359 12.1 · Pädiatrisch-Kardiologische Diagnostik 12.1 Pädiatrisch-Kardiologische Diagnostik 12.1.2 Klinische Untersuchung Inspektion > Herz- und Kreislauferkrankungen im Kindesalter umfassen die große Gruppe der angeborenen Herzfehler, die erworbenen Herz-Kreislauferkrankungen, die Störungen des Herzrhythmus und die Herz-Kreislauferkrankungen, die als »Begleiterkrankung« bei anderen Erkrankungen auftreten. 6–8 von 1000 Neugeborenen werden mit einem angeborenen Herzfehler geboren! Durch die heutigen Möglichkeiten der interventionellen Kardiologie (Therapie mittels Kathetertechniken) hat sich die Kinderkardiologie in den letzten Jahren gewandelt. Diagnostik und Therapie in der Pädiatrischen Kardiologie sind dadurch schwierig, dass alle Befunde altersabhängig interpretiert werden müssen. Anamnese, Untersuchung, EKG etc. müssen immer in Bezug auf das Lebensalter interpretiert werden. Merke Für die Diagnostik von Herz-Kreislauferkrankungen steht eine Vielzahl von diagnostischen Methoden zur Verfügung. Aus Anamnese, Untersuchung, EKG und Echokardiographie kann fast immer eine akkurate Diagnose gestellt werden. Die diagnostischen Verfahren müssen unter Berücksichtigung des Lebensalters bewertet werden. 12.1.1 Die Inspektion erfasst Hinweise für ein übergeordnetes Syndrom (»Stigmata«), das mit Herzfehlern assoziiert sein kann. Eine kardiale Dystrophie weist auf eine längerdauernde Herzinsuffizienz hin, ein Herzbuckel auf eine länger bestehende Herzvergrößerung. Eine »zentrale« Zyanose (⊡ Abb. 12.1) (Beimischung von venösem zum arteriellen Blut durch einen Rechts-links-Shunt) zeigt sich in einer Blaufärbung der Lippen und der Zunge, der Fingernägel und Zehen, bei sehr langem Bestehen in Trommelschlegelfingern und Uhrglasnägeln. Oft besteht eine vermehrte Injektion der Konjunktivalgefäße vor allem bei gleichzeitig bestehender Polyglobulie. Eine zentrale Zyanose unterscheidet sich von einer »peripheren Zyanose« (durch eine vermehrte periphere Sauerstoffausschöpfung bedingt) dadurch, dass bei letzterer die Zunge rosig bleibt (⊡ Abb. 12.1). Eine obere Einflussstauung zeigt eine kräftig gefüllte V. jugularis externa, Lidödeme und eine kräftige Venenzeichnung der oberen Extremität. Zeichen der Herzinsuffizienz sind Tachypnoe und Dyspnoe (angestrengte Atmung mit Einziehungen und Nasenflügeln). Schließlich sollte auf ein aufgetriebenes Abdomen durch einen Aszites oder eine Hepatosplenomegalie als Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz bzw. Globalinsuffizienz geachtet werden. Auch Hauterscheinungen können wegweisend sein (z. B. Hautembolien bei Endokarditis). Anamnese Neben der Familienanamnese (erbliche Herzerkrankungen), der Schwangerschafts- und Geburtsanamnese, muss gezielt nach Zeichen einer Herzinsuffizienz gefragt werden. Im 1. Lebensjahr äußert sich eine Herzinsuffizienz in einer Trinkschwäche, vermehrtem Schwitzen, einer Gedeihstörung und einer beschleunigten und angestrengten Atmung (Einziehungen, Nasenflügeln). Nach dem 1. Lebensjahr zeigen sich vermehrtes Schwitzen, eine Gedeihstörung, und eine Infektanfälligkeit. Beim Kleinkind und Schulkind fällt oft ein Hang zu ruhigen Spielen und wenig Freude an körperlicher Belastung auf, später befindet sich das herzkranke Kind bei sportlichen Betätigungen im letzten Drittel seiner Altersgruppe. Nach einer Zyanose muss meist nicht gefragt werden, meist sind die Eltern sehr