Das 1x1 der Wirtschaft Ein kleines Wirtschaftslexikon 3., erweiterte Auflage, Juni 2012 IÖB VORWORT Verehrte Leserinnen und Leser, die meisten Menschen würden bestätigen, dass man von wirtschaftlichen Fragen eine grobe Ahnung haben sollte. Wie unsere Wirtschaft funktioniert bestimmt ganz wesentlich unseren Alltag mit. Das Verständnis wirtschaftlicher Grundbegriffe ist eine Voraussetzung für eine Meinung darüber, was das System kann oder was repariert werden sollte. Hier knüpft das „1x1 der Wirtschaft“ an. Wirtschaftliche Grundbegriffe, geschrieben vom IÖB und veröffent- licht von der NWZ, sollen helfen, den Wirtschaftsteil der Zeitung mit seinen oft sperrigen Fachwörtern verständlicher zu machen. Diese Broschüre zeigt eine Auswahl an Begriffen, die bereits in der NWZ erschienen sind. In der 3. Auflage haben wir Begriffe, die seit Sommer 2010 erschienen sind, ergänzt. Neue Einsichten beim Lesen wünschen Ihnen Hans Kaminski Rolf Seelheim Institutsdirektor IÖB Chefredakteur der Nordwest-Zeitung INHALTSVERZEICHNIS AKTEURE DER WIRTSCHAFTSPOLITIK.....................7 AUFSICHTSRAT..............................................................8 BAD BANK.....................................................................9 BILANZ..........................................................................10 BRUTTOINLANDSPRODUKT.......................................11 BÜRGSCHAFT FÜR KRISELNDE UNTERNEHMEN..12 DEFLATION...................................................................13 DIVIDENDE...................................................................14 DREI-SÄULEN-SYSTEM DER WIRTSCHAFT............15 EBIT..............................................................................16 EIGENTUMSVERFASSUNG........................................17 EU-AGRARPOLITIK.....................................................18 EUROPÄISCHER BINNENMARKT..............................19 GELDPOLITIK..............................................................20 GESELLSCHAFT MIT BESCHRÄNKTER HAFTUNG (GMBH).....................................................21 GLOBALISIERUNG DER WIRTSCHAFT.....................22 HAUPTVERSAMMLUNG..............................................23 HAUSSE UND BAISSE................................................24 HEDGE-FONDS............................................................25 IFO-GESCHÄFTSKLIMAINDEX...................................26 INFLATION.....................................................................27 INFRASTRUKTUR.........................................................28 INSOLVENZ....................................................................29 MARKE............................................................................30 MARKETING...................................................................31 MARKETING-MIX...........................................................32 MARKTWIRTSCHAFT....................................................33 NUTZEN..........................................................................34 RATINGAGENTUREN.....................................................35 RECHNUNGSWESEN/CONTROLLING.........................36 REZESSION....................................................................37 SOZIALE MARKTWIRTSCHAFT...................................38 STAATSANLEIHEN.........................................................39 UNTERNEHMENSKULTUR............................................40 UNTERSCHIED VON UMSATZ UND GEWINN..............41 VARIABLE VERGÜTUNG..............................................42 VERTRAUEN IN DER WIRTSCHAFT.............................43 WETTBEWERB...............................................................44 WETTBEWERBSPOLITIK..............................................45 WIRTSCHAFTSORDNUNG............................................46 ZENTRALVERWALTUNGSWIRTSCHAFT.....................47 AKTEURE DER WIRTSCHAFTSPOLITIK (24.8.2005) Unter Wirtschaftspolitik können alle Maßnahmen verstanden werden, die zum Ziel haben, den Wirtschaftsablauf in eine bestimmte Richtung zu lenken. Dabei sind unterschiedliche Entscheidungsträger der Wirtschaftspolitik zu unterscheiden. Die Bundesregierung hat zum Ziel, eine stabile wirtschaftliche Entwicklung mit Wachstum, stabilen Preisen, Vollbeschäftigung und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht zu bewirken. Für viele Maßnahmen benötigt sie die Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates. Der Handlungsspielraum der Bundesregierung kann darüber hinaus durch wirtschaftspolitische Entscheidungen auf Landes- und kommunaler Ebene eingeschränkt werden. Weiterhin müssen beispielsweise vom Europäischen Rat erlassene Verordnungen beachtet und in deutsches Recht umgesetzt werden. Ein weiterer eigenständiger wirtschaftspolitischer Akteur ist die Europäische Zentralbank bzw. die Deutsche Bundesbank. Die Europäische Zentralbank ist verantwortlich für die Geldwertstabilität. Darüber hinaus haben eine Fülle von Interessenvertretern Einfluss auf wirtschaftspolitische Entscheidungen, wie beispielsweise Tarifpartner, Interessenverbände, Lobbyisten, Verbraucherverbände, Sozialversicherungsträger und Gerichte (insbesondere Arbeits- und Sozialgerichte). 7 AUFSICHTSRAT (22.4.2009) Der Aufsichtsrat als ein wichtiges Kontrollorgan in Unternehmen ist derzeit stark in der Diskussion. In Deutschland schreibt der Gesetzgeber einen Aufsichtsrat für die Unternehmensformen Aktiengesellschaft (AG), Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), bestimmte Genossenschaften und die GmbH ab 500 Arbeitnehmer durch entsprechende Gesetze vor. Bei Aktiengesellschaften besteht der Aufsichtsrat aus mindestens drei Mitgliedern, die nicht dem Vorstand angehören dürfen. Sie haben die Aufgabe, den Vorstand bei der Leitung des Unternehmens zu beraten und zu unterstützen. Sie bestellen die Mitglieder des Vorstandes und können diese 8 auch wieder abberufen. Ferner hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zu überwachen und zu kontrollieren. Seine Aufgabe ist es, die Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl des Unternehmens es fordert. Insbesondere im Zuge der Finanzkrise wird der Ruf nach Kontrolle der Banken stärker. Es wird diskutiert, wie die Arbeit von Aufsichtsräten intensiver überwacht und qualitativ verbessert werden kann. Die einen fragen, ob die Finanzaufsicht BaFin künftig fachlich ungeeignete Mitglieder in Aufsichtsräten von Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken abberufen können sollte. Dem liegt die Annahme zugrunde: „Je besser qualifiziert die Aufsichtsratsmitglieder für ihre Kontrollfunktion sind, desto geringer das Risiko für Fehlentscheidungen.“ Andere wiederum fragen: Wer kontrolliert die Qualifikation der Kontrolleure der BaFin? BAD BANK (3.6.2009) Der Begriff Bad Bank, zu deutsch „böse Bank“, lässt zunächst an nichts Gutes denken. Aber der Begriff täuscht. Bad Banks dienen angeschlagenen Banken dazu, angesammelte „Schrottpapiere“ auszulagern. Dies ist dringend erforderlich, soll die Wirtschaft angekurbelt werden. Fangen wir von vorne an: Viele Banken haben in der Vergangenheit hoch riskante Wertpapiere erworben. Im Zuge starker Kursverfälle haben diese faulen Wertpapiere – auch Schrottpapiere genannt – vollständig an Wert verloren, wodurch sie nicht mehr veräußerbar sind. Den Banken bleibt im Zuge dessen nichts anderes übrig, als hohe Summen abzuschreiben. Abschreibungen auf Vermögenswerte schmälern aber das Eigenkapital der Banken und sie laufen Gefahr, ihre Kreditwürdigkeit zu verlieren. Denn ohne ein finanzielles Polster dürfen die Banken selbst keine Kredite mehr vergeben. Die dramatische Folge: Unternehmen und auch private Kreditnehmer können nicht ausreichend mit Krediten versorgt werden. Um dieses Fiasko zu verhindern, hat die Regierung am 13. Mai ein Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung beschlossen. Jede Bank kann eine eigene Gesellschaft (Bad Bank) gründen, deren alleiniger Zweck es ist, die wertlos gewordenen Papiere aufzukaufen. Im Gegenzug erhält die Bank von der Zweckgesellschaft eine Anleihe über 90 Prozent des aktuellen Wertes der Papiere. Bis hierhin hat die Bank gewonnen. Sie erhält anstelle eines riskanten Wertpapiers nun ein „bombensicheres“. Denn die Anleihe ist eine risikofreie Forderung der Bank an die Zweckgesellschaft, die vom Soffin (Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung) garantiert wird. Solch eine ausfallsichere Forderung muss nicht mit Eigenkapital unterlegt werden. Das eingesparte Eigenkapital kann die Bank jetzt z. B. dazu nutzen, neue Kredite zu vergeben. Außerdem kann sie sich zusätzliche Liquidität beschaffen, indem sie die sicheren Papiere bei der Zentralbank als Pfand für Kredite hinterlegt. Jedoch gibt es die staatliche Garantie nicht zum „Nulltarif“. Neben einer Gebühr müssen die Banken u. a. auch einen Ausgleichsbeitrag an den Bankenrettungsfond zahlen. 