VOM REISEN JOURNAL Theater #6 Es gibt Banken, die machen Theater. Und eine, die fördert das Ballett Basel. blkb.ch Partner des Ballett Theater Basel. 3 VOM REISEN Liebe Leserinnen und Leser Adressen und Kontakte: INTENDANT Andreas Beck | VERWALTUNGSDIREKTORIN Danièle Gross | REDAKTION Dramaturgie und Öffentlich­ keitsarbeit, Junges Haus und Betriebsdirektion | GESTAL­ TUNG Perndl+Co | ILLUSTRA­ TIONEN & SPIEGELCOLLAGEN Perndl+Co | FOTONACHWEISE Cover: Perndl+Co, Simon Hallström S. 6, Ismael Lorenzo S. 8, Urban Jörén S. 10, Monika Rittershaus S. 14, Ruben Banol Herrera S. 17, Koen Broos S. 18, Kim Culetto S. 22+27, Priska Ketterer S. 24, Salar Baygan S. 26 | BILLETTKASSE Telefon +41 (0)61 295 11 33; www.theater-basel.ch | ÖFFNUNGSZEITEN DER BILLETT­KASSE Theaterplatz: Mo – Sa, 11 – 19 Uhr | Die Abend­ kasse öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn. | Vorver­ kauf auch über Kulturbüro Rie­ hen, Basel­strasse 43 | Kantons­ bibliothek Baselland Liestal, Emma Herwegh-Platz 4 | Aktu­ elle Spielplaninformationen www.theater-basel.ch – Ände­ rungen vorbehalten | Theater Basel, Postfach, CH-4010 Basel | Grosse Bühne, Kleine Bühne, Nachtcafé / Box: Theaterstrasse 7, 4051 Basel | Schauspielhaus: Steinentorstrasse 7, 4051 Basel Partner des Ballett Theater Basel: Medienpartner: Eine Beilage der bz Basel. Verreisen Sie gerne? Eine Reise bringt uns auf andere Ideen, kann den Hori­ zont erweitern oder uns einfach raus­ holen aus dem Alltag. Ins Theater zu gehen, vermag so ein Kurztrip in frem­ de Welten oder in die Vergangenheit zu sein, der uns einen Blick auf uns selbst aus einem anderen Winkel er­ laubt. Eine Reise kann aber auch be­ schwerlich sein, denn sie erfordert, dass wir unsere gewohnte Komfort­ zone verlassen und uns auf Neues ein­ lassen. Gründe, eine Reise anzutreten, gibt es viele – Peer Gynt etwa sucht, was wirklich zählt. In dem Ballett von Johan Inger wird aus seiner Suche auch eine Reise durch die nordische Tanzgeschichte. Beim international gefragten Regisseur Calixto Bieito ist das Reisen im Laufe seiner beruflichen Karriere ein Teil seines Lebens gewor­ den – wir haben ihn nach seinem Zu­ hause befragt. Und um der Schauspie­ lerin Barbara Horvath einen Hausbe­ such abzustatten, haben wir uns auf eine Reise ins Baselland begeben und sie an ihrem Rückzugsort, ihrem Zu­ hause, getroffen. So möchten wir Sie mit dem Theaterjournal wieder einla­ den zu einer Lektüre-Reise – dieses Mal durch die letzten Monate der Sai­ son 2016/2017 am Theater Basel. Herzlich, Ihre Sylvia Lutz BILLETTKASSE@ theater-basel.ch +41 (0) 61 295 11 33 4 ÜBERSICHT MÄRZ BIS ENDE DER SAISON Das nächste Theaterjournal erscheint zum Start der Saison 2017/2018! 25 22. MäRZ 30. März DIE GENESUNG DER GRILLE PARADISE LOST #4 Labor zur Untersuchung der Gegenwart MONKEY BAR, KLOSTERBERG 6 Oper von Richard Ayres für Kinder ab 6 Jahren Musikalische Leitung Stephen Delaney SCHWEIZER ERSTAUFFÜHRUNG KLEINE BÜHNE 2. April 23. MäRZ DIE UNVERHEIRATETE Schauspiel von Ewald Palmetshofer Inszenierung Felicitas Brucker SCHWEIZER ERSTAUFFÜHRUNG SCHAUSPIELHAUS 22 Komödie von Molière Inszenierung Michel Didym SÉRIE FRANÇAISE/GASTSPIEL SCHAUSPIELHAUS 27. April PARADISE LOST #5 Labor zur Untersuchung der Gegenwart OFFENE KIRCHE ELISABETHEN 24. MäRZ ORESTEIA Musiktheater nach Aischylos mit Musik von Iannis Xenakis Musikalische Leitung Franck Ollu Inszenierung Calixto Bieito SCHWEIZER ERSTAUFFÜHRUNG GROSSE BÜHNE LE MALADE IMAGINAIRE 28. APRil SATYAGRAHA 14 Oper in drei Akten von Philip Glass Musikalische Leitung Jonathan Stockhammer Inszenierung und Choreografie Sidi Larbi Cherkaoui SCHWEIZER ERSTAUFFÜHRUNG GROSSE BÜHNE 18 5 ÜBERSICHT 3. MAI 27. Mai, 3. & 9. Juni Eine humanistische Theaterserie Leitung und Inszenierung Daniela Kranz PREMIERE IM STADTRAUM Auf Einladung und mit Unterstützung des Theatervereins Basel GASTSPIEL KLEINE BÜHNE 11. mai 8. JUNi Schauspiel von Roland Schimmelpfennig Inszenierung Miloš Lolić SCHWEIZER ERSTAUFFÜHRUNG KLEINE BÜHNE Choreografien von Tänzer_innen des Ballettensembles URAUFFÜHRUNGEN KLEINE BÜHNE ERASMUS VON BASEL ANSI ENTFÜHRT DEN RING IDOMENEUS DANCELAB 8 27 12. MAI 10. JUNi SCHLARAFFENLAND ALCINA Oper in drei Akten von Georg Friedrich Händel Musikalische Leitung Andrea Marcon Inszenierung Lydia Steier PREMIERE GROSSE BÜHNE Komödie von Philipp Löhle Inszenierung Claudia Bauer URAUFFÜHRUNG/AUFTRAGSWERK SCHAUSPIELHAUS 14. Mai LES ÉVÉNEMENTS 16 15. JUNI 12 FAKE FICTION 26 Performance von Filip Markiewicz URAUFFÜHRUNG SCHAUSPIELHAUS Von David Greig Inszenierung Ramin Gray SÉRIE FRANÇAISE/GASTSPIEL SCHAUSPIELHAUS 22. Juni 18. MAI PEER GYNT Ballett von Johan Inger Musikalische Leitung Thomas Herzog URAUFFÜHRUNG GROSSE BÜHNE 10 OPERAVENIR – ABSCHLUSSKONZERT KLEINE BÜHNE OperAvenir mit freundlicher Unterstützung: HEIVISCH, HIAG Immobilien, Julius Bär, Novartis XXX Hier sieht man das Herzstück von «Wilhelm Tell»: Den Apfel­ schuss. Gessler, der unterdrücke­ rische Landvogt, eingesetzt vom österreichischen Kaiser, zwingt Wilhelm Tell, einen Apfel vom Kopf seines eigenen Sohns zu schiessen. Das ist die grausame Strafe dafür, dass Tell den Hut missachtet hat, den der Land­ vogt als Zeichen seiner Autorität auf einer Fahnenstange in Altdorf hatte aufrichten lassen. Während Rudenz, den Landvogt auf den Schultern, all seine Kräfte mobilisiert, um dem bösen Spiel ein Ende zu setzen, schiesst Tell gänzlich unerwartet. Der Apfel ist getroffen. 