Von der Migration zum Integrationsproblem Politik – Gesetze – Religion – Medien – Schule – Kosten Udo Leschner 1 Einleitung S. 1 2 Integrationsbeeinflussende Bereiche: Politik - Gesetz - Religion – Medien S. 2 2.1 Der Wandel in der Politik 2.2 Der Wandel im Gesetz - Ein Fallbeispiel (gekürzt) 2.3 Die Religion – Islam 2.4 Die Medienwirkung und: Wie gehen die Sendeanstalten damit um? S. 2 S. 4 S. 6 S. 7 3 Die Auseinandersetzung S. 9 3.1 Integrationsbereitschaft der Aufnahmegesellschaft beeinflusst durch Medien 3.2 Die Akzeptanz von Europäern 3.3 Gesetzlich bindende Integration 3.4 Inakzeptanz in der Aufnahmegesellschaft 3.5 Die Kosten der Integration 3.6 Die Meinung in der Aufnahmegesellschaft 3.7 Die Schule als Grundlage 3.8 Der Konflikt der Religionen 3.8 Ein positives und zugleich negatives Integrationsbeispiel 3.9 Die Migrantenbedingungen S. 9 S. 10 S. 12 S. 13 S. 14 S. 15 S. 20 S. 22 S. 23 S. 25 4 Fazit S. 26 5 Literatur und Quellenverzeichnis S. 31 0 1 Einleitung Segregation, Assimilation, „Ghetto“, Parallelgesellschaft und Trabantenstädte – diese Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen. Übergeordnet sind die aufgezählten Begriffe häufig in einem Zusammenhang mit den Themen u. a. Migration und Integration zu finden. Die Vielfalt der Vokabeln in einem Themenkomplex lässt schon allein vermuten, dass es eine intensive gesellschaftliche Diskussion gibt. Folgt man dieser Intention so kommt man schnell auf ein Integrationsproblem. Eine Bestätigung der Vermutung wird schon allein durch das Einsetzen einer unabhängigen Kommission „Zuwanderung“ durch den Bundesminister des Inneren, Herrn Otto Schily, am 12. September 2000 mit dem Abschlussbericht „Zuwanderung gestalten – Integration fördern“[1] gegeben. Die Kommission setzte sich interdisziplinär zusammen, so dass hier schon zu erkennen ist, wie komplex das Thema Integration bzw. Integrationsproblem ist. „Deutschland ist kein Einwanderungsland und kann es auf Grund seiner geographischen und historischen Gegebenheit auch nicht werden.“[2] Mit diesen Worten reagierte der bayrische Innenminister Günther Beckstein nach der Veröffentlichung des Berichtes. Ist diese Äußerung ein Indiz für ein politisch geschaffenes Integrationsproblem oder ist es die Negativberichterstattung? „Wenn Deutsch-Türken in den Medien sind, dann stehen oft Probleme im Mittelpunkt?“[3] Wie umfassend und zugleich sensibel dieses Thema ist lässt sich erahnen, vor allem wenn Religion und der damit vermittelte Werteinhalt mit in Betracht gezogen werden muss. Dies ist der Fall bei der größten Migrantengruppe in Deutschland. 26,1% der ausländischen Bevölkerung stellen die Türken. In der Arbeit werden diese in das Zentrum gerückt. Zunächst wird ein begrenzter Abriss über die Zuwanderung dieser Gruppe nach Deutschland gegeben. Im Mittelpunkt soll der Zuzug von Migranten aufgrund der Anwerbepolitik der Bundesrepublik Deutschland stehen. Ergänzend hierzu, die Gesetzesveränderungen mit ihren verbundenen Einschnitten für die betroffene Minorität. Im weiteren Verlauf werden verschiedene Theorien vorgestellt 1 und es wird ein Überblick gegeben, inwieweit diese umgesetzt bzw. bestätigt werden. Der abschließende Teil stellt eine Zusammenfassung dar und gibt einen Ausblick für den weiteren Integrationsverlauf. 2 Integrationsbeeinflussende Bereiche: Politik - Gesetz - Religion - Medien Die Gesetzeslage ist einem ständigen Wandel unterzogen und wird von dem Anwerbevertrag im Jahr 1961 bis zum heutigen Zeitpunkt punktiert beschrieben. Der Schwerpunkt liegt hier auf den Gesetzen, die einen direkten Zusammenhang mit dem Aufenthalt in der Bundesrepublik besitzen. Es wird Bezug genommen auf das Grundgesetz (GG), das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) und das Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Doch allein von einer Veränderung in der Gesetzgebung entwickelt sich kein Integrationsproblem. Daher ist eine größere Suche nach integrationshemmenden Faktoren notwendig. Hier spielt der Bereich der Medien eine besondere Rolle, denn hat dieser eine durchaus meinungsbildende Funktion. Welchen Schwerpunkt die Medien bilden, wird an einer Studie verdeutlicht. 2.1 Der Wandel in der Politik Der Anwerbevertrag, der den Weg nach Deutschland für türkischen Arbeiter regelte, wurde am 30. Oktober1961 unterzeichnet. Neben der Vereinbarung mit der Türkei existierten weitere. Hier zu nennen sind die Länder Italien (1955), Spanien und Griechenland (1960), Portugal (1964), Tunesien und Marokko (1965) sowie Jugoslawien (1968). Hintergrund dieser Anwerbevereinbarungen, war die Deckung des Arbeitskräftebedarfs der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs der Nachkriegszeit. Zusätzlich spannte die Schließung der innerdeutschen Grenze im Jahre 1961 die Lage an. In Folge der Vereinbarung wurde ein entsprechendes Musterungsverfahren eingeleitet, welches sich nach den Vorgaben der Arbeitgeber richtete.[4] Das Agreement sah eine Fluktuation der Arbeitnehmer nach einem Rotationsprinzip vor. Die Arbeiter sollten in der Rolle eines Gastes mit zeitlich begrenzten Aufenthalt kommen und nach einigen Jahren wieder in ihre Heimatländer zurückgehen. So kamen zwischen 1955 und 1973 circa 14 Millionen Ausländer in die Bundesrepublik, und etwa elf Millionen kehrten wieder zurück.[5] Doch hier zeigte sich schon der enorme Einfluss der Wirtschaft. 2 Sie befürworteten einen längeren Aufenthalt der Gastarbeiter aus wirtschaftlichen Gründen. Die Argumentation belief sich inhaltlich auf die Kosten der Einarbeitung, die sich nicht rentieren würden bei einem zu schnellen zurückführen des Arbeiters in sein Heimatland. Im Jahre 1973 erließ die Bundesregierung Deutschland einen Anwerbestopp. Die Ölkrise und drohende Arbeitslosigkeit forderte dies. Zugleich begann eine zweite Phase in der Ausländerpolitik. Sie wurde treffend beschrieben von Max Frisch: „Man hat Arbeitskräfte gerufen, und es kommen Menschen.“[6] Diese Phase, in den Jahren 1973-1980, war geprägt von einem Konsolidierungskurs mit einem Versuch der Integration und brachte im Jahr 1978 das Amt des Integrationsbeauftragten. Mit dieser Aufgabe wurde Heinz Kühn (SPD) vertraut und schrieb in seinem Memorandum: „Die unvermeidliche Anerkennung der faktischen Einwanderungssituation macht eine Abkehr von den Konzepten der Integration auf Zeit erforderlich. An ihre Stelle muss ein Maßnahmenbündel treten, das den Bleibewilligen die Chance zu einer vorbehaltlosen und dauerhaften Eingliederung eröffnet.