beunruhigt. Gezielt muss nach Anfällen von Herzrasen, Schwindel und einer Synkope (Bewusstseinsverlust), gefragt werden. Nicht selten wird eine kardiale Synkope zunächst als Krampfanfall gedeutet. Palpation Bei der Palpation wird präkordiales Schwirren erkannt. Von großem Wert ist die Palpation der Pulse. Der persistierende Ductus Botalli (Pulsus celer et altus) und die Aortenisthmusstenose (obere Extremitäten: kräftige Pulse; untere Extremitäten: abgeschwächte oder fehlende Pulse) können so leicht diagnostiziert werden. Eine Pulsdifferenz zwischen oberer und unterer Extremität sollte durch die Blutdruckmessung objektiviert werden. Die Palpation der Leber- und Milzgröße ist unverzichtbarer Bestandteil jeder kardiologischen Untersuchung. Hepato- oder Hepatosplenomegalie sind klinische Zeichen einer Herzinsuffizienz und dienen ihrer Verlaufbeobachtung. Der Herzspitzenstoß ist im Kindesalter wegen des variablen subkutanen Fettgewebes diagnostisch wenig aussagekräftig. 12 360 Kapitel 12 · Herz- und Kreislauferkrankungen Auskultation a Die Auskultation des Herzens ist eine der wichtigsten Methoden für die klinische Diagnose angeborener Herzfehler. Die Auskultation erfolgt immer im Liegen und im Sitzen, um die Lageabhängigkeit von Geräuschen zu prüfen. Das Stethoskop wird beidseits parasternal vom Jugulum bis zur Herzspitze hin (an mögliche Dextrokardie denken!) in kleinen Abständen aufgesetzt. Zusätzlich wird immer am Hals über den Carotiden und im Jugulum, am Rücken interscapulär links paravertebral und über den Mittelfeldern beider Lungen abgehorcht, um die Ausstrahlung eines Herzgeräusches beurteilen zu können. Beurteilt wird zunächst, ob die Herzaktion rhythmisch und normofrequent ist. Danach erfolgt die Beurteilung der Herztöne. Wichtig ist die atemvariable Spaltung des 2. Herztones zu erkennen, diese Spaltung nimmt mit der Inspiration zu (⊡ Abb. 12.2). Ein Verlust der atemvariablen Spaltung des 2. Herztones ist immer pathologisch und bedarf einer weitergehenden Abklärung. Nach der Beurteilung des 2. Herztones wird nach Zusatztönen, also einem 3. und 4. Herzton als Zeichen einer Myokardinsuffizienz und Clicks (Ejection Click, Mitralöffnungston, mittsystolischer Click bei Mitralprolaps) gesucht. b EKG normal akzidentell Mitralinsuffizienz 12 Aortenstenose Ventrikelseptum-Defekt ⊡ Abb. 12.1. Zentrale und periphere Zyanose. a Zentrale Zyanose: Zyanotische Lippen und Finger, Trommelschlegelfinger und Uhrglasnägel, injizierte Konjuktiven; die ebenfalls zynotische Zunge ist nicht sichtbar. b Periphere Zyanose: Gesundes Kind, bei dem nach langem Baden zyanotische Lippen auffallen, die Zunge bleibt jedoch rosa. Es besteht eine periphere Zyanose durch periphere Vasokonstriktion und vermehrte Sauerstoffausschöpfung in der peripheren Strombahn (Normalbefund) Pulmonalstenose Vorhofseptum-Defekt Ductus arteriosus apertus Pulmonalinsuffizienz Aorteninsuffizienz ⊡ Abb. 12.2. Typische Geräuschbefunde 361 12.1 · Pädiatrisch-Kardiologische Diagnostik Elektrokardiogramm (EKG) ⊡ Tabelle 12.1. Lautstärke von Herzgeräuschen Grad 1/6: Geräusch kann nur bei absoluter Stille gehört werden. Grad 2/6: Geräusch kann auch bei leisen Hintergrundgeräuschen gehört werden. Grad 3/6: Lautes Geräusch ohne präkordiales Schwirren. Grad 4/6: Lautes Geräusch mit präkordialem Schwirren. Grad 5/6: Stethoskop muss nur zum Teil aufgesetzt werden. Grad 6/6: Distanzgeräusch, kann