6 7 XXX Wilhelm tell Beautycase Rucksack Heldenreise XXX Peer Gynt: Geh! Geh wieder heim, woher Du gekommen bist! Ingrid: Ach Peer –! Annabelle Peintre als Ingrid und Frank Fannar Pedersen als Peer Gynt bei den Proben zu Johan Ingers Ballett-Uraufführung. Partner des Ballett Theater Basel: 8 9 XXX Lügen, Reisen Eine Kolumne von Hausautor Dominik Busch Lügen haben kurze Beine, sagt der Volksmund. Doch dieser Ausspruch ist vielleicht etwas schief, weil in dem Bild, das hinter dem Sprichwort steckt, etwas Zeitliches zu etwas Räumlichem gemacht wird. Die Zeit, in der man lebt, wird bildlich als Weg verstanden, wie wenn man vom «Le­ bensweg» spricht und damit die per­ sönliche Entwicklung eines Menschen in einer Gemeinschaft meint. Über einen so verstandenen «Lebens­ weg» verfügt auch jemand, der sich – im realen Wortsinne – kaum je auf den Weg macht, ob freiwillig oder un­ freiwillig, etwa weil er ein Stubenho­ cker ist, oder weil er seinen Lebens­ weg in einer Gefängniszelle oder als Gelähmter an ein Bett gefesselt ver­ bringen muss. Es stimmt: Im übertra­ genen Sinne kommt man mit Lügen nicht sehr weit. Was aber auch stimmt: Im wörtlichen Sinne kommt man mit nichts so weit wie mit Lügen, denn wer lügt, dem macht das Leben Beine – Beine, die gehen können müs­ sen; und je nach der Schwere und Häufigkeit der Lügen, sollten sie sehr weit gehen können. Lügen, vorgaukeln, täuschen: das sind gute Strategien, um den Boden unter den eigenen Füssen anzuheizen. Bald wird dieser zu heiss, und die Rei­ se geht weiter. Die Belogenen sind ja nicht blöd, sie haben sich das ge­ merkt. Wer lügt, isoliert sich selbst. Will er neuen Umgang, und will er er­ neutes Vertrauen, so muss er sich die­ ses woanders suchen. Es gibt hundert Gründe, um eine Reise anzutreten – einer davon ist: man hat alle um sich herum beschissen. Ob das Leben in unseren «postfakti­ schen» Zeiten bald einigen Lügnern auf der politischen Bühne Beine ma­ chen wird, sei dahingestellt. Zu hoffen wäre es. Auf der Theaterbühne gibt es auf jeden Fall eine Figur, die auf be­ sonders frappante Weise die oben be­ schriebene Erfahrung macht: Ibsens Peer Gynt. Peers Vater hat den heimi­ schen Hof heruntergewirtschaftet und in der Alkoholsucht Schulden ange­ häuft. Peers Hang, der tristen Realität durch abenteuerliche Lügengeschich­ ten zu entfliehen, hat seine Herkunft vielleicht auch in einem Schamgefühl angesichts dieser familiären Schande. Darum erscheint der heruntergekom­ mene Hof in seiner Fantasie als mon­ däner Palast. Und die rühmliche Jagdgeschichte, die ein anderer vor vielen Jahren erlebt hat, dichtet er sich gleich selbst an – allerdings mit einer Sprachmacht und einer Lust am Erzählen, dass manch einer sich fragt: Darf nicht noch etwas bleiben, wer so schön lügt? In Ibsens Stück ist es an­ ders: Peer, der Teufelslügenschmied, überspannt den Boden und lässt Sol­ veig, die Liebe seines Lebens, in der Heimat zurück. Was folgt, ist eine Mi­ schung aus Roadmovie, «Herr der Ringe» und «Looking for Love in All the Wrong Places». Die Ambivalenz von Ibsens Stück hört nicht auf, zu faszinieren: Bei Peer ist es pure Lust am Fabulieren, die uns hinters Licht führt – die uns zugleich aber auch verzaubert. Manchmal treibt es einer zu bunt, sodass einen nur noch der graue Alltag retten kann. Aber manchmal ist der Alltag dermassen grau, dass uns nur einer retten kann, der es bunt treibt. Wem der Sinn nach Letzterem steht, der reise mit Peer. Dominik Busch, 1979 in Sarnen geboren und in Luzern aufgewachsen, lebt in Zürich. Er ist in der Saison 2016/2017 Hausautor am Theater Basel. Die Hausautorenstelle wird in Zusam­ menarbeit mit dem Dramatikerförderprogramm «Stück Labor Basel» vergeben. Die Häuslerin: Soll’s weit fort gehen? 10 Peer Gynt: Zum Meere. Die Häuslerin: So weit fort! Peer Gynt: Und weiter noch. Peer Gynt, ein bewegter Fantast Eine choreografische Reise durch die nordische Tanzgeschichte Jahrzehnte ist er unterwegs, dieser Peer Gynt, passt sich auf seinen Rei­ sen den Gegebenheiten an und trifft auf Menschen, ohne je eine feste Bin­ dung einzugehen. Ibsens fantasie­ begabter Held ist in der exotischen Welt des 19. Jahrhunderts unterwegs. Er bereist sie als Sklaven- und Pelz­ händler, Goldgräber oder falscher Prophet. Und natürlich ist Peers Rei­ se mehr als nur ein Ortswechsel, mehr als die Bewegungen von A über B nach C und zurück. In Ibsens dra­ matischem Gedicht können wir die Reise von Peer Gynt als Metapher für das Leben selbst, und seine Geschich­ te als allegorische Suche nach dem Wesentlichen lesen. Das Bild vom Le­ ben als Reise verbindet bei Ibsen we­ nig mit den Erscheinungsformen des neuzeitlichen Tourismus. Peers Reise hat weniger mit Fremdenverkehr als mit der Fremderfahrung in der Be­ gegnung mit den imaginären Traum- und Gegenwelten des Autors zu tun. Der Schwede Johan Inger, der be­ reits mit drei Stücken – darunter zwei Uraufführungen – beim Ballett Theater Basel zu sehen war, verbin­ det nun in seiner Uraufführung des Balletts die Geschichte des Peer mit den beruflichen Stationen seines ei­ genen Tänzer- und Choreografenle­ bens. Für Johan Inger ist Peer Gynt eine Geschichte, in der er seine Iden­ tität als Künstler widergespiegelt sieht. In seinen beruflichen Statio­ nen, aber auch Träumen und Ambiti­ onen erkennt er Ähnlichkeiten mit den Lebensstationen Peer Gynts. «Das Leben als Künstler, vor allem das Reisen um die Welt, zeigte mir Parallelen zu dieser Figur auf, und so entstand ein fruchtbarer Schöp­ fungsprozess, bei dem sich immer wieder meine eigene Geschichte mit der von Peer kreuzte und Verbindun­ gen entstanden.» «Peer Gynt» Ballett von Johan Inger Musik von Edvard Grieg Uraufführung Premiere 18. Mai, Grosse Bühne Choreografie Johan Inger Musikalische Leitung Thomas Herzog Bühne Curt Allen Wilmer Kostüme Catherine Voeffray Licht Tom Visser MIT Sänger_innen des Opernstudios OperAvenir Chor des Theater Basel Es tanzt das Ballett Theater Basel. Es spielt das Sinfonie­ orchester Basel. Partner des Ballett Theater Basel: Basellandschaftliche Kantonalbank PEER GYNT Beautycase Rucksack Spitzenschuhe 11 Peer Gynt Johan Inger überträgt in diesem Bal­ lett seine Lebensstationen als Tänzer und Choreograf auf die Stationen des Lebenswegs von Peer Gynt (getanzt von Frank Fannar Pedersen). Er schickt den Helden parallel zu Ibsens Darstellung der Suche nach dem «wahren Ich» auf die Suche nach dem Kern des Künstlers, seiner Fantasie und den schöpferischen Traumwelten seiner Kreativität. Nicht das norwegi­ sche Gudbrandsdal, die Berge, die Küste Marokkos oder das Tollhaus in Kairo sind die Stationen von Peer, dem Tänzer, sondern das Königlich Schwedische Opernhaus, Mats Eks Cullberg Ballett, das Nederlands Dans Theater und Spaniens Compa­ ñía Nacional de Danza. In diesem «Peer Gynt»-Ballett verschmelzen Ibsens Figuren zu Protagonisten der Tanzwelt. Da ist das klassische Ballett, das Johan Inger als junger Tänzer beim König­ lich Schwedischen Ballett kennen­ lernt und das in ihm die Lust weckt, Konventionen zu