BUNDESKOMMUNIKATIONSSENAT GZ 611.009/0023

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GZ 611.009/0023-BKS/2005
BESCHEID
Der Bundeskommunikationssenat hat durch den Vorsitzenden Dr. SCHALICH, die weiteren
Mitglieder Dr. PÖSCHL, Dr. GEISSLER, DDr. GRABENWARTER und Dr. KARASEK über die
Anzeige der KommAustria gemäß § 11a KOG vom 28.02.2005, KOA 1.850/05-008, wie folgt
entschieden:
Spruch:
I.
Gemäß § 11a KOG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 21/2005 in Verbindung mit
§ 35 Abs. 1 und § 36 Abs. 1 ORF-G in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 97/2004
wird festgestellt, dass der ORF am 14.01.2005 durch die um ca. 16.53 Uhr im Radioprogramm
Ö2 – Radio Kärnten in der Sendung „Servus – Srečno – Ciao“ erfolgte Ausstrahlung einer
Werbung
für
die
ORF-Nachlese
(Jänner-Ausgabe)
während
des
Programms
durch
Unterlassung der eindeutigen akustischen Trennung dieser Werbung von den anderen
Programmteilen § 13 Abs. 3 ORF-G verletzt hat.
II.
Dem ORF wird gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G aufgetragen, den Einleitungssatz und den
Spruchpunkt I. der Entscheidung innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung
im Radioprogramm Ö2 – Radio Kärnten an einem Freitag zwischen 16.00 Uhr und 17.00 Uhr zu
verlesen und dem Bundeskommunikationssenat gemäß § 36 Abs. 5 ORF-G binnen weiterer
zwei Wochen darüber einen Nachweis in Form der Übermittlung einer Aufzeichnung zu
erbringen.
-2–
Begründung:
Mit Schriftsatz vom 28.02.2005 erstattete die KommAustria gemäß § 11a KOG eine Anzeige
beim Bundeskommunikationssenat betreffend die Ergebnisse der Auswertung von Sendungen
des Österreichischen Rundfunks am 14.01.2005 im Programm Radio Kärnten und übermittelte
entsprechende Aufzeichnungen. Der Bundeskommunikationssenat hat durch Einsichtnahme in
diese Aufzeichnungen folgenden Sachverhalt festgestellt:
Im Rahmen der Sendung „Servus – Srečno – Ciao“ wurde am 14.01.2005 beginnend um 16.53
Uhr eine ca. 20 Sekunden dauernde Werbung für die ORF-Nachlese (Jänner-Ausgabe)
gesendet. Der Sendungsablauf gestaltete sich wie folgt: Unterlegt durch einen Musikteppich
verlas der Moderator den Veranstaltungskalender für den aktuellen Abend – hauptsächlich
Konzerte – und leitete mit folgenden Worten zu einem Werbespot für die ORF-Nachlese über:
„Tan Go Go; ein Abend mit Klemens Bittmann, Gerald Preinfalk, Klaus Paier, dem
Akkordionisten aus dem Lavanttal und Per Mathisen um 20 Uhr im Künstlerhaus in Klagenfurt.
Und – heuer ist ja ein großes Jahr der Jubiläen. Das findet auch den Niederschlag in der ORFNachlese.“ Noch während des Wortes „Nachlese“ endete der bis dahin laufende Musikteppich
für die Veranstaltungstipps, es setzte bereits die Untermalungsmusik für den folgenden
Werbespot ein. Eine weibliche Stimme sprach: „In der Jännernachlese: 50 Jahre Fernsehen in
Österreich – legendäre Shows – Geschichten und Geschichte – unvergessliche
Publikumslieblinge:“ Hier wurde die Stimme von Heinz Conrads eingeblendet, der seinen
bekannten Spruch: ‚N’Abend die Madln, servus die Buam.’ – allerdings unterbrochen durch den
Ruf: ‚Lei, lei!’ – von sich gab. Gleich darauf war Thomas Schäfer-Elmayer mit den Worten „Alles
Walzer!“ zu hören. Darauf wieder die Sprecherin: „Historische Momente…“, gefolgt vom Ruf Edi
Finger seniors: „Tor, Tor! I wer narrisch!“ Abschließend die Sprecherin: „.. jetzt in Ihrer JännerNachlese!“ Hier endete auch der während des gesamten Werbespots laufende Musikteppich.