9 BILANZ (30.3.2006) Jeder Kaufmann ist nach § 242 des Handelsgesetzbuches verpflichtet, u. a. neben einer Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) regelmäßig auch eine Bilanz zu erstellen. Während die GuV Informationen über Erträge (z. B. aus Verkäufen von Produkten und Dienstleistungen, Zinserträge) und Aufwendungen (z. B. Löhne, Mieten) in einem Zeitraum liefert, informiert die Bilanz z. B. Gläubiger, Kapitalanleger, Arbeitnehmer und staatliche Institutionen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt. Dabei stellt die Bilanz die sogenannten Aktiva den Passiva gegenüber. Die Aktivseite informiert über die Mittelverwendung des Unternehmens. Es wird zwischen Anla10 gevermögen (z. B. Geschäfts- und Firmenwerte, Grundstücke, Maschinen, Beteiligungen) und Umlaufvermögen (etwa Vorräte, Kassenbestand, Wertpapiere) unterschieden. Die Passivseite gibt Auskunft über die Mittelherkunft. Hierbei wird unterschieden zwischen Eigenkapital (z. B. gezeichnetes Kapital, Rücklagen) und dem Fremdkapital (z. B. Schulden in Form von Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, Lieferanten). BRUTTOINLANDSPRODUKT (12.8.2005) Was ist das Bruttoinlandsprodukt? So wie ein Unternehmen am Ende eines Zeitraumes (Quartal, Halbjahr, Jahr) wissen will, was das Geschäft gebracht hat und zu diesem Zweck eine Bilanz erstellt, so gilt dies auch für eine Volkswirtschaft. Es ist zu erforschen, was von allen Beschäftigten eines Landes in einem bestimmten Zeitraum an Werten erwirtschaftet wurde. Man kann sagen, dass das Bruttoinlandsprodukt die Gesamtheit aller in einem Zeitraum im Inland erzeugten Endprodukte (ohne Zwischenprodukte) darstellt. einander vergleichen, es ist aber z. B. auch möglich, die Entwicklung des privaten Konsums, der Investitionstätigkeiten, der Löhne und Gewinne oder das Verhältnis von Im- und Export zu untersuchen. Die Ergebnisse sind damit eine wichtige Informationsgrundlage für Politiker, Verbände, Forschungsinstitute, internationale Organisationen, aber auch insbesondere für die Bürgerinnen und Bürger. Aus der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts können Rückschlüsse über die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft gezogen werden. Man kann verschiedene Zeiträume und Länder mit11 BÜRGSCHAFT FÜR KRISELNDE UNTERNEHMEN (30.6.2009) In der derzeitigen Wirtschaftskrise spielen staatliche Bürgschaften als Rettungsanker für Banken und Unternehmen eine große Rolle. Eine Bürgschaft ist ganz allgemein die Verpflichtung eines Bürgen, notfalls für die Verbindlichkeiten eines Schuldners gegenüber seinen Gläubigern aufzukommen. Im Falle der Kreditbürgschaft verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger (Kreditgeber), für die Rückzahlung des Kredits des Schuldners einzustehen. Zur Bekämpfung der derzeitigen Wirtschaftskrise sieht der Staat Bürgschaften als geeignetes Mittel an und tritt selbst als Bürge auf. Zum einen gewährt er Bürgschaften für Liquiditätskredite unter den Banken. Damit soll bewirkt werden, dass Banken sich wieder 12 gegenseitig Geld leihen, um ihre Liquidität sicherzustellen. Zum anderen gewährt der Staat förderungswürdigen und in Schwierigkeiten geratenen Unternehmen Bürgschaften, um die Kreditaufnahme bei den verunsicherten Banken zu erleichtern. Das heißt: Es fließt zunächst kein Geld vom Staat. Aber der Staat gibt den Gläubigern die Zusage, dass er die Verpflichtung des Schuldners übernimmt, sollte dieser mit seiner wirtschaftlichen Tätigkeit scheitern. Einerseits wird die Vergabe von Bürgschaften begrüßt, da die Bundesregierung wichtige Impulse für die Kreditversorgung der Wirtschaft aussendet. Andererseits hebelt der staatliche Eingriff ins Wirtschaftsgeschehen ein wichtiges marktwirtschaftliches Prinzip aus: dass nämlich die Eigentümer (z. B. einer privaten Bank) nicht mehr für ihre Verluste haften, aber Chancen auf Gewinne trotzdem bei ihnen bleiben. Im Falle des Verlusts würde der Staat auf Steuergelder zurückgreifen. Deflation (8.5.2009) Der Begriff Deflation kennzeichnet ein allgemeines Sinken der Preise für Waren und Dienstleistungen (im Gegensatz zur Inflation). Die Ursachen können vielfältig sein, wie z. B. ein Überschuss des gesamtwirtschaftlichen Güterangebots über die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage, eine restriktive Geldpolitik, Steuererhöhungen. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage wird auch als deflatorische Lücke bezeichnet. In der Regel hängt eine Deflation mit einer Rezession zusammen. Die Menschen verhalten sich vorsichtig. Sie geben weniger Geld aus, weil sie nicht wissen, wie sich ihre Einkommenslage entwickeln wird. Die Unternehmen sind ebenfalls zurückhaltend, denn ihnen fehlt eben jetzt die Nachfrage und sie können ihre Produk- tionskapazitäten nicht auslasten. Sie investieren weniger. Damit fehlt auch die Nachfrage nach Investitionsgütern, Unternehmen rationalisieren, Behörden verhängen Ausgabensperren. Und am Aktienmarkt bewirkt die Krisenstimmung, dass keine Bereitschaft für Kapitalanlagen mehr vorhanden ist. Es kommt ein Teufelskreis in Gang: Die Rezession nährt sich selbst und die Preise sinken immer weiter, weil damit versucht wird, die Nachfrage anzukurbeln. Es steigt damit zwar die Kaufkraft der Konsumenten, aber da mit weiteren Preissenkungen zu rechnen ist, verschieben sie ihre Anschaffungen. Denn Wirtschaft hat auch viel mit Psychologie zu tun. Gegenwärtig merken die Verbraucher ebenfalls, dass einige Produkte billiger sind als vor einem halben Jahr. Die Bundesbank spricht von deflationären Tendenzen und Politiker debattieren darüber, ob wir nicht sogar in eine Inflation strudeln, weil derzeit viele „kranke“ Märkte mit Geld geflutet werden. 13 Dividende (4.8.2009) Eine Dividende bezeichnet den Teil des Gewinns einer Aktiengesellschaft, den sie an ihre Aktionäre ausschüttet. Was bedeutet das im Einzelnen? Ein Unternehmen kann die Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) annehmen. Das Grundkapital des Unternehmens ist dann in Aktien aufgeteilt. Die Menge der zu vergebenden Aktien wird bei der Gründung der AG festgelegt. Der Begriff Aktie bezeichnet dabei ein Wertpapier, das dem Besitzer einen Anteil am Grundkapital des Unternehmens zusichert. Ein Aktionär ist als Inhaber einer oder mehrerer Aktien also Miteigentümer an dem Unternehmen im Umfang seines Aktienbesitzes. Daraus ergeben sich im Allgemeinen folgende Rechte eines Aktionärs: Das „Gewinn14 anteilsrecht“ gewährleistet, dass er unter gewissen Umständen Anspruch auf die Zahlung einer Dividende hat, die wiederum vom Gewinn der AG abhängig ist. Außerdem hat der Aktionär ein „Mitbestimmungsrecht“, d. h. er hat das Recht auf die Teilnahme an der Hauptversammlung der AG, auf der u. a. über die Höhe der Dividende entschieden wird. Der Stimmenanteil bei der Hauptversammlung kann unter dem Prinzip „eine Aktie, eine Stimme“ zusammengefasst werden. Dividenden werden nur dann gezahlt, wenn das Unternehmen Gewinn erwirtschaftet. Dabei sind gesetzliche Vorgaben, wie beispielsweise Höchstdividenden und steuerliche Regelungen zu beachten. So darf eine AG nicht den gesamten Gewinn als Dividende auszahlen bzw. ausschütten. Es besteht die Pflicht zur Bildung einer gesetzlichen Rücklage, d. h. eines zweckgebundenen Überschusses, der etwa für Investitionen verwendet wird. Eine Auszahlung der Dividende in bar oder als Aktie (letzteres bezeichnet man als „Stockdividende“) erfolgt in Deutschland i. d. R. jährlich. Der Wert der Dividende wird meist in Währungseinheit pro Stück ausgewiesen, also beispielsweise 1 € pro Aktie. Neben einer AG schütten auch Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und Genossenschaften Dividenden an ihre Mitglieder aus. DREI-SÄULEN-SYSTEM DER WIRTSCHAFT (12.6.2009) In Deutschland decken Privatpersonen oder Unternehmen ihren Finanzierungsbedarf üblicherweise nach dem Hausbankprinzip. Sie nehmen bei den Banken und Sparkassen einen Kredit auf. Ebenso legen Firmen und Privatpersonen ihre Gelder bei den Finanzinstituten an. Dieses bankbasierte Finanzsystem ist in drei Säulen gegliedert. Die Säulen sind drei Gruppen von Finanzinstituten, die sämtliche Bankgeschäfte anbieten. Die erste Säule besteht aus den privaten Geschäftsbanken, zu denen beispielsweise die Großbanken wie die Deutsche Bank oder die Commerzbank und auch regionale Institute wie die Oldenburgische Landesbank zählen. Als zweite Säule fungieren die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute, welche sich in Sparkassen und Landesbanken gliedern. Im Gegensatz zu den Privatbanken sind öffentlich-rechtliche Kreditinstitute nicht ausschließlich an Gewinnen orientiert, sondern sie sollen einen öffentlichen Auftrag erfüllen. Die dritte Säule stellen die sogenannten Genossenschaftsbanken dar, wie beispielsweise Volks- und Raiffeisenbanken. Bei ihnen können Kunden durch den Kauf von Anteilsscheinen gleichzeitig Eigentümer der Bank sein. Das Drei-Säulen-System der deutschen Bankwirtschaft findet nicht nur Anhänger. Kritiker führen ins Feld, dass mit diesem System die Entwicklung der Banken behindert wird, damit sie auch international wettbewerbsfähig sind. Deutsche Banken sind im Vergleich mit den großen ausländischen Geldhäusern sehr klein. Fusionen in allen drei Säulen und zwischen den Säulen sind politisch und rechtlich schwer möglich. Befürworter wenden ein, dass mit diesem System unterschiedliche Kundengruppen gut und flächendeckend mit Finanzdienstleistungen versorgt werden können. 