“[7] Das genannte Maßnahmenbündel enthielt unter anderem ein optionales Recht auf Einbürgerung nach dem ius-soli-Prinzip (Territorialprinzip) bis hin zu einem Wahlrecht auf kommunaler Maßnahmenkatalog wurde Ebene durch für eine Ausländer. Dieser Neubesetzung der fortschrittliche Stelle des Ausländerbeauftragten durch Liselotte Funcke (FDP) im Jahr 1981 in den Hintergrund gedrängt. Die geprägte Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung und das zunehmende Problem der verstärkten asylsuchenden Flüchtlinge führte zu einer Neuausrichtung der Ausländerpolitik. "Die Bundesrepublik soll und will kein Einwanderungsland werden. Einigkeit(...)bestand auch darüber, dass der Zuzug und die Nachführung von Familienangehörigen unter Anwendung aller rechtlichen Mittel im Rahmen des Grundgesetzes gestoppt werden soll (...)."[8] 3 Die Worte des Bundeskanzlers Helmut Schmidt am 11. November 1981 beschreiben die beginnende Phase der Abwehr treffend. Der Wahlsieg der Rot-Grünen Parteien im Jahr 1998, und damit eingeleitete Regierungswechsel implizierte auch eine nächste Phase der Ausländerpolitik, die bis heute anhält.1 Es ist der Beginn einer Akzeptanz Deutschland als Einwanderungsland zusehen. 2.2 Der Wandel im Gesetz - Ein Fallbeispiel (gekürzt) Eines der ersten Gesetze zur Regelung von Fragen, die ausländische Personen betreffen, ist der Artikel 16 im Grundgesetz.2 In diesem heißt es: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“[9] „Damit ist das Asylrecht ein individuell einklagbarer Rechtsanspruch mit Verfassungsrang ausgestattet.“[10] Der Wandel in der Gesetzeslage und die Migrationhintergrund, verbundenen speziell die Auswirkungen türkischstämmigen auf Personen mit Einwanderer, soll exemplarisch am StAG vollzogen werden. Am 1. Januar 2000 trat eine Neufassung des StAG in Kraft, in der es heißt: „Ein Deutscher verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag (...) erfolgt (...).“[11] Die vor dem 1.1.2000 geltende Fassung ermöglichte eine Doppelstaatsbürgerschaft, so dass die Gruppe ihrer Herkunftsstaatsbürgerschaft ablegte und nach dem damaligen Recht eingebürgert wurde. Im Anschluss wurde wieder die Staatsbürgerschaft des Herkunftslandes beantragt. Die Entscheidung der zuständigen Behörde erfolgte erst nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes, was einen Verlust der Deutschen Staatsbürgerschaft implizierte. 1 Die Phasen erhielten keine Nummerierung, da eine Differenz in der Literatur festgestellt wurde. Vgl. Geißler, R.: Die Sozialstruktur Deutschlands, 3. Aufl., S. 286 ff. sowie Meier-Braun, K.-H.: Der lange Weg ins Einwanderungsland Deutschland. In: Zuwanderung und Integration, Heft 4, 2006. http://www.buergerimstaat.de/4_06/weg.htm. 2 Heute Artikel 16a Abs. 1 Grundgesetz 4 „Nach Schätzungen der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) sind ca. 50.000 türkischstämmige Deutsche vom Verlust ihrer deutschen Staatsbürgerschaft betroffen, (...).[12] Doch „die Deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden.“[13] Ist an dieser Stelle ein verfassungsrechtlicher Widerspruch zu finden? Die Antwort nach einer Klageprozedur durch die Verfassungsgerichte endete am 8. Dezember 2006 vor dem Bundesverfassungsgericht mit einer Abweisung der Verfassungsbeschwerde.3 Der Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft involviert auch den Verlust jeglicher Aufenthaltsgenehmigung für die Bundesrepublik Deutschland. Eine Abwendung der Illegalität besteht in der Antragstellung auf Aufenthaltserlaubnis nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG4. Ein Antrag auf Niederlassungserlaubnis nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG5 setzt einen Mindestaufenthalt als Deutscher von fünf Jahren voraus. Da in der Praxis sicherlich der Antrag auf Ausbürgerung aus der Türkei zum gleichen Zeitpunkt gestellt wurde wie der Wiedereinbürgerungsantrag ist davon auszugehen, dass § 38 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG keine Relevanz besitzt, da ein Wiedereinbürgerungsverfahren nicht die Zeit von fünf Jahren in Anspruch nehmen sollte. Ein weiterer Gesichtspunkt den es zu Prüfen gibt, ist ob eine betroffene Person entsprechend seinem Wunsch, überhaupt aus der türkischen Staatsbürgerschaft entlassen wurde oder nur eine Bescheinigung für deutsche Ämter ausgestellt wurde. Bei dieser Situation trifft § 25 StAG zu. Denn der Bürger hat diese Staatsbürgerschaft nicht auf seinen Antrag hin erworben. Wie die Gesetze die ethnischen Minderheiten beeinflussen ist unschwer zu erkennen. Doch gibt es in der jüngsten Rechtssprechung eine reziproke Beeinflussung. „Die Ausübung des Züchtigungsrechts begründet keine unzumutbare Härte gemäß Paragraph 15656 BGB“ [14] 3 zu den Gründen siehe Pressemitteilung Nr. 2/2007 vom 10. Januar 2007 zum Beschluss vom 8. Dezember 2006 – 2 BvR 1339/06 – http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg07-002.html 4 Einem ehemaligen Deutschen ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er bei Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit seit mindestens einem Jahr seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte. 5 Einem ehemaligen Deutschen ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er bei Verlust der Deutschen Staatsangehörigkeit seit mindestens fünf Jahren als Deutscher seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte. 6 § 1565 Scheitern der Ehe: 5 Diese Urteilssprechung beruhte auf die Integration des Korans in die deutsche Rechtssprechung und wurde in der Politik und auch in der Öffentlichkeit verurteil. Der Hintergrund für die Anwendung des Korans, in der Begründung der Richterin, war eine Folge der marokkanischen Herkunft der Antragstellerin. 2.3 Die Religion – Islam „In Deutschland leben 3,1 – 3,3 Millionen Muslime, die aus 40 verschiednen Nationen stammen.(...)Der Islam in Deutschland ist stark türkisch geprägt: Rund zwei Millionen Muslime sind Türken,(...).“[15] Dies macht in den Jahren 2003, 2004, 2005 3,9% der Gesamtbevölkerung in Deutschland aus.[16] Der Islam begründet sich auf die Niederschriften des Propheten Muhammad. Es soll die Letzte Offenbarung Gottes gewesen sein und somit unverfälscht im Koran niedergeschrieben. Mit seinen 114 Suren7 beschreibt er einen Lebensweg. So ist zu ahnen das eine Säkularisierung nicht möglich ist, da ein Konflikt zwischen dem Gesetz Gottes und weltlichem Gesetz zu erwarten ist. Der Islam begreift sich als die Übergeordnete Religion und es „(...)dient Hidjra/Migration der weltweiten Verbreitung des Islam, so schreibt die Doktrin es vor.