32 MITTWOCH 29. SEPTEMBER 2010 Bildung & Wissen DIE FRAGE DES TAGES Die Zukunft der Energieversorgung Wie entsteht das Erdmagnetfeld? Ausstellung im Haus der Wissenschaft vermittelt einen Eindruck von der Vielfalt der Forschung im Land Bremen FOTO: FR Von Tieren wie Zugvögeln weiß man, dass sie sich am Magnetfeld der Erde orientieren, und auch die Entstehung der Polarlichter hängt mit dem Magnetfeld zusammen. Ein Teil des Sonnenwindes wird entlang der Feldlinien des Erdmagnetfeldes zu den Polarregionen geleitet, wo er auf die äußeren Schichten der Atmosphäre trifft. Dort regen die Teilchen des Sonnenwindes vorhandene Gasatome zum Leuchten an. Wie aber entsteht überhaupt das Erdmagnetfeld? Antwort: Wissenschaftler nehmen an, dass aufgrund von Temperaturunterschieden und der Erddrehung entstandene Ströme von flüssigem Metall im äußeren Erdkern, das heißt mehr als 2900 Kilometer unter der Erdoberfläche, wie ein gigantischer Dynamo wirken. Die mechanische Energie wird dabei in elektromagnetische Energie umgewandelt, ähnlich wie bei einem Fahrraddynamo, wo ein sich drehender Magnet Strom erzeugt. Beim Geodynamo im Erdinnern führt die Bewegung des geschmolzenen, elektrisch leitfähigen Materials in einem bereits vorhandenen, schwachen Magnetfeld dazu, dass elektrischer Strom entsteht. Dieser besitzt die Eigenschaft, dass er grundsätzlich mit einem Magnetfeld einhergeht. Dabei handelt es sich um ein Dipolfeld, ein Feld mit zwei magnetischen Polen, die allerdings nicht mit den geografischen Polen identisch sind. Bestimmte Gesteine enthalten Informationen über das Magnetfeld in früheren Phasen der Erdgeschichte. Daher weiß man, dass sich das Feld immer wieder verändert hat – auch was die Polarität angeht. Nach Ansicht von Forschern geht das Erdmagnetfeld zwar zum weitaus größten Teil, aber nicht ausschließlich auf die Vorgänge tief im Erdinnern zurück. Ein kleiner Anteil wird magnetisierten Gesteinen knapp unter der Erdoberfläche und elektrischen Strömen in Hunderten oder gar Tausenden KilomeJÜW tern Höhe zugeschrieben. NACHRICHTEN IN KÜRZE AUSGESTORBENE SÄUGETIERE Zahl geringer als befürchtet Singapur. In den vergangenen Jahrhunderten sind wahrscheinlich weniger Säugetierarten ausgestorben als bislang angenommen. Von 187 Arten, von denen man geglaubt habe, sie seien seit dem Jahr 1500 ausgestorben, seien 67 wiederentdeckt worden, berichten die beiden australischen Forscher Diana Fisher und Simon Blomberg in den „Proceedings B“ der Royal Society. Nach Angaben der Autoren sterben Arten aus unterschiedlichen Gründen aus. So könne Lebensraum verloren gehen – beispielsweise durch Abholzen oder Überweidung. Andere Möglichkeiten bestünden darin, dass zu viele Tiere gejagt würden oder sich im Verbreitungsgebiet neue Arten ansiedelten. STUDENTEN MIT STRESSPROBLEMEN Mehr Beratungsgespräche Berlin. Der Stress im Studium schlägt Studenten offensichtlich zunehmend aufs Gemüt: Sie nehmen deutlich mehr psychologische Beratungen in Anspruch als früher, wie das Deutsche Studentenwerk ermittelt hat. Demnach haben Studenten im vergangenen Jahr in rund 82 600 Beratungsgesprächen Hilfe bei seelischen Problemen gesucht – 2008 waren es 79 800 Gespräche gewesen, 2007 rund 66 000. Ein typisches Problem ist laut Studentenwerk Prüfungsangst. Aber auch Identitätskrisen und Depressionen spielten in den Beratungsgesprächen eine Rolle. Außerdem zeigte sich bei Sozialberatungen, dass viele Studenten von Geldsorgen geplagt werden. BILDUNG IST... FOTO: FR „Den Augenblick immer als den höchsten Brennpunkt der Existenz, auf den die ganze Vergangenheit nur vorbereitete, ansehen und genießen, das würde Leben heißen!