BUNDESKOMMUNIKATIONSSENAT GZ 611.009/0003

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GZ 611.009/0003-BKS/2010
B E S CH E I D
Der Bundeskommunikationssenat hat durch den Vorsitzenden Dr. PÖSCHL, die weiteren
Mitglieder Dr. PRIMUS, Dr. GITSCHTHALER, Dr. HOLOUBEK und Dr. KARASEK über die
Anzeige der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) gemäß § 11a KOG vom
15.01.2010, GZ KOA 3.500/10-001, wie folgt entschieden:
Spruch:
I.
Gemäß § 11a KOG iVm § 35 Abs. 1 und § 37 Abs. 1 ORF-G jeweils in der Fassung BGBl. I
Nr. 102/2007 wird festgestellt, dass der ORF am 23. November 2009
1.
zwischen 0:00 und 24:00 Uhr im Fernsehprogramm ORF 1 durch die Ausstrahlung von
Werbung mit einer Gesamtdauer von mehr als 3024 Sekunden die Bestimmung des
§ 13 Abs. 7 zweiter iVm dritter Satz ORF-G, sowie
2.
zwischen 19:00 und 20:00 Uhr im Fernsehprogramm ORF 1 durch die Ausstrahlung
von Werbung mit einer Gesamtdauer von mehr als 12 Minuten § 13 Abs. 7 vierter iVm
fünfter Satz ORF-G verletzt hat.
II.
1. Dem ORF wird gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G aufgetragen, innerhalb von vier Wochen ab
Zustellung der Entscheidung, den Spruchpunkt I. der Entscheidung an einem Werktag
(Montag bis Freitag) zwischen 19:00 und 20:00 Uhr im Fernsehprogramm ORF 1 in
folgender Weise durch Verlesung zu veröffentlichen:
„Der
Bundeskommunikationssenat
Kommunikationsbehörde
Austria
hat
Folgendes
aufgrund
festgestellt:
einer
Der
Anzeige
ORF
hat
der
am
23. November 2009 in ORF 1 sowohl den höchstzulässigen Sendezeitanteil an
Fernsehwerbung
pro
Tag
als
auch
zwischen
19:00
und
20:00
Uhr
den
höchstzulässigen Sendezeitanteil an Fernsehwerbung pro Stunde überschritten und
dadurch gegen das ORF-Gesetz verstoßen.“
-2–
Dem ORF wird gemäß § 11 KOG iVm § 36 Abs. 5 ORF-G aufgetragen, binnen weiterer zwei
Wochen über die Veröffentlichung einen Nachweis in Form der Übermittlung von
Aufzeichnungen zu erbringen.
Begründung:
Die KommAustria hat in Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Z 7 lit. a KOG am
23.11.2009 Auswertungen von Sendungen des Fernsehprogramms ORF 1 durchgeführt.
Dabei gelangte sie zur Vermutung von Verletzungen der Bestimmungen des 3. Abschnitts
des ORF-G und erstattete, nach Durchführung des Vorverfahrens, mit Schreiben vom
15.01.2010,
GZ KOA 3.500/10-001,
gemäß
§ 11a
KOG
Anzeige
beim
Bundeskommunikationssenat und übermittelte entsprechende Aufzeichnungen.
1.
Die KommAustria legt ihrer Anzeige zunächst folgenden Sachverhalt zu Grunde:
„A) 00:00 bis 12:00 Uhr
Gegen 00:19 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw.
Produkte (Waren und Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Milka
2.
UPC
3.
Generali Versicherung
4.
UPC
5.
3
6.
Brieflos
7.
Schwarzkopf
8.
FM4 Soundselection
9.
BIPA
10.
KIK
11.
Dixan
12.
Sheba
13.
Coca Cola
14.
Wüstenrot
15.
Duracell
16.
T-Mobile
17.
Leiner
18.
Pampers
19.
Leiner
20.
Fini´s Feinstes
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 398 Sekunden (exklusive 18 Schwarzblenden mit einer
Dauer von jeweils einer Sekunde und 1 Reminder).
-3–
Gegen 01:38 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw.
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Braun
2.
Pampers
3.
Duracell
4.
Pantene Pro-V
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 92 Sekunden (exklusive 3 Schwarzblenden).