“[17] Die Verbreitung in der christlichen Welt birgt ebenfalls Konfliktpotenzial, da der Islam hier auf die größte Religion der Welt trifft. Zusätzlich beanspruchen beide von sich, monotheistisch zu sein. In der Reihenfolge der 10 Gebote kommt an erster Stelle, ‚Du sollst keine anderen Götter haben neben mir’ und untermauert diese Stellung. Der weltbekannteste Konflikt sind die Attentate des 11. September 2001. Hierin könnte man einen Beginn eines Glaubenskrieges sehen, sofern man politische Interessen übergeht. Verstärkt durch die Anschläge, (1) 1Eine Ehe kann geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen. (2) Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. 7 Gleichbedeutend: Kapiteln 6 „(...)hat sich in vielen großen deutschen Medien eine Berichterstattungskultur etabliert, die die durchaus komplexe Lebensrealität von weltweit etwas 1,2 Mrd. Muslimen – der zweitgrößten Religionsgemeinschaft der Welt – in hohem Maße mit Gewalt in Verbindung bringt.“[18] Ein durch die Medien verzerrtes Bild könnte den „(...)wissenschaftlichen Zugang zum Thema Religion als bedeutender Aspekt von Gesellschaft und Kultur schwierig(...)“[19] gestalten. Das gesteigerte Interesse nach dem 11. September 2001 ist hier hilfreich, doch ist zu erwarten, das Forschung im Bereich von Glaubensgemeinschaften vom ‚Mantel der Verschwiegenheit’ behindert werden. Die nächsten Abbildungen verdeutlichen einen Wandel in der Zusammensetzung der Religionszugehörigkeit. 2.4 Die Medienwirkung und: Wie gehen die Sendeanstalten damit um? Die Wirkung der Medien ist eine nicht zu unterschätzende Macht. Diese Möglichkeit der Einflussnahme, sollte nicht den Charakter der Meinungsbildung besitzen und das Kriterium der Wirtschaftlichkeit und somit der Einschaltquote keine Relevanz in der Gestaltung des Programminhaltes haben. Die Theorie des Agenda-Setting besagt: „(...)the press is significantly more than a purveyor of information. It may not be successful much of the time in telling people what to think, but it is stunningly successful in telling its readers what to think about.”[20] Die im Jahr 1972 Thematisierungsfunktion. veröffentlichte Vor dem Chapel-Hill-Studie8 Hintergrund der bestätigte Möglichkeit die einer meinungsbildenden Funktion der Medien und der betriebene Aufwand zur Integration der türkischstämmigen Bevölkerung in die Bundesrepublik sollte ein 8 ist von McCombs / Shaw 7 sensibler Umgang erwartet werden. Nach einer Untersuchung öffentlich-rechtlicher Magazin- und Talksendungen stellte sich heraus, „(...)dass Terrorismus und Extremismus für deutsche Magazin- und Talksendungen sowie Dokumentationen/Reportagen das attraktivste und bedeutsamste Thema in der Auseinandersetzung mit dem Islam ist.“[21] Es wurde festgestellt, dass in dem Untersuchungszeitraum9, der Islam in 133 Sendungen thematisiert wurde. Der Anteil der Kategorie10 Terrorismus/Extremismus betrug 23,31% und Integrationsprobleme 15,79%. In der Zusammenfassung wurden 81% der Sendungen mit negativer Begleiterscheinung festgestellt. Unterstellt man den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten eine Vorbildfunktion für die Privatsender im Umgang mit der Themenbehandlung, stellt sich die Frage – In wie weit gibt es einen Zusammenhang in der Gefühlstendenz der Deutschen auf türkische Nachbarn? Abbildung 111 zeigt eine Verteilung der Antworten mit einer Tendenz in Richtung Wie angenehm oder unangenehm wäre Ihnen ein Türke als Nachbar? 32,8 35 30 25 20 in % 12,3 15 13,1 13,3 11,8 7,9 10 7,3 5 1,5 0 -3 (wäre mir sehr unangenehm) -1 +1 +3 (wäre mir sehr angenehm) Abbildung 1 9 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2006 weitere Kategorien waren: Internationale Konflikte (16,54%), religiöse Intoleranz (9,77%), Fundamentalismus/Islamisierung (7,52%), Frauen/Unterdrückung/Emanzipation (4,51%), Alltag/Soziales (8,27%), Kultur/Religion (10,53%) und Menschenrechte/Demokratie (3,76%) 11 Allbus 2006, S. 127 10 8 des Items ‚sehr unangenehm’. Auffallend ist, dass fast ein Drittel der Befragten eine neutrale Haltung einnahm und 1,5% keine Angabe machte. Eine spekulative Interpretation wäre, vor dem Hintergrund der genannten Untersuchung, das dies eine noch nicht beeinflusste Bevölkerungsgruppe ist. 3 Die Auseinandersetzung Das zuvor stehende Themenkomplexe. Kapitel Die beschreibt beschriebenen vier integrationsbeeinflussende Themenfelder sind nicht als Hauptschwerpunkte zu sehen, sondern sie zeigen, wie umfangreich das Thema Integration ist. An dieser Stelle ist auch zu erkennen, auf welche vielfältige Weise Integrationsprobleme entstehen können. Eine Erweiterung der Themenvielfalt für Integrationshemmnisse ist unter anderem der Punkt Sprache. Dieses Feld wurde in der AKI-Forschungsbilanz 412 bearbeitet und soll an dieser Stelle erfassend genannt werden. „Der Spracherwerb ist, unter Zusammenfassung entsprechender Hypothesen der Linguistik, der Sprachpsychologie, der Ökonomie und der Soziologie, theoretisch als eine, mehr oder weniger intentionale, Investition unter bestimmten sozialen Bedingungen aufzufassen, die allgemein von der Motivation, dem Zugang, der Effizienz und den Kosten dieser Investition abhängig ist.“[24] 3.1 Integrationsbereitschaft der Aufnahmegesellschaft beeinflusst durch Medien Im Gegensatz zum Spracherwerb kann der Immigrant keinen Einfluss auf die oben genannten Punkte Gesetz, Medien und Politik nehmen. Sie gehören zu den systemintegrierenden Faktoren und werden von der Majorität des Einwanderungslandes bestimmt. Der zu folgernde Konsens ist die Frage nach dem, wie hoch ist die Integrationsbereitschaft der Aufnahmegesellschaft hinsichtlich systemintegrativer und sozialintegrativer Faktoren? Die Beantwortung der Frage erweist sich als schwierig, denn die Kräfte beeinflussen sich gegenseitig. Wird der 12 Esser, H.: Migration, Sprache und Integration, AKI-Forschungsbilanz 4, Januar 2006 9 Punkt Gesetzgebung beleuchtet, so ist dieser durchaus abhängig von der Geschichte eines Landes.13 Die Gesetzgebung wird wiederum beeinflusst von der wirtschaftlichen Situation eines Landes.14 Eine vor die Gesetzgebung gelagerte Debatte – meistens in einer Wahlkampfperiode - bestimmt an dieser Stelle die nachfolgende Rückwirkung. Hierbei haben die Medien im Vorfeld eine sensibilisierende Funktion. Wie unter 2.4 beschrieben ist es keine Meinungsbildung, doch eine Erregung der Aufmerksamkeit für entsprechende Themen. Zuzug von Arbeitnehmern aus Nicht-EU-Staaten, Türken? keine Angabe 0% weiß nicht 1% uneingeschränkt 9% völlig unterbunden 25% begrenzt 65% Abbildung 2 Eine entsprechende häufige und einseitige Darstellung der Inhalte beeinflusst nachwirkend die Bevölkerung. So ist es nicht verwunderlich, das bei der Frage ‚Zuzug ausländischer Arbeitnehmer nach Deutschland’15 nur 9,2% einen uneingeschränkten Zuzug für Nicht-EU-Staaten (z.B. Türken) befürworteten. 