sprengen – gerade so, wie der junge Peer sich an Ingrids Hochzeit nicht mehr an Regeln halten mag und die Braut entführt. In die Welt der Trolle katapultiert wird Peer dann auch folgerichtig vom choreo­ grafischen «Obertroll», dem schwedi­ schen Grossmeister und einem der bedeutendsten Erneuerer des Balletts des 20. Jahrhunderts: Mats Ek und seinem Cullberg Ballett. Es eröffnete sich durch Ek für den jungen Tänzer Inger eine ganz neue, unbekannte und faszinierende künstlerische Welt, die im krassen Gegensatz zur klassi­ schen Ballettwelt stand. So ergeht es nun auch Peer. Im Ballett begegnen uns auf Peers Reise altbekannte Figu­ ren. Unvergessen die skurril tragi­ schen Figuren aus dem Ballett «Gamla Barn». Auch seine «Giselle», die als Psychiatriepatientin in die Tanzgeschichte Einzug hielt, und so­ gar eines der glatz- und eierköpfigen Vogel­wesen aus Eks «Schwanensee» lässt Inger im Reich der Trolle wieder­ auf­erstehen. Diese choreografischen Schlüsselmomente aus Ingers Künst­ lerleben – es werden kurze Sequen­ zen der Originalchoreografie von «Gamla Barn» zu sehen sein – lässt er nun seinen Peer Gynt er- und durchle­ ben. Der Grossmeister Mats Ek selbst erscheint als Troll­könig (getanzt von Max Zachrisson) und fordert nun auf einer choreografisch-künstlerischen Ebene das Motto der Trolle in der Welt der Menschen: «Mensch, sei Du!» Oder, für die eigenen Zwecke umgedeutet: «Troll (Künstler), sei Du – Dir genug!» Und weiter geht die Reise Peer Gynts dann in die Nieder­ lande. Das weltbekannte Nederlands Dans Theater ist eine weitere Station auf seiner Reise durch die nordische Tanzgeschichte des ausgehenden 20. Jahrhunderts. In dieser choreo­ grafischen Kaderschmiede unter einem weiteren Grossmeister der Tanzwelt, Jiří Kylián, fand Johan Inger die künstlerische Freiheit und das passende Umfeld, um seine Kreativi­ tät weiterzuentwickeln. Dort entstan­ den seine ersten eigenen Arbeiten, die den Weg für seine choreografische Laufbahn einleiteten. Es folgt das Reisen an «exotische» Orte. Für Johan Inger ist es Spanien, seine Wahlhei­ mat. Und natürlich erwartet Peer dort eine Begegnung mit «Carmen». So vielschichtig wie Ibsens Dichtung ist auch dieses Ballett. Ein Kosmos voller Symbole und Allegorien, der für Interpretationen offen bleibt und jedem Freund der schwedisch-nieder­ ländischen zeitgenössischen Tanz­ kunst des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts das Herz höher schlagen lässt. Der Choreograf Johan Inger zeigt in diesem Ballett eher die Suche nach «dem Sitz der Träume», wie Ibsens fremder Passagier es er­ wähnt, als den Kern des Ichs, wie es das Schälen der Zwiebel andeutet. Ganz sicher aber geht in Ibsens Dich­ tung, ebenso wie in Johan Ingers Ballett, die Erkenntnis auf, dass wir wahrhaft nur wir selbst sind in der Liebe zum anderen. Am Ziel der Reise erwartet uns bei Henrik Ibsen wie bei Johan Inger ein warmherziger Schluss, der mit unbekümmerter gyntscher Genialität die dunkle Welt der Zweifel und das Rastlose des Su­ chens mit einer zärtlichen Geste ver­ bannt: Der Held flüchtet sich in die Arme der Frau. Denn, so Marie Luise Kaschnitz: «Für uns wie für ihn ist eine Hoffnung auf Erlösung nur in der Liebe, in der wunderbaren Möglich­ keit, dass das Bild, das ein anderer Mensch von uns im Herzen trägt, mehr Liebeszeugungskraft als die Wirklichkeit besitzt.» Text: Bettina Fischer 12 VOM REISEN EMPFEHLUNGEN FÜR EIN BEWEGTERES LEBEN Welcher Reisetyp bist du? Die Reise durchs Schlaraffenland verrät dir, welches Stück am Theater Basel du jetzt nicht verpassen solltest. Der Balkonurlauber. Der Backpacker. Der All-inclusive-Urlauber. Der Sonnenanbeter. Der Geschäftsreisende. Der Abenteurer. Der Studienreisende. Der Hobby-Archäologe. Der Wellnessurlauber. Der Cluburlauber. Der Sinnsuchende. VOM REISEN Schlaraffenland Ein autobiografisches Stück von Philipp Löhle Oresteia . Die Genesung der Grille . Erasmus von Basel . Schlaraffenland . Peer Gynt . Paradiso / Inferno . Satyagraha . Alcina . Idomeneus Das Land, das der Dramatiker Philipp Löhle in seinem Stück entwirft – und das am 12. Mai 2017 am Theater Basel zur Uraufführung kommt –, scheint genauso fantastisch zu funktionieren wie das «Schlaraffenland», das Wil­ helm Grimm in seinem Märchen 1819 beschrieben hat: Eine heile Familie sitzt zusammen an einer üppig ge­ deckten Tafel und isst gemeinsam zu Abend. Sie sprechen über ihre Luxus­ probleme. Wenn etwas kaputtgeht, werden die Dinge umgehend ersetzt, und zwar gleich in einer grösseren und besseren Version. Wenn die Mut­ ter eine Falte entdeckt, korrigiert das der Schönheitschirurg. Alles läuft wie am Schnürchen, bis zu dem Zeit­ punkt, als der Sohn eines Nachts zu­ fällig einen Blick hinter die Kulissen wirft. Dort sind dunkle Männer damit beschäftigt, den Gang der Geschichte – oder besser gesagt der Theatervor­ stellung – reibungslos am Laufen zu halten. Was folgt, ist die schmerzliche Einsicht, dass alles, was die Familie verbraucht, auf Kosten anderer pro­ duziert wird. Das Weltbild des Sohnes ändert sich auf einen Schlag nachhal­ tig. Der Rest der Familie fühlt sich al­ lerdings durch seine «Erleuchtung» belästigt, denn auf eine solche Er­ kenntnis müsste ein Umdenken folgen – nichts, was sich die Familie leisten möchte. Schliesslich greift der Sohn zu einem radikalen Mittel. Die Regisseurin Claudia Bauer wird Löhles «Schlaraffenland» mit opulen­ ten Bildern und handgemachten Mas­ ken auf die Bühne bringen. Eine aben­ teuerliche Reise, welche die Verstri­ ckungen einer Konsumgesellschaft aufzeigt. Premiere 12. Mai, Schauspielhaus . Dancelab 8 . die unverheiratete 13 . Schlaraffenland Beautycase Rucksack Picknikkorb DON GIOVANNI Miles and more Ein Gespräch mit Calixto Bieito 14 15 Oresteia Calixto Bieito ist als Regisseur sowohl in der Oper als auch im Schauspiel zuhause. Er inszeniert an den wichtigsten Häusern weltweit und ist derzeit Künstlerischer Leiter des Teatro Arriaga in Bilbao. Am Theater Basel waren in den letz­ ten Jahren u.a. seine Inszenierungen von «War Requiem» (2013), «Bluthochzeit» (2014), «Otello» und «Così fan tutte» (2015) zu sehen. Wo ist dein Zuhause? → Ich lebe in Basel, weil es eine Stadt ist, die mich sehr inspiriert. Sie ist sehr ruhig, sehr