15 EBIT (30.6.2010) Wo früher noch der Begriff „operatives Ergebnis“ oder „Betriebsergebnis“ verwendet wurde, heißt es heute immer häufiger „EBIT“ (engl. Earnings Before Interest and Taxes). Das EBIT ist erst einmal eine Kennzahl, die das Ergebnis eines Unternehmens (also den Gewinn oder Verlust) innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z. B. eines Geschäftsjahres) beschreibt. Die Besonderheit: Es wird dabei nur das Ergebnis berücksichtigt, das durch die eigentliche betriebliche Tätigkeit entstanden ist. Es erfolgt eine von der Finanzstruktur des Unternehmens unabhängige Einschätzung der Ertragskraft. Erlöse aus z. B. dem Verkauf von produzierten Waren und der Materialaufwand fließen in das Ergebnis ein und 16 erhöhen oder reduzieren es. Einmalige Erlöse, die z. B. aus dem Verkauf einer Immobilie resultieren (und damit mit der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit nicht in Verbindung stehen), beeinflussen das Ergebnis dagegen jedoch nicht, genauso wenig wie Steuern und Zinsen. Das Ergebnis wird also durch das Herausrechnen bestimmter Positionen bereinigt. Diese Bereinigung hat verschiedene Ziele: Regional unterschiedliche Steuer- und Zinsbelastungen werden außen vor gelassen; damit ist eine bessere Vergleichbarkeit der Ertragskraft von Unternehmen gegeben. Es treten keine Verzerrungen durch unterschiedliche Steuersysteme oder Finanzierungsformen auf. Durch die Ergebnisbereinigung kommt es aber auch zu neuen Unwägbarkeiten: Ohne die Berücksichtigung der Zins- und Steueraufwendungen besteht die Gefahr, dass die Kennzahl EBIT das Ergebnis höher erscheinen lässt, als es tatsächlich ist. Ebenfalls zu beachten ist, dass das EBIT keiner allgemeingültigen Definition unterliegt: Einige Unternehmen erfassen z. B. unter Steuern nur die Ertragssteuern, andere auch die sonstigen Steuern, es kann am Ende also wieder zu einer Ergebnisverschiebung kommen, d. h. um die Vergleichbarkeit des Ergebnisses richtig einschätzen zu können, ist also die genaue Zusammensetzung des EBIT zu betrachten. EIGENTUMSVERFASSUNG (21.4.2004) Was ist eigentlich Eigentum und welche Rechte hat ein Eigentümer? Diese und weitere Fragen werden durch die Eigentumsverfassung eines Landes beantwortet. In einer marktwirtschaftlichen Ordnung – wie der der Bundesrepublik Deutschland – gibt es generell Privateigentum, mit dem mehrere Rechte verbunden sind: Wer ein Gut auf legalem Wege kauft, kann es in der Regel nutzen, verändern, verleihen bzw. vermieten und wieder verkaufen. Gleichzeitig hat man die Möglichkeit, andere von der Nutzung des Gutes auszuschließen. Die genannten Rechte lassen sich dabei aufteilen (z. B. mehrere Personen sind Eigentümer) oder ganz bzw. teilweise übertragen (z. B. Vermietung einer Wohnung). Man kann sich vorstellen, welches Chaos entstehen würde, wenn die Eigentumsverfassung nicht durch eine Rechtsverfassung abgesichert wäre. Es würde große Unsicherheit herrschen und bereits einfache Kaufhandlungen wären bei ungeklärten Eigentumsverhältnissen unmöglich. Die Eigentumsverfassung eines Landes muss sich dabei aufgrund veränderter gesellschaftlicher, technischer und politischer Bedingungen kontinuierlich weiterentwickeln. CD auf den Käufer übertragen werden (Recht auf Kopie?) und welche beim Anbieter verbleiben. Ein aktuelles Beispiel ist dafür die Diskussion um die Ausgestaltung des Urheberrechts. Hier geht es nämlich unter anderem genau um die Frage, welche Rechte beim Kauf einer Musik17 EU-AGRARPOLITIK (26.4.2012) Kaum andere Märkte werden so stark durch die Regelungen der Europäischen Union (EU) beeinflusst wie die Agrarmärkte. Erinnert sich noch jemand an die „Gemeinsame Agrarpolitik“ (GAP) der Europäischen Union in den 70er Jahren? Damals wurden den Landwirten durch Preis- und Absatzgarantien Anreize gegeben, regelrechte Butter- und Obstberge zu produzieren. Dieser Agrarprotektionismus – hauptsächlich finanziert durch Steuerbeiträge aus Mitgliedsländern − gehört der Vergangenheit an. Damals hatte er seine Berechtigung − er fußte auf der Agrarpolitik der Nachkriegszeit, als es galt, den Mangel an Nahrungsmitteln zu überwinden bzw. die Versorgung sicherzustellen (§39 EWGVertrag). Bis 1993 griff die EU in den freien Marktmechanismus umfassend ein. Das 18 Prinzip freier Märkte ist schnell erklärt: Angebot, Nachfrage und Preise stehen in einer Wechselbeziehung. Steigt z. B. der Preis, wird die Nachfrage zurückgehen. Die EU legte aber bis 1993 einen Mindestpreis für bestimmte Agrargüter fest. Fiel der Marktpreis darunter, kaufte die EU den Erzeugern die Produkte ab und stabilisierte so deren Preise. Außerdem wurden Einfuhren aus Agrarländern außerhalb Europas erschwert, indem durch variable Zölle der niedrigere Weltmarktpreis auf das Niveau des EU-Binnenmarktes angehoben wurde. Umgekehrt wurden den Landwirten Verluste erstattet, die beim Export wegen niedrigerer Weltmarktpreise entstanden. Dass die Landwirte ihre Produktion nicht umstellten, kann man ihnen nicht anlasten. Sie nutzten lediglich, wie jede andere Berufsgruppe auch, die Anreizsysteme, die ihnen von der EU geboten wurden. Die starke Regulierung der Agrarmärkte gibt es so heute nicht mehr, aber immerhin fließen noch Milliardensummen aus dem EU-Haushalt an die Landwirte − jetzt als Direktzahlungen, um Subventionen und Produktionsmengen zu entkoppeln. Das Problem dabei: Durch Subventionen sowie globale Knappheit an nachwachsenden Rohstoffen und Lebensmitteln gehen die Preise derzeit in die Höhe. Das ist gut für die Landwirte, hat aber desaströse Folgen für die Nachfrager, z. B. in ärmeren Ländern. Für die Zeit ab 2014 wird aber z. B. diskutiert, Subventionen stärker an sozialen und ökologischen Kriterien zu orientieren. EUROPÄISCHER BINNENMARKT (11.5.2011) Als Binnenmarkt wird ein Wirtschaftsgebiet von mehreren Ländern mit einer gemeinsamen Außengrenze bezeichnet. In solch einem Wirtschaftsgebiet werden die vier Grundfreiheiten angestrebt und schrittweise realisiert. Dies sind: Kapitalverkehrsfreiheit, Dienstleistungs- und Warenverkehrsfreiheit sowie Niederlassungsfreiheit (z. B. für Arbeitnehmer, Unternehmer, Studenten). Der europäische Binnenmarkt ist der weltweit größte gemeinsame Wirtschaftsraum. Offiziell existiert er erst seit 1993, seit dem Abschluss des Binnenmarktprogramms, das die Europäische Kommission 1985 angestoßen hatte. Das Fundament wurde jedoch noch früher gelegt, im Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) von 1957. Schon hier sind die vier Grund- freiheiten enthalten, die den Kern der europäischen Integration bilden. Heute sind ungehindertes Reisen in der Europäischen Union (EU) ebenso selbstverständlich wie grenzüberschreitender Handel, keine Grenzkontrollen und der Verzicht auf Zölle. Gemeinsamer Handel ist auch deshalb einfach, weil in vielen Staaten mit derselben Währung, dem Euro, gezahlt wird. Deutschland profitiert erheblich von den EU-Handelsbeziehungen – in 2010 wurden etwa 60 Prozent aller Ausfuhren in die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union getätigt. Ein funktionierender europäischer Binnenmarkt ist auch eine Teilantwort auf die Globalisierung. Nur eine wirtschaftlich starke EU kann ihre Interessen im Welthandel erfolgreich vertreten, nicht ein Mitgliedsstaat alleine. Natürlich gibt es trotz aller Vorteile auch Probleme. Ein Beispiel ist der Binnenmarkt für Strom und Gas. Ein einheitlicher Markt mit Wettbewerb soll für sinkende Energiepreise sorgen. Die Umsetzung ist jedoch schwierig und auch nach dreizehn Jahren noch nicht abgeschlossen. Versorgungsstrukturen, die über Jahrzehnte in den einzelnen Mitgliedsstaaten aufgebaut wurden, müssen neu organisiert und angeglichen werden. Hinzu kommt, dass das Leitungsnetz zwischen den Ländern noch unzureichend ausgebaut ist. Dafür sind wiederum hohe Investitionen notwendig. Die EU hat sich das Ziel gesetzt, dass Strom und Gas ab 2014 auf dem Binnenmarkt frei gehandelt werden können. 