---- Steckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtigkeit ---- Steckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtig BERLIN KANN SICH KOHLE NICHT MEHR LEISTEN Entwicklungspolitische Folgen der Energieversorgung D er Mensch verändert das Klima. Und während so manche/r in Deutsch-­ land noch auf längere Sommer hofft, sind die Auswirkungen des Klimawandels im globa-­ len Süden längst existenti-­ ell. Bereits 2009 wurden in Papua Neuguinea die ersten 40 Familien evakuiert, da ihre Inseln innerhalb der nächsten Jahre im stei-­ genden Meer versinken werden. Der im Septem-­ ber 2013 erschienene 5. Bericht des Intergovern-­ mental Panel on Climate Change (IPCC) belegt, dass der Klimawandel un-­ gebremst voranschreitet. Die Hauptursache für den Temperatur-­ anstieg: Menschliches Handeln. Den Preis für die Folgen der zunehmenden Treib-­ hausgaskonzentration zahlen die armen und ärmsten Teile der Bevölkerung. Gerade sie le-­ EHQKlXÀJLQNOLPDWLVFKEH-­ sonders sensiblen Regionen und entlang von gefährdeten Zonen wie Berghängen oder Flussläufen. Zudem sind sie abhängig von Ernteer-­ trägen und verfügen über NHLQHUOHLÀQDQ]LHOOH$EVL-­ cherung, um Zerstörun-­ gen durch Unwetterkatas-­ trophen, Ernteausfälle oder steigende Lebensmittelpreise aufzufangen. „Der Klimawandel bedroht das Menschenrecht auf Nahrung, Wasser und Land […] Ernten werden durch starke Regenfälle zerstört oder verdorren in unbe-­ kannter Trockenheit. Dies trifft besonders die, die schon jetzt am Rande der Gesellschaft stehen.“ 1DÀVD*RJD'·6RX]D Indian Network on Ethics and Climate Change ZU VIEL KOHLE IN DEUTSCHLAND UND BERLIN D och die Erkenntnisse der internationalen Kli-­ mawissenschaftlerInnen und ihr Aufruf zum sofortigen Handeln verhallen hierzulande unge-­ hört. Das selbsternannte Energiewendeland ist nach wie vor Weltmeister bei der Förderung der besonders klimaschädlichen Braunkohle. Und als wäre dies nicht schon unverantwortlich genug, wurde erst im Oktober 2013 die Erweiterung des Braunkohletagebaus Nochten in der Lausitz ge-­ nehmigt. Hier müssen voraussichtlich über 1.500 Menschen den Baggern weichen. Mit über 80 Prozent stammt der Löwenanteil der hiesigen Treibhausgasemissionen aus fossilen Energieträgern, insbesondere Braun-­ und Stein-­ kohle. Zwar werden die Erneuerbaren weiter aus-­ gebaut; doch sind 2012 auch die Treibhausgas-­ emissionen in Deutschland wieder gestiegen, nach 2009 schon zum zweiten Mal. Für 2013 ist keine Änderung in Sicht. Der Hauptgrund hierfür ist die Renaissance der Kohle, deren Anteile an der Strom-­ und Wärmeproduktion wieder wachsen. Dass die wahren Kosten der Kohle unberücksichtigt blei-­ ben, macht den Klimakiller zur billigen Energie-­ TXHOOH=XVlW]OLFKSURÀWLHUHQ.RKOHNUDIWZHUNHYRQ GHU PDVVLYHQ hEHUDXVVWDWWXQJ DQ =HUWLÀNDWHQ und dem dadurch seit Jahren darniederliegendem CO2-­Emissionshandel in der EU. Die kostenlose 9HUWHLOXQJ GHU =HUWLÀNDWH KDW 0LOOLDUGHQ LQ GLH Kassen der Kohlekonzerne gespült. Denn den Wert GHU =HUWLÀNDWH KDEHQ VLH VHOEVWYHUVWlQGOLFK GHQ VerbraucherInnen in Rechnung gestellt. eckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtigkeit ---- Steckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtigkeit - © Andreas Bohne Bobby Peek, Direktor von groundWork, Friends of the Earth South Africa im Interview am 4. Juli 2013, Neues Deutschland: Die