In der Zeit zwischen 00:00 und 12:00 Uhr wurde daher nach Ansicht der KommAustria
Werbung im Ausmaß von 490 Sekunden gesendet.
B) 12:00 bis 18:00 Uhr
Gegen 17:12 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Braun Rasierer
2.
Pringles
3.
Telekom Austria
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 76 Sekunden (exklusive 2 Schwarzblenden).
Gegen 17:34 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Ö3 Greatest Hits CD Vol. 48
2.
Burn Energy Drink
3.
Tic Tac
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 73 Sekunden (exklusive 1 Schwarzblende und 1
Reminder).
Gegen 17:58 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Dinosaurier, im Reich der Giganten – das Live Erlebnis
2.
Telekom Austria
3.
paco rabanne
4.
Maxi King
5.
Axe
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 104 Sekunden (exklusive 3 Schwarzblenden und 1
Reminder).
In der Zeit zwischen 12:00 und 18:00 Uhr wurde daher nach Ansicht der KommAustria
Werbung im Ausmaß von 253 Sekunden (76+73+104) gesendet.
C) 18:00 bis 24:00 Uhr
-4–
Gegen 18:25 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Dove
2.
Sony / PS3
3.
Maltesers
4.
CD "Gute Reise" (Ich + Ich)
5.
BIPA
6.
Pringles
7.
Swiffer
8.
Pampers
9.
Kika
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 175 Sekunden (exklusive 8 Schwarzblenden).
Gegen 18:57 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Erdgas
2.
Somat
3.
tele.ring
4.
happy day
5.
schwarzkopf
6.
Heumilch
7.
Lysoform
8.
Meditonsin
9.
Lidl
10.
Dixan
11.
LG
12.
Garnier
13.
Lotto
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 276 Sekunden, davon 140 Sekunden nach 19:00 Uhr
(exklusive 10 Schwarzblenden, Werbetrenner und Reminder),
Gegen 19:22 Uhr wird im Rahmen eines Programmhinweises ein Sponsorhinweis für
Heineken bzw Playstation in einer Dauer von 4 Sekunden im Bild eingeblendet.
Gegen 19:23 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Syoss
2.
Teekanne
3.
Uncle Ben´s
-5–
4.
Billa
5.
DVD (österr. Kabarett)
6.
T-Mobile
7.
happy day
8.
BIPA
9.
Lysoform
10.
Win2day
11.
L´Oreal
12.
Nescafe
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 307 Sekunden (exklusive 10 Schwarzblenden und 1
Reminder).
Gegen 19:52 Uhr wird im Rahmen eines Programmhinweises ein Sponsorhinweis für Hervis
in einer Dauer von 4 Sekunden gezeigt.
Gegen 19:54 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Kinofilm ("Das Vaterspiel")
2.
Reminder
3.
A1
4.
Ariel
5.
Mediamarkt
6.
Syoss
7.
Bawag
8.
Gillette
9.
Brieflos
10.
Dixan
11.
Schwarzkopf
12.
Orange
13.
Mentadent
14.
Erste
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 299 Sekunden davon 299 Sekunden vor 20:00 Uhr
(exklusive 10 Schwarzblenden und 2 Reminder).
Gegen 20:06 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
S Bausparkasse
2.
Win2day
3.
Lotto
-6–
4.
Reiter
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 75 Sekunden (exklusive 1 Schwarzblende und 2
Reminder).
Gegen 20:09 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Rama
2.
Head&Shoulders
3.
Brieflos
4.
BIPA
5.
Durgol
6.
Diadermine
7.
Saturn
8.
Schwarzkopf
9.
Kinder
10.
Lotto
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 161 Sekunden (exklusive 8 Schwarzblenden und 1
Reminder).
Gegen 20:12 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Omo
2.
Orange
3.
Schwarzkopf
4.
Brieflos
5.
Medion
6.
Kinder
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 112 Sekunden (exklusive 5 Schwarzblenden).
Gegen 20:57 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Leiner
2.
Billa
3.
Leiner
4.
fewa
5.
Pfanner
6.
Volksbank
7.
Schärdinger
8.
BIPA
-7–
9.
Eduscho
10.
Pampers
11.
