Dunkle Materie

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Dunkle Materie
und die
Rotation der Milchstraße
Vortrag im Rahmen des Seminars „Entstehung und Entwicklung der Galaxis“
Marius Halosar
11.01.2013
Inhalt
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Ganz kurze Geschichte der dunklen Materie (DM)
Einige Gründe, warum sie eingeführt wurde
Die Galaxis und ihre Parameter
Rotationskurven
Der Bullet Cluster und der „Beweis für DM“
Gegenmeinungen
Alternativen zur DM
Analyse der DM
Ende
Warum „Dunkle Materie“ ?
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Schon im Jahr 1933 entdeckte Fritz Zwicky durch Anwendung des Virialtheorems auf den
Coma – Haufen, dass dieser nicht durch die Gravitationswirkung seiner sichtbaren
Bestandteile allein zusammengehalten werden kann. Er postulierte daher als erster den
Begriff „Dunkle Materie“. Seine Hypothese stieß aber auf breite Ablehnung.
Seit ca. 1960 wurde insbesondere von der amerikanischen Astronomin Vera Rubin die
Rotationsgeschwindigkeit von Spiralgalaxien untersucht. Die Rotationskurven zeigen in den
äußeren Bereichen keine 1/r Abnahme, wie es nach Newton sein sollte, sondern laufen
flach. Dieses Verhalten konnte nur durch einen Halo aus dunkler Materie erklärt werden!
Gravitationslinsen
Strukturbildung im frühen Universum und Silk – Dämpfung (Joseph Silk,1968)
Die intensive Wechselwirkung zwischen Strahlung und Materie bei hohen Temperaturen
dämpfte nach dem Urknall effizient die Bildung von Strukturen auf kleinen Skalen im
expandierenden Kosmos. (Silk – Dämpfung)
Daher sollten auf diesen Skalen auch keine Temperatur - bzw. Dichteschwankungen in der
Hintergrundstrahlung erkennbar sein. Zum Zeitpunkt der Rekombination waren diese
Fluktuationen aber bereits vorhanden. ( δP ~ 10-5)
Da dies aber nicht auf das Klumpen von baryonischer Materie zurückgeführt werden kann,
wird angenommen, dass nicht mit Strahlung wechselwirkende dunkle Materie Potentialtöpfe
gebildet hat, um die sich die Fluktuationen herausbildeten!
Die bisher größte N-body (Milleniums)-Simulation XXL enthält 67203 DM - Partikel mit je
8,5.109 Msun in einer Box von 4,1 Gpc Seitenlänge und umfasst 13,7 GJ. Sie verfolgt das
nichtlineare Wachstum von DM-Strukturen in einem expandierenden Universum. (2011)
Millenium survey XXL, erstellt am Jülich Supercomputer, 2010. Jeder Zoom bringt 8 fache Vergrößerung
Die Galaxis und ihre Parameter
• Unsere Milchstraße besteht wie alle Spiralgalaxien aus dem Bulge,
der Scheibe (dicke und dünne Scheibe), sowie dem Halo, der
näherungsweise als isotherme Kugel angesehen werden kann.
• Diesem wird die Masse der dunklen Materie zugerechnet.
• Es handelt sich um ein stoßfreies System und die Sterne und das
Gas bewegen sich im gemeinsamen Gravitationspotential.
• Das System relaxiert durch Phasenmischung.
• Die grundlegenden Parameter für das Milchstraßensystem sind nach
wie vor kontrovers, was besonders die Rotationsgeschwindigkeit am
Ort der Sonne, den Abstand zum GZ und die Oortschen Konstanten
betrifft. Mit den offiziellen Empfehlungen der IAU von :
• VR = 220 km/s und R0 = 8,5 Kpc ergibt sich für einen Sonnenumlauf
P = 240.106 Jahre
Rotationskurven der Galaxis
• Rotationskurven sind grundlegend für die Massenverteilung
• Enorme Datenmengen wurden zu deren Ermittlung mit
verschiedenen Methoden zusammengetragen:
• HI und CO Linienmessungen für die innere Galaxis
• optische Distanz -u. Geschwindigkeitsmessungen sowohl vom
Boden aus, als auch durch Satelliten für die äußere Galaxis.
• Trotz aller dieser Anstrengungen ist die Rotationskurve der
Galaxis bislang nur annähernd bekannt, da die Messwerte
besonders außerhalb der Sonnenbahn stark streuen.