entspannt. Ich wurde in einer Stadt an einem Fluss geboren, Bilbao am Ebro. Eines Tages habe ich die zwei alten Brücken hier entdeckt, die de­ nen in Bilbao sehr ähnlich sind. Und so lebe ich in der Nähe des Orts, an dem ich geboren wurde, auch wenn das ganz wo anders ist. Basel ist ein gutes Zentrum für mich, auch weil es so nah zum Zürcher Flughafen ist, von wo aus ich nach Chicago, San Fran­ cisco, Toronto oder Kopenhagen flie­ gen kann. Vor zwei Wochen war ich in Venedig, und das ist nur 50 Minuten weit entfernt. In «Oresteia» kombi­ niert er die älteste erhaltene Tragödien­ trilogie von Aischylos mit der Musik des Grie­ chen Iannis Xenakis und inszeniert das Familienepos mit ur­ gewaltiger Musik, archaischen Bildern und dem Blick auf das heutige Europa. Wie oft fliegst du? → In den letzten fünf Wochen bin ich ungefähr 18 Mal geflogen. Ich bin daran gewöhnt. Es gab eine Zeit in meinem Leben, als ich in meinen Dreissigern war, in der ich überhaupt nicht fliegen konnte. Ich habe angefangen, grosse Produktio­ nen überall in Europa zu machen und bin immer mit dem Zug gefahren – von Barcelona nach Kopenhagen. Diese Reisen waren sehr teuer, und alle dachten, ich sei exzentrisch – ein Künstler eben. Aber ich hatte Panik­ attacken im Flugzeug. Ein Freund sagte mir, so sei mein Leben unmög­ lich und schickte mich zum Arzt. Fünf Tage später sass ich im Flugzeug, und es war kein Problem mehr. «Oresteia» Musiktheater nach Aischylos mit Musik von Iannis Xenakis Schweizer Erstaufführung Premiere 24. März, Grosse Bühne MUSIKALISCHE LEITUNG Franck Ollu INSZENIERUNG UND BÜHNE Calixto Bieito KOSTÜME Ingo Krügler CHOR Henryk Polus MIT Holger Falk, Steffen Höld, Myriam Schröder, Lisa Stiegler, Michael Wächter, Simon Zagermann Chor des Theater Basel, Mädchen- und Knaben­ kantorei Basel Es spielt die Basel Sinfonietta. Eine Produktion von Oper und Schauspiel ORESTEIA Beautycase Rucksack Abenteuer Und seitdem fliegst du wieder? → Ich habe immer noch ein bisschen Angst, vor allem, wenn es Turbulenzen gibt. Aber es ist Teil meines Lebens, zu rei­ sen. Ich verbringe viel Zeit auf Flughä­ fen. Aus Angst, einen Flug zu verpas­ sen, bin ich oft sehr früh dort und ver­ bringe dann die Zeit damit, die Leute zu beobachten, oder ich lese ein Buch. Das war sehr gut, als ich den «Fliegenden Holländer» inszeniert habe (2008 an der Oper Stuttgart). Ich habe das ganze Konzept auf dem Flughafen gemacht. Mein Flug wurde gestrichen, und ich musste in einem Hotel übernachten, am nächsten Mor­ gen wurde mein Flug wieder gestri­ chen, ich wurde in ein anderes Hotel geschickt, und erst am Morgen dar­ auf konnten wir fliegen. Wir waren eine Gruppe Menschen, die auf eine Art komplett verloren war. Niemand sprach miteinander. Und ich dachte, vielleicht ist das ein Zeichen des Fliegenden Holländers. Ich begann die Inszenierung damit, dass Ge­ schäftsleute in einer Art Schiff auf die Bühne gezogen werden. Das war wohl eine Vorahnung der Finanzkrise, obwohl das nicht meine Absicht war. Ich mag es nicht, im Theater Politik zu verhandeln, weil ich kein Politiker bin. Ich will nicht sagen, wie die Welt sein soll. Reist du auch in deiner freien Zeit? → Ja. Aber die letzten Sommerferien habe ich mit meinen Kindern in Basel verbracht, wir haben jeden Abend Pokémons gejagt und sind die ganze Zeit im Rhein geschwommen – es war sehr schön. Die letzte lange Reise war voriges Jahr, als ich mit meiner Fami­ lie nach Costa Rica gefahren bin. Das war sehr hart – ich war müde von der Arbeit und plötzlich war ich im Regen­wald und nass wie ein Frosch. Alles war feucht, die Bettlaken, alles. Aber ich bin ein grosser Fan von Schildkröten und ich wollte unbe­ dingt sehen, wie sie Eier legen. Vor zwei Jahren waren wir sechs Wochen in Nordthailand, Laos und Burma. Das kann ich nur empfehlen. Du hast sehr viel am Theater Basel gearbeitet und kommst jetzt mit «Oresteia» zurück. Ist es auch ein Stück über Heimat, über Wurzeln? → «Oresteia» ist ein sehr spezielles Werk. Aischylos ist der Vater von Shakespeare, er ist der Vater unserer Demokratie. Das steckt alles darin. Wenn man sehr intelligent ist – was bei mir nicht der Fall ist (lacht) – kann man aus diesem Stoff eine politische Inszenierung machen, darüber, was Demokratie, was Gerechtigkeit ist. Aber ich finde es reizvoll, daraus ein Totaltheater zu machen. Es ist eine Kombination aus einem wunderbaren Text und einer wundervollen Musik, die ein sinnliches Erlebnis ist. Sie ist intuitiv und gleichzeitig extrem präzi­ se. Kritiker warfen Xenakis vor, seine Kompositionen seien keine Musik, sondern Mathematik. Seine Komposi­ tionen sind wie Gebäude. Es gibt eine Verbindung zu Tinguely. Auch wenn ich die Zeit, in der die beiden gearbei­ tet haben, nicht erlebt habe, glaube ich, dass wir sie noch nicht hinter uns gelassen haben. Interview: Juliane Luster, Katrin Michaels 16 DanceLab 8 HERAUSFORDERUNG «SEITENWECHSEL» Beim DanceLab 8 choreografieren Tänzer_innen des Ballettensembles «DanceLab 8» Uraufführungen Premiere 8. Juni, Kleine Bühne Choreografien von Ruben Banol Herrera, Sol Bilbao Lucuix, Armando Braswell, Luna Bustinduy Mertens, Andrea Tortosa Vidal, Max Zachrisson Es tanzt das Ballett Theater Basel. Mit freundlicher Unterstützung des Theaterverein Basel Mit freundlicher Unterstützung der Merian Iselin Klinik Partner des Ballett Theater Basel: Basellandschaftliche Kantonalbank Die Umsetzung eigener choreografi­ scher Arbeiten ist für die Tänzer_in­ nen unseres Ballettensembles eine wichtige Erfahrung und bietet ihnen die Möglichkeit, zusätzliche kreative Aspekte ihres Berufs – das Choreo­ grafieren und Inszenieren von Stü­ cken – zu erleben. Auf die Frage, ob es schwierig sei, sich vom Einfluss der Choreografien, die man als Tänzer schätzt, zu distanzieren und seinen eigenen Stil zu finden, antworten die jungen Choreograf_innen selbstbe­ wusst. Für Max Zachrisson zählt hier das Vertrauen in seine ganz eigene Art, sich zu bewegen. «Natürlich ist der Einfluss von Choreografen, mit denen ich gearbeitet habe, sehr gross. Aber ich empfinde das eher als positiv», so der Schwede, der seit Beginn dieser Spielzeit beim Ballett Theater Basel tanzt. «Man bringt sich als Tänzer ja mit seiner ganz eigenen Bewegungsqualität in