Marko Simsa Marko Simsa/Silke Brix: „Der Nussknacker“ Inhaltsangabe Im großen Opernhaus wird das Ballett „Der Nussknacker“ des Komponisten Peter Iljitsch Tschaikowski aufgeführt. Kinder und Erwachsene warten gespannt auf den Beginn der Vorstellung. Marie bekommt von ihrem Paten Drosselmeier zum Weihnachtsfest einen Nussknacker geschenkt. Sie ist so aufgeregt, dass sie gar nicht einschlafen kann. Als die große Standuhr im Wohnzimmer Mitternacht schlägt, erwacht der Nussknacker plötzlich zum Leben. Gemeinsam mit Marie besiegt er den grimmigen Mäusekönig. Dann verwandelt er sich in einen wunderschönen Prinzen, der um Maries Hand anhält. Er nimmt Marie mit in den zauberhaften Winterwald, wo sie auf dem Zuckerschloss den Blumenwalzer tanzen und der wundersamen Zuckerfee begegnen. Als Marie auf dem Lehnstuhl des Großvaters wieder aufwacht, erscheint alles wie vorher. Mit zwei Ausnahmen: Der beschädigte Nussknacker ist gesund geworden und der Puppenvogel auf der großen Uhr zwinkert ihr mitwissend zu … Didaktische Überlegungen: Das Weihnachtsritual einer vermögenden Familie bildet den Ausgangspunkt einer Geschichte, bei der bis zum Schluss unklar bleibt, ob es sich um einen Traum oder um eine als Märchen erscheinende Wirklichkeit handelt. Der Traum bzw. das Märchen beginnt mit einer Schlacht zwischen dem Mäusekönig und dem Nussknacker, die letzterer mit Hilfe von Marie gewinnt. Da die Uraufführung des Balletts 1892 in Sankt Petersburg geschah könnte in diesem Handlungsablauf ein Bezug zu den kriegerischen Aktivitäten der kommenden Zeiten hergestellt werden. Der Dank für Maries Unterstützung zeigt sich in Gestalt eines Prinzen, der sie in eine fantastische Welt entführt und um ihre Hand anhält. Die Wunschwelt bleibt jedoch ein Traum, allerdings scheinen sich auch Teile der Wirklichkeit verändert zu haben. Das Verhältnis von Traum zur Wirklichkeit, die Bedeutung von Träumen für die menschliche Persönlichkeit, aber die kriegerische Auseinandersetzung zwischen offensichtlich verfeindeten Gruppen lassen sich aus dieser Geschichte als „Bildungsgegenstände“ thematisieren. 1 Formen der Aneignung von Text, Bild und Musik (Verstehen): Der Einstieg mit einem Akrostichon „N..U..S..S..K..N..A..C..K..E..R“ könnte den Widerspruch zwischen der alltäglichen Banalität dieses Gebrauchsgegenstandes und seiner Rolle in der nachfolgenden Ballett – Geschichte erfahrbar machen. Denkbar wäre jedoch auch ein einfaches Blitzlicht (siehe Methodenkatalog). Die Beschreibung des Paten Drosselmeier auf Seite 10 würde sich für ein kleines Texttheater anbieten. Auf Seite 11 könnte eine situative Rollenbefragung Maries Aufschluss darüber geben, was sie in dem Augenblick denkt, als der Pate ihr die Spieluhr präsentiert. An verschiedenen Stellen könnte auch das laute Sprechen und experimentieren mit Texten, „Kneten“ genannt, ebenso zur Anwendung kommen wie das „szenische Lesen“ (siehe Methodenkatalog). Bilddidaktische Zugänge empfehlen sich weniger, da die Bilder den Text illustrieren und von daher kaum Gelegenheiten für eigenständige Deutungen bieten. Die einzelnen Ballettszenen sollten mithilfe der beiliegenden CD in jedem Falle als Standbilder mit der gesamten Gruppe erprobt werden. Für eine spezifische, philosophische Fragestellung sollte der Blumenwalzer von der Gruppe getanzt werden und dabei mit der Aufgabe verknüpft werden, das Tanzverhalten von Jungen und Mädchen zu beobachten. Da es sich um eine längere Erzählung handelt, würde sich im Umgang mit dem Buch das analytische Verfahren anbieten (siehe Methodenkatalog). Da die Geschichte in zahlreichen Geschehensabläufen zur Lebenswelt der Kinder korrespondiert, wäre lesedidaktisch eher auf eine Orientierung auf distanzschaffende Anregungen zu setzen, um in der Analyse das entwerfen von Alternativen, die gezielte Veränderung von Bedingungen und die Artikulation von Widerspruch zu ermöglichen. Mögliche Nachdenkfragen (Hinterfragen): Warum feiern Menschen Weihnachten? Was haben Geschenke mit der „Weihnachtsgeschichte“ zu