Fakultät für Physik Wintersemester 2016/17 Übungen zur Physik I für Chemiker und Lehramt mit Unterrichtsfach Physik Dr. Andreas K. Hüttel Blatt 9 / 12.12.2016 1. Wippe Ein Vater (mV = 75, 0 kg) und sein Kind (mK = 25, 0 kg) wollen gemeinsam auf einer Wippe wippen (siehe Abbildung 1). Das Kind sitzt im Abstand dK = 2, 0 m von der Drechachse der Wippe. Die Wippe selbst ist als masselos zu betrachten. Vater und Kind sollen als Punktmassen betrachtet werden. (a) Welches Drehmoment übt das Kind auf die Wippe aus, wenn diese in einem Winkel von α = 30, 0 ◦ gegenüber der Horizontalen geneigt ist? (b) In welchem Abstand dV zur Drehachse muss der Vater sitzen, um die Wippe im Gleichgewicht zu halten? Abbildung 1: Skizze zu Aufgabe 1: Drehmoment bei der Wippe ~ =~r × ~F (a) Drehmoment: M ~ K | = MK = |~r||F~g,K | · sin(∠(~r, F~g,K )) |M = dK · mk · g · sin(90◦ − α) √ 3 2 = 2 m · 25 kg · 9.81 m/s · 2 ≈ 425 Nm ~V | = |M ~K | (b) Gleichgewicht, wenn: |M dV · mV · g · sin(90◦ + α) = dK · mk · g · sin(90◦ − α) mk · sin(60◦ ) 25 kg → dV = dK = 2 m · ≈ 0.67 m mV · sin(120◦ ) 70 kg 2. Fliehkraftregler Ein Fliehkraftregler, wie in Abbildung 2 gezeigt, besteht aus zwei dünnen Stangen der Länge l mit angehängten Kugeln der Masse m, die sich um eine vertikale Stange drehen. Mit zunehmender Rotationsfrequenz werden die Kugeln nach außen getrieben und ein Regler angehoben. Dieser kann z.B. ein Ventil öffnen oder schließen, so daß eine konstante Rotationsfrequenz eingeregelt wird. Vernachlässigen Sie bei Ihren Rechnungen die Reibung der Gestänge und berücksichtigen Sie nur die Massen m der Kugeln. ~? (a) In welche Richtung zeigt der Vektor der Winkelgeschwindigkeit ω (b) In welche Richtung zeigt der Vektor des Drehimpulses ~L? (c) Berechnen Sie den Vektor des Drehimpulses als Funktion von l, m, ϕ und ω. Behandeln Sie hierbei die Kugeln als Punktmassen. (d) Bonusaufgabe, freiwillig, schwer aber mit Ihrem Wissen machbar: Berechnen Sie den Winkel ϕ(ω) als Funktion der Winkelgeschwindigkeit. Hinweise: Die Stange l trägt alle Kräfte parallel zu ihr. Also setzen Sie die Komponenten von Zentripetalkraft und Gewichtskraft senkrecht zur Stange gleich... Vorsicht, der Achsenabstand der Massen hängt auch von ϕ ab! Abbildung 2: Skizze zu Aufgabe 2: Fliehkraftregler ~ zeigt nach unten, also in Richtung −~ez . (a) ω (b) Weil wir den “starren Körper” aus den zwei Kugeln um eine seiner Hauptträgheitsachsen drehen, ist der Drehimpulsvektor parallel zum Winkelgeschwindigkeitsvektor, zeigt also ebenfalls nach unten. Alternativ kann man aus Geschwindigkeit, Masse und Ort der beiden Kugeln ihre Drehimpulse ausrechnen und addieren (Aufgabe (c)) und kommt zur gleichen Schlußfolgerung. (c) Der Ortsvektor ~r1 und der Impulsvektor ~p1 zu einem gegebenen Zeitpunkt sind: sin ϕ cos ωt − sin ϕ sin ωt d~r1 ~r1 = l − sin ϕ sin ωt , ~p1 = m = mlω − sin ϕ cos ωt dt − cos ϕ 0 Das Gleiche gilt für die zweite Masse, die direkt gegenüber der ersten liegt. Ihre