“ Friedrich Hebbel, Dichter (1813 bis 1863) REDAKTION BILDUNG Telefon 0421 / 36 71 34 65 Fax 0421 / 36 71 10 14 Mail: [email protected] VON J ÜRGEN WENDLER Bremen. Dass der Energieträger Erdöl in den nächsten Jahrzehnten weiter eine zentrale Rolle spielen wird, ist klar. Ebenso klar ist aber auch, dass er zur Neige geht. An zahlreichen Forschungseinrichtungen – auch in Bremen – suchen Wissenschaftler deshalb nach neuen Wegen bei der Energieversorgung. Einen Eindruck von der Vielfalt der Forschungsansätze im kleinsten Bundesland vermittelt die Ausstellung „Die Zukunft der Energie – Bremen nimmt Kurs“, die am Freitag um 16 Uhr im Haus der Wissenschaft eröffnet wird. Die Palette der Themen reicht von Brennstoff- und Solarzellen über bessere Batterien für Elektroautos bis hin zur Nutzung von Gashydraten aus dem Meeresboden. Energie ist ein Begriff aus der Physik, der häufig anschaulich als die Fähigkeit beschrieben wird, eine Arbeit zu leisten. Ohne Energie könnte kein Auto beschleunigt, keine Flüssigkeit erwärmt werden. Um etwa die Körpertemperatur auf einem bestimmten Niveau zu halten, muss der menschliche Organismus chemische Energie in Form von Nahrungsmitteln aufnehmen und in Wärmeenergie umwandeln. Das heißt: Eine Energieform verwandelt sich in eine andere. Das Beispiel verrät zugleich Grundsätzliches über das Wesen der Energie. Sie kann streng genommen weder erzeugt noch verbraucht werden. Es geht immer nur um Umwandlungsprozesse. Ein anderer physikalischer Lehrsatz besagt, dass es grundsätzlich unmöglich ist, zum Beispiel die einem Automotor zugeführte Energie vollständig auszunutzen. Das heißt: Ein Wirkungsgrad – so der Fachausdruck dafür – von 100 Prozent ist unmöglich. Ein Teil der Energie geht immer als Abwärme verloren. Salopp kann man es auch so sagen: Der Auspuff bleibt niemals kalt. Dies hindert Forscher allerdings nicht daran zu versuchen, den Wirkungsgrad immer weiter zu verbessern. Ohne elektrischen Strom wäre das moderne Leben nicht vorstellbar. Erzeugt wird er unter anderem mit Windkraftanlagen. Die junge Frau an Bord eines Forschungsschiffes hält Methanhydrat in der Hand, das auch als „brennbares Eis“ bezeichnet wird. Neuartige Solarzellen Ein Beispiel hierfür sind auch die Solarzellen, die die von der Sonne gelieferte Strahlungsenergie in elektrische Energie umwandeln. An der Universität Bremen arbeiten Forscher an der Weiterentwicklung sogenannter organischer Solarzellen. Organisch bedeutet, dass die Zellen Kohlenstoff enthalten, einen der Grundbausteine von Lebewesen. Bei herkömmlichen Solarzellen wird hingegen Silizium verwendet, bei dem es sich um ein anorganisches, das heißt um ein zum unbelebten Teil der Natur gehörendes, Material handelt. Das Vorbild für die neuartigen Solarzellen mit organischen Farbstoffen liefert die Photosynthese, bei der Pflanzen mithilfe des grünen Blattfarbstoffs Chlorophyll neues Material bilden. Wenn Licht auf Chlorophyllmoleküle trifft, erzeugen diese elektrische Ladungen, die wiederum chemische Reaktionen in Gang setzen. In den Solarzellen führt die von Farbstoffen aufgenommene Sonnenenergie dazu, dass ein elektrischer Strom fließt. Zu den Vorteilen dieser Zellen zählen das geringe Gewicht und die geringen Herstellungskosten. Geplant ist, solche Zellen bereits in den nächsten Jahren auf den Markt zu bringen. Dass sich selbst in Kläranlagen Strom erzeugen lässt, belegen die Arbeiten zu BioBrennstoffzellen an der Universität Bremen. Brennstoffzellen wandeln chemische in elektrische Energie um. Sie bestehen aus zwei metallischen oder metallbeschich- Diese organische Solarzelle lässt sich problemlos falten oder verbiegen. Auch Bremer Forscher arbeiten an der Entwicklung solcher Zellen. FOTO: MARUM teten Elektroden, zwischen denen sich eine Membran beziehungsweise ein Elektrolyt, das heißt ein Stromleiter, befindet. Die elektrische Spannung entsteht, weil die Elektroden bei chemischen Vorgängen unterschiedlich aufgeladen werden. In biologischen Kläranlagen verarbeiten Mikroorganismen im Abwasser enthaltene Stoffe. Die Bremer Forscher lassen die winzigen Lebewesen diese Arbeit in einer Kammer der Brennstoffzelle erledigen. Dabei