die auszufüh­ renden Schritte ein – und hat damit eigentlich schon ein Stück weit seinen eigenen Stil kreiert», führt er weiter aus. Auch Ruben Banol Herrera sieht darin kein Problem: «Meine grösste Sorge ist eigentlich, dass die Tänzer und Musiker, die involviert sind, genug Freude an meiner Arbeit haben werden. Und dass ich nicht aus Stress zu viel Bewegungswieder­ holungen mache». Luna Bustinduy Mertens ist überzeugt davon, dass Ehrlichkeit immer zum Erfolg führt. Dann bleibt es, wie sie sagt, «immer deine eigene Story, dein eigenes Gefühl, deine eigene Kreativität – dein eigenes Stück.» Eine weitaus grössere Herausforde­ rung stellt für die jungen Künstler_in­ nen der «Seitenwechsel» dar, also der Umstand, dass sie plötzlich ihren Tän­ zerkolleg_innen gegenüber in die Rol­ le der Choreografin oder des Choreo­ grafen schlüpfen. Fast alle empfinden das als eine besondere Situation, die nicht immer einfach zu handhaben ist. Zum einen muss man sich seiner eige­ nen Frustrationen und Unsicherheiten so weit bewusst sein und auch unter Kontrolle haben, dass sie sich nicht auf die Stimmung in der Probe nicht zu sehr negativ auswirken. Zum ande­ ren darf man sich auch nicht von einer Laune seines Gegenübers zu sehr aus dem Konzept bringen lassen. Für Max aber, und damit spricht er eigentlich auch für die anderen DanceLab­-8-Choreograf_innen, steht fest, dass es vor allem «riesig Spass macht, mit den Freund_innen und Kolleg_innen gemeinsam etwas zu verwirklichen und in die Tat umzuset­ zen, das bis dahin nur in deinem Kopf, in deiner Phantasie existierte». Das Format der zehnminütigen Kurzstücke hat sich in den letzten acht Jahren bewährt und ist beim Publikum sehr beliebt. «Eine gute Idee sollte lieber zu kurz als zu lang präsentiert werden», so die Über­ zeugung aller. Text: Bettina Fischer DANCELAB 8 Beautycase Rucksack Experimentier­ freude Ruben Banol Herrera (Kolumbien) Armando Braswell (Amerika) Andrea Tortosa Vidal (Spanien) Sol Bilbao Lucuix (Spanien) Luna Bustinduy Mertens (Frankreich) Max Zachrisson (Schweden) XXX 18 Satyagraha 19 EIN WANDERER ZWISCHEN DEN WELTEN Er selbst beschreibt sich als «Mann, Choreograf, schwul, Belgier, Sohn eines Immigranten»: Sidi Larbi Cherkaoui, künstlerischer Leiter seiner eigenen Kompanie Eastman und Direktor des Ballet Vlaanderen, ist einer der gefragtesten internationalen Choreografen und war in der Schweiz bereits mehrfach im Rahmen des Tanzfestivals Steps zu Gast. In seinen Produktionen steht der Dialog im Mittelpunkt – der Versuch einer Kommunikation zwischen Menschen über alle sie trennenden Grenzen hinweg. Seine Choreografien treffen damit immer wieder einen Nerv der Zeit. Auch Holly­wood – wo er 2012 die Choreografie im Film «Anna Karenina» mit Keira Knightley übernahm – und einige Showgrössen (darunter die Sängerin Beyoncé, deren Grammy-Auftritt er jüngst choreografierte) greifen auf seine innovativen Arbeiten zurück. Im Musiktheater hat er in der vergangenen Spielzeit mit einer Inszenierung an der Bayerischen Staatsoper München für Furore gesorgt. Am Theater Basel inszeniert er nun die Oper «Satyagraha» von Philip Glass, in der Gandhis Idee des gewaltlosen Widerstands im Zentrum steht. Ein Porträt. Diese Hände! Immer wieder scheint er mit ihnen das Gesagte zu unter­ streichen. Er zeichnet beim Sprechen mit ihnen in die Luft wie ein Künstler mit dem Pinsel. Sie sind sein Instru­ ment. «Mit einer Hand kann man alles machen. Sie ist ein magisches Werk­ zeug. Man kann jemanden etwa mit der Hand bitten, näherzukommen, man kann begrüssen, verabschieden. Fühle ich mich in meinen Bewegungen verloren, kehre ich stets zu meinen Händen zurück, wie zu meinen Wur­ zeln.» Mit Wurzeln und Entwurzelun­ gen beschäftigt er sich in seiner tän­ zerischen und choreografischen Arbeit seit jeher. Mit dem Konstrukt von Heimat. Mit dem vermeintlichen «Clash» der Zivilisationen. In seiner preisgekrönten und weltweit gefeier­ ten Produktion «Babel (words)» etwa, einer humorvollen Suche nach der Utopie einer polyglotten Identität. Seine eigenen Wurzeln liegen im bel­ gischen Antwerpen. Dort wurde er als Sohn einer katholischen Flämin und eines marokkanischen Vaters gebo­ ren. Seine Muttersprache ist Franzö­ sisch. In der Koranschule lernte er Arabisch. Viele unterschiedliche «Satyagraha» Oper in drei Akten von Philip Glass Schweizer Erstaufführung Satyagraha Premiere 28. April, Grosse Bühne kulturelle Einflüsse haben ihn beein­ flusst. Vielleicht ist er deshalb zu ei­ ner Art Grenzgänger geworden. Zu ei­ nem Wanderer zwischen den Welten. MUSIKALISCHE LEITUNG Jonathan Stockhammer INSZENIERUNG & CHOREOGRAFIE Sidi Larbi Cherkaoui BÜHNE Henrik Ahr KOSTÜME Jan-Jan Van Essche CHOR Henryk Polus MIT Karl-Heinz Brandt, Nicholas Crawley, Maren Favela, Cathrin Lange, Andrew Murphy, Sofia Pavone, Anna Rajah, Rolf Romei Heimat Der Geruch der Stadt Antwerpen je­ doch bedeutet für ihn ein Stück Hei­ mat. Dort ist nach wie vor seine Basis. Sehnen tut er sich nach Asien, wo er sich freier fühlt. Vielleicht auch, weil er ein «Eastman» ist, ein Mann des Ostens – wie sein Nachname Cherkaoui übersetzt heisst. So ist auch seine Bewegungssprache durch asiatische Traditionen inspiriert. In seiner Produktion «Sutra» etwa arbei­ tete er mit 17 chinesischen Mönchen aus dem Shaolin-Kloster zusammen – einer Wiege der Kung Fu-Kampfkunst. Die hatte ihn schon als Jugendlicher interessiert, als er seine ersten Schrit­ te als Tänzer wagte und neben HipHop auch Michael Jackson verehrte. Fasziniert war er damals auch vom Kung Fu-Filmdarsteller Bruce Lee. «Bruce Lee begriff als einer der ers­ ten, dass sich eine Tradition öffnen muss, damit man von anderen Traditi­ onen lernen kann, und dass man aus der Summe der besten Dinge, die man gelernt hat, eine eigene Tradition her­ vorbringen kann. Auf diese Weise lernt man fortwährend.» Mit Lernen haben alle seine Projekte zu tun. Es geht ihm immer um den Austausch zwischen Menschen. Darum, wie Menschen miteinander kommunizie­ ren, eine Grundlage des Zusammenle­ bens bauen. Dabei steht immer auch die Frage nach der Moral im Zentrum: «Mir geht es um das Bedürfnis, nach sich stets verändernder Moral zu su­ chen. Ich will diese Moral finden, sie definieren und sie beibehalten.» Chor