhergehen, sie birgt aber Gefahren in Bezug auf die Dimensionen „Empathy“ und „Confusion“. Wenn Kreativität im Wesentlichen in der Abweichung von Normen, also dem Üblichen, besteht, kann dadurch die Nachvollziehbarkeit und Identifikationskraft herabgesetzt sein. Der Konsument sieht zwar etwas ganz Neues, kann es aber nicht in sein Leben übertragen oder empfindet es als unglaubwürdig. Der größte Gefahrenpunkt besteht nach Du Plessis (2005) in der Verwirrung durch zu hohe Komplexität. Gedächtnis und Branding Kaufentscheidungen werden normalerweise nicht in der Situation des Werbekon- takts getroffen. Klassische Werbung muss daher in irgendeiner Weise den Weg in das Gedächtnis des Konsumenten finden und die wesentlichen kommunikationsrelevanten Inhalte müssen dort gespeichert werden. Zudem muss in der Situation der Kaufentscheidung die Marke aktiviert werden und in das „Consideration Set“ gelangen. Damit ein Kunde die Informationen aus der Werbung in seinem Gedächtnis „an die richtige Stelle packt“ ist es von zentraler Bedeutung, dass der Absender einer Kommunikationsmaßnahme (das Unternehmen, die Marke) erkannt wird. Wie wichtig dies ist, zeigen verschiedene Studien (Baker, Honea/Russell, 2004; Stewart/Furse, 2000; Stanton/Burke, 1998; Walker/von Gonten, 1989), die belegen, dass solche TV-Spots eine bessere Wirkung entfalten, in denen die Marke früh und häufig auftaucht. Strebinger (2002) umschreibt dies mit dem anschaulichen Satz, „wer zu spät markiert, den bestraft das Leben“. Die Werbewirkungsziele und empirische Evidenz engen auch hier die von Gaede (2002a; 2002b) genannten Divergenzoptionen ein. Die Abweichung von der werbebezogenen Norm "Werbung zeigt den Markennamen" (Gaede, 2002b, S. 140) mag für Marken interessant sein, die über die Zeit hinweg ein starkes eigentypisches Bild im Kopf der Konsumenten verankert haben (z.B. Marlboro). Dies ist aber keine Option für Marken, denen eine derartig starke Verankerung fehlt. Die im Folgenden dargestellte Divergenz-Ziel-Matrix kann als Steuerungselement des kreativen Prozesses in der Praxis dienen, um zu erfassen, ob die geplante Divergenz mit den psychologischen und kampagnenspezifischen Zielen kongruent ist. Nicht strategierkonforme Ideen werden nicht nach diesen Kriterien überprüft, da sie unabhängig von ihrer potentiellen Wirksamkeit nicht realisiert werden sollten. 3. Die Divergenz-Ziel-Matrix als Tool zum Kreativitätsmanagement Ziel-M Matrix werden In der Divergenz-Z wesentliche Komponenten kreativer Werbung zusammengeführt (Abbildung 1), um eine konkrete Werbeidee hinsichtlich ihres Kreativitätspotentials zu beurteilen. Dazu wird das Ausmaß der Divergenz eingeschätzt. Hierbei kann als Leitfaden die Systematisierung von Gaede (2002a; 2002b) genutzt werden, um den Beurteilern in Vorinformationen zu verdeutlichen, was Divergenz bedeutet, d.h. in welchen Erschei- transfer Inserat „Die Presse“ 1/1, 4c Werbekreativität Abb. 1 Divergenz-Ziel-Matrix nungsformen sie auftritt und beobachtbar wird. Die befragte Person wird so eher eine kriteriengeleitete Einschätzung vornehmen und weniger „impressionistisch“ urteilen. Haberland und Dacin (1992) zeigen, dass eine differenzierte Kreativitätsmessung anhand verschiedener Kriterien dem einfachen Eindrucksurteil überlegen ist. Die Einschätzung des Ausmaßes der Divergenz (Divergenz-Check) dient dazu, sich ein begründetes Gesamturteil zu bilden. Die Beurteilung kann dabei mittels, in der Forschung häufig verwendeter, Skalen zur Kreativitätsmessung vorgenommen werden (Haberland/Dacin, 1992; White/ Smith, 2001), z.B. „Diese Werbeidee ist einzigartig - gewöhnlich, abgenutzt - frisch, üblich - unüblich, vorhersagbar - überraschend, originell - konventionell“. Die Zielorientierung wird in Bezug auf die allgemeinen psychologischen Werbewirkungsziele und die kampagnenspezifischen Ziele in ähnlicher Art und Weise eingeschätzt. Hier Beispiele zu den Zielen Aufmerksamkeit, Akzeptanz und Liking: · Personen aus der Zielgruppe werden beim Kontakt mit dem Werbemittel sehr schnell die kommunikationsrelevanten Komponenten (Marke, Produkt, main point) wahrnehmen (sehr unwahrscheinlich - sehr wahrscheinlich). · Die Werbeidee vermittelt dem Konsumenten neue und relevante Informationen in Bezug auf den Funktions-, Ausdrucks- oder Erfahrungsnutzen (kaum - sehr stark). 6 · Die Werbeidee berücksichtigt die begrenzte Aufnahmekapazität der Konsumenten. Sie ist nicht zu komplex oder unverständlich (stimmt genau - stimmt gar nicht). 4. Anwendungspotential für die Praxis Die Divergenz-Ziel-Matrix kann bereits in der Phase der Werbekonzeption genutzt werden, wenn es darum geht, geeignete von ungeeigneten Ideen zu unterscheiden und dann die erfolgversprechendsten Konzepte weiter zu verfolgen. Weiterhin kann das Beurteilungssystem genutzt werden, um den Output von Teams und ganzen Agenturen systematisch zu beurteilen, z.B. um agenturinterne Kreativitätsbenchmarks aufzubauen. Es geht dabei vorrangig um eine fundierte und möglichst genaue Beurteilung des kreativen Produkts. Zudem sind positive Aspekte bei der internen Kommunikation zu erwarten. Wenn sich die Agentur auf den hier vorgeschlagenen Kreativitätsbegriff verständigt, wird deutlich, dass die Abteilungen "Strategie" und "Kreation" gleichermaßen zur Entwicklung eines kreativen Produkts auf hohem Niveau beitragen. Hierdurch werden Reibungsverluste und Kommunikationshemmnisse unwahrscheinlicher, die aus unterschiedlichen Kreativitätsauffassungen (vgl. Koslow, Sasser/Riordan, 2003), unterschiedlichen Gruppennormen (AdarvesYorno, Postmes/Haslam, in Druck) und unterschiedlichen Rollen (Hirschman, 1989) resultieren können. Dies bedeutet eine Optimierung des kreativen Prozesses. Ein weiterer Einsatzbereich ist die Steuerung der Personalentwicklung, zum Beispiel die Schulung der Mitarbeiter. Um kreative Werbung im Sinne des oben definierten Begriffs erzeugen und erkennen zu können, müssen Personen profundes Wissen und profunde Fähigkeiten aus dem Bereich von Kreativitätstechniken haben. Diese können durch entsprechende Trainings vermittelt werden (vgl. zur Wirksamkeit von Kreativitätstrainings: Birdi, 2004; Scott/Leritz/Mumford, 2004a; 2004b). Hinzu kommt die Notwendigkeit des Wissens um die psychologische Wirkung von Werbung, die die Mitarbeiter im Selbststudium (geeignet dazu Felser, 2001; Lachmann, 2003) oder durch entsprechende Schulungsmaßnahmen erwerben können. Der Ansatzpunkt sind hier die kreativen Personen. Die mit der Divergenz-Ziel-Matrix definierten Qualitätskriterien dürften auch bei der Kommunikation nach außen (z.B. zwischen Agentur und Auftraggeber) auf Akzeptanz stoßen, da sie auf wissenschaftlicher Grundlage entwickelt wurden. Zudem sind gleichzeitig die nach Trommsdorff und Becker (2001) wesentlichen Kreativitätskriterien aus der Praxis integriert, was auch der intuitiven Nachvollziehbarkeit dient. Das Vorhandensein begründeter und nachvollziehbarer Standards dient der Imagebildung (Professionalität) der Agentur und kann als Argumentationshilfe dienen, den Kunden für ungewöhnliche Ideen zu gewinnen. Darüber hinaus werden Kriterien der Werbewirkung, wie sie in der Divergenz-Ziel-Matrix aufgenommen sind, auch in üblichen Werbepretests getestet (z.B. Rennert/Beisswenger, 2002). Eine frühzeitige Beschäftigung mit der Frage, ob ein Werbemittel auch diese Kriterien erfüllt, dürfte im Sinne aller Beteiligten sein. Ein Nachteil der Arbeit mit der Divergenz-Ziel-Matrix ist der damit verbundene Aufwand. Es kostet Zeit, sich mit den Aspekten Divergenz und Werbewirkung auseinanderzusetzen, den Kreativitätsbegriff in der Agentur zu verankern und das System der eigenen Situation anzupassen. 5. Elemente eines ganzheitlichen Kreativitätsmanagements: Bereiche und Maßnahmen Die vorangehenden Ausführungen zeigen, dass sich ein elaboriertes Kreativitäts- transfer verständnis nicht nur auf das kreative Produkt - die Werbemaßnahme - alleine bezieht, sondern auch Implikationen für den Prozess der Produktentwicklung, für die beteiligten Personen und die Umgebung hat. Die Berücksichtigung dieser vier Ebenen Perspektive, wobei bezeichnen wir als 3PU-P die drei „P“ für Personen, Prozesse und Produkt stehen und das „U“ für die Umwelt (Abbildung 2). Alle vier Ebenen sind relevant für die Entstehung eines kreativen Produkts (Klebba/Tierney, 1995; Rhodes, 1961). Personen haben unterschiedliche Persönlichkeiten und ein unterschiedliches kreatives Potential (Feist, 1998; Martindale, 1999). Es gibt Prozessabläufe, die mit größerer Wahrscheinlichkeit zu einem kreativen Produkt führen als andere (Mumford/Gustafson, 1988; Wallas, 1926). Ebenso kann ein Umfeld, wie das Organisationsklima oder die Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber, kreative Prozesse fördern oder hemmen (Amabile, 1990; Csikszentmihaly, 1990). Das Produkt selbst kann schließlich, wie beschrieben, auf seine zielorientierte Divergenz eingeschätzt werden. Abb. 2 che Merkmale die organisationale Umgebung haben sollte, um Kreativitäts- und Innovationsprozesse zu fördern (z.B. Andriopoulos, 2001). Zudem stehen diesbezügliche Instrumente zur Organisationsdiagnose bereit (vgl. Mathisen/Einarsen, 2004) sowie konkrete Maßnahmen, das Kreativitätspotential zu fördern (Bullinger/Herrmann, 2000). Ähnlich praxisnahe Befunde gibt es auch zu den anderen Teilbereichen aus der 3PU-Systematik. Um die Fruchtbarkeit dieser Überlegungen zu verdeutlichen, werden nun abschließend noch einige Beispiele genannt. Die Schaffung von zielorientierter Divergenz setzt voraus, dass die zu erreichenden Ziele den relevanten Personen bekannt sind, keine Zielkonflikte vorliegen und auch die wichtigen Rahmenbedingungen geklärt sind. Um dies zu gewährleisten, sind zum Beispiel die externen (Agentur-Kunde) und internen (Kontakter-Kreativteam) Kommunikationsprozesse zu optimieren. Zunächst ist natürlich im Rahmen der Agentur-Kunden-Beziehung ein Briefing wichtig, welches die wichtigen Informatio- 3PU-Perspektive muliert sein. Allgemeine Absichtserklärungen, Globalziele oder unklare Formulierungen sollten vermieden werden (Steffenhagen/Siemer, 1996). Die Kommunikation der Zielvorstellungen innerhalb der Agentur sollte ebenfalls so weit wie möglich standardisiert und optimiert werden (Sutherland/Duke/Abernethy, 2004). Auf diese Art und Weise werden kreative Prozesse erfolgsorientiert durch ein systematisches Kommunikations- und Wissensmanagement gesteuert. Werden ein elaborierter Qualitätsbegriff und Qualitätsstandards innerhalb der Agentur etabliert, kann dies dazu dienen, die Leistung von Teams und Individuen anhand nachvollziehbarer Kriterien zu bewerten, was eine positive Feedbackwirkung entfalten dürfte. Zudem können Zielvereinbarungen mit Mitarbeitern abgeleitet werden. Feedback und Zielvereinbarungen sind geeignet, um die Kreativität zu steigern (Carson/Carson, 1993). Auf der Ebene der Personen als Mitglieder von kreativen Teams, kann durch ein entsprechendes Personalmarketing, eine fundierte Personalauswahl und eine zielorientierte Personalentwicklung dazu beigetragen werden, Mitarbeiter mit einem hohen Kreativitätspotential anzusprechen, auszuwählen und zielbezogen zu fördern. Auch die Zusammensetzung von Projektteams kann kreativitätsfördernd gestaltet werden. Die Teammitglieder sollten aus Personen bestehen, die aufgabenrelevante Fähigkeiten und Fachwissen haben. Gleichzeitig sollte das Team insgesamt über einen breiten, heterogenen Hintergrund verfügen, z.B. bezüglich Alter, Geschlecht, Ausbildung und Länge der Zugehörigkeit zur Organisation (West/Hirst/Richter/Shipton, 2004). 6. Resümee Die 3PU-Perspektive bietet einen interessanten Ansatzpunkt zu einem ganzheitlichen Kreativitätsmanagement, das alle angesprochenen Aspekte integriert. Aus der Forschung zur Organisationspsychologie, aus der Managementforschung und der Innovationsforschung sind mittlerweile Erkenntnisse darüber hervorgegangen, wel- Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 nen und Zielvorstellungen enthält. Zudem ist bereits an dieser Schnittstelle dafür zu sorgen, dass es nicht zu einer Zielüberfrachtung kommt, da eine solche „Zielinflation“ die Wahrscheinlichkeit des Erzeugens kreativer Lösungen behindert (Trommsdorff, 2003). Außerdem müssen die vereinbarten Ziele spezifisch genug for- Zu Beginn dieses Beitrags wurde festgestellt, dass für Agenturen aus dem Kommunikationsbereich die Kreativität der produzierten Lösungen ein zentrales Leistungsmerkmal darstellt und es sich daher lohnen sollte, systematisch auf eine exzellente Performance hinzuarbeiten, die von Mitarbeitern und Kunden nachvollzogen werden kann. Ein ganzheitliches Kreativitätsmanagement hilft den Agenturen dies zu erreichen. Darüber hinaus sind weitere positive Effekte zu erwarten. Innovationen beziehen sich nämlich nicht immer nur auf das Kernprodukt, sondern betreffen häufig 7 Werbekreativität auch Arbeitsabläufe oder auch die Entwicklung neuer Produkte. Auch diese Prozesse vollziehen sich am ehesten, wenn alle Komponenten (3PU) für ein hohes Kreativitätspotential sorgen. Literatur Adarves-Yorno, I./Postmes, T./Haslam, S.A. (in progress): Social identity and the recognition of creativity in groups. British Journal of Social Psychology. 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White, A./Smith, B. L. (2001): Assessing advertising creativity using the Creative Product Semantic Scale. Journal of Advertising Research, 6, 27-34 Fußnote 1 Es kann hier nur am Rande darauf hingewiesen werden, dass die Prozesse, die das AIDA-Prinzip und ähnliche Modelle annehmen, nur dann ablaufen können, wenn in der Situation des Werbekontakts neben der Motivation, auch die Fähigkeit und Gelegenheit zur Informationsverarbeitung gegeben sind. transfer Inserat „ULG - Hr. Mayer“ 1/1, 4c Markenallianzen Franz-Rudolf Esch, Jörn Redler, Anrea Honal Beurteilung von Markenallianzen am Beispiel von Verpackungsentwürfen Da die veränderten Rahmenbedingungen neue Herausforderungen an das Markenmanagement stellen, setzen immer mehr Unternehmen auf die Markendehnungsstrategie und die Bildung von Markenallianzen, um vorhandene starke Marken besser zu kapitalisieren. Im Rahmen der dargestellten Kommunikationsstudie wird nachgewiesen, dass die Beurteilung der Markenallianz in Richtung derjenigen Marke verzerrt ist, die im Hinblick auf die Verpackungsgestaltung dominant kommuniziert wird. 1. Relevanz von Markenallianzen für das Markenmanagement Durch die wachsende Informationsflut, den hohen Kommunikationsdruck sowie den zunehmenden Wettbewerbsdruck der Marken wird es immer schwieriger, neue Marken in den Köpfen von meist wenig involvierten Konsumenten zu platzieren. Angesichts der hohen Floprisiken bei Produktneueinführungen und der hohen finanziellen Aufwendungen bei der Einführung neuer Marken (Tauber, 1988; Aaker, 1990, S. 47) setzen immer mehr Unternehmen auf die Markendehnungsstrategie anstelle der Neumarkenstrategie zur Einführung neuer Produkte. Man erwartet sich dadurch eine schnellere Durchdringung des Produktes als bei Einführung einer neuen Marke, da man von der Bekanntheit und dem Image der vorhandenen Marke profitiert. Im Zuge des positiven Imagetransfers der Partnermarken auf die Allianz und des entsprechenden Rücktransfers können zudem Synergieeffekte und Kosteneinsparungen erzielt werden. Eine weitere Strategie zur Markenkapitalisierung ist, neben der Markendehnung, die Bildung von Markenallianzen1. Unter Markenallianzen wird die gemeinsame Darbietung mehrerer Marken bei der Markierung eines Angebots verstanden, wie bspw. eine Schokolade von Milka und Kellogg's, ein Computer von Fujitsu und Siemens oder eine Kreditkarte von Mastercard und Lufthansa (Simonin/Ruth, 1998; Esch/ Redler, 2005). Dabei sind Markenallianzen nicht nur stark im Lebensmittelmarkt ver- 10 treten (Bengtsson, 2002, S. 2), sondern auch im Gebrauchsgüter- oder Dienstleistungsbereich. Durch die Bildung einer Markenallianz wird die Kraft von mindestens zwei Marken gebündelt, so dass sich entsprechende Vorteile gegenüber der Nutzung einer einzigen Marke ergeben (Esch, 2005). So nutzen die Marken Samsung und Bang & Olufsen ihre individuellen Kompetenzen und die sich ergänzenden Markenimages gemeinsam bei der Vermarktung des Mobiltelefons „Serene“. In diese Markenallianz bringt Samsung die technische Kompetenz und Bang & Olufsen die Designkompetenz ein, obgleich beide Marken auch weiterhin eigenständig am Markt auftreten. Die positiven Effekte einer Markenallianz belegen Ergebnisse einer Untersuchung der American Marketing Association deutlich. In dieser Studie wurden Konsumenten hinsichtlich ihrer Kaufbereitschaft für ein digitales Bildbearbeitungsprodukt befragt. 80% gaben an, dass sie ein gleichzeitig unter den Namen Kodak und Sony angebotenes Produkt kaufen würden. Hingegen äußerten nur 20% der Befragten eine Kaufabsicht, wenn das Produkt ausschließlich unter Sony oder nur unter Kodak am Markt angeboten werden würde (Blackett/Russell, 1999, S. 19). Hierbei ergänzen sich die verschiedenen Vorstellungen zu den Marken in den Köpfen ideal und wirken sich positiv auf das Konsumentenverhalten aus (Abbildung 1). Obwohl Markenallianzen von hoher praktischer Relevanz sind, werden diese erst seit einigen Jahren auch aus wissenschaftli- cher Perspektive genauer untersucht. Nach ersten empirischen Erkenntnissen spielen für Markenallianzen folgende Erfolgskrite rien eine entscheidende Rolle: 1. Die Marken, die miteinander kombiniert werden, sollten im weitesten Sinne zueinander passen. So wäre bspw. die Kombination einer Luxusmarke mit einer Billigmarke wenig zweckmäßig. Dieser Markenfit ist grundlegend für eine erfolgreiche Kooperationsstrategie. Studienergebnisse bestätigen eine positive Beziehung zwischen Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch, Universitätsprofessor für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing an der Justus-Liebig-Universität Gießen (www.imkgiessen.de), Direktor des Instituts für Marken- und Kommunikationsforschung Gießen und Gründer von ESCH. The Brand Consultants, Saarlouis (www.esch-associates.de). Dr. Jörn Redler, ehem. wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Marken- und Kommunikationsforschung Gießen, derzeit Teamleiter Marketing bei Madeleine Mode GmbH, Zirndorf. Dipl-Kffr. Andrea Honal, Projektmitarbeiterin und externe Doktorandin am Institut für Marken- und Kommunikationsforschung Gießen. andrea.k.honal@ imk-giessen.de transfer Sich ergänzende und verstärkende Markenvorstellungen von Sony und Kodak traler Bedeutung. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden ein Ansatz erläutert, der die Urteilsbildung bei Markenallianzen als Anchoringphänomen modelliert. 2. Ankerheuristiken zur Erklärung der Urteilsbildung gegenüber Markenallianzen dem Markenfit und der Beurteilung der Markenallianz (Park/Jun/Shocker, 1996, S. 456 ff.; Simonin/Ruth, 1998, S. 33 ff; Baumgarth, 2003). 2. Zudem müssen sich die beteiligten Marken hinsichtlich der vorhandenen Gedächtnisstrukturen bei den Konsumenten so ergänzen, dass sich mit ihnen verbundene Vorstellungen mit Relevanz für die neue Produktkategorie gegenseitig vervollständigen. Dies wird als Komplementa rität der Marken bezeichnet (Park/Jun/ Shocker, 1999). Markenallianzen, die sich hinsichtlich relevanter Produkteigenschaften ergänzen, werden positiver beurteilt als solche mit weitestgehend identischen Eigenschaften. 3. Der wahrgenommene Produktfit im Rahmen einer Markenallianz stellt einen wichtigen Einflussfaktor dar (Simonin/ Ruth, 1998). Der Produktfit wird als die Ähnlichkeit zu den bisherigen Produkten der an der Markenallianz beteiligten Marken definiert. Ferner spielt die Vertrautheit der Konsumenten mit den involvierten Marken eine wichtige moderierende Rolle für die Beurteilung der Markenallianz (Simonin/Ruth, 1998). 4. Darüber hinaus übt die Anordnung der beteiligten Marken einen wesentlichen Einfluss auf die Wirkungsweise der Markenallianz aus (Park/Jun/Shocker, 1999), wie bspw. Fit for Fun-Kölln oder Kölln-Fit for Fun zwischen der Zeitschrift Fit for Fun und der Müslimarke Kölln. 5. Zudem sollten die Marken eine gewisse Markenstärke aufweisen, die sich in einem entsprechendem Markenwissen äußert (Simonin/Ruth, 1998, S. 33 ff; Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 Rao/Qu/Ruekert, 1999, S. 261 ff; Washburn/Till/Priluck, 2000). 6. Durch die "Anchoring-and-Adjustment"-Theorie (Tversky/Kahneman, 1974) kann die Rollenverteilung innerhalb der Markenallianz, d.h. welche Marke die Führungs- und welche die Ergänzungsrolle übernimmt, erklärt werden. Dies belegen Untersuchungsergebnisse (Redler, 2003). Die Ankerbildung wird wesentlich durch die Bekanntheit, die Markenschemastärke, den Markenfit, den Produktkategoriefit sowie die kommunikative Gestaltung, die im Folgenden näher betrachtet wird, beeinflusst. Je stärker die relative Ausprägung dieser Faktoren bei einer Marke ist, desto eher ist zu erwarten, dass diese die Rolle der Ankermarke einnimmt und das Urteil zur Markenallianz in Richtung dieser Marke verzerrt wird (Redler, 2003; Esch/Redler, 2005). Um die angestrebten Wirkungen, wie z.B. eine positive Beurteilung der Markenallianz und einer damit verbundenen Kaufbereitschaft, zu erzielen, müssen die Kunden die Markenallianz zuerst akzeptieren. Für die Akzeptanz einer Markenallianz sind die Urteilsprozesse bei der Informationsverarbeitung wichtig. Diese bestimmen bei der Wahrnehmung einer Markenallianz, ob diese als "sympathisch" oder "ansprechend" von den Konsumenten empfunden wird und welche weiteren Inhalte in der Vorstellung der Kunden hervorgerufen werden. Dies beeinflusst die tendenziell positive oder negative Einstellung gegenüber der Markenallianz. Deshalb ist die Untersuchung der konsumentenbezogenen Urteilsprozesse bei Markenallianzen von zen- Die Urteilsbildungsprozesse sind ein zentrales Element der menschlichen Informationsverarbeitungsprozesse (Plous, 1993; Fiedler, 1996). Sie sind sowohl Resultat als auch Zwischenergebnis und Input bei Verarbeitungsprozessen. Dies hat weit reichende Folgen für die Wirkungen von Markenallianzen auf die Konsumenten. Inwieweit ein Urteilsprozess mehr oder weniger kognitiv kontrolliert wird, hängt von dem Involvement der Konsumenten ab, also von ihrem Engagement bzw. der Ich-Beteiligung, sich einer Markenallianz zu widmen (Esch, 2005). Bei gering involvierten Konsumenten laufen die Prozesse weniger aktiv (Assael, 1995, S. 237) und mit geringerer Verarbeitungstiefe ab (Craik/ Lockhart, 1972; Olson, 1980). Zudem werden vereinfachende Strategien, wie die Nutzung von Schlüsselinformationen, bevorzugt herangezogen (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S. 298 ff). Diese vereinfachenden Strategien werden als Heuristiken bezeichnet, also Faustregeln, welche ein hinreichend genaues Urteil bei einem geringen Verarbeitungsaufwand ermöglichen (Brandner/Kompa/Peltzer, 1989, S. 124 f; Plous, 1993, S. 109; Bösel, 2001, S. 302; Brehm/Kassin/Fein, 2002, S. 104 f). Wegen des nicht perfekten Zusammenhangs zwischen dem heuristischen Hinweisreiz und der tatsächlichen Ausprägung der Urteilsdimension ergeben sich jedoch systematische Verzerrungen (Fiedler, 1996, S. 148), die sich für das Individuum nur unter bestimmten Bedingungen negativ auswirken können. Da gerade im Konsumgüterbereich viele Markenallianzen mit geringem Involvement beurteilt werden, ist mit einer flüchtigen Einschätzung unter Rückgriff auf einfache Faustregeln zu rechnen. Bei hohem Konsumenteninvolvement laufen verstärkt extensive Beurteilungsprozesse ab. Diese erfolgen mit relativ hoher Verarbeitungstiefe (Craik/Lockhart, 1972; Olson, 1980), wobei viele Eigenschaften des Objektes bewertet und diese Bewertungen dann integriert werden. Studien belegen, dass selbst unter solchen Bedingungen Urteilsbildung stets Verzerrungen unter- 11 Forschung Abb. 1 Markenallianzen liegt und Heuristiken verwendet werden (Tversky/Kahneman 1974; Switzer/ Sniezek, 1991; Plous, 1993; Wilson/Houston/Etling/Brekke, 1996; Kroeber-Riel/ Weinberg 2003, S. 368 ff). Somit sind die Urteilsheuristiken bei geringem und hohem Involvement elementarer Bestandteil konsumentenbezogener Urteilsbildung. Ein besonders relevanter Zugang für die Erklärung der Urteilsbildung gegenüber Markenallianzen ist die Anchoringheuristik (Redler, 2003; Esch/Redler, 2005). Nach den Aussagen der Anchoringheuristik werden Urteile unter Unsicherheit gebildet, indem ein Hinweisreiz als Ausgangsbasis für das Urteil herangezogen (Anker) und dieses dann nach oben oder unten adjustiert wird (Tversky/Kahneman, 1974, S. 1128). Es handelt sich um die Assimilation von Schätzungen an einen Vergleichsstandard (Mussweiler/Strack, 1999, S. 137). Diese Konzeption ist für Markenallianzen deshalb von großem Interesse, weil in ihr explizit zwei Werte zu einem Urteil integriert werden. Im Hinblick auf das Modell der Anchoringand-Adjustment-Theorie lässt sich das Urteil zur Markenallianz aus dem bereits bestehenden Urteilswissen zu den beteiligten Marken erklären. Danach kann der Prozess der Urteilsbildung wie folgt beschrieben werden: Zuerst wird das Urteil zu einer Marke abgerufen und als vorläufiger Ankerwert übernommen. Anschließend wird das Urteil zur zweiten Marke berücksichtigt und das temporäre Urteil in dessen Richtung verändert, bis ein akzeptabler Wert erreicht wird. Das finale Urteil entsteht als ein Integrationsresultat aus den Urteilen zu den beteiligten Marken. Die Bewertung der Markenallianz ergibt sich folglich als ein gewichteter Durchschnitt aus den Bewertungen zu den einzelnen Marken, wobei dieses Urteil in die Richtung der Ankermarke verzerrt ist (Redler, 2003). Hierbei übernimmt eine Marke die Führungsrolle und wird zur Ankermarke. Durch die zweite Marke, welche die Ergänzungsrolle übernimmt, erfolgt eine Adjustierung (Esch, 2005). 