Mechanische Effekte und Sensoren

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Mechanische Effekte und
Sensoren
• Piezoresistiver Effekt: Dehnungsmessstreifen (DMS)
– Grundlagen
– Metallische DMS
– Halbleiter (Si) - DMS
• Kraftmessung mit DMS
• Druckmessung mit DMS
– Drucksensoren mit Metall-DMS (Rosette)
– Integrierte piezoresistive Si-Drucksensoren
• Kapazitive Drucksensoren
• Mikromechanische Beschleunigungs-/Vibrations-Sensoren
• Piezoelektrische Sensoren
– Piezoelektrischer Effekt
– Piezoelektrische Druck/Kraft-Sensoren
V2-1
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Grundlagen des
piezoresistiven Effekts
V2-2
Widerstand eines elektrischen Leiters:
R = ρ⋅l/A
(1)
ρ - spezifischer Widerstand des Materials
A = π⋅r² - Querschnitt eines Drahtes von Radius r und Länge l
Eine Dehnung Δl/l = ε bewirkt eine Widerstandsänderung ΔR (dieser Effekt wird
im Bereich der elastischen Verformung des Materials genutzt).
Berechnung des Effektes aus totalem Differential von (1):
ΔR = δR/δρ ⋅ Δρ + δR/δl ⋅ Δl + δR/δr ⋅ Δr (2)
Bildung der partiellen Differentiale und Division durch R liefert relative
Widerstandsänderung ΔR/R des Drahtes:
ΔR/R = Δρ/ρ + Δl/l – 2Δr/r
(3)
Mit Δl/l = ε (Dehnung) und μ = -(Δr/r)/(Δl/l ) (µ - Poisson-Zahl) ist
ΔR/R = [ (Δρ/ρ)/ε) +1 + 2µ ] ⋅ ε = k ⋅ ε
(4)
k – Dehnungsempfindlichkeit, „Gauge“-Faktor des Dehnungsmessstreifens (DMS)
Poisson-Zahl (Querkontraktionszahl): μ = 0,2 ... 0,5
μ = 0,5 bei ΔV = 0, d.h., wenn das Volumen bei Dehnung konstant bleibt.
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Dehnungsmessstreifen (DMS)
V2-3
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Verformung eines
Draht-Leiters bei
Dehnung
Aufbau eines DMS
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Metallische DMS-Widerstände (I)
V2-4
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Merkmale, insbesondere gegenüber Halbleiter- (Si)-DMS:
•
•
•
•
•
geringe Temperaturabhängigkeit von K (ca. 10-5/K)
hohe Genauigkeit
k = 2...6, da sich der spezifische Widerstand ρ von Metallen bei Dehnung kaum ändert
geringe Empfindlichkeit
geringer piezoresistiver Effekt, d. h., sehr kleine Widerstandsänderung
Beispiel
Konstantan-DMS: k = 2 (für Δρ = 0 und ΔV = 0 Æ μ = 0,5)
d.h., Widerstandsänderung im Wesentlichen durch Geometrieeffekte
(Längenänderung und Querkontraktion) hervorgerufen
• Standard-Ausführung: Folien-DMS
• Draht-DMS - nur noch bei Hochtemperatur.-Anwendungen
• Dünnfilm-DMS - direkt auf Verformkörper aufgedampft
Folien-DMS:
• mäanderförmig strukturierte Folien, ca. 4μm dick; hergestellt mit
Ätztechniken aus Metallfolie, die zwischen eine Träger- und eine Abdeckkunststofffolie
eingeschweißt werden.