des Theater Basel Es tanzt Eastman. Es spielt das Sinfonie­ orchester Basel. Eine Koproduktion des Theater Basel mit der Komischen Oper Berlin und der Vlaamse Opera Antwerpen Zu «Satyagraha»: So 23. April, 11 Uhr «A force more powerful», Dokumentarfilm von Steve York über die Geschichte des gewaltlosen Widerstands. (In englischer Sprache, ohne Untertitel) kult.kino Atelier, Theaterstrasse 7, 4051 Basel SATYAGRAHA Beautycase Rucksack Erleuchtung Eine durchschlagende Idee Die Suche nach der Moral, die Suche danach, im Angesicht von Unrecht das Richtige zu tun, ist auch ein Thema in Philip Glass’ Oper «Satyagraha». Im Mittelpunkt der Oper steht Mahatma Gandhi und seine Zeit in Südafrika, wo er unter dem Eindruck von Diskri­ minierung und Unrecht seine Idee des gewaltlosen Widerstands unter dem Titel «Satyagraha» («Kraft der Wahrheit») entwickelte. Eine durch­ schlagende Idee, die Schule gemacht hat. Und das nicht nur zu Gandhis Lebzeiten und nicht nur in Südafrika oder Indien – sondern noch heute 20 und überall auf der Welt. Philip Glass unterstreicht diese Universalität in seiner Oper mithilfe dreier histori­ scher Geistesgenossen Gandhis, un­ ter deren «Schirmherrschaft» jeweils ein Akt steht: Leo Tolstoi, Rabin­ dranath Tagore und Martin Luther King, der Gandhis Lehren nach des­ sen Tod lebendig hielt. Auch heute ist die Frage relevant, mit welchen Mitteln politische Veränderungen bewirkt werden können. Die Demo­ kratie steckt vielerorts in der Krise, neue Protestbewegungen sind ent­ standen. «Die Idee des gewaltlosen Widerstands hat viele Menschen ins­ piriert. Aber es ist eine Gefahr, ihn als passiv zu betrachten. Denn nur aktiv kann man etwas verändern!» Und wie, als ob er diesen Satz unter­ streichen wollte, tanzen seine Hände beim Sprechen durch die Luft. Philip Glass Der amerikanische Komponist Philip Glass feiert 2017 seinen 80. Geburtstag – und ist kein bisschen leise! Neben 10 Sin­ fonien und zahlreichen Filmmusiken hat er im Laufe seines Lebens auch über 20 Opern komponiert – darunter die Trilogie der «Portrait-Opern»: «Einstein on the Beach» (1976), die er mit dem Künstler und Regisseur Robert Wilson entwickelte, «Satyagraha» (1980) und «Akhnaten» (1984). Glass passt in keine Schublade, wird aber des Öfteren mit der sogenann­ ten «minimal music» in Verbindung ge­ bracht. Hier wird mit musikalischen Figu­ ren gearbeitet, die ständig repetiert und variiert werden und dabei einen geradezu hypnotisierenden Sog entfalten. In der Oper «Satyagraha» über Mahatma Gandhi und seine Idee des gewaltlosen Wider­ stands verwendet Glass Texte aus dem alt­ indischen Epos «Bhagavad Gita», einer der zentralen Schriften des Hinduismus. Indien spielt auch in Philip Glass’ eigenem Leben eine wichtige Rolle: Er unternahm ausge­ dehnte Reisen durch das Land und fand im legendären Musiker Ravi Shankar einen prägenden Lehrmeister. Glass transkribier­ te Shankars Musik in westliche Notation und erhielt dadurch entscheidende Anre­ gungen für seinen eigenen Kompositions­ stil. «Satyagraha» ist eines der beliebtes­ ten Werke von Philip Glass, das aber selten aufgeführt wird. Die Premiere am 28. April 2017 am Theater Basel in der Inszenierung von Sidi Larbi Cherkaoui ist die Schweizer Erstaufführung der Oper. Text: Pavel B. Jiracek Ballettschule Theater Basel GROSSE SOMMER GALA 2017 Musical Theater Basel artwork: eyeloveyou.ch Foto: Daily Overview (Madrid, Spain) mit Choreografien von Richard Wherlock und Heinz Spoerli Olga Peretyatko CHF 35.– Foto: «Serenade», © Ismael Lorenzo Am Sa 24. Juni um 15 Uhr und um 19.30 Uhr Grosse Bühne Sinfonieorchester Basel Olga Peretyatko, Sopran Larry Brownlee, Tenor Speranza Scappucci, Leitung Ausschnitte aus Werken von Vincenzo Bellini, Georges Bizet und Gaetano Donizetti www.sinfonieorchesterbasel.ch 22. Mai 19.30 Uhr 22 DIE MORAL STIRBT AM KÜCHENTISCH Ein Gespräch mit Ewald Palmetshofer «die unverheiratete» Schauspiel von Ewald Palmetshofer Schweizer Erstaufführung die unverheiratete Premiere 23. März, Schauspielhaus Ewald Palmetshofer, einer der renom­ miertesten deutschsprachigen Gegen­ wartsdramatiker – und seit der Spiel­ zeit 2015/2016 Dramaturg am Theater Basel, geht in seinem Stück «die un­ verheiratete», das auf historischen Fakten beruht, der Frage nach, in wel­ cher Weise sich die Auseinanderset­ zung mit Verantwortung und Schuld in den Familien von NS-Täter_innen bis in die dritte Generation fortsetzt oder weiterträgt. «die unverheirate­ te» – ein Drama für sieben Schauspie­ lerinnen von geradezu antiker Wucht – beschreibt auch jenen Skandal, dass legal sein kann, was niemals legitim ist. Ewald Palmetshofer erzählt in ei­ ner rhythmisch komplexen Sprache und in hochmusikalischem Duktus von den Verstrickungen von Schuld und Liebe sowie dem Hereinragen der Vergangenheit in die Gegenwart und wurde dafür mit dem renommierten Mülheimer Dramatikerpreis 2015 aus­ gezeichnet. Regie führt Felicitas Brucker, die eine lange Zusammenar­ beit mit dem Autor verbindet und die mit «die unverheiratete» zum fünften Mal ein Stück von ihm inszeniert. INSZENIERUNG Felicitas Brucker BÜHNE Viva Schudt KOSTÜME Esther Bialas MUSIK Patric Catani MIT Carina Braunschmidt, Marlen Diekhoff, Pia Händler, Franziska Hackl, Barbara Horvath, Katja Jung, Cathrin Störmer «die unverheiratete» basiert auf his­ torischen Fakten. Was hat dich an diesem Fall interessiert? → Der histo­ rische Kern des Stücks ist der Verrat eines jungen Soldaten durch eine Frau, wenige Wochen vor dem Ende der Nazidiktatur und des Zweiten Weltkriegs. Besonders an diesem Fall ist, dass es sozusagen im fast Priva­ ten, Häuslichen seinen Anfang ge­ nommen hat. Alles Entscheidende spielt sich in einer Küche und in ei­ nem an die Küche anschliessenden Postamt, in dem ein Telefon steht, ab. Die totalitäre Ideologie dringt nicht nur bis in diese heimeligen Wohnräu­ me vor, sie wird auch aus diesen inne­ ren Räumen heraus betrieben und bedingungslos in die Tat umgesetzt. Das macht diesen Fall so interessant, weil er das Grosse im vermeintlich Kleinen zeigt: Es gibt historische Konstellationen, in denen die Moral am Küchentisch stirbt. Du erzählst in «die unverheiratete» von einer Täterin und den beiden ihr nachfolgenden Generationen – ihrer Tochter und Enkeltochter. Männer tre­ ten darin nicht auf; über sie wird nur gesprochen. Warum gibt es in deinem Stück ausschliesslich Frauenfiguren? 