3. Einfluss der kommunikativen Gestaltung auf die Urteilsbildung bei Markenallianzen Studienmethodik und Hypothesenableitung Zur Überprüfung der Anchoringeffekte bei Markenallianzen wurde am Institut für 12 Marken- und Kommunikationsforschung an der Justus-Liebig-Universität in Gießen eine Reihe von Studien durchgeführt (vgl. ausführlich hierzu Redler, 2003), wobei im Folgenden die Kommunikationsstudie vorgestellt wird. Der Studie lag die Überlegung zugrunde, dass sich Anchoringeffekte als Urteilsverzerrungen in Richtung eines Ankerwertes äußern (z.B. auch Plous 1993; Mussweiler/Strack/Pfeiffer, 2000). Für Markenallianzen bedeutet dies, dass das Urteil zu einer der beteiligten Marken einen Anker für das Urteil zur Markenallianz darstellen kann. Messtheoretisch lassen sich Urteilsverzerrungen durch den Vergleich der Abstände zwischen den Urteilen zur Markenallianz und zu den einzelnen Marken erfassen. Sind die Abstände zwischen dem Urteil zur Markenallianz und dem Urteil zu einer der beteiligten Marken, d.h. in eine Richtung, konsistent geringer, ist ein Ankereffekt zu Gunsten dieser Marke anzunehmen. Verteilen sich diese Verzerrungen jedoch eher zufällig auf beide Richtungen, kann keine der beiden Marken als Anker für das Urteil zur Allianz betrachtet werden. Zur Erfassung der relevanten Abstände zwischen den Urteilswerten wurden sowohl die Urteile zur Markenallianz als auch zu den einzelnen Marken durch betragsmäßige Subtraktion ermittelt. Dies setzt die Erhebung der Urteile der gleichen Person zu verschiedenen Objekten voraus. Die Ermittlung der Abstände zwischen den Urteilen erfolgte in der Kommunikationsstudie anhand von elf markenspezifischen Items, die aus einer Skalenentwicklung hervorgingen. Über alle Items2 des Messinstruments wurden die Abwei chungsquadratsummen zwischen den Urteilen zur fiktiven Allianz und denen zu den beiden Marken berechnet. Durch die Quadratur der Abweichungen erfolgt eine Gleichrichtung und eine stärkere Gewichtung der Abweichungen. Damit verwandt ist das Distanzmaß D, die so genannte Globaldistanz (Cronbach/Gleser, 1953; Osgood/Suci/Tannenbaum, 1957). Es drückt die lineare Distanz zwischen zwei Bewertungen aus und berücksichtigt einerseits die Profilvariationen und andererseits die Mittelwertdifferenzen der Profile. Mathematisch gesehen, handelt es sich bei D um die Wurzel aus der Abweichungsquadratsumme. Ferner wurde zur Beurteilung der Ähnlichkeit der relevanten Itemprofile Korrelation nach Hofstätter (1966, die Q-K S. 258 ff.) herangezogen. Diese beschreibt anhand eines Koeffizienten Q, der zwischen den Grenzen +1,00 (maximale Ähnlichkeit) und -1,00 (Gegensätzlichkeit) liegt, wie ähnlich sich zwei Profile verhalten. In der Kommunikationsstudie wurden alle Urteile schriftlich erhoben, wobei die Fragebögen in drei Blöcke aufgeteilt waren. Ein Block enthielt die Urteilsabfragen zu der relevanten Markenallianz, die beiden anderen Blöcke die Fragen zu den beteiligten Marken. Zwischen den Urteilsabfragen sind unterschiedliche Ablenkungsaufgaben eingesetzt worden, die inhaltlich auf den vorgetäuschten Untersuchungsgegenstand zur Vermeidung der Sensibilisierung der Probanden für den eigentlichen Studienzweck abgestimmt waren. Im Rahmen der Untersuchung wurden fiktive Markenallianzen aus real existierenden Marken als Stimuli eingesetzt (Redler, 2003). Neben intern abrufbaren Reizen wie dem Markenwissen der Probanden spielen auch extern abrufbare Reize eine wichtige Rolle. Demnach sollte es möglich sein, das Urteil zu einer Markenallianz kommunikativ zu beeinflussen. Im Hinblick auf die Verpackungsgestaltung der Markenallianz sollte das Urteil in Richtung derjenigen Marke verzerrt sein, deren Markenelemente bei der kommunikativen Gestaltung dominant vertreten sind, wie bspw. eine lila Verpackung bei der Markenallianz von Milka und Uncle Ben's. Das Urteil wäre demnach in Richtung der Marke Milka verzerrt. Darstellung der Kommunikationsstudie Zur Überprüfung der Forschungshypothese wurden zwei kommunikative Umsetzungen einer identischen Markenallianz miteinander verglichen. Hierbei lag der Fokus auf der Verpackungsgestaltung der Markenallianz. Die Umsetzungen unterschieden sich dadurch, dass eine Variante durch typische Markenelemente der ersten Partnermarke geprägt war, hingegen die zweite Variante dominant markentypische Elemente der zweiten Marke enthielt. Dadurch sollte die Kommunikation, also die Verpackungsgestaltung, manipuliert werden. In der Studie wurde zu beiden Stimuli als abhängige Variable die Beurteilung zur Markenallianz gemessen und hinsichtlich ihrer Urteilsverzerrung analysiert. Basierend auf den Annahmen müsste die Urteilsverzerrung in den Untersuchungsbedingungen jeweils in Richtung der dominant kommunizierten Marke verzerrt sein. transfer Inserat „Manstein Verlag“ 1/1, 4c Markenallianzen Auswahl der fiktiven Markenallianz und der Stimuli Zur Hypothesenprüfung wurde für die Produktkategorie Frühstücksflocken eine fiktive Markenallianz aus den Marken Milka und Uncle Ben's ausgewählt. Zur Manipulation der Kommunikation dieser Markenallianz (= unabhängige Variable) konzipierte man zwei Verpackungsvarianten. Zum einen wurde eine Milka-typische Verpackung entwickelt, die durch die Farbe Lila und den charakteristischen MilkaSchriftzug geprägt war, der wesentlich größer dargestellt wurde als der Uncle Ben's-Schriftzug (Abbildung 2 rechts). Zum anderen wurde eine Uncle Ben'stypische Verpackung entworfen, die durch die typische Farbe Orange und den Uncle Ben's Schriftzug gekennzeichnet war, der deutlich größer dargestellt wurde als der Schriftzug von Milka (Abbildung 2 links). In einem Pretest mit 40 Probanden wurde sichergestellt, dass die eingesetzten Stimuli die angestrebten Wirkungen erzielten. Die Befragten waren im Durchschnitt 26 Jahre alt. Davon waren 52% männlich und 48% weiblich. Die Vorstudienresultate zeigten, dass bei der Milka-typischen Verpackung 83% der Probanden zuerst an Milka und bei der Uncle Ben's-typischen Verpackung 78% als erstes an Uncle Ben's dachten. Diese Marken wurden deshalb ausgewählt, weil es sich in beiden Fällen um star- ke Marken handelt. Die bisherigen Ergebnisse der Studienreihe zum Anchoring hatten gezeigt, dass in solchen Fällen beide Marken gleichermaßen als Anker bei der Beurteilung einer Markenallianz dienen und mit den ihnen eigenen Eigenschaften die Markenallianz beeinflussen. Somit müssten auch hier beide Marken gleichgewichtig in das Urteil zur Markenallianz einfließen, sofern keine kommunikative Einflussnahme stattfindet. Umgekehrt müsste eine entsprechende Ausgestaltung der Kommunikation, die stärker das eine oder das andere Markenbild der beteiligten Marken reflektiert, sich entsprechend dominant bei der Beurteilung der Markenallianz zeigen. Hauptstudie An ihr nahmen 80 Probanden teil, die zufällig auf die zwei Untersuchungsgruppen (Gruppe I: Uncle Ben's ist dominant, Gruppe II: Milka ist dominant) verteilt wurden. Die Gruppen waren durch folgende deskriptiven Statistiken gekennzeichnet: Das Durchschnittsalter betrug jeweils 24 Jahre. Der Anteil der männlichen Studienteilnehmer lag bei 45% (I) bzw. 40% (II). Messung der abhängigen Variablen Die Beurteilung der Markenallianz wurde mit Hilfe von elf markenspezifischen Items (fünf Items für Uncle Ben's und sechs Abb. 2 Eingesetze Stimuli der Kommunikationsstudie Quelle: (in Anlehnung an) Redler, 2003, S. 187 14 Items für Milka) erhoben, die aus einer Skalenentwicklung hervorgingen (Basis: typische Assoziationen zu den Marken). Die Reliabilität der Skala in der Hauptstudie betrug Cronbachs’ alpha = 0,63. Hierbei gaben die Probanden auf jeweils siebenstufigen, bipolaren Items (1= stimme nicht zu, 7= stimme voll zu) an, inwieweit sie der Aussage „Milka Uncle Ben's Frühstücksflocken sind...“ zustimmen. Dadurch sollte ermittelt werden, wie sich die Urteilsbildung insbesondere bei den markenprägenden Eigenschaften ausbildet (Redler, 2003). Ergebnisse Basierend auf der obigen Hypothese sollte sich in Versuchsbedingung I, in der die Gestaltung der Markenallianz stark an Uncle Ben's ausgerichtet war, auch die Beurteilung der Markenallianz stärker an Uncle Ben's als an Milka ausrichten. Hingegen war in Versuchsbedingung II der umgekehrte Fall zu erwarten. Ein Blick auf die gemessenen Urteilswerte in Tabelle 1 und Abbildung 3 untermauert die Annahmen. Die absoluten Differenzen zwischen den Urteilswerten zur Markenallianz und denen zu der Einzelmarke Uncle Ben's waren in der Versuchsbedingung I bei acht der elf Items geringer als die absoluten Differenzen zwischen den Urteilswerten zu der Markenallianz und denen zur Marke Milka (Tabelle 1). In der Versuchsbedingung II zeigte sich ein genau entgegengesetztes Ergebnis. Hier fielen die Differenzen bei neun der elf Items in Richtung der Marke Milka geringer aus (Tabelle 2). Anhand der Profile in Abbildung 3 ist deutlich zu erkennen, dass sich in der Versuchsbedingung I die Beurteilung der Markenallianz stark an der Beurteilung von Uncle Ben's anlehnte. So korrelierte das Profil der Markenallianz stark mit dem von Uncle Ben's (q = 0,84), hingegen fiel die Korrelation zu Milka negativ aus (q = -0,70). Beide Korrelationen waren auf dem Niveau von 99% (zweiseitig) signifikant. Die Abweichungsquadratsumme zwischen den Profilen der Markenallianz und Milka war mit X = 80,05 deutlich höher als die zwischen der Markenallianz und Uncle Ben's mit X = 13,79. Entsprechend fiel die Globaldistanz für den Vergleich der Profile von Milka und der Markenallianz höher aus (D = 8,95) als die für den Vergleich der Markenallianz zu Uncle Ben's (D = 3,71). Beide Korrelationen waren auf dem 95%Niveau (zweiseitig) statistisch signifikant (Tabelle 1 und Abbildung 3). transfer Inserat „Siemens“ 1/1, 4c Markenallianzen Tab. 1 Wichtige Ergebnisse aus der Untersuchungsbedingung I Mittelwerte absolute Differenzen I II III I-II I-III Verpackung Uncle Ben’s-typisch Milka Uncle Ben’s D1 D2 natürlich 3,45 4,20 4,41 0,75 orange 5,63 1,68 6,53 3,95 feinkörnig und locker 4,05 1,85 5,63 die Welt der Alpen 2,88 5,95 lila 3,10 6,38 eine zarte Versuchung 2,68 cremig amerikanisch Abweichungsquadrate I-II I-III 0,96 0,56 0,92 0,90 15,60 0,81 2,20 1,58 4,84 2,48 1,68 3,08 1,20 9,46 1,44 1,55 3,28 1,55 10,73 2,40 5,83 1,88 3,15 0,80 9,92 0,64 3,00 4,93 2,15 1,93 0,85 3,71 0,72 5,15 1,83 5,88 3,33 0,73 11,06 0,53 aus Reis 5,40 1,65 6,20 3,75 0,80 14,06 0,64 pikant 2,78 1,95 4,20 0,83 1,43 0,68 2,03 warm 3,08 3,03 4,53 0,05 1,45 0,00 2,10 -0,70 0,84 Abweichungsquadratsumme 80,05 13,79 Globaldistanz D 8,95 3,71 Item Q-Korrelation Quelle: (modifiziert und erweitert in Anlehnung an) Redler, 2003, S. 189 Anhand von Tabelle 2 und Abbildung 4 erkennt man, dass in der Versuchsbedingung II die Beurteilung der Markenallianz stark der Beurteilung von Milka folgte. So korrelierte das Itemprofil der Markenallianz stark positiv mit dem von Milka (q = 0,81), während die Korrelation zu Uncle Ben's negativ ausfiel (q = -0,44). Die beiden Korrelationen waren auf dem Niveau von 99% (zweiseitig) signifikant. Die Abweichungsquadratsumme zwischen den Profilen der Markenallianz und Milka war mit X = 6,62 deutlich geringer als die zwischen der Markenallianz und Uncle Ben's mit X = 61,94. Dabei fiel auch die Globaldistanz für den Vergleich der Profile von Milka und der Markenallianz mit D = 2,57 geringer aus als die Globaldistanz für den Vergleich der Markenallianz zu Uncle Ben's mit einem Wert von D = 7,87. Beide Korrelationen waren auf dem 99%-Niveau (zweiseitig) signifikant (Abbildung 4 und Tabelle 2). Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen die Forschungshypothese, dass das Urteil gegenüber der Markenallianz in Richtung derjenigen Marke verzerrt ist, deren Markenelemente bei der kommunikativen Verpackungsgestaltung dominant vertreten sind. Somit kann durch die kommunikative Gestaltung der Markenallianz die Urteilsbildung beeinflusst werden. 16 4. Besonderheiten, Problembereiche und Implikationen im Hinblick auf das Management von Markenallianzen Damit Markenallianzen zum Aufbau und Erhalt der eigenen Marke beitragen können, sind im Vergleich zur Führung einzelner Marken einige Besonderheiten zu be- Abb. 3 achten. Entscheidungen über Markenallianzen haben strategischen Charakter und bedürfen einer sorgfältigen Vorbereitung, bei der insbesondere die Chancen und Risiken bewertet und abgewogen werden müssen (Redler, 2003, S. 53). Folgende Problembereiche sind bei Markenallianzen zu beachten (Hill/Lederer, 2001, S. 108; Redler, 2003, S. 17): Urteilsbildung bei dominanter Uncle Ben's-Verpackung in Bezug auf die Verpackungsgestaltung der Markenallianz Quelle: Redler, 2003, S. 190 transfer Tab. 2 Wichtige Ergebnisse aus der Untersuchungsbedingung II Mittelwerte absolute Differenzen I II III Verpackung Uncle Ben’s-typisch Milka Uncle Ben’s D1 D2 natürlich 3,43 4,65 4,41 1,23 1,14 1,50 1,30 orange 2,08 1,62 5,78 0,46 3,70 0,21 13,69 feinkörnig und locker 3,70 4,58 5,73 0,88 2,03 0,77 4,10 die Welt der Alpen 4,68 5,33 1,73 0,65 2,95 0,42 8,70 lila 6,05 5,80 1,60 0,25 4,45 0,06 19,80 eine zarte Versuchung 4,20 5,05 1,73 0,85 2,48 0,72 6,13 cremig 3,50 4,28 2,62 0,78 1,24 0,60 1,55 amerikanisch 3,13 2,53 5,46 0,60 2,34 0,36 5,46 aus Reis 4,58 2,73 5,60 1,85 1,03 3,42 1,05 pikant 2,03 2,10 3,23 0,08 1,20 0,01 1,44 warm 2,95 3,18 3,10 0,23 0,15 0,05 0,02 0,81 -0,44 Abweichungsquadratsumme 6,62 61,94 Globaldistanz D 2,57 7,87 Item Q-Korrelation I-II I-III Abweichungsquadrate I-II I-III Quelle: (modifiziert und erweitert in Anlehnung an) Redler, 2003, S. 190 · Ein Ausbleiben der erhofften Imageoder Bekanntheitseffekte. · Das Auftreten unerwünschter Wirkungen für die beteiligten Marken, wie z.B. ein Transfer nicht erwünschter Assoziationen auf die eigene Marke. · Der fehlende Fit zwischen den Marken, der zu Dissonanzen bei den Konsumenten führt, die auf die Beur- Abb. 4 teilung der Markenallianz und der beteiligten Marken durchschlagen. · Eine mögliche Umpositionierung bei der Partnermarke, welche die Markenallianz und die andere beteiligte Marke beeinträchtigen kann. · Änderungen beim rechtlichen Besitz einer beteiligten Marke. · Kurzfristdenken, das Abstellen auf Urteilsbildung bei dominanter Milka-Verpackung in Bezug auf die Verpackungsgestaltung der Markenallianz Quelle: Redler, 2003, S. 190 Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 schnelle Erträge sowie die Dominanz taktischer Kalküle. · Erhöhter Koordinationsaufwand und eingeschränkte Handlungsflexibilität infolge der Teilnahme an der Markenallianz. Für die Entscheidung zur Bildung einer Markenallianz ist daher ein komplexer Analyse- und Gestaltungsprozess zu durchlaufen, um Risiken zu minimieren und die gewünschten Effekte sicherzustellen. Zu den elementaren Bestandteilen des Analyse- und Gestaltungsprozesses beim Management von Markenallianzen zählen die Analyse des eigenen Markensystems, in das die angestrebte Markenallianz eingebettet werden soll, die Definition der Ziele der Markenallianz, die Identifikation und Bewertung möglicher Partnermarken, deren Bindung, die Ausgestaltung der angebotenen Leistung, die Umsetzung der Markenallianz in der Kommunikation sowie die Sicherung von Steuerung und Kontrolle der Markenallianz. Hierbei sind Aspekte der Markt-, Unternehmens- und Kundensicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu ausführlich Redler, 2002, S. 17 ff). Im Bezug auf die kommunikative Aus gestaltung der Markenallianz ist die Sicherstellung der Wahrnehmbarkeit der beiden Marken von zentraler Bedeutung. Partner- 17 Markenallianzen marken können bei der Kommunikation der Allianz, bspw. durch die Verpackungsgestaltung, mit unterschiedlicher Dominanz vermittelt werden. Die Markenallianz kann so gestaltet werden, dass der Konsument die Partnermarke als dominant, gleich- oder untergeordnet im Vergleich zur Kooperationsmarke wahrnimmt. Auf diese Weise kann gemäß den Studienerkenntnissen die Urteilsbildung (als Folgeprozess der Produktwahrnehmung) gegenüber der Markenallianz in Richtung einer bestimmten Partnermarke durch die kommunikative Gestaltung beeinflusst werden. So ist bei der Ausgestaltung der Markenallianz festzulegen, welche der beteiligten Marken im Rahmen der Markenallianz eine Führungsrolle und welche eine Ergänzungsrolle übernimmt und dies entsprechend wahrnehmbar umzusetzen. In Bezug auf die Ergebnisse der Kommunikationsstudie könnte man bspw. bei einer Markenallianz zwischen Milka und Kölln, die zusammen einen Schokoladenmüsliriegel am Markt anbieten, die Verpackung so gestalten, dass die Marke Milka dominant kommuniziert wird und man eine lila Verpackung mit dem Milka-typischen Schriftzug wählt. Zusätzlich muss das Kölln-Logo gut sichtbar auf der Müsliverpackung platziert werden, damit die beiden Partnermar- Abb. 5 ken auch entsprechend von den Kunden wahrgenommen werden. Folglich würde sich die Beurteilung der Markenallianz an der Einzelmarke Milka orientieren und so die positiven Assoziationen zu der Marke Milka auf das Markenallianzprodukt übertragen werden. Dadurch kann eine schnellere Akzeptanz des neuen Produktes erreicht werden. Oft ist der Einsatz von Schlüsselbildern (Kroeber-Riel/Esch, 2004), die den visuellen Kern der Positionierungsbotschaft darstellen, wie bspw. das Bild der lila Kuh auf der Müsliverpackung, hilfreich. Darüber hinaus ist im Rahmen der Ausgestaltung der Markenallianz auf die Art der Ver knüpfung des Markennamens zu achten. So könnte es bei der Einführung des neuen Schokoladenmüsliriegels von Milka und Kölln je nach (dominanter) Anordnung der Markennamen, wie z.B. Milka-Müsliriegel von Kölln oder Kölln-Müsliriegel von Milka, in der Wahrnehmung der Konsumenten zu unterschiedlichen Einschätzungen des neuen Produktes kommen (Esch, 2005). Durch die verschiedenen Umsetzungsparameter können die Wahrnehmung, Verarbeitung und Beurteilung der Markenallianz bei den Konsumenten in hohem Maße gesteuert werden. Zudem sollte mittels Ex-ante Tests die vorgesehene Umsetzung der Markenallianz in der Kommu- nikation im Hinblick auf die angestrebten Allianzziele frühzeitig überprüft werden (Esch/Redler, 2004, S. 192 f). 5. Fazit Markenallianzen stellen eine attraktive Möglichkeit zur Markenkapitalisierung dar. Als wichtige Erkenntnis für das Management von Markenallianzen ist festzuhalten, dass strategische Entscheidungen darüber, welche Marken wie miteinander verbunden werden, starke Auswirkungen auf die Urteile der Kunden gegenüber der Markenallianz haben. So kann bspw. durch die kommunikative Ausgestaltung der Markenallianz in hohem Maße das Urteil der Konsumenten beeinflusst werden. Die Kommunikation der Markenallianz wurde im Rahmen des Beitrags als ein zentraler Einflussfaktor auf die Richtung des Anchorings bei Markenallianzen untersucht. Hierbei erfolgte jedoch nur eine eher globale Manipulation der Dominanz der beteiligten Marken in der Kommunikation der Markenallianz. Für nachfolgende Untersuchungen bietet es sich an, die Bedeutung weiterer sowie stärker differenzierter Gestaltungsfaktoren zu betrachten. Dazu gehören insbesondere die Nutzung und das Zusammenspiel markentypischer Elemen- Analyse- und Gestaltungsprozess bei der Bildung von Markenallianzen Quelle: Esch/Redler/Winter, 2005, S. 497 18 transfer Inserat „BA-CA“ 1/1, 4c te bei der Gestaltung der Kommunikationspolitik für die Markenallianz, wie bspw. Produktdesign, Verpackungsgestaltung und Werbung. Im Hinblick auf die konsumentenbezogenen Wirkungseffekte der verschiedenen Gestaltungsaspekte besteht insgesamt noch erheblicher Forschungsbedarf (Redler, 2003, S. 207). Mit Hilfe eines erfolgreichen Managements von Markenallianzen kann ungenutztes Markenpotenzial ausgeschöpft werden, da auch unternehmensfremde Marken für eigene Zwecke kapitalisiert werden können. Insbesondere sind für ein erfolgreiches Management von Markenallianzen eine Reihe von Besonderheiten und fundierte Kenntnisse über die Wirkungen von Markenallianzen zu berücksichtigen. Literatur Aaker, D. A. 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Anzumerken ist, dass es sich beim Ingredient Branding um den vertikalen Zusammenschluss zweier Marken, wie bspw. Intel Inside bei IBM-Rechnern, handelt. Ingredrient Brands werden jedoch im Rahmen des Beitrags nicht näher betrachtet. Zur ausführlichen Begriffsabgrenzung vgl. Redler, 2003, S. 11 ff.; Esch, 2005, S. 360 ff. 2 Im Rahmen der Kommunikationsstudie wurden u.a. Items, wie bspw. orange, lila oder die Welt der Alpen, eingesetzt, die sich auf die korrekte optische Wahrnehmung der Verpackungsgestaltung bezogen. transfer Inserat „Wirz“ 1/1, 4c Image von Krankenanstalten Günter Schweiger, Bernd Fehrenbach Erfolgsfaktoren für die Belegungsentscheidung in Privatkrankenanstalten Im Rahmen einer empirischen Studie wurden bei Fachärzten mit bis zu zehn Jahren Belegungserfahrung die Erfolgsfaktoren von sechs Privatkrankenanstalten erhoben. Die Ergebnisse zeigen, dass das Image, die eigenen Erfahrungen und die Empfehlungen der Kollegen nicht aber die Verdienstmöglichkeiten einen messbaren Einfluss auf die Belegungsabsicht haben. n der aktuellen Situation des österreichischen Spitalwesens ergänzt das Leistungsspektrum der Privatkrankenanstalten (PKA) das öffentliche Gesundheitssystem immer besser. Ein so genannter Belegarzt ist dabei ein niedergelassener oder anderer nicht an der Privatkrankenanstalt angestellter Arzt, dem von einem Krankenhausträger auf vertraglicher Basis Krankenhausbetten (Belegbetten) zur Verfügung gestellt werden, um Patienten (Belegpatienten) der eigenen Fachrichtung stationär oder teilstationär zu behandeln (vgl. http://www. gbebund.de). Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde überprüft, welche Faktoren Ärzte dazu bewegen, die folgenden Privatkrankenanstalten aus dem Raum Wien zu belegen: I Abb. 1 22 · · · · · · Wiener Privatklinik Confraternität Evangelisches Krankenhaus Goldenes Kreuz Privatklinik Döbling Rudolfinerhaus In einer Vorstudie wurden fünf Experteninterviews mit langjährigen Ärzten des Allgemeinen Krankenhauses Wien (AKH) geführt. Aus den Angaben der Experten wurde ein Modell für das Belegungsverhalten von Ärzten entwickelt, das folgende Erfolgsfaktoren umfasst (Abbildung 1): · Eigene Erfahrungen · Medizinisch-apparative Ausstattung · Flexibilität der Planung · Qualität des Pflegepersonals · Patientenkomfort · Vertretung bei postoperativen Komplikationen · Qualität der Stationsärzte · Zeitaufwand für die Strecke vom AKH zur Privatkrankenanstal · Verdienstmöglichkeiten · Zeitaufwand für Administration · Empfehlungen der Kollegen · Mund-zu-Mund Propaganda Anschließend wurden 36 Ärzte des Allgemeinen Krankenhauses Wien (AKH), die ihre Facharztausbildung zwischen 1994 und 2004 abgeschlossen hatten, anhand eines standardisierten Fragebogens befragt. Die Stichprobe bestand aus 30 Männern und sechs Frauen mit einem Durchschnitts- Erfolgsfaktoren für die Belegungsentscheidung in Privatkrankenanstalten transfer Abb. 2 Das Image von Privatkrankenanstalten hat den größten Einfluss auf die Belegungsabsicht Wichtigkeit der Erfolgsfaktoren alter von 38 Jahren. Die durchschnittliche Arbeitszeit am AKH betrug nach eigener Einschätzung 72 Stunden pro Woche, nur vier Stunden werden für Privatpatienten in Privatkrankenanstalten aufgewandt. Bei der Wichtigkeitsmessung der einzelnen Erfolgsfaktoren konnte festgestellt werden, dass die Ärzte die eigenen Erfahrungen, die medizinisch-apparative Ausstattung und die Flexibilität der Planung am wichtigsten einschätzen. Die Empfehlungen der Kollegen, das Image der Privatkrankenanstalt und die Mund-zu-Mund Propaganda wurden als durchschnittlich wichtig eingeschätzt (Abbildung 2). Die sechs Privatkrankenanstalten wurden nach diesen Erfolgfaktoren beurteilt und allen ein generell gutes Zeugnis ausgestellt (Abbildung 3). Die größten Unterschiede in der Beurteilung der einzelnen Privatkrankenanstalten wurden von den befragten Ärzten im Bereich des Zeitaufwandes für die Strecke vom Allgemeinen Krankenhaus Wien (AKH) zur Privatkrankenanstalt wahrgenommen. Die geringsten Unterschiede nahmen die Ärzte beim Zeitaufwand für Administration und bei der Qualität des Pflegepersonals wahr. Abb. 3 Beurteilung der sechs Privatkliniken o. Univ. Prof. Dr. Günter Schweiger, Professor für Werbewissenschaft und Marktforschung, Wirtschaftsuniversität Wien. [email protected] Mag. Bernd Fehrenbach, Marketing, Starmühler Agentur & Verlag, Wien. bernd.fehrenbach@ starmuehler.at Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 Erhebungszeitraum 3/2004 bis 6/2004 Befragung von Fachärzten n=36 23 Praxis Erhebungszeitraum 3/2004 bis 6/2004 Befragung von Fachärzten n=36 Nach Trommsdorff (2003, S. 158) wird das Image eines Gegenstandes definiert als „mehrdimensionale und ganzheitliche Grundlage der Einstellungen einer Zielgruppe zum Gegenstand“. Es besteht aus mehr oder weniger wertenden Eindrücken von der Marke, in diesem Fall den Privatkrankenanstalten, die zu einem ganzheitlichen „Bild“ verbunden sind. Images sind ein zentraler Faktor für das Entscheidungsverhalten, vor allem dort, wo funktional und technologisch weitgehend homogene Dienstleistungen angeboten werden. Das bedeutet, dass Images dann die Grundlage für subjektive Unterscheidungen und Präferenzbildungen sind, wenn die tatsächlichen Unterschiede der verschiedenen Angebote durch den Kunden bzw. den dazwischen geschalteten Arzt (Belegarzt) nicht vollständig erfasst werden können (vgl. Tscheulin/Häberlein 1996, S. 6). Images sind daher subjektiv, nicht voll bewusst, nicht nur kognitiv, sondern auch gefühlsmäßig, erlebnisbezogen und wertend (vgl. Trommsdorff 2003, S. 158f). Sie sind ein intuitives Vorstellungsbild, das auf Assoziationen und gefühlshaften Anmutungen, sogenannten Konnotationen, beruht (vgl. Schweiger/Schrattenecker 2001, S. 25). Image von Krankenanstalten Tab. 1 Überprüfte Hypothesen Goldenes Rudolfiner- Wiener Evang. Privatklinik Kreuz haus Privatklinik Krankenhaus Döbling H1: Je positiver die Einstellungen des Arztes zur bzw. die Erfahrungen mit der Privatkrankenanstalt sind, desto höher ist die Belegungsabsicht in diese Privatkrankenanstalt. H2: Je positiver die Empfehlungen der Kollegen für eine Privatkrankenanstalt, desto höher ist die Belegungsabsicht in diese Privatkrankenanstalt. H3: Je geringer die Verdienstmöglichkeit des Arztes in der Privatkrankenanstalt, desto geringer wird die Zuweisungsabsicht in diese Privatkrankenanstalt. H4: Je höher das Image der Privatkrankenanstalt beim Arzt, desto höher ist die Belegungsabsicht. X X Confraternität X X X X X X X X Privatkrankenanstalten, bei denen sich sowohl durch ordinale Regression, als auch durch Mann-Whitney-U Test ein signifikanter Einfluss gezeigt hat, sind mit einem x gekennzeichnet Ein Krankenhaus, das eine Imageveränderung anstrebt, muss laut Kotler und Bliemel (2001, S. 891) viel Geduld haben. Ein bereits bestehendes Image ist nicht so leicht zu verändern, auch wenn sich das Krankenhaus längst verändert hat. So könnte sich in einer berühmten Privatkrankenanstalt die medizinische Versorgung verschlechtert haben, während sie im Vorstellungsbild der Öffentlichkeit noch immer Resishohes Ansehen genießt. Diese Image-R tenz lässt sich damit erklären, dass man dazu neigt, weitere Informationen, die man über ein Objekt erhält, nur noch dann zu beachten, wenn sie zum bereits bestehenden Image passen. Es sind sehr starke Gegenreize nötig, ein bereits vorhandenes Image zu verändern. In der vorliegenden Studie wurde für das Gesamtimage ein Mittelwert der 12 Beurteilungen für die einzelnen Privatkrankenanstalten ermittelt. Mit Hilfe der ordinalen Regression wurde der Einfluss des Gesamtimages auf die Belegungspräferenz ermittelt. Die empirischen Daten zeigen, dass das Gesamtimage für alle Privatkrankenanstalten einen signifikanten Einfluss auf die Belegungspräferenz hat. Für das Rudolfinerhaus, die Wiener Privatklinik und das Evangelische Krankenhaus ist dieser Einfluss hoch signifikant. Bei der Privatklinik Döbling und die Confraternität gibt es einen signifikanten Einfluss des Gesamtimages und für das Goldene Kreuz ist er zumindest tendenziell vorhanden. nen Einstellung bzw. Erfahrungen, der Empfehlungen der Kollegen, der Verdienstmöglichkeiten und des Gesamtimages auf die Belegungsabsicht untersuchen, eingegangen (vgl. Behrens/Fehrenbach, 2005 und Tabelle 1). Hypothese 1 konnte für das Rudolfinerhaus, die Wiener Privatklinik und die Confraternität angenommen werden. Damit haben in diesen Privatkrankenanstalten die eigenen Erfahrungen einen signifikanten positiven Einfluss auf das Belegungsverhalten der Ärzte. Hypothese 2, die den Einfluss von Empfehlungen der Kollegen überprüft, wurde nur für das Rudolfinerhaus bestätigt. Ein Zusammenhang zwischen Verdienstmöglichkeiten und Belegungverhalten konnte in keinem Fall belegt werden (Hypothese 3). Für Hypothese 4 konnte bei allen Kliniken ein signifikanter Einfluss des Gesamtimages auf die Belegungsentscheidung festgestellt werden. Es ist davon auszugehen, dass bei einer umfassenderen Studie mit mehr als sechs Privatkrankenanstalten und einer größeren Stichprobe die Erfolgsfaktoren noch besser bestätigt und Unterschiede zwischen den einzelnen Fachrichtungen der Privatkrankenanstalten noch deutlicher herausgearbeitet werden könnten. Daher wird für künftige Forschungsarbeiten eine Überprüfung der durch die vorliegende Studie erzielten Ergebnisse anhand einer größeren Stichprobe vorgeschlagen. Fazit Hypothesen Im Folgenden wird auf vier ausgewählte Hypothesen, die den Einfluss der eige- 24 Es bietet sich für Privatkrankenanstalten an, ein Profil der eigenen Stärken und Schwächen, aus Sicht der Belegärzte, zu er- heben und diese Wahrnehmungen einer Beurteilung der Erfolgsfaktoren durch das eigene Management gegenüber zu stellen. Dabei sollten besonders auf die nach Wichtigkeit gereihten, individuellen Erfolgsfaktoren einer Privatkrankenanstalt in der Kommunikation durch Homepages, Prospekte, Anzeigen und Journale verstärkt hingewiesen werden. Die Information der Belegärzte durch einen Chefarztbrief bietet sich wegen des relativ wichtigen Erfolgsfaktors „Empfehlungen der Kollegen“ besonders an. Die eigenen Erfahrungen wurden von den Befragten am wichtigsten eingestuft. Deshalb sind Maßnahmen, die es Ärzten ermöglichen, möglichst früh eigene Erfahrungen mit der Privatkrankenanstalt zu sammeln, besonders zu empfehlen. Literatur Behrens, K./Fehrenbach, B. (2005): Erfolgsfaktoren für die Belegungsentscheidung in Privatkrankenhäusern. Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. http://www.gbebund.de, besucht am 8.3.2006. Kotler, P./Bliemel, F. (2001): Marketing-Management. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag. Schweiger, G./Schrattenecker, G. (2001): Werbung. 5. Auflage, Stuttgart: Lucius & Lucius. Tscheulin D./Häberlein U. (1996): Krankenhausimage als multivariates Konstrukt - Eine Regressionsanalytische Betrachtung. Freiburger Betriebswirtschaftliche Diskussionsbeiträge. Trommsdorff, V. (2003): Konsumentenverhalten. 5. Auflage, Stuttgart: Kohlhammer. transfer Inserat „Kurier“ 1/1, 4c Sportsponsoring Leodegar Pruschak Vom klassischen Sportsponsoring zur integrierten Kommunikation Die österreichische Raiffeisen Bankengruppe ist seit mehr als 30 Jahren erfolgreich im Sportsponsoring tätig. Der Schritt vom klassischen Sportsponsoring zur integrierten Kommunikation in den vergangenen sechs Jahren mit Hermann Maier wird in diesem Beitrag dargestellt. portsponsoring ist die von Unternehmen am häufigsten gewählte Sponsoringform. Es kann Bekanntheit steigern/festigen, ein bestehendes Bild aktualisieren und das Markenimage beeinflussen. Weiters kann dadurch eine emotionale Identifikation geschaffen werden, die eine Plattform der Begegnung bietet. Sportsponsoring kann aber auch Wissen über Unternehmen/Produkte vermitteln und verkaufen. S Die Sportsponsoring-Philosophie von Raiffeisen Österreich Das Raiffeisen Sportsponsoring begann 1970 mit einem kurzzeitigen Sponsoring der Fußballmannschaft Rapid Wien, gefolgt von einem Sponsoring des späteren Formel 1-Weltmeisters Niki Lauda. Seit damals bildet Sportsponsoring eine wichtige Säule im Raiffeisen Kommunikationsmix. Da die besten Sportler Österreichs auch die höchste Aufmerksamkeit genießen, wurde Philosophie sehr bald auf die Nr. 1-SSportler-P gesetzt. Diese bedeutet zwar ein höheres Risiko, bietet aber mit Abstand die größten Erfolgschancen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an Niki Lauda, Gerhard Berger, Thomas Muster und Hermann Maier, die alle in ihrer Vertragszeit mit Raiffeisen nicht nur große Erfolge feierten, sondern auch schwere Unfälle hatten, und ihre Ausnahmestellung durch unglaubliche Comebacks noch verstärkten. Raiffeisen konzentriert sich auf einige wenige Sportarten mit Quoten- und Wirkungsgarantie. Es werden Synergieeffekte auf Bundes-, Landes- und Ortsebene genutzt, die der dreistufige Aufbau der Raiffeisen Bankengruppe mit sich bringt. Auf 26 die Stimmigkeit zur Marke „Raiffeisen“ mit den Werten Glaubwürdigkeit, positives Imageprofil und Vorbildwirkung wird bei der Auswahl der Sportarten geachtet. Besonderer Wert wird auf Kontinuität und Partnerschaft im Sinne eines Aufbaus persönlicher Beziehungen zwischen den Sponsoringpartnern, die über eine formale Zweckgemeinschaft hinausgeht, gelegt. Im Bereich Sportsponsoring konzentriert sich Raiffeisen bundesweit auf den Spitzensport und die populärsten Sportarten, auf regionaler und lokaler Ebene werden darüber hinaus verschiedenste Sportarten unterstützt. Dabei wird vor allem dem Breiten- und Jugendsport Raum eingeräumt. Damit können junge Talente vom Beginn ihrer Karriere an von Raiffeisen auf ihrem Weg zur Spitze begleitet werden. Die Sponsoringentscheidung für Hermann Maier Die Auswahl potentieller Sponsoringpartner basiert auf einer laufenden Beobachtung von Sportarten und SportlerInnen und der Einschätzung von Potenzialen (regelmäßige Untersuchungen zeigen das Interesse der österreichischen Bevölkerung an gewissen Sportarten: Skifahren, Fußball, Formel 1 und Schwimmen auf den Rängen1 bis 4). Talent, Persönlichkeit, Charisma und Medientauglichkeit können so frühzeitig erkannt und genutzt werden. Weitere wichtige Punkte bei der Auswahl sind die Markenstimmigkeit (natürlich, regional verankert, zielstrebig, glaubwürdig) und das Nr. 1-Potenzial. Nach seinem Jahrhundertsturz bei den Olympischen Winterspielen in Nagano von 1998 und dem Gewinn von zwei Gold- medaillen einige Tage später, kristallisierte sich heraus, dass Hermann Maier auch die Jahrzehnte lange Durststrecke des österreichischen Herren Skiteams durch den Gewinn des Gesamtweltcups beenden könnte. Noch nie zuvor konnte sich ein Sportler so schnell in den Köpfen und Herzen der Österreicher und Österreicherinnen verankern. Hermann Maier war in kürzester Zeit der Sportler mit den höchsten Werten bei Bekanntheit, Sympathie und Medienpräsenz, sowie der größten Vorbildwirkung für die Jugend. Von Einzelmaßnahmen zum integrierten Gesamtkonzept In den ersten beiden Jahren der Zusammenarbeit zwischen Raiffeisen und Hermann Maier wurde klassisches Sportsponsoring betrieben. Dabei wurden die im Rahmen des Vertrags eingeräumten Möglichkeiten ausgeschöpft. Es gab Logowerbung auf Helm und Kappe, den Helm im Raiffeisen-CD (der „gelbe Helm“ wurde zum Erfolgssymbol), Events für Top-Kunden, Mitarbeiter und Medien, klassische Werbung mit Hermann Maier als Skifahrer (Plakate/Inserate), Promotions, sowie Gewinnspiele und Merchandising. Die nach zwei Jahren der Zusammenarbeit gezogene Bilanz übertraf alle Erwartungen. Zu den beiden Goldmedaillen bei Dr. Leodegar Pruschak, Marketingdirektor und Geschäftsführer der Zentralen Raiffeisenwerbung, Wien. Zusammenfassung seines Vortrags an der WU Wien. [email protected] transfer Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 Abb. 1 Fortführung der integrierten Kommunikation Praxis den Olympischen Winterspielen waren zwei Weltmeistertitel sowie zwei Weltcupgesamtsiege mit Punkterekord gekommen. Die Medienbilanz des Skiwinters 1999/ 2000 ergab 78 Stunden TV-Präsenz, 150 Millionen TV-Kontakte sowie knapp 500 Printberichte mit Foto. Hermann Maier war der gefragteste Interview-Partner und der mit Abstand populärste Österreicher. Der Medienhype um Hermann Maier und seine Popularität, Ausstrahlung und Medientalent veranlassten Raiffeisen neue Wege zu beschreiten. Gemeinsam mit der Werbeagentur Ogilvy wurde ein völlig neuartiges, eigenständiges Werbekonzept entwickelt. Hermann Maier wird nicht als Ski-Rennläufer, sondern als Privatperson in verschiedenen Lebenssituationen (z.B. als Taxi-Fahrgast, Pensionist, Barbesucher) dargestellt. Dabei wirbt er nicht vordergründig für Bankprodukte. Die Werbespots zeigen Raiffeisen als lebensbegleitenden Bankpartner für Wohnen, Vorsorge, Zahlungsverkehr etc. Die Kampagnen überzeugten durch Witz, Charme und einen Schuss Selbstironie und erzielten auf Anhieb große Aufmerksamkeit und hohen Markenimpact. Bereits die ersten Posttestergebnisse zeigten, dass sich die Marken Hermann Maier und Raiffeisen gegenseitig stärkten. Die Kommunikationsmaßnahmen standen nun nicht mehr alleine für sich, sondern bildeten ein geschlossenes Ganzes, vom TV-Spot über Großflächenund Schaufensterplakaten bis zum Inserat, Direct Mail und Internetauftritt. Integrierte Kommunikation bedeutet gesamthafte, vernetzte Kommunikation, wobei ein Thema über alle Kommunikationsinstrumente transportiert wird. Dabei soll eine inhaltliche, zeitliche und visuell einheitliche Form gewahrt bleiben. Je breiter das Medium, z.B. TV, umso mehr steht die Emotion im Mittelpunkt. Je näher das Medium am Kunden ist, desto mehr dominiert die Information/Ratio. Das synergetische Zusammenspiel von Medien und einheitlicher Botschaft verstärkt die Erinnerungsleistung und führt zu einem effizienteren Budgetmitteleinsatz. Der schwere Mororradunfall von Hermann Maier im August 2001 war eine echte Bewährungsprobe für die Raiffeisen Philosophie der Partnerschaft in guten und schlechten Zeiten. Eine bereits fertig gestellte Kampagne für den Herbst wurde kurzfristig abgesetzt und einige Wochen später ein sehr emotionaler „GenesungsTV-Spot“ ausgestrahlt. Trotz unsicherer sportlicher Zukunft wurde der Vertrag mit Hermann Maier im Herbst 2002 um weitere zwei Jahre verlängert. Das fulminante Comeback im Jänner 2003 (Sieg in Kitzbühel) sowie der Gesamtweltcupsieg 2003/2004 bestätigte einmal mehr die Richtigkeit von partnerschaftlichem Verhalten im Sponsoring. Das Konzept der integrierten Kommunikation wurde mit neuen, unverwechselbaren, durchgängigen Kampagnen fortgesetzt (Abbildung 1) und erzielt bis heute exzellente Image- und Werbewirkungsergebnisse. Erfolgsbilanz Neben der einzigartigen und unvergleichlichen sportlichen Bilanz (Doppelolympiasieger, dreifacher Weltmeister, vierfacher Gesamtweltcupsieger, 10-facher Disziplinen-Weltcupsieger, Siege in über 50 Weltcuprennen, viermal österreichischer Sportler des Jahres, Welt-Wintersportler und Welt-Comebacksportler) fällt auch die kommunikative Bilanz sensationell aus. Raiffeisen hat heute die besten Image- und Werbewerte aller Zeiten, die Werbeerinnerung konnte von 1998 bis 2005 um 37%, die Sympathiewerte um 22% gesteigert werden. Raiffeisen hat laut einer Untersuchung von Fessel-GfK den höchsten Markenwert aller österreichischen Banken. Die TV-Spots und Plakate bringen bei allen Posttests immer höchste Wiedererkennungswerte. Laut dem jährlich durchgeführten OGMKommunikationsbarometer liegt Raiffeisen bei der Werbeerinnerung in allen klas- sischen Medien klar vor den Mitbewerbern. Mit 43 % befindet sich der Sportwerbeerinnerungswert von Raiffeisen auf einem bis dato unerreichten Höchststand. Die kontinuierliche Aufwärtsentwicklung in den vergangenen zehn Jahren zeigt, dass das Beibehalten des Nr. 1-Sportlerprinzips (seit 2004 ist auch Markus Rogan dabei) und die Umsetzung in Form der integrierten Kommunikation echte Erfolgsrezepte sind. Eine aktuelle Studie über Werbung mit Prominenten der Interconnection Group weist Hermann Maier nicht nur als prominentesten Österreicher aus, sondern auch als Prominenten mit der größten Werbekraft. Das wahr gewordene Märchen vom Maurer, der zum Ski-Superstar und Top-Werbestar wurde, hat Hermann Maier natürlich in erster Linie seinen sportlichen Leistungen und seiner enormen Willenskraft bei der Überwindung von Schicksalsschlägen zu verdanken, aber auch seinem Partner Raiffeisen, der in allen diesen Jahren zu ihm stand und mit ihm ein maßgeschneidertes und glaubwürdiges Kommunikationskonzept entwickelt und umgesetzt hat. Das Erfolgsmodell Raiffeisen - Hermann Maier lässt sich natürlich nicht 1:1 übertragen oder einfach kopieren. Es gibt aber bestimmte Prinzipien, mit denen sich der Erfolg in der Kommunikation leichter erarbeiten lässt: Eine eigenständige Kommunikationsstrategie mit integriertem Ansatz und eine konsequente, glaubwürdige und kontinuierliche Umsetzung. 27 Länderimages Anje Reindl, Günter Schweiger Stabilität und Kontinuität von Länderimages dargestellt anhand einer Studie aus Indonesien Trotz der großen geografischen Distanz Indonesiens zu Österreich und des sehr unterschiedlichen Kulturkreises ist Österreichs Image in Indonesien gleich dem Image in vielen anderen Ländern der Welt. Die multimodale Imagemessung bestätigt erneut das stabile österreichische „Weltimage“ als Land der klassischen Musik, der Kunst und Kultur sowie des Brauchtums und der Tradition. Auf diesen Imagestärken können Marketingstrategien im Tourismusbereich sowie in der Exportwerbung aufgebaut werden. änderimagestudien des Instituts für Werbewissenschaft und Marktforschung der Wirtschaftsuniversität Wien zum Fremdbild Österreich erstrecken sich über einen Zeitraum von 20 Jahren. Die meisten Studien wurden in den Jahren 1984 bis 1991 durchgeführt. Im Jahr 2002 folgte eine Länderimagestudie in Australien und 2004 in Indonesien. Es wurde somit in insgesamt 33 Ländern der Welt das Image Österreichs untersucht. Die Ergebnisse aus den 80er Jahren wurden im Buch „Österreichs Image in der Welt“ (Schweiger, 1992) zusammengefasst. Kühn (1993, S. 119) bezeichnet ein Länderimage als „das subjektive, mehrdimensionale Bild einer Person von den wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Eigenheiten eines geographischen Gebietes, seiner Menschen und Organisationen“. Dieser Beitrag unterstreicht die Stabilität und Kontinuität von Länderimages anhand der Ergebnisse der neuesten Länderimagestudie aus Indonesien und präsentiert die Verwendungsmöglichkeiten der Kenntnisse über das Österreich Image im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz für L 28 die Export- und Tourismuswerbung Österreichs. Erhebungsanlage Im Zuge der Forschungsreihe „Österreichs Image in der Welt“ wurde 2004 das Image Österreichs im Vergleich mit Deutschland und der Schweiz in Indonesien untersucht. Im Frühjahr 2004 wurden 113 IndonesierInnen aus der mittleren und oberen Berufs- und Bildungselite in Kooperation mit der University of Gadjah Mada Yogyakarta, an der die Autorin ein Auslandssemester verbrachte, zum Image Österreichs befragt. Die nicht repräsentative Stichprobe aus indonesischen StaatsbürgerInnen bestand aus 48% Frauen und 52% Männern. Die Befragten waren im Alter zwischen 20 und 69 Jahren und gehörten unter anderem den Berufssegmenten Wirtschaft (45%), Ausbildung und Erziehungswesen (20%), Politik/öffentlicher Dienst (12%) und Medien (6%) an. Die ca. 20 minütigen „face-to-face“-Interviews wurden von indonesischen InterviewerInnen in der Hauptstadt Jakarta und in der Kulturund Studentenstadt Yogyakarta durchge- führt. 17% der befragten IndonesierInnen haben Österreich oder Europa schon einmal besucht und 83% waren noch nie in Europa. Indonesien besteht aus über 13.000 Inseln, die sich auf einer Länger von ungefähr 5.100 Kilometern beidseits des Äquators erstrecken. Die 215 Millionen Einwohner des Landes sind zum Großteil Moslems (87%), wobei es schätzungsweise 350 eigenständige ethnische Gruppen, jede mit eigener Sprache und Kultur, gibt. Die indonesische Wirtschaft zeichnet sich durch ein steigenMag. Anje Reindl, Absolventin des Instituts für Werbewissenschaft und Marktforschung, Wirtschaftsuniverstität Wien. [email protected] o. Univ. Prof. Dr. Günter Schweiger, Professor für Werbewissenschaft und Marktforschung, Wirtschaftsuniversität Wien. [email protected] transfer Abb. 1 Imagebilder zugeordnet auf die drei Vergleichsländer Österreich, Deutschland und die Schweiz Österreich Brauchtum und Tradition (Trachtenmusiker 59%, Ötztaler Trachten 56%) stehen, überdurchschnittlich stark Österreich zugeordnet. Welche dieser und ähnlicher Bilder für bestimmte österreichische Unternehmen in der Exportwerbung geignet sind, wird bei Schweiger et al. (1995, S. 125ff) ausführlich erläutert. Soziale Repräsentationen des Wirtschaftswachstum in den letzen Jahren aus (2003: +4,1%, 2004: +5,1%). 