• wird auf Messobjekt (z.B. Biegebalken für Kraft oder
Beschleunigungs-Messungen aufgeklebt (Kriech- bzw. Hysteresis-Probleme)
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Metallische DMS-Widerstände (II)
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V2-5
DMS-Fläche: 1 mm² bis ca. 20 x 5 mm²
Zulässige Dehnung: εmax = ± 4·10-3 (bei relativem Linearitätsfehler Fr ≤ 0,1%)
• Bei Überlastung plastische Verformung: Auswechslung bzw. Neukalibrierung
erforderlich
• Dehnungsmessbereich 10-6 ... 10-3 liefert wegen geringer Empfindlichkeit (k-Faktor
2 ... 6) nur kleine Widerstandsänderungen: i.a. Auswertung in Brückenschaltungen
Temperaturbereich:
Standard - 50 ... +200 °C; Hochtemperatur-DMS (Pt-Draht) bis ca. 1000 °C
Nennwiderstände:
120 / 300 / 600 Ω
zulässige Strombelastung: 20 mA bei 300 Ω
Konstantan-DMS:
• thermischer Ausdehnungs-Koeffizient αKo = 12 μm/m/K, etwa der von Stahl und Beton
Æ bei solchen Messobjekt-Materialien ist für Konstantan-DMS keine TemperaturKompensation erforderlich
• außerdem ist T-Abhängigkeit des k-Faktors relativ klein: TK(kKo) ≈ -3·10-5 /K
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Halbleiter-DMS-Widerstände
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V2-6
Dehnungsempfindlichkeit k von dotierten Silizium-DMS-Widerständen ist
wesentlich größer als bei metallischen DMS.
k hängt von Dotierung und Kristallorientierung ab; z.B. typischer Wert k = 120,
p-Si: k-Werte bis 200 (positiv !)
n-Si: k-Werte bis -100 (negativ !)
allerdings ist der Bereich der elastischen Verformbarkeit des spröden Si <10-3
Ursache für hohe k-Werte: Änderung des spezifischen Widerstandes ρ durch
mechanische Spannung σ in Halbleitern; bei Dehnung ändern sich Bandabstand und
Dichte der Ladungsträger im Halbleiter Æ Piezowiderstandseffekt (piezoresistiver Effekt)
Δρ/ρ = Π ⋅ σ
• Π - piezoresistiver Koeffizient, i.a. symmetrischer 6x6 Tensor mit 21 Komponenten;
im kubischen Si-Kristall nur 3 unabhängige Komponenten Π11, Π12, Π44
• Werte hängen vom Leitungstyp und Dotierungskonzentration ab
• Man unterscheidet longitudinalen u. transversalen Piezowiderstandseffekt (Stromfluss
parallel bzw. senkrecht zur mechanischen Spannung) mit ΠL u. ΠT (berechnen sich aus
Π11 ... und sind dementsprechend abhängig von der Kristallorientierung
Si-DMS meist nicht diskreter Sensor, sondern im Si-Chip monolithisch integriert
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Kraftmessung mit DMS
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Hooke`sches Gesetz für elastische Dehnung ε eines Stabes mit Querschnitt A:
σ = F/A = ε·E
F - Kraft, E - Elastizitätsmodul des Materials (EStahl = 2 ·105 N/mm²)
Kraftmessdose mit Hohlzylinder:
2 DMS in Kraftrichtung und 2 DMS senkrecht dazu auf Hohlzylinder als elastischer
Verformkörper aufgeklebt, der durch die Messkraft F gestaucht wird.
DMS in Kraftrichtung erfahren Längsdehnung (Stauchung) gemäß
Hooke`schem Gesetz:
εl = F / A / E
DMS senkrecht zur Kraftrichtung erfahren eine
kleinere Querdehnung:
εq = -μ · F / A / E
(Poissonzahl µ: 0,2 ≤ μ ≤ 0,5)
Widerstand der DMS in Kraftrichtung wird bei
Stauchung verringert, der dazu senkrechten DMS
entsprechend vergrößert.
V2-7
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Anordnungen zur Kraftmessung
V2-8
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Kraftmessdose
mit DehnungsMessstreifen
Dehnungsmessung am
Biegebalken
• Anordnung der 4 DMS so in einer
Brückenschaltung angeordnet, dass maximale
Empfindlichkeit erreicht wird.
• Gleichzeitig erreicht man bei geeigneter
Dimensionierung eine Kompensation der Temp.Abhängigkeit der DMS (DifferenzprinzipUnterdrückung von Gleichtaktstörungen)
DMS auf Oberseite gedehnt,
auf Unterseite gestaucht
Anwendung Wägetechnik
(siehe Praktikumversuch )
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Drucksensoren mit
Metall-DMS-Rosette (I)
V2-9
• Verformung einer Membran durch Differenz- oder Absolutdruck
• Kreisförmige Membran wird bei Durchbiegung in der Mitte gedehnt und am
Rande gestaucht (an Oberseite, an Unterseite umgekehrt)
- DMS-Rosette aus 4 DMS
- R1 und R4 in der Mitte der Membran (werden gedehnt)
- R2 und R3 am Rande der Membran (werden gestaucht)
Gehäuse mit Membran zum Messen
von Differenzdrucken p1 - p2 > 0
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Drucksensoren mit
Metall-DMS-Rosette (II)
V2-10
• R1 ... R4 als Wheatstone-Messbrücke geschaltet.