reinigen die Organismen nicht nur das Wasser, sondern erzeugen zugleich Elektronen, die von einer der Elektroden aufgenommen werden. Über ein Kabel gelangen sie zur zweiten Kammer, in der sich sauerstoffgesättigtes Wasser und die andere Elektrode befinden. Dort bewirken die Elektronen chemische Veränderungen – mit der Folge, dass ständig Strom fließt. Eine Zukunft ohne Auto wünscht sich vermutlich nur eine kleine Minderheit der Menschen. Doch welche Rolle das Auto in Zukunft auch spielen wird – sicher ist, dass sich beim Betrieb einiges verändern wird. Als Hoffnungsträger gelten die Elektroautos, die bislang jedoch mit der gespeicherten Energie nur wenige Hundert Kilometer weit kommen. Dann muss der Akku aufgeladen werden. Eine Arbeitsgruppe des FOTO: WEISFLOG FOTO: DPA Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung sucht deshalb nach Wegen, die Batterietechnologie zu verbessern. Die Forscher setzen auf die Weiterentwicklung der sogenannten Metall-Luft-Batterien, bei denen ein Pol aus Metall besteht, während der andere von der Luft gebildet wird, die in die Batterie gelangt. Fortschritte erhoffen sich die Experten vom Einsatz des Metalls Lithium. Allerdings machen sie kein Hehl daraus, dass es sich um Grundlagenforschung handelt, sprich: Das leistungsfähige Elektroauto mit Metall-Luft-Batterien bleibt zumindest vorerst Zukunftsmusik. Brennbares Gas aus dem Meer Ob dies auch für die Nutzung der Methanhydrate aus dem Meeresboden gilt, muss sich noch zeigen. Ein großer Teil des Methans auf der Erde entsteht beim Abbau von organischem Material durch Kleinstlebewesen im Meeresboden. An Land bildet sich das brennbare Gas unter anderem in Sümpfen, wo von der Luft abgeschlossenes organisches Material verfault. Erdgas besteht zum weitaus größten Teil aus Methan. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Methanhydrate im Meeresboden – eisähnliche Gebilde, bei denen das Gas zwischen Wassermolekülen eingeschlossen ist – mehr Methan enthalten als die bekannten Erdgasfelder. Bremer Forscher sind an der Untersuchung von Methanhydratvorkommen beteiligt. Dabei geht es nicht nur um die Frage, wie sie sich als Energiequelle nutzen lassen, sondern auch darum, ob sich das Methan aus den Gashydraten durch Kohlendioxid ersetzen lässt. Dies wäre ein Weg, das bei Verbrennungsvorgängen freigesetzte Gas zu entsorgen. Auch bei den Arbeiten einer Gruppe des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung und des Instituts für marine Ressourcen steht die Frage im Mittelpunkt, wie sich die Natur nutzen lässt – nun allerdings als Vorbild. Die Wissenschaftler erforschen die Baustrukturen einzelliger Organismen aus dem Meer. Ihre Erkenntnisse nutzen sie, um das Gewicht von Konstruktionen zu verringern, auf denen die Windkraftanlagen im Meer ruhen. Die Ausstellung „Die Zukunft der Energie – Bremen nimmt Kurs“ wird am Freitag um 16 Uhr im Haus der Wissenschaft, Sandstr. 4/5, eröffnet. Der Eintritt ist frei. Das Haus ist montags bis freitags von 10 bis 19 und sonnabends von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Der Jupiter glänzt weiterhin am Nachthimmel VON N ORMANN STENSCHKE Bremen. Der Jupiter erscheint als erstes Gestirn nach dem Mond und ist bereits in der Abenddämmerung über dem Südosthorizont leicht zu erkennen. Er hat nach seiner Opposition zur Sonne kaum an Glanz verloren und bestimmt weiterhin den Nachthimmel. Die sehr hell erscheinende Venus überholt die Erde auf ihrer Planeteninnenbahn und zieht dabei vor der Sonne vorbei. Sie hat daher einen geringen Winkelabstand zur Sonne und wird von ihr am Taghimmel überstrahlt. Auch Merkur, Mars und Saturn sind am Taghimmel nicht zu finden; sie stehen hinter der Sonne. Der lichtschwache Uranus ist mit einem Fernglas noch relativ einfach aufzuspüren, weil der Jupiter weiterhin als ausgezeichnete Aufsuchhilfe dienen kann. Beide Planeten hatten am 21. September ihre