• Eine japanische Studie, die alle bekannten Messwerte an
einheitliche Ausgangsparameter anpasst, soll im Folgenden
vorgestellt werden (Y. Sofue et. al, 2008):
„Unified Rotation Curve of the Galaxy – Decomposition into the
Vaucouleurs Bulge, Disc, Dark Halo and the 9 kpc rotation Dip
Der Aufbau der Milchstraße
• Bulge
Masse: M = 1,8 . 1010 Mо
zentrale Dichte: ρ→∞
• Scheibe
Masse: M = 6,5 . 1010 M0
zentrale Dichte: ρ = 8 Mо/pc3
Gesamtmasse der individuellen Komponenten
• Balken
angenommene halbe Länge: 4 kpc
• Dunkler Halo
Masse:(r=20 kpc) M = 1,24. 1011 M0
zentrale Dichte: ρ = 0,03 M0/pc3
• Gesamte Masse
(bei r=20 kpc)
• M = 2.07 . 1011 M0
Die galaktische Rotationskurve
Bemerkenswert an der Kurve sind insbesondere die beiden Minima bei 3 und
9 kpc Abstand vom Zentrum. Nachdem beide in allen Plots jüngeren Datums
auftreten (HI-Dicke, C-Sterne, OB-Sterne, H II-Regionen) scheint es sich um
ein azimutal großskaliges Phänomen zu handeln und nicht nur um lokale
Abweichungen naher Sterne von einer Kreisbewegung. Die Senke bei 3 kpc
könnte mit dem Balken in Verbindung stehen, die bei 9 kpc wird von den
Autoren mit einem massiven Ring bei 11 kpc erklärt.
Kumulierte Rotationskurven von
Spiralgalaxien
RGs naher Spiralgalaxien: Die Rotationskurven bleiben weit über die opt. Scheibe (10 kpc) hinaus flach!
Diese äußeren (Gas) - Scheiben wurde mit der HI-21 cm Linie vermessen.
Bullet-Cluster: 1E0657−558 (z = 0.296)
Image Credit: NASA/STScI; Magellan/U.Arizona/D.Clowe et al.overlaid with X-ray: NASA/CXC/CfA/M.Markevitch et al.
Merging von 2 Galaxienhaufen
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Die beiden Haufen haben sich vor 100 MJ
kollisionsfrei durchdrungen. (Entfernung ca. 1 Gpc)
Das heiße Clustergas hingegen ist aufeinander
geprallt, geschockt, und hinkt den Haufen nach
Die Masse des Röntgen-Plasmas ist größer als die
der baryonischen Materie in den jeweiligen Haufen
Die Schwerpunkte der Massenkonzentrationen von
Haufen bzw. Gas sind räumlich deutlich getrennt
Beide Haufen bewirken auf Hintergrundgalaxien einen
Lensingeffekt (Krümmung u. Verstärkung), durch den
das effekt. Potential der Linsen ermittelt werden kann
Die Konturen des Gravitationspotentials mit ihren
Maxima entsprechen recht genau jenen der Haufen
und nicht denen des heißen Plasmas!
Dieser Gravitationslinseneffekt kann nur durch nicht
sichtbare dunkle Materie erklärt werden, die wegen
ihrer schwachen WW mit sich selbst und dem Plasma
nichtbaryonischer Natur sei dürfte
Eine Änderung des Gravitationsgesetzes oder der
ART kann diese Beobachtung nicht erklären!
Quelle: Clowe et al. „A DIRECT EMPIRICAL PROOF OF THE EXISTENCE OF DARK MATTER“ (2006)
Warum keine „Dunkle Materie“ ?
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Im Paper „Local-Group tests of dark-matter concordance cosmology“ (Kroupa et al.,2010)
untersuchen die Autoren 5 unvereinbare Probleme zwischen beobachteten Eigenschaften
der Satellitengalaxien im lokalen Universum und der CDM des λ-CCM der Kosmologie:
CCM sagt eine Relation zwischen der CDM Masse und der Leuchtkraft der Milchstraße
voraus, die aber nicht beobachtet wird.
Die Massenverteilung der beobachteten DM-Halos von Satellitengalaxien ist mit der λ-CDM
Hypothese höchstens mit 4,5% Wahrscheinlichkeit verträglich.
Die Beobachtung von Spiralgalaxien indiziert eine Korrelation zwischen der Bulgemasse
und der Anzahl leuchtkräftiger Satelliten, die aber vom CCM nicht vorausgesagt wird.
Sowohl die 11 „klassischen“ Satellitengalaxien, als auch deren 13 leuchtschwache neu
entdeckte Zwerggalaxien der MS bilden eine gemeinsame schmale Scheibe, die nahezu
senkrecht auf die MS orientiert ist. Das CCM sagt eine isotrope Verteilung voraus.
Das „Invariant – baryonic – galaxy“ Problem.
Der chilenische Astronom Moni Bidin verfasste (April 2012) „Kinematical and chemical
vertical structure of the galactic thick disc. A lack of DM in the solar neighborhood“, wobei
er in der Sonnenumgebung keinerlei DM entdeckte, jedoch einen prolaten Halo aus
dunkler Materie nicht ausschließen konnte.
