Akupunkturbehandlung bei Herpes Zoster Hu Jinsheng Institute of Acupuncture and Moxibustion, China Academy of Traditional Chinese Medicine, Beijing 100700 Fallbeispiel Herr Song, ein männlicher Realschullehrer im Alter von 58 Jahren, stellte sich erstmals am 7. August 2000 mit der Hauptbeschwerde eines Schmerzes im linken Hypochondrium vor, der seit 20 Tagen bestand. Der Patient gab an, dass er plötzlich einen scharfen, brennenden Schmerz im linken Hypochondrium erlitten hatte. Die Schmerzen strahlten nach und nach in die obere abdominelle Region aus und im Hypochondrium erschienen rote Herpesbläschen. Als Diagnose war Herpes Zoster gestellt worden und er wurde in mehreren nahe gelegenen Krankenhäusern mit Flüssigkeitsinfusionen und Medikamenten behandelt. Als Resultat verschwanden die Herpesausschläge teilweise. Die scharfen, brennenden Schmerzen waren jedoch noch immer vorhanden und konnten auch durch Analgetika nicht gelindert werden. Dem Patienten wurde dann von einem Freund empfohlen, sich in unserem Krankenhaus zur Behandlung vorzustellen. Der Patient war sehr angespannt, er hatte einen drahtigen Puls und eine Störung des Leber-Qi sowie Schwierigkeiten mit seinen Schülern und machte sich Sorgen um die Erkrankung seiner alten Mutter und litt unter Schlafstörungen. Die Untersuchung zeigte, dass er leicht übergewichtig war und eine ungesunde Komplexion hatte, jedoch voll orientiert war. Sein Blutdruck betrug 140/90 mmHg und der Puls lag bei 75/Minute. Lunge- und Herzbefund waren unauffällig. Im Bereich des linken Hypochondriums und des oberen Abdomens zeigten sich erhabene dunkelrote Herpesbläschen mit lokaler Schwellung. Die TCMUntersuchung zeigte, dass der Patient in einer schlechten mentalen Verfassung war. Er hatte ein rotes, schwitzendes Gesicht, einen dunkelroten Zungenkörper mit einem dicken, gelben, klebrigen Belag und einem drahtig, schlüpfrigen Puls. Diskussion Prof. Hu: Können Sie uns bitte Ihre TCM-Differentialdiagnose basierend auf den klinischen Manifestationen des Patienten geben? Dr. Li: Ich glaube, es handelt sich in diesem Fall um Feuchte-Hitze in der Leber und Gallenblase. Die Erkrankung ist in der Leber lokalisiert. Der Ausbruch der Erkrankung wurde provoziert durch mentale Anspannung und Stress in der Arbeit und die Beunruhigung durch die Familienangelegenheiten. Die auslösenden Mechanismen der Erkrankung sind die schlechte körperliche Konstitution des Patienten plus kontinuierlicher mentaler Stress. Im initialen Stadium führen lang andauernde mentale Anspannung und Stress zur Stagnation des Leber-Qi, was charakterisiert ist durch Depression, Anspannung, Seufzen und einen drahtigen Puls. Das lang andauernde stagnierte Leber-Qi kann sich in Feuer umwandeln, und somit ist das Erscheinen von roten Zeitschrift für TCM 1/2001 Herpesbläschen entlang der Leber-Leitbahn zu erklären mit scharfen und brennenden Schmerzen. Als der Patient sich hier zur Behandlung vorstellte, hatte sich die Erkrankung bereits umgewandelt von feuchtem Hitze-Syndrom des ersten Stadiums in eine Stagnation der Leitbahnen und Kollateralen im zweiten Stadium. Dies ist charakterisiert durch dunkelroten Herpes mit lokaler Schwellung, einem dunkelroten Zungenkörper mit gelbem, dickem, klebrigem Belag und einem drahtig-schlüpfrigen Puls. Dr. Wang: Ich stimme mit Dr. Li überein. Basierend auf dem Wissen, das ich gelernt habe, würde ich noch gerne eine weitere Differenzierung über die klinischen Manifestationen des Patienten treffen. Zusätzlich zu einer feuchten Hitze in Leber und Gallenblase hat der Patient auch eine Wasserretention aufgrund einer Unterfunktion der Milz, die sich im gelbem Zungenbelag und dem schlüpfrigen Puls zeigt. Habe ich recht, Professor Hu? Würden Sie uns bitte Ihre Meinung zu diesem Fall darlegen? Dr. Zhang: Ich stimme mit den beiden Ärzten überein. Ich habe jedoch noch eine weitere Frage an Prof. Hu. Diese lautet: „Wie ist das Wissen über den Herpes Zoster in der TCM?