19 GELDPOLITIK (21.2.2006) Geldpolitik umfasst alle Maßnahmen zur Versorgung der Wirtschaft mit Geld. Wichtigste Instanz zur Steuerung geldpolitischer Maßnahmen ist eine unabhängige Zentralbank. Diese Aufgabe übernimmt in Deutschland die Deutsche Bundesbank, in der EU die Europäische Zentralbank (EZB). Die geldpolitische Strategie der EZB ist im Vertrag der Europäischen Gemeinschaften vom 7.2.1992 geregelt. Er verpflichtet die EZB, stabile Preise zu gewährleisten. Der EZB stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung, um dieses Ziel zu erreichen. Sie kann z. B. Zinssätze variieren, zu denen sich Geschäftsbanken Zentralbankgeld beschaffen können. Damit versucht sie indirekt, das 20 gesamte Zinsniveau der Wirtschaft zu steuern. Senkt die Zentralbank den sogenannten Leitzins, kann sich die Geschäftsbank nun zinsgünstiger Zentralbankgeld beschaffen und an die junge Familie einen günstigeren Hausbaukredit vergeben. Auch Unternehmen können nun zu günstigeren Zinsen Geld leihen und investieren. Ob solche geldpolitischen Maßnahmen das Preisniveau tatsächlich wie gewünscht beeinflussen, hängt von vielen Faktoren ab und kann häufig nur schwer vorhergesagt werden. Deshalb sind öffentliche politische Auseinandersetzungen nicht selten, die zeigen, wie wichtig der unabhängige Rechtsstatus einer Zentralbank ist. GESELLSCHAFT MIT BESCHRÄNKTER HAFTUNG (GMBH) (8.12.2009) GmbH, AG, KG, OHG – Abkürzungen hinter Unternehmensnamen sind vielfältig. Sie stehen für bestimmte Rechtsformen, die den gesetzlichen Rahmen eines Unternehmens festlegen. Dieser regelt beispielsweise die Haftung, Leitung sowie Gewinn- und Verlustbeteiligung. Eine der am häufigsten und bevorzugt von kleineren und mittleren Unternehmen gewählte Rechtsform ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die GmbH ist eine Form der sogenannten Kapitalgesellschaften, die durch eine Begrenzung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen gekennzeichnet ist, d. h. die Eigentümer haften nicht mit ihrem Privatvermögen. Die Grün- dung einer GmbH erfolgt von einer oder mehreren Personen durch einen notariell beglaubigten Gesellschaftsvertrag, die Satzung. Das gesetzlich festgelegte Kapital wird als sogenanntes „Stammkapital“ von den Gesellschaftern eingebracht und beträgt mindestens 25.000 Euro. Durch einen Eintrag in das Handelsregister wird die GmbH rechtsfähig. fest und entscheidet über die Gewinnverwendung. Ferner bestellt die Gesellschafterversammlung die Geschäftsführung und erteilt ihr Weisungen. Die Organe einer GmbH sind zum einen die Gesellschafterversammlung und zum anderen die Geschäftsführung. Die Gesellschafterversammlung als oberstes und beschließendes Organ setzt sich aus den Inhabern der Stammkapitalanteile zusammen. Sie stellt beispielsweise die Jahresbilanz 21 GLOBALISIERUNG DER WIRTSCHAFT (9.7.2009) Deutschland ist erneut Exportweltmeister. Und trotz schwächelnder Weltwirtschaft und Finanzkrise spielt der Außenhandel für unser Land weiterhin eine herausragende Rolle. Spricht man von der Globalisierung, so beschreibt man jedoch einen komplexen und vielfältigen Prozess der fortschreitenden weltweiten Vernetzung, der weit über den internationalen Warenhandel hinausgeht. Dass ein Großteil der Dinge in unserem Haushalt, im Kühl- oder Kleiderschrank, nicht mehr aus Deutschland stammt, ist hierbei nur eine Komponente. Gleiches gilt dafür, dass wir unser Geld in ausländischen Fonds oder Aktien anlegen, bei ausländischen Unternehmen arbeiten oder uns täglich im World Wide Web aufhal22 ten. Die zunehmenden Vernetzungen führen allerdings dazu, dass politische, gesellschaftliche und ökonomische Veränderungen in fernen Ländern eine immer stärkere Bedeutung für uns erhalten. Egal ob in den USA der Immobilienmarkt einbricht, im Nahen Osten einer neuer Konflikt entbrennt oder in Asien die Nachfrage nach Nahrungsmitteln steigt … die Wirkungen spüren wir stets direkt bei uns. Bei allem Streit um die „richtige“ Ausgestaltung der globalen Prozesse ist festzuhalten, wenn die Globalisierung langfristig den Wohlstand in allen Teilen der Welt erhöhen soll, sind vernünftige politische Rahmenvereinbarungen dafür die Voraussetzung. HAUPTVERSAMMLUNG (14.3.2006) Wenn große Aktiengesellschaften (AG) ihre Hauptversammlungen abhalten, dann ist das zumeist einige Schlagzeilen wert. Sei es, weil der Vorstand große Erfolgsmeldungen zu verkünden oder sich für ein verlustreiches Geschäftsjahr zu rechtfertigen hat. Jede AG lädt mindestens einmal jährlich alle Aktionäre zur ordentlichen Hauptversammlung ein, an der i. d. R. die Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats teilnehmen und in der der Vorstandsvorsitzende den Aktionären Rechenschaft über die unternehmerische Tätigkeit des vergangenen Geschäftsjahres ablegt. Dabei wird u. a. über die Entwicklung des Unternehmens berichtet, der Aufsichtsrat und der Abschlussprüfer gewählt sowie Entscheidungen über die Verwendung des Bilanzgewinns, die Verwendung des Grundkapitals, die Ausgabe neuer Aktien, die Zahlung der Dividenden und Satzungsänderungen entschieden. Von besonderer Bedeutung ist die Entlastung des Vorstandes durch die Aktionäre. In besonderen Fällen ist auch die Einberufung außerordentlicher Hauptversammlungen möglich, beispielsweise im Zuge geplanter Fusionen bzw. drohender Übernahmen. sind jedoch die Inhaber stimmrechtsloser Vorzugsaktien. Die Aktionäre verfügen über ein Stimmrecht, welches sie jedoch nicht selbst ausüben müssen, sondern zwecks besserer Interessenvertretung auch z. B. einem Kreditinstitut übertragen können. Ausgenommen davon 23 HAUSSE UND BAISSE (1.4.2009) Hausse und Baisse sind Ausdrücke aus der Fachsprache von Börsianern. Sie geben Aufschluss über den mittleren bis langfristigen Verlauf der Börsenkurse im Allgemeinen. So ist bei einem Anstieg der Wertpapierkurse auf breiter Basis von einer Hausse zu sprechen (aus dem französischen: „Anstieg“). Synonym hierfür werden auch die Begriffe „Bull market“ bzw. der deutsche Begriff „Bullenmarkt“ verwendet. Fällt der Anstieg besonders stark aus, wird von einem Boom gesprochen. Ist – wie derzeit zu beobachten – das Gegenteil der Fall, sinken also mittel- bis langfristig die Aktienkurse, spricht man von einer Baisse. Diese Phase der fallenden Wertpapierkurse wird auch als „Bear market“ bzw. „Bärenmarkt“ bezeichnet. 24 Verursacht eine Baisse besonders starke Kursrückgänge, wird von einem Crash gesprochen. Während vorwiegend im Wirtschaftsjournalismus und an den Börsen noch die Begriffe Hausse und Baisse verwendet werden, setzen sich in der Öffentlichkeit zunehmend die aus den USA stammenden Begriffe durch. Im Vergleich der letzten Jahrzehnte kann festgestellt werden, dass die durchschnittliche Hausse bedeutend länger dauert als die durchschnittliche Baisse. Wer jedoch glaubt, dass die Dauer und das Ausmaß einer Hausse oder Baisse vorhersehbar sind, der täuscht sich. Selbst hartgesottene Börsenkenner werden immer wieder von den Kursentwicklungen überrascht. HEDGE-FONDS (17.10.2007) Hedge-Fonds prägen die Schlagzeilen der Zeitungen. Sie umgibt etwas Aufregendes, teils Mysteriöses. Das Geheimnis um diese Anlageform lässt sich aber einfach lüften: Ein Hedge-Fond ist zunächst einmal einfach nur eine Form der Geldanlage, an der Kapitalanleger Anteile erwerben können. Fonds sind eine spezielle Anlageform, bei der durch Verteilung des Vermögens auf verschiedene Anlageformen eine Risikoabsicherung angestrebt wird. Der Begriff Hedge-Fond (engl. to hedge, „absichern“) ist insofern irreführend, als dass heute bei dieser Anlageklasse nicht mehr das Ziel der Absicherung („Hedgeing“) im Vordergrund steht. Stattdessen streben Hedge-FondsManager durch Verwendung zum Teil hochspekulativer Strategien eine rasche Vermehrung des eingesetzten Kapitals bzw. eine hohe Rendite an. Bei ihrem Vorgehen unterliegen sie bisher keinerlei Einschränkungen. Jedoch wird in der Öffentlichkeit mehr und mehr der Ruf nach verbindlichen Regelsystemen laut. Während traditionelle Investmentfonds darauf setzen, dass die Kurse von Aktien steigen, spekuliert der Hedge-Fonds-Manager auch auf fallende Kurse. Dieser sogenannte Leerverkauf läuft wie folgt ab: Die Finanzinvestoren leihen sich große Aktienpakete eines kriselnden Unternehmens, verkaufen diese und hoffen danach auf sinkende Kurse, um die Aktien billiger wieder zurückzukaufen. Oder aber es wird auf bestimmte Kursschwankungen zwischen Handelsplätzen gesetzt – Aktien werden in New York gekauft, um sie dann in Frankfurt mit geringem Aufschlag wieder zu verkaufen. Kritisiert wird an den Hedge-Fonds, dass den Kapitalanlegern nichts an dem wirtschaftlichen Überleben der Firmen liegt. Andererseits wird der Anlageform zugute gehalten, dass riskante und von vielen gemiedene Kapitalmärkte mit Geld versorgt werden. 