3.2 Die Akzeptanz von Europäern 13 Artikel 16 GG: politisch Verfolgte – u. a. Hintergrund für die Aufnahme war die Verfolgung der Juden in der NS-Zeit 14 wirtschaftliche Situation steht exemplarisch – die gesetzgebenden Faktoren haben eine größere Vielfalt 15 Allbus 2006, S. 36 10 In Abbildung 2 ist zu sehen, dass 90% der Bevölkerung mindestens eine Begrenzung der Zuwanderung von türkischen Staatsangehörigen wünschen. Der Anteil, der die eine völlige Unterbindung des Zuzugs befürworten, liegt bei 25%. Vergleichend hierzu (Abbildung 3)16 befürworteten einen uneingeschränkten Zuzug für Arbeitnehmer aus der Europäischen Union 28,9%. Es lässt sich ein um 20%-Punkte höherer Akzeptanzwert für europäische Arbeitnehmer feststellen. Ein Hintergrund dieser höheren Befürwortung des Zuzuges lässt sich in der Religion finden. Da innerhalb der EU eine christliche Wertorientierung vorherrscht, ist hier keine zu große Differenz zu erwarten und führt daher zu einer höheren Akzeptanz. Weiterhin lässt es die Deutung eines verinnerlichten Europagedanken zu. Schlussfolgernd liegt der Wert für eine mindestens begrenzende Zuzugspolitik tiefer. Hier ist eine Differenz von 21% zu erkennen. Zuzug ausländischer Arbeitnehmer aus der EU weiß nicht 2% völlig unterbunden 11% uneingeschränkt 29% begrenzt 58% Abbildung 3 Ein interessanter Aspekt ist der Wert von 69% für mindestens begrenzenden Zuzug für ausländische Arbeitnehmer der EU. Hier besteht ein Konflikt mit dem Freizügigkeitsgesetz. Dies sichert jedem EU-Bürger, die freie Wahl des Arbeitsplatzes und der Niederlassung in der Europäischen Gemeinschaft zu. An 16 Allbus 2006, S. 35 11 dieser Stelle relativiert sich die Idee des verinnerlichten Europagedankens. Ein höherer Akzeptanzwert für EU-Bürger lässt sich interpretieren doch vor dem Hintergrund, dass eine überwiegende Mehrheit für eine Begrenzung der Arbeitsmigranten aus den EU-Ländern ist, macht eine Deutung möglich, die ein Integrationsdefizit für EU-Bürger implizieren kann. Dieser Gesichtspunkt eröffnet das Problem der Akzeptanzbereitschaft der Aufnahmegesellschaft für die zu integrierende Gruppe. 3.3 Gesetzlich bindende Integration Die Integrationsverordnung sieht einen Integrationskurs mit einem Umfang von 630 Stunden vor. Dieser besteht „(...)aus einem Sprachkurs zur Vermittlung ausreichender Sprachkenntnisse sowie einem Orientierungskurs zur Vermittlung von Wissen zur Rechtsordnung, Geschichte und Kultur in Deutschland.“[25] Mit dieser Verordnung kommt man der Meinung nach, „die in Deutschland lebenden Ausländer sollten ihren Lebensstil ein bisschen besser an den der Deutschen anpassen“ und es stimmten 44,3% dieser voll und ganz zu. Abbildung 417 verdeutlicht dies. Die hier zu findende Übereinstimmung zwischen Verordnung und Meinung in der Bevölkerung könnte einen positiven Einfluss auf die Aufnahmegesellschaft herbei führen. Doch ein anderer Paragraph kann durchaus integrativhemmend in der Migrantengruppe Wirkung zeigen. Im §9 Kostenbeitrag heißt es: „Für die Teilnahme am Integrationskurs haben Ausländer einen Kostenbeitrag in Höhe von 1 Euro pro Unterrichtsstunde an das Bundesamt zu leisten. Zur Zahlung ist nach § 43 Abs. 3 Satz 5 des Aufenthaltsgesetzes auch derjenige verpflichtet, der dem Ausländer zur Gewährung des Lebensunterhalts verpflichtet ist.“18 17 Allbus 2006, S. 49 §9 Kostenbeitrag – Integrationsverordnung, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 68, ausgegeben zu Bonn am 17. Dezember 2004 18 12 In der Summe sind dann 630€ zu zahlen, sofern ein Einstufungstest nicht den Einstieg in eine höhere Stufe herbei führt. Nach § 43 Abs. 3 Satz 5 AufenthG folgert sich, das für eine zu integrierende Familie schnell mehrere tausend Euro addieren. Eine weitere Folgerung wäre, dass der Immigrant den Kurs über die sozialen Sicherungssysteme finanziert bekommt, wenn er in diese integriert ist. Da diese dann für die ‚Gewährung des Lebensunterhalts verpflichtet sind’. 3.4 Inakzeptanz in der Aufnahmegesellschaft Wie gerade genannt eröffnet sich ein weiterer Bereich. Inwieweit ist eine Akzeptanz in der Bevölkerung für Minoritäten vorherrschend? Legt man für die Beantwortung der Frage die unter Punkt 2.4 genannte Analyse des ARD und ZDF als Grundstein, ist eine Förderung der Inakzeptanz zu erkennen. Hier sollte ein Umdenken stattfinden, um unterstützend in die Integrationsförderungen der Bundesregierung eingreifen zu können. Denn die zu beobachtende Kontraproduktivität und der enorme finanzielle Aufwand für die Integration, könnte in der Bevölkerung eine Steigerung der Inakzeptanz hervorrufen. % Die in Deutschland lebenden Ausländer sollten ihren Lebenstil ein bisschen besser an den der Deutschen 44,3 anpassen. 45 40 35 30 25 20 15,7 15 13,6 10 2,2 1,9 1 Stimme überhaupt nicht zu 2 10 5 7,7 4,2 0,3 9 Keine deutsche Staatsbürgerschaft 8 Keine Angabe 7 Stimme voll und ganz zu 6 5 4 3 0 Abbildung 4 13 3.5 Die Kosten der Integration Die Förderung der Integration hatte im Jahr 2005 ein Gesamtbudget in Höhe von 9,15 Milliarden €.19 Der Etat des Bundes war mit 254 Milliarden € dotiert.20 Dies entspricht einem Anteil von 3,6% des Bundeshaushaltes für Integrationsmaßnahmen. Die Wirkung dieser Maßnahmen helfen den zu Integrierenden ihren Umgang mit Sprache, Recht und Kultur Deutschlands zu verbessern doch ist die Integration in eine Majorität, die nicht aufnahmebereit ist, nicht möglich. In ihr wird es demzufolge immer zu einer Diskriminierung kommen. Daher ist es notwendig auch Sensibilisierungsmaßnahmen in der Aufnahmegesellschaft durchzuführen. Welche Relevanz diese Maßnahmen besitzen zeigt sich zum einen durch Abbildung 4 und setzt sich in Abbildung 5 und 6 fort.21 "das es in Deutschland zu viele Ausländer gibt" Familie % 40 35 30 25 20 15 10 5 0 34,1 24,3 21,9 5,3 0,8 Voll und Ganz zustimmen Eher zustimmen Eher Nicht zustimmen Weiß nicht Keine Angabe Abbildung 5 19 Kurt, Markus (MdB): http://www.markus-kurth.de/themen/arbeit/44356.html. Angabe http://www.bundesfinanzministerium.de/bundeshaushalt2006/html/vsp2i-e.html 21 Allbus 2006, S. 271 20 14 Familie einer Meinung oder different? Eigene Einschätzung % 70 64,4 60 50 40 30 22,8 20 5 10 0 im großen und ganzen einer Meinung Meinungen gehen auseinander Keine Angabe Abbildung 6 3.6 Die Meinung in der Aufnahmegesellschaft Die Abbildungen 5 und 6 stellen die Familienmeinung aus Sicht der Befragten dar. Die Abbildung 5 resultierte aus der Fragestellung: „(...) inwieweit Ihre Familienangehörigen wohl der Aussage zustimmen würden, „dass es in Deutschland zu viele Ausländer gibt“. Glauben Sie, dass Ihre Familienangehörigen dieser Aussage(...)