ohne Aufsetzen des Stethoskops gehört werden. Danach werden systolische und diastolische Herzgeräusche, deren Punktum maximum und Ausstrahlung, Frequenz (hoch-, mittel-, niederfrequent) und Rauhigkeit (rauh/ scharf, mäßig rauh, weich) des Geräusches beurteilt. Die Lautstärke wird in 1/6-Graden angegeben (⊡ Tabelle 12.1). Schließlich muss die exakte zeitliche Einordnung des Geräusches und des Geräuschmaximums erfolgen (⊡ Abb. 12.2). Die Auskultation der Lunge erfasst z. B. feinblasige Rasselgeräusche als Stauungszeichen. Perkussion Die Perkussion ermöglicht die klinische Diagnose von Pleuraergüssen, Atelektasen und Infiltraten; zur Beurteilung der Herzgröße ist die Perkussion zu unzuverlässig. 12.1.3 Apparative Methoden Das EKG umfasst immer Standard- und Brustwandableitungen. Beurteilt werden der Rhythmus (rhythmisch,arrhythmisch) und die Frequenz der QRS-Komplexe (bradykard, normofrequent, tachykard). Jedem QRSKomplex sollte eine P-Welle vorangehen. Die Zeiten werden in Ableitung II gemessen (P-, PQ-, QRS-, QT-Dauer). Schließlich wird die QRS-Achse bestimmt, die sich mit dem Lebensalter ändert. Der Hauptvektor des QRS-Komplexes wird aus der Höhe der Amplituden in den einzelnen Extremitätenableitungen bestimmt. Eine abnorme Richtung des in den einzelnen Altersstufen unterschiedlichen Hauptvektors spricht für ein pathologisches Verhältnis von rechts- und linksseitigem Ventrikelmyokard (z. B.Tricuspidalatresie,( s. S. 380),Fehllage des Herzens oder abnormer intrakardialer Erregungsleitung (z. B. AV-Septumdefekt). Beim gesunden Herzen wandelt sich das EKG von der physiologischen Rechtshypertrophie des Neugeborenen zum Erwachsenen-EKG mit überwiegenden linksventrikulären Potentialen (⊡ Abb. 12.3). Bei der Beurteilung der Repolarisation, muss das Verhalten der TWelle in V1 angeführt werden: diese ist in den ersten 24 Stunden nach der Geburt positiv, wird dann negativ, um bei der Mehrzahl der Menschen um das 12. Lebensjahr herum wiederum positiv zu werden. Ein positives T in V1 ist nach dem 2. Lebenstag und vor der Pubertät pathologisch! Die Beurteilung der Repolarisation kann durch die Ableitung des EKG’s unter Belastung (Fahrrad-Ergometrie) verfeinert werden, dies setzt jedoch eine entsprechende Körpergröße voraus (ab dem 5. Lebensjahr). Zur Beurteilung von Rhythmusstörungen ist ein 24-StundenEKG (Holter-EKG) unverzichtbar, bei dem das EKG unter alltäglichen Belastungen kontinuierlich registriert wird. Einfache apparative Untersuchungen Bei allen Patienten mit Verdacht auf einen Herzfehler, besonders bei Neugeborenen, sollte eine transkutane Messung der Sauerstoffsättigung erfolgen. Eine Messung des Blutdruckes an rechter oberer und unterer Extremität (vorzugsweise oszillometrisch, Manschettenbreite = 2/3 Oberarmlänge) gehört zu jeder kinderkardiologischen Untersuchung. Bei Vorliegen eines Hypertonus bzw. grenzwertigen Blutdruckwerten sollte eine 24h-Blutdruckmessung erfolgen, um den zirkadianen Blutdruckverlauf und Blutdruckspitzen erfassen zu können. Zur Diagnose einer orthostatischen Dysregulation ( vgl. 12.9.2.) stellt die Messung von Herzfrequenz und Blutdruck im Liegen und nach plötzlichem Aufstehen (»Schellong-Test«) ein einfaches Verfahren dar. Echokardiographie Die Echokardiographie ist in den letzten 15 Jahren zum wichtigsten diagnostischen Instrument der Pädiatrischen Kardiologie geworden. Sie erlaubt die zweidimensionale