D´arbo
12.
Spar
13.
A1
14.
TV Media
15.
Coca Cola
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 348 Sekunden (exklusive 13 Schwarzblenden und 1
Reminder).
Gegen 21:49 Uhr wird im Rahmen eines Programmhinweises ein Sponsorhinweis für Hervis
in einer Dauer von 4 Sekunden gezeigt.
Gegen 21:49 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Silan
2.
Bob
3.
Pantene
4.
CD "Echo" (Leona Lewis)
5.
Iglo
6.
durex
7.
Lindt
8.
Sony Ericsson/A1
9.
Somat
10.
Brieflos
11.
Billa
12.
Oral B
13.
Heumilch
14.
Schwarzkopf
15.
Orange
16.
Diadermine
17.
S Bausparkasse
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 386 Sekunden (exklusive 15 Schwarzblenden und 1
Reminder).
Gegen 22:36 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
Orange
2.
Aptamil
3.
Mediamarkt
-8–
4.
kik
5.
UPC
6.
Billa
7.
UPC
8.
Wr. Städtische
9.
BIPA
10.
A1
11.
Syoss
12.
Nestle
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 267 Sekunden (exklusive 10 Schwarzblenden und 1
Reminder).
Gegen 23:22 Uhr beginnt ein Werbeblock, der Spots für folgende Unternehmen bzw
Produkte (Waren, Dienstleistungen) beinhaltet:
1.
UPC
2.
Bipa
3.
UPC
4.
Iglo
5.
Wii (Need for Speed)
6.
Schwarzkopf
7.
Medion
8.
Haribo
9.
Braun
10.
Brieflos
11.
bruno banani
12.
Ariel
13.
TelekomAustria
Die Dauer des Werbeblocks beträgt 262 Sekunden (exklusive 12 Schwarzblenden).
In der Zeit zwischen 18:00 und 24:00 Uhr wurde daher nach Ansicht der KommAustria
Werbung
im
Ausmaß
von
2680
Sekunden
(175+276+4+307+4+299+75+161+112+348+4+386+267+262) gesendet.
In der Zeit zwischen 19:00 und 20:00 Uhr wurde nach Ansicht der KommAustria Werbung im
Ausmaß von 754 Sekunden (140+4+307+4+299) gesendet.“
2.
Aus dieser Auswertung errechnete die KommAustria, dass der ORF am
23. November 2009 in der Zeit von 0:00 bis 24:00 Uhr insgesamt Werbung im Ausmaß von
3423 Sekunden und in der Zeit von 19:00 bis 20:00 Werbung im Ausmaß von 754 Sekunden
gesendet hatte. Die gem. § 13 Abs. 7 ORF-G geregelte höchstzulässige Sendezeit für
Werbung nahm die KommAustria täglich mit 3024 Sekunden, stündlich mit 720 Sekunden
-9–
an, weshalb es in dem von ihr geprüften Fall zu einer zweifachen Überschreitung der
höchstzulässigen Werbezeit auf verschiedener gesetzlicher Grundlage gekommen sei.
Diese Auswertung wurde dem ORF von der KommAustria mit Schreiben vom 18.12.2009
zugestellt. Der ORF trat am 11.1.2010 in seiner Stellungnahme der Schlussfolgerung der
KommAustria entgegen. Zur Überschreitung der höchstzulässigen Werbezeit pro Tag führte
er aus, dass seit Beginn des Werbefernsehens der Sendetag von 3:00 bis 2:59 Uhr dauere
und daher nicht mit dem Kalendertag gleichzusetzen sei. Zur höchstzulässigen Werbezeit
pro Stunde wendete der ORF ein, dass ein gegen 20 Uhr gesendeter „ÖFI-Trailer“ (gemeint
ist offensichtlich der Spot zum Kinofilm „Das Vaterspiel“) gem. § 13 Abs. 5 ORF-G nicht in
die Werbezeit einzurechnen sei, weil der Film vom ORF mitproduziert und nach Ablauf einer
Sperrfrist in den Programmen des ORF ausgestrahlt werde. Es sei daher in keinem Fall zu
einer Überschreitung der höchstzulässigen Werbezeit gekommen.