25 IFO-GESCHÄFTSKLIMAINDEX (6.4.2011) Im Geburtsjahr der Bundesrepublik Deutschland 1949 wurde auch das Institut für Wirtschaftsforschung (ifo Institut) gegründet. Und im olympischen Jahr 1972 wurde das erste Mal der „ifo-Index“ veröffentlicht. Der Index ist einer der meistzitierten Frühindikatoren für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Aber was sagt der ifo-Index, oder genauer der ifoGeschäftsklimaindex, eigentlich aus und wie setzt er sich zusammen? Grundlage des Index ist ein Fragebogen, in dem Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate erfassen und bewerten, z. B. ob sich die Nachfragesituation verbessert oder verschlechtert. Aus den Angaben zur aktuellen Geschäftslage (dem „Geschäftsklima“) und zu den 26 Erwartungen wird ein durchschnittliches Ergebnis gebildet, das in Indexpunkten gemessen wird. Als Maßstab dient der Indexwert im Januar 2000, der 100 Punkten entspricht. Im Februar dieses Jahres hat der ifo-Index, der monatlich veröffentlicht wird, mit 111 Punkten seinen absoluten Höchststand erreicht (zum Vergleich: 82 Punkte im März 2009). 111 Punkte im Februar 2011, das bedeutet, die Unternehmen beurteilen ihre Geschäftslage insgesamt als gut und haben positive Erwartungen für die kommenden sechs Monate. Neben der Bewertung der aktuellen Situation findet der ifo-Index aber insbesondere Beachtung, wenn es um eine erwartete Richtungsänderung der wirtschaftlichen Entwicklung geht. Die sogenannte „Dreimal-Regel“ besagt, dass sich eine Trendwende abzeichnet, wenn sich der ifo-Index drei Monate hintereinander in die gleiche Richtung bewegt, also fällt oder steigt und somit einen wirtschaftlichen Abschwung oder Aufschwung ankündigt. Von Interesse ist eine Vorhersage der wirtschaftlichen Entwicklung für verschiedene Gruppen: Unternehmer lassen Informationen über die erwartete Entwicklung in ihre Investitionsentscheidungen einfließen, ebenso Anleger, die z. B. die Wahl zwischen einer Sparanlage und der Aktie eines Unternehmens haben. Und auch die Verbraucher sind konsumfreudiger, wenn die wirtschaftlichen Aussichten gut sind. Abzuwarten bleibt der Einfluss der aktuellen Geschehnisse in Japan auf die Entwicklung des ifo-Index. INFLATION (22.7.2009) Wenn Benzin, Strom oder Lebensmittel teurer werden, wenn unsere Kaufkraft sinkt und wir für unser Einkommen weniger erwerben können als z. B. vor einem Jahr, sprechen wir von Inflation. Dabei muss es sich um einen lange anhaltenden Anstieg des Preisniveaus handeln, nicht um saisonale oder kurz anhaltende Veränderungen. Eine Maßzahl für die Höhe der Inflation ist die sogenannte Inflationsrate, auch Teuerungsrate genannt. Basis für die Berechnung ist ein sog. repräsentativer Warenkorb. Dieser „Einkaufskorb“ enthält alle Güter und Dienstleistungen, die ein „Normalverbraucher“ in einem bestimmten Zeitraum kauft. Die Inflationsrate drückt aus, um wie viel Prozent sich die Preise innerhalb eines Zeitrau- mes prozentual verändert haben. Man geht davon aus, dass die Inflationsrate langfristig nicht über zwei Prozent pro Jahr liegen sollte. Die Ursachen einer Inflation sind nicht zweifelsfrei geklärt. Erfahrungsgemäß geht sie mit einem erhöhten Geldmengenwachstum einher, das über das reale Wachstum der Wirtschaft hinausgeht. Eine Inflation kann eine Volkswirtschaft nachhaltig schädigen. Sie führt z. B. zu einer Entwertung von Spareinlagen. Deshalb besteht ein wichtiges wirtschaftspolitisches Ziel darin, eine Inflation zu verhindern. 27 INFRASTRUKTUR (9.8.2011) Die Infrastruktur stellt den „Unterbau“ einer Volkswirtschaft dar. Jedes Land benötigt grundlegende wirtschaftliche und organisatorische Strukturen. Sie sollen eine reibungslos funktionierende Volkswirtschaft sicherstellen und damit Wachstum und Wohlstand und eine nachhaltige Lebensqualität fördern. Zur Infrastruktur eines Landes oder einer Region werden sechs grundlegende Bereiche gezählt. Das sind neben dem Verkehrswesen die Energie- und Wasserversorgung, Information und Kommunikation, Kultur und Freizeit, die Verwaltung, das Gesundheits- und Sozialwesen und der Bildungsbereich. Zur Infrastruktur eines Landes gehören also z. B. Strom- und Wasserleitungen ebenso wie die Versorgung mit Internetzugängen, ein funktionie28 render öffentlicher Nahverkehr, Museen und Theater oder die Gemeindeverwaltung. Auch Krankenhäuser und Schulen sind Bestandteil der Infrastruktur. Ist die Infrastruktur für den Einzelnen vor allem bezüglich seiner eigenen Lebensqualität von Bedeutung („Wie lange benötige ich, um meinen Arbeitsplatz zu erreichen?“), spielt sie naturgemäß auch gesamtwirtschaftlich eine zentrale Rolle. So ist z. B. die Bildung auch eine wichtige Ressource für die Erhaltung nationaler und internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Die Ressource „Bildung“ steht aber in Zukunft gesamtwirtschaftlich nur zur Verfügung, wenn es heute eine entsprechende Infrastruktur im Bildungssystem gibt, die zu vergleichsweise gut ausgebildeten Schulabgängern führt. Das heißt, eine gute Infrastruktur wirkt sich auf die Attraktivität eines Wirtschaftsstandortes aus. Allerdings ist die Entwicklung der Infrastruktur auch eine langfristige Aufgabe, die in die Interessen vieler Bürger und Unternehmen eingreift und auch sehr unterschiedliche Interessen berührt, die zum Teil jahrzehntelange Planungs- und Entscheidungsverfahren nötig machen und auf viele Entwicklungen lähmend wirken können. Da Investitionen in die Infrastruktur zumeist ein sehr großes Volumen haben (dieses Jahr werden vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 3,9 Mrd. in die Schieneninfrastruktur investiert), werden sie meist vom Staat übernommen. INSOLVENZ (14.7.2009) Insolvenz verbinden viele automatisch mit einem Todesstoß für den Betrieb und seine Mitarbeiter. Aber Betriebe scheiden durch eine Insolvenz nicht zwingend aus dem Markt aus. Ein Betrieb muss Insolvenz anmelden, wenn er zahlungsunfähig wird oder überschuldet ist. Das Gericht ernennt einen vorläufigen Insolvenzverwalter, der dann das Unternehmen führt. Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt bis zu drei Monate die Personalkosten. Erst einmal verschafft sich der Insolvenzverwalter einen Überblick über die Lage des Unternehmens, er hält nach Investoren Ausschau, spricht mit Mitarbeitern, Kunden und Banken. Auf einer Gläubigerversammlung gibt er eine Bewertung ab, wie aus seiner Sicht weiter mit dem Unternehmen zu verfahren ist. Die Gläubiger, also all diejenigen, die noch offene Forderungen an das Unternehmen haben, entscheiden durch eine Abstimmung, welchen Weg das Unternehmen einschlagen soll. Es gibt vereinfacht drei Möglichkeiten: Die erste Möglichkeit ist die Liquidation („Zerschlagung“). Dann verkauft der Insolvenzverwalter Teile des Betriebs, Patente, Grundstücke etc., um die Gläubiger auszuzahlen. Die zweite Möglichkeit ist die „übertragene Sanierung“. Dann wird das Unternehmen, befreit von Altschulden, an einen Investor verkauft; häufig ist dies ein Konkurrent. Die dritte Möglichkeit ist der Insolvenzplan. In diesem Fall bewegt der Insolvenzverwalter Banken, Lieferanten, Arbeitnehmer und andere am Insolvenzverfahren Beteiligte zu gegenseitigen Zugeständnissen zum Wohle des Betriebes. Im Zuge der Sanierung werden auch einzelne Standorte geschlossen und Stellen gestrichen – der Betrieb soll sich „gesund schrumpfen“, um wieder Gewinne machen zu können. Wie erfolgreich eine Sanierung ist, wie viele Arbeitsplätze erhalten bleiben, wird ganz entscheidend vom Einsatz und der Qualität der Arbeit des Insolvenzverwalters beeinflusst. 29 MARKE (9.8.2008) Einzigartig möchten wir sein und uns auch so präsentieren. Wie aber ist Individualität herzustellen? Wie erfindet man sich täglich neu? Was ist gut, was gefällt? Und wie macht man das Bild von sich selbst für andere sichtbar? Orientierung und Identifikationsmuster bei der Bewältigung dieser individuellen Herausforderungen bieten uns Marken. Sie entsprechen aktuellen Wertemustern und grenzen sich von anderen ab. Mit der Auswahl bestimmter Marken definieren wir uns selbst und machen dieses Bild von uns auch im sozialen Kontext sichtbar. So gehen wir mit der Wahl bestimmter Marken soziale Bündnisse ein und schließen andere aus. Marken haben für uns somit eine psychologische und soziale Funktion. Diese 30 können sie aber nur dann einnehmen, wenn durch erfolgreiche Markenpolitik der Hersteller bestimmte Vorstellungen im Kopf des Konsumenten verankert werden. Starke Marken lösen solche Vorstellungen sofort aus, wenn ihr Markenname oder Markenzeichen (z. B. Bilder, Begriffe, Symbole) vom Konsumenten wahrgenommen wird. So gesehen unterscheidet sich eine Marke von vergleichbaren Produkten durch das in der Psyche des Konsumenten verankerte unverwechselbare Vorstellungsbild. In der Regel genießen Marken auch das Vertrauen des Konsumenten, das wahrgenommene Kaufrisiko beim Kauf des Produktes ist gering. Auf gesättigten Märkten, auf denen sich Produkte durch sach- liche Eigenschaften kaum mehr unterscheiden, liegt hierin ein bedeutender Wettbewerbsvorteil für den Anbieter. Er kann sich von der Konkurrenz abgrenzen und auf die Markentreue, geringere Preissensibilität und höhere preispolitische Spielräume bauen. MARKETING (28.9.2005) Jeden Tag erleben wir auf dem Weg zur Arbeit, beim Einkaufen, im