Darstellung von Anatomie und Funktion des Herzens (⊡ Abb. 12.4), die Farbdoppler-Echokardiographie die Darstellung der Blutflüsse im Herzen. Funktionelle Details können mit der M-Mode Echokardiographie erfasst werden. Die Blutflussgeschwindigkeit wird mit dem gepulsten Doppler (PW-Doppler), bei dem in rascher Folge Ultraschallwellen gesendet und empfangen werden, und dem CW-Doppler ermittelt, bei dem kontinuierlich Ultraschallwellen ausgesendet werden. Auf diese Weise können Druckgradienten im Bereich von Herz und Gefä- 12 362 Abl. Kapitel 12 · Herz- und Kreislauferkrankungen Neugeborenes 1. Lebenstag Neugeborenes 3. Lebenstag Kleinkind Adoleszent I II III ⊡ Abb. 12.3. Das normale EKG beim Neugeborenen, Kleinkind, und Jugendlichen. V1 Beachte die Änderung der T-Welle nach dem ersten Lebenstag und den Rückgang der physiologischen rechtsventrikulären Hypertrophie V6 12 ßen nicht-invasiv bestimmt werden (Bernoulli-Gleichung DP = 4 Vmax2). Bei Kindern ist die Qualität der transthorakalen Echokardiographie fast immer ausreichend. Bei speziellen Fragestellungen und bei Jugendlichen erfolgt wegen der überlegenen Bildqualität ggf. eine transösophageale Echokardiographie. Echokardiographische Untersuchungen können schon intrauterin vorgenommen werden, so dass angeborene Herzfehler während der Schwangerschaft diagnostiziert werden können. Jedoch ist der Anteil der vom Geburtshelfer schon pränatal diagnostizierten angeborenen Herzfehler gering. ständen und Druckgradienten.Aus der Messung der Sauerstoffsättigung und des Drucks in den einzelnen Herzund Gefäßabschnitten (⊡ Abb 12.5) lassen sich nach dem Fick’schen Prinzip bei Kenntnis respektive Messung des Sauerstoffverbrauchs verschiedene Kreislaufgrößen bestimmen, so das Groß- und Kreislaufminutenvolumen, Links-Rechts und Rechts-Links-Shunts sowie der Widerstand des Körper- und Lungenkreislaufs. Eine besondere Disziplin der Herzkatheterdiagnostik stellt die elektrophysiologische Untersuchung (EPU) dar, die eine exakte Diagnose von Herzrhythmusstörungen und oft deren definitive Therapie durch Hochfrequenz-Ablation erlaubt. Herzkatheteruntersuchung Röntgen-Verfahren und Magnetresonanz-Tomographie Die Angiokardiographie erfolgt mittels Röntgenkontrastmittel und dient der selektiven Darstellung der verschiedenen Herz- und Gefäßabschnitte. Technische Verbesserungen haben das Untersuchungsrisiko auf ein Minimum reduziert. Die verwendeten Katheter haben nurmehr einen Durchmesser ab 1,3 mm (4 French). Man unterscheidet die Rechtsherzkatheterisierung nach perkutaner Punktion der V. femoralis (bei Neugeborenen auch nach Kathetereinlage über die Nabelvene) sowie die Linksherzkatheterisierung, die – wenn möglich – über das Foramen ovale (oder durch transseptale Punktion) oder aber nach Punktion der A. femoralis durch retrograde Sondierung der Aorta und des linken Ventrikels erfolgt. Nach arteriellen Zugang ist speziell bei Neugeborenen und Säuglingen auf eine einwandfreie pulsatile Durchblutung des betreffenden Beins zu achten, um Komplikationen durch einen Gefäßverschluss zu vermeiden. Die Bedeutung der diagnostischen Herzkatheteruntersuchung liegt in der Messung von Drucken, von absoluten und relativen Blutflüssen, von Gefäßwider- Während das Röntgenbild des Thorax noch vor wenigen Jahren unverzichtbarer Bestandteil der pädiatrisch-kardiologischen Diagnostik war, wird es heute nur noch für gezielte