Da diese Stellungnahme die Bedenken der KommAustria gegen die Einhaltung des
3. Abschnitts des ORF-G nicht zerstreuen konnte, erstattete sie die gegenständliche Anzeige
am 15.01.2010 und übermittelte Sendeaufzeichnungen des gesamten Programms ORF 1
am 23. November 2009 von 0:00 bis 24:00 Uhr. Bezüglich der Auslegung des Begriff „Tag“ in
§ 13 Abs. 7 ORF-G widerspricht die KommAustria in der Anzeige der Stellungnahme des
ORF und nimmt vorrangig gestützt auf systematische Überlegungen an, dass es sich beim
„Tag“ um einen Kalendertag von 0:00 bis 24:00 handle und dem ORF kein Spielraum
zukäme, die Werbezeitregelungen abweichend auf seinen „Sendetag“ anzuwenden. Zum
„ÖFI-Trailer“ wird ausgeführt, dass es sich nicht bloß deshalb um einen Programmhinweis
handle, weil ein Kinofilm beworben werde, der in einigen Jahren im ORF gezeigt werden
könne. Der Trailer schließe mit der für Kinowerbespots üblichen Phrase „DEMNÄCHST IM
KINO“ und sei zudem mitten in einem Werbeblock platziert. Er sei deshalb in die
höchstzulässige Gesamtwerbezeit einzurechnen.
Deshalb bestehe der Verdacht, der ORF habe am 23.11.2009 durch die Sendung von
Werbung zwischen 0:00 und 24:00 Uhr § 13 Abs. 7 zweiter iVm dritter Satz ORF-G sowie
zwischen 19:00 und 20:00 Uhr § 13 Abs. 7 vierter iVm fünfter Satz ORF-G, jeweils iVm § 17
Abs. 5 ORF-G, verletzt.
3.
Dem ORF wurde vom Bundeskommunikationssenat Gelegenheit zur Stellungnahme
gegeben. Mit Schreiben vom 12.2.2010 führte der ORF aus, dass sich der Sendetag des
ORF nicht mit dem Kalendertag deckt. Aus § 13 Abs. 7 ORF-G ergäbe sich eindeutig, dass
das „Gesetz nicht zwingend auf den Kalendertag“ abstellt. Die Regelung spreche mehrfach
von „täglich“ und „Tag“, woraus „nicht zwingend abzuleiten“ sei, dass der Gesetzgeber
“zwingend den Kalendertag zugrunde gelegt“ hat. Die Bestimmung des § 13 Abs. 7 gehe auf
die Regelung des Art. 18 Abs. 1 der Fernsehrichtlinie zurück und die Europäische
- 10 –
Kommission schließe in ihrer Interpretativen Mitteilung , dass sich die Begriffe „Tag“ und
„täglich“ auf den Programmtag beziehen, der entweder dem Kalendertag oder einem
anderen Programmtag entsprechen könne. Da auch der österreichische Gesetzgeber „keine
Präzisierung der Begriffe „Tag“ und „täglich“ vorgenommen“ habe, könne für die Auslegung
des § 13 Abs. 7 ORF-G nichts anderes gelten. Auch der Verweis auf die Systematik der
Regelung könne nichts ändern, weil eine Definition der Begriffe „Tag“ und „täglich“ fehle.
Die der KommAustria vorgelegte Tabelle sei ein Auszug aus dem Datenbanksystem des
ORF und die darin enthaltenen Bezeichnungen dienten der vereinfachten Darstellung und
wären von Nicht-Juristen erstellt worden. Die Datumsangaben seien so zu verstehen, dass
ein Sendetag um 3 Uhr eines Kalendertages beginne und am nächsten Tag um 2 Uhr 59.59
ende. Der Sendetag des 23.11.2009 hätte daher nur eine Dauer von 2.887 Sekunden an
Werbung aufgewiesen. Zum Vorbringen betreffend die Überschreitung des Stundenlimits
verwies der ORF auf seine Stellungnahme gegenüber der KommAustria.
4.