Sportcenter oder in der TV-Werbepause verschiedenste Formen des Marketing. Der Begriff Marketing beschreibt ganz allgemein die marktorientierte Führung eines Unternehmens, also die Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten auf die aktuellen und potenziellen Märkte. Heutzutage ist das Angebot von Gütern auf vielen Märkten größer als die Nachfrage. Die Hersteller müssen mit neuen Produkten im internationalen Wettbewerb um die Gunst der Kunden konkurrieren. Umso wichtiger ist es für das einzelne Unternehmen, sich an den Wünschen und Erwartungen der Kunden zu orien- tieren. Marketing heißt also auch „Im Kopf des Kunden denken“. Im Rahmen der Produkt-, Preis-, Distributions- und Kommunikationspolitik stehen verschiedene Marketinginstrumente zur Verfügung. Der sogenannte „Marketing-Mix“ beschreibt den abgestimmten Einsatz aller Instrumente, um Unternehmensziele zu erreichen. Der Marketing-Manager eines Sportartikelunternehmens muss zum Beispiel beachten, dass eine Preissenkung nur dann eine stärkere Nachfrage auslösen wird, wenn die Konsumenten mit Anzeigen oder Werbespots darüber informiert worden sind. Im Rahmen der Distributionspolitik muss er zugleich für ausreichend Nachschub im Sport- geschäft sorgen. Besonders wichtig ist mittlerweile auch das „After-Sales“Marketing geworden, d. h. die Betreuung des Kunden nach dem Kauf, damit der zufriedene Kunde sich auch das nächste Mal wieder für einen Sportschuh der gleichen Marke entscheidet. 31 MARKETING-MIX (11.3.2009) Über 70 Prozent der Deutschen können den Werbeslogan eines Gummibärchenspots trällern. Haben sich die Markennamen und Werbebotschaften beim Konsumenten eingeprägt, ist die Werbung erfolgreich. Für den Verkaufserfolg eines Produktes am Markt müssen jedoch mehr Marketinginstrumente als die Kommunikationspolitik eingesetzt werden, von der Werbespots wiederum nur ein Unterinstrument sind. Fachleute sprechen von den 4 P´s des Marketing, die sich aus den englischsprachigen Bezeichnungen ergeben: Produkt (product), Preis (price), Kommunikation (promotion), Distribution (place). Die Produktpolitik umfasst z. B. die Produktqualität, das Design, die Verpackungsgestaltung und die Wahl 32 des Markennamens. Preispolitik beschäftigt sich mit der Frage, wo der optimale vom Kunden akzeptierte Preis liegt. Kommunikationspolitik zielt auf die Übermittlung von Informationen und die Beeinflussung von Einstellungen oder Verhaltensweisen. Unterinstrumente sind neben der Werbung z. B. Verkaufsförderungsaktionen im Handel, Public Relations (PR) oder das Sponsoring. Distributionspolitik befasst sich mit Fragen rund um den Weg eines Produkts vom Hersteller bis zum Endverbraucher: Soll z. B. über den Discounter oder Fachmarkt vertrieben werden? Durch den abgestimmten Einsatz der Instrumente erlangen strategische Vorgaben des Unternehmens ihre konkrete Umsetzung. Die Suche nach der optimalen Kombination ist anspruchsvoll. MARKTWIRTSCHAFT (9.3.2004) Freie Marktwirtschaften zeichnen sich im Wesentlichen durch die folgenden Charakteristika aus: Es gilt – bis auf wenige Ausnahmen – das Prinzip des Privateigentums. Gleichzeitig besteht die Freiheit, Verträge zu schließen. Das Wirtschaftsgeschehen folgt dem Prinzip der dezentralen Lenkung, d. h. dass sich Anbieter und Nachfrager auf freien Märkten treffen und sich die Preise aus dem Zusammenspiel der beiden Seiten ergeben. Im Marktgeschehen bestimmen Unternehmen ihren Wirtschaftsplan selbst und folgen dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip, streben also die Maximierung des Gewinns an. Erfolgreiche Unternehmen werden in diesem Sinne belohnt, erfolglose haben die entsprechenden Verluste zu tragen. Dezentrale Lenkung bedeutet dabei nicht, dass der Staat keinerlei wirtschaftspolitische Steuerungsaufgaben übernimmt. Er sollte dies jedoch in der Regel nur tun, um die Funktionsfähigkeit der Märkte und Wettbewerb zu sichern. Allerdings sind in diesem Zusammenhang immer wieder Fehlentwicklungen zu verzeichnen, die sich beispielsweise z. T. in den aktuellen Problemen der Sozialversicherungssysteme zeigen. 33 NUTZEN (7.4.2004) Wann ist ein Konsumgut, z. B. neue Balkon- oder Gartenmöbel, für jemanden nützlich? Wenn der Preis gering war und man ein „Schnäppchen“ gemacht hat? Wenn man sich darüber freut? Wenn die Nachbarn anerkennungsvoll über die neue Anschaffung sprechen? Der Nutzen kann als Maß für die Bedürfnisbefriedigung angesehen werden, die ein Konsument durch den Kauf von Gütern erzielt. Ein Nutzen wird durch den subjektiven Gebrauchswert bestimmt, d. h. welche „Nützlichkeit“ ein Produkt oder eine Dienstleistung für den Einzelnen hat. Der Nutzen lässt sich nicht objektiv festlegen, sondern er hat für jeden Einzelnen prinzipiell eine andere Ausprägung. Gemäß dem ökonomischen Prinzip 34 versucht der Einzelne, seinen Nutzen zu mehren. Er hat dafür zwei Möglichkeiten. Nach dem Maximumprinzip soll mit gegebenem Aufwand ein möglichst hoher Ertrag (Nutzen) erzielt werden. Nach dem Minimumprinzip gilt es, mit möglichst geringem Aufwand einen bestimmten Erfolg zu erreichen. Grundsätzlich ist von einem erweiterten Nutzenbegriff auszugehen. Nutzen umfasst nicht nur materielle (z. B. Geld) sondern auch immaterielle Werte, wie z. B. soziale Anerkennung. RATINGAGENTUREN (13.7.2010) Nachdem Ratingagenturen und die von ihnen veröffentlichten Ratings (Bewertungen) lange nur für die Finanzwelt von besonderem Interesse waren, sind sie mit dem Beginn der Finanzkrise zunehmend in den Blick der Öffentlichkeit geraten. Die Ratingagenturen bewerten sowohl Unternehmen als auch Länder, um deren Kreditwürdigkeit zu beurteilen. Sie versuchen also einzuschätzen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Kredit samt Zinsen vereinbarungsgemäß zurückgezahlt wird. Grundlage der Länderbewertung sind z. B. das Steueraufkommen, die Verschuldung oder auch die Arbeitslosenquote. Erscheint den Agenturen ein Land besonders kreditwürdig (wie z. B. Deutschland), erhält es die Note AAA, eine geringe Kreditwürdigkeit (wie zurzeit z. B. im Falle Griechenland), wird mit einer entsprechend schlechten Note beurteilt. Als Ergebnis muss Griechenland momentan sehr hohe Zinsen am Markt zahlen, um einen Kredit zu erhalten – die Ratingagenturen haben also einen entsprechend großen Einfluss auf den Markt und die einzelnen Länder. Als Mitverursacher der Finanzkrise gelten die Ratingagenturen deshalb, weil sie jahrelang zu positive Bewertungen vergeben haben, die unrealistisch waren und am Ende berichtigt werden mussten. In jüngster Vergangenheit hingegen haben sie einige finanziell schwache europäische Länder in Schwierigkeiten gebracht, indem sie deren Ratings stark (im Falle Griechenlands um vier Stufen auf „spekulative Anlage“) herabsetzten und diese schlechten Bewertungen zu einem so großen Vertrauensverlust führten, dass sogar die Europäische Zentralbank eingriff, um den Markt zu beruhigen. Neben ihrer Marktmacht (die drei größten Agenturen Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch teilen sich 95% des Ratingmarktes) gilt die Kritik an den Agenturen vor allem den undurchsichtigen Bewertungsgrundlagen, fehlerhaften Berechnungsmodellen und der mangelnden Kontrolle der Agenturen: Wer kontrolliert den Kontrolleur? Als Konsequenz plant die Europäische Union eine schärfere Überwachung. Ebenso wird überlegt, Ratings auch von Notenbanken oder Aufsichtsbehörden erstellen zu lassen. Hierüber ist eine lebhafte Diskussion entstanden. 35 RECHNUNGSWESEN/CONTROLLING (19.9.2006) Das Rechnungswesen bildet ein System der Erfassung, Aufbereitung und Darstellung der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens oder einer Volkswirtschaft. Ein „kleines“ Rechnungswesen organisiert jeder, der zu Hause Buch über den Stand der Haushaltskasse führt. Ein modernes betriebliches Rechnungswesen funktioniert nach einem ganz ähnlichen Prinzip, auch wenn es wesentlich komplexer ist. Es gibt Auskunft über die aktuelle Situation, in der sich ein Unternehmen befindet und liefert somit Informationen, die zur Planung des weiteren unternehmerischen Handelns benötigt werden. Im Allgemeinen unterscheidet man die Teilbereiche Buchführung, Kosten- und Leistungsrechnung, Statistik und Pla36 nung. So ist es z. B. eine Aufgabe der Buchführung, alle Veränderungen von Vermögen und Schulden im laufenden Geschäftsjahr zu dokumentieren. Der Gesetzgeber schreibt dabei vor, welche Regeln zu beachten sind. Die Informationen des Rechnungswesens sind wichtige Grundlage für das Controlling eines Unternehmens. Der Begriff leitet sich vom angelsächsischen Wort „to control“ ab und kann mit „steuern“, „führen“ und „kontrollieren“ übersetzt werden. Es entsteht jedoch schnell der falsche Eindruck, dass ein „Controller“ das Unternehmen überwacht. Das Controlling dient vor allem dazu, die Geschäftsführung bei der Planung und Steuerung der zukünftigen Geschäftstätigkeit zu unterstützen. REZESSION (25.10.2006) Die volkswirtschaftliche Lage eines Landes wie der Bundesrepublik Deutschland wird mit dem Begriff Konjunktur umschrieben. Die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wird hierbei als Indikator für die Beurteilung herangezogen. Der zeitliche Verlauf der Konjunktur ist dabei ständigen Schwankungen unterworfen. Diese werden zumeist in vier Phasen unterschieden: Aufschwung, Boom, Rezession und schließlich Depression. Man spricht von einem sogenannten Konjunkturzyklus. Die Rezession, auch Abschwung genannt, beschreibt eine volkswirtschaftliche Gesamtentwicklung, in der kein oder sogar rückläufiges Wirtschaftswachstum zu verzeichnen ist. Hierbei ist zu beachten, dass nicht der direkt vor- angegangene Zeitraum als Vergleich dient, sondern der gleiche Zeitraum vor einem Jahr. Sinkende Einkommen und steigende Arbeitslosenquoten zeigen dabei oft am deutlichsten, dass sich eine Volkswirtschaft in einer Rezession befindet. Obwohl der Begriff Zyklus dieses suggeriert, sind wirtschaftliche Schwankungen jedoch keineswegs regelmäßig oder immer vorhersehbar. 