Fragestellungen angefordert. Aussagekräftigere Verfahren stellen das Computer-Tomogramm (CT) und das Spiral-CT dar, die jedoch mit einer nicht unerheblichen Strahlenbelastung verbunden sind. Mit der Magnetresonanz-Tomographie gelingt die Darstellung der Anatomie und zusätzlich die Erfassung von Blutflüssen. Im Vergleich zur Echokardiographie ist die Zeit für den Bildaufbau lang,so dass Bewegungsartefakte das Bild verzerren. Bei kleinen Kindern muss die Untersuchung deshalb in Narkose oder tiefer Sedierung vorgenommen werden. Labordiagnostik Neben den klassischen genetischen Methoden (Chromosomenanalysen) sind die modernen molekularbiologi- 363 12.1 · Pädiatrisch-Kardiologische Diagnostik a 110/70 96% 25/10 78% 6 96% 5 78% 110/0 96% b 25/0 78% ⊡ Abb. 12.5. Halbschematische Darstellung der Herzhöhlen und der großen Gefäße. Druckwerte in mm Hg, systolisch und diastolisch, bei den Vorhöfen Mitteldruck. Sauerstoffsättigung des Blutes in Prozent. Charakteristische Werte bei der Sondierung eines normalgebildeten kindlichen Herzens zum Vergleich für die folgenden pathologischen Werte bei angeborenen Herzfehlern c schen Methoden von zunehmender Bedeutung, weil für eine Vielzahl von Erkrankungen (Williams-BeurenSyndrom: Elastin Gen; Marfan-Syndrom: Fibrillin Gen; Myopathien–Kardiomyopathien, QT-Syndrom) deren molekulare Grundlage aufgeklärt ist. Bei zyanotischen Vitien müssen das Ausmaß einer Polyglobulie und Polyzythämie (Hämatokrit) und der oft assozierte Eisenmangel überwacht werden. Die Veränderungen des roten Blutbildes stellen einerseits einen Kompensationsmechanismus auf die vorhandene Hypoxämie dar, sind aber auch die Ursache thrombotischer sowie embolischer, speziell cerebraler Komplikationen. Zeichen einer Myokardschädigung sind ein Anstieg der CK und der myokardspezifischen CK-MB (sollte nicht höher als 10 % der CK sein). Bei erhöhter CK-MB muss eine soge⊡ Abb. 12.4. Die Echokardiographie ist zur wichtigsten diagnostischen Methode der Kinderkardiologie geworden. Die zweidimensionale Echokardiographie a erlaubt die Darstellung der Anatomie des Herzens (RV – rechter Ventrikel, LV – linker Ventrikel, PA – Pulmonalarterie); hier ist ein hypoplastischer linker Ventrikel bei hypoplastischem Linksherzsyndrom dargestellt. Mit der M-Mode Echokardiographie b wird die Bewegung des Herzens an einer Stelle erfasst, so können Funktion und Dimensionen erfasst werden. Mit der Doppler-Echokardiographie c wird die Flussgeschwindigkeit bestimmt, so dass Gradienten über Herzklappen gemessen werden können. Hier ein Normalbefund, die Flussgeschwindigkeit über die Pulmonalklappe beträgt 0,9 m/sec 12 364 Kapitel 12 · Herz- und Kreislauferkrankungen nannte Makro-CK als Normvariante ausgeschlossen werden. Hilfreich ist hier die Bestimmung des Troponins. Bei schwer herzinsuffizienten Patienten ist die rechtzeitige Erkennung eines Multiorganversagens von entscheidender Bedeutung für eine Intensivierung der Therapie bzw. die Implantation eines »assist device« (Kunstherzens) zur Überbrückung bis zur Herztransplantation. Ein Nierenversagen zeigt sich in einem Anstieg von Kreatinin und Harnstoff; ein Leberversagen im Anstieg der Transaminasen (GOT, GPT, yGT), einer gestörten Produktionsleistung der Leber (Abfall von CHE, Gerinnungsfaktoren, Albumin) und einer gestörten Exkretionsleistung der Leber (Anstieg des Bilirubins). 