Betäuben und Schlachten von Fischen: Aktuelle Untersuchungsergebnisse John Hellmann1, Wanda Hörnig2, Karina Retter1, Mathias Lüpke2, Hermann Seifert2, Dieter Steinhagen1 Institut für Parasitologie, Abteilung Fischkrankheiten und Fischhaltung 2 Fachgebiet Allgemeine Radiologie und Medizinische Physik 1 Betäuben und Schlachten von Fischen Schlachtprozess von Fischen Erfüllen rechtlicher Anforderungen (TierSchlV) • • Rasches, wirksames Betäuben und Schlachten Nicht mehr als unvermeidbare Aufregung oder Schäden Einfluß auf • • Filetqualität Akzeptanz durch Verbraucher Einflußfaktoren: Vorbereitung Entnahme aus dem Teich, Handling bis zur Schlachtung Arbeitsschritte beim Schlachten Betäuben Schlachten 20.08.2015 2 Betäuben von Fischen Ziel der Betäubung: Schnelles Versetzen der Tiere in einen bis zum Tod andauernden Zustand der Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit (unter Vermeidung von Schmerzen und Leiden) Monitoring: Neurologisch: EEG: Epileptiforme Hirnaktivität Aus: Sattari et al. Aquaculture 302 (2010) 100-105 Verlust von VER/ SER 20.08.2015 3 Betäuben von Fischen Ziel der Betäubung: Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit Monitoring: Neurologisch: EEG: Verhalten: 20.08.2015 epileptiforme Hirnaktivität Verlust von VER/ SER Körperhaltung, Bewegung, Körpertonus, Tonus der Barteln Reflexe Augendrehreflex Atemreflex 4 Mögliche Betäubungs- und Schlachtmethoden bei Fischen Ausbluten Betäubungs/ Beruhigungsmittel * Bolzenschuss (Thunfische) CO2-Narkose * Exposition im Elektrischen Feld * Hydraulischer Schock Hypothermie Kopfschlag * * Erlaubt laut Tierschutz-Schlachtverordung, Anhang 3 (Fische) Beurteilung von Betäubungsmethoden Betäubungs-/ Beruhigungsmittel Langsame Einwirkung, Ruhigstellung, teilweise Verlust der Wahrnehmungsfähigkeit Für Eugenol sind in Höchstmengen im Filet festgelegt, In der EU kein für Speisefische zugelassenes Präparat Kohlendioxid Zugelassen für Forellen: Langsame Reaktion, pH -Belastung (pH 4,5), Starke Aversion, Hautreaktionen, keine analgetische Wirkung? Alternative: Stickstoff? Perkussion (Kopfschlag) Sofortige Betäubung bei ausreichender Intensität des Schlags, Richtiger Lokalisation (bewegungslos, keine VER). Fehlerhaft: Erholung, Verletzungen Ausführung: Manuell, (Forellen, Karpfen, Welse..... Maschinell (Lachs) mit manueller oder automatischer Zuführung der Fische Betäubungsverfahren Exposition von Fischen im elektrischen Feld Niedrige Feldstärke Muskelkontraktion, Immobilisierung, kein Wahrnehmungsverlust Hohe Feldstärken Stimulierung/ Dysfunktion höherer nervöser Zentren Erlöschen der Funktion oder Auslösen epileptiformer Anfälle. Sofortiger Wahrnehmungsverlust Einsetzbar: Gleichstrom und Wechselstrom. Entscheidend: Feldstärke, gleichmäßiges el. Feld Wahrnehmungsverlust Regenbogenforellen: Karpfen Afrikanischer Wels 0,10 A /dm2 (~3 V /cm) 0,73 A/dm2 (26 V/cm) 1,50 A/dm2 (300 V) (Lamboij et al 2006,Aquaculture Research 37, 61-70) Dauer des Wahrnehmungsverlustes: Abhängig von der Dauer der Durchströmung 20.08.2015 7 Korrelation von Verhaltensparametern und