Lawrence Kohlberg - OBAS

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Lawrence Kohlberg
Die Entwicklung des moralischen
Urteils
Carsten Mühlberg
Lawrence Kohlberg
(1927-1987)
1927 Geburt in New York als jüngster Sohn eines
reichen jüdischen Geschäftsmannes
1932 Trennung der Eltern
1945 Beendigung der Highschool
Ingenieur auf einem Schiff, das Juden 1946/47
durch die britische Seeblockade nach Palästina
bringen sollte
Internierung in britischem Lager auf Zypern, nach
seiner Befreiung lebt er in Palästina in einem
Kibbuz
1948 Kohlberg besteht die Aufnahmeprüfung an
der University of Chicago und studiert Jura und
Psychologie (u.a. bei Bruno Bettelheim, Carl
Rogers und Anselm Strauss)
1968 Professur für Pädagogik und
Sozialpsychologie an der Harvard University in
Cambridge
Gründete und leitete das „Zentrum für moralische
Entwicklung und Erziehung“
1973 Infektion mit einer Viruserkrankung (Giardia
Lamblia) auf einer Forschungsreise, von da an
extreme gesundheitliche Beeinträchtigungen bis
zum körperlichen Zusammenbruch Ende der 70er
Jahre
Lebenswerk: „Die Entwicklung des
moralischen Urteils“
1958 - verfasste Kohlberg seine Dissertation über „Die
moralische Entwicklung des Menschen“
Er erweiterte damit die Theorie der kognitiven Entwicklung von
Jean Piaget.
Jean Piaget war davon
ausgegangen, dass die
kognitive Entwicklung des
Menschen bereits im Alter
von 12 Jahren im
Wesentlichen abgeschlossen
sei.
Bei Lawrence Kohlberg ist
der Prozess der
Moralentwicklung nicht zu
einem bestimmten
Lebensalter abgeschlossen,
sondern kann sich ein Leben
lang hinziehen
Lebenswerk: „Die Entwicklung des
moralischen Urteils“
Das Stufenmodell beschreibt die
kognitive Entwicklung, nicht
jedoch zwangsläufig die
emotionale oder die Entwicklung
des Handelns.
Das moralische Urteil wird nicht
unbedingt in Handeln
umgesetzt.
Es ist nicht möglich, Stufen zu
überspringen oder auszulassen.
Hypothese: auf höheren Stufen
ist die Folge Urteil --> Handeln
besser vorhersagbar
(unbewiesen).
Lebenswerk: „Die Entwicklung des
moralischen Urteils“
Ebene 1:
Präkonventionelles Stadium (die
meisten Kinder unter 9 Jahre)
1. Stufe. Gehorsam - Strafe Orientierung
2. Stufe: Naiv-egoistische
Orientierung
Kosten-Nutzen-Orientierung
(naiv instrumenteller Hedonismus)
Lebenswerk: „Die Entwicklung des
moralischen Urteils“
Ebene 2: Konventionelle Moral
(die meisten Jugendlichen und
Erwachsenen)
3. Stufe: Interpersonelle oder
Gruppen-Perspektive (Beziehungen
und Anerkennung gewinnen)
"Prima-Kerl"-Orientierung
4. Stufe: Ordnungs- und
Pflichtbewußstein-Orientierung
(soziales System und Gewissen),
Regeln befolgen.
Gesellschaftsperspektive
Lebenswerk: „Die Entwicklung des
moralischen Urteils“
Ebene 3: Postkonventionelle Moral
(einige Erwachsene über 20 Jahre)
5. Stufe: "Legalistische
Vertragsorientierung"
- Sozialer Kontrakt; Einsatz für die
Gemeinschaft, Gesetze sind nicht absolut
6. Stufe: Gewissens -und
Prinzipienorientierung
- Universelle ethische Prinzipien, Vernunft
und Moral, Gleichberechtigung aller
Menschen
Charakteristika der Theorie
Inhaltsunabhängigkeit: Stufe der Argumentationsstruktur hängt
nicht vom Inhalt der Situation ab.