12.2 Kardiologische Therapie 12.2.1 Konservative Therapie Herzinsuffizienztherapie Digitalis führt zu einer Steigerung der Inotropie, meist werden Digoxin-Derivate verwendet, seltener Digitoxin (hepatische Elimination). Bei schwerer Herzinsuffizienz kann die Resorption von Digitalis (und anderen Medikamenten) gestört sein. Bei Überdosierung treten als Nebenwirkungen Übelkeit und Erbrechen, Gelbsehen und Rhythmusstörungen auf, sie werden durch eine Hypokaliämie verstärkt. Bei Digitalis-Intoxikation Gabe von Digitalis-Antidot (FAB; 80 mg binden 1 mg Digoxin/Digitoxin). pamin) und Phosphodiesterase-Hemmern (Enoximon) eine Herzinsuffizienz wirksam behandelt werden. Beeinflussung der Lungendurchblutung Die Lungendurchblutung ist bei vielen angeborenen Herzfehlern von zentraler Bedeutung und bei einigen Herzfehlern »ductus-abhängig« (z. B. Pulmonalatresie). Kommt es nach der Geburt zum Verschluss des Ductus Botalli sistiert die Lungendurchblutung. Mittels Prostaglandin E1-Infusion (Minprog®, 0,005–0,1 mg/kg/min) kann der Ductus Botalli pharmakologisch wieder eröffnet werden und so die Lungendurchblutung sichergestellt werden. Bei Frühgeborenen kann hingegen durch Prostaglandinsynthese-Hemmer (z.B. Indomethazin) ein Verschluss des Ductus Botalli herbeigeführt werden. Beim Neugeborenen ist der pulmonale Gefäßwiderstand erhöht und fällt erst in den ersten Lebenstagen bis -wochen ab. Durch die Gabe von Sauerstoff wird der pulmonale Gefäßwiderstand gesenkt, ebenso durch Prostazyklin-Infusion, eine Hyperventilation und durch Zusatz von Stickstoffmonoxid (NO) zum Beatmungsgas. Bei einigen Herzfehlern (z. B. Fallot’sche Tetralogie) kann durch die Gabe von b-Blockern (Dociton®, Tenormin®) die Lungendurchblutung dann verbessert werden, wenn eine muskuläre Kontraktion des rechtsventrikulären Infundibulums zu einer pulmonalen Minderperfusion führt ( »hypoxämischer Anfall« 12.4.1.). Diuretika bewirken eine Reduzierung der Salz- und Wasserretention und führen zu einer Senkung der Vor- 12 last. Meist wird Furosemid (Lasix®) in einer Dosierung von 0,1 mg/kg bis 1 mg/kg in 3 bis 6 Einzeldosen gegeben. Die Dosierung richtet sich nach dem Effekt (Körpergewicht kontrollieren!), kleinere Kinder benötigen bezogen auf das Körpergewicht höhere Dosen als ältere Kinder. Da Furosemid zu einem renalen Kaliumverlust führt, wird es mit Spironolacton (Aldactone®, 1–3 mg/kg) kombiniert. Bei einigen Herzfehlern ist die Gabe eines ACE-Inhibitors als Nachlastsenker indiziert, z. B. bei Aorten- und Mitralinsuffizienz sowie bei Kardiomyopathien. Schließlich stellen einfache supportive Maßnahmen wirksame Hilfen dar, wie eine milde Sedierung zur Senkung des Sauerstoffbedarfs, eine Schräglagerung (Kopf erhöht) zur Erleichterung der Atmung und ein Andicken der Nahrung bei Trinkschwäche und rezidivierendem Erbrechen. Bei höhergradiger Herzinsuffizienz kann durch die Gabe von Katecholaminen (Adrenalin, Dobutamin, Do- Endokarditisprophylaxe Bei angeborenen und erworbenen Herzfehlern ist das Endokarditisrisiko erhöht, deshalb wird eine Endokarditisprophylaxe durchgeführt: 30–60 min vor Eingriffen im Mund- und Rachenraum erhalten die Patienten 50 000 E/kg Penicillin G oral (max. 2 Mega) oder 15 mg/kg Clindamycin oral (max. 600 mg). Vor Eingriffen an Verdauungstrakt und Harnwegen 50 mg/kg Ampicillin intravenös (max. 2 g); vor Eingriffen an der Haut 50 mg/kg Flucloxacillin oral (max 2 g). Bei Penicillinallergie wird 15 mg/kg Clindamycin (max. 600 mg) oral verabreicht. Bei hohem Endokarditisrisiko sollte eine intravenöse Prophylaxe (unmittelbar vor dem Eingriff und 8 Std. danach) erfolgen. 