• Durch geeignete Materialauswahl und Dimensionierung kann der
Temperaturgang an den thermischen Ausdehnungs-Koeffizienten
von Stahl (αSt = 11·10-6/K) angepasst werden.
• Folien-DMS-Rosette auf Membran geklebt, oder als Dünnfilm-DMS
aufgedampft.
• Metall-DMS genauer als Si-Drucksensoren, aber nicht so kostengünstig
herstellbar.
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Druckmessung mit
Dehnmessstreifen
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V2-11
a) Aufteilung der 4 DMS einer
Rosette auf der Membran
R1, R4 – Dehnung
R2, R3 – Stauchung
a)
b) Foto: DMS zusammen
mit Widerständen zur
Temperaturkompensation
und Brückenabgleich
c) Rosetten-DMS der Fa.
Hottinger Baldwin Messtechnik
b)
c)
zusätzlicher 5. Anschlussdraht an
Rosette dient zum Nullabgleich der
Vollbrücke durch veränderlichen
Widerstand
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Integrierte piezoresistive
Si-Drucksensoren (I)
V2-12
• Monolithisch integrierte Drucksensoren haben große praktische Bedeutung
erlangt, seit 20 Jahren auf dem Markt.
• Massenproduktion: preiswert und miniaturisierbar (bis < 1mm ø)
• 1 mbar ... 1000 bar (Genauigkeit 0,5 %), Messbereiche je nach Anwendung
• Membran in Si-Substrat (n-Si) geätzt (Kreis- oder Ringmembranen mit
einigen μm Dicke), durch Eindiffundieren von Bor oder lonen-Implantation
werden an den entsprechenden Stellen DMS-Widerstände aus p-Si in der
Membran erzeugt, die bei Durchbiegung gedehnt bzw. gestaucht werden
(konkrete Anordnung hängt von Kristallorientierung ab)
Æ in (111)-Kristall-Fläche ist k-Faktor richtungs-unabhängig
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Integrierte piezoresistive
Si-Drucksensoren (II)
V2-13
• 4 DMS mit gleichen Eigenschaften für Brückenschaltung herstellbar
• Nachteil der großen T-Abhängigkeit (für Si-DMS α = 3·10-3 /K) ihrer
Dehnungsempfindlichkeit
k = k0( 1 + α · ΔT)
wird durch zusätzliche Eindiffusion von Widerständen zur TemperaturMessung und integrierten Signalverarbeitung (Verstärker mit temperaturgesteuertem Verstärkungsfaktor zum Messen der BrückenDiagonalspannung) wesentlich verringert.
• Außerdem: Integration von Widerständen zum Nullpunkt-Abgleich und zum
Empfindlichkeits-Abgleich (Ausgleich von Fertigungstoleranzen)
• Durch Integration von Oszillator-Schaltungen auf dem Si-Chip können
frequenzanaloge Drucksensoren realisiert werden
• Technische Massenanwendungen, z.B. Medizintechnik:
„in-vivo“-Blutdruckmessungen
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Membran eines piezoresistiven
Druckaufnehmers
Siliziumchip mit eindotierten Widerständen
R1 bis R4
R auf Oberseite; mit zunehmendem Druck:
R1, R4 - Stauchung, R2, R3 - Dehnung
Schnitt durch den unbelasteten Chip
Schnitt durch den belasteten Chip mit
gedehnten (+) und gestauchten (-) Bereichen
Schaltung der eindotierten Widerstände:
R1, R4 - Stauchung, R2, R3 - Dehnung
1 – 4 Eingang Brückenbetriebsspannung,
2 – 3 Ausgang Messspannung
V2-14
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Kapazitive Drucksensoren (I)
V2-15
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Kapazität C eines Plattenkondensators:
C = ε0 · εr · A / d
ε0 - Dielektrizitäts-Konstante des Vakuum (Permittivität), ε0 = 8,854·10-12 As/Vm
εr - relative Dielektrizitäts-Konstante; A - Plattenfläche; d - Plattenabstand
Änderungen von εr, A bzw. d sind sensorisch nutzbar; bei Drucksensoren i.a.
