Fäulnis und Rotte (nach Dr. Gustav Rohde – Leiter des Institutes für „Humuswirtschaft und Kompostierung“ in Berlin) Kurze Zusammenstellung wesentlicher Unterschiede faulender und rottender organischer Rückstände hinsichtlich ihrer hygienischen Bedeutung und pflanzenbaulicher Wirkung. Fäulnis Rotte (bei Rohde: Verwesung = alte Bezeichnung für Rotte) Abbau ohne Luftsauerstoff Abbau mit Luftsauerstoff Mistkonservierung (Tiefstallmist), „Vergraben“ von Mist bei Bodenbearbeitung => Fäulnis Natürliche Flächenkompostierung, natürliche Kompostierung, Aufbau der Struktur und Fruchtbarkeit des Bodens. Lebewesen: Fäulniserregende Bakterien Fliegenmaden, die ein Sekret ausscheiden, das Fäulniserreger hemmt. Sie ermöglichen zusammen mit anderen Insektenlarven durch Anlegen von Gängen und Röhren das Eindringen von Luftsauerstoff und damit das Einsetzen von Rotte-Vorgängen in faulenden Massen. Schimmelpilze, Schimmelhefen, sauerstoffliebende Hefen und Bakterien, Strahlenpilze, Hutpilze sowie Regenwürmer und andere Bodenkleintiere. Wärmeerzeugung: 26 Kilokalorien je Gramm-Molekül Glukose werden in Fäulnisvorgängen freigesetzt. Faulende Massen erwärmen sich deshalb beim Abbau kaum. 484-674 Kilokalorien je Gramm-Molekül Glukose werden von sauerstoffliebenden Mikroben abgegeben. Dies verursacht die Selbsterhitzung rottender organischer Abfälle, zum Beispiel in Kompostmieten. Erzeugte Gase und andere Zersetzungsprodukte: Faulgas, Schwefelwasserstoff, Merkaptan, Ammoniak, Indol, Skatol, Wasserstoff, Stickstoff und Kohlensäure. Die meisten dieser Gase locken Fliegen und andere Insekten an (Insektenlockstoffe). Die Anreicherung von Ammoniak in faulenden Massen begünstigt Stickstoffverluste. PLOCHER GmbH • integral-technik Kohlensäure und organische Säuren, gutriechende Ester, Strahlenpilze verursachen den Geruch fruchtbarer Böden. Schimmelpilze, sauerstoffliebende Hefen und Bakterien, erzeugen angenehme Duftstoffe für höhere Tiere (Pilzfutter). Ammoniak wird rasch in Form von Mikrobensubstanz festgelegt. Fachberatung Obst- und Gemüsebau, Sonderkulturen – Matthias Recht [email protected] Geschmacksstoffe: Reichlich mit faulenden Massen gedüngte Pflanzen liefern Erzeugnisse mit fadem, bitterem oder scharfem Geschmack. In Asien benutzt man Schimmelpilze zur Erzeugung von Soßen und Würzstoffen. Mit Kompost gedüngte Pflanzen liefern gutschmeckende Erzeugnisse („Spezialitäten“). Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass die Pflanzen die von Schimmelpilzen reichlich erzeugten Geschmacksstoffe aufnehmen. Fermente: Zelleigene Fermente pflanzlicher und tierischer Rückstände sowie ausgeschiedene Fermente der Fäulniserreger wirken zusammen. Es entstehen große Mengen an Spaltprodukten, die jedoch nur zu 5 % zum Aufbau von Bakterienzellsubstanz verwertet werden. Zellulose wird in faulenden Massen nicht oder sehr langsam abgebaut. Schimmelpilze erzeugen hochwirksame Fermente. Die ihnen nahe verwandten Hefen können mehr als 1000 unterschiedliche Fermente in einer einzigen Zelle enthalten. Die Leistungen der Schimmelpilze beim Ab- und Umbau organischer Verbindungen mit Hilfe ihrer Fermente ist derartig groß, dass sie bei der Herstellung von Zitronensäure, antibiotischen Stoffen oder deren chemischen Verbingungen mit der chemischen Großindustrie erfolgreich in Wettbewerb treten. Zellulose kann durch Schimmelpilze, Strahlenpilze, Hutpilze und sauerstoffliebende Bakterien rasch abgebaut werden. Das von Schimmelpilzen erzeugte Antibiotikum Penizillin begünstigt den bakteriellen Zelluloseabbau. In Gegenwart von Penizillin kann es sogar zur Entwicklung von Reinkulturen von Zellulosezersetzern kommen. Fruchtbarer Boden und Kompost sind zellulosearm. Schimmelpilze und andere sauerstoffliebende Bakterien