Koordinaten sind also durch r2 = −r1 , r2 = −r1 und r2 = r1 gegeben. − sin ϕ cos ωt sin ϕ sin ωt d~r2 ~r2 = l sin ϕ sin ωt , ~p2 = m = mlω sin ϕ cos ωt dt − cos ϕ 0 Damit ergibt sich für die Drehimpulse: − cos ϕ cos ωt ~l1 =~r1 ×~p1 = ml 2 ω sin ϕ cos ϕ sin ωt − sin ϕ cos ϕ cos ωt ~l2 =~r2 ×~p2 = ml 2 ω sin ϕ − cos ϕ sin ωt − sin ϕ Also ergibt sich für den Gesamtdrehimpuls: ~L = ~l1 +~l2 = −2ml 2 ω sin2 ϕ êz Auch hier sieht man, dass der Drehimpulsvektor in negative z-Richtung zeigt. 3. Looping Eine homogene Kugel mit Radius r und Masse m rolle von der Höhe H die in Abbildung 3 gezeigte Looping-Bahn mit dem Radius R herunter. Reibung verhindere Schlupf zwischen Kugel und Unterlage, führe aber nicht zu Energieverlust. Es soll angenommen werden, dass r R gilt. Das Massenträgheitsmoment einer homogenen Kugel ist IKugel = 25 mr2 . Zeigen Sie mit Hilfe der Energieerhaltung: (a) Wie groß ist die Geschwindigkeit der Kugel am höchsten Punkt des Loopings? (b) Aus welcher Höhe H muß die Kugel starten, damit sie nicht aus dem Looping fällt? A: Anfangspunkt der Bahn bei Höhe H B: Höchster Punkt des Loopings bei Höhe 2R (a) Energieerhaltung: E pot (A) = E pot (B) + Ekin (B) + Erot (B) 1 1 m · g · H = m · g · 2R + · m · v2 + · IKugel · ω 2 2 2 2 mit ω = v/r und IKugel = 2/5 · m · r folgt: m · g · (H − 2R) = 1 1 v2 · m · v2 + · m · r2 · 2 2 5 r 1 2 1 2 ·v + ·v 2 5 7 2 g · (H − 2R) = ·v 10 r 10 →v= · g · (H − 2R) 7 g · (H − 2R) = Abbildung 3: Skizze zu Aufgabe 3: Eine Kugel rollt auf einer Bahn in einen Looping. (b) Bedingung, dass die Kugel auf der Bahn bleibt: g ≤ azentri f ugal = →1≤ 10 1 v2 →g≤ · g · (H − 2R) · R 7 R H 10 H 20 − → 27 ≤ 10 → H ≥ 2, 7R 7 R 7 R 4. Speichenrad Ein Speichenrad mit Hartgummireifen lässt sich reibungsfrei um die Mittelachse drehen. Die Masse des Reifens sei M = 998, 0 g und dessen Radius R = 1, 0 m. Die Massen der Speichen und der Felge sowie die Dicke des Reifens (∆R ≈ 0) sind sehr klein und können vernachlässigt werden. Eine Gewehrkugel der Masse m=2,0 g fliegt senkrecht zur Radachse und trifft mit der Geschwindigkeit v = 1000, 0 m/s unter einem Winkel α = 60◦ zur Tangente auf den Reifen des ruhenden Speichenrades und bleibt in diesem stecken (s. Skizze). Dadurch wird das Rad in eine Drehbewegung versetzt. (a) Wie groß ist der Drehimpuls der Gewehrkugel unmittelbar vor dem Einschlag bezogen auf die Drehachse des Rades? (b) Mit welcher Winkelgeschwindigkeit dreht sich das Speichenrad unmittelbar nach dem Einschlag? (a) Drehimpuls unmittelbar vor Einschlag: |~L| = |~r ×~p| = R · m · v · sin(90◦ − α) = R · m · v · cos(α) m 1 m2 → |~L| = 1 m · 2, 0 g · 1000 · = 1, 0 kg s 2 s Abbildung 4: Skizze zu Aufgabe 4: Eine Gewehrkugel trifft auf ein Rad mit fester Achse. (b) Drehimpulserhaltung: |~Lvorher | = |~Lnachher |; |~Lvorher | = R · m · v · cos(α) (aus (a)) |~Lnachher | = I · ω = (M + m) · R2 · ω →ω = m · v · cos(α) 0, 002 kg · 1000 m/s · 0.5 = = 1 Hz (M + m) · R (0, 998 kg + 0, 002 kg) · 1 m