Auswirkungen in Südafrika sind schwerwiegende Wasserverschmut-­ zung durch den Austritt sauren Grubenwassers, Luftverschmutzung und giftige Abfälle durch verbrannte Asche. Zudem klagen Arbeiter über Gesund-­ heitsprobleme. In den letzten Jahren gab es eine Vielzahl gewalttätiger Kon-­ frontationen zwischen Polizei und Arbeitern. […] Wir sollten uns endlich aus den Kohleabhängigkeiten befreien. Durch die Kohleimporte werden die Kos-­ ten für Klimaschäden externalisiert. In Deutschland wird seit 2003 wesentlich mehr Strom produziert als verbraucht. In 2012 erziel-­ te Deutschland mit 22,3 Mrd. Kilowattstunden ein Allzeithoch beim Stromexportüberschuss. Im ersten Halbjahr 2013 wurde nochmals rund 50% mehr als im Vergleichszeitraum 2012 exportiert. Auch die Steinkohleimporte und die Förderung der heimischen Braunkohle erreichten zuletzt Rekord-­ werte. Dieser klima-­ und entwicklungspolitisch brisante Trend spiegelt sich auch im Anstieg des Kohleverbrauchs in Berlin wider. Rund die Hälfte der Berliner Energie stammt aus dem Klimakiller Kohle – Tendenz steigend. 2010 wurden für die Stromerzeugung anteilig 48,5% Steinkohle und 8,5% Braunkohle eingesetzt. In der Fernwärmeerzeugung liegen diese Anteile mit 26% bei der Stein-­ und 18% bei der Braunkohle (Amt für Statistik Berlin-­Brandenburg). Den Strom-­ und Wärmemarkt für und in Berlin kontrolliert maßgeblich der schwedische Energiekonzern Vat-­ tenfall. Das Unternehmen betreibt ein Braunkohle-­ und drei Steinkohlekraftwerke in Berlin sowie vier monströse Braunkohlekraftwerke in der Lausitz. Während der Konzern in Schweden ein grünes ,PDJH SÁHJW IUHVVHQ VLFK IU 9DWWHQIDOO LQ %UDQ-­ denburg und Sachsen riesige Schaufelradbagger durch die Landschaft. Dadurch werden nicht nur ganze Dörfer und wertvolle Biotope vernichtet, sondern es wird auch massiv in den regionalen Wasserhaushalt eingegriffen. Langfristig könnte dies auch das Berliner Trinkwasser gefährden. Aller Kritik und Alternativen zum Trotz will der Konzern weitere vier Braunkohletagebaue er-­ schließen, um damit seine Kraftwerke über 2050 hinaus mit Kohle zu versorgen. Bei der importier-­ ten Steinkohle sind die Auswirkungen nicht weni-­ ger gravierend, doch sie ereignen sich in Ländern weit weit entfernt. Oscar Guariyu, Präsident von AACIWASUG, der Vereinigung der indige-­ nen Wayuu-­Räte aus dem Süden der Guajira, Auszug aus seiner Rede anlässlich der RWE Hauptversammlung 2013 über den Steinkohletage-­ bau von Cerrejón in Kolumbien: Wenn ich an meine Heimat denke, werde ich sehr traurig. Cerrejón hat seit seiner Ankunft heftige Spuren hinterlassen. Das Unternehmen hat sich auf XQVHUHP *UXQG XQG %RGHQ DXVJHEUHLWHW XQG ULHVLJH /DQGÁlFKHQ LQ %HVLW] genommen. Viele Wayuu-­Gemeinden sind praktisch umzingelt vom Bergbau. Wir haben nicht mehr genug Platz zum Leben und uns selbst zu versorgen. […] Die Menschen werden nicht nur von Cerrejón beraubt, sondern in meiner Gemeinde Provincial macht der Kohleabbau uns außerdem krank. Die tägli-­ chen Sprengungen in den nahegelegenen Tagebauen führen zu einer immen-­ sen Staubbelastung in Provincial und anderen Gemeinden. Die Luft riecht nach Schwefel, wenn die Staubwolken vorüber ziehen. Die Menschen bekla-­ gen Missbildungen bei Kindern, Erkrankungen der Atemwege, der Haut und GHU $XJHQ 6LH EHNODJHQ GDVV DXFK GLH 7LHUH KlXÀJHU HUNUDQNHQ XQG GLH 