365 12.2 · Kardiologische Therapie Arterielle Hypertonie Eine arterielle Hypertonie liegt vor, wenn der systolische und/oder der diastolische Blutdruck bei wiederholten Messungen über der 95. Perzentile liegt (⊡ Abb. 12.6). Eine milde Hypertonie liegt bei Werten von bis zu 10 mmHg über der 95. Perzentile, eine mittelschwere bis 30 mmHg, eine schwere bei Werten darüber vor. Bei ängstlichen Kindern ist der Blutdruck oft situativ erhöht, die 24-Stunden Langzeit-Blutdruckmessung in der gewohnten Umgebung schafft dann Klarheit. An der Regulation des Blutdrucks sind das Renin-Angiotensin-System, die natriuretischen Hormone sowie das zentrale und periphere sympathische und parasympathische Nervensystem beteiligt. Es muss zwischen einer primären (sog. essentiellen) und sekundären Hypertonie unterschieden werden. 0,75 % aller Kinder sind Hypertoniker, bei 80 % von ihnen lässt sich keine Ursache finden. Epidemiologische Untersuchungen und die bekannte Familienaggregation sprechen für eine polygenetische Ursache der primären Hypertonie, die häufig bei gleichzeitiger Adipositas vorliegt. Die häufigste Ursache für eine sekundäre Hypertonie sind Erkrankungen der Niere. Hierzu zählen vor allem die akute und chronische Glomerulonephritis (z. B. auch Purpura Schönlein-Henoch- Nephritis), chronische Niereninsuffizienz, Refluxnephropathie, polycystische Nierendegeneration und Nierenhypoplasie. Die häufigste kardiovaskuläre Ursache ist die nicht erkannte Aortenisthmusstenose, gefolgt von Nierenarterienstenosen. Zu den endokrinen Ursachen sind Hyperthyreose, katecholaminproduzierende Tumoren (Phäochromoctom, Neuroblastom) und Erkrankungen der Nebennierenrinde (Cushing-Syndrom, adrenogenitales Syndrom, Hyperaldosteronismus) zu zählen, auch eine zentrale Fehlsteuerung (Hirndruck, Hirntumor) kann eine Hypertonie verursachen. Je jünger der Patient und je schwerer der Hypertonus, desto wahrscheinlicher liegt eine sekundäre Hypertonie vor, die dann einer kausalen Behandlung zugeführt werden muss. In der Therapie des essentiellen Hypertonus ist eine Senkung des Kochsalzkonsums und ggf. eine Gewichtsreduktion anzuraten. Medikamentös ist als erster Schritt eine MonoTherapie mit b-Rezeptorenblockern (Atenolol, Metoprolol), einem AngiotensinConverting-Enzym (ACE)-Hemmer (z. B. Captopril) oder seltener Kalziumantagonisten (z. B. Nifedipin, Diltiazem) indiziert, in der 2. Behandlungsstufe sollte eines dieser Medikamente mit einem Diuretikum (Hydrochlorothiazid oder Furosemid) kombiniert werden oder alternativ ein ACE-Hemmer oder b- [ mmHg] 160 [ mmHg ] 160 Gelegenheitsblutdruck bei Jungen 140 systolisch 95.PC 90.PC systolisch Gelegenheitsblutdruck bei Mädchen 140 95.PC 90.PC 75.PC 75.PC 50.PC 120 100 50.PC 120 100 diastolisch diastolisch 95.PC 90.PC 75.PC 80 50.PC 60 40 95.PC 90.PC 75.PC 80 50.PC 60 40 100 120 140 Körpergröße [cm] 160 ⊡ Abb. 12.6. Gelegenheitsblutdruckwerte bei gesunden Kindern 180 100 120 140 Körpergröße [cm] 160 180 12 366 Kapitel 12 · Herz- und Kreislauferkrankungen Blocker mit einem Kalziumantagonisten. Bei TherapieResistenz kommt in einer 3. Stufe eine Dreierkombination von 2 Medikamenten der 1. Stufe und einem Diuretikum zur Anwendung. Beeinflussung der Blutgerinnung 