2004 betrug das BIP pro Kopf US Dollar 1.015,-. Österreich hat 2004 mit Indonesien ein Außenhandelsdefizit (Importe: 151,6 Mio. Euro, Exporte: 108,0 Mio. Euro). Die wichtigsten österreichischen Exportwaren sind elektrische Ausrüstung, organische Chemikalien und Pharmazeutika, Waren aus Papier, Maschinen und Messgeräte (AWO-Wirtschaftsprofil Indonesien, 2005). Ergebnisse der verbalen und nonverbalen Imagemessung Mittels verbaler und nonverbaler Imamultimodale Imagemessung) gemessung (m wurde in Anlehnung an die vorangegangenen Länderstudien das Image Österreichs in Indonesien ermittelt. Die Art der Befragung war vergleichbar mit den Erhebungen der 80er Jahre und jener in Australien 2004. Die verwendeten Wort- und Bildreize waren jeweils mit mindestens einer der vorangegangen Imagestudien vergleichbar. Den Befragten wurden Bildreize einzeln vorgelegt, beziehungsweise Wortreize von den InterviewerInnen vorgelesen. Anschließend sollten die Interviewten diese auf eines der drei Vergleichsländer Österreich, Deutschland oder Schweiz zuordnen. In Indonesien, sowie in allen anderen Ländern der Welt, steht Österreich für großartige Kompositionen und Aufführungen klassischer Musik. Es gilt als Land der Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 Schweiz Kunst und hochkarätigen Kultur. ÖsterreicherInnen gelten als musikalisch begabte Menschen, die ihr Brauchtum pflegen. Das Bild von Österreich als Land der Tradition und Kleidertrachten ist tief verankert und prägt Österreichs Weltimage auch in Indonesien. Gleich den vorhergegangenen Studien in anderen Ländern gilt Deutschland in Indonesien als modernes Land mit Wirtschaftskompetenz und intelligenten Einwohnern. Die Schweiz ist in Indonesien das Land des Winterports mit verschneiten Berggipfeln und alpinen Landschaften. So manchem Österreicher mag dieses Ergebnis überraschen, ist doch im Selbstbild der Österreicher unser eigenes Heimatland das Land des Wintersports, der Berge und des Schnees schlechthin. In Abbildung 1 sind einige Bildreize dargestellt, mit deren Hilfe das Image der drei Vergleichsländer Österreich, Deutschland und der Schweiz erhoben wurde. Obwohl es sich bei all diesen Bildern, um Fotos aus Österreich handelt, wurden diese von den Auskunftspersonen in Indonesien unterschiedlich stark auf die drei Länder zugeordnet. So ordneten die indonesischen Auskunftspersonen beispielsweise die Bilder Blauwal (Grazer Kunsthaus) zu 71% und das Museumsquartier zu 66% auf Deutschland zu. Der Großglockner wurde zu 76% der Schweiz zugeschrieben, das Bild der Schifahrer auf der Buckelpiste sogar zu 83%. Dafür wurden Fotos, die für Musik (Ballnacht 62%, Musikverein 61%), Kunst und Kultur (Theaterloge 67%) sowie 29 Praxis Deutschland Soziale Repräsentationen sind konventionelle Begriffe oder Bilder, die Menschen mit bestimmten Tatsachen oder Situationen assoziieren, um ihnen eine Bedeutung zu geben. Jede soziale Repräsentation entspricht einer Übereinkunft und ordnet einer Bedeutung ein Bild zu (Moscovici, 1984). Wie bei der Studie in Australien 2002 (Puaschunder, 2003) wurden in der Studie in Indonesien die Befragten mit dem Stimuluswort „Österreich“ konfrontiert und gebeten, dazu frei zu assoziieren. Die genannten freien Assoziationen wurden von den InterviewerInnen aufgeschrieben. Bei der darauf aufbauend durchgeführten so gePeripherie-A Analyse spiegeln nannten Kern-P sich die Imagestärken Österreichs, wie Musik, Kunst, Kultur, Tradition und Brauchtum bei den sozialen Repräsentationen deutlich wider.1 Die Kern-Peripherie-Analyse (siehe Tabelle 1) stellt eine ergänzende Methode zur Darstellung von sozialen Repräsentationen dar.2 Sie ermöglicht die Lokalisierung der freien Assoziationen in einem Kern oder an der Peripherie. Die freien Assoziationen werden nach der Reihenfolge der Nennungen im Wortfluss aufgeschrieben. Es wird zuerst die Anzahl der Gesamtnennungen einer freien Assoziation mittels so genannter Pivot Tabelle ermittelt. Aufgrund der Rangfolge und Häufigkeit der jeweiligen Assoziation wird der totale Rang berechnet. Die Stelle im Fluss der Nennungen der Befragten legt den Rang fest. Ein niedriger Rang bedeutet, dass die Assoziation sehr früh im Wortfluss genannt wurde. Die ausgewählte Assoziation wird anhand des durchschnittlichen Ranges und der durchschnittlichen Häufigkeit entweder dem Kern oder der Peripherie zugeteilt. Die im Kern befindlichen Assoziationen erweisen sich als zeitlich stabil, jene, die sich in der Peripherie befinden, verändern sich im Laufe der Zeit oder verschwinden ganz (Penz 1996, S. 45). Die Methode der sozialen Repräsentationen ist wissenschaftlich jedoch kritisch Länderimages Tab. 1 Kern-Peripherie der sozialen Repräsentationen zu Österreich (122 Assoziationen) aus der Sicht von IndonesierInnen 2004 Hohe Häufigkeit (> 5,29) Niedriger Rang (< 1,46) Niedrige Häufigkeit (< 5,29) KERN PERIPHERIE 1.1 Sound of Music (n=11, mittlerer Rang=1,27) kalt (9/1,22) kenne Österreich nicht (7/1,00) Kultur (6/1,00) kleines Land (5/1,00) Int. Atomic Energy Agency (3/1,33) sicheres Land (3/1,00) Käse (2/1,00) historisch (2/1,00) PERIPHERIE 1.2 Mozart (5/2,40) schön (6/1,50) Schnee (4/2,25) Wien (3/1,67) entwickeltes Land (2/1,00) PERIPHERIE 2 Hoher Rang (> 1,46) schöne Aussicht (6/2,50) Klassische Musik (9/1,67) Musik (9/1,67) Kern: Assoziationen, die am häufigsten und sehr früh genannt wurden Peripherie 1.1: Assoziationen, die früh und selten genannt wurden Peripherie 1.2: Assoziationen, die spät, jedoch häufig genannt wurden Peripherie 2: Assoziationen, die spät und selten genannt wurden Quelle: Reindl, 2005, S. 57 zu betrachten (Moscivici, 1995 und Meier, 2000 zitiert nach Puaschunder, 2003, S. 115), weil soziale Repräsentationen aufgrund ihres zeitlichen Charakters Momentaufnahmen darstellen und als zeitlich beschränkt gelten, da sich die Meinung von Personen über andere Personen und Objekte durch neue Informationen über diese ändern kann. „Nach Beendigung der Datensammlung entwickeln sich soziale Repräsentationen durch Kommunikation weiter, wobei Unklarheit über deren Bedeutung entsteht“ (Puaschunder, 2003, S. 116). Trotz aller Kritik an der Methode der sozialen Repräsentationen bezüglich ihrer zeitlichen Begrenztheit, wurden in der aktuellsten Studie aus Indonesien die von Schweiger (1988, S. 20) ermittelten zentralen Dimensionen des Österreichimages den Ergebnissen der Kern-Peripherie-Analyse gegenübergestellt (siehe Tabelle 2). Es ist bemerkenswert, dass nicht nur jene freien Assoziationen der Kern-Peripherie-Analyse, welche sich im Kern, sondern auch jene, welche sich in der Peripherie befinden, mit den in früheren Studien verwendeten Imagedimensionen konform gehen. Das schon von Schweiger (1988) beschriebene Weltimage Österreichs als Land der Komposition und Aufführung klassischer Musik, unverwechselbarer Kunst und Kultur sowie der Tradition und des Brauchtums konnte somit einmal mehr bestätigt werden. Die psychologische Auseinandersetzung 30 mit dem Länderimage mittels sozialen Repräsentationen bei weiteren Länderimagestudien in Kombination mit der herkömmlichen Methode der Länderimageforschung ist zu befürworten. Gleichzeitig ist jedoch die Forderung von Kirchler und DeRosa (2001) nach einer Weiterentwicklung der Technik und Datenverarbeitung bei sozialen Repräsentatiostechniken zu berücksichtigen. Wirtschaftliche Relevanz für Österreich Bei den Tourismuseinnahmen liegt Österreich international im Spitzenfeld, bei den Pro-Kopf-Einnahmen ist man mit Euro 1.533,- pro Einwohner 2004 „Weltmeister“ (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung WIFO). Sie stellen somit eine volkswirtschaftliche Haupteinnahmequelle dar. Die Erkenntnisse dieser Studie können dazu beitragen, das Urlaubsland Österreich auf dem indonesischen Markt mit Hilfe österreichischer Imagestärken zu positionieren. Dies gilt auch für andere asiatische Hoffnungsmärkte Österreichs. Reisen, Urlaub machen und mobil sein haben in der stetig und schnell ansteigenden indonesischen Mittelschicht einen hohen Stellenwert. Das geringe durchschnittliche BIP pro Kopf könnte aufgrund der ständig sinkenden Inflationsrate und der im Aufwärtstrend befindlichen Wirtschaftsla- Tab. 2 Gegenüberstellung der sozialen Repräsentationen der Kern-Peripherie- Analyse und der Imagedimensionen (vgl. Schweiger 1988, S. 20) IMAGEDIMENSIONEN nach Schweiger SOZIALE REPRÄSENTATION Österreichs in Indonesien 2004 Musik Sound of Music klassische Musik Musik Mozart Kultur und Tradition Kultur Geschichte und Bauwerke historisch Wien kalt Land und Leute kleines Land schön Tourismus Schnee schöne Aussicht Wirtschaft/Produktkompetenz Käse entwickeltes Land Politik Inter. Atomic Energy Agency (IAEA) sicheres Land kenne Österreich nicht Kern Peripherie 1.1 Peripherie 1.2 Peripherie 2 transfer „Gewista“ 1/1, 4c Länderimages Abb. 2 Vergleich des spontanen Bekanntheitsgrades berühmter Österreicher bei den Studien in Indonesien, Australien und China Schwankungsbreite: +/- 10% ge bald deutlich steigen. Es erhöht sich somit für IndonesierInnen die Möglichkeit für Auslandsaufenthalte und der/die indonesische DurchschnittsbürgerIn könnte sich somit folglich in Zukunft auch eine Reise in ein weiter entferntes Land leisten. Europäische Länder, die diesen Hoffnungsmarkt zuerst entdecken, haben größere Chancen. Bei der Studie in Indonesien wurde bei den freien Assoziationen der Film „Sound of Music“ mit Abstand am häufigsten genannt. Ein ähnliches Ergebnis gab es bei der Studie 2002 in Australien (vgl. Puaschunder, 2003). Die Trapp-Familie wäre als Ausgangspunkt für Werbe- und Marketingzwecke für das Urlaubsland Österreich denkbar, da die singende Familie sehr bekannt und vor allem sehr positiv besetzt ist. Eine weitere Persönlichkeit, die sich für den Einsatz in der Tourismus- sowie in der Exportwerbung anbietet, ist Wolfgang Amadeus Mozart. Er ist in der Berufs- und Bildungselite Indonesiens, Australiens und auch Chinas sehr bekannt und wurde sowohl spontan in den Studien in Indonesien und Australien innerhalb der freien Assoziationen zum Stimuluswort „Österreich“, sowie bei der Frage nach berühmten österreichischen Persönlichkeiten mit einer Häufigkeit zwischen 20 und 50% spontan genannt. Abbildung 2 zeigt, wie oft einige Persönlichkeiten in den drei Länderimagestudien in Indonesien, Australien und China (vgl. Piplics, 1991, S. 64) genannt 32 wurden. Die Auswahl dieser Vergleichsländer ergab sich einerseits aus der Aktualität der Studien und andererseits der geografischen Nähe. Beim Vergleich dieser drei Studien wird deutlich, dass sich der spontane Bekanntheitsgrad berühmter Österreicher im Ausland gleichzeitig mit der aktuellen Situation in Österreich oder besonderen Ereignissen im Ausland verändert. Arnold Schwarzenegger wurde in der China-Studie 1991 noch überhaupt nicht mit Österreich in Verbindung gebracht, 2002 in Australien rangierte er schon an zweiter Stelle der Nennungen (knapp 24%) und in Indonesien 2004, wahrscheinlich aufgrund seiner Vereidigung zum Gouverneur Kaliforniens am 17.11.2003, steht er mit fast 25% an erster Stelle bei den spontanen Nennungen berühmter Österreicher. Bei berühmten Persönlichkeiten als Werbeträger für Österreich ist folglich auf zeitliche Begebenheiten und andere Restriktionen, Arnold Schwarzenegger hat sich verbeten, als Werbeträger für Österreich zu fungieren, zu achten. Für andere berühmte österreichische Persönlichkeiten wie z.B. unser Musikgenie Wolfgang Amadeus Mozart, gibt es keine zeitlich begrenzte Vorgabe. Exportwerbung Unternehmen können versuchen, ihre Produkte über das Landesimage gegenüber ihren Konkurrenzprodukten zu differenzie- ren. Das Image eines Landes ist „Kapital für seine Exportwirtschaft und kann im Rahmen von Imagetransferstrategien für die Vermarktung von Produkten, insbesondere im Ausland, genutzt werden“ (Schweiger/Schrattenecker, 2005, S. 98). Kenntnisse der Imagestärken eines Landes ermöglichen Marketingexperten einen Transfer auf nationale Erzeugnisse. Besitzt das Herstellerland ein positives Images, überträgt sich dieses auf das Produktimage, die Produkt- und Qualitätswahrnehmung sowie die Einstellung zum Produkt und Country-oof-O Origin Effekt). umgekehrt (C Aus Sicht des Konsumenten beinhaltet ein Landesimage sowohl eine subjektbezogene wie auch eine objekt- oder umweltbezogene Funktion. Die subjektbezogene Funktion hilft dem Konsumenten, seine Umwelt zu strukturieren. Er führt somit eine bestimmte „Vorselektion“ durch. Der Konsument findet sich aufgrund der Informationsüberlastung in der heutigen Mediengesellschaft damit besser zurecht und verwendet ein bestimmtes Landesimage zur Generalisierung und Vereinfachung seiner Entscheidungs- und Bewertungsprozesse. Er verallgemeinert seine Vorstellungen über typische Eigenschaften der Produkte eines bestimmten Herkunftslandes. Der Konsument überträgt also in seinem Kopf die generelle Vorstellung von einem Land auf bestimmte Produkte aus diesem Land. Ein Landesimage hat für den Konsumenten eine zweite wichtige Bedeutung. Mit Hilfe der objekt- oder umweltbezogenen Funktion demonstriert der Konsument eine bestimmte Werthaltung. Durch den Kauf oder Besitz eines Produktes mit einem bestimmten Landesimage, stellt er sich selbst dar oder vermittelt ein Bild gegenüber seiner Umwelt. Eine weitere objektive Funktion des Länderimages für den Konsumenten stellt die emotionale Bedürfnisbefriedigung dar. Besitzt ein Konsument die ausgeprägte Neigung zu symbolischem Konsum aufgrund seiner Rollenunsicherheit innerhalb der Gesellschaft, kann er einerseits eine Marke wählen, die auch viele andere verwenden, er kann aber beispielsweise auch versuchen, durch den Kauf von Produkten aus bestimmten Herkunftsländern seine Unsicherheit zu verringern und somit sein Selbstimage positiv zu unterstützen. Durch die Bezugnahme auf ein positives Landesimage in der Werbung versucht der Unternehmer, das Vertrauen der Konsumenten zu seinem Produkt zu stärken. Ge- transfer lingt es dem Unternehmer, die Bekanntheit seines Produktes zu steigern, und ein positives Produktimage mit Hilfe eines positiven Landesimages zu kreieren, stellt dies eine weitere positive Funktion von Länderimage aus Sicht des Unternehmers dar. Vermarktet ein Unternehmer ein Produkt mittels Länderimages schafft er dadurch eine psychologische Markttransparenz. Der Konsument glaubt, den Markt des Produktes zu kennen, weil er anhand des Landesimages seine Umwelt strukturiert, um seine Entscheidungs- und Bewertungsprozesse zu vereinfachen (Möller, 1997, S. 34ff). Die Lage für österreichische Exporte nach Indonesien ist aufgrund der großen Konkurrenz aus China, Taiwan und Korea schwierig. Den Preiskampf gegenüber den Billiganbietern können österreichische Produzenten niemals gewinnen. Ein großer Vorteil ihrer Produkte ist jedoch deren österreichische Herkunft. Das positive Österreich-Image bietet vor allem Kleinund Mittelbetrieben, die auf die Vermarktung von Qualitätsprodukten Wert legen, einen Startvorteil für den Erfolg am indonesischen Markt. Durch österreichtypische Exportwerbung, qualitativ hochwertige Exportprodukte und exzellentes Auslandsmarketing kann ein positiver Country-ofOrigin Effekt für österreichische Produkte, Marken und Dienstleistungen aufgebaut werden. Die Form des symbolischen Beweises von Klassen- und Gruppenzugehörigkeit scheint in der indonesischen Mittelschicht durch die Entmonopolisierung symbolischer Hierarchien und Interpretationsmuster von Status und Prestige notwendig geworden zu sein. Traditionelle Werte und Hierarchien, sowie kulturelle Elemente verlieren langsam an Bedeutung und werden zum Großteil durch moderne, westliche Symbole ersetzt. Die Mittelschicht Indonesiens wächst außerdem sehr schnell und stetig an (Busch/Stankovsky, 1992, S. 85). In Indonesien kann man Menschen beobachten, wie sie z.B. bei Mc Donalds oder Pizza Hut an allgemein sichtbaren Plätzen sitzen, während sie ein Cola oder einen Hamburger konsumieren. Verlassen sie anschließend das Fast Food Lokal tun sie dies mit der leeren Hamburgerschachtel in der Hand, so dass jeder sehen kann, wo sie zu Mittag oder Abend gegessen haben. Außerdem wird in Wohnzimmern deutlich sichtbar gemacht, dass man es sich leisten kann, zu reisen, Urlaub zu machen, mobil zu sein Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 - Werte, die mit Mittelschichtaktivitäten assoziiert werden. Hierzu werden z.B. Kuckucksuhren aus Deutschland aufgehängt, selbst von denjenigen, die Indonesien nie verlassen haben (Evers/Solvay, 1999, S. 13ff). Fazit Die Frage, ob Österreich ein "Weltimage" besitzt wird durch die Ergebnisse der Studie in Indonesien aufs Neue positiv beantwortet. Obwohl über zehn Jahre zwischen den vorangegangenen Studien aus den 80er Jahren und den aktuellsten Studien aus 2002 und 2004 liegen, lässt sich eine hohe Stabilität und Kontiuität der Ergebnisse aller Länderstudien feststellen. Die Tatsache, dass die derzeitigen Hauptexportprodukte Österreichs nach Indonesien elektronische Maschinen, organische Chemikalien, Sondermaschinen und Messgeräte sind, stimmt positiv, wenn man bedenkt, dass man „einem Land, das für Spitzenleistungen der klassischen Musik und der Kultur bekannt ist, […] auch Spitzenleistungen auf anderen Gebieten, so z.B. auf dem Gebiet der Technik und im Dienstleistungsbereich“ (Schweiger, 1992, S. 299) zutraut. Die Brücke von Hochkultur zu High-Tech ist eine viel versprechende Möglichkeit, die österreichischen Exporte zu erhöhen. Dabei sind natürlich die von Kurz (1994, S. 324ff) angeführten Bedingungen für Exportwerbung wie Produktinvolvement, Zielgruppe, Dosierung der Werbung und Affinität zwischen dem Österreichimage und dem Produkt zu beachten. Literatur AWO-Wirtschaftsprofil Indonesien (2005), Außenwirtschaft Österreich, Wien. Bush, G./Stankovsky, J. (1992): Indonesia - An Attractive Partner for the Austrian Economy. Study by the Austrian Institute of Economic Research (WIFO), sponsored by the Austrian National Bank, Wien. Evers, H. D./Solvay, G. (1999): Globale Märkte und symbolischer Konsum: Visionen und Modernität in Südostasien. Working Paper No. 314, Universität Bielefeld. Kirchler, E./DeRosa, A. (2001): Ambiguous Images in Advertising: An Application of the Associative network Method, in: Roland-Levi, C./Kirchler, E./Penz, E./Gray, C. (Eds.): Everyday Representations of the Economy. Wien: WUV. Kirchler, E./Schweiger, G./Puaschunder, J. (2004): Österreichs Image in Australien im Vergleich mit Deutschland und der Schweiz, in: transfer Werbeforschung & Praxis 1/2004, S. 8-13. Kühn, R. (1993): Das "Made-in-Image" Deutschlands im internationalen Vergleich, in: Marketing ZFP, Vol.15, Nr.2. Kurz, H. (1994): Exportwerbung. Strategie und Test österreichtypischer Markenpositionierung. Wien: Service Fachverlag. Meier, K. (2000): Psychologische Überlegungen zur Währungsumstellung - Bedrohung der österreichischen Identität? unveröffentlichte Dissertation an der Universität Wien. Möller, T. (1997): Landesimage und Kaufentscheidung. Wiesbaden: DUV. Moscivici, S. (1984): The Phenomenon of Social Representations. in: Farr, R.M. und Moscivici, S.: Social Representations. Cambridge: Cambridge University Press. Moscivici, S. (1995): Geschichte und Aktualität sozialer Repräsentationen. in: Flick, U. (Hrsg.), Die Psychologie des Sozialen. Repräsentationen in Wissen und Sprache (S.266-314). Hamburg: Rowohlt. Penze, E. (1996): Österreich und die Europäische Union: Integration oder Konflikt? Diplomarbeit an der Universität Wien. Piplics, E., (1991): Österreichs Image in der VR China. Dissertation an der WU Wien. Puaschunder, J. (2003): Österreichs Image in Australien. Diplomarbeit an der WU Wien. Reindl, A. (2005): Österreichs Image in Indonesien. Ein Vergleich mit Deutschland und der Schweiz. Diplomarbeit an der WU Wien. Schweiger, G. (1992): Österreichs Image in der Welt Ein Vergleich mit Deutschland und der Schweiz. Wien: Service Fachverlag. Schweiger, G./Friederes, G./Strebinger, A./Rehrl, I./ Otter, T. (1995): Made in Austria - Kapital für österreichische Marken. Schriftenreihe des Wirtschaftsförderungsinstituts Nr. 269, Wien. Schweiger, G. (1988): Österreichs Image im Ausland. Wien: Norka Verlag. Schweiger G./Schrattenecker G. (2005): Werbung. 6. Auflage, Stuttgart: Lucius & Lucius. Fußnoten 1 Der Einsatz von sozialen Repräsentationstechniken in der Länderimageforschung steckt noch in den Kinderschuhen und wurde erstmals 2002 in der Studie in Australien eingesetzt. Trotz aller Kritik gilt der Ansatz als interessant und viel versprechend (vgl. Kirchler/ Schweiger/Puaschunder, 2004). 2 Die Kern-Peripherie-Analyse bietet jedoch keine statistischen Tests zur Signifikanzprüfung. 33 Komunikationsstrategie Alice Nilsson Integrierte Kommunikationsstrategie: Vom Briefing zum Erfolg FCB Kobza, eine der Top 3 Werbeagenturen in Österreich, verwendet ein sechsstufiges Strategiemodell zur erfolgreichen Planung und Durchführung von Werbekampagnen. Dabei wird nicht nur der Klient selbst, sondern besonders auch seine Kunden und Mitbewerber unter die Lupe genommen, um einen Ausgangspunkt für die kreative Umsetzung der kommunikativen Strategie zu finden. Die Anwendung dieser Methodik wird anhand des Fallbeispiels Allianz praktisch dargestellt. n der österreichischen Werbeagentur FCB Kobza werden sechs Schritte gegangen, um für die Kunden eine maßgeschneiderte Kommunikationslösung zu präsentieren. Nicht alle dieser Punkte müssen in der Realität immer starr eingehalten werden, sondern das Konzept dient lediglich als Leitlinie zur Erstellung eines erfolgreichen Werbekonzepts (Abbildung 1). I Abb. 1 Step 1: Immersion Zuerst wird versucht, Einflussfaktoren und Rahmenkriterien für eine Kampagne abzuklären. Dabei werden Vergangenheit der Marke („Was ist bisher mit der Marke passiert?“), Gegenwart („Was wird derzeit gemacht?“) und Zukunft („Wo soll es hingehen?“) beleuchtet. Die Wissensgenerie- rung basiert auf einem breiten Lernen durch Analysen von Einflussfaktoren auf Markenarchitektur und Markenwert, bisherige Marktforschungsergebnisse und Imageanalysen, Beleuchtung der Konsument-Marke-Beziehung mit Hilfe von Brand Equity Studies, Konkurrenzanalysen, Store-Checks oder Trendanalysen. Dabei können durchaus schon erste hypothetische Lösungsansätze gewonnen werden. Step 2: Insight Sechs strategische Schritte zur erfolgreichen Markenführung Schritt zwei des Modells beschäftigt sich mit der Aufdeckung von Imagedefiziten und Potenzialen zur Produkt-, Markt- und Unternehmensentwicklung. Es soll festgestellt werden, in welchen Bereichen die Konkurrenz innovativer ist und wo es Trendsetter in der Branche gibt. Dies ist Ausgangspunkt für die Markenstrategie. Im Unterschied zu Schritt eins, wird hier kein Rückblick versucht, sondern In-sights liefern einen Blick voraus. Einsicht wird auf Modell) erlangt: beim drei Ebenen (33 C-M Mag. Alice Nilsson, Strategic Planning, FCB Kobza, Wien. Zusammenfassung ihres Vortrags an der WU Wien. [email protected] 34 transfer Step 3: Relational Branding Danach wird versucht, den Markenkern zu erarbeiten, Markenarchitektur und -strategie festzulegen und mittels einer Markenwelt eine Kommunikationsplattform aufzubauen. Um die Essenzen der Marke fassbar zu machen, werden Markenkernfaktoren ermittelt. Diese können auf rationaler (messbare Produkt- oder Serviceeigenschaften), emotionaler (Image, Persönlichkeit) und relationaler Ebene, die die Verbindung vom Konsumenten zur Marke bestimmt, gesammelt werden. Um die Marke von der Konkurrenz abzuheben, wird die Positionierung der Marke festgelegt. Daraus wird ein Brand Manifesto erarbeitet, das die Seele der Marke widerspiegelt. sentiell für die effiziente Nutzung des Werbebudgets, da nur durch ein gutes Briefing die nachfolgende Arbeit auf ein stabiles Fundament gestellt wird. Konkret werden die grundlegenden Aussagen des Briefings in einem kurzen Formular, dem Brief, festgehalten. Schlüsselpunkte dafür sind eine klare Problem-, Ziel- und Zielgruppendefinition. Es wird die Proposition vorgegeben, der Reason why definiert und die Tonalität abgeklärt. Das Briefing ist somit das Sprungbrett für die Kreation. Dazu gehören mit Kunde und Agentur immer zwei aktive Partner, so muss dem Kundenbriefing immer auch ein Rebriefing der Agentur folgen. Anschließend findet auf Basis eines Creative-Brief Formulars ein CreativeBriefing statt, an dem ein ausgewählter Personenkreis (meist die Heads of Creation) teilnimmt. Ansatzpunkte für ein gutes Briefing sind vor allem Klarheit und Fokus auf die Kernprobleme und relevanten Informationen. Daher sollte auf eine einfache Sprache ohne Fachtermini geachtet werden. Ein effizientes Briefing zeichnet sich aber auch durch Stimulation und eine gewisse Portion Mut, im Sinne der Bereitschaft zum Opfern, aus. Step 5: The Creative Idea: Execution & Integration Im nächsten Arbeitsschritt geht es um die Durchführung und Integration der im Briefing festgelegten Richtlinien. Dabei werden interne und externe Maßnahmen (Werbung, Direktmarketing, Onlinepräsenz etc.) strategiekonform umgesetzt. Step 6: Model of One Der abschließende Schritt des Konzepts hat den optimalen Einsatz der unterschiedlichen Kommunikationsformen zum Ziel. Je nach Werbeziel und Kampagnengestaltung kann dies im Fall der Werbeagentur FCB Kobza durch die inhabergeführte FullService Kreativ-Agentur oder eine der Spezialagenturen für Direct und Interactive Marketing (FCBi), Veranstaltungsmarketing und PR (FCB Events & PR) und Handelsmarketing (FCB Retail) erfolgen. Client Insight konnte festgestellt werden, dass die Allianz eine Top drei Marktposition, verbunden mit einer sehr hohen Markenbekanntheit aufweist. Man vertraut der Marke Allianz, sie bietet mit Vorsorge- und Vermögensdienstleistungen aber mehr als nur eine einfache Versicherung. Ein Blick auf die Konkurrenz zeigte, dass es sich hierbei um eine sehr komplexe Branche mit vielen Mitbewerbern handelt. In ihrer Kommunikation zeigen die Mitbewerber besonders die Ängste und Sorgen der Konsumenten auf. Einen weißen Fleck auf der Landkarte stellen daher die Träume und Visionen der Konsumenten dar. Aus diesem Grund sollte sich die Allianz in der Kommunikation auf die Bedürfnisse ihrer Kunden fokussieren. Aus Sicht der Zielgruppe wird klar, dass den Konsumenten zwar vor allem die zukünftige wirtschaftliche und finanzielle Lage ein wenig Kopfzerbrechen bereitet, sie aber genauso viele Pläne für die Zukunft haben. Sie suchen also einen Partner, der ihnen hilft, ihre Wünsche zu realisieren. Aus dem Schnittpunkt dieser drei Insights ergibt sich der strategische Ansatz: „Mach’ deine Träume wahr“. Die Allianz soll also von der Trust zur Love Brand transformiert werden. Sie soll der Partner sein, der dem Konsumenten all seine Wünsche und Träume ermöglicht. Kreativ wurde dieses Konzept mit Betonung auf die Dinge umgesetzt, die man im Leben gerne noch realisieren würde: Träume, Wünsche, Hoffnungen, Pläne, Chancen. Die Tonalität der Kampagne sollte dabei emotionalisierend aber auch kompetent sein. Der Slogan "Weil ich noch viel vorhab" wird seit 2001 bis in die aktuelle "All in One" Kampagne verwendet (Abbildung 2). Abb. 2 „All in One“ Kampagne Allianz Fallbeispiel: Allianz Versicherung Step 4: Briefs & Briefing Ziel des vierten Schrittes ist die Auswahl und Ausarbeitung der Markenstrategie und ein effektives Briefing. Dieser Punkt ist es- Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 Die Allianz trat mit der Aufgabenstellung einer Erweiterung vom reinen Versicherungs- zum modernen Finanzdienstleister an die FCB Kobza heran. Mit Hilfe der 35 Praxis Kunden (client), der Konkurrenz (competitor) und den Konsumenten (customer). Ausgesprochen wichtig für den Erfolg einer Werbekampagne ist das Wissen über das Selbstbild des Kunden und seine Ziele. Es ist relevant, wo der Kunde derzeit steht und wo er mit Hilfe der Kampagne hin will, also die Visionen des Kunden. Weiters muss auch die Branche des Kunden durchleuchtet werden, um eventuelle Trends vorhersagen und der Konkurrenz so zuvorkommen zu können. Es soll festgestellt werden, was den Kunden von seinen Mitbewerbern unterscheidet. Hier soll also herausgefunden werden, ob es weiße Flecken auf der Landkarte gibt, die der Kunde besetzen kann oder ob sich ein Trend abzeichnet, der genutzt werden soll. Das Customer Insight ist der Schlüssel, um Motivation und Verhalten der Ziel gruppe in Bezug auf die Marke zu erkennen und zu erklären. Es geht hier also nicht um das Produkt selbst, sondern um den Menschen, der es verwendet und seine Beweggründe dafür. Es wird die Beziehung des Konsumenten zur Marke beleuchtet, um ein Gefühl für die Personen, die angesprochen werden sollen, zu erhalten und zu erfahren, was für sie relevant ist. Der Schnittpunkt dieser drei Insights ist Ausgangspunkt für die Marken- und Kommunikationsstrategie. Er wird als strategischer Satz an die Kreativen weitergeleitet, die diesen in eine Kampagne umwandeln. 