Rechtlich folgt:
Der Bundeskommunikationssenat hat in die vorliegenden Aufzeichnungen Einsicht
genommen und kann seiner Entscheidung den oben wiedergegebenen, im Verfahren
hinsichtlich der absoluten Dauer der Werbeeinschaltungen auch unbestrittenen Sachverhalt
zu Grunde legen. Im Verfahren ist ausschließlich die Rechtsfrage strittig, welcher konkrete
Bedeutungsgehalt den Begriffen „Tag“ und „täglich“ zukommt und ob ein Hinweis auf einen
mitproduzierten Film als Hinweis auf „eigene“ Programme im Sinne des ORF-G anzusehen
ist.
5.
§ 13 Abs. 7 ORF-G lautet:
„[…]Fernsehwerbesendungen dürfen im Jahresdurchschnitt die Dauer von 5 vH der täglichen
Sendezeit pro Programm nicht überschreiten, wobei Abweichungen von höchstens 20 vH pro
Tag zulässig sind. Für die Ermittlung der Dauer der zulässigen Fernsehwerbung ist eine
tägliche Sendezeit unabhängig vom tatsächlichen Ausmaß mit höchstens 14 Stunden pro
Tag und Programm zu Grunde zu legen. Innerhalb einer vollen Stunde darf der
Sendezeitanteil der Fernsehwerbung nicht 20 vH überschreiten. Unter Stunden sind die 24
gleichen Teile eines Kalendertages zu verstehen.“
6.
Aus § 13 Abs. 7 zweiter und dritter Satz ORF-G errechnet sich eine maximal
zulässige Werbedauer von 3024 Sekunden pro „Tag“. Zutreffend ist, dass die Begriffe „Tag“
und „täglich“ im Gesetz nicht weiter umschrieben sind.
Der ORF beruft sich darauf, dass die Regelung des § 13 Abs. 7 auf die Bestimmung des Art.
18 Abs. 1 der Fernsehrichtlinie zurückginge und daher die Überlegungen zur Auslegung der
Richtlinie ergänzend heranzuziehen wären. Diese Aussicht ist mit den Materialien zur
Entstehungsgeschichte von § 13 Abs. 7 ORF-G (einschließlich des nunmehrigen letzten
Satzes) nicht zu belegen. Genauso wenig lässt sich allerdings mit den Materialien belegen,
dass die betreffende - nur im Kontext der Anpassung an die Rechtsvorschriften der
- 11 –
Fernsehrichtlinie erfolgte Ergänzung des RFG - eigentlich (vgl. dazu Twaroch/Buchner,
Rundfunkrecht in Österreich5, Seite 21) als „zweiten Schwerpunkt (…) die Ausweitung der
Gesamtwerbezeit für den ORF“ zum Gegenstand hatte und folglich nicht der Umsetzung
gedient hat. Konkret die Regelung des nunmehrigen letzten Satz des § 13 Abs. 7 wurde
jedenfalls erst mittels eines Abänderungsantrages (AB 1147 BlgNR, XVIII.GP S. 129) zur RV
1082, XVIII. GP eingefügt.
Der ORF vermisst in den Regelungen des ORF-Gesetzes eine Präzisierung des Begriffes
„Tag“. Dies ist für den Bundeskommunikationssenat schon insofern nicht nachvollziehbar, als
gerade aufgrund des § 13 Abs. 7 ORF-G letzter Satz (für den wie dargetan gar nicht belegt
werden kann, auf welche Motive er zurückzuführen ist) durch die Definition der „Stunde“ als
24 gleichen Teilen eines Kalendertags davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber dem
Begriff „Tag“ die im allgemeinen Sprachgebrauch und auch sonst in der österreichischen
Rechtsordnung übliche Bedeutung des Kalendertags beigemessen hat. Der ORF legt auch
nicht dar, woraus er ableitet, dass die gewählte Formulierung ausschließlich auf die
Berechnung der stündlichen Werbezeit zu beziehen wäre. Auch die - nicht in Umsetzung der
Fernsehrichtlinie ergangene - Regelung des § 13 Abs. 5 zweiter Satz ORF-G lässt sich nicht
anders verstehen als dass die drei darin genannten Feiertage Kalendertage sind, die von
0:00 bis 24:00 Uhr dauern.