“22 Es ist zu erkennen, dass fast 60% der Befragten, mit mindestens ‚eher zustimmen’, auf die Aussage antworteten. Im Anschluss wurde die Frage gestellt: „Und sind Ihre Familienangehörigen in diesem Punkt im großen und ganzen einer Meinung, oder würden Sie sagen, da gehen die Meinungen Ihrer Familienangehörigen auseinander?“ 22 Allbus 2006, S. 271 15 Das Ergebnis mit 64,4% zeigt zum einen die Einigkeit in der Familie und zum anderen bestätigt es die ablehnende Haltung gegenüber Ausländern. Bei der Addition der Werte über die Einschätzung der Familienangehörigen aus Abbildung 5, zeigt sich, das etwas mehr als 80% der Befragten ihre Familie beurteilen konnten. Nur ein Teil von 5,3% war nicht in der Lage, eine Einschätzung zu geben. Hierin zeigt sich ein erheblicher Diskussionsbedarf. Fortsetzen wurde das Empfinden im Sozialen Umfeld des Befragten nach seiner Sicht abgerufen. Hierbei stellten sich ähnliche Werte ein.(Vgl. Abbildung 7 und 8)23 "das es in Deutschland zu viele Ausländer gibt" Freunde % 40 35,9 35 30 25 22,7 21,4 20 15 10 4,7 6,5 5 1 0 Voll und Ganz zustimmen Eher zustimmen Eher Nicht zustimmen Überhaupt nicht zustimmen Weiß nicht Keine Angabe Abbildung 7 Die genannte Kontraproduktivität von Integrationsmaßnahmen und Medienberichterstattung könnte den Effekt hervorrufen, dass der finanzielle Aufwand weiter steigt. Zu den bis jetzt stattfindenden Maßnahmen der Integration in Sprachförderung und Lehre von Recht und Kultur könnte sich bald ein weiterer Investitionspunkt addieren. Es wäre eine Maßnahme der Akzeptanzverbreiterung in der Aufnahmegesellschaft. Für die Arbeit der Sensibilisierung könnten durchaus höhere Budgets nötig sein als dies jetzt für die Integration notwendig ist. Eine jahrelange Abwehrhaltung der Politik, einleitendes Zitat von Günther Beckstein, mit 23 Allbus 2006, S. 272 16 dem Inhalt, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei, ist ein zur Gewohnheit zählender Punkt und Gewohnheiten legt man nicht so schnell ab. Freunde einer Meinung oder different? Eigene Einschätzung 70 % 59,3 60 50 40 27,2 30 20 5,7 10 0 im großen und ganzen einer Meinung Meinungen gehen auseinander Keine Angabe Abbildung 8 Weiterhin ist eine Segregation der Ausländer über die Zeit entstanden, so dass es nur eine geringe Kommunikation zwischen der Minorität und Majorität gibt. Diese wird in Zukunft weiter abnehmen und somit einen ‚Staat im Staat’ generieren, sofern dies nicht jetzt schon so zu sehen ist. Eine vor allem kognitive Komponente ist die politische Inklusion der Migranten. Sie ist eine der drei Bestandteile24 für eine erfolgreiche Integration. Nach der Auswertung der Frage, ob in Deutschland lebende Ausländer ein Kommunalwahlrecht haben sollten, stellte man fest, dass der Anteil der gegen ein Wahlrecht ist mit 22,8% fast identisch dem der dies voll befürwortet.25 In den dazwischen liegenden Abstufungen von ‚überhaupt nicht’ bis ‚voll und ganz’ ergaben sich folgende Werte. 2: 9,3%, 3: 8,6%, 4: 13,1%, 5: 11,1% und 6: 9,7%. Hier ist zu erkennen, dass eine leichte Tendenz der Befürwortung eines Wahlrechtes 24 die drei Bestandteile setzen sich zusammen aus: soziale Integration (z. B. Nachbarschaftsbeziehungen zu der Aufnahmegesellschaft), politische Integration (z. B. Wahlrecht) und materielle Integration (z. B. soziale Sicherungssysteme, Arbeit) 25 Allbus 2006, S. 95 17 für Ausländer in der Bevölkerung herrscht. Zwischen der Meinung der Bevölkerung und dem Grundgesetzt entsteht ein Konflikt, da dies nur ein Wahlrecht für Deutsche und EU-Ausländer billigt. Eine Zustimmung kommt auch von politischer Seite und zeigt zugleich welches Wählerpotenzial in dieser Gruppe derzeit zurückgehalten wird. „Wir hatten jetzt etwa 50.000 wahlberechtigte EU-Ausländer. Wenn alle Ausländer wählen dürften, hätten wir rund 140.000. Ich hätte gerne, dass diese 90.000 Frankfurter zusätzlich wählen dürften.“26 Der eben genannte Konflikt ergibt sich nicht nur aus einer Kombination von Paragraphen und Artikeln. Hier die nun genannt und im Zusammenhang dargestellt werden. Artikel 11 GG: „(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. (2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. Sie gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.“ Art 28 GG: „(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden 26 Petra Roth (CDU) [30] 18 muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.“ §12 Wahlgesetz: „(1) Wahlberechtigt sind alle Deutschen im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes, die am Wahltage 1. das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, 2. seit mindestens drei Monaten in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten, 3. nicht nach § 13 vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. (2) Wahlberechtigt sind bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch diejenigen Deutschen im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes, die am Wahltage... An diesem zweiten Beispiel zeigt sich eindrucksvoll neben dem Punkt 2.2, wie Komplex und in Sich verstrickt die Gesetzeslage ist. Weiterhin zeigt es in Artikel 28 GG, dass nur Bürger der EU ein Wahlrecht auf kommunaler Ebene besitzen. Im gleichen Zug impliziert es auch, dass die geforderte Einführung des Kommunalwahlrechtes für Nicht-EU-Bürger, von Petra Roth (CDU), keine schnelle Entscheidung sein kann. Und daher auch nicht als eine Sofortmaßnahme werden kann. Der Hintergrund liegt in der Verfassung, die eine Grundgesetzänderung nur zulässt, wenn im Bundestag sowie im Bundesrat eine zweidrittel Mehrheit zustande kommt. An dieser Stelle spaltet sich die Politikerin aus Frankfurt von der Parteimeinung ab. Demgemäss fehlt es an Stimmen für eine Änderung des Grundgesetzes. Ein anderer Gesichtspunkt für das einführen des Wahlrechtes ist ein psychischer. Es würde hierdurch ein Gefühl der Mitbestimmung und der Erwünschtheit einhergehen. Neben dieser Empfindung entsteht zugleich eine Gleichberechtigung, die eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf die Integration 19 hätte. Man sollte aus diesen Gründen eine Grundgesetzänderung in Erwägung ziehen, denn in einem Land, in dem man als Migrant wohnt und auch keine