50 Jahre Werbung Hans Schmid, Alexander Lonyay 50 Jahre Werbung - ein Rückblick aus der Sicht eines Wegbereiters! Ausschnitte aus einem Interview mit Dkfm. Hans Schmid und Alexander Lonyay. Das Interview für transfer - Werbeforschung & Praxis führte ao.Univ.Prof.Dr. Wolfgang Mayerhofer vom Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung der Wirtschaftsuniversität Wien. transfer: In den letzten Jahren beherrschen die Schlagwörter Globalisierung und Inter nationalisierung auch die Kommunikationslandschaft. Wie sehr hat sich die Agenturlandschaft in den 50 Jahren verändert? Hat sich durch internationale Netzwerke auch die Zusammenarbeit zwischen Agenturen und Kunden gewandelt? Schmid: Die Internationalisierung hat sicher drastische Veränderungen mit sich gebracht. Früher gab es traditionelle lokale Agenturen mit Persönlichkeiten an der Spitze, wie z.B. die Kommerzialräte Strass, Prosquill oder Weinberger: Das waren Werbeherren, die vor allem in der Kammer verankert waren. Auf der anderen Seite waren Freunde als Werbeleiter bei großen Firmen zentrale Personen, die für die gesamte Kommunikation, und auch für PR, verantwortlich waren. Werbeleiter waren mächtige Herren und wurden auch entsprechend von Agenturen und von Verlagen hofiert, weil sie damals noch ziemlich frei und ohne Mediaplanung entscheiden konnten, wo die Gelder hinkommen. Das war ein geschützter Markt. Nicht nur für die Werbung. Es gab entsprechend wenig Wettbewerb, und die Entscheidungsfindungen waren nicht immer professionell und sachbezogen. Viel geschah über Beziehungen. Das waren Netzwerke, von gegenseitigem Nutzen dominiert. Es war schwer, ins Geschäft zu kommen und starre Strukturen aufzubrechen. Mautner-Markhof z.B. war ein großes Handelshaus. Fast alle Produkte dieses Unternehmens wurden von der hauseigenen Werbeagentur Hager betreut. Lonyay: Ein anderes Beispiel war die Lintas. Schmid: Richtig. Unilever war Eigentümer der Lintas. Aber Ende der 60er Jahre kam es dann zu einer spürbaren Bewegung. 36 Agenturen wie Demner, Wirz, Sieber, Puttner und die GGK begannen die Landschaft zu verändern, indem sie die Qualität der Werbung veränderten. Es waren die lokalen Agenturen, die frischen Wind in die österreichische Werbelandschaft der 60er und 70er Jahre brachten. Österreich war überhaupt lange Jahre ein Bollwerk gegen die Internationalisierung. In Deutschland war von den ersten zehn Agenturen eine einzige in deutschem Eigentum. Dabei hätten die Deutschen ja eine große, exportfähige Industrie und große Marken wie z.B. Mercedes, BMW, VW, Siemens gehabt. Es wäre ein Leichtes gewesen, durch die Exporte auch die Agenturen international groß zu machen. Wie es die Amerikaner, die Franzosen und die Engländer auch gezeigt haben. Wir Österreicher hatten da international kaum Chancen, weil es fast keine exportfähigen Etats gab. Lonyay: … im Prinzip nur die Fremdenverkehrswerbung ... Schmid: ... die Amerikaner gingen mit ihren Kunden in die ganze Welt. Z.B. Coca Cola, Esso, Ford oder General Motors. Transfer: Globalisierung der Agenturlandschaft ist die eine Seite, aber besteht durch die Internationalisierung nicht auch die Chance für kleine Agenturen, sich auf Bereiche wie Events, Product Placement oder Sponsoring zu spezialisieren? Und birgt das für die Markenführung, also den einheitlichen Auftritt von Marken, auch Gefahren? Schmid: Events, Product Placement und Sponsoring sind jene kleinen Etats, die den nationalen Gesellschaften als Spielwiese rückgelassen waren. Der Rest wird international vergeben. Lonyay: Ich habe eine sehr nüchterne Meinung dazu. Ich glaube, dass sich diese Nischenpositionierung im Dienstleistungsgeschäft und Beratungsgeschäft in Österreich außer in seltenen Ausnahmefällen und durch Selbstausbeutung der Eigentümer kaum wirklich tragen. Die Agenturen, die sich spitz positioniert haben, und denen es halbwegs gut geht, verwenden das als Marketinginstrument, um sich selbst zu positionieren, machen in Wirklichkeit aber auch alles. Schmid: Es ist jener Teil des Marketingetats in einem internationalen Unternehmen, der ein bisschen Spielraum lässt, Aufträge zu vergeben, ohne an bestimmte Agenturen gebunden zu sein. Lonyay: Das gilt nicht für PR. Es gibt Agenturen, die sich auf PR spezialisiert haben und davon auch gut leben können. Aber die anderen Spezialbereiche, die sie genannt haben, von Event bis zu diesen ganzen Internetblasen, die mittlerweile geplatzt sind… Schmid: Event ist ein Problem. Auch wir hatten eine eigene Eventagentur. Von Februar bis April könnte man 20 Mitarbeiter beschäftigen und dann wieder September und Oktober - dazwischen ist tote Hose. Lonyay: Das war zu einem Zeitpunkt interessant, als es die vielen Börsengänge gab. Mit dem Wegfall dieser Veranstaltungen gibt es z.B. die Präsentation der Palmers Frühjahrsmode und Herbstmode und das ist es schon. transfer: Hat diese Entwicklung von der klassischen Werbung zu Below the line-Aktivitäten auch Konsequenzen für die Markenführung? Ich denke an die Forderung nach Stilkonstanz im Erscheinungsbild von Marken. Sie selbst haben ja mit Palmers und Römerquelle erfolgreich auf Kontinuität gesetzt. Heute habe ich den Eindruck, dass immer mehr kurzfristige Aktivitäten gesetzt transfer mit dem Umstand, dass auch immer mehr Unternehmer börsennotiert sind, kommt es nicht mehr darauf an, was man heuer für ein Ergebnis macht, sondern was man in diesem Halbjahr, in diesem Quartal für ein Ergebnis macht. Das ist nicht nur eine Veränderung des Charakters der handelnden Personen. Die Leute haben teilweise auch nicht mehr die Chance, längerfristige Strategien zu fahren, weil sie unter Umständen nicht mehr dort sitzen, um das durchtragen zu können. Und umgekehrt: jemand, der etwas schnell hin- und herbewegt weiß, selbst wenn das unter Umständen eine kurzsichtige Strategie ist, in zwei Jahren wird das der Nachfolger seines Nachfolgers zu spüren bekommen, aber er nicht mehr. transfer: Ich kann mich an eine legendäre Diskussion mit unseren StudentInnen in einem Seminar an der Wirtschaftsuniversität erinnern, in der Direktor Wandl von der Römerquelle und Sie selbst gesagt haben, dass Sie sich wechselseitig einbremsen, wenn der eine sagt: „Jetzt machen wir endlich einmal etwas Neues …!“ Schmid: Da kommt ein neuer Kreativer oder ein neuer Berater und die haben die logische Tendenz, alles neu machen zu wollen. Wir haben hier in der GGK immer eine klare Grundhaltung gehabt. Wenn wir etwas schon 15 Jahre sehr erfolgreich machen, dann wollen wir den eingeschlagenen Weg, solange sich der Markt nicht grundsätzlich ändert, nicht verlassen. Wenn der Kunde etwas anderes will, dann muss er es mit einer anderen Agentur machen. transfer: Im Moment heißt es in den Medien, dass sich Palmers mit dem Gedanken Hans Schmid (mi.) und Alexander Lonyay (re.) im Gespräch mit Wolfgang Mayerhofer Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 trägt, von der Farbe grün wegzugehen. Wie schwierig ist die Gratwanderung zwischen Stilkonstanz im Erscheinungsbild und Aktualisierung der Marke? Schmid: Ein gutes Beispiel ist für mich Audi. Der Audi-Erfolg basiert darauf, dass nicht nur ein perfektes Produkt gemacht wird, es gibt auch eine ganz konsequente Designpolitik. Die Audis haben eine ganz klare optische Handschrift. Die Marke hat sich profiliert: gute Qualität, gute Technik und dazu gute Kampagnen! Mir ist in bleibender Erinnerung: Als wir Palmers gewonnen haben, haben wir das Logo immer sehr klein präsentiert. Walter Palmers, ein sehr kultivierter, lieber Herr, hat mit mir gesprochen und wollte ein größeres Logo ich habe das kleine Logo verteidigt. Dann ist er gegangen und mit zwei Poststücken zurückgekommen. Auf einem Brief war als Anschrift nur das charakteristische Palmers P und „Österreich“ und auf dem zweiten Kuvert das Palmers P und „Europe“. Beide Poststücke sind angekommen und er hat nur gesagt: „Sehen Sie, die Kraft des Logos!“ Ich habe es verstanden. transfer: Sie haben mir jetzt das Stichwort für das nächste Thema geliefert. Es gibt ja immer wieder Diskussion, ob Marktforschung Kreativität killt oder einen Beitrag zur effizienten Gestaltung der Werbung leisten kann. Welche Einstellung haben sie zur Werbewirkungsforschung? Haben sie positive oder negative Erfahrungen in ihrer bisherigen Karriere gehabt? Lonyay: Ich glaube, das ist eine Frage, wie intelligent und professionell man sich derartiger Instrumente bedient. Der größte Fehler besteht darin, zuwenig Geld dafür auszugeben. D.h. man verwendet die einfachsten und ungenauesten Instrumente, man stützt sich auf irgendwelche Focusgruppen, die willkürlich zusammengesetzt werden und dann meistens auch verzerrte Ergebnisse liefern. Wenn die Teilnehmer nicht sehr gut ausgesucht und geführt werden, ist die Gefahr groß, dass sich einzelne Leute durchsetzen und einfach die gesamte Gruppe dominieren. Was oft zum schlechten Ruf der Marktforschung beigetragen hat, ist der Missbrauch der Ergebnisse als Rechtfertigung für eigene Entscheidungen. Wenn jemand eine Studie hat machen lassen und das Product Management dann entscheidet, kann ihm keiner mehr etwas vorhalten. Hat er das nicht getan, und hat er auf Grund seiner eigenen Beurteilung eine Entscheidung getroffen, dann hat er ein 37 Praxis werden. Ist das eine Entwicklung, die von der Agenturseite kommt oder von der Auftraggeberseite? Oder ist das eine Zeiterscheinung? Gibt es diese Stilkonstanz überhaupt noch? Schmid: Ich glaube, das hat mit der Entwicklung der letzten Jahre zu tun, mit der allgemeinen Unsicherheit der Leute. Es wird erstens keine Verantwortung mehr übernommen, und zweitens herrscht eine unglaublich hohe Fluktuation sowohl auf der Kundenseite als auch auf der Agenturseite. Es ist niemand mehr hier, der wirklich als Mensch für die Entscheidung geradesteht. Das waren früher starke Unternehmerpersönlichkeiten: Leute, die für die Führung von Marken Verantwortung übernommen haben. Entweder auf der Kundenseite oder sehr oft auf der Agenturseite. Heute sieht man überall Leute kommen und gehen. So hat niemand eine wahre Verantwortung mehr, auch nicht für die Marke. Jeder sucht die Gunst der Stunde und den Erfolg des Augenblicks. Solche Leute sitzen auch im Topmanagement - jeder versucht nur, sich selbst zu schützen, nach dem Motto: „Mir darf nichts passieren, der Marke schon eher!“ Keiner sagt es so deutlich, aber das ist die Konsequenz: Ich schütze mich selbst und nicht mehr die Marke. Früher haben die Leute die Marke geschützt und sie in die Auslage gestellt: Sie sind damit untergegangen oder berühmt worden. Das ist sehr pointiert gesagt, aber es ist so. Lonyay: Denken und Handeln sind kurzfristiger geworden, und das sickert von oben nach unten durch. Mit dem verstärkten Reporting, mit der Veröffentlichungspflicht, 50 Jahre Werbung Abb. 1 Römerquelle Anzeige größeres Risiko. Ich glaube, dass die Leute in der Regel mit diesen Instrumenten nicht umgehen können. Wenn man Marktforschung professionell einsetzt und bereit ist, mehr Geld dafür auszugeben, stellen die Resultate eine wichtige Entscheidungsgrundlage dar. Schmid: Das ist auch eine Frage des Selbstbewusstseins. Wenn man ein Gefühl für Werbung hat, wenn man glaubt zu wissen, dorthin muss es gehen, wenn man überzeugt ist davon, so rede ich mit den Menschen (und ich sage bewusst: reden) und sie verstehen mich, dann hab ich die Werbung auch so eingesetzt. Wir haben nicht gesagt, wir entwickeln zehn Schlagzeilen und werfen sie in einen Test und die beste wird es dann. Wir haben gesagt, diesen Slogan wollen wir und wollen wissen, ob er richtig verstanden wird. Lonyay: Das fällt genau in die Kategorie professionelle Nutzung des Instruments. Marktforschung ist in der Regel konservativ, d.h. Leute können neue Dinge nicht antizipieren. Auch der Effekt von Wiederholungen und dem sich Entwickeln einer Kampagne ist sehr schwer simulierbar. Wenn sie heute zehn Leuten auf einem weißen Karton das Sätzchen „Servus die Wadln!“ vorlegen und fragen, ob das eine geniale Idee ist, werden natürlich die meisten sagen, ich weiß nicht, was das bedeuten soll. Und wahrscheinlich wissen es die Leute jetzt auch nicht, aber viele finden es offensichtlich lustig. Wenn ich einen englischen Slogan habe und möchte wissen, wie viel Prozent der österreichischen Bevölkerung werden diese Worte verstehen kön- 38 nen, kann ich das testen. Ich glaube, das ist auch einer dieser Punkte, in denen Auftraggeber falsche Erwartungen an die Marktforschung haben, oder es ihnen teilweise sogar egal ist, sie wollen einfach nur testen. Schmid: Der größte Auftraggeber der Marktforschung ist die Firma Angst und Bang. Es war auch bei einigen unseren Kunden üblich, dass Marktforschung zur eigenen Absicherung verwendet wurde. Bei internationalen Konzernen hat der eingeflogene Vicepresident als erstes gefragt: „Und was sagt dazu die Marktforschung?“ Wenn sie dann keine vorweisen konnten, waren sie um einen Kopf kürzer. Ich habe den Kunden gesagt: „Wenn Sie das wirklich testen wollen, dann müssen Sie mehr ausgeben. Billiger ist methodisch nicht in Ordnung, das Ergebnis unhaltbar und auch unbrauchbar. Und sind Sie auch bereit, die Konsequenzen zu ziehen? Sind Sie z.B. bereit, auf Basis der Testergebnisse das Produkt einzustellen oder die Werbung zu ändern?“ Meist war die Antwort ein klares „Nein“. Also wozu? Lonyay: Wir haben dieses Prinzip aber manchmal auch selbst benutzt, als die lokalen Entscheider noch mehr Spielraum hatten. Wir haben gesagt, wir können euch beweisen, dass die internationale Kampagne überall, auf allen Ländern dieser Erde funktioniert, aber sicher nicht in Österreich. Abb. 2 transfer: Der letzte Punkt betrifft die Gestaltung der Werbung. Gibt es so etwas wie Meilensteine der Werbung, gib es Kampagnen in den letzten 50 Jahre, von denen Sie sagen, das war damals wirklich bahnbrechend, das gehört auch heute noch in ein Lehrbuch hinein, und wie wird sich die Werbelandschaft in Zukunft verändern? Schmid: Eine Vielzahl der erfolgreichen Kampagnen von damals wäre heute nicht mehr zu machen, weil auf beiden Seiten die Menschen fehlen, sich diese Kampagne auszudenken und durchzustehen. Es fehlt heute vielfach die Courage. Zu den Meilensteinen zählen die schon erwähnten Kampagnen für Palmers und Römerquelle aber z.B. auch die Werbung für die Austria Versicherung mit dem Slogan „Wir zahlen gerne!“. Oder die Kodak Ektra Kampagne mit dem Slogan: „Die Kamera mit dem Griff, der stützt wie ein Stativ, und der schützt wie ein Etui!“ Mit dieser Kampagne hätte man heute keine Chance, sie verstößt 1000%ig gegen alle Guidelines: Sie macht das Produkt lächerlich, der Presenter macht sich lächerlich, usw. Oder nehmen Sie Almdudler. Die Konkurrenten kommen und gehen, Almdudler bleibt bei einem konsequent hohen Marktanteil. Die max mobil Kampagne - der Name max hätte wahrscheinlich keinen Test überstanden, aber Dipl.-Ing. Hansjörg Tengg hat das damals Kraft seiner Persönlichkeit durchgesetzt dabei stand der Name Ö-Call schon fest. Kodak Ektra Kampagne Quelle: Sammlungen der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt Wien XIV transfer Oder Red Bull. Ohne die Konsequenz von Didi Mateschitz undenkbar. Lonyay: Letztlich ist die Werbung der Schwanz, mit dem der Hund wedelt, d.h. die Situation der Werbelandschaft ist eine Konsequenz der Veränderungen im Wirtschaftsleben. Der klassische österreichische Unternehmer existiert nicht mehr. Dazu kommt, dass durch die große Macht des Handels die Werbung für die großen Marken der Fast Moving Consumer Goods von früher heute verkümmert. Colgate hatte eine tolle Kampagne oder Signal mit dem Slogan: „Die roten Streifen, die Sie sehen, enthalten Hexachlorophen!“ Auch Kodak ist heute in Österreich fast nicht mehr präsent. Nicht zu vergessen ist auch die Internationalisierung im Medienbereich. Österreich ist ein kleiner Markt, der an einem zehn Mal so großen gleichsprachigen Markt anhängt. Unter Gerd Bacher hat es im ORF einen Erlass geben, dass deutsche Spots synchronisiert werden müssen - heute völlig absurd. Schmid: Dasselbe gilt auch für Filmproduktionen - auch hier gab es Verlagerungen weg aus Österreich. Lonyay: Signal Zahncreme war damals in Deutschland ein Kosmetikprodukt und im Vergleich zu Österreich preislich anders positioniert und auch in unterschiedlichen Gebindegrößen am Markt - heute undenk- bar. Diese großen Strukturveränderungen in der Wirtschaft sind auch der Grund, weshalb es heute auch in der Werbung anders zugeht und weniger psychologische Aspekte oder sonstige Gründe zählen. transfer: Wagen wir einen abschließenden Blick in die Zukunft. Die Zeit ist schnelllebiger geworden, die Produktlebenszyklen werden kürzer, Produkte und Marken haben weniger Zeit, sich am Markt zu behaupten, die Anzahl der Medien steigt. Welche Veränderungen kommen auf die Werbung zu? Schmid: Die Geschwindigkeit ist sicher eine große Herausforderung für zahlreiche Unternehmen. Marken in so kurzer Zeit in den Markt zu setzen war - nicht zuletzt durch die Inflexibilität der Medien - früher nicht möglich. Lonyay: Beim ORF mussten Kontingente früh gebucht werden und gebettelt werden, wenn man z.B. zwei zusätzliche Spots brauchte. Schmid: Von vielen Firmen wird dies auch bewusst praktiziert - man nutzt eine Modewelle aus, springt auf und lässt dann die Marke auslaufen. Lonyay: Man darf aber nicht außer Acht lassen, dass das ganze Umfeld in den letzten 20-30 Jahren doch deutlich professioneller geworden ist. Die Ausbildung ist bes- ser geworden - im Marketing, in den Agenturen, die Techniken sind professioneller geworden. Diese Gleichrichtung, die es bei Produkten, in der Werbung und bei den Medien gibt, ist natürlich wieder eine Chance für Leute, die außerhalb des Systems agierten, die individuell agieren. Ein Newcomer hat natürlich bessere Chancen wahrgenommen zu werden, wenn er außerhalb der Masse agiert. Schmid: Ich bin auch ein großer Optimist. Ich glaube, dass es zu einer Trendkorrektur kommen wird. Dass man sich wieder besinnen wird, dass man manchmal den kleinen Markt Österreich anders als einen großen Markt behandeln muss. Man wird den lokalen Organisationen wieder mehr Verantwortung übertragen, es werden sich dadurch wieder mehr Persönlichkeiten entwickeln, die zu ihren Entscheidungen stehen und dadurch auch mehr Größe und Erfolg haben, da sie am besten über den lokalen Markt Bescheid wissen. Es werden Agenturen entstehen mit lokalen und regionalen Kunden, die großartige Arbeit leisten und Erfolg haben. Diese Entwicklung wird sich nicht nur auf Agenturen sondern auf den ganzen Dienstleistungsbereich beziehen. transfer: Meine Herren, ich danke Ihnen recht herzlich für das Gespräch! Inserat DUV 1/3, 4c Pharma Marketing Robin Rumler 2006 - Change Management im Pharma Marketing Österreich steht heute an hervorragender 12. Stelle im Ranking der durchschnittlichen Lebenserwartung. Innovative Medikamente und somit die Pharma-Industrie tragen zu diesem erfreulichen Faktum entscheidend bei. Das Werbeverbot für rezeptpflichtige Medikamente an den Laien hat das Pharma Marketing lange Zeit vor allem auf den Arzt konzentriert. Heute rückt der Patient mehr und mehr in den Mittelpunkt. Das Pharma Marketing trägt diesem Trend Rechnung. ie durchschnittliche Lebenserwartung steigt in unserem Land jährlich um etwa drei Monate (!) an. Ein heute in Österreich Geborener, darf sich auf 76,4 Lebensjahre freuen, eine Österreicherin sogar auf 82,1. Die Statistik Austria zeigt aber noch mehr Erfreuliches: Zählt man heute 60 Lenze, so liegen noch 21 Jahre vor „ihm“ und sogar 25 vor „ihr“ (Tabelle 1). Im Durchschnitt liegt Österreich mit 79 Jahren außerhalb der Liste der Top Ten Länder mit der höchsten Lebenserwartung, die von Japan (82 Jahre), Island (81 Jahre) und Schweden (81 Jahre) angeführt wird. Damit liegt die Lebenserwartung in Österreich gleich auf mit jener in Deutschland und noch vor den Vereinigten Staaten von Amerika (78 Jahre), wo pro Kopf doppelt D Tab. 1 soviel für Medizin ausgegeben wird, wie in Österreich. Schlusslichter sind afrikanische Staaten, wie Botswana, Lesotho und Swasiland, wo große medizinische Unterversorgung vorherrscht, mit nur 35 Jahren durchschnittliche Lebenserwartung (World Population Data Sheet 2004). Wir alle wünschen uns ein gesundes, langes Leben, die Voraussetzungen dazu sind gegeben: Wir leben in einem hoch entwickelten Land, unsere medizinische Versorgung ist auf Top-Niveau und wir können auf modernste Medikation zugreifen. Österreichs Krankenversicherungen haben im Jahr 2004 insgesamt 11,5 Milliarden Euro ausgegeben, wobei der Großteil davon auf Anstaltspflege (3,2 Mrd.), ärztliche Hilfe (2,9 Mrd.) und Medikamente (2,4 Mrd.) Lebenserwartung in Österreich 1961 1971 1981 1991 2001 2002 2003 2004 Männer im Alter von 0 Jahren (bei der Geburt) 66,5 66,6 69,3 72,3 75,6 75,8 76,0 76,4 im Alter von 15 Jahren 54,7 54,3 55,7 58,1 61,2 61,3 61,5 61,9 im Alter von 60 Jahren 15,5 15,2 16,4 17,9 20,2 20,2 20,2 20,7 Frauen im Alter von 0 Jahren (bei der Geburt) 72,8 73,7 76,4 79,0 81,6 81,7 81,6 82,1 im Alter von 15 Jahren 60,5 60,8 62,5 64,7 67,1 67,1 67,1 67,6 im Alter von 60 Jahren 19,0 19,0 20,4 22,2 24,2 24,2 24,1 24,6 Quelle: Statistik Austria 2005 40 entfällt (Abbildung 1). Im Vergleich zu den 112 Milliarden Euro, die 2004 für den Straßenbau ausgeben wurden, scheint hier allerdings noch ein Steigerungspotential möglich. Und trotzdem - vieles könnte noch besser sein: Der Arzt hat immer weniger Zeit für den Patienten und der Patient hat oft (zu) viele Fragen zu seiner Behandlung, die in der kurzen Konsultation meist unbeantwortet bleiben. Dafür gibt es verschiedene Gründe: · Die Medizin ist komplexer und viel spezialisierter geworden. · Der Arzt sitzt immer mehr am Schreibtisch und vor dem Computer, statt sich in dieser Zeit mit dem Patienten zu beschäftigen. · Medizinisches Infotainment boomt, der interessierte Laie wird dadurch fordernder. Es können aber auch Missverständnisse entstehen. · Die durchschnittliche Einnahme von lebenslang-notwendigen Medikamenten (z.B nach Schlaganfall oder Herzinfarkt) liegt oft nur bei knapp über 6 Monaten. Dr. Robin Rumler, Marketing Director Pfizer Austria und Präsident PMCA (Pharma Marketing Club Austria). Zusammenfassung seines Vortrags an der WU Wien. [email protected] transfer Abb. 1 Ausgaben der österreichischen Krankenversicherungen 2004 konferenz gestartet. Die nachfolgende PR war groß: 39 Mio Medienkontakte. Die einzelnen Stopps wurden regional durch Inserate und Flugblätter beworben. In jedem Ort kamen bis zu 300 Menschen und wollten mehr über Demenz, Alzheimer, Früherkennung und die Behandlungsmöglichkeiten wissen (Abbildung 2). Aufgrund der enormen Nachfrage fand auch 2004 und 2005 eine Tour statt; 2006 gibt es die vierte Auflage. 