23 → Mich hat in der Arbeit an «die un­ verheiratete» das Verhältnis zwischen den Geschlechtern und die Abwesen­ heit von Männern besonders interes­ siert. Diese Abwesenheit ist während des Kriegs in den Familien offensicht­ lich. Auf andere Weise setzt sie sich im Gefängnis, in dem die Hauptfigur des Stücks eine langjährige Haftstra­ fe verbüsst, fort. Und auch an ihrem Lebensende im Krankenhaus, im Krankenzimmer mit fremden anderen Frauen, befindet sie sich in einem männerlosen Raum. Durch die Gene­ rationen dieser Familie, durch die Linie der Mütter, Töchter und Töchter­ stöchter hindurch ist die Frage nach Männern eine offene Wunde. Ich woll­ te diese Abwesenheit von Männern sozusagen auch physisch, konkret auf der Bühne zeigen und erfahrbar machen. Daher habe ich mich ent­ schlossen, ein Stück ohne männliche Figuren zu schreiben. In deinem Stück gibt es immer wieder Anspielungen auf die «Orestie» des Aischylos bzw. auf den Mythos der «Elektra». In welchem Zusammen­ hang steht «die unverheiratete» mit diesem antiken Stoff? → Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen ist da dieses schmerzliche Fehlen von Zu­ neigung und Liebe zwischen Mutter und Tochter. Man könnte sagen, dass für diese Lieblosigkeit im Stück aus der Tiefe des kulturellen Gedächtnis­ ses die Figur der Elektra auftaucht – die unversöhnlich um den Vater trau­ ernde, ihre Mutter abgrundtief has­ sende Tochter. Das ist das Gegenbild zur Mutter als beste Freundin der Tochter, wie man sie zum Beispiel aus den «Gilmore Girls» kennt. Zum ande­ ren gipfelt die «Orestie» in einer Gerichtsverhandlung, an deren Ende eine frühe demokratische Ordnung errichtet wird. Die Gerichtsverhand­ lung spielt auch in meinem Stück eine zentrale Rolle, wenn die Hauptfigur für ihren blinden, vorauseilenden Gehorsam einem Unrechtsregime ge­ genüber zur Verantwortung gezogen wird. Und schliesslich treten in der «Orestie» des Aischylos Rachegöttin­ nen, die Erinnyen auf. Anders als bei Aischylos werden diese in meinem Stück aber nicht befriedet. Sie leben in der Erinnerung der Hauptfigur fort. Interview: Constanze Kargl DON GIOVANNI – Ein Playmobil-Comic Oh nein, Vater! Oh nein, nicht die schon wieder! «Don Giovanni» Dramma Giocoso in zwei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart, Libretto von Lorenzo da Ponte, in italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln MUSIKALISCHE LEITUNG Erik Nielsen INSZENIERUNG Richard Jones BÜHNE Paul Steinberg KOSTÜME Nicky Gillibrand CHOR Henryk Polus MIT Simon Bode, Nicholas Crawley, Riccardo Fassi, Maren Favela, Michael Hauenstein, Kiandra Howarth, Anna Rajah, Biagio Pizzuti Chor des Theater Basel, Statisterie des Theater Basel Es spielt das Sinfonie­ orchester Basel. Eine Koproduktion des Theater Basel mit der English National Opera London Presenting Sponsor: Familientag am 17. April bei «Don Giovanni»! Einmal im Monat ist Familientag! An diesem Tag geht die ganze Familie besonders günstig ins Theater. Bis zu vier Kinder (un­ ter 14 Jahre) kommen kostenlos in die Vor­ stellung, in Begleitung eines Erwachsenen (99.– Grosse Bühne, 29.– Schauspielhaus / Kleine Bühne) oder zwei Erwachsener (198.– Grosse Bühne, 59.– Schauspielhaus / Kleine Bühne). Dabei gilt freie Platzwahl in allen Kategorien. Das Familienpaket ist an der Billettkasse und online im Ticketshop erhältlich. Don Giovanni ermordet den alten Komtur. Donna Anna ist entsetzt. Ihr Verlobter Don Ottavio schwört Rache. Na, Spätzchen, was läuft denn so? So ein Halunke! Don Giovanni ist bereits wieder auf Eroberungstour und versucht, die nächste Schönheit zu verfüh­ ren – zu spät erkennt er, dass es sich um Donna Elvira handelt, die er bereits früher schon ver­ führt hat. Oh… Lass uns tanzen, Masetto! Reg dich nicht auf. Du bist eine von Tausenden. So ein Don Juan! Leporello versucht Donna Elvira zu trösten, indem er ihr das umfangreiche Verzeichnis der Liebschaften seines Herrn zeigt. Er ist ein Betrüger! Glaub ihm ja nicht! Mist! Grrrr… Don Giovanni drängt sich der­ weil zwischen die beiden Turtel­ tauben Zerlina und Masetto und lädt sie zu einem Fest in seinem Schloss ein. Dort versucht er Zerlina zu ver­ führen, während Leporello den misstrauischen und eifersüchti­ gen Masetto ablenken soll. Aber Schätzchen! Du willst es doch! Hilfe! Lass mich! Don Giovanni bugsiert Zerlina in sein Schlafzimmer. Zerlina wird es zu viel und sie schreit um Hilfe. Booh! Ach Elvira, ich habe dich doch immer geliebt! Na, mein Täubchen, sehe ich nicht toll aus? Donna Elvira erscheint und warnt Zerlina vor Don Giovanni. Zerlina wird unsicher. Wo ist Don Giovanni!! %$&XX!?ߧ Hier entlang! Leporello und Don Giovanni tau­ schen die Kleider. Der verkleide­ te Leporello soll Donna Elvira verführen, während Don Giovan­ ni einer Unbekannten nachstellt. Der erzürnte Masetto trommelt seinen Bauern-Clan zusammen, um Don Giovanni eine ordentli­ che Abreibung zu verpassen und gemeinsam mit Don Ottavio, Donna Anna und Zerlina Rache an dessen Mord am Komtur zu nehmen. Don Giovanni (immer noch als Leporello verkleidet) weist sie natürlich in die falsche Richtung. Ach, du meine Güte! Welch’ Ungeheuer! Du musst dein Leben ändern! Ähm...nö! Der Geist des Komturs! Don Giovanni und Leporello tref­ fen sich auf dem Friedhof wie­ der. Plötzlich sehen sie den Geist des Komturs. Don Giovanni lädt ihn – sehr zu Leporellos Unbeha­ gen – zum Abendessen ein. Vor dem Besuch des Komturs erscheint Elvira, die ihn vor dem Untergang bewahren möchte. Don Giovanni stirbt daraufhin eines qualvollen Todes, und Leporello, der das schreckliche Szenario miterlebt hat, berichtet das Geschehen den anderen, die ihres Weges ziehen. Oder geschieht es andersrum? TÖRÖÖÖ – Der Elefant zur Kinderoper «Die Genesung der Grille» 1: Quadratisches Bas­ telpapier (alle Seiten sind gleich lang). 2: Auf beiden Seiten diagonal falten, damit innen ein Kreuz entsteht. 3: Oben eine grosse Ecke, unten eine kleine Ecke nach innen falten. 4: Seitlich ein Dreieck einfalten (braucht ein bisschen Übung). 5: Auf der linken Seite wiederholen. 