Jede andere Sichtweise würde bedeuten, dass alle Regelungen, die in einem Gesetz auf
einen „Tag“ abstellen, mangels ausreichender Konkretisierung stets unterschiedlich und im
Sinne der Usancen der von der Regelung betroffenen Branchen oder Berufs- oder
Personengruppe/n ausgelegt werden müsste.
Im Fall des ORF-G hat der Gesetzgeber jedenfalls einerseits durch die Regelung des § 13
Abs. 7 letzter Satz ohnehin seiner Auffassung Ausdruck verliehen, dass Anknüpfungspunkt
der Kalendertag ist und darüber hinaus auch gar keine Veranlassung gehabt, den Tag näher
zu definieren, weil der Bedeutungsgehalt des Begriffs „Tag“ (schon und auch im Jahr 1993)
eindeutig war. Wäre andererseits der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass ein davon
abweichendes anderes Verständnis im Sinne von „Programmtag“ zugrunde zu legen
gewesen wäre, so hätte er dies sowohl im ORF-G als auch im PrTV-G (das bis zum 1. März
2009 auch für Fernsehen und für Hörfunk in § 44 Abs. 2 weiterhin eine Beschränkung „pro
Tag“ enthält) angeordnet.
Diesen Überlegungen kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Europäische
Kommission im Jahr 2004 (folglich 11 Jahre nach der Einführung der Bestimmungen in die
österreichische Rechtsordnung) aus den Regelungen der Richtlinie schloss, dass auch der
Programmtag gemeint sein könnte. Die Überlegungen der Europäischen Kommission sind
also in diesem Fall zur Auslegung der verfahrensgegenständlichen innerstaatlichen
- 12 –
Bestimmungen ohne Belang. Eine Zusammenschau der Verwendung des Begriffs „Tag“ in
(den auf Hörfunk und Fernsehen bezogenen Regelungen des) § 13 ORF-G ergibt nach
Auffassung des Bundeskommunikationssenates, dass diesen der Kalendertag zugrunde
liegt. Durch die Sendung von Werbung im Ausmaß von insgesamt 3423 Sekunden zwischen
0.00 und 24.00 Uhr des 23. November 2009 wurde daher die Bestimmung des § 13 Abs. 7
zweiter und dritter Satz ORF-G verletzt, wie spruchgemäß festzustellen war. Die
Klassifizierung des „ÖFI-Trailers“ in der Dauer von 34 Sekunden als Werbung bleibt in
diesem Zusammenhang außer Bedacht, weil sich auch dann eine Überschreitung der
höchstzulässigen
Werbezeit
ergibt,
wenn
dieser
Spot
aus
der
Gesamtwerbezeit
herausgerechnet werden würde.
7.
§ 13 Abs. 7 vierter und fünfter Satz ORF-G normiert eine höchstzulässige
Werbedauer von 720 Sekunden (= 12 Minuten) pro voller Stunde. Nicht in diese Zeit
einzurechnen sind gem. § 13 Abs. 5 ORF-G Hinweise des ORF auf eigene Sendungen und
Programme. Der verfahrensgegenständliche „Hinweis“ auf einen mitproduzierten Film, der
nur allenfalls einmal in der Zukunft im Programm des ORF gezeigt wird, kann nicht als
Hinweises auf „eigene Sendungen“ verstanden werden.
Es wurden daher am 23. November 2009 zwischen 19:00 und 20:00 im Programm ORF 1
insgesamt 754 Sekunden Werbung gesendet, sodass ein Verstoß gegen § 13 Abs. 7 vierter
Satz ORF-G festzustellen war.
Der
Ausspruch
über
die
Veröffentlichung
der
Entscheidung
des
Bundeskommunikationssenates stützt sich auf § 37 Abs. 4 ORF-G und seine Auslegung auf
VfSlg 12.497/1990 und VwGH 15.10.2004, 2003/04/0045. Die Vorlage der Aufzeichnung
stützt sich auf § 36 Abs. 5 ORF-G und § 11 KOG.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den
Verwaltungsgerichtshof und/oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde
muss iS des § 24 Abs. 2 VwGG bzw. iS des § 17 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 VfGG
von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Spätestens im Zeitpunkt der Überreichung der
Beschwerde ist eine Gebühr von EUR 220 zu entrichten.
1. März 2010
Der Vorsitzende:
PÖSCHL
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