Membran-Durchbiegung, d.h., Δd als Sensoreffekt
In Si-Technik sind besonders kleine kapazitive Sensoren realisierbar:
Geätzte Si-Membran bildet eine
Kondensatorplatte, Metallschicht
auf einer Glasplatte die andere
Verbindung Glas-Si: anodisches
Bonden
Silizium
Glasplatte Metallisierung
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Kapazitive Drucksensoren (II)
V2-16
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n+-Si
Integrierter Si-Drucksensor:
Si-Mikro-Aufbau- und
Verbindungstechnik (AVT - Bonden)
p+-Si
n+-Si
und
Kontaktschichten
bilden Kondensator
p+-Si
Hohlraum
Membran
• Sehr kleine Kapazitätsänderungen sind hier zu messen, (z.B.
Empfindlichkeit von 10-16 Farad/mbar)
• Deshalb: Signalverarbeitung mit RC-Oszillator
• Drucksensor bildet die variable Kapazität, direkt auf dem Si-Chip integriert.
• Weitere Verarbeitungselektronik führt zum frequenzanalogen Ausgang.
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Mikromechanische SiBeschleunigungs-/Vibrationssensoren
V2-17
Beschleunigungsmessung kann auf Kraftmessung zurückgeführt werden:
F=m·a
Kraft F = Masse m x Beschleunigung a
Im einfachsten Fall wird in ein Si-Substrat eine bewegliche Zunge als träge Masse
geätzt:
•
ca. 200 μm dick,
•
z.T. noch mit Zusatzmasse, z.B. Goldschicht, belegt
•
durch einen dünnen Steg (5 ... 15 μm dick) mit dem Substrat verbunden
Biegebalken-Prinzip:
Bei Beschleunigung des Sensors senkrecht zur Oberfläche verbiegt die träge
Masse den Steg wie ein einseitig eingespannter Balken.
Messung der Verbiegung:
•
in den Steg eindotierte Si-Piezowiderstände (DMS)
•
kapazitiv (Änderung des Abstandes zwischen leitender Zunge und
einer darüber liegenden Metallplatte)
•
piezoelektrisch oder
•
optisch (Messung der Auslenkung mit Glasfaser - siehe Vorlesung 5
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Praktische Realisierung Anwendungen
• Empfindlichkeit und Bandbreite ist durch geeignete Geometrie in weiten
Grenzen auslegbar
• Biegebalken anisotrop aufbauen, um Querempfindlichkeit auf
Beschleunigungen senkrecht zur Messrichtung zu unterdrücken.
Typische Daten: Gewicht 0,02 g
Abmessungen 2 x 3 x 0,6 mm3
Messbereiche von 0,1 ... 1000 m/s²
Resonanzfrequenzen einige 100 Hz
Beispiele für Einsatzgebiete:
•
•
•
•
•
KFZ (ABS- und Airbag-Sicherheitssysteme)
Waschmaschinen (Steuerung von Spül- u. Schleudervorgang)
Raumfahrt (hochempfindliche Sensoren bis 10-8 g Mikrogravitation)
Militärtechnik (sog. g-Schalter in Raketen und Munition)
Navigationssysteme, Maschinen- u. Anlagendiagnose
V2-18
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Beschleunigungssensor mit
vier Biegebalken
V2-19
Seismische Masse ist über vier dünne Stege mit dem Si-Rahmen (Substrat)
verbunden, dort implantierte Piezowiderstände, in Brückenschaltung
angeordnet, so dass sich bei Beschleunigung jeweils zwei Widerstände
vergrößern und zwei andere verringern (Auswertung in Wheatstone-Brücke).
Beschleunigungs-Messbereiche: 5 ... 100 g (g = 9,81 m/s² = Erdbeschleunigung)
Resonanzfrequenzen:
600 Hz (bei 5 g Messbereich) ... 2750 Hz (bei 100 g)
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Piezoelektrischer Effekt (I)
V2-20
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• Bei kristallinen nichtleitenden Festkörpern mit eingebautem elektrischen
Dipolmoment tritt bei mechanischer Verformung eine Ladungsverschiebung
auf.