Rückkehr in sein Herkunftsland plan fühlt man sich Ausgeschlossen. Diese hätte unter Umständen eine Verlagerung der inneren Unzufriedenheit hin zu Aggression. Wenn dieser Zustand länger andauert ist auch eine Weitergabe auf die Folgegeneration zu erwarten, so dass diese eine aufgestaute Aggression explosionsartig auslebt. Hier sind die Krawalle in Paris zu nennen, wo dies zum Ausdruck kam. 3.7 Die Schule als Grundlage Eine Verständigung beider Gruppen und somit integrativ Akzente setzender Punkt, wäre ein gesetzgebendes Eingreifen in die Schulpolitik. Es müsste eine Maximalquote für Migranten in Schulklassen eingeführt werden. Diese schnell greifende und weniger kostenintensive Maßnahme bedarf leider eines langen Weges. In Deutschland ist Schulpolitik Sache der Länder. Als eine erste Voraussetzung wäre eine Debatte auf der Kultusministerkonferenz zu führen. Hierbei sind die getroffenen Einigungen nicht bindend und müssen erst in jeweiliges Landesrecht überführt werden, um zu einer einheitlichen Regelung zu kommen. Diese Lösung würde im Verlauf der Zeit eine Generation hervorbringen, die mit Migranten aufgewachsen ist und sie nicht als eine Gruppe, die die Sprache der Gewalt spricht, die nebenher existiert sehen. Welche Probleme unter anderem einhergehen mit der Konzentration von Migranten, beschreibt auszugsweise der Brief, der Lehrerschaft aus der RütliSchule in Neukölln/Berlin. „ (...) Der Gesamtanteil der Jugendlichen nichtdeutscher Herkunft beträgt 83,2 Prozent. (...) In unserer Schule gibt es keine/n Mitarbeiter/in aus anderen Kulturkreisen. Wir müssen feststellen, dass die Stimmung in einigen Klassen zurzeit geprägt ist von Aggressivität, Respektlosigkeit und Ignoranz uns Erwachsenen gegenüber. (…) Einige Kollegen/innen gehen nur noch mit dem Handy in bestimmte Klassen, damit sie über Funk Hilfe holen können. Wir sind ratlos. Welchen Sinn macht es, dass in einer Schule alle Schüler/innen gesammelt werden, die weder von den Eltern noch von der Wirtschaft Perspektiven aufgezeigt bekommen, um ihr Leben sinnvoll gestalten zu 20 können. (...) Perspektivisch muss die Hauptschule in dieser Zusammensetzung aufgelöst werden zu Gunsten einer neuen Schulform mit gänzlich neuer Zusammensetzung.“27 Dieses Schreiben thematisiert mehrere Problempunkte. Auf der Grundlage des Zitates sind hier drei zu nennen. Zum einen das dreigliedrige Schulsystem, welches schon lang diskutiert wird. Zum zweiten, der hohe Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund und weiterhin das Fehlen von Lehrkräften aus den Kulturkreisen der Migranten. Die beiden letzten Punkte sprechen Lösungswege aus der Integrationskrise an. Der Aspekt des großen Anteils von Einwandererkinder würde sich durch die bereits genannte Quotenregelung lösen lassen. Für das Festsetzen der Quote wäre eine Anteilregelung ähnlich dem Prinzip des Verteilungsschlüssels der Asylbewerber auf die Bundesländer zu empfehlen. Durch solch eine Regelung ist zu erwarten, dass ein Gefühl der Bedrohung sich reduziert, was von einer Konzentration eine Minorität einhergeht. Die Konzentrierung der Jugendlichen nichtdeutscher Herkunft auf eine Schule, ist nicht allein auf die erhöhten Anteile ausländischer Bevölkerung in einem Stadtteil zurückzuführen. Wird ein entsprechender Schwellenwert erreicht, so ist zu beobachten, dass ein Abzug von Deutschen stattfindet. „Im unmittelbaren Einzugsgebiet der Schule leben im Alter von 6 bis 18 Jahren jedoch nur Migrationshintergrund.“ ca. 40% Kinder und Jugendliche mit 28 Ein solcher Effekt wäre durch eine Quotenregelung reduziert - wenn nicht eliminiert. Der andere angesprochene Punkt ist das Fehlen von Personal aus den entsprechenden Kulturkreisen. Eine schnelle Generierung, von einer ausreichenden Anzahl an Pädagogen aus dem Kreis der Migranten ist sicherlich nicht zu erwarten. So ist an dieser Stelle eher an Weiterbildungsmaßnahmen der derzeitigen Lehrerschaft, bezüglich des Umganges mit jugendlichen Migranten, zu denken. Wie schwierig sich die Integration von Erzieher in das deutsche Bildungssystem erweisen kann, zeigte sich in der Kopftuchdebatte. Hierin wurde hauptsächlich die Trennung von Staat und 27 28 http://www.ruetli-oberschule.de/downloads/iie3.1schulsituation.pdf http://www.ruetli-oberschule.de/downloads/schulprogrammentwurf.pdf 21 Kirche diskutiert. Zugleich spiegelt sich in der Diskussion die Toleranzbereitschaft eines Einwanderungslandes wieder. Ein weiterer Punkt im Problemfeld Schule ist das Aufnahmeverfahrensprinzip. „Beim Eintritt in die Grundschule besteht für Migrantenkinder ein erhöhtes Risiko, in den Schulkindergarten zurückgestellt zu werden.“[27] Hier ist der Ausgangspunkt für eine fortlaufende Diskriminierung in der Schullaufbahn gelegt. Die Zurückstellung impliziert, dass das Migrantenkind bei der späteren Einschulung älter ist als seine Schulkameraden. So ist eine weitere Diskriminierung im weiteren Schulverlauf zu erwarten.29 Durch die Praxis, der in dem Bericht dargestellten Verfahrensweisen, folgt eine Konzentration auf die Hauptschule der Ethnie. In Zusammenhang mit der Einstellungspraxis der Unternehmen wird eine Gruppe produziert die im Vergleich, von höherer Perspektivlosigkeit geprägt ist, als diejenige, die eine über dem Hauptschulabschluss hinaus gehende. Diese Praxis ist keine Willkür der Arbeitgeber, sondern eine Reaktion auf den globalisierten Arbeitsmarkt. In der deutschen Gesellschaft ist eine Reduzierung der Arbeitsplätze für ungelernte Arbeitnehmer zu beobachten. Zusätzlich ist durch den enormen technischen Fortschritt ein höheres Bildungsniveau notwendig. Im Datenreport 2006 wird unter anderem eine Abhängigkeit zwischen sozialer Herkunft und Beruf der Folgegeneration festgestellt.[28] Es ist daher zu erwarten, das es zukünftig in dieser ethnischen Gruppe einen höheren Anteil an Arbeitnehmern im Niedriglohnsektor geben wird, welcher häufiger von temporärer Arbeitslosigkeit betroffen ist. Ein weitere Verknüpfung wird in der Vorschulbildung mit dem folgendem Schulabschluss entdeckt. Hier stellte sich heraus, das es vorteilhaft ist eine Vorschule besucht zu haben. Zusätzlich würde sich dieser Besuch positiv auf die Einschulung auswirken.30 3.8 Der Konflikt der Religionen Die Anpassung im Bereich Lebensstil, wie es in Abbildung 4 genannt wird dürfte sich im Gegensatz nicht so problematisch erweisen als der Bereich Religion. Wie im 29 30 Vgl. [27] Vgl. [27] 22 Punkt 2.3 beschrieben handelt es sich um zwei monotheistische Religionen. Beide beanspruchen die einzig Wahre zu sein. Welche Auswirkungen die mit sich brachte ist an vielen Beispielen in der Geschichte zu sehen. Doch auch in der jüngsten Vergangenheit trafen beide Religionen gewaltsam aufeinander. Hier sind unter anderem beispielhaft zu nennen, der Anschlag auf das World Trade Center, die Anschläge in Madrid und London. Durch dieses extremes Auftreten in der Öffentlichkeit, hat sich der Islam in ein negatives Bild gerückt. Eine Korrektur des Bildes dürfte in naher Zukunft nicht möglich sein, da das Negativbild des Islams bei jeder Reise in Erinnerung gerufen wird. Die hohe Aufmerksamkeit auf Koffer und Flüssigkeiten und die damit verbundenen Einschränkungen werden noch für lange Zeit das Bild des Terrors präsent halten. Für das ständig negative Bild sorgen an dieser Stelle auch die Medien.