Ohne Übergang war das Lied „Suddenly“ von John Farrar mit Olivia Newton-John zu hören.
Die KommAustria wertete den vorstehenden Sendungsablauf bzw. dessen Inhalt als Verstoß
gegen § 13 Abs. 3 ORF-G. Werbung müsse nach dieser Bestimmung klar als solche erkennbar
sein und zudem durch optische oder akustische Mittel eindeutig von anderen Programmteilen
getrennt werden. Die bloße Erkennbarkeit der Werbung im Sinne des § 13 Abs. 3 1. Satz reiche
nach Meinung der KommAustria nicht aus, um dem Gebot des § 13 Abs. 3 2. Satz ORF-G
Rechnung zu tragen. Durch die gegenständliche Vermischung von Moderation und Werbung
ohne ein akustisches Trennsignal am Anfang bzw. durch die nahtlose Fortsetzung der Sendung
„Servus – Srečno – Ciao“ durch Spielen eines Musiktitels am Ende des Werbespots, sei keine
eindeutige akustische Trennung von anderen Programmteilen erfolgt. Auch die Tatsache, dass
es sich bei der ORF-Nachlese um Begleitmaterialien iSd § 13 Abs. 5 ORF-G ändere, wie der
BKS bereits ausgesprochen habe, nichts am Erfordernis der Trennung der Werbung an ihrem
Beginn
und
an
ihrem
Ende,
sodass
§ 13 Abs. 3 1. Satz PrR-G
[gemeint
wohl:
§ 13 Abs. 3 2. Satz ORF-G] verletzt worden wäre.
Der ORF ist in seiner Stellungnahme vom 30.03.2005 den Wertungen der KommAustria
entgegengetreten. Im Wesentlichen brachte der ORF vor, dass der Spottext, die akustische
-3–
Gestaltung und die Wertung der KommAustria in ihrer Anzeige beweisen würden, dass die
Werbung schon aufgrund ihres Inhaltes und ihrer Aufmachung klar als solche erkennbar
gewesen wäre, sodass es keinerlei weiteren Trennung zur Vermeidung einer Täuschung der
Hörer über die werbliche Eigenschaft bedurft hätte. Die Trennung sei bereits durch die
inhaltliche Unterschiedlichkeit von Werbung und redaktionellem Sendungsinhalt in ihrer
Wahrnehmbarkeit erfolgt, sodass eine Verwechslung von Werbung und Programm für den
Hörer jedenfalls ausgeschlossen und daher auch § 13 Abs. 3 ORF-G nicht verletzt worden
wäre.
Die Sachverhaltsfeststellung gründet sich auf die beschriebene Wahrnehmung seitens des
Bundeskommunikationssenats. Der festgestellte Sachverhalt wurde vom ORF nicht bestritten.
Rechtlich folgt:
Zu Spruchpunkt I.
§ 13 Abs. 3 ORF-G lautet:
„(3) Werbung muss klar als solche erkennbar sein. Sie ist durch optische oder akustische Mittel
eindeutig von anderen Programmteilen zu trennen.“
Der Bundeskommunikationssenat hat sich bereits mehrfach mit der Auslegung dieser
Bestimmung auseinandergesetzt. In den Bescheiden vom 11.11.2004, GZ 611.009/0009BKS/2004
und
vom
14.12.2004,
GZ
611.009/0010-BKS/2004,
wurde
zu
ähnlichen
Sachverhalten unter anderem festgestellt, dass die Bestimmung des § 13 Abs. 3 ORF-G in
unmissverständlicher Weise die klare Trennung von Werbung und anderen Programmteilen
gebietet. Die Unterlassung einer akustischen Trennung zwischen einem Werbeblock oder
einem Werbespot und übrigen Programmteilen, und zwar sowohl am Beginn eines
Werbeblocks als auch an dessen Ende, stellt eine Verletzung des § 13 Abs. 3 ORF-G dar.