Opposition zur Sonne und etwa zur gleichen Zeit eine Konjunktion miteinander, das heißt ihren geringsten Winkelabstand zueinander. Es ist allerdings von Vorteil, wenn man den Uranus in den wenigen klaren Septembernächten in dem verwirrenden und lichtschwachen Sternfeld der Fische gefunden hat. Betrug der Winkelabstand beider Planeten bei der Konjunktion am 19. September noch 0,8 Grad, so vergrößert er sich bis zum 1. Oktober auf 1,4 und bis zum 31. Oktober auf über drei Grad. Dadurch wird die Suche schwieriger. Uranus ist links über dem Riesenplaneten zu suchen. Im zeitlichen Umfeld der Konjunktion – es war nach dem 8. Juni bereits die zweite in diesem Jahr – sind die Bedingungen zur Beobachtung der beiden Planeten besonders günstig. Bei der dritten Konjunktion am 4. Januar kommenden Jahres, wenn beide Planeten ihre Oppositionsschleifen durchlaufen haben und Jupiter den sehr langsamen Uranus wieder rechtsläufig überholt – also von rechts nach links –, werden beide Planeten deutlich an Helligkeit verloren haben. Trotzdem ist auch diese dritte Konjunktion bedeutsam, denn Dreifachkonjunktionen zwischen zwei Planeten sind sehr selten. Die wohl berühmteste ereignete sich im Jahre 7 vor unserer Zeitrechnung ebenfalls im Sternbild Fische. Es Gr. Bärin Gr. Wagen Pollux Zwillinge Castor Procyon Kl. Hund war eine sehr auffällige und bedeutsame zwischen Jupiter und Saturn, die auch über einen längeren Zeitraum verfolgt werden konnte. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei dem Himmelsereignis, das die Bibel als „Stern von Bethlehem“ schildert, um diese Dreifachkonjunktion. Das oberhalb von Jupiter und Uranus befindliche Herbstviereck bestimmt jetzt den Nachthimmel. Es besteht aus Sternen der Sternbilder Pegasus und Andromeda. An- DER STERNENHIMMEL ÜBER BREMEN Kl. Wagen ((Kl.Bärin) Polarstern Pola Fuhrmann Arktur Bootes Krone Drache M13 Capella Kepheus Beteigeuze Orion Algol Aldebaran (Siebengestirn) Stier Rigel Jungfrau Herkules Perseus Wega Kassiopeia (Werder-W) Andromeda M31 Deneb Leier Schwan Schlangenträger Widder Pfeil Altair Fische Eridanus Walfisch Himmelsanblick am 1. Oktober 2010 um 24 Uhr und am 15. Oktober 2010 um 23 Uhr Herbstviereck Delfin Adler Pegasus Uranus Schütze Jupiter Wassermann Steinbock © WESER-KURIER · QUELLE: STENSCHKE dromeda ist der Sage nach an einen Felsen gekettet und soll dem Meeresungeheuer Walfisch zum Fraß dienen, um den Meeresgott Neptun zu besänftigen. Der Walfisch, Andromedas Erretter Perseus sowie ihre Eltern, das Königspaar Kassiopeia und Kepheus, sind als Sternbilder in Andromedas Umgebung zu finden. Links unterhalb von Perseus zeigt sich bereits als erster Wintervorbote der Stier mit dem auffälligen Sternhaufen Siebengestirn. Die übrigen Wintersternbilder, darunter der Orion, die Zwillinge und der Große Hund mit dem hellsten Stern, Sirius, erscheinen erst in der zweiten Nachthälfte. Am 1. steht der Mond im letzten Viertel morgens im Sternbild Zwillinge. Am 7. ist Neumond. An diesem Tag ist mit extremeren Tiden zu rechnen, da unser Trabant am Tag zuvor mit 359 000 Kilometern Abstand in Erdnähe steht. In der Nacht vom 19. auf den 20. steht der Mond rechts über Jupiter und Uranus und in der Folgenacht links über ihnen. Um diese Zeit herum ist eine Uranusbetrachtung schwierig, da das helle Mondlicht stört, am 23. ist nämlich Vollmond in den Fischen. Am 31. beendet der abnehmende Mond seinen Monatslauf im Sternbild Krebs. Die Tageslänge nimmt weiterhin sehr stark ab, und zwar von 11 Stunden und 36 Minuten auf 9 Stunden und 36 Minuten. Das entspricht einer durchschnittlichen Abnahme von fast vier Minuten pro Tag. Die Sonnenaufgangs- und -untergangszeiten sind am Monatsbeginn um 7.26 und 19.02 Uhr MESZ und am Monatsende um 7.20 und 16.56 Uhr MEZ. Am Sonntag, dem 31. Oktober, um 3 Uhr endet die Mitteleuropäische Sommerzeit, und die Uhren werden um eine Stunde auf 2 Uhr zurückgestellt.