3ÁDQ]HQJHVFKlGLJWZHUGHQ 2 © Paul Corbit Brown 2013 ---- Steckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtigkeit ---- Steckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtig BITTER COAL: DIE FOLGEN DES STEINKOHLEABBAUS IN KOLUMBIEN UND SÜDAFRIKA „Die Entscheidungshoheit und Verfügungsrechte über die Inwertsetzung von Ressourcen, v.a. wenn diese mit den Lebensgrundlagen Wasser, Land und Nahrungsmitteln verknüpft sind, muss primär bei den lokalen Gemeinden und Regierungen liegen und diesen das Recht geben, bestimmte Bereiche vom Rohstoffabbau auszuschließen.“ Usha Ziegelmayer, AfricAvenir International e.V. G ut 80 Prozent der in Deutschland verstromten Steinkohle wird bereits heute importiert. Ab 2018, wenn die Subventionen für die heimische Steinkohle auslaufen, wird der Anteil auf 100 Prozent steigen. Momentan stammen die Importe größtenteils aus den USA, Kolumbien, Russland, Polen und Südafrika. In den Abbauländern ver-­ ursacht der Kohlebergbau gravierende Umwelt-­ probleme und Menschenrechtsverletzungen. Bei der Förderung werden u.a. ganze Bergkuppen weggesprengt, Flüsse umgeleitet und fruchtbares Ackerland vernichtet. Die großen Energiekonzerne Vattenfall, E.on, RWE, EnBW und STEAG impor-­ tieren Steinkohle auch aus den Ländern des glo-­ balen Südens. In Südafrika und Kolumbien werden bei der Kohleförderung vielfach Menschenrech-­ te verletzt. In Kolumbien steht der Bergbau-­ konzern Drummond, der Kohle auch nach Deutschland liefert, in dringendem Verdacht SDUDPLOLWlULVFKH(LQKHLWHQÀQDQ]LHOOXQWHU-­ stützt zu haben und in die Ermordung von drei Gewerkschaftern verwickelt zu sein. Bei den Bergbauaktivitäten wird das Recht der indigenen Bevölkerung auf vorherige, freie und informierte Zustimmung permanent verletzt, wie beispielsweise das UN-­Hochkommissariat für Menschenrechte in seinem Bericht von 2013 zu Kolumbien feststellte. Auch in Südafri-­ ka wird die unzureichende Partizipation bei Planungen zunehmend kritisiert. Jahr-­ zehntelanger Kohlebergbau förderte in beiden Ländern eher Korruption und Vetternwirtschaft als lokale Entwick-­ lung. Tausende Indigene sowie Kleinbauern und -­bäuerinnen verloren in Kolumbi-­ en ihre Lebensgrundlage. Dazu kommen hohe Feinstaubbelastungen in unmittelba-­ rer Umgebung der Tagebaue und entlang der Kohle-­Transportwege. In Südafrika sieht es ähnlich aus. Der hohe Wasserverbrauch für die Kohlegruben verschärft die ohnehin herr-­ schende Wasserknappheit. Durch den Austritt von sauren Grubenwasser (Acid Mine Drainage) wer-­ den angrenzende Gewässer mit Schwermetallen, Schwefelsäure und Sulfat verseucht. Schadstoff-­ einträge (Blei, Cadmium, Quecksilber, Arsen) ge-­ langen darüber auch in die Böden und führen so zu hohen gesundheitsschädlichen Belastungen in Lebensmitteln. Selbst ausgekohlte und verlassene Minen – in Südafrika mehr als 100 – kontaminie-­ ren noch über Jahrzehnte die Wasserressourcen. In manchen Fällen tun sich Löcher auf, in anderen schwelen unterirdische Brände weiter. Zu diesen direkten Belastungen durch die zuneh-­ mende Kohleförderung kommen noch die Auswirkungen des Klimawan-­ dels. Die US-­Raumfahrtbehörde NASA veröffentlichte im Mai 2013 eine Studie mit alarmierenden Ergebnissen. Demnach zieht bereits eine Klimaerwärmung von einem Grad Fahrenheit (0,556° C) Veränderungen der Niederschlagswahrscheinlich-­ keit nach