“ Zuerst möchte ich sagen, dass ich die Differentialdiagnose von Dr. Li und Dr. Wang sehr schätze. Dr. Li hat seine Differenzierung darauf aufgebaut, dass er die Stadien der Erkrankung aufgezeigt und die Unterschiede und die Zusammenhänge zwischen den Stadien analysiert hat, während Dr. Wang durch die Anwendung der Grundtheorien der TCM, die er gelernt hat, noch eine weitergehende verständliche Differenzierung der klinischen Manifestation des Patienten vorgenommen hat. Auf diese Fragen stoßen wir häufig in unserer Klinik und Praxis. Jetzt möchte ich Ihnen gerne meine Ansicht mitteilen. Herpes Zoster ist eine akute herpetiforme Hauterkrankung, die häufig im Bereich der Hüfte auftritt. Meist tritt die Erkrankung plötzlich im Frühjahr und im Herbst auf und zeigt sich durch zusammenklumpte rote Bläschen auf der Haut mit brennenden Schmerzen. Wenn Herpes Zoster im Gesicht auftritt, ist dieser Zustand sehr ernsthaft, da zusätzlich zu den Schmerzen, die der Patient erleidet, die Gesichts-, Augen- und Hörnerven alle verletzt werden können und zu einer schwierigen Wiederherstellung der Funktion dieser Nerven führen kann. Demzufolge sollte die Therapie schnell erfolgen. Die TCM geht davon aus, dass diese Erkrankung größtenteils auf einer inneren Akkumulation von feuchter Hitze und einem überschießenden Feuer der Leber und Gallenblase gemischt mit einer Invasion von exogen toxischen Pathogenen auftritt. Je nach den unterschiedlichen verursachenden Faktoren und der individuellen Körperkonstitution können verschiedene klinische Manifestationen auftreten, die diesen Zustand noch verkomplizieren. Die TCM-Differenzierung des Herpes Zoster umfasst viele Aspekte des TCM-Wissens. Beispielsweise 39 beinhaltet die Ätiologie Feuer in Leber und Gallenblase und Feuchte-Hitze in Milz und Magen; während diese Differenzierung eine Leitbahn- und Zang-Fu-Differenzierung beinhaltet. In der klinischen Praxis sollte eine verständliche Differenzierung auf der Basis des o.g. Wissens durchgeführt und die individuellen klinischen Manifestationen des Patienten beachtet werden. Ich weiß nicht, ob Sie mit meiner Antwort zufrieden sind. Wenn Sie keine anderen Fragen haben, geben Sie mir bitte Ihr Behandlungsprinzip und die Behandlungsmethode bekannt. Dr. Zhang: Nach unserer Differenzierung wird dieser Fall verursacht aufgrund einer feuchten Hitze in Leber und Gallenblase und einer Akkumulation in den Leitbahnen und Kollateralen. Mein Therapieprinzip lautet deshalb, überwiegend feuchte Hitze aus Leber und Gallenblase zu eliminieren und die Milz zu stärken und Feuchtigkeit aufzulösen sowie den freien Fluss in den Leitbahnen und Kollateralen zu fördern. Die Punkte, die ich verwende, sind: Gb 20 (Fengchi), LG 14 (Dazhui), Di 11 (Quchi), Di 4 (Hegu), 3E 5 (Waiguan), Le 14 (Qimen), MP 9 (Yinglingquan), Gb 34 (Yanglingquan) und Le 3 (Taichong). Analyse der Punktkombination: Gb 20 (Fengchi) in Kombination mit Gb 34 (Yanglingquan) und Le 3 (Taichong) kann Feuchte-Hitze in Leber und Gallenblase klären und Schmerzen stoppen. Der Punkt LG 14 (Dazhui) liegt auf der DuLeitbahn, die das Meer der Yang-Meridiane ist und somit das Yang-Qi des gesamten Körpers dominiert. Die Anwendung dieses Punktes kann den Effekt erzielen, Hitze zu klären. Der Punkt Di 11 (Quchi) hat die Wirkung, Hitze zu klären und äußere Syndrom zu lindern. Die kombinierte Anwendung von LG 14 (Dazhui) und Di 11 (Quchi) kann den Hitze klärenden Effekt verstärken. Le 14 (Qimen), ein Punkt auf der Leber-Leitbahn, kann Hitze in Leber und Gallenblase eliminieren und als Lokalpunkt auch Schmerzen lindern. 