Bereits im Juli 2012 fanden hingegen Silvia Garbari et al. in „A new determination of the
local dark matter density from the kinematics of K dwarfs“ die lokale Dichte der DM in der
Sonnenumgebung ρ = 0,025 Mo/pc3. Die lokale Dichte extrapoliert aus der Rotationskuve
bei angenommenem sphärischem Halo liegt bei 0,005-0,013 Mo/pc3 (Weber & Boer,2010)
„Dark matter, a debate“
um die Existenz bzw. Nichtexistenz der dunklen Materie
am 18. Nov. 2010 in Bonn
zwischen: Professor Simon White, Direktor am Max-Planck Institut
und
Professor Pavel Kroupa von der Universität Bonn
(links)
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Alternativen zur dunklen Materie ?
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In den letzten Jahre ist das Konzept der DM vermehrt in Zweifel gezogen
worden, was durch die beschriebene Debatte auch in der Öffentlichkeit
Spuren hinterlassen hat. Doch welche Alternativen bieten sich an?
Eine Modifikation der Newtonschen Dynamik erscheint als ketzerischer Akt.
Aber: Das Grundgesetz musste schon 3x modifiziert werden:
1) Bei kleinen Abständen (Durch die Quantenmechanik)
2) Bei hohen Geschwindigkeiten (Durch die spezielle Relativitätstheorie)
3) Bei großen Massen (Durch die ART)
Der israelische Physiker Mordehai Milgrom schlug daher 1983 eine weitere
Modifikation des Grundgesetzes bei geringen Beschleunigungen vor, um die
Rotationskurven bei Scheibengalaxien ohne DM erklären zu können: „MOND“
STVG (Skalar-Tensor-Vektor Gravity) wurde von dem Physiker John Moffat
entwickelt und ist eine weitere alternative Theorie, die unter dem Namen
MOG (modified gravity) bekannt geworden ist.
Sie postuliert ein Vektorfeld Φμ und 3 Konstante G,μ,ω, die Skalarfeldern
zugeordnet werden.
MOG konnte erfolgreich an einer Reihe von astrophysikalischen und
kosmologischen Phänomenen getestet werden und löst auch das Problem
des Bullet-Clusters ohne Zuhilfenahme von DM.
MOdifizierte Newton`sche Dynamik
(MOND – Hypothese)
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Grundlagen:
aus
F = m . a wird F = m . μ( a/a0 ) . a
wobei μ( a/a0 ) = 1 für a/a0 >> 1 und μ( a/a0 ) = a/a0 für a/a0 << 1
a0 ist eine neue Naturkonstante, die beschreibt, ab wann die Modifikation
relevant wird. Milgrom bestimmte sie zu
a0 = 1,2 . 10 -10 m / s2
bzw. a0 = 3,9 pc / Myr2
Es gilt: F = m . G . mG . r -2 und für a /a0 << 1 erhält man G . mG .r -2 = a2/a0
Somit wird a = (G . mG . a0 )½ / r
Kreisbahnbeschleunigung: a = v2 / r
Damit wird: v2 = (G . mG . a0 )½
Daraus folgt, dass die Rotationsgeschwindigkeit in weitem Abstand konstant
ist und nicht mehr vom Radius abhängt.
Die Funktion μ( x ) wird kann aus μ( x ) = x / (1+x) oder aus μ( x ) = x /(1+x2)½
berechnet werden.
Eine relativistische MOND-Formulierung wurde 2004 von Jakob Bekenstein
vorgeschlagen und ist als „Tensor-Vektor-Skalar“ Gravitationstheorie bekannt.
Was ist dunkle Materie?
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Im λCDM Modell beträgt der Anteil der DM aus den WMAP - Daten im
Universum 22,2%. Es ist sehr merkwürdig, dass wir dabei nicht einmal
ansatzweise wissen, woraus sie besteht. Diese Tatsache zählt neben der
Dunklen Energie zu einer der wichtigsten Fragen der modernen Kosmologie.
Geforderte Eigenschaften an die DM:
Sie sollte nichtbaryonischer Natur sein, d.h. außer über die Gravitation nicht mit
baryonischer Materie, Strahlung oder sich selbst wechselwirken.
Sie sollte sehr früh entkoppelt haben, sodass die Strukturbildung schon bald
nach dem Urknall einsetzen konnte.
Man unterscheidet heiße (HDM), warme (WDM) und kalte (CDM) dunkle Materie
Als HDM kommen in erster Linie Neutrinos in Betracht. Durch ihre große freie
Weglänge kommen sie aber für das beobachtete bottom-up Szenario nicht in
Frage. (Kleinere Strukturen als Galaxienhaufen werden ausgewaschen!)
Zur WDM zählen verschiedene supersymmetrische Teilchen z.B. das Gravitino.
Als Kandidaten für die CDM sind die hypothetischen WIMPs (weakly interacting
massif particle) und die Axionen, die in der QCD eine Rolle spielen,im Gespräch
Für beide Teichen sind bereits aufwändige Nachweisexperimente gelaufen.
Gefunden hat man dabei bisher.....
NICHTS !
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
ENDE
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