tun? Könntet ihr auf das Weihnachtsfest verzichten, wenn trotzdem Geschenke verteilt würden? Wäre „Weihnachten“ auch dann ein Fest, wenn es keine Geschenke gäbe? Von welchem Traum hoffst du dir, dass er einmal in Erfüllung gehen möge? Sind Träume wichtig? Warum? Könnten Menschen auch ohne Träume leben? Was würde sich verändern? Warum träumt Marie ausgerechnet diesen Traum? Würdest du auch gerne Prinzessin oder Prinz sein (Gründe)? Mit wem würdest du ansonsten gern einmal tauschen? Warum? Ist es gerecht, dass du so bist wie du bist, oder die (der) bist, die (der) du bist? Tanzen Jungen anders als Mädchen? Warum? 2 Marko Simsa/Doris Eisenburger: „Der Karneval der Tiere“ Inhaltsangabe Nicht nur die beiden Affen Kinder sind schon ganz aufgeregt, auch die anderen Tiere freuen sich ganz besonders auf diesen Tag – denn heute wird der Karneval der Tiere gefeiert. Niemand möchte sich dieses einzigartige Fest entgehen lassen: Elefanten, Löwen, Kängurus… alle sind da! Es wird musiziert, getanzt und einige Tiere führen sogar Kunststücke vor. Für gute Unterhaltung ist also bestens gesorgt! Zum Finale finden sich alle Tiere ein und spielen und tanzen gemeinsam. Didaktische Überlegungen: In dieser Geschichte wird ein besonderes Ereignis des menschlichen Lebens, der Karneval, auf die Tiere übertragen. Da die meisten Kinder in diesem Bereich über eigene Erfahrungen verfügen, werden Sie diese bei der Rezeption des Textes einbringen können. Gleichzeitig gerät das „Menschliche“ bei Tieren zum Erkenntnisgegenstand. Indem Tierstimmen musikalisch transformiert werden, wird die Bedeutung der Musik für Affekte erfahrbar. Die Macht der Musik, Affekte zu evozieren, gleicht der Rhetorik. Dies wird im „Karneval der Tiere“ mithilfe von Tierstimmen auf ungewöhnliche Weise verdeutlicht. Den Affekten entsprechen Arten leiblicher Bewegung, wie sie von den mitwirkenden Tieren demonstriert werden. Anhand der abgebildeten und in der beiliegenden CD vertonte Beispiele könnte auch für Kinder sichtbar werden, dass das Prinzip des Musikalisch – Schönen in den Tönen und ihrer künstlerischen Verbindung zu suchen ist. Da nicht allen Kindern vertraute und bekannte Tiere auftreten, stellt sich zudem die Frage nach möglichen Auswahlkriterien des Komponisten (spekulative Fragestellung). 3 Formen der Aneignung von Text, Bild und Musik (Verstehen): Da es für nachdenklich – philosophische Gespräche über dieses Buch in besonderer Weise auf die Einbeziehung lebensweltlicher Erfahrungen der Kinder ankommt, wären ein Blitzlicht zur Titelseite des Buches (bei abgedecktem Titel) sowie ein Akrostichon, aber auch Blitzlicht zum Wort „Karneval“ sinnvoll. Das üppige Bildmaterial in diesem Buche lädt zur Anwendung fast aller Methoden des ästhetischen Erlebens (siehe Methodenkatalog) ein. Auf diesem Hintergrund sind aus dem Repertoire der Lesedidaktik die identifikationsfördernden Anregungen zu bevorzugen. Im Wege des nicht – wertenden Vergleichens ist die Betrachtung der bildlichen Darstellung eines jeden Tieres mit der musikalischen Widerspiegelung zu verknüpfen. Der Blick ist dabei auf die jeweiligen Wesensmerkmale des dargestellten Tieres und deren mögliche, musikalische Gestaltung zu richten. Da auch die Tiere in der Geschichte eine Bewertung der Veranstaltung vornehmen, könnte auch seitens der Kinder diese in Gestalt eines Elfchens erfolgen. Mögliche Nachdenkfragen (Hinterfragen): Welche Tiere hättest du als Komponist noch hinzugenommen oder weggelassen? (Gründe) Warum könnte der Komponist ausgerechnet diese Tiere ausgewählt haben? Was ist an jedem Tier das Besondere? Hörst du dieses Besondere auch in der Musik? Was unterscheidet den Karneval der Tiere vom Karneval der Menschen? Gibt es ein Tier, dass du Anführungszeichen „schön“ findest? Gilt das auch für die zu diesem Tier komponierte Musik? Was ist eigentlich „schön“? Er finde und zeichne ein „schönes“ Tier, dass es in Wirklichkeit nicht gibt. Vergleicht eure Zeichnungen und findet heraus was ihr an den Tieren anderer Anführungszeichen schön“ findet, und was nicht (Gründe). Was war das „schöne“ an diesem Fest? Warum findet zwischen den Tieren kein Wettbewerb statt wie in dem Buch „Rock am Riff“? Was lernen die einen Tiere von den anderen bei ihren Aufführungen? Könntest du auch wie der Komponist aus Stimmen und Geräuschen Musik machen? Wie und woraus könnte Musik sonst noch entstehen? Gedankenexperiment: Wenn es keine Geräusche auf der Welt gäbe, könnte man trotzdem Musik erfinden? 