2004 wurde der Memory Bus mit dem Österreichischen Staatspreis für PR ausgezeichnet. · Das Werbeverbot für rezeptpflichtige Medikamente verstärkt diese Trends. Die Pharmaindustrie passt sich den Bedürfnissen des Marktes an Galt bis vor kurzem die Devise: „Alles für den Arzt“, so versucht man heute den Patienten optimal zu informieren und ihn über neue Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten. Rechtzeitig werden Patienten- und Laienprogramme installiert, um über Krankheiten und mögliche Behandlungen aufzuklären. Das Ergebnis sind mündigere Patienten, die den Arzt besser verstehen und somit auch mehr Verständnis für die Therapie haben. Wohlgemerkt: oft lebensrettende (bzw. alle rezeptpflichtigen) Medikamente dürfen dabei nicht erwähnt werden: Das verbietet das Arzneimittelgesetz! triert, 100 pro Woche. Die HerzschutzWebsite erhielt das „Golden Skalpell“ für die beste Pharma-Web-Aktion. Fallbeispiel: Memory Bus 2003 wurde erstmals ein Kleinbus zu einem fahrenden Infocenter umgebaut, um auf einer Tour durch 20 österreichische Städte über Demenz-Erkrankungen aufzuklären. Mit an Bord waren ein Arzt, Assistenten und jede Menge Infomaterial zum Thema. Die Tour wurde mit einer Presse- Abb. 2 Waren bislang die ca. 37.000 Ärzte in Österreich Hauptziel der Bewerbungs- und Informationsaktivitäten der Pharmaindustrie, kamen nun auch die Patienten, deren Angehörige und interessierte Laien hinzu. Das Change-Management im Pharma Marketing rund um seine hocheffektiven Medikamente ist also voll im Gange und das mit enormem Erfolg: unsere Lebenserwartung steigt, wie schon erwähnt, ständig und die Wahrscheinlichkeit, 100 Jahre alt zu werden, beträgt heute bereits 1,0% für Frauen und 0,3% für Männer. Hat jemand dieses hohe Alter erreicht, so stehen seine Chancen gut, auch den 101. Geburtstag feiern zu dürfen: Die weitere Lebenserwartung im Alter von genau 100 Jahren beträgt nämlich immerhin 1,6 Jahre für Männer und 1,7 Jahre für Frauen. Memory Bus Fallbeispiel: Kampagne Herzschutz der „Intessensgemeinschaft Herz“ Über im Wartezimmer des Arztes aufliegende Postkarten, per Internet unter www.herzschutz.at oder mittels einer kleinen Infobroschüre in der Verpackung des Medikamentes Sortis (zur Behandlung erhöhter Fettparameter) kann sich der Patient oder Interessent kostenlos an der Kampagne anmelden und erhält anschließend ein Jahr lang Broschüren in monatlichen Abständen zum Thema Herzschutz. Die Aktion wurde im März 2005 gestartet und hat seither über 5000 Anmeldungen regis- Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 41 Praxis Change Ausbildung in der Werbung Christina Urferer, Helmut Kurz Die Qualität von Ausbildungsinstitutionen in Werbung und Marketing Die Zahl der Aus- und Weiterbildungsangebote im Fachbereich Werbung und Marketing ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Vor allem die Fachhochschulen konkurrieren mit den etablierten Anbietern. Diese müssen sich daher bemühen, ihre Position am Bildungsmarkt zu verteidigen. Voraussetzung dafür ist eine regelmäßige Qualitätskontrolle. Dieser Beitrag enthält Umfrageergebnisse aus dem Jahr 2005. er Markt für wirtschaftliche Aus- und Weiterbildung in Österreich hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert. Aufgrund starker Änderungen im Unternehmensumfeld wie z.B. die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft, die Vergrößerung des europäischen Binnenmarktes durch den Beitritt neuer Länder in die Europäische Union und durch neue Technologien, vor allem durch das Internet, sind die Anforderungen der Arbeitgeber an die Qualifikationen ihrer Mitarbeiter gestiegen. Berufliche Qualifikationen D Abb. 1 und insbesondere das Fachwissen veraltern ohne ständiges Lernen in immer kürzeren Abständen (Markowitsch, 2005, S. 181). Aus diesem Grund wird die ständige Weiterbildung immer wichtiger und wird von immer mehr Arbeitnehmern in Anspruch genommen. Dies führte in den letzten Jahren auch zu einer starken Zunahme des Ausund Weiterbildungsangebots am österreichischen Bildungsmarkt, vor allem durch die Einführung der Fachhochschul-Studiengänge Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts (vergleiche Abbildung 1). Entwicklung der Hörerzahlen an österreichischen Universitäten und Fachhochschulen Fachhochschulen sollen laut gesetzlichem Auftrag vor allem eine praxisorientierte Aus- und Weiterbildung anbieten, die deutlich kürzer als an den Universitäten ist. Mittlerweile gibt es mehr als 50 Wirtschafts- und ungefähr doppelt so viele Technikstudiengänge in Österreich. Neben den Fachhochschulen gibt es weiterhin alle klassischen Formen der Weiterbildung wie z.B. ein- oder mehrtägige Seminare, Workshops und Konferenzen sowie firmeninterne Schulungen. Immer häufiger wird auch das Internet als rasche und bequeme Möglichkeit zur Aneignung und Vertiefung von Wissen genutzt: Die Suche nach einem Thema über Suchmaschinen wie z.B. Google oder das Nachschlagen von Fachbegriffen in einem Internetlexikon wie www.wikipedia.de sind für viele eine rasche und bequeme Möglichkeit zum Schließen von Wissenslücken. Dieses ständig steigende Angebot stellt die klassischen akademischen Aus- und Weiterbildungsangebote an Mag. Christina Urferer, Absolventin des Instituts für Werbewissenschaft und Marktforschung, Wirtschaftsuniverstität Wien. [email protected] Quelle: http://www.bmbwk.gv.at/universitaeten/stats/folder_stat_daten.xml 42 ao. Univ. Prof. Dr. Helmut Kurz, Dozent am Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung, Wirtschaftsuniversität Wien. [email protected] transfer Abb. 2 Aktuelle Kampagne des Universitätslehrgangs für Werbung und Verkauf Der Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf Dieser Universitätslehrgang an der Wirtschaftsuniversität Wien ist der älteste Weiterbildungsanbieter im Bereich Werbung und Marketing in Österreich. Seit dem Jahr 1949, also seit mittlerweile 57 Jahren, bietet er vor allem einschlägig Berufstätigen die Möglichkeit, in einem 2-jjährigen Abendstudium das vorhandene Wissen aufzufrischen, neue Erkenntnisse der Marketingforschung und Marketingpraxis kennen zulernen, um sich mit diesem Wissen für höhere Managementpositionen zu qualifizieren. Die zunehmende Konkurrenz zwingt allerdings den Lehrgang dazu, mit intensiver Medienwerbung in den Köpfen potentieller Teilnehmer und bei Arbeitgebern präsent zu bleiben (vergleiche die aktuelle Anzeigenkampagne "Weiterbildung für Aufsteiger" mit erfolgreichen Lehrgangsabsolventinnen und Absolventen im Frühjahr 2006 in Abbildung 2). Vor allem soll die langjährige Führungsposition dieses Lehrgangs in Bezug auf eine praxisnahe Weiterbildung gegenüber den zahlreichen Konkurrenten, insbesondere gegenüber den Fachhochschulen gehalten werden. Zur Überprüfung der Ausbildungsqualität werden laufend Zufriedenheitsmessungen bei Studierenden und Absolventen durchgeführt (Appl 1998, Domagala 2001 und Jachimowicz 2005). Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 Aus- und Weiterbildungsanbieter im Marketing in Österreich Die wichtigste Meßlatte ist wohl das Ur teil der Wirtschaftspraktiker über die Qualität von Aus- und Weiterbildungsanbietern. Daher wurden schon in den Jahren 1993 und 2002 im Auftrag des Lehrgangs für Werbung und Verkauf zwei Studien über die Bekanntheit und das Image der damals wichtigsten Aus- und Weiterbildungsanbieter durchgeführt (Dissmann 1993, Körmendi 2002 bzw. Körmendi/ Kurz 2003). Drei Jahre nach der letzten Studie schien im Jahr 2005 eine Wiederholung dieser Qualitätskontrolle angebracht, weil sich Konkurrenten aus dem Fachhochschulsektor am Markt etabliert hatten und diese in der journalistischen Berichterstattung als besonders praxisorientiert bezeichnet wurden. Die zentrale Frage lautete: Konnte der Universitätslehrgang für Wer- Tab. 1 Bekanntheitsgrad Der Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf liegt mit einem sehr hohen ge stützten Bekanntheitsgrad von 95% an erster Stelle und kann seine führende Prä- Gestützter Bekanntheitsgrad wichtiger Aus- und Weiterbildungsanbieter im Bereich Werbung und Marketing in der österreichischen Wirtschaftspraxis 2002 2005 Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf an der WU Wien 90% 95% Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung an der WU Wien 83% 87% FH Marketing und Sales in Wien 44% 33% FH Kommunikationswirtschaft in Wien 68% 32% FH für Wirtschaftsberatende Berufe in Wiener Neustadt 29% 29% FH Marketing in Graz 17% 18% Befragte: Werbe- und MarketingmanagerInnen 174 474 Quelle: Urferer 2006 43 Praxis den Universitäten vor große Herausforderungen, um am Bildungsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben. bung und Verkauf seine Führungsposition aus den früheren Jahren halten? Im Sommer 2005 wurde eine postalische Umfrage bei 1441 österreichischen Werbeund Marketingmanager/innen (meist Marketingleiter/innen in größeren Firmen, Geschäftsführer/innen von kleineren und mittleren Firmen, Leiter/innen von Werbeagenturen usw.) durchgeführt. Die Rücklaufquote in Höhe von 34% vollständig ausgefüllter Fragebögen übertraf alle Erwartungen, da 2002 lediglich 15% der angeschriebenen Firmen geantwortet hatten. Gründe für diesen überdurchschnittlichen Rücklauf war offenbar die Kombination aus interessantem Thema, der Appell, zum Gelingen einer Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien beitragen zu können, die Verkürzung des Fragebogens von Körmendi (2002) von sechs auf vier Seiten, eine verbesserte Optik des Fragebogens und der den meisten Befragten vertraute Absender (Österreichische Werbewissenschaftliche Gesellschaft). Die soziodemografischen Merkmale der 474 Antwortenden zeigen, dass es sich um eine hochkarätige Stichprobe handelt: 58% der Befragten haben einen Universitätsabschluss und insgesamt 73% gaben an, in einer führenden Position als Inhaber/in, Geschäftsführer/in oder Abteilungsleiter/in ihrer Firma tätig zu sein. Das berufliche Einsatzgebiet war bei 39% die Geschäftsleitung, bei 46% das Marketing und bei 30% die Werbung. 20% der Befragten arbeiteten in Werbeagenturen. Ausbildung in der Werbung Tab. 2 Praxisnähe wichtiger Aus- und Weiterbildungsanbieter im Bereich Werbung und Marketing aus Sicht der österreichischen Wirtschaftspraxis Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf an der WU Wien FH Marketing und Sales in Wien Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung an der WU Wien FH Marketing in Graz FH für Wirtschaftsberatende Berufe in Wiener Neustadt FH Kommunikationswirtschaft in Wien Mittelwert Basis: nur jene, die die jeweilige Institution kennen 4,8 357 4,6 95 4,5 271 4,4 56 4,4 80 4,4 99 6-stufige Skala von 1=“überhaupt nicht praxisnahe“ bis 6=“sehr praxisnahe“ he“Quelle: Urferer 2006 senz in den Köpfen der Marketingpraktiker aus dem Jahr 2002 verteidigen (damals 90% gestützte Bekanntheit, siehe Tabelle 1). Fast genauso bekannt mit 87% ist das Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung an der WU Wien (2002: 83%), das es mittlerweile auch schon seit 51 Jahren gibt. Die einschlägigen Fachhochschulen sind ähnlich wie schon im Jahr 2002 in der österreichischen Werbe- und Marketingpraxis deutlich weniger bekannt, da sie erst Mitte der 90er Jahre gegründet wurden und der Bekanntheitsaufbau in den Köpfen von viel beschäftigten Managern doch etwas Zeit in Anspruch nimmt. schulen hinsichtlich praxisnaher Ausbildung wird also durch die Umfragedaten nicht bestätigt (vgl. Urferer 2006, S. 91). Image Kernpunkt der Umfrage war die Ermittlung des Images jener Aus- und Weiterbildungsinstitution, mit der jeder Befragte am besten vertraut war und, falls ein Absolvent oder eine Absolventin in der Firma des Befragten arbeitete, dessen/deren Bewertung in wichtigen Kriterien. Abbildung 3 zeigt zunächst die Images der bekanntesten und damit auch am häufigsten bewerteten Aus- und Weiterbildungsanbieter. Der Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf hat einen sehr guten Ruf in der Praxis, anerkannte Lektoren und Professoren und gute Kontakte zur Branche. Ein Vergleich mit den Ergebnissen der Studie aus dem Jahr 2002 zeigt, dass der Lehrgang sein gutes Image in der Wirtschaftspraxis halten konnte. Das Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung konnte, verglichen mit der Studie von Körmendi (2002), sein Image deutlich verbessern. Die Beurteilung der Absolventinnen und Absolventen der beiden Institutionen als Mitarbeiter/innen in den Unternehmen der Befragten kann Abbildung 4 entnommen werden. Die Absolventinnen und Absolventen des Universitätslehrgangs für Werbung und Verkauf genießen nach wie vor einen guten Ruf in der Wirtschaftspraxis, gelten als flexibel, können in den Augen der Befragten gut organisieren und ihr Wissen gut vernetzen. Sie sind stark belastbar, können gut im Team arbeiten und haben daher gute Karrierechancen. Im Vergleich zu den Umfragen von Dissmann (1993) und Körmendi (2002) konnten die Absolventinnen und Absolventen des Universitätslehrgangs für Werbung und Verkauf ihren guten Ruf in der Praxis sogar verbessern. Die Werte in den Abbildungen 3 und 4 zeigen aber auch, dass das Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung sowie dessen Absolventinnen und Absolventen ein durchwegs gutes Image in der Wirtschaftspraxis für sich in Anspruch nehmen können. Praxisnähe In der gegenständlichen Umfrage mussten die Werbe- und Marketingmanager/innen weiters jenen Aus- oder Weiterbildungsanbieter, mit dem sie am besten vertraut waren, hinsichtlich der Praxisnähe der Ausbildung beurteilen (siehe dazu Tabelle 2). An erster Stelle hinsichtlich Praxisnähe liegt der Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf mit einem Mittelwert von 4,8, gefolgt von der Fachhochschule für Marketing und Sales in Wien. Knapp dahinter können sich das Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung an der WU Wien und die anderen beurteilten Fachhochschulen platzieren, denen ebenfalls eine überdurchschnittliche Praxisnähe bescheinigt wird. Die in der öffentlichen Wirtschaftsberichterstattung immer wieder betonte Überlegenheit der Fachhoch- 44 Abb. 3 Image des Universitätslehrgangs für Werbung und Verkauf und des Instituts für Werbewissenschaft und Marktforschung Quelle: Urferer 2006 transfer „Darbo“ 1/1, 4c Ausbildung in der Werbung Resümee Abb. 4 Der Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf konnte seinen hohen Bekanntheitsgrad im Jahr 2005 noch weiter ausbauen und auf 95% steigern. Seine Ausbildung und seine AbsolventInnen haben einen sehr guten Ruf in der österreichischen Werbe- und Marketingpraxis. Image der Absolventinnen und Absolventen des Universitätslehrgangs für Werbung und Verkauf und des Instituts für Werbewissenschaft und Marktforschung Literatur Appl T. (1998): Die Evaluation der Ausbildungsqualität des Universitätslehrgangs für Werbung und Verkauf an der Wirtschaftsuniversität Wien durch die Absolventen, Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. Dissmann C. (1993): Das Image des Universitätslehrgangs für Werbung und Verkauf, Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. Domagala D. (2001): Die Evaluation der Ausbildungsqualität des Universitätslehrgangs für Werbung und Verkauf an der Wirtschaftsuniversität Wien durch die Absolventen, Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. http://www.bmbwk.gv.at/universitaeten/stats/ folder_stat_daten.xml, besucht am 25.7.2006. Körmendi L. (2002): Der Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf und seine Konkurrenten aus der Sicht der Wirtschaftspraxis, Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. Quelle: Urferer 2006 Körmendi L./Kurz H. (2003): Der Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf und seine Konkurrenten aus Sicht der österreichischen Wirtschaftspraxis, in: transfer - Werbeforschung und Praxis, 2/2003, S. 38-40. Jachimowicz K. (2005): Die Ausbildung am Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf aus der Sicht seiner AbsolventInnen der Jahre 2001 bis 2004, Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. Markowitsch J. (2005): Betriebliche Weiterbildung in Österreich - Konzepte, Anbieter, Trends, 2005. Urferer C. (2006): Bekanntheit und Image des Universitätslehrgangs für Werbung und Verkauf und seiner Konkurrenten aus der Sicht von Werbe- und MarketingmanagerInnen in Österreich 2005, Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. Personalia Mit 1.1.2006 hat es einen Wechsel in der österreichischen Redaktion von transfer Werbeforschung & Praxis gegeben. Frau Mag. Barbara Köcher-Schulz hat nach insgesamt neun Jahren die Zeitschrift verlassen und zur Kommunikationsagentur Dr. Hansjörg Wachta Ges.m.b.H gewechselt. Mit der Ausgabe 2+3/2006 hat Herr Mag. Florian Keusch die Redaktion und das Anzeigenmarketing von transfer - Werbeforschung & Praxis für Österreich übernommen. DIe Schriftleitung von transfer - Werbeforschung & Praxis bedankt sich für die hervorragende langjährige Zusammenarbeit und wünscht Frau Mag. Köcher-Schulz weiterhin viel Erfolg auf ihrem beruflichen und privaten Weg! Kontakt: Redaktion transfer - Werbeforschung & Praxis Augasse 2-6, 1090 WIen [email protected] Tel.: +43/1/31336/4414 Mag. Barbara Köcher-Schulz 46 Mag. Florian Keusch transfer „IPA+“ 1/1, 4c Positionierung im Möbelhandel Janet Kath Interio - Positionierung eines Einrichtungshauses Interio ist zwar ein Unternehmen mit einem relativ kleinen Anteil am österreichischen Möbelmarkt, hat sich aber durch sein innovatives Produkt- und Ladenkonzept als Nischenanbieter für design-orientierte Kunden, die eine günstige Alternative zu hochpreisigen Markenanbietern suchen, etabliert. Der Unternehmenserfolg beruht dabei auf der partnerschaftlichen Organisation der Beziehungen, der klaren Positionierung und der Seele des Unternehmens. Oberstes Ziel ist es, die Wünsche der Kunden zu übertreffen. nterio wurde 1974 in der Schweiz gegründet und eröffnete 1987 in Linz sein erstes Möbelhaus in Österreich. Da das Unternehmen von Anfang an große Positionierungsprobleme am österreichischen Markt hatte, entschied sich der Globus Konzern, in dessen Besitz sich Interio befindet, für einen Verkauf der österreichischen Geschäfte. 2000 übernahm die Magazin 07 Möbel und Einrichtungen Vertriebs GmbH als Franchisenehmer Interio Österreich und hat die Kette mittlerweile auf zehn Filialen mit 265 Mitarbeitern ausgebaut. I Abb. 1 Möbelmarkt in Österreich Der Möbelmarkt in Österreich ist besonders in den letzten Jahren schwer umkämpft. Gab es bis zur Jahrtausendwende teilweise starke Zuwächse, so war der Markt ab 2002 leicht rückgängig, hat sich im letzten Jahr aber wieder erholt. 2005 wurden im Möbeleinzelhandel in Österreich 3,8 Milliarden Euro umgesetzt. Der Großteil der Umsätze verteilt sich dabei auf die Lutz(2004: 38%) und Kika/Leiner-Gruppen (2004: 30%). Interio ist mit einem Umsatzanteil von 1% im Jahr 2004 klarerwei- Marktanteile im österreichischen Möbeleinzelhandel se nur ein Nischenanbieter (Abbildung 1). Für Interio sind in erster Linie aber nicht nur Mitbewerber am Markt die direkte Konkurrenz, sondern Wohnen ist Kultur und muss als solche von den Konsumenten verstanden werden. Der Markt muss dafür in vielen Fällen erst geschaffen werden. Unternehmenserfolg Strategisch entscheidend für den Unternehmenserfolg von Interio in den letzten Jahren ist die Unternehmensphilosophie, die sich an Stärke und nicht an Größe orientiert, da besonders große Unternehmen oft mit Problemen in der Organisation zu kämpfen haben und in vielen Fällen die Seele des Unternehmens verloren geht. Es wird Wert auf Tempo gelegt und nicht auf Masse, damit schnell reagiert werden kann. Weiters konzentriert man sich auf Flexibilität und nicht auf Volumen, somit sind notwendige Änderungen jederzeit möglich. Die Basis für den Erfolg des Unternehmens liefern drei Säulen: · Organisation · Positionierung · Seele des Unternehmens Janet Kath ist Geschäftsführerin der Magazin 07 Möbel und Einrichtungen Vertriebs GmbH. Zusammenfassung ihres Vortrags an der WU Wien. 48 transfer In weiterer Folge tragen natürlich auch die Finanzen zum Unternehmenserfolg bei, sind allerdings die drei oben genannten Säulen entsprechend stark ausgebildet, so wird sich der finanzielle Erfolg auch einstellen. Organisation Positionierung Grundlage einer klaren Markenpositionierung ist die Definition und Auswahl von Marktsegmenten. 2003 wurden die Zielgruppen am Möbelmarkt in Form von vier Wohntypen vom Ernest Dichter Institut für Interio definiert (Abbildung 2). Die Perfektionisten, ca. 30% der Bevölkerung, sind eher schon gesettelte Personen über 45 Jahre, die keinen Wert auf Innovation legen, ihre Möbel haben aber eher repräsentativen Charakter. Ebenfalls auf Tradition bedacht sind die Minimalisten (25%), für die Einrichtungsgegenstände rein ihrer Zweckmäßigkeit dienen. Sie haben ein eher niedriges Einkommen und nur wenig Gespür für Trends und Design. Beide Typen zählen nicht zur primären Zielgruppe von Interio. Anders hingegen die Trendsetter und die Möchtegerne. Die Trendsetter, mit 10% die kleinste Gruppe, sind zwischen 35 und 60 Jahre alt, legen sehr viel Wert auf Marken, sind trendy und wollen repräsentieren. Die Möchtegerne (33%) sind eine jüngerer Zielgruppe, zwischen 18 und 34 Jahre, und verfügen über einen höhere Bildung, weisen aber eine geringe Kaufkraft auf. Für sie ist Design besonders wichtig, auch wenn es von NoName-Marken kommt. Je kleiner das Geschäft ist, desto wichtiger ist das angebotene Produktportfolio. Vor der Übernahme von Interio Österreich gab es zu viele verschiedene Produkte, die nicht mit der Positionierung der Marke Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 Abb. 2 fügbar sind. In den drei Wohngallerien, die zwischen 1.500 und 2.500 Quadratmeter groß sind, sind nur ausgewählte Möbel und Accessoires verfügbar und in den fünf Wohnboutiquen (450 - 800 Quadratmeter) findet der Kunde zu einem bestimmten Thema (z.B. Essen) gemeinsam präsentierte Produkte. Besonders großer Wert wird auf die Pflege der Beziehung zu den Stammkunden des Unternehmens gelegt, die immerhin 40% des Umsatzes ausmachen. Mehr als 150.000 Österreicher besitzen eine Stammkundenkarte und werden damit sehr aktiv betreut und mit speziellen Aktionen für ihre, meist langjährige, Treue belohnt. Seele des Unternehmens Unter der Seele des Unternehmens ist das zu verstehen, was der Kunde spürt, wenn er ein Geschäft betritt. Dazu zählen in erster Linie natürlich die Mitarbeiter, die besonders im Handel von großer Bedeutung sind. Bei Interio wird versucht, die Mitarbeiter partnerschaftlich zu führen, wobei eine flache Hierarchie vorherrscht. Von elementarer Bedeutung für das Unternehmen ist die Beziehung zu den Liefe ranten. Durch den Globus-Konzern kann man auf ein weltweites Netz an hochwertigen Produzenten zurückgreifen, wobei mit vielen von ihnen eine langjährige Partnerschaft eingegangen wird. 80% der Produkte werden ausschließlich und speziell für Interio entworfen, was die Marke besonders stark macht. Wohntypologie Quelle: Ernest Dichter Institut, 2003 49 Praxis Damit der Kunde die Möbel und Wohnaccessoires aus den Interio-Möbelhäusern jederzeit mitnehmen kann, müssen 16.000 verschiedene Artikel ständig auf Lager sein. Dies bedarf einer organisatorischen und logistischen Meisterleistung. Der sehr partnerschaftliche Franchisevertrag mit dem Schweizer Globus-Konzern erlaubt Interio Österreich ausreichende Flexibilität und Unabhängigkeit im Einkauf und der Wahl der Lieferanten auf der einen Seite, ermöglicht aber auch geballte Einkaufskraft und ein weltweites Netz an hochwertigen Lieferanten auf der anderen Seite. stimmig waren. Erst durch eine Sortimentsbereinigung und Anpassung der Produktauswahl an die Wohntypologien wurde die Positionierung wieder klarer. Es ist nicht so wichtig, dass unbedingt nur Produkte geführt werden, die einen schnellen Umsatz liefern, sondern der Konsument muss ganz genau wissen, was ihn im Geschäft erwartet. Der Sortiments-StrukturMix besteht bei Interio aus den Bereichen Eating, Living, Sleeping, Office, Spa und Light. Ein besonderer Bestandteil der Interio-Kultur ist dabei der Bereich Promotions, in dem aktuelle Angebote aus dem Bereich Möbel und Nichtmöbel zusammengefasst werden, wobei alles, von den Polsterüberzügen bis hin zu den Kerzen, zusammenpasst. Diese Farb- und Designtrends werden schon zwei Jahre vor der jeweiligen Aktion definiert und versucht, passende Produzenten zu finden. Die Preispositionierung greift ganz klar auf die Wohntypologie zurück. Der Kunde erhält bei Interio „Design zum besten Preis“, wobei sich das Design der Möbel manchmal an bekannten Marken orientiert, ohne aber zu kopieren. Der Preis der Produkte liegt allerdings weit unter dem von gängigen Markenmöbeln. Auf, bei anderen Möbelhäusern sehr beliebte, Räumungsverkäufe wird gänzlich verzichtet. Ein weiterer Bestandteil der Säule Positionierung stellt das einzigartige Ladenkonzept dar. Es gibt dabei drei Arten von Outlets. Die zwei Möbelhäuser mit 6.000 Quadratmeter sind jeweils mit einem Großlager ausgestattet, indem alle Artikel sofort ver- Andreas Strebinger Forschung aus aller Welt Dr. Andreas Strebinger, Universitätsassistent am Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung, Wirtschaftsuniversität Wien. [email protected] Drum prüfe, wer die Kunden bindet ... achdem der Zenit der Einführungen immer neuer Kundenbindungsprogramme überschritten ist, stellt sich vielen Unternehmen die Frage: Wie erfolgreich ist unser Programm? Immerhin haben BonusprogrammHypes eine lange Tradition: So waren 1958 zwei Drittel der US-amerikanischen Haushalte Mitglied in einem Kundenbindungsprogramm (sog. „Trading Stamps“), und sammelten etwa die damals außerordentlich populären S&H Green Stamps. Mit der nächsten größeren Rezession verschwanden diese Programme allerdings wieder aus dem Alltag. Der Grund: Bonusprogramme erzeugen für das Unternehmen zusätzliche Kosten für die Entwicklung, Kommunikation und Administration des Programms und die Boni selbst. Und die Kunden kostet das Kennenlernen, das Anmelden, das Verwalten und das Einlösen der Boni Zeit und Hirnschmalz. In den 1970er Jahren zeigten USUmfragen eine große Konsumenten- N 50 mehrheit, die direkte Preisnachlässe im Vergleich zu Bonusprogrammen bevorzugte. Unternehmen mit Kundenbindungsprogrammen, welche nicht die Effizienz des Gesamtsystems für Unternehmen und Kunden erhöhen, laufen demnach Gefahr, von Konkurrenten ausgehebelt zu werden, die allen Kunden etwas günstigere Preise bieten. Mehr Kunden oder bessere Kunden? Ähnlich den USA im Jahr 1958 waren in Deutschland 2003 zwei Drittel der Haushalte Mitglied in einem Kundenbindungsprogramm des Lebensmitteleinzelhandels. Natürlich bietet die Technik heute viel günstigere Wege der Datenerfassung und -verwaltung sowie der individuellen Kommunikation mit dem Kunden als damals. Vielleicht machen sie den entscheidenden Unterschied zwischen dem Damals und dem Heute aus. Für die Profitabilität unternehmenseigener CRMSysteme bleibt jedoch unverändert die Fra- ge, welcher von zwei Effekten überwiegt: Werden die besseren Kunden Mitglieder des Bonusprogramms („Kundenselektionseffekt“) oder werden Mitglieder des Bonusprogramms bessere Kunden („Kundenbindungseffekt“), die mehr kaufen oder dem Unternehmen länger erhalten bleiben? Diese Frage ist schwierig zu beantworten, da die bloße Tatsache, dass die Mitglieder eines Bonusprogramms mehr kaufen als die Nicht-Mitglieder, kein Nachweis des Erfolgs des Bonusprogramms ist. Kaufen ohnehin gute Kunden durch das Bonusprogramm nicht mehr oder dauerhafter beim Unternehmen ein, lukrieren aber den entsprechenden Rabatt, kann das Kundenbindungsprogramm sogar zum Verlustgeschäft für das Unternehmen werden. Effizienzmessung mittels Paneldaten - Ergebnisse einer Studie aus Deutschland In einer Langzeitanalyse von Haushaltspaneldaten mit 12.000 Einkaufsakten transfer repräsentativ ausgewählter deutscher Haushalte fanden Prof. Hermann Diller und Dr. Steffen Müller (Universität Erlangen-Nürnberg) starke Anhaltspunkte für den „Kundenselek-tionseffekt“. Für drei verschiedene Handelsunternehmen einen Supermarkt, einen Drogeriemarkt und ein SB-Warenhaus - zeigen sie, dass es vor allem die guten Kunden des jeweiligen Unternehmens sind, welche Mitglied des Kundenbonusprogramms werden. Vor allem jene Kunden, die bereits vor dem Start des Bonusprogramms einen überdurchschnittlich hohen Teil ihres Bedarfs in dem entsprechenden Unternehmen gedeckt haben, werden Mitglied. Allerdings lässt dieser Effekt mit zunehmendem Alter des Bonusprogramms nach: Während zum Start des Bonusprogramms vor allem die wirklich guten Kunden beitreten, gleichen spätere Eintritte mehr und mehr dem Durchschnittskunden des Unternehmens. Bonusprogramm rechnet sich nur für SB-Warenhaus Nun schließt das nicht aus, dass aus den guten Kunden durch das Bonusprogramm noch bessere werden, allerdings: Für diesen Effekt findet die Studie, zumindest was den Mehrabsatz durch das Bonusprogramm angeht, nur begrenzte Anhaltspunkte. Zwar führte der Beitritt zum Bonusprogramm bei allen drei untersuchten Unternehmen zu einem kurzfristigen Anstieg der Ausgaben des Neumitglieds im Handelsunternehmen. Bereits nach drei Quartalen war von diesen Mehrausgaben jedoch teilweise nichts mehr zu sehen. Unter Einberechnung typischer kundenabhängiger Kosten für das Unternehmen (Administration, Bonus) rechnet sich das Bonusprogramm nur für das SBWarenhaus, nicht jedoch für den Supermarkt und den Drogeriemarkt. Verantwortlich dafür machen die Autoren das Fehlen bedeutender Cross-Selling-Möglichkeiten im Fall des Drogeriemarkts bzw. das Fehlen gezielter Kommunikation mit den Neumitgliedern des Bonusprogramms im Fall des Supermarkts. Nur ein Bonusprogramm anzubieten, ohne mit den Mitgliedern zu kommunizieren, scheint also zu wenig, zumindest wenn das Bonusprogramm auch Mehrabsatz hervorrufen möchte. Direct Mails oder unadressierte Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 Werbeprospekte? Viele Verantwortliche halten ohnehin Erlangen detaillierter Kundeninformationen und die Möglichkeit zu personalisierter Interaktion für einen wichtigen, wenn nicht den wichtigeren Nutzen von Kundenbindungsprogrammen. Aber nicht nur das Unternehmen lernt durch Kundenbindungsprogramme, auch der Kunde wird mit der Zeit schlauer, wie eine Ende vergangenen Jahres im Journal of Marketing Research veröffentlichte Studie von Prof. Harald J. Van Heerde (Universität Tilburg) und Prof. Tammo H. A. Bijmolt (Universität Groningen) dokumentiert. Mithilfe von Infrarot-Frequenzmessern erfassten sie zwei Jahre lang die tägliche Zahl der Kunden in den Geschäften einer niederländischen Modehandelskette. Weiters erfassten sie die täglichen Ausgaben von Mitgliedern und NichtMitgliedern in den einzelnen Geschäften und stellten fest, wie sich diese Größen in Abhängigkeit von Preiswerbungen in Direct Mails (an die Mitglieder des Kundenbindungsprogramms) und in unadressierten Werbeprospekten (an alle Haushalte im Einzugsbereiche der Geschäfte) veränderten. Sie fanden, dass Nicht-Mitglieder zwar generell preissensibler sind als Mitglieder des Kundenbindungsprogramms, dass aber Mitglieder ihre Einkäufe zeitlich viel besser planen und genau lernen, wann hohe Rabatte zu erwarten sind. Im Unterschied zu den Nicht-Mitgliedern drosseln sie ihre Einkäufe bereits, bevor das Unternehmen höhere Aktionsrabatte bekannt gibt, und kaufen nach den Aktionswochen weniger. Unadressierte Werbeprospekte liefern positiven Ergebnisbeitrag Ein zweiter interessanter Befund der Studie ist, dass die unadressierten Werbeprospekte bei den Mitgliedern des Kundenbindungsprogramms erfolgreicher sind als die adressierten Direct Mails: Nach Einberechnung der Kosten bringen die unadressierten Prospekte einen deutlich positiven Ergebnisbeitrag, der bei einem durchschnittlichen Preisabschlag für die beworbenen Artikel von 20% am höchsten ist. Die Direct Mail Kampagnen hingegen sind bei jeder Höhe des Preisabschlags für das Unternehmen ein Verlustgeschäft. Die Autoren vermuteten zunächst, dass das schlechte Abschneiden der Direct Mails an einem Wear-OutEffekt liegen könnte - immerhin erhalten die Mitglieder des Kundenbindungsprogramms pro Jahr 14 persönlich adressierte Zuschriften von der Modekette. Da sich jedoch statistisch kein Anhaltspunkt für einen solchen Wear-Out-Effekt fand, dürfte der Vorteil der unadressierten Prospekte einfach der besseren Aufmachung (größer, mehr Artikel) zuzuschreiben sein. Die Mitglieder des Kundenbindungsprogramms sind für das Unternehmen leichter erreichbar - an der Kontaktqualität zu sparen, erlaubt das im vorliegenden Fall aber offenbar nicht. Cross-Selling-Potentiale als wichtige Erfolgsfaktoren von Kundenbindungsprogrammen Diese Ergebnisse lassen sich natürlich nicht 1:1 auf andere Branchen und Länder übertragen. Vielmehr zeigen sie, dass der Erfolg von Kundenbindungsprogrammen einerseits von der Qualität der Umsetzung (z. B. jener der Direct Mails an die Mitglieder) abhängt, andererseits von einer Reihe von branchen- und unternehmensspezifischen Faktoren. Bevor man versucht, den Kunden mittels aufwändiger Programme an das Unternehmen zu binden, ist vor allem die Existenz von CrossSelling-Potenzialen zu prüfen, d.h. der Möglichkeit, dem Kunden Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen, die er ohne das Kundenbindungsprogramm nicht oder nicht beim eigenen Unternehmen gekauft hätte. Insbesondere bei zufriedenen Kunden kann ein Kundenbindungsprogramm zu substanziellen zusätzlichen Querverkäufen führen, wie eine noch unveröffentlichte, auf der Summer Educators´ Conference der American Marketing Association in Chicago 2006 vorgestellte Studie aus den USA zeigt. Eigene Studien des Instituts für Werbewissenschaft und Marktforschung in Zusammenarbeit mit dem Institut für BWL und Wirtschaftsinformatik der Wirtschaftsuniversität Wien zeigen zudem, dass zur Ausschöpfung eines solchen Cross-Selling-Potenzials zuweilen auch eine neue Dach- oder Gemeinschaftsmarke erforderlich ist. (Marketing ZFP, 28, 2. Quartal 2006; Journal of Marketing Research, 42, 4, November 2005) 51 MAFO-Splitter Wolfgang Mayerhofer MAFO-Splitter Dr. Wolfgang Mayerhofer, ao.Univ.Prof. am Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung an der Wirtschaftsuniversität Wien. [email protected] Die Kunst der Fragebogenerstellung am Beispiel der Konstruktion von Skalen Am Beispiel von drei experimentell durchgeführten Befragungen wird der empirische Nachweis erbracht, dass der Wertebereich der verwendeten Skala, die Verbalisierung der Endpole sowie die Anordnung von Beurteilungsobjekten einen Einfluss auf das Ergebnis der Befragung haben und Empfehlungen abgeleitet. eit- und Kostendruck prägen unsere heutige Zeit. Dies betrifft die Gesellschaft in allen Lebenslagen und zieht sich durch Berufsleben, Alltagsleben und Freizeit und macht auch vor der Marktforschung nicht halt. Die Studie soll kostengünstig - um nicht zu sagen billig - sein, Entscheidungen mit weit reichenden Konsequenzen für Marken und Unternehmen absichern und die Ergebnisse am besten „gestern“ vorliegen. Es darf nicht verwundern, dass vereinzelt bereits der Begriff „quick and dirty“ fällt: „So genau will ich es gar nicht wissen, Hauptsache ich habe die Daten schnell!“ Bleibt zu hoffen, dass die mahnenden Stimmen, die darauf hinweisen, dass zwar jeder Fragen aber noch lange nicht jeder Markt- und Meinungsforschungsfragen stellen kann (Dürr 2002), sich gegen Do-it-yourself-Marktforschung stellen (Scheffler 2002) und nachdrücklich und anschaulich die Fallstricke von Frageformulierungen aufzeigen (Scheffler 2000), auch entsprechend Gehör finden. Die Beurteilung der Qualität von Marktforschung beginnt lange vor der Auswertung der Daten, will man nicht dem GIGO Phänomen (Garbage in - Garbage out) aufsitzen, wie es von Lachmann/Schroiff (1998) skizziert Z 52 wird. Die Fehler, die bei der Datenerhebung gemacht werden, können auch durch noch so aufwändige und anspruchsvolle Auswertungstechniken nicht korrigiert werden. Für die Beurteilung der Qualität von Marktforschungsleistungen ist es auch notwendig, sich nicht auf ISO-Zertifizierungen und Total-Quality-Management (TQM) Ansätze zu verlassen, sondern andere z.B. von Noelle-Neumann (1998) diskutierte Kriterien heranzuziehen. Neben der richtigen Formulierung von Fragen ist die Verwendung von Skalen ein intensiv diskutiertes Thema in Forschung und Praxis. In diesem Zusammenhang muss zwischen der Messung von Konstrukten, wie dies am Beispiel einer Skala zur Messung der sozialen Verantwortung von Unternehmen und Marken von Grusch/ Mertzbach (2006) demonstriert wird und der Zuordnung von Zahlen zu Objekten oder Eigenschaften meist an Hand von Ratingskalen unterschieden werden. Aber auch bei einfachen Ratingskalen gibt es eine Reihe von unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten (vgl. Berekoven/ Eckert/Ellenrieder 2004, S. 77). Anlass für Diskussionen liefert einerseits das von manchen Auswertungsverfahren geforderte Ska- lenniveau (vgl. Weis/Steinmetz 2002, S. 124 und Hüttner 1997, S. 8f und S. 107ff) und anderseits die Anzahl der Skalenstufen, deren Verbalisierung sowie die Gerichtetheit der Skala (vgl. Malhotra/Birks 1999, S. 299). Am Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung wurden von 2004 bis 2006 drei Studien durchgeführt, die neben umfangreichen inhaltlichen auch methodisch interessante Ergebnisse liefern und im Folgenden auszugsweise vorgestellt werden. Akzeptanz von Markenerweiterungen Im Rahmen von Studie 1 wurden im Zeitraum Dezember 2003 bis Jänner 2004 insgesamt 330 Personen befragt. Die umfangreichen inhaltlichen Ergebnisse zur Akzeptanz von Markenerweiterungen in zahlreichen Produkt- und Dienstleistungsbereichen können bei Mahnik/Mayerhofer (2006) nachgelesen werden. Aufgabe des Skalenexperiments war die Überprüfung der Frage, ob die Verwendung einer 9-stufigen Skala von 1 bis 9 (Variante A) im Vergleich zu einer Skala von 0 bis 8 (Variante B) zu unterschiedlichen Ergebnissen führt (vgl. Mahnik 2004 und Abbildung 1). transfer Abb. 1 Skalenexperiment 1 mit unterschiedlichem Wertebereich in rund 21% aller durchgeführten Tests zu höheren Werten und damit zu einer besseren Beurteilung führt. Die durchgehende Bevorzugung von Variante B zeigt sich in der Zielgruppe Management-Nachwuchs insbesondere bei jüngeren Männern und älteren Frauen. Für die Zielgruppe Verkaufspersonal gilt dies für alle Männer und für Frauen der höchsten Alterskategorie. Beide Befunde sprechen gegen Variante B und damit für eine Skala, deren niedrigster Endpunkt mit der geringeren Zustimmung verbalisiert ist (vgl. Reinauer/Seewald 2005, S.208f und Abbildung 2). Images von Digitalkameramarken Verkaufspersonal unterschiedliche Skalenvarianten vorgelegt. In Variante A war die niedrigste Skalenstufe 1 mit „trifft überhaupt nicht zu“ verbalisiert und die höchste Skalenstufe 6 mit „trifft völlig zu“. In Variante B war es genau umgekehrt: Die Bezeichnung von Skalenstufe 1 lautete „trifft völlig zu“ und jene von Stufe 6 „trifft überhaupt nicht zu“ (vgl. Bukovics/Falter 2005). Die Begründung für Variante A lautet, dass ein höherer Wert auch für eine bessere Beurteilung steht: das Unternehmen bzw. die Marke ist attraktiver, vertrauenserweckender oder die Kaufwahrscheinlichkeit höher. Die Begründung für Variante B bezieht sich auf die Schulnotenskala: Eine bessere Note (= Beurteilung) entspricht einem niedrigeren Werte, während eine Note 5 oder 6 für ein „Nicht genügend“ und damit für eine schlechtere Beurteilung steht. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Skalenniveau von Variante B (niedriger Wert = bessere Beurteilung) Im Zusammenhang mit der Messung von Marken- oder Unternehmensimages ist es häufig zur Stützung der Erinnerungsleistung notwendig, die zur Beurteilung stehenden Objekte den Befragten auf einem Blatt vorzulegen. Dies kann durch einen neutralen Schriftzug oder, um ein facettenreicheres inneres Bild zu erzeugen, in Form von Markenlogos erfolgen. Falls es keine Gegenargumente gibt, wird man die Marken alphabetisch auf dem Blatt anordnen, da dies den Befragten keinen Anlass für das Hinterfragen der Reihenfolge der Marken liefert. Um Reihenfolgeeffekte zu vermeiden, die in Form von Primacy- und Recency-Effekten, also der Bevorzugung der ersten und letzten Elemente, mehrfach empirisch nachgewiesen wurden, geschieht die Vorlage meist nicht in Form von senkrechten Listen sondern durch waagrechte Anordnung der Marken auf einem Blatt. Dass auch diese Vorgangsweise zu unerwünschten Effekten führt, zeigen die Ergebnisse ei- Abb. 2 Skalenexperiment 2 mit unterschiedlicher Gerichtetheit Attraktivität von Handelsunternehmen als Arbeitgeber Im Rahmen von Studie 2 wurden im Mai 2005 insgesamt 485 face-to-face Interviews mit Befragten aus den drei Zielgruppen Lehrlinge, Management-Nachwuchs und Verkaufspersonal durchgeführt (Bukovics/Falter 2005). Um einen Einfluss der Gerichtetheit der Skala auf die Beurteilung wichtiger Erhebungstatbestände zu überprüfen, wurden jeweils zwei strukturgleichen Teilstichproben aus den beiden Zielgruppen Management-Nachwuchs und Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 53 Service Zwei strukturgleiche Teilstichproben wurden mit den beiden unterschiedlichen Skalenvarianten konfrontiert. Die Ergebnisse zeigen bei einer Fülle an Erhebungstatbeständen (Kauf- und Nutzungsfrequenz, subjektiv empfundene Ähnlichkeit von Marken, Kaufwahrscheinlichkeit, Werbeintensität, Selbstimage der Befragten, Einstellungsmessung, usw.) einen durchgängigen Befund: Mit Variante B (0 - 8) werden in rund 16% aller durchgeführten Tests höhere Werte erzielt. Erklärt werden kann dies durch den Extremwert Null, der zu einem Fluchtverhalten und damit zu einer Tendenz zur anderen Seite der Skala führt. Dies gilt insbesondere für ältere Personen und Personen ohne Matura/Abitur. Darüber hinaus gibt es eine geschlechtsspezifische Sensitivität, die aber je nach Erhebungstatbestand unterschiedlich gerichtet ist. Eine Skala mit dem Endpunkt Null sollte deshalb nur dann eingesetzt werden, wenn der Wert „0“ tatsächlich für „kaufe ich nie oder verwende ich nie“ steht und nicht für die häufig anzutreffende Verbalisierung „trifft überhaupt nicht zu“ (Reinauer/Seewald 2005, S. 149). MAFO-Splitter ner Studie. Im November und Dezember 2005 wurden 100 persönliche Interviews mit Besitzern von Digitalkameras durchgeführt. Neben zahlreichen anderen Erhebungstatbeständen wurde auch das Image von sieben Digitalkameramarken anhand von Wörtern (verbal) und Bildern (nonverbal) erhoben. Zu diesem Zweck wurden den Befragten insgesamt 24 Wortreize und 28 Bilder vorgelegt, die nominal auf eine Marke, auf mehrere Marken oder auf keine Marke zugeordnet werden konnten. Obwohl sich die nonverbale Imagemessung in zahlreichen Anwendungsbereichen bewährt hat, so z.B. in der Länderimageforschung (Schweiger 1992) und zur Erhebung von Images in zahlreichen Produktgruppen (Mayerhofer 1995), erweist sich die Verwendung von Bildern in der Produktgruppe Kameras und Fotoapparate erneut als nicht unproblematisch (Slach/Mayerhofer 1993). Dies äußerst sich in geringen Zuordnungen mancher Bilder auf die vorgelegten Marken und/oder hohen Zuordnungen auf die beiden Ausweichkategorien „weiß nicht“ oder „trifft auf keine Marken zu“. Um so schwer wiegender ist das Ergebnis des folgenden Experiments zu werten. Zwei strukturgleichen Teilstichproben wurden die sieben Marken in unterschiedlichen Anordnungen vorgelegt: In Variante A waren die Marken alphabetisch aufsteigend (von Canon bis Sony) und in Variante B absteigend (von Sony bis Canon) angeordnet (vgl. Wimmer 2006, S. 281 und Abbildung 3). Für die starke Marke Sony und die eher schwächere Marke Pentax wurde überprüft, ob es durch die unterschiedliche Platzierung zu Unterschieden in der Zuordnung von Wort- und Bildreizen kommt. Auf beide Marken werden in der „vorne“ Platzierung signifikant häufiger negative Items wie z.B. das Wort Reparaturanfällig oder das Bild mit Pensionisten als Markenverwender und in der „hinten“ Platzierung signifikant mehr positive Items (Erotik, Sympathische Marke bzw. das gelungene Foto eines Hafens) zugeordnet (vgl. Wimmer 2006, S. 197). Abb. 3 54 Es gibt somit einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Reihenfolge der Anordnung der Markenlogos und der Markenbeurteilung. Die Beurteilung der Marke fällt besser aus, wenn der Markenname bzw. das Markenlogo weiter hinten angeordnet ist. Resümee In Studie 1 werden in rund 16% aller durchgeführten Tests höhere Werte mit einer Skala von 0 bis 8 im Vergleich zu einer Skala von 1 bis 9 erzielt. Erklärt werden kann dies durch den Extremwert Null, der zu einem Fluchtverhalten und damit zu einer Tendenz zur anderen Seite der Skala führt. Eine Skala mit dem Endpunkt Null sollte deshalb nur dann eingesetzt werden, wenn der Wert „0“ tatsächlich für „kaufe ich nie oder verwende ich nie“ steht und nicht für die häufig anzutreffende Verbalisierung „trifft überhaupt nicht zu“. In Studie 2 sprechen alle Befunde für eine Skala, deren niedrigster Endpunkt mit der geringeren Zustimmung verbalisiert ist und gegen eine Skala, die sich an Schulnoten orientiert und niedrigere Werte demnach eine höhere Zustimmung zum Ausdruck bringen. Studie 3 belegt einen Einfluss der An ordnung von Marken einer Bildvorlage auf deren Beurteilung. Der letzte Befund spricht für die planmäßige Variation der Beurteilungsobjekte auf der vorgelegten Skala oder eine Randomisierung der Anordnung, wie dies bei Befragungen mit Computerunterstützung (CAPI) oder Online Befragungen leicht möglich ist. Literatur Berekoven L./Eckert W./Ellenrieder P. (2004): Marktforschung - Methodische Grundlagen und praktische Anwendung, 10. Auflage, Gabler Verlag, Wiesbaden. Bukovics M.-Th./Falter T. (2005): Die Attraktivität von Handelsunternehmen als potentielle Arbeitgeber bei verschiedenen Zielgruppen, Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. Dürr K. (2002): Kann denn Liebe Sünde sein?, in: planung & analyse 4/2002, S. 4. Grusch L./Mertzbach M. (2006): Der Einfluss von Corporate Social Responsibility (CSR) auf die Einstellung zu Unternehmen und Marken, Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. Hüttner M. (1997): Grundzüge der Marktforschung, 5.Auflage, R.Oldenbourg Verlag, München-Wien. Lachmann U./Schroiff H.-W. (1998): Marktforschungs-Qualität: ein Begriff der Buchhaltung oder der Geisteshaltung?, in: planung & analyse 2/1998, S. 1418. Mahnik N. (2004): Einflussfaktoren auf die Akzeptanz von Markenerweiterungen, Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. Mahnik, N./Mayerhofer W. (2006): Erfolgfaktoren von Markenerweiterungen, duv Verlag, Gabler Edition Wissenschaft, Wiesbaden. Malhotra N.K./Birks D.F. (2000): Marketing Research - An Applied Approach, European Edition, Pearson Education Ltd, Harlow. Mayerhofer W. (1995): Imagetransfer - Die Nutzung von Erlebniswelten für die Positionierung von Ländern, Produktgruppen und Marken, Service Fachverlag, Wien. Noelle-Neumann E. (1998): Qualitätskriterien in der Marktforschung, in: planung & analyse, 2/1998, S. 1013. Reinauer B./Seewald O.J. (2005): Skalen in der Marktforschung - Konstruktion und Ansätze zur Überprüfung von Validität und Reliabilität, Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. Scheffler H. (2000): Vergessen Sie nicht die richtige Frageformulierung, in: planung & analyse, 5/2000, S. 10. Scheffler H. (2002): Forschungs-Murks: Do-it-yourselfMarktforschung, in: planung&analyse, 4/2002, S. 9-10. Schweiger G. (1992): Österreichs Image in der Welt Ein Vergleich mit Deutschland und der Schweiz, Service Fachverlag, Wien. Slach M./Mayerhofer W. (1993): Nonverbale Imagemessung bei Markenartikeln am Beispiel Fotoapparate, in: Werbeforschung und Praxis, 4/1993, S. 137-144. Wimmer H. (2006): Positionierung von Digitalkameras für den Absatzmarkt Österreich anhand verbaler und nonverbaler Indikatoren unter dem Aspekt der digitalen Revolution, Diplomarbeit an der Wirtschaftsuniversität Wien. Blatt mit Markenlogos zur Imagemessung transfer „Römerquelle“ 1/1, 4c „Wiener Städtische“ 1/1, 4c Ü BERPRÜFUNG V O N E INFLÜSSEN Um den Einfluss einer oder mehrerer kategorialer Größen auf eine, auf metrischem Niveau gemessene Variable in einem Experiment feststellen zu können, wird die Varianzanalyse eingesetzt. Vor der Anwendung dieses statistischen Verfahrens sind folgende Fragen zu klären: 1. Zwischen welchen und wie vielen Größen wird ein Einfluss vermutet? 2. Unter welchen Vorraussetzungen ist die Anwendung der Varianzanalyse möglich? 3. Welche Alternative zur Varianzanalyse steht zur Verfügung? MAG. FLORIAN KEUSCH Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung Wirtschaftsuniversität Wien [email protected] M it Hilfe von experimentellen Designs lassen sich fol- Zum Heraustrennen und Sammeln gende theoretischen Fragen statistisch überprüfen: - Hat die Höhe der Warenplatzierung im Regal (niedrigmittel-hoch) einen Einfluss auf die verkaufte Menge? - Beeinflusst die Gestaltung einer Anzeige (Verhältnis von Text- und Bildelementen), die Platzierung in einem Magazin (links/ rechts, vorne/mitte/hinten) oder beides die Betrachtungsdauer? Im ersten Fall spricht man von einer einfaktoriellen Varianzanalyse. Wird, so wie im zweiten Beispiel, ein Einfluss von zwei oder mehreren unabhängigen Variablen (Art der Anzeigengestaltung und Platzierung der Anzeige) auf eine metrische Größe (Betrachtungsdauer in Sekunden) unterstellt, so handelt es sich um eine zwei- bzw. mehrfaktorielle Varianzanalyse. Diese Art der Varianzanalyse eignet sich besonders gut zur Prüfung von Interaktionseffekten zwischen mehreren unabhängigen Variablen. Vorraussetzung für die Anwendung der Varianzanalyse sind Normalverteilung und Varianzhomogenität in den untersuchten Teilstichproben, sowie die Messung der interessierenden Variablen (Betrachtungsdauer, verkaufte Menge) zumindest auf Intervallskalenniveau. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so wird als Alternative der H-Test von Kruskal und Wallis herangezogen. Anwendungsbeispiel Im Dezember 2005 wurden insgesamt 100 Besitzer von Digitalkameras mittels face-to-face-Interviews befragt. Unter anderem wurden die Auskunftspersonen anhand ihrer Fotografierhäufigkeit ("Wie oft fotografieren Sie im Durchschnitt mit Ihrer Digitalkamera?") in drei Gruppen eingeteilt. Die "Gelegenheits-Fotografierer" (n=36) benut- Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 teil7 zen ihre Digitalkammera höchstens einmal im Monat. In der Gruppe der "Durchschnitts-Fotografierer" (n=30) greift man mehrmals im Monat zur Kamera und die "Viel-Fotografierer" (n=27) verwenden ihre Digicams mindestens einmal in der Woche. Im Durchschnitt gibt jeder Digitalkamera-Besitzer pro Jahr an die 62 Euro (y=61,99) für das Fotografieren (z.B. für Kamerazubehör, Fotoausarbeitung, Druckerpatronen, Speichermedien etc.) aus. Mit Hilfe einer einfaktoriellen Varianzanalyse soll nun folgende Hypothese überprüft werden: H1: Die Häufigkeit des Fotografierens hat einen signifikanten Einfluss auf die jährlich ausgegebene Menge an Geld für das Fotografieren mit der Digitalkamera. In einem ersten Schritt werden nun die Mittelwerte für die drei Gruppen der "Gelegenheits-" (y1=45,14), "Durchschnitts-" (y2=53,33) und "Viel-Fotografierer" (y3=94,07) berechnet. Um zu überprüfen, ob die Fotografierhäufigkeit einen Einfluss auf die monetären Ausgaben hat, werden andere Einflüsse, die durch die Annahme in H1 nicht erfasst werden, getrennt. Dies geschieht durch Berechnung der Abweichungsquadrate für jeden einzelnen beobachteten Wert, wobei die Gesamtabweichung SSy, der durch den Einfluss der Fotografierhäufigkeit erklärten Abweichung SSx plus der nicht erklärten Abweichung durch andere Einflüsse SSerror entspricht: n SS y = ∑ ( yi − y ) 2 = (70 − 61,99) 2 + K = 595807,0 i =1 c SS x = ∑ k ( y j − y ) 2 = ( 45,14 − 61,99) 2 + K = 40264,2 j =1 c k j i SS error = ∑∑ ( yij − y j ) 2 = (70 − 45,14) 2 + K = 555542,8 SS y = SS x + SS error = 40264,2 + 555542,8 = 595807,0 57 einBLICK mit : yi K individuelle Beobachtung y j K Mittelwert für Kategorie j y K Mittelwert der gesamten Stichprobe k K Beobachtungen pro Gruppe c K Anzahl der Gruppen Durch eine Gegenüberstellung der durch die Fotografierhäufigkeit erklärten Abweichung SSx mit der Gesamtabweichung SSy lässt sich die Stärke des Einflusses der unabhängigen Variable messen. In diesem Fall werden nur knapp 7% der Abweichung der jährlichen Ausgaben für das Fotografieren mit der Digitalkamera durch die unterschiedliche Fotografierhäufigkeit erklärt. η2 = SS x 40264,2 = = 0,0676 SS y 595807,0 Abschließend wird ein Signifikanztest durchgeführt, wobei von der Gültigkeit der Nullhypothese (es gibt keinen signifikanten Einfluss) ausgegangen wird. Dazu wird ein empirischer F-Wert als Verhältnis zwischen der mittleren quadratischen Abweichung zwischen den Gruppen MSx und der mittleren quadratischen Abweichung innerhalb der Gruppen MSerror berechnet: SS x 40264,2 = = 20132,1 c −1 3 −1 SS 555542,8 MSerror = error = = 6172,7 n−c 93 − 3 MS x 20132,1 Femp = = = 3,261 MS error 6172,7 H-Test von Kruskal und Wallis Im Rahmen derselben Erhebung wurden die Auskunftspersonen gebeten, sieben Digitalkameramarken nach ihrer Kaufwahrscheinlichkeit zu reihen. Anhand folgender Hypothese soll geprüft werden, ob das Alter (in drei Gruppen 15-18 Jahre, 19-30 Jahre, 31-50 Jahre) einen Einfluss auf die Kaufwahrscheinlichkeit der Digitalkameramarke Konica-Minolta hat: H2: Ältere Personen können sich den Kauf einer Digitalkamera von Konica-Minolta eher vorstellen, als jüngere Personen. Sowohl die Verteilung der Antworten, als auch der Kolmogorov-Smirnov-Test zeigen, dass in diesem Fall keine Normalverteilung vorliegt. Da auch die Erhebung der interessierenden Variable mittels Rangreihung (= Ordinalskala) vorgenomen wurde, wird der nicht-parametrische H-Test von Kruskal und Wallis angewandt. Dazu wird aus den Daten der drei Gruppen eine gemeinsame Rangreihung von 1 bis 93 gebildet und die Rangsummen für die einzelnen Altersgruppen gebildet (R1=873, R2=1708, R3=1697). Zur genauen Berechnung der Rangwerte siehe Siegel (1997). Danach wird ein H-Wert berechnet: 2 H= MS x = Der empirische F-Wert, wird mit einem tabellarischen Wert der F-Verteilung verglichen. Dazu wird ein Signifikanzniveau von 95% (Irrtumswahrscheinlichkeit von 5%) gewählt und die Freiheitsgrade (Degrees of freedom, df) bestimmt. df = n − c = 93 − 3 = 90 n K Gesamtstichprobengröße c K Anzahl der Gruppen Da der kritische Wert aus der F-Verteilung in diesem Beispiel mit 2,7 kleiner ist als der berechnete (3,261), kann die Hypothese angenommen werden. Es gibt einen signifikanten Einfluss der Fotografierhäufigkeit auf die Ausgaben für das Fotografieren. Ein Vergleich der Mittelwerte zeigt, dass "Gelegenheits-Fotografierer" (y1=45,14) und "Durchschnitts-Fotografierer" (y2=53,33) weniger Geld ausgeben als "Viel-Fotografierer" (y3=94,07). 58 = k R 12 ⋅ ∑ j − 3( N + 1) = N ⋅ ( N + 1) j =1 n j (873)2 (1708)2 (1697 )2 12 − 3 ⋅ (92 + 1) = 1,09 ⋅ + + 92 ⋅ (92 + 1) 17 36 39 mit : N KGesamtstichprobengröße R j K Rangsumme in der Gruppe j n j KTeilstichprobengröße in der Gruppe j Ein Vergleich des beobachteten H-Werts mit dem Wert der entsprechenden Tabelle zeigt, dass die mit dem beobachteten Wert von H verbundene Wahrscheinlichkeit von 30% eindeutig geringer ist, als das gewählte Signifikanzniveau von 95% und H2 daher verworfen werden muss. Es gibt also keinen signifikanten Einfluss des Alters auf die Kaufpräferenz der Marke Konica-Minolta. Literaturempfehlung: Churchill, G. A./Iacobucci, D. (2002): Marketing Research. Methodological Fundaments, Eighth Ed. Mason: Thomson South-Western. Siegel, S. (1997): Nichtparametrische statistische Methoden, 4., Auflage. Eschborn: Verlag Klotz. Zikmund, W. G. (2000): Business Research Methods, Sixth Ed. Fort Worth: The Dryden-Press. transfer „Standard“ 1/1, 4c Literaturservice Rezensenten: Mag. Robert Madas (rm), Institut für Werbewissenschaft und Marktforschung (o. Univ. Prof. Dr. Günter Schweiger) an der Wirtschaftsuniversität Wien. Mag. Florian Keusch (fk), Österreichische Werbewissenschaftliche Gesellschaft, Wien. Legende: 0: +: ++: +++: keine Eignung Anregungen gute Eignung perfekte Eignung Waldemar PFÖRTSCH, Indrajanto MÜLLER: DIE MARKE IN DER MARKE Bedeutung und Macht des Ingredient Branding Berlin, Heidelberg, New York: Springer 2006. XXII, 204 S., 68 Illus., Geb. EUR 39,95 ISBN 3-540-30057-0 tegie. Pförtsch und Müller führen den neuen Begriff „InBranding“ ein, um Verwechslungen mit dem Co-Branding zu vermeiden. In den Grundlagen beschäftigen sich die Autoren zunächst mit den Bedingungen sowie den Chancen und Risiken des „InBranding“ aus Sicht der Vorproduktehersteller und -nachfrager. Im Mittelpunkt des Buches stehen jedoch Erfolgsbeispiele aus unterschiedlichen Branchen. Neben der Erfolgsgeschichte von Intel Inside beschreiben die Autoren ausführlich die Strategien und Branding-Umsetzungen von Marken wie Gore-Tex, NutraSweet oder Dolby Digital. Darauf aufbauend widmen sich Pförtsch und Müller der Markenbewertung bei „InBrands“, indem sie die Brand Scorecard genauer beschreiben. Die Stärke des Buches liegt in der genau Darstellung erfolgreicher Ingredient Brands und bietet somit besonders Marketing-Praktikern wertvolle Hinweise zur Einführung und Umsetzung von „InBranding“-Strategien. (rm) Nutzen des Buches für: Wissenschaft: Lehre: Praxis: + ++ +++ Nicholas ADJOURI, Petr STASTNY: SPORT-BRANDING Mit Sport-Sponsoring zum Markenerfolg Wiesbaden: Gabler 2006. 272 S. Geb. EUR 52,ISBN 3-409-14269-X Pförtsch und Müller beschäftigen sich in ihrem Buch mit der zunehmenden Bedeutung der Markenführung für Zulieferer. Ausgehend von den theoretischen Grundlagen führen die Autoren eine Vielzahl von Beispielen aus der Praxis an. Ziel ist es, neben der Darstellung des aktuellen Forschungsstandes, vor allem eine Hilfestellung zur Strategie-Umsetzung beim Ingredient Branding zu geben. Das Buch gliedert sich in acht Kapitel und führt von den Grundlagen des Ingredient Branding über Erfolgsbeispiele bis zu Bewertung und Perspektiven dieser Stra- 60 Dass Sport und Wirtschaft in der heutigen Zeit eine immer engere Verknüpfung eingehen, ist hinlänglich bekannt und auch dass Sponsoring in vielen Bereichen des Spitzen- aber auch des Breitensports mittlerweile gängige Praxis ist, dürfte ebenfalls keine Neuigkeit sein. Die Autoren beschäftigen sich in ihrem Werk aber mit einem Aspekt, der über die übliche Beschreibung von Sport-Sponsoring hinausgeht, dem so genannten SportBranding. Sie meinen damit eine Beziehung zwischen beispielsweise einem Sportler, Verein oder Event und einer Marke, die sich durch eine langfristige, intensive und erfolgreiche Partnerschaft, zwischen zwei gleich- berechtigten Partnern auszeichnet, auf Vertrauen beruht und in der gemeinsame strategische Ziele verfolgt werden. Das Buch ist in drei große Kapitel unterteilt, wobei anfangs die Begriffe Sport-Sponsoring und Sport-Branding voneinander abgegrenzt werden und die Beziehung zum Markenmanagement hergestellt wird. Teil zwei beginnt mit einer ausführlichen Analyse der Marke FC Wacker Tirol (österreichischer Fußballklub) und beschreibt so Schritt für Schritt die Vorgehensweise bei der Markenanalyse im Sport. Danach werden kürzere Fallbeispiele des Sport-Brandings in den Bereichen Event (u.a. Tour de France), Mannschaft (u.a. Manchester United), Verband, Liga (u.a. Formel 1), Sport-Persönlichkeit (Michael Schumacher und Franz Beckenbauer) und Markenunternehmen am Beispiel Obi und Rolex dargestellt. Abschließend wird ein Leitfaden zur Umsetzung des SportBrandings in der Praxis angeboten. Als eine besonders reizvolle Lektüre erscheint dieses Buch für Praktiker aus Sport und Wirtschaft, die mit dem Thema Sport-Sponsoring zu tun haben. Ohne auf eine theoretische Fundierung zu verzichten, erklärt es auf pragmatische Weise den Sinn einer langfristigen, fairen und gefestigten Verbindung zwischen Sport und Wirtschaft und gibt nicht zuletzt durch die besonders anschaulichen Beispiele gute Ideen für die praktische Umsetzung. (fk) Nutzen des Buches für: Wissenschaft: Lehre: Praxis: + + +++ Anita ZEDNIK, Andreas STREBINGER: MARKEN-MODELLE DER PRAXIS Darstellung, Analyse und kritische Würdigung Schriftenreihe Werbe- und Markenforschung, Schweiger G. (Hrsg.) Wiesbaden: DUV 2005. XV, 240 S. Mit 67 Abb. und 27 Tab., Br. EUR 49,90 ISBN 3-8350-0063-2 transfer Das vorgegebene Ziel dieses, als erster Band in der von Professor Günter Schweiger herausgegebenen Schriftenreihe „Werbe- und Markenforschung“ erschienenen, Buches ist es, erstens einen ausführlichen Überblick über die aktuellen Marken-Modelle der Praxis zu geben, zweitens auf die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen hinzuweisen und drittens die Modelle in Hinblick auf die Methodik in der Erhebung und der Analyse kritisch zu betrachten. Nutzen des Buches für: Wissenschaft: Lehre: Praxis: ++ ++ ++ Werbeforschung & Praxis 2+3/2006 Im vorliegenden Werk beschäftigt sich der Historiker und Kommunikationswissenschafter Professor Gries mit dem Zusammenspiel zwischen Produkten bzw. Produktkommunikation und Politik bzw. politische Propaganda. Dabei wird die Wechselwirkung der beiden Komponenten in den vergangenen 150 Jahren in Deutschland und Österreich genauer unter die Lupe genommen. Vom offensichtlichen Missbrauch der Produktkommunikation für politische Zwecke in den Jahren des Krieges bis hin zur Produktwerbung heute, die auch dann noch politische Dimensionen haben kann, wenn sie nicht offen mit politischen Symbolen und Lösungen argumentiert, werden eine Vielzahl von Beispielen und Hintergründen für die Verschmelzung von Produkten und Politik beleuchtet. Im ersten Teil des Buches bezeichnet der Autor Markenprodukte als Medien der Moderne, wobei Produktkommunikation mehr ist als nur einfache Produktwerbung. Über eine Verknüpfung von Produkten und deren Geschichte kann Vertrauen in Staat und Gesellschaft geschaffen und käuflich erworben werden. Abschnitt zwei beschäftigt sich mit Propaganda und politischem Missbrauch von Produkten und deren Kommunikation. Beginnend mit dem „deutsch-französischen ChampagnerScharmützel“, über Propaganda im ersten Weltkrieg und zu Zeiten des Austrofaschismus bis zur „Deutschen Werbung“ unter den Nationalsozialisten wird gezeigt, wie gefährlich die Verschmelzung von Produkt- und Politikkommunikation sein kann. Kapitel drei behandelt die Werbegeschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und stellt einen Vergleich zwischen der Entwicklung in der BRD und DDR an. Die Stärke des Buches liegt in der deutlichen Offenlegung der Verknüpfungen zwischen Produktkommunikation und politischer Propaganda, wobei besonders die plakativen Beispiele aus allen Teilabschnitten des letz- ten Jahrhunderts die (Produkt-)Geschichte gut fassbar machen. Vor allem historisch interessierten Studenten, aber auch Praktikern ist dieses Buch zu empfehlen. (fk) Nutzen des Buches für: Wissenschaft: Lehre: Praxis: + ++ ++ Manfred BRUHN: MARKETING FÜR NONPROFIT-ORGANISATIONEN Grundlagen - Konzepte - Instrumente herausgegeben von Diller, H. / Köhler, R. 1. Aufl., Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer 2005. 550 S., 163 Abb. s/w, 8 Tab. s/w EUR 39,ISBN 3-17-018281-1 Service Dazu gliedert sich das Werk in vier Teilbereiche. Zuerst werden theoretische Aspekte zum Thema Marke und ihrer ständig steigenden Bedeutung abgeklärt. Dazu wird unter anderem die Aufgabe der Markenführung in der Praxis beleuchtet und definiert, was unter einem Marken-Modell zu verstehen ist. Als nächster Schritt wird erklärt, wie bei der Recherche und Analyse der Markenmodelle vorgegangen wurde, wobei besonders auf die daraus resultierende, äußerst umfangreiche und insgesamt 88 Marken-Modelle von 42 verschiedenen Anbietern umfassende Liste hingewiesen werden muss. Jene 48 Modelle, zu denen ausreichend Information vorhanden war (darunter das Brand Performance System von A.C.Nielsen/Konzept & Markt, der Brand Equity Evaluator von BBDO Consulting oder das Markensteuerrad von Icon brand navigation), wurden anschließend nach den Gesichtspunkten Datengewinnung, Dateninhalt und Modelloutput zu sechs Modellgruppen zusammengefasst. Abschließend werden die einzelnen Modelle besprochen und kritisch gewürdigt. Die besondere Stärke dieses Buches liegt sicherlich in der äußerst ausführlichen Darstellung der in der Praxis gängigen Marken-Modelle und der detaillierten Beleuchtung ihrer Vor- und Nachteile. Somit wird nicht nur interessierten Studenten ein hervorragender Überblick über das Thema ermöglicht, sondern es werden vor allem Marken-Führungskräften praktische Entscheidungshilfen bei der Wahl zwischen verschiedenen Modellen angeboten. (fk) Rainer GRIES: PRODUKTE & POLITIK Zur Kultur- und Politikgeschichte der Produktkommunikation Wien: WUV 2006. 176 S., broschiert EUR 14,90 ISBN 3-85114-980-7 Manfred Bruhn beschäftigt sich vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbs im Nonprofit-Sektor mit der immer stärkeren Marktorientierung von Nonprofit-Organisationen. Der Autor versucht dabei, nicht nur das klassische Marketing zu übertragen, sondern einen ganzheitlichen Ansatz für Nonprofit-Organisationen zu finden. Ausgehend von den Besonderheiten sozialer Dienstleistungsorganisationen zeigt Bruhn anhand von vielen Beispielen die wichtigsten Aktivitäten eines erfolgreichen Marketings für Nonprofit-Organisationen auf. Das Buch gliedert sich in zehn Kapitel und spannt darin den Bogen von der Notwendigkeit des Marketings über die strategische Marketingplanung bis zum Marketing-Controlling im Nonprofit-Sektor. Abschließend geht Bruhn auf die Zukunftsperspektiven des Faches ein, indem er verschiedene Thesen diskutiert. Im Mittelpunkt des Buches steht der Einsatz von Marketinginstrumenten für Nonprofit-Organisationen, der durch eine Vielzahl von Beispielen verdeutlicht wird. Bruhn stellt zwar auch empirische Ergebnisse zum Nonprofit-Marketing dar, die Stärke des Buches liegt jedoch eindeutig in der Verknüpfung von theoretischen Grundlagen mit praktischen Anwendungen. Besonders für Praktiker finden sich wertvolle Anregungen für eine ver- 61 Literaturservice stärkte Marktorientierung. Für Wissenschaftler bietet das Buch einen guten Überblick über die verschiedenen Aspekte des Nonprofit-Marketings. (rm) Nutzen des Buches für: Wissenschaft: Lehre: Praxis: Fallstudien auf den Markt. Das vorliegende Arbeitsbuch präsentiert anhand bekannter Unternehmen und Marken (z.B. Actimel, UCI Kinowelt, Maggi, Canon, Rewe, Rapid Wien, Palmers und Manner) 19 Fälle aus der aktuellen österreichischen Marketingpraxis aus verschiedensten Bereichen. + ++ +++ Udo WAGNER, Heribert REISINGER, Christopher SCHWAND, Daniel HOPPE (Hrsg.): FALLSTUDIEN AUS DER ÖSTERREICHISCHEN MARKETINGPRAXIS 4 Wien: WUV Universitätsverlag 2006. 208 S., broschiert EUR 21,80 ISBN 3-85114-967-X Drei Jahre nach Veröffentlichung des dritten Bands der „Fallstudien aus der österreichischen Marketingpraxis“ bringt das Herausgeberteam um Professor Wagner von der Uni Wien erneut eine Sammlung von praktischen tere Themengebiete, darunter Marktforschung, Konsumentenverhalten und Kommunikationspolitik. Jede Fallstudie beginnt mit einer einleitenden Darstellung des Unternehmens und der Ausgangslage am Markt. Darauf aufbauend werden je nach Themengebiet unterschiedliche Praxiskonzepte der einzelnen Unternehmen dargestellt. Jede Fallstudie wird mit einigen Fragen und Diskussionspunkten zum behandelten Themengebiet und dem präsentierten Beispiel abgerundet. Die einzelnen Fallstudien decken das Feld Marketing in seinen verschiedenen Facetten ausführlich ab und liefern teilweise sehr gute und aktuelle Beispiele, wie etwa die Neugestaltung des Markenauftritts von Palmers oder die Kommunikationspolitik der Fairtrade-Initiative. Besonders Studenten liefert das Buch einen anschaulichen Ausblick in die Marketingpraxis, es ist aber genauso für Praktiker zur Ideensammlung geeignet. (fk) Im Aufbau orientiert sich der Band an den einzelnen Teilbereichen des Marketings, die er schrittweise vor Augen führt. Grob sind die einzelnen Fälle in strategisches und operatives Marketing unterteilt, danach in zehn wei- Nutzen des Buches für: Wissenschaft: Lehre: Praxis: + +++ ++ Impressum 51.Jahrgang, 211. Folge Herausgeber: Österreichische Werbewissenschaftliche Gesellschaft Augasse 2-6, 1090 Wien, Österreich Tel. +43/1/313 36-4617, Fax +43/1/317 66 99 [email protected], http://www.wwg-online.at Redaktion dieser Folge: Deutsche Werbewissenschaftliche Gesellschaft e.V. Bonner Straße 271, 50968 Köln, Deutschland Tel.: +49/221/ 93 47 78-25, Fax: +49/221/93 47 78-8 [email protected] Für die WWG: o. Univ. Prof. Dr. Günter Schweiger (Chefredakteur), a.o. Univ. Prof. Dr. Wolfgang Mayerhofer (stv. Chefredakteur), beide Wirtschaftsuniversität Wien Herausgeberbeirat: Prof. Dr. H. Dieter Dahlhoff, Universität Kassl PD Dr. Carsten Baumgarth, Universität Siegen Prof. Dr. Arnold Hermanns, Universität der Bundeswehr, Neubiberg Dr. Helene Karmasin, Institut für Motivforschung, Wien Prof. Dr. Erich Kirchler, Universität Wien Prof. Dr. Guido Kucsko, Rechtsanwalt in Wien Prof. Dr. Wilfried Leven, Agentur + Leven + Hermann, Köln und Universität Trier Prof. Dr. Hans-Peter Liebmann, Universität Graz Prof. Dr. Josef Mazanec, Wirtschaftsuniversität Wien Prof. Dr. Hans Mühlbacher, Universität Innsbruck Prof. Dr. Bruce Newman, De Paul University, Chicago Prof. Dr. Lutz v. Rosenstiel, Universität München Prof. Dr. Bodo Schlegelmilch, Wirtschaftsuniversität Wien Prof. Dr. Peter Schnedlitz, Wirtschaftsuniversität Wien Prof. Dr. Günter Schweiger, Wirtschaftsuniversität Wien Prof. Dr. Gerhard Speckbacher, Wirtschaftsuniversität Wien Prof. Dr. Volker Trommsdorff, Technische Universität Berlin Prof. Dipl. Ing. Dr. Gerhard Windischbauer, Veterinärmedizinische Universität Wien Prof. Dr. Gerhard A. Wührer, Johannes Kepler Universität Linz Für die DWG: PD Dr. Carsten Baumgarth, Universität Siegen 62 / Redaktion: Mag. Florian Keusch Verlag und Anzeigenverwaltung: Österreichische Werbewissenschaftliche Gesellschaft Postvertriebszeichen: G42362 Druck: Druckerei Berger, Horn ISSN 1436-798-X, Copyright © 2006 WWG/DWG Nachdruck von Beiträgen mit Quellenhinweis und gegen ein Belegexemplar nur mit ausdrücklicher Genehmigung von WWG/DWG. transfer „Aussenwerbung“ 1/1, 4c Buch des Quartals Buch des Quartals Christian Bosch, Stefan Schiel und Thomas Winder: Emotionen im Marketing Verstehen - Messen - Nutzen Schriftenreihe: Werbe- und Markenforschung, Schweiger G. (Hrsg.) Wiesbaden: DUV 2006. XIII, 526 Seiten, 150 Abbildungen, kartoniert EUR 59,90 ISBN 3-8350-0257-0 Das Buch „Emotionen im Marketing“ ist ein ungewöhnliches Werk in der Wissenschaftslandschaft des Marketing. In der Einleitung erfährt der Leser zum einen, daß es sich hierbei um drei miteinander verzahnte Dissertationen handelt, die in Form von drei Teilen zu einem Buch zusammengefaßt werden und sich mit verschiedenen Dimensionen des Themas „markenrelevante Emotionen“ befassen. Dabei sind alle Dissertationen im Rahmen eines kooperativen Forschungsprojektes der Wirtschaftsuniversität Wien mit einem Marktforschungsunternehmen entstanden und haben letztendlich gemeinsam das Ziel, eine valide Bilderskala zur Messung von markeninduzierten Gefühlen zu entwickeln. Mit der Konzeption von Bilderskalen wird an eine altbewährte Forschungstradition des Instituts für Werbewissenschaft und Marktforschung an der Wirtschaftsuniversität Wien angeknüpft. Unvergessen sind nach wie vor die exzellenten Studien zur nonverbalen Imagemessung von Län-dern, die in den 80er Jahren von Prof. Schweiger durchgeführt worden sind. Zum anderen ist im Vorwort des Herausgebers zu lesen, daß sich das Buch in erster Linie an „Marketingpraktiker in markenführenden Unternehmen“ richtet, für die emotionale Differenzierung eine „effektive Positionierungsstrategie“ darstellt. Prof. Dr. Andrea Gröppel-Klein, Direktorin des Instituts für Konsumund Verhaltensforschung, Universität des Saarlandes [email protected] Es wird also die hohe Erwartungshaltung geweckt, eine Arbeit lesen zu können, die den „State of the Art“ der Emotionsforschung beinhaltet, ein vielversprechendes Messinstrument entwickelt und sich zudem durch hohe Praxisrelevanz auszeichnet. Soviel sei an der Stelle bereits vermerkt, der Leser wird keineswegs enttäuscht! Insgesamt handelt es sich um ein sehr facettenhaltiges Werk, das in den einzelnen Abschnitten mal stärker die Bedürfnisse der Lehre, mal die des Wissenschaftlers und mal die der Praxis anspricht. Der erste Teil der Arbeit (von Thomas Winder) liefert einen sehr guten Überblick über klassische Emotionstheorien und beschäftigt sich ausführlich mit der Konzeption von Plutchik (1980). Zudem geht der Autor auch auf die neurologisch geprägte Theorie von Le Doux (1996) ein und berichtet von der grundsätzlichen Divergenz aktivierungs- versus kognitionsdominanter Emotionstheorien. Dieser Aspekt wird übrigens im dritten Teil von Christian Bosch nochmals aufgegriffen und unter dem Stichwort „Zajonc-Lazarus“-Kontroverse vertieft behandelt und komplettiert den Forschungsstand zum Emotionskonstrukt. Ausgehend von Plutchiks Theorie zeigt der erste Teil auch, welche Gefühlskategorien „markenrelevant“ sind. Dabei wurde ein standardisierter Pool von Bildsti- muli verwendet und erläutert, warum dieses nonverbale Meßinstrument den gängigen verbalen Verfahren zur Emotionsmessung überlegen ist, auch wenn die Konzeption einer solchen Skala sehr aufwendig ist. Mit Hilfe einer spezifischen Variante des Repertory Grid Verfahrens zeigt Stefan Schiel im zweiten Teil der Arbeit detailliert auf, wie eine branchenübergreifende Bilderskala entwickelt werden kann. Dieser Teil ist vor allem für den praxisorientierten Marktforscher von Interesse. Last but not least hält die nonverbale Emotionsmessung auch den wissenschaftlichen Gütekriterienprüfungen stand, wie im dritten Teil des Werkes noch einmal kompetent dargelegt wird. Dieser Teil der Arbeit zeichnet sich zudem durch eine intensive und sehr gelungene Beschäftigung mit dem Prozeß der visuellen Wahrnehmung aus, eine Thematik, die bisher - auch in der verhaltenswissenschaftlichen Marketingliteratur - vernachlässigt wurde und den Wissenschaftler sehr interessieren sollte. Somit wird dem Leser eine Bilderskala zur Emotionsmessung im Marketing präsentiert, deren Vorzüge theoretisch abgeleitet und deren Eignung empirisch geprüft wurde. Diese Skala wird in der zukünftigen Marktforschungspraxis sicherlich gewinnbringend eingesetzt werden können. Besuchen Sie uns im Internet: www.wwgonline.at Hinweis: Beiträge in der Rubrik „Forschung“ sind in einer Doppelblind-Begutachtung jeweils von einem Wissenschafter und einem Praktiker bewertet und für die Veröffentlichung in transfer - Werbeforschung & Praxis empfohlen worden. Veröffentlichungen in der Rubrik „Praxis“ sind vom Herausgeber bewertet und zur Veröffentlichung empfohlen worden. Sie müssen zur Unterscheidung vom Autor in seinen Publikationslisten mit dem Zusatz „im Praxisteil von transfer - Werbeforschung & Praxis publiziert“ geführt werden. 64 transfer