37 SOZIALE MARKTWIRTSCHAFT (12.3.2004) In der Bundesrepublik Deutschland findet man eine besondere Ausprägung einer marktwirtschaftlichen Ordnung: die Soziale Marktwirtschaft. Im Wesentlichen vom späteren Staatssekretär Alfred Müller-Armack in der Nachkriegszeit entwickelt und von Ludwig Erhard im Rahmen der Währungsreform 1948 implementiert, stellt dieses Wirtschaftsordnungsmodell den Versuch dar, „das Prinzip der Freiheit auf dem Markte mit dem des sozialen Ausgleichs zu verbinden“ (Müller-Armack). Die Gründerväter ließen jedoch keinen Zweifel daran, dass staatliche Eingriffe stets den Prinzipien der Marktkonformität und der Sicherung des Wettbewerbs zu folgen hätten. Soziale Sicherung 38 sollte nur dort zur Anwendung kommen, wo der Markt selbst nicht mehr in der Lage ist, alle sozialen Probleme zu lösen (Sozialpolitik mit und nicht gegen den Markt!). Dieser Gedanke ging jedoch im Laufe der Jahre zunehmend verloren: Immer mehr Leistungen kamen hinzu und der Grundsicherung folgte mehr und mehr eine Rundumsicherung der Bürgerinnen und Bürger. In Zeiten des kontinuierlichen Wirtschaftswachstums ist dies kaum ein Problem. Spätestens seit den Neunzigerjahren zeigen sich jedoch die damit verbundenen Probleme (z. B. im Arbeitsmarkt, in den sozialen Sicherungssystemen) und die Notwen- digkeit von Reformen im Sinne des ursprünglichen Gedankens. STAATSANLEIHEN (10.8.2010) Wie der Begriff schon vermuten lässt, dienen Staatsanleihen dem Staat dazu, sich Geld zu leihen. Dieses Geld kann z. B. verwendet werden, um (wie jüngst in Deutschland geschehen) Konjunkturpakete zu finanzieren, die die Wirtschaft ankurbeln sollen, oder (wie in Griechenland) die Staatskasse wieder aufzufüllen und so den drohenden Bankrott abzuwenden. Um sich Geld zu leihen, kann der Staat einen Kredit bei einer Bank (z. B. der Europäischen Zentralbank) aufnehmen oder sich auch Geld bei privaten Anlegern leihen. Letzteres geschieht durch die Ausgabe (emittieren) von Staatsanleihen, indem der Staat (als Emittent) diese Wertpapiere an der Börse zum Kauf anbietet. Staatsanleihen sind festverzinsliche Wertpapiere, d. h. der beim Kauf festgeschriebene Zinssatz wird während der gesamten Laufzeit (i. d. R. 10 Jahre) gezahlt und schwankt nicht. Durch diesen stetigen Wertzuwachs gelten sie als risikoarme Wertanlage. Die Zinsen, die der Staat auf die Staatsanleihen zahlt, sind dabei abhängig von seiner Kreditwürdigkeit, d. h. je geringer das Vertrauen der Anleger, dass die festgeschriebene Rückzahlung samt Zinsen auch tatsächlich erfolgt, desto höher die Zinsen. So zahlt Griechenland aktuell weitaus höhere Zinsen (Mai 2010: über 10%) auf seine Staatsanleihen als Deutschland (unter 3%). Waren Staatsanleihen bisher vor allem als gebräuchliche Form der Staats- finanzierung bekannt (der Bund legt regelmäßig Staatsanleihen auf), sind sie jetzt vor allem im Zusammenhang mit dem hochverschuldeten Griechenland in den Blickpunkt gerückt. So kaufte die Europäische Zentralbank (EZB) Staatsanleihen vom finanziell geschwächten Griechenland mit dem Ziel, das Vertrauen der Anleger auch in andere kriselnde Länder zu stärken und so die Kapitalmärkte zu stabilisieren. Umstritten ist diese Maßnahme, da die EZB auf diesem Weg de facto die Schulden dieser Länder finanziert und durch das nun zusätzlich zur Verfügung gestellte Geld die Preisstabilität, deren Hüterin die EZB eigentlich ist, gefährdet. 39 UNTERNEHMENSKULTUR (31.5.2006) Der „Kultur“-Begriff wird in unserem Sprachgebrauch vielfältig verwendet, beschreibt aber immer Ähnliches: ein Gefüge von Artefakten, Normen, Bräuchen, Werten und Einstellungen. Die Kultur eines Unternehmens beschreibt die von den Mitgliedern gemeinsam getragenen Grundüberzeugungen, Traditionen und Routinen, die das Typische und Einmalige des Unternehmens ausmachen. Meist ist die Unternehmenskultur stark von der Geschichte des Unternehmens geprägt. Eine wichtige Rolle kommt Symbolen und bestimmten Ritualen zu. So ist z. B. das jährlich überreichte Weihnachtsgeschenk an die Kunden ebenso Teil der Unternehmenskultur wie der „Mahlzeit“-Gruß zum Mittagessen oder die Tatsache, 40 dass der Chef immer in erster Reihe parkt. Häufig bilden sich „Sub-Kulturen“ innerhalb eines Unternehmens heraus. Versuche des Managements, die Unternehmenskultur aktiv zu beeinflussen, zielen vor allem darauf, Unternehmensziele, Mitarbeiterzufriedenheit und Kundenorientierung möglichst in Einklang zu bringen. Für internationale Konzerne ist es besonders wichtig, die Einflüsse der jeweiligen Landeskultur auf das Verhalten von Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden zu berücksichtigen. UNTERSCHIED VON UMSATZ UND GEWINN (30.12.2009) Meldungen wie „Gewinneinbruch trotz millionenschwerem Umsatz“ machen regelmäßig Schlagzeilen. Und die Verwechslung von Umsatz und Gewinn soll schon zu manchen hämischen Witzen geführt haben. Doch worin genau besteht der Unterschied zwischen Gewinn und Umsatz? Der Begriff Umsatz umfasst alles, was ein Unternehmen einnimmt. Er bezeichnet den Wert der Waren und Leistungen, die ein Unternehmen in einer bestimmten Periode verkauft und berechnet sich durch die Multiplikation der abgesetzten Menge mit dem Preis per Stückeinheit. Der Gewinn hingegen ist das, was nach dem Abzug sogenannter Aufwände (wie z. B. für Materialien, Löhne, Steuern und Miete) und Abschreibungen (das bedeutet die abnutzungsbedingte Wertminderung von Maschinen u. Ä.) als Ergebnis in Form eines Überschusses vom Umsatz übrig bleibt. Dementsprechend kann es sein, dass das Unternehmen zwar einen hohen Umsatz erzielt, die Abzüge jedoch so hoch sind, dass kaum Gewinn erwirtschaftet oder aber sogar Verlust gemacht wurde. Für marktwirtschaftliche Unternehmen sind fehlende Gewinne auf Dauer existenzgefährdend. Der Gewinn eines Unternehmens wird mit Hilfe einer Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ermittelt, die einen Teilbereich des Jahresabschlusses eines Unternehmens darstellt. Es werden dabei Erträge und Aufwendungen einander gegenübergestellt und die jeweilige Gesamtsumme ist direkt ersichtlich (Kontoform) bzw. das Ergebnis wird über mehrere Zwischenstufen errechnet (Staffelform). Die letztgenannte Aufstellungsart ist für große Firmen wie beispielsweise Aktiengesellschaften gesetzlich vorgeschrieben, weil etwa die für den Gewinn bzw. Verlust verantwortlichen Einflussfaktoren deutlicher ersichtlich sind und die Gesamtentwicklung besser nachvollziehbar wird. 41 VARIABLE VERGÜTUNG (19.5.2010) Die Ergänzung der festen Vergütung durch variable Zahlungen ist mittlerweile weit verbreitet. Die gängigsten Formen der variablen Vergütung sind neben Bonuszahlungen die Prämien, Akkordlöhne oder Provisionen. Während früher insbesondere bei Führungskräften ein variabler Einkommensanteil zu finden war und das feste Monatsgehalt dem Standard der übrigen Arbeitnehmer entsprach, so hat sich im Laufe der Zeit diese erfolgsabhängige Vergütung mehr und mehr auch in den mittleren und unteren Ebenen der Unternehmenshierarchie durchgesetzt. Unternehmen verfolgen mit dieser Art des Vergütungssystems das Ziel, Mitarbeiter besser zu motivieren, Leistungsanreize zu setzen und bei 42 Nichterreichen der gesteckten Zielvereinbarungen Kosteneinsparungen zu erwirken. Die grundlegende Problematik an dieser Vergütungsmethode zeigt sich jedoch im Bereich der Messbarkeit von Leistungen des Einzelnen, insbesondere bei stark teamabhängigen Ergebnissen. Mit der Einführung variabler Vergütungsmodelle ist der Lohnfindungsprozess insgesamt jedoch deutlich transparenter und nachvollziehbarer geworden. Die wohl umstrittenste Form der variablen Vergütung stellen die Bonuszahlungen, kurz Boni, dar. Sie sind im Zuge der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise stark in die Kritik