sich. „Trockenen Re-­ gionen“ wie Südafrika droht eine weitere Verschärfung der bereits knappen Wasserressourcen, was die Nahrungsmittel-­ und Trink-­ wasserversorgung der Bevölke-­ rung weiter verschlechtern wür-­ de. Auch in Kolumbien werden Ausnahmen mehr und mehr zur 5HJHO 6LQWÁXWDUWLJH 5HJHQIlO-­ le und Hitzewellen häufen sich und sorgen beiderseits für mas-­ sive Ernteausfälle. Hochwasser und Schlammlawinen zerstö-­ ren ganze Dörfer und Felder; 2010/11 waren fast 4 Milli-­ onen Menschen von Über-­ schwemmungen betroffen. 3 eckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtigkeit ---- Steckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtigkeit UMDENKEN IN BERLIN EINLEITEN A uch Vattenfall bezieht Steinkohle aus Kolumbi-­ en und Südafrika. Zu den genauen Details über Bezugsquellen und Liefermengen hält sich der Konzern bedeckt. Dass auch Steinkohle aus dem Tagebau El Cerrejón in Kolumbien bezogen wurde, bestätigte Steffen Herrmann, Sprecher der Vatten-­ fall GmbH; doch: „Aus Wettbewerbsgründen kön-­ nen wir nicht veröffentlichen, aus welchen Abbau-­ gebieten die Kohle für bestimmte Kraftwerke stammt bzw. stammen wird.“ Solange Kohlekraftwerke lu-­ krativ sind, wird Vattenfall ungebrochen auf die Nutzung der klimaschädlichen Kohle setzen. Men-­ schenrechte sowie eine gerechte und nachhaltige Entwicklung in den Herkunftsländern der impor-­ tierten Kohle spielen keine Rolle. In Berlin verzö-­ gert der Konzern den versprochenen Neubau von Gas-­und-­Dampf-­Kombikraftwerken (GuD), statt-­ dessen soll u.a. der alte Braunkohlemeiler Klingen-­ berg länger laufen. Doch für ein simples „Weiter so“ fehlt die Zeit. Bei den internationalen Klimaverhandlungen haben sich die Staaten auf das 2°-­Ziel geeinigt. Das heißt, dass die globale Durchschnittstemperatur um nicht mehr als 2 Grad Celsius im Vergleich zur vorindus-­ triellen Zeit (um 1850) ansteigen sollte. Für viele In-­ selstaaten würde der ansteigende Meeresspiegel bei 2°-­Erwärmung bereits den kompletten Untergang bedeuten. Um die Auswirkungen des Klimawandels noch ansatzweise beherrschbar zu machen, gelten vielmehr 1,5 Grad als oberste Messlatte. Jedoch haben wir die Temperatur bereits um 0,8 Grad ge-­ steigert und damit weit mehr Schaden angerichtet, als vorher prognostiziert wurde. Afrikanische Dele-­ gierte sangen daher auf der Klimakonferenz in Ko-­ penhagen „One degree, one Africa“. Denn alles über einem Grad Erwärmung drohe zu einem „suicide pact“ für den gesamten afrikanischen Kontinent zu werden. Es geht bei der Bekämpfung des Klimawandels so-­ mit schon jetzt um Schadensbegrenzung, bei der jede zusätzlich ausgestoßene Tonne CO2 die Situ-­ ation verschärft. Deutschland und Berlin haben die Atmosphäre jahrzehntelang über die Maßen be-­ lastet. Der CO2-­Ausstoß lag laut der Internationa-­ len Energieagentur (IEA) 2012 in Deutschland bei 9,14 Tonnen pro Kopf. Der Vergleich mit anderen Ländern macht deutlich, dass sich Deutschland und Berlin die Kohleverstromung nicht mehr leis-­ ten können (siehe Abbildung). Unter dem Gesichts-­ punkt von Klimagerechtigkeit müssen sich die Pro-­Kopf-­Emissionen der Länder weltweit mittel-­ fristig angleichen – auf einem niedrigen Niveau von 4 1-­2 Jahrestonnen pro EinwohnerIn. Auf Grundlage ihrer historischen Verantwortung als Hauptverur-­ sacher des Klimawandels müssten die Industrielän-­ der