(siehe Punkt 2.4) Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass jeder Terrorverdacht und jeder vergessene Koffer sofort eine ‚Spezialsendung’ in den Medien ans Tageslicht fördert. Der Inhalt der Berichte und Dokumentationen ist dann meist negativen Inhaltes beziehungsweise beleuchtet den Islam nur von dieser. Hier entscheidet die Wirtschaftlichkeit über den thematischen Inhalt. Eine Beleuchtung des Islams fehlt fast gänzlich. Es wäre aus integrativen Punkten erforderlich eine Neuorientierung in der Berichterstattung herbeizuführen. 3.8 Ein positives und zugleich negatives Integrationsbeispiel Ein noch nicht diskutierter Punkt ist die integrative Wirkung des Geldes. In einer ‚Gesellschaft voller Heuschrecken’, orientiert auf Gewinn dürfte sich ein positives Integrationsergebnis herbeiführen lassen? Einen Ort im Aufnahmeland, wo die Sprache der Migranten gesprochen wird. Ein Ort, wo man diskret und zuvorkommend wie die Majorität behandelt wird. Einen Ort, wo man Geschenke aus der Heimat bekommt. Einen Ort, wo man einen Tee statt einen Kaffee zum Gespräch serviert bekommt. Einen Ort, wo die Broschüren und Anträge zweisprachig sind. Jetzt stellt sich die Frage, gibt es diesen Ort? Ja, er existiert und heißt „‚Bankamiz’, was so viel heißt wie ‚Die Bank für uns’.“[26] An dieser Stelle zeigt sich die wirtschaftliche Orientierung unserer Gesellschaft. Die wirtschaftliche Ausrichtung spiegelt sich auch im Aufenthaltsgesetz wieder. Im §21 Selbstständige Tätigkeit AufenthG heißt es: 23 „(1) Einem Ausländer kann eine Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit erteilt werden, wenn 1. ein übergeordnetes wirtschaftliches Interesse oder ein besonderes regionales Bedürfnis besteht, 2. die Tätigkeit positive Auswirkungen auf die Wirtschaft erwarten lässt und 3. die Finanzierung der Umsetzung durch Eigenkapital oder durch eine Kreditzusage gesichert ist. Die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 1 und 2 sind in der Regel gegeben, wenn mindestens 1 Million Euro investiert und zehn Arbeitsplätze geschaffen werden.“ An den beiden Beispielen ist zu sehen, dass eine Wechselwirkung zwischen der Ressource Geld und Integration existiert. Das Modell ‚Bankamiz’ zeigt zugleich auch wie vergessen die zuvor diskutierten Punkte sind. Die wirtschaftliche Ausrichtung ist weiterhin im Aufenthaltsgesetz § 1 Zweck des Gesetzes; Anwendungsbereich zu finden. „(1) Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Förderung der Integration von Ausländern. Die Regelungen in anderen Gesetzen bleiben unberührt.“ Da wirtschaftliche Interessen nicht zwingen zu allen Migranten zu zählen sind, ist ein übergeordneter Wertebegriff zu finden. Auf solch einen Grundstein ist ein gemeinsames miteinander aufzubauen. 24 3.9 Die Migrantenbedingungen Bis zu diesem Punkt der Arbeit beschäftigte ich mich hauptsächlich mit beeinflussenden Faktoren, die die Aufnahmegesellschaft betreffen. Die einleitend in diesem Kapitel angeführte AKI-Forschungsbilanz soll nun ausführlicher vorgestellt werden, da sie sich mit den Migranten direkt beschäftigt. In ihr werden Zusammenhänge die eine Integration positiv sowie negativ beeinflussen erarbeitet. Der Spracherwerb ist als ein möglicher Grundbaustein für Integration zu sehen. Sieht man die Sprache als Ressource kann man sie als Kapital investieren und zu seinem Vorteil in den Bereichen soziale Kompetenz, Arbeit und Bildung nutzen. Der Spracherwerb kann somit sich auch positiv auf die materiellen Ressourcen auswirken. Der Spracherwerb ist wiederum von verschiedenen Faktoren abhängig. Hier spielt unter anderem das Einreisealter in die Aufnahmegesellschaft eine Rolle. Ist eine Person in ihrem Herkunftsland sozialisiert worden und hat ein bestimmtes Alter überschritten, so wirkt sich dies negativ auf den Spracherwerb im Aufnahmeland aus. Im Umkehrschluss bedeutet dies, je jünger eine zu integrierende Person ist, desto leichter gestaltet sich der Spracherwerb. Ein weiterer Faktor ist die Ausbildungsstufe des Migranten. Hier ist eine Verbindung zu finden, die besagt, dass, je höher der Bildungsstand ist desto höher ist der Zweitspracherwerb. Der Punkt soziales Umfeld spielt eine weitere entscheidende Rolle. Hier kommt es darauf an, in welches Umfeld der Migrant im Aufnahmeland sich aufhält. Ist im ein Auskommen ohne den Spracherwerb des Landes möglich, so gestaltet sich das Lernen der Sprache schwieriger. Denn er kann auf ihm helfende Personen zurückgreifen, die die Landessprache beherrschen. Diese Situation tritt in der Regel bei einer abgespaltenen Gesellschaftsgruppe auf. Hat diese Gruppe intern eigene soziale Aufstiegsmöglichkeiten ist in der Regel zu erwarten, dass der Migrant die neue Landessprache nicht erwerben wird. Der Spracherwerb ist weiterhin von der Motivation abhängig. Besteht eine hohe Motivation, so ist in der Regel zu erwarten, das ein Spracherwerb stattfindet. Im Umkehrschluss, bei einer geringen Motivation kommt es zu keinem Spracherwerb. Ein nächster Zusammenhang findet sich in der Aktivierungsenergie. Dies ist komplementär zu einer großen Gruppe. Existiert keine Möglichkeit ohne den Spracherwerb auszukommen ist hier eine hohe Aktivierungsenergie und treibt den Migranten über den Schwellenwert und ‚zwingt’ ihn zum Spracherwerb. Die Abbildung 9 zeigt die Zusammenhänge der Integration in 25 die Aufnahmegesellschaft und die Integration in die ethnische Gruppe mit der dazugehörigen sprachlichen Kompetenz. Abbildung 9: Typen der individuellen Sozialintegration und der Sprachlichen Kompetenz31 Die im oberen Teil beschriebene beeinflussenden Faktoren, die die Aufnahmegesellschaft betreffen werden in Abbildung 10 hinsichtlich der Funktion der Sprache und ihre Auswirkungen auf Sozial- und Systemintegration