4 Marko Simsa/Doris Eisenburger: „Der Zauberlehrling“ Inhaltsangabe Geschwind nutzt der Zauberlehrling die Gunst der Stunde und wagt sich selbst ans Zaubern. Doch das geht gehörig daneben und bald muss er erkennen: „Die ich rief, die Geister, werd‘ ich nun nicht los.“ Durch Johann Wolfgang von Goethes Ballade und Paul Dukas‘ Orchesterwerk ist die Geschichte des Zauberlehrlings weltweit bekannt. Marko Simsa präsentiert beides in gewohnt einfühlsamer und humorvoller Weise und lässt dabei den Zauberlehrling selbst zu Wort kommen. Doris Eisenburger hat die Geschichte detailverliebt und atmosphärisch im Bild für uns festgehalten. Die beiliegende CD enthält die komplette Aufnahme von Paul Dukas‘ Orchesterstück, Goethes Ballade und viele zusätzliche Erklärungen von Marco Simsa. Didaktische Überlegungen: Das berühmte Gedicht und seine musikalische Übersetzung berühren zum einen erneut Fragen nach dem Verhältnis von Sprache und Musik, zum anderen aber auch Überlegungen hinsichtlich eines möglichen, allegorischen Charakters dieses sprachlichen Kunstwerks: Gerät auch die Menschheit zunehmend in die Rolle eines Zauberlehrlings, die die Geister, die sie rief, nicht mehr los wird. Die wachsende Umweltzerstörung mag hier für ein Beispiel stehen. Die Affinität vieler Menschen zu Magie und magischen Handlungen, die sich auch in der Häufigkeit von Begriffen mit dem Wortbaustein „Zauber“ ausdrückt (Zauberkünstler, zauberhaft, Ballzauberer, entzaubern, usw.), führt zur Suche nach möglichen Gründen für diese Haltungen. Formen der Aneignung von Text, Bild und Musik (Verstehen): Da es sich um ein sprachliches Kunstwerk handelt, das in Musik übersetzt wurde, sollte nach dem Anhören der gesamten Orchesterfassung die Inszenierung eines Texttheaters folgen. Erst danach sollte das Buch gelesen und die beiliegende CD in Gänze vorgespielt werden. Zur Veranschaulichung und zugleich exemplarisch wird eine Möglichkeit für ein Texttheater vorgestellt: Erste Strophe Der Zauberlehrling (1) Hat (2) der alte Hexenmeister (3) 5 Sich doch (4) einmal wegbegeben! (5) Und nun (6) sollen (7) seine Geister (8) auch (9) nach meinem Willen (10) leben (11) seine (12) Wort‘ und Werke (13) merkt ich (14) und den Brauch, ( 15) und mit Geistesstärke (16) Tu‘ ich (17) Wunder auch. (18) Es werden also 18 Sprecherinnen und Sprecher benötigt. Die Aufteilung des Textes ist so etwas wie die Partitur, nach der das Dirigat erfolgen kann. Das gleiche Verfahren kann bei den übrigen Strophen angewendet werden. Neben dem Texttheater eignen sich aber auch bilddidaktische Einstiege einschließlich Bildschlüssel, Standbildbau und das „Kneten“ von Textpassagen als Zugänge zu diesem Buch. Da vermutlich jedes Kind gern einmal Zauberer sein würde empfehlen sich aus Sicht der Lesedidaktik die identifikationsfördernden Anregungen sowie das integrative Verfahren (siehe Methodenkatalog). Mögliche Nachdenkfragen (Hinterfragen): Würdest du auch gern zaubern können? Wen oder was würdest du verzaubern oder wegzaubern? Warum? Was reizt Menschen am Zaubern und an der „Magie“? Gibt es Situationen und Ereignisse auf der Welt, wo sich Menschen wie Zauberlehrlinge benehmen? Welche? Hast du auch schon einmal ein wichtiges Wort vergessen? Welche Folgen sind vorstellbar, wenn man ein wichtiges Wort – wie der Zauberlehrling – vergisst? Wie klingen Sprache und die Dinge, wenn man sie in Musik übersetzt? Magst du lieber das Gedicht oder die Musik? (Gründe) Könnte die Musik auch für andere Sätze und Dinge stehen als jene, die der Sprecher auf der CD benennt? Wenn ja, warum? 6