den Ländern des globalen Südens zudem sowohl bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels als auch bei dem Aufbau und der Transformation post-­fossiler Energiesysteme unterstützen. Denn auch der gleichberechtigte Zugang zu Energie ist eine Frage der Gerechtigkeit. Zentral ist hierbei das demokratische Mitbestimmungsrecht der BürgerIn-­ nen in Süd und Nord über ihre Energieversorgung. Langfristiges Ziel sollte Energiesouveränität, orien-­ tiert an lokalen Bedürfnissen und Märkten, sowie die Förderung regionaler Entwicklung sein. Darüber hinaus muss es auch die Möglichkeit ge-­ ben geben, Energierohstoffe im Boden zu lassen. Der Umweltaktivist Bill McKibben macht an einer erschreckenden Zahl deutlich, warum das ent-­ scheidend sein wird: 2.795 Gigatonnen CO2. Das ist die Menge, die schätzungsweise in den bereits entdeckten Öl-­, Gas und Kohlevorkommen weltweit schlummert. Diese Menge, einmal freigesetzt, über-­ steigt bei weitem alles, was selbst die nicht son-­ derlich ambitionierten Klimaziele an Emissionen zulassen. Doch es gibt starke Interessen für die Ausbeutung dieser Vorkommen. „Diese Vorräte an fossiler Energie sind technisch noch unter der Erde. Aber ökonomisch sind sie VFKRQDQGHU2EHUÁlFKH²VLHVWHFNHQLQ$NWLHQNXU-­ sen, Unternehmen bieten sie als Kreditsicherheit, Staaten gründen ihre Haushalte auf die erwarte-­ WHQ3URÀWHGXUFKLKUH%RGHQVFKlW]H'LHVHUNOlUW warum sich die Energiekonzerne so massiv gegen staatliche Vorschriften in Sachen CO2-­Ausstoß ZHKUHQ²GLHVH5HVHUYHQVLQGLKUJU|WHV.DSLWDO ohne sie würden sie an Wert verlieren,“ so Bill Mc Kibben, Autor, Umweltaktivist und Mit-­ begründer von 350.org im Rolling Stone Magazine 2012 (deutsche Übersetzung aus dem Greenpeace Magazin 6.12). Wir können also nicht auf das Ende der Kohle hof-­ fen, sondern benötigen schnelle und konkrete Maß-­ nahmen. Insbesondere die gigantischen globalen Kohlereserven dürfen nur noch zu einem sehr ge-­ ringen Teil verfeuert werden. Das hat mittlerweile selbst die IEA erkannt, die sich bisher nicht als Kri-­ tikerin der fossilen Energien hervorgetan hat. Es darf kein Recht auf den ungehemmten Abbau und die Nutzung von fossilen Energieträgern geben. Die bisherige Politikausrichtung auf Energiekon-­ ]HUQHXQGLKUH3URÀWHPXVVDXFKLQXQGIU%HUOLQ durchbrochen werden. ---- Steckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtigkeit ---- Steckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtig FÜR EINE ENTWICKLUNGS- UND KLIMAGERECHTE ENERGIEVERSORGUNG EINSETZEN A ls Hauptstadt muss Berlin eine Vorreiterrolle für eine entwicklungs-­ und klimagerechte Energieversorgung einnehmen. Das bedeutet: be-­ stehende Braun-­ und Steinkohlevorkommen dür-­ fen nicht weiter für die eigene Energieerzeugung abgebaut werden. Denn die Bedingungen bei der Gewinnung sind ebenso wenig tragbar wie die Kli-­ maauswirkungen bei der Verbrennung. Die Berliner Landesregierung darf nicht länger auf eine unverbindliche Klimaschutzvereinbarung und mündliche Zusagen des Energiekonzerns Vat-­ tenfall setzen. Bis spätestens Ende 2014 muss sie einen Ausstiegsplan aus der Kohlenutzung in Ber-­ lin vorlegen, der auch die Folgen unserer Kohleim-­ porte berücksichtigt und sich für Klimagerechtig-­ keit stark macht. Vattenfall muss zum Einhalten seiner Zusage gezwungen werden und das Braun-­ kohlekraftwerk Klingenberg spätestens 2016 