geraten. Bankenmanagern wird vorgeworfen, dass sie zu hohe Risiken eingegangen sind, um kurzfristige Erfolge und daran gekoppelte horrende Bonuszahlungen zu erzielen. Die Regierungen der G-20Staaten sind daraufhin übereingekommen, Bonizahlungen zu begrenzen. In Deutschland soll gesetzlich durchgesetzt werden, dass ein großer Teil der variablen Vergütung erst nach mindestens drei Jahren ausgezahlt werden darf. Ein Teil der Vergütung soll dann nicht in bar, sondern in Form von Aktienbeteiligungen ausgeschüttet werden. Man geht davon aus, dass Bankenmanager dann in Zukunft riskante Geschäfte vermeiden, die kurzfristig Gewinn bringen, langfristig aber Verluste einfahren. VERTRAUEN IN DER WIRTSCHAFT (8.4.2009) Allerorten spricht man von der Finanzkrise und Wirtschaftskrise als einer Vertrauenskrise. Das irritiert zunächst, denn Vertrauen ist ein Merkmal, das uns vor allem aus Beziehungen zu Ehepartnern, Kindern oder Freunden bekannt ist. Hat Vertrauen in der Wirtschaft überhaupt etwas zu suchen? Ökonomen beantworten diese Frage mit ja. Sie betrachten Vertrauen als ein wichtiges „Schmiermittel“ unserer Wirtschaft. Wer vertraut, kann viele Kosten sparen, die die Recherche und Informationsbeschaffung sowie Kontrolle wirtschaftlicher Entscheidungen nun einmal mit sich bringen. Für uns, die Kunden, reduziert Vertrauen die Komplexität im wirtschaftlichen Alltag. Das gilt besonders bei Produkten und Dienstleistungen, die einen hohen Anteil von Vertrauenseigenschaften haben, z. B. Versicherungen, Kapitalanlagen, Verträge mit Bauunternehmern. Diese Leistungen bergen ein hohes Risiko, weil wir vor dem Kauf nicht in der Lage sind, ihre Qualität und sorgfältige Ausführung direkt zu prüfen. Soll heißen: Wir müssen uns darauf verlassen, dass der Anbieter fähig und bereit ist, die verhandelte Leistung auch zu erfüllen. Erfahrung macht die Sache einfacher. Wird eine Leistung zufriedenstellend ausgeführt, stärkt dies unser Vertrauen zusätzlich. In der Folge verlassen wir uns umso mehr darauf, dass der Anbieter auch zukünftig vertrauensvoll handeln wird. Aus Sicht des Anbieters ist dieser Zustand Gold wert. Vertrau- en wird zu einem Wettbewerbsvorteil, der länger hält als eine kurzfristige Rabattaktion. Langfristige Kundenbeziehungen sichern das Überleben einer Unternehmung. Derzeit hat man den Eindruck, in unserem Wirtschaftssystem vertraut niemand mehr dem anderen. Unternehmen sind vorsichtig bei Investitionen, Konsumenten zögern bei Geldanlagen, Banken leihen sich gegenseitig kein Geld. Mehr Informationen, mehr Transparenz und zugleich mehr Regelungen sollen uns die Unsicherheit nehmen. Vertrauen muss erst wieder wachsen. 43 WETTBEWERB (8.4.2004) Einfach ausgedrückt spricht man von Wettbewerb immer dann, wenn auf einem Markt wenigstens zwei Anbieter um die Gunst der Nachfrager konkurrieren. Die Anbieter von Gütern und Dienstleistungen müssen dabei versuchen, möglichst viele Nachfrager zum Abschluss eines Kaufvertrages zu bewegen. Zu diesem Zweck stehen verschiedene Möglichkeiten bereit: Gestaltung des Produktes/der Leistung, Qualitätssicherung, kontinuierliche Verbesserung der Leistung, Erweiterung der Angebotspalette, Preisgestaltung, Serviceangebote, Werbung etc. Am Ende entscheiden die Nachfrager über den Abschluss von Kaufverträgen über die Wettbewerbsfähigkeit der Anbieter. Der Wettbewerb sorgt also im Idealfall 44 für eine an den Bedürfnissen der Nachfrager orientierte Angebotsstruktur und Innovationen. Die Wettbewerbspolitik hat im Rahmen einer marktwirtschaftlichen Ordnung entsprechend die Aufgabe, soweit wie möglich Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen freien Wettbewerb in allen Bereichen ermöglichen. In diesem Zusammenhang spielt z. B. die Verhinderung von Kartellen und Monopolen eine wesentliche Rolle. Wettbewerb findet sich dabei nicht nur im klassischen Wirtschaftsgeschehen, sondern z. B. auch auf dem Arbeitsmarkt, im Sport oder in der politischen Auseinandersetzung der Parteien. WETTBEWERBSPOLITIK (11.10.2005) Der Wettbewerb ist „Motor“ der Marktwirtschaft. Sein Schutz gehört zum Fundament der Wirtschaftsordnung in Deutschland. Vielfach wird jedoch befürchtet, dass Unternehmenszusammenschlüsse und insbesondere multinationale Konzerne den Wettbewerb aushöhlen und auf ihren Märkten die Preise bestimmen können. Gesetzliche Grundlage staatlicher Wettbewerbspolitik in Deutschland ist das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) von 1957 – auch „Kartellgesetz“ genannt – mit späteren Änderungen. Wichtigste Inhalte dieses Gesetzes sind das Kartellverbot (für Preis-, Produktions-, Gebiets-, Kalkulationskartelle), die Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unterneh- men und seit 1973 die Fusionskontrolle (Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen). Die Wettbewerbspolitik verfolgt als Zielsetzungen, einen funktionsfähigen Wettbewerb zu erhalten, d. h. die Konsumenten vor Wettbewerbsbeschränkungen zu schützen, und unlautere Wettbewerbspraktiken zu verhindern, d. h. für einen fairen Wettbewerb zu sorgen. Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) soll Verbraucher davor schützen, dass ein Anbieter Vorteile gegenüber seinen Konkurrenten erreicht, die nicht auf seiner Leistung, sondern auf unfairen Wettbewerbspraktiken beruhen (z. B. irreführendes oder sittenwidriges Verhalten). Die weltweite Öffnung der Märkte hat die Wettbewerbspolitik zu einer internationalen Aufgabe gemacht. 45 WIRTSCHAFTSORDNUNG (6.3.2004) Man stelle sich vor: Es ist Fußball-Weltmeisterschaft und es gibt keine einheitlichen Spielregeln, die das Geschehen auf dem Platz regeln. Das Ergebnis ist klar: Bereits das Eröffnungsspiel würde im Chaos enden, eine Turnierdurchführung wäre undenkbar. Nur wenn sich alle darüber einig sind, wie man z. B. ein Foul definiert und wie ein reguläres Tor entsteht, kann ein sportlicher Wettbewerb stattfinden. Das Gleiche gilt für das Wirtschaftsgeschehen. Fehlen die Regeln und die Durchsetzungsmechanismen im Falle von Verstößen, herrscht Chaos und simple Wirtschaftshandlungen wie z. B. der Kauf von Obst auf einem Markt werden unmöglich – von komplizierten Verträgen ganz zu schweigen. Die Un46 sicherheiten wären riesengroß und am Ende würde sich das Recht des Stärkeren durchsetzen. Dies verhindert die Wirtschaftsordnung eines Landes, in der die wesentlichen Regeln für die Akteure einer Volkswirtschaft festgelegt werden. Ohne sie wäre die Koordination aller wirtschaftlichen Akteure und der unzähligen wirtschaftlichen Transaktionen, die Tag für Tag stattfinden, nicht möglich. Die Ausgestaltung der Wirtschaftsordnung bestimmt im Wesentlichen, welche Sachgüter und Dienstleistungen wann, wo, wie, für wen produziert bzw. bereitgestellt werden. Dabei kann eine zentrale Koordination über staatliche Festlegungen, wie in der ehemaligen DDR, oder eine weitgehend über Märkte laufende Koordination, wie in der Bundesrepublik Deutschland, vorgesehen werden. ZENTRALVERWALTUNGSWIRTSCHAFT (16.3.2004) Im Gegensatz zu freien Marktwirtschaften zeichnen sich die sogenannten Plan- bzw. Zentralverwaltungswirtschaften, wie sie z. B. in der ehemaligen DDR und der Sowjetunion zu finden waren, u. a. durch die folgenden Merkmale aus: Es gilt das Prinzip des Kollektiv- bzw. Staatseigentums, die Freiheit, Verträge abzuschließen ist nur eingeschränkt oder nicht vorhanden. Das Wirtschaftsgeschehen folgt zentral festgelegten Plänen, sodass sich die Preise nicht auf Märkten bilden, sondern vom Staat festgelegt werden. Die Unternehmen gelten als Teilor- gane der Gesamtwirtschaft, ihre Betriebsmittel und Werkstoffe zählen zum Gemeineigentum und ihre Tätigkeiten dienen der Erfüllung staatlicher Planvorgaben. drückt sich u. a. in der weitgehend fehlenden Konkurrenzfähigkeit der Produkte auf dem Weltmarkt aus. In der Realität hat sich gezeigt, dass die planwirtschaftliche Organisation des Wirtschaftsgeschehens viele Probleme aufwirft. So ist es z. B. kaum möglich, die Bedürfnisse der Bevölkerung sicher über langfristige Pläne abzubilden. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass die starren Vorgaben der Planerfüllung keine Motivation bei Firmen und Mitarbeitern zur Entwicklung von Innovationen liefern, was sich insbesondere im internationalen Wettbewerb negativ äußert. Dies drückte und 47 DAS 1x1 DER WIRTSCHAFT Ein Gemeinschaftsprojekt von: Institut für Ökonomische Bildung gemeinnützige GmbH An-Institut der Carl von Ossietzky Universität Nordwest-Zeitung Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG Bismarckstraße 31 26122 Oldenburg Peterstraße 28-34 26122 Oldenburg Tel.: +49 441 361303-0 Fax: +49 441 361303-99 E-Mail: [email protected] Internet: www.ioeb.de Tel.: +49 441 9988 2000 Fax: +49 441 9988 2009 E-Mail: [email protected] Internet: www.NWZonline.de Die gesamte Stichwortsammlung finden Sie unter: www.ioeb.de und www.NWZonline.de/wirtschaftslexikon