• Dadurch wird ein elektrisches Feld zwischen den Oberflächen erzeugt.
• Mikroskopisch ändert sich die elektrische Polarisation.
• Die elektrischen Ladungen an den Oberflächen können über Elektroden
abgegriffen werden (Abb.)
Bei elastischer Verformung besteht ein linearer Zusammenhang zwischen
einwirkender Kraft F und der verschobenen Ladung Q:
Q = Kp · F
Kp - piezoelektrischer Koeffizient (PiezomoduI)
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Piezoelektrischer Effekt (II)
V2-21
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Quarz-Kristall:
Ladungsverschiebung bei
Deformation eines
Blei-Zirkonat-Titanat (PZT):
Polarisation durch Deformation
des Perowskit-Kristallgitters
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Piezoelektrischer Effekt (III)
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V2-22
Kp hängt von Orientierung der Krafteinwirkung bezüglich der durch die
Ladungsanordnung des Festkörpers gegebenen Symmetrieachsen (polare
Achsen) ab.
•
longitudinaler Piezoeffekt : Kraft parallel zur Dipolachse
•
transversaler Piezoeffekt ; Kraft senkrecht zur Dipolachse
•
Schub-/Scher-Piezoeffekt: Einwirkung eines Kräftepaares
Piezoelektrischer Effekt ist umkehrbar:
Anlegen eines elektrischen Feldes bewirkt eine mechanische Verformung
piezo-elektrischer Materialien (elektrostriktiver Effekt)
Î z.B. Erzeugung mechanischer Schwingungen (z.B. Schwingquarze)
Anwendungen:
Ultraschallwandler, Nanometer-Positionier-Elemente, Ultraschall-Echolot
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Wichtigste piezoelektrische
Materialien
V2-23
• Quarz (SiO2-Kristalle)
Kp = 2,3 ·10-12 As/N (relativ niedrig, aber auch geringe T-Abh. von 0.02 %/K)
• Piezokeramiken: PZT (Blei-Zirkonat-Titanat)
Kp = 700 ·10-12 As/N (300 x größer als Quarz, aber relativ hohe T-Abh.)
polykristallines gesintertes Material ist zunächst unpolar (kubische Perowskit-Struktur),
wird bei Herstellung durch elektrisches Feld polarisiert (Deformation des Kristallgitters)
Polarisation bleibt danach erhalten.
• Piezoelektrische Polymere: PVDF (Poly-Vinyliden-Difluorid)
Kp = 23 ·10-12 As/N (transversaler Piezomodul)
dünne Folien (ca. 20 μm) mit Metallbeschichtung
Polarisation (Ausrichtung der mikroskopisch ungeordneten Dipole) durch mechanisches
Recken und Anlegen eines elektrischen Feldes
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Piezoelektrische
Druck/Kraft-Sensoren
V2-24
Hauptanwendungsgebiet piezoelektrischer Sensoren ist die
dynamische Kraft-und Druckmessung und die
Ultraschall-Messtechnik
• Nachteil: erzeugte Ladung durch mechanische Verformung bleibt
nicht beliebig lange erhalten, sondern fließt über den Isolationswiderstand
der Sensor- u. Verstärkerschaltung ab {Leckströme), deshalb i.A. nicht für
statische Messungen geeignet (nur bei Quarz sind Entladezeitkonstanten
von einigen 10 min erreichbar)
• Vorteil: Ladungsverschiebung folgt der mechanischen Verformung
nahezu verzögerungsfrei, deshalb gut geeignet zur Messung schnell
veränderlicher Kräfte und Drücke
Anwendung piezoelektrischer Materialien als UltraschallWandler:
als Sender und als Empfänger = als Aktuator und als Sensor
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Sensoren auf Quarz-Basis
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V2-25
Quasistatische und dynamische Kraft- und Druckmessung, Mikrofon
• Scheiben aus synthetischem Si02-Einkristall werden mit der piezoelektrisch
günstigsten Orientierung herausgeschnitten und mit Metallelektroden bedampft
• Trotz geringen Piezomoduls günstige Sensoreigenschaften:
- geringe Temperaturabhängigkeit
- hohe Druckfestigkeit (bis 104 bar),
- großer E-Modul (8·1010 N/mm²), d.h., praktisch weglose Kraft- bzw.