6: Auf beiden Seiten zwei grosse Dreiecke nach aussen falten (das werden die Ohren; Afrikanische Elefanten haben grössere, Indi­ sche kleinere Ohren). 7: Umdrehen! 8: Den Rüssel abknicken. 9: Rüssel als Ziehharmonika falten. 10: Rüssel lang ziehen. 11: Umdrehen und obe­ re Ecken leicht nach in­ nen knicken für einen abgerundeten Kopf. 12: Wieder umdrehen und Augen aufmalen. 13: Fertig! Die Genesung der Grille Beautycase BÄUME SIND KOMPLIZIERT Hast du auch schon einmal davon geträumt, im Wald auf einen hohen Baum zu klettern, bis zur höchsten Spitze? Das ist gar nicht so einfach – besonders, wenn du ein Elefant bist. «Warum fällt nie ein andrer runter? Warum immer ich?», klagt der Elefant in Richard Ayres’ Kinderoper «Die Genesung der Grille». Trotzdem versucht er es immer wieder: zuerst bei dem sehr, sehr kleinen Baum, den ihm die quirlige Wühlmaus gezeigt hat, dann bei der widerspenstigen Weide – doch jedes Mal fällt er herunter. Warum müssen Bäume auch so kompliziert sein? Die Grille kämpft währenddessen mit einem düsteren Gefühl in ihrem Kopf. Doch weder die belesene Eule noch der besserwis­ serische Spatz können ihr helfen. Mit viel Humor nimmt die Regisseurin Daniela Kranz gemeinsam mit den Sänger_innen des Opernstudios OperAvenir und der Hochschule für Musik Basel die kleinen und grossen Zuschauer_innen mit auf eine Reise in einen ganz aussergewöhnlichen Wald voller skurriler Charaktere, auf der man nicht nur über tierische Emotionen etwas lernen kann. Rucksack «Die Genesung der Grille», ab 6 Jahren Premiere 22. März, Kleine Bühne Natur OperAvenir mit freundlicher Unterstützung: HEIVISCH, HIAG Immobilien, Julius Bär, Novartis 26 Rituale Am Theater Der Dernieren­ scherz Das Beste kommt zum Schluss So wie die Premiere, ist auch die letz­ te Vorstellung einer Produktion etwas Besonderes – die Derniere. Je nach Stück ist es natürlich sehr unter­ schiedlich, ob man sich auf das Ende freut, oder aber lieber doch noch ein paar Vorstellungen gespielt hätte, erzählt Maren Favela, die in dieser Saison Mitglied im Opernensemble am Theater Basel ist. Und so gibt es auch bei der Derniere ein Ritual, das alle Sparten des Theaters kennen und ganz unterschiedlich ausfallen kann: der Dernierenscherz. Ob nun ein Wort ausgetauscht wird, die Drehbühne verkehrt herum dreht, ein ganzer Chor ins Wanken gerät, oder, wie sich Maren Favela erinnert, beim Singen der Bildnisarie in der «Zauberflöte» plötzlich ein anderes Bild gehalten wird – dem Witzeln auf der Bühne sind fast keine Grenzen gesetzt. Oft werden auch kleine Pannen aus ver­ gangenen Vorführungen erneut ein­ gebaut. Ziel ist es, die Kolleg_innen auf der Bühne aus der Fassung und zum Lachen zu bringen. Dem Publi­ kum sollte der kleine Scherz mög­ lichst gar nicht auffallen! Die meis­ tens lockere Stimmung während der Derniere ist jedenfalls deutlich zu spüren. Es soll ja schliesslich ein ge­ lungener Abschied werden. Text: Christoph Mang MODETIPP Mut zur Extravaganz Für Haute-Couture-Mode werden – wie es die französische Bezeich­ nung für «gehobene Schneiderei» bereits vermuten lässt – nur die feinsten und exquisitesten Materialien verwendet. In akribischer Handarbeit werden die opulenten und extravaganten Unikate von den geschicktesten Schneider_innen angefertigt. Als Begründer der Haute Couture gilt der Engländer Charles Frederick Worth, der in Paris 1857/58 das erste grosse Modehaus gründete. Seine Schöp­ fungen wurden unter anderem von Kaiserin Eugénie, Königin Victo­ ria, der Fürstin Pauline von Metternich und der Kaiserin Elisabeth von Österreich getragen. Für die Oper «Alcina», die am 10. Juni in der Regie von Lydia Steier am Theater Basel zur Premiere kommen wird, entwarf der preisgekrönte italienische Kostümbildner Gianluca Falaschi eine raffinierte und farbenprächtige Haute-Cou­ ture-Kollektion. Die Zauberin «Alcina» wird von der Sopranistin Kate Royal gesungen. Wie die kunstvolle Figurine bereits verrät, wird sie ein atemberaubendes paillettenbesetztes Federnkleid tra­ gen, das die vier Elemente Wasser, Feuer, Erde und Luft spiegelt. Die Damenschneiderinnen des Theater Basel freuen sich, diese ein­ maligen Kostümentwürfe realisieren zu dürfen. Eine Herausforde­ rung, die ihnen ermöglicht, ihr ganzes Können zu zeigen. Text: Sabrina Hofer 27 Hausbesuch bei Barbara Horvath «Idomeneus» Schauspiel von Roland Schimmelfpennig Premiere 11. Mai, Kleine Bühne INSZENIERUNG Miloš Lolić BÜHNE Evi Bauer KOSTÜME Jelena Miletić MUSIK Nevena Glušica MIT Liliane Amuat, Elias Eilinghoff, Urs Peter Halter, Barbara Horvath, Katja Jung, Thomas Reisinger, Lisa Stiegler, Cathrin Störmer, Thiemo Strutzenberger, Michael Wächter IDOMENEUS Beautycase Rucksack Seereise Als Barbara Horvath von Wien nach Basel wechselte, beschloss sie mit ihrer Familie, in eine ländliche Umge­ bung zu ziehen – ihr Mann Helmut Berger war früher einmal Ensemble­ mitglied am Theater Basel und damit ortskundig. Ihr neues Zuhause fanden sie in Biel-Benken, in einem gemütli­ chen kleinen Haus mit Garten und Ka­ min; die Entscheidung haben sie kei­ nen Tag bereut: Der Sohn kann selb­ ständig zur Schule und zum Fussball gehen, gleich nebenan gibt es frisches Gemüse, Eier und hervorragenden Käse sowie viel Ruhe und einen unver­ bauten Ausblick in die Natur. Der Kon­ takt zu den Nachbarn ist herzlich, und trotz des besonderen Lebensrhyth­ mus der vielbeschäftigten Schauspie­ lerin, fühlt Barbara Horvath sich in der Dorfgemeinschaft bereits hei­ misch. Als Mitinitiantin eines Schreib­ wettbewerbs (www.landlesen.ch) engagiert sie sich auch für die lokale Kulturszene. Von und zu Proben und Vorstellungen fährt Barbara Horvath meistens mit öffentlichen Verkehrsmitteln und nutzt die Zeit zum Textlernen, obwohl die Fahrt auf der Linie 10 an den Schlössern von Binningen und Bott­ mingen vorbei durchaus idyllisch ist. Für sie steht mit «Idomeneus» von Roland Schimmelpfennig noch ein zeitgenössisches Sprachkunstwerk an, bei der jede Silbe und jede Pause sitzen muss; für die immer akribisch vorbereitete Schauspielerin eine Herausforderung, der sie sich mit grossem Vergnügen stellt. Text: Almut Wagner Das Magazin für Wissenskultur AVENUE Pornographie: Geschichte, Ästhetik und Wirkung. Im März im Netz, im Mai im Druck. www.avenue.jetzt