Soweit der ORF im vorliegenden Fall dartut, dass die Werbung schon aufgrund ihres Inhalts
klar als solche erkennbar und eine Trennung daher nicht erforderlich wäre, ist Folgendes
festzuhalten:
Die Formulierung des § 13 Abs. 3 ORF-G (vormals § 5 Abs. 5 RFG i.d.F. BGBl. I Nr. 1/1999)
geht unzweifelhaft (vgl. RV 1520 BlgNR, XX. GP zu § 5 Abs. 5 RFG) auf die Bestimmungen des
Art. 10 Abs. 1 der Fernsehrichtlinie (89/552/EWG in der Fassung 97/36/EG) und auch die
wortidente
Bestimmung
Grenzüberschreitenden
des
Fernsehen
Art. 13
(BGBl. III
des
Europaratsübereinkommens
Nr. 164/1998,
in
der
Fassung
zum
BGBl. III
Nr. 64/2002) zurück. Beide Rechtsinstrumente sprechen davon, dass „Werbung klar als solche
erkennbar sein muss und [Hervorhebung nicht im Original] durch optische und/oder akustische
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Mittel eindeutig von anderen Programmteilen getrennt sein muss“. Die Bestimmung des
§ 13 Abs. 3 ORF-G teilt die Regelung in zwei Sätze. Schon daraus ergibt sich, dass das
Argument, dass es genüge, wenn Werbung durch ihren Inhalt eindeutig erkennbar ist, nicht zu
überzeugen vermag, weil damit nur einer der beiden vom Gesetz kumulativ und nicht alternativ
aufgestellten Anforderungen Genüge getan ist.
Diese Anforderungen sind aber auch für „Hinweise des ORF auf Begleitmaterialien“ (vgl.
§ 13 Abs. 5 ORF-G) zu beachten, da derartige Hinweise (auch nach der Fernsehrichtlinie vgl.
Art. 18 Abs. 3) nur insoweit „privilegiert“ sind, als sie nicht in die Werbezeit einzurechnen sind,
nicht aber hinsichtlich der weiteren Anforderungen der Regelungen über Werbung.
Die bloße Überleitung von den Veranstaltungstipps durch den Moderator mit den Worten „Und –
heuer ist ja ein großes Jahr der Jubiläen. Das findet auch den Niederschlag in der ORFNachlese“ verbunden mit einem Wechsel der Hintergrundmusik bzw. das unmittelbare
Einsetzen eines Musikstückes nach dem Werbespot ist jedenfalls nicht geeignet, dem
gesetzlichen Erfordernis einer eindeutigen Trennung der Werbung von anderen Programmteilen
Genüge zu tun, zumal erst nach Anhören eines Teils des Werbespots bzw. eines Teils des
folgenden Musikstückes für den Zuhörer erkennbar ist, dass es sich um Werbung bzw. um die
Fortsetzung der vorangehenden Sendung handelt.
Zu Spruchpunkt II.
Der Ausspruch über die Veröffentlichung stützt sich auf § 37 Abs. 4 ORF-G und das Erkenntnis
des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 12.497/1991 zur wortgleichen Vorgängerbestimmung des
§ 37 Abs. 4 ORF-G, nämlich zu § 29 Abs. 4 des Rundfunkgesetzes, wonach „für
Rechtsverletzungen, die dem Rundfunk als Medium unterlaufen sind, die angemessene
Unterrichtung der Öffentlichkeit über eine verurteilende Entscheidung (...) stets erforderlich sein
[wird]“ (so jüngst ausdrücklich: VwGH, 15.09.2004, Zl. 2003/04/0045, 0060). Hinsichtlich des
Zeitpunktes und des Ortes der Veröffentlichung war im Lichte des zitierten Erkenntnisses davon
auszugehen, dass die Veröffentlichung in Form der Verlesung als „öffentlicher „contrarius
actus““ im selben Programm zu einem vergleichbaren Zeitpunkt aufzutragen ist, um „tunlichst
den gleichen Veröffentlichungswert“ zu erzielen. Der Ausspruch, über die Veröffentlichung
einen Nachweis zu erbringen, stützt sich auf § 36 Abs. 5 ORF-G, wonach der ORF dem
Bundeskommunikationssenat auf dessen Aufforderung Aufzeichnungen seiner Sendungen zur
Verfügung zu stellen hat, und dient der Überprüfung des bescheidkonformen Verhaltens
hinsichtlich des Spruchpunktes II.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
-5–
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den
Verwaltungsgerichtshof und/oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde
muss iS des § 24 Abs. 2 VwGG bzw. iS des § 17 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 VfGG
von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Spätestens im Zeitpunkt der Überreichung der
Beschwerde ist eine Gebühr von EUR 180 zu entrichten.
23. Mai 2005
Der Vorsitzende:
SCHALICH
Für die Richtigkeit
der Ausfertigung:
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