Druckmessung
- Temperatur-Beständigkeit bis 500°C
- hohe Grenzfrequenz >100 kHz
Anwendung für Aufnahme von Phasen-Diagrammen (p-V-Diagramm) von
Verbrennungsmotoren (Messung von Wechseldrücken bis 7500 bar bei
Temperaturen bis 350°C)
Bei statischen Messungen: Ladungsverstärker nachgeschaltet
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Sensoren auf Piezokeramik-Basis
V2-26
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z.B. Blei-Zirkonat-Titanat-Keramik (PZT)
Merkmale:
•
•
•
•
•
•
vielfältige. Formen und Abmessungen (auch Folien)
preisgünstig herstellbar
großer Piezomodul
große Temperatur-Abhängigkeit (pyroelektrischer Effekt)
Alterungs- und Hysteresis-Erscheinungen
kleine Entladezeit-Konstante im ms-Bereich Æ
dynamische Wandler, Ultraschall (20 kHz ... 100 MHz)
Anwendung als:
Beschleunigungs-Sensoren
Ultraschallwandler
Schallemissionsmessung
z.B. Klopfsensor am Kfz-Motorblock
Sensoren auf Piezopolymer-Basis (PVDF):
großflächige flexible Sensoren (Drucktasten u.a.)
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Anwendungsbeispiele
UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES
V2-27
Piezoelektrischer Klopf- oder BeschleunigungsAufnehmer (am Kfz-Motorblock)
Vibrationen des Motorblocks beschleunigen die
seismische Masse m mit der Beschleunigung a,
d.h., auf die Piezokeramik wirt die Kraft F = m·a.
Piezoelektrische Drucktaste
(transversaler Effekt)
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Akustische Sensoren
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V2-28
Piezoelektrisches Material (z.B. PZT-Keramik) wird als Ultraschall-Sender
(elektrostriktiver Effekt) und als Ultraschall-Empfänger (piezoelektrischer Effekt)
genutzt, aber nicht für den Messeffekt
Messeffekt ist die Änderung der Schallgeschwindigkeit im Medium (Luft/Gas,
Flüssigkeiten oder Festkörper) zwischen Sender und Empfänger)
• Phasenmessung mit Frequenzen 40 - 200 kHz oder
• Laufzeitmessung mit Ultraschallimpulsen
z.B.: vLuft = 344 m/s, vWasser = 1480 m/s bei 20°C
Vielfältige Anwendungen:
Messung von Entfernung, Strömungsgeschwindigkeit, Gaszusammensetzung,
Medizin (Ultraschall-Tomographie)
Miniaturisierte (integrierte) Ultraschallsensoren: SAW-Resonatoren (Abb.),
SAW- oder Oberflächenwellen-Sensoren (SAW = „Surface Acoustic Wave“)
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Ultraschall-Sensor
V2-29
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Akustische Oberflächenwellen
(SAW)
V2-30
SAW (Rayleigh-Wellen) breiten sich mit geringer Dämpfung an der FestKörper-Oberfläche als Longitudinalwellen aus, während die Transversalwelle
senkrecht zur Oberfläche stark gedämpft ist.
SAW werden durch kammartige lnterdigital-Elektroden, die auf piezoelektrische
Materialien (z.B. Quarz, LiNb03, ZnO) aufgedampft sind, elektrostriktiv
angeregt und durch ein zweites lnterdigital-Elektrodenpaar (Empfänger) als
elektrisches Signal aufgenommen.
Die SAW-Wellenlänge wird durch Abstand zwischen den Kämmen der
Elektrode festgelegt (λSAW = 2d), typisch λSAW = 10 μm.
Mit Schallgeschwindigkeit von Quarz, vs = 3100 m/s, folgt für die
Resonanzfrequenz:
fR = vs / λSAW ≈ 300 MHz.
Messeffekt: Änderung der Ausbreitungsgeschwindigkeit vs (z.B. durch
Massebelegungen), oder der Länge L, (z.B. durch Dehnung der ÜbertragungsStrecke, mittelbar durch Kraft, elektrische Felder oder Temperatur) führen zu
einer Änderung der Resonanzfrequenz, die empfindlich nachgewiesen werden
kann („Resonanz-Sensoren") Î frequenzanaloges Sensorsignal
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Übersicht über
piezoelektrische Sensoren
V2-31
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