ab-­ schalten. Gleichzeitig sollte festgeschrieben wer-­ den, dass Vattenfall in Deutschland keine neuen Kohlekraftwerke mehr bauen darf. Der Kohleaus-­ stiegsplan muss auch Stromimporte aus anderen (Bundes-­)Ländern für die Berliner Energieversor-­ gung berücksichtigen. Indirekte Kohlestromim-­ porte sind ebenfalls auszuschließen. Die Berliner Landesregierung muss bei der Strom-­ und Fernwärmeversorgung für die öffentlichen Einrichtungen mit gutem Beispiel vorangehen und die bisherige Nutzung von sogenannten RECS-­Zer-­ WLÀNDWHQ EHHQGHQ 5HQHZDEOH (QHUJ\ &HUWLÀFDWH 6\VWHP'LH=HUWLÀNDWHVWDPPHQJU|WHQWHLOVDXV alten Wasserkraftwerken. Vattenfall etikettiert da-­ mit den eigenen Kohle-­ und Atomstrom um. Die tatsächliche Herkunft des Stroms wird verschlei-­ ert. Alternativen Energien werden über diese Zerti-­ ÀNDWHKLQJHJHQQLFKWJHI|UGHUW'DKHUVROOWHVWDWW-­ dessen ein Berliner Stadtwerk geschaffen werden, das selbst Ökostrom erzeugt bzw. solchen zusätz-­ lich einkauft. Ein solches Stadtwerk sollte auf de-­ zentrale, erneuerbare Energieanlagen in der Regi-­ on Berlin-­Brandenburg setzen. Energieversorgung gehört in die öffentliche Hand und unter demokratische Kontrolle. So kann die Energiewende sozialverträglich gestaltet und der Energieverbrauch gezielt gesenkt werden. Bis die Wende zur post-­fossilen Vollversorgung mit Energie in Berlin erreicht ist, muss sich die Ber-­ liner Landesregierung für mehr Transparenz und für die Einhaltung von umfassenden Sorgfalts-­ SÁLFKWHQLQGHU.RKOHOLHIHUNHWWHHLQVHW]HQ:DUPH Stuben in Berlin dürfen nicht durch Verletzungen von Menschenrechten oder der Zerstörung der Umwelt, weder in der Lausitz noch in Kolumbien und Südafrika, erkauft werden. CO2-­Ausstoß pro Kopf in Tonnen (Quelle: IEA 2013) CO2-­Ausstoß in Tonnen pro Kopf 20 16,94 15 11,65 10 9,14 7,27 7,79 6,87 5,92 5 1,42 0 Deutschland 1,41 Kolumbien Südafrika Russland USA 0,28 Indien Polen Kenia China 0,81 Philippinen Neuseeland 5 eckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtigkeit ---- Steckbrief zur Klima- und Ressourcengerechtigkeit - LITERATUR: Bill McKibben (2012):*OREDO:DUPLQJ·V7HUULI\LQJ1HZ0DWK5ROOLQJ Stone, http://rol.st/LuRoru (Deutsch: http://bit.ly/11FiiVx) GRÜNE LIGA Umweltgruppe Cottbus: Informatiosangebot zum Braunkohleabbau in der Lausitz: www.lausitzer-­braunkohle.de IEA (2013): Key World Energy Statistics, http://bit.ly/RpZjIR IPCC (2013): Climate Change 2013 – The physical science basis, http://bit.ly/19uatJi oidhaco (2013): Extractive industries, natural resources and human rights in Colombia, http://bit.ly/171y5RB PowerShift (Hg.) (2012): Saft für alle! Energiearmut überwinden – Erneuerbare Energien solidarisch produzieren, http://bit.ly/TJVVxk XUJHZDOGÀDQ +J Bitter Coal. Ein Dossier über Deutsch-­ lands Steinkohleimporte, http://bit.ly/16A16H4 KONTAKT: Sebastian Rötters Fachpromotor für Klima-­ & Ressourcengerechtigkeit, PowerShift e.V. Tel.: +49 -­ (0)30 -­ 419 341 82 E-­mail: Sebastian.Roetters@power-­shift.de HERAUSGEBER: P werShift IMPRESSUM: Berlin 2013 Recherche: Ines Jentsch Autorin: Nicola Jaeger Redaktion: Nicola Jaeger / Sebastian Rötters PowerShift e.V. – Verein für eine ökologisch-­solidarische Energie-­ & Weltwirtschaft Greifswalder Str. 4 (Aufgang A, R. 1308) 10405 Berlin http://power-­shift.de Layout / Illustration: Marcel Zienert 0LWÀQDQ]LHOOHU8QWHUVWW]XQJYRQ