Ab 1978 erkannte Kohlberg aber durchaus inhaltliche Bedingheit
an.
Entwicklung des Menschen: immer höhere Stufen erklimmen. Die
jeweils höhere Stufe integriert die Argumente der vorherigen, indem
sie diese relativiert.
Stufenanstieg mit Lebensalter: empirisch nachweisbar. (Aber:
Ausnahmen möglich.)
Entwicklung des moralischen Urteils fällt nie zurück. (Nachweis:
Stufenrückschritte sind über Jahre selten).
Entwicklungsprozess: basiert auf immer umfassenderen und
widersprüchlicheren Gesichtspunkten über die Umwelt.
Universalität: Die Stufentheorie gilt in verschiedenen Ländern und
Kulturkreisen (mit Unterschieden z.B. Dorf/Stadt, für höhere Stufen
ist eine gewisse Komplexität der Gesellschaft notwendig.)
Das „Heinz-Dilemma“
Stufe 1
präkonventionell (1.Stufe)
Beispiel
- wer die Macht hat hat das Sagen
- Orientierung an Strafe und
Gehorsam
- die direkten Konsequenzen
entscheiden über richtiges und
falsches Verhalten
Soll Heinz das Medikament stehlen?
Andy (10): Heinz soll nicht stehlen, er
soll das Medikament kaufen. Wenn er
das Medikament stiehlt, könnte er ins
Gefängnis kommen und müsste das
Medikament dann doch zurückgeben
Stufe 2
präkonventionell (2.Stufe)
Beispiel
- wie du mir, so ich dir
Soll er das Medikament stehlen?
- Orientierung an Gegenseitigkeit
Andy (13): Heinz soll das Medikament
stehlen, um das Leben seiner Frau zu
retten. Er mag dafür ins Gefängnis
kommen, aber er hat dafür immer
noch seine Frau.
- auf den eigenen Vorteil bedacht
Stufe 3
konventionell (3.Stufe)
Beispiel
- jedem nach seinen Bedürfnissen
Sollte er das Medikament stehlen?
- Versuch, den gesellschaftlichen
Erwartungen zu entsprechen
Andy (15):Wäre ich Heinz, hätte ich
das Medikament für meine Frau
gestohlen. Liebe hat keinen Preis.
Auch das Leben hat keinen Preis.
- lediglich gruppenorientiert, keine
gesamtgesellschaftliche Perspektive
Stufe 4
konventionell (4.Stufe)
Beispiel
- was wäre, wenn das jeder täte?
Sollte er das Medikament stehlen?
- Mitglied der Gesellschaft hat das
System vor Augen
Andy (17): Wenn man heiratet
schwört man sich Liebe und Treue.
Eine Ehe ist nicht nur Liebe, sie
bedeutet auch Verpflichtung, genau
wie ein gesetzlicher Vertrag.
- Aufrechterhaltung der sozialen
Ordnung als moralische Pflicht
Stufe 5
postkonventionell (5.Stufe)
Beispiel
- es gilt Kants kategorischer Imperativ
Soll der Richter Heinz für den
Dienstahl bestrafen?
- Unterscheidung zwischen Moral und
Recht, bei Konfliktfall jedoch
Unsicherheit
- Integration der Bedürfnisse von
Individuum und Gesellschaft
Joe (20): Normalerweise fallen
moralische und gesetzliche
Gesichtspunkte zusammen. Hier
geraten sie in Konflikt. Der
Richter sollte dem moralischen
Standpunkt mehr Gewicht
einräumen.
Stufe 6
postkonventionell (6.Stufe)
Beispiel
-behandle jede Person als Zweck,
nicht als Mittel
Soll der Richter Heinz für den
Diebstahl bestrafen?
- es gelten universelle ethische
Gerechtigkeitsprinzipien
- empirisch schwer nachweisbar
Joe (24): Es ist rechtlich falsch,
aber moralisch richtig.
Rechtssysteme sind nur insoweit
gültig, als sie die Art vom
moralischen Gesetz
wiederspiegeln, die alle rationalen
Menschen akzeptieren können.
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