erzeugen auch hochwirksame eiweißabbauende Fermente. Die anfallenden Eiweißspaltprodukte werden rasch zum Aufbau von Mikrobeneiweiß verwertet. Schimmelpilze verwerten bis zu 75 % der abgebauten organischen Massen zum Aufbau von Zellsubstanz. Toxine: Hochwirksame Giftstoffe, die nur in Fäulnisvorgängen aus Eiweißspaltprodukten gebildet werden. PLOCHER GmbH • integral-technik Schimmelpilze bauen Toxine ab. Fachberatung Obst- und Gemüsebau, Sonderkulturen – Matthias Recht [email protected] Vitamine: Fäulnis wirkt zerstörend auf zahlreiche Vitamine. In faulenden Massen soll jedoch Vitamin K gebildet werden. Mit faulenden Dungstoffen versorgte Pflanzen können geringere Mengen an Vitamin E sowie Karotin und Xanthophyll enthalten als Vergleichspflanzen auf KompostTeilstücken. Schimmelpilze und Hefen gehören zu den wirksamsten Vitaminerzeugern der Natur. Einige Schimmelpilzarten wachsen in vitaminfreien organischen Rückständen und können darin Vitamine anreichern. Die von Schimmelpilzen abgebauten Massen sind wegen ihres Gehaltes an Wirkstoffen, insbesondere Vitaminen, bevorzugte Nahrung für erwünschte Bodenlebewesen und höhere Tiere. Experten sind der Meinung, dass jedes Vitamin von bestimmten Schimmelpilzarten in größeren Mengen angereichert werden kann, als es in anderen vitaminreichen Stoffen vorkommt. Die Pflanzenwurzeln können Vitamine aus rottenden organischen Stoffen aufnehmen. Antibiotika: Fäulniserreger bilden kein Antibiotika! Schimmelpilze, Strahlenpilze, Hutpilze, und sauerstoffliebende Bakterien sind wirksame Erzeuger von antibiotischen Stoffen, die krankheitserregende Bakterien und Viren zerstören, sowie die Eiweißverdauung höherer Tiere und das Wachstum und die Widerstandsfähigkeit von Pflanzen gegen Krankheitserreger günstig beeinflussen. Wuchsstoffe: Zersetzungsprodukte von faulendem Eiweiß wie Putrescin, Kadaverin und Agmatin werden von einigen krankheitserregenden Bakterien als Wuchsstoffe benötigt. Die in Verwesungsvorgängen gebildeten Wuchsstoffe beschleunigen das Wachstum der erwünschten Bodenmikroben und der Pflanzen. Die von Fäulniserregern erzeugten Wuchsstoffe können während der Verwesung zum Aufbau von Mikrobeneiweiß verwertet werden. Bildung von Huminsäuren: Das erzeugte Ammoniumlignat ist keine Vorstufe von echten Huminsäuren. Es wird im Boden durch Schimmelpilze und Bakterien rasch zerstört. Faulendes wird deshalb bei Zutritt von Sauerstoff ohne Humusbildung mineralisiert. Selbst nach langjähriger Anwendung von faulenden Stoffen kommt es zu keiner Anreicherung von echten Huminsäuren. PLOCHER GmbH • integral-technik Schimmelpilze, Strahlenpilze, Hutpilze und sauerstoffliebende Bakterien bilden Vorstufen echter Huminsäuren. Bodenkleintiere können Ton-Humuskomplexe erzeugen. Kompostzufuhr führt deshalb in wenigen Jahren zur Anreicherung echter Huminsäuren. Die Kompostmiete ist eine Schnellhumusfabrik. Fachberatung Obst- und Gemüsebau, Sonderkulturen – Matthias Recht [email protected] Luftstickstoffbindung: Fäulnisvorgänge verhindern die Luftstickstoffbindung freilebender und symbiontischer Bakterien. Fäulnis begünstigt andererseits Entbindung von Luftstickstoff aus Salpeter sowie Stickstoffverluste durch Ammoniakverflüchtigung. Sauerstoffliebende Bakterien und Hefen binden Luftstickstoff. Mykorrhizenpilze begünstigen die Luftstickstoffbindung von symbiontischen Bakterien, Schimmelpilze die von freilebenden Bakterien. Die Gegenwart pilzlicher Lebewesen, ihre Ausscheidungen oder Zersetzungsprodukte verhindert die Entbindung von Luftstickstoff aus Salpeter. Leichtflüchtiges Ammoniak wird rasch im Pilzmyzel biologisch festgelegt. Bodenbildung: Bei der Bildung unfruchtbarer Böden (z. B. Hochmoorböden) wirken Fäulnisvorgänge mit. Fruchtbare Böden (Schwarzerde, Niedermoor) entstehen in Rottevorgängen. Bodenstruktur: Fäulniserreger zerstören die Bodenstruktur. Schimmelpilze, Strahlenpilze und sauerstoffliebende Bakterien sorgen für die Lebendverbauung der Bodenteilchen. Sie erzeugen zusammen mit Regenwürmer und anderen Bodenkleintieren die wasserbeständigen Bodenkrümel der garen Böden. Biologische Verwitterung von Bodenmineralien: Fäulnisvorgänge sind zur Mobilisierung der Nährstoffe in Bodenmineralien gänzlich ungeeignet. Sie halten die Lebensgemeinschaft der Bodenlebewelt fern, die Mineral aufschließen kann. In Fäulnisvorgängen können Phosphorsäureverbindungen durch bakterielle Reduktion mit nachfolgender Oxydation in schwerlösliche mineralische Verbindungen umgewandelt werden. Die in faulenden Massen unzersetzt bleibende Zellulose kann jedoch als Chelatbildner Phosphorsäure in wurzellösliche Form überführen. PLOCHER GmbH • integral-technik Sauerstoffliebende Bodenlebewesen, insbesondere Schimmelpilze, erzeugen ebenso wie Mykorrhizenpilze hochwirksame organische Verbindungen (Chelatbildner), die Bodenminerale aufschließen können. Sie wirken durch diese lösend auf mineralische Phosphate und Spurenelemente enthaltende Mineralien. Der Komposthaufen ist mit seiner mannigfaltigen Lebensgemeinschaft von Mikroben und Kleintieren eine hochwirksame Produktionsstätte wurzellöslicher Spurenelemente. Fachberatung Obst- und Gemüsebau, Sonderkulturen – Matthias Recht [email protected] Wurzelentwicklung: Fäulniserreger beeinträchtigen die Wurzelentwicklung von Pflanzen. Wurzeln biegen vor faulenden organischen Massen im Boden ebenso ab, wie vor undurchlässigen Bodenschichten. An Zuckerrüben kann Beinigkeit, an Möhren Gabeligkeit auftreten. Vorhandene Mykorrhizenpilze und Schimmelpilze können parasitische Lebensweise annehmen und die Pflanze schwer schädigen. Rottende organische Massen ziehen die Pflanzen durch bestimmte Stoffe („Wurzellockstoffe“ regelrecht an. Sie werden schon nach dem Durchlaufen der Schimmelpilzstufe nach allen Seiten durchwurzelt. Es werden dabei gut ausgebildete Mykorrhizen gebildet, die die Wurzelentwicklung fördern. Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen Befall mit Krankheitserregern: Faulende Dungstoffe begünstigen den Befall der Pflanzen mit zahlreichen Krankheitserregern (diverse Brände, Fußkrankheiten, diverse Schorfe,Schwarzbeinigkeit, Kohlhernie, diverse Wurzelfäulen => Verticillium, Phytophthora, Rhizoctonia, u. a.) Komposte , sowie an der Wurzeloberfläche lebende sauerstoffliebende Mikroben erhöhen die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen Krankheitserreger. Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen Insektenbefall: Zufuhr von faulenden Dungstoffen begünstigt den Befall unserer Kulturpflanzen durch Insekten. Möhren werden von der Möhrenfliege und Drahtwürmer befallen, Porree und Zwiebeln von der Zwiebelfliege, von Engerlingen und Drahtwürmern, Rettiche von der Rettichfliege, Kohlarten von Blattläusen, Drahtwürmern und Engerlingen, der Blumenkohl von Kohlfliegen, Sellerie von der Selleriefliege, Salat von Engerlingen und Drahtwürmern, Kartoffeln von , Drahtwürmern, Kartoffelkäfern und Nematoden. Kompostzufuhr verringert Insektenbefall durch Verhindern von Schwächezuständen und weiter Einflüsse. „Biologische Bekämpfung“ der Schadinsekten durch Wiederherstellung und Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit. In rottenden organischen Massen entwickeln sich Raubpilze, die pflanzenschädigende Nematoden, kleine Insekten und sogar Larven von Parasiten der Haustiere fangen. Quelle: „Die natürliche Kompostierung“ – Dr. Gustav Rohde – Lehrhefte PLOCHER GmbH • integral-technik Fachberatung Obst- und Gemüsebau, Sonderkulturen – Matthias Recht [email protected]