3E 5 (Waiguan) und Gb 34 (Yanglingquan) sind die beiden distalen Punkte auf den korrespondierenden Leitbahnen und können die Wirkung erzielen, den freien Fluss in den Leitbahnen und Kollateralen zu unterstützen und Schmerzen zu lindern; wenn sie kombiniert werden mit Le 3 (Taichong) können sie noch besser den Geist beruhigen und Schmerzen lindern. MP 9 (Yinglingquan) kann die Milz und den Magen stärken und pathogene Feuchtigkeit auflösen. Dr. Li: Ich schlage vor, dass eine lokale Blutung hinzugefügt werden sollte, um die hypochondrischen Schmerzen zu lindern, und dass eine blutige Schröpfung am Punkt LG 14 (Dazhui) hinzugefügt wird, um Hitze zu klären. Dr. Wang: Ich habe gelernt, dass Moxibustion bei Herpes Zoster angewendet werden kann, aber ich weiß nicht, ob es in diesem Fall angebracht ist. 40 Prof. Hu: Ich möchte Ihnen gerne mein eigenes Behandlungsprinzip und meine Behandlungsmethode für diesen Fall mitteilen. Dr. Zhang hat ein sehr gutes Behandlungsprinzip vorgeschlagen. Es wäre perfekt, wenn er noch die tonisierende und sedierende Methode vorgeschlagen würde. Beispielsweise wird die sedierende Methode angewendet am Punkt LG 14 (Dazhui), Di 11 (Quchi), Di 4 (Hegu), Gb 34 (Yanglingquan) und Le 3 (Taichong) und die neutrale tonisierende-sedierende Methode für die übrigen Punkte. Die Akupunkturbehandlung kann eine deutlich schmerzlindernde Wirkung bei Herpes Zoster erzielen, die Erkrankungsdauer verringern und die Post zoster Neuralgie verhindern (außer bei Schmerzen im Kopf und Gesicht). Das Bluten, das Dr. Li vorgeschlagen hat, ist gut bei Herpesschmerz, und das blutige Schröpfen kann Hitze reduzierend wirken, wobei beide Methoden kombiniert angewendet werden können. Lokales Bluten ist ebenfalls empfehlenswert. Beispielsweise kann um den Herpesausschlag herum mit der Pflaumenblütennadel beklopft werden, um Blutungen zu bewirken, und die Dreikantnadel wird angewendet, um Blutungen zu verursachen, wobei die Punkte im Abstand von einem Cun gestochen werden. Moxibustion in der Behandlung von Hitze-Syndromen ist eine relativ junge Therapieform. Der Mechanismus besteht darin, die Moxibustion zu benutzen, um pathogene Faktoren zu eliminieren und die Körperabwehr zu stärken. Aber in diesem Fall schlage ich diese Behandlung nicht vor. Moxibustion kann recht gute therapeutische Wirkungen für die Folgen einer Herpes Zoster Erkrankung erzielen. Diese Methode zielt darauf ab, eine lokale milde Moxibustion mit einer Moxazigarre durchzuführen. In diesem Fall jedoch schlage ich das lokal umzingelnde Nadeln und das Nadeln der Huatuojiaji Punkte im korrespondierenden Segment vor. Behandlung und Resultate Die o.g. Behandlung wurde bei dem Patienten in der kombinierten Anwendung Akupunktur und Schröpfen durchgeführt; angewendet wurde lokal umzingelndes Nadeln mit filiformen Nadeln in oben, unten, links und rechts gerichteter Richtung, und die Nadelung der Huatuajiaji-Punkte an den korrespondierenden Segmenten. Nach der Nadelung wurde mit der filiformen Nadel blutige Nadelung an den dunkelroten Herpesausschlägen durchgeführt, um Blutungen zu verursachen. Der Patient wurde angewiesen zu ruhen und würziges und fischhaltiges Essen zu vermeiden. Nach einer Behandlung waren die Schmerzen gelindert. Später waren kaum noch Schmerzen vorhanden. Nach fünf Behandlungen war der Herpesausschlag verschwunden. Der Patient war nach weiteren fünf regulären Behandlungen geheilt. Eine FollowUp-Untersuchung nach drei Monaten zeigte, dass der Patient weder Schmerz noch Folgeerscheinungen hatte. Zeitschrift für TCM 1/2001