12 Nach einer Vielzahl von Operationen und Interventionen ist eine passagere Beeinflussung der Blutgerinnung notwendig, bis es z.B. zur Endothelisierung eines Implantates gekommen ist. Nach der Implantation von künstlichen Herzklappen ist eine dauerhafte Antikoagulation notwendig. Heparin: Zur passageren Antikoagulation, intravenöse oder subcutane Applikation. Dosierung: 300– 500 E/kg/24 Std.; Kontrolle der Wirksamkeit: PTT > 45 sec. Azetylsalicylsäure (ASS, Aspirin Junior®): Thrombozytenaggregationshemmer, Dosierung: 2–3 mg/kg über einige Wochen bis Monate. Dicumarin-Derivate (Marcumar®): Dicumarin-Derivate wirken über eine Hemmung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren. Die Einstellung auf den therapeutischen Zielbereich ist durch häusliche Bestimmung der Prothrombinzeit, angegeben als INR-Wert (international normalized ratio) wesentlich einfacher geworden. Die Indikation liegt im wesentlichen bei Patienten mit Kunstklappen, das Blutungsrisiko ist leider im Kindesalter nicht unerheblich. Das Therapieziel liegt meist bei einem INR-Wert von 3,0–4,9. Vorsicht ist bei der Gabe von Barbituraten und butazolidinhaltigen Verbindungen wegen einer Verdrängung aus der Eiweißbindung gegeben, bei der Gabe von Antibiotika muss beachtet werden, dass diese die Darmflora hemmen. 12.2.2 Interventionelle Therapie Ballondilatation Mit Ballonkathetern (⊡ Abb. 12.7) können Gefäßstenosen (»Angioplastie«) und Klappenstenosen (»Valvuloplastie«) erweitert werden. Es kommt zum Einriss der stenosierten Klappe im Bereich der verwachsenen Kommissuren bzw. des stenosierten Gefäßes im Bereich von Endothel und Media bis zur umgebenden Adventitis. Risiken liegen in einer Klappeninsuffizienz nach Valvuloplastie und der Ausbildung eines Aneurysmas nach Angioplastie. Bei elastischen Stenosen kommt es nicht zum Wand- ⊡ Abb. 12.7. Ballondilatation einer Aortenstenose bei einem Frühgeborenen (1800 g): Der Ballonkatheter wurde über die Nabelvene eingeführt und über den rechten Vorhof, das offene Foramen ovale, den linken Vorhof, die Mitralklappe und den linken Ventrikel in die Aorta vorgeführt. In der Aortenklappe wurde der Ballonkatheter mit einem Druck von 8 atm inflatiert. Die komplizierte Katheterführung vermeidet einen arteriellen Gefäßverschluss, eine der wichtigsten Komplikationen bei diesem Eingriff einriss, das Gefäß kann sich nach dem Aufdehnen wieder zusammenziehen, so dass die Angioplastie ineffektiv bleibt. Stent-Implantation Bei ineffektiver Angioplastie stellt die Stent-Implantation eine therapeutische Alternative dar (Stent=Gefäßstütze). Hier wird ein aufdehnbares Drahtgeflecht auf einen Ballonkatheter montiert, mit dem Ballon aufgedehnt und in die Stenose implantiert. Alternativ gibt es »selbst-expanierende« Stents. Ein grundsätzliches Problem liegt im Wachstum des Kindes, weil der Stent nicht mitwächst. Die Implantation überdimensionierter Stents führt zu einer Intimaproliferation, deshalb sollten im Kindesalter nur Stents implantiert werden die später nachdilatiert werden können (⊡ Abb. 12.8). Selbstexpandierende Stents sind wegen ihres definierten Enddurchmessers im Kindesalter nur in Ausnahmefällen indiziert. Atrioseptostomie Die interventionelle Vergrößerung eines Defektes im Vorhofseptum wird als Atrioseptostomie bezeichnet und wurde 1965 erstmals von Rashkind durchgeführt, um bei http://www.springer.com/978-3-540-44365-0