dargestellt. Abbildung 10 32 4 Fazit Das Thema ‚Von der Migration zum Integrationsproblem’ ist zu einem Komplex zu zählen, dem ein Ursache-Wirkungs-Prinzip zu Grunde liegt. Es lässt sich sagen, das Migration ein Integrationsproblem hervorrufen kann, doch dies nicht gleichzeitig impliziert. Im hier betrachteten Fall Deutschland, ist von einem Integrationsproblem 31 32 [24] S.8 [24] S.13 26 auszugehen. Migration wird durch verschiedenste Ursachen hervorgerufen. Exemplarisch sollen politische Verfolgung und wirtschaftliche Engpässe im Herkunftsland stehen. Falls dies die Ursachen für Migration sind, ist es zu überlegen, ob ein Versuch die Verhältnisse im Herkunftsland zu ändern eine Maßnahme ist, ein Integrationsproblem im eigenen Land zu verhindern. Das aus einer Migration ein Integrationsproblem wird hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die alle miteinander korrelieren und nicht voneinander zu trennen sind. Der einzige Faktor, der in dieser Arbeit abgekoppelt werden kann, ist das Geld. Dieser beschrieb eindrucksvoll, welch starke integrative Wirkung er hat. Doch kann man den Punkt Geld nicht als die Lösung des Integrationsproblems sehen. Ein Integrationsproblem, so hat sich gezeigt, entsteht dann, wenn eine große Masse von Fremden in ein homogenes System eindringt. Ein nicht zu unterschätzender Punkt, der integrativ hemmend wirkt, ist der Angstzustand, wenn die eigene Existenz bedroht wird. Diese wird indirekt bedroht durch das Abgreifen von Sozialleistungen. Ob diese Angst begründet ist oder einem Mythos der Meinungsbildung der Medien zu Grunde liegt, müsste eine Analyse der entsprechenden Daten klären. Eine zusätzliche negative Wirkung auf Integration hat die kontinuierliche Erinnerung an negative Ereignisse mit der zu integrierenden Minorität. Zwei Sofortmaßnahmen sind auf Grundlage dieser Arbeit vorzuschlagen. Dies wäre zum einen, die Quotenregelung in den Schulen und zum anderen eine veränderte Berichterstattung in den Medien. Als einen der weiteren zu überlegenden Punkte, ist die Grundgesetzesänderung zu nennen, so dass für Nicht-EU-Bürger die Ausübung des kommunalen Wahlrechtes ermöglicht. Die drei erwähnten Punkte soziale, politische und materielle Integration sind nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht ausreichend erfüllt. Daher lässt es nur den Schluss zu, das ein Integrationsdefizit herrscht. Dies begründet sich in der Tatsache, das kein Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger existiert und somit keine politische Integration erfolgt ist. Weiterhin im Punkt soziale Integration mit seinem Unterpunkt Kontakt zur Nachbarschaft lässt sich sagen, dass 68,2% keinen persönlichen und in der näheren Verwandtschaft haben.33 Weiterhin haben 49,9% keinen Kontakt am Arbeitsplatz und 57,0% keine Verbindung im näheren Umfeld zu Ausländern haben.34 (vgl. Abbildung 11, 12, 13) 33 34 Allbus 2006, S. 53 Allbus 2006, S. 54 27 Kontakt zu Ausländern - eigene Familie - nähere Verwandtschaft % 80 70 60 50 40 30 20 10 0 68,2 24 7,7 0,1 Ja Nein Keine Angabe Keine deutsche Staatsbürgerschaft Abbildung 11 Kontakt zu Ausländern am Arbeitsplatz 60 % 49,9 50 40 38,3 30 20 10 4,1 7,7 0 Ja Nein Keine Angabe Keine deutsche Staatsbürgerschaft Abbildung 12 28 Kontakt zu Ausländern in der Nachbarschaft 57 35,1 7,7 Keine deutsche Staatsbürgersc haft Keine Angabe Nein 0,1 Ja 60 50 40 % 30 20 10 0 Abbildung 13 Zur materiellen Integration gestaltet sich die Analyse schwieriger. Eine Integration in Wohnungsmarkt und soziale Sicherungssysteme ist mit der Einreise sofort gegeben. Der Staat kommt bis zur Entscheidung eines Aufenthaltstatus für den Migranten auf. Hier ist keine Inklusion in den freien Wohnungsmarkt zu finden, aber beides wird gestellt. Eine Exklusion erfolgt im Erwerbsleben. Hier begründet sich der Ausschluss zum einen bei einem nicht geklärten Aufenthaltsstatus und zum anderem, schleichend durch das, im Vergleich, niedrigere Bildungsniveau. Dabei kann die Ressource Bildung nicht in materielle Integration gewandelt werden, da unter Umständen kein Bedarf an unqualifizierten Arbeitkräften besteht. Es ist Folgend von einem Integrationsproblem zu sprechen. So ist zu sagen, das ein übergeordneter gemeinsamer Wert gefunden werden muss, an den alle glauben. Oder eine Verfassung geschaffen werden, die von allen ethnischen Gruppen akzeptiert wird. Hierbei könnte der Europagedanke sehr hilfreich sein. „Die Besinnung auf die Lehre Ibn Khalduns erinnert uns (...) daran, dass es zu beachten gilt, dass erfolgreiche Integration nur in ein Wertesystem und nicht ins Leere erfolgen kann. Ohne dass eine Aufnahmegesellschaft eine eigene Wertorientierung und damit eine Identität bietet, muss der Fremde immer fremd bleiben.“35 35 Vgl. [29] 29 Schließen möchte ich die Arbeit mit einem Zitat von Berthold Brecht „Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustande wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustande kommen, auf leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, ein Pass niemals. – Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird“. 30 5 Literatur und Quellenverzeichnis [1] http://www.bmi.bund.de/nn_174266/Internet/Content/Broschueren/2001/Zuw anderung__gestalten__-__Integration__Id__48169__de.html, (Zugriff: 15.03.2007). [2] http://service.spiegel.de/digas/find?DID=27864511, (Zugriff: 15.03.2007). [3] http://fluter.de/look/article.tpl?IdLanguage=5&IdPublication=2&NrArticle=5 375&NrIssue =52&NrSection=11, (Zugriff: 15.03.2007). [4] vgl. 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[12] Deutschland: Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft droht. In: Migration und Bevölkerung, Netzwerk Migration in Europa e. V. (Hrsg), Ausgabe 2, März, S. 2, 2005. [13] Artikel 16 Absatz 1, Satz 1 des Grundgesetzes vom 28.08.2006. [14] Geyer, Ch.: Züchtigung in der Ehe – Frankfurter Fehlentscheidung, In: F.A.Z., Nr. 69, 22. März 2007, S. 35. http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~E B0F103A1112C458EBCF012A13B209796~ATpl~Ecommon~Scontent.html (Zugriff: 24.03.2007). [15] Kandel, J.: Was ist Islam? – Islam und Islamische Organisationen in Deutschland, 22. Dezember 2004, 31 http://www.bpb.de/themen/G1RPNN,0,0,Was_ist_Islam.html, (Zugriff: 14.03.2007). [16] Religionszugehörigkeit, Deutschland – Bevölkerung 1950, 1961, 1970, 1987, 1990, 2003, 2004, 2005, fowid(Hrsg.), http://www.fowid.de/fileadmin/datenarchiv/Religionszugehoerigkeit_Bevoelk erung__1950-2005.pdf, (Zugriff: 20.03.2007). 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