Wahrnehmung? Anzahl Forellen Regenbogenforellen, Elektrobetäubung: 0,1 A/ dm2, 30 - 60 sec VER vor Betäubung VER nach Betäubung Erholung Atmung Augendrehreflex Kiemendeckel-Zittern Bei Regenbogenforellen: Flossen-Zittern Korrelation von Wahrnehmungsverlust und Ausbleiben von Reflexen Schnappatmung Muskelkontraktionen Aus: Reimers 2008 Fall 1: Elektrobetäubung von Karpfen 31 von 32 Karpfen zeigten sofort nach Exposition VER im EEG. Reizwahrnehmung war noch gegeben. Bei Karpfen: Atembewegungen können ausbleiben auch wenn Reizwahrnehmung noch gegeben ist. K. Retter 20.08.2015 9 Fall 2: Afrikanischer Raubwels Afrikanischer Wels in der Aquakultur 20.08.2015 • Hohe Wachstumsraten • Robust gegenüber Umwelteinflussen • Geringe Krankheitsanfälligkeit Biologische Besonderheiten: • Luftatmer (Kiemenbüschel) • Massiver Schädel 10 Fall 2 Betäubung Afrikanischer Raubwelse • Nach der Tierschutzschlachtverordnung (TierSchlV) sind für Fische erlaubt • Elektrobetäubung • stumpfer Schlag auf den Kopf • Kohlendioxidexposition bei Salmoniden • Verabreichung eines Stoffes mit Betäubungseffekt, ausgenommen Stoffe wie Ammoniak, die gleichzeitig dem Entschleimen dienen • Die zugelassenen Betäubungsverfahren haben sich als ungeeignet erwiesen. • Elektrobetäubung schwierig, hohe Feldstärken notwendig • Abschlagen eignet sich aufgrund des starken Schädelknochens nicht • Keine Sonderregelung für Afrikanische Welse • Andere Betäubungsverfahren müssen geprüft werden • Eiswasserbetäubung befindet sich im Versuchsstadium 20.08.2015 11 Hypothermie als Betäubung? Nach Einsetzen in Eiswasser: Verlust der Wahrnehmungsfähigkeit ? Bewegungen? C A B D E Zeitdauer Phasen D-E: 5-15 Min Phase D: ca. 3 Minuten Aktogramme: Nach Einsetzen Aktivität für ca. 1 Min, 1 Bewegung nach ca. 8 Min. 20.08.2015 12 Stressbelastung Hypothermie: Arbeitsschritte Industrieverfahren, Belastungsanalyse 20.08.2015 13 Cortisolspiegel im Blutplasma bei Afrikanischen Welsen N. S. N. S. 20.08.2015 14 Modellierung der Betäubung bei Afrikanischen Raubwelsen Erstellen eines 3D-Modells Kopf: Grober Überblick Knochen: Abkochen Situs: Schneiden in gefrorenem Zustand 1 cm dicke Scheiben CT für detaillierte Darstellung Knochen CT: Philips brilliance 64 channel ct-scanner Quelle: http://www.medimagingsales.com/medical-imaging-equipment/ct/philips/philips-briliance-64-slice-ct MRT: Philips achieva 3.0T TX Quelle: http://www.medimagingsales.com/medical-imaging-equipment/mri//philips/philips-achieva-3-t-tx-mri 20.08.2015 15 Methoden: Registrierung CT- und MRT-Datensätze mit bis zu 1500 Schnittbildern Übereinanderlegen des CT- und MRT-Datenstapels (Programm AMIRA) CT Datensatz MRT Datensatz Registrierung durch Setzen von Orientierungspunkten 20.08.2015 16 Methoden: Erstellen eines 3D-Modells Segmentierung 20.08.2015 17 Erstellen eines 3-D-Modells Erstellen von Netzen 20.08.2015 Vereinfachen und Optimieren 18 Simulationsberechung: Abkühlung Temperaturprofil nach 10 Minuten (600 Sekunden) im Eiswasser Mittlere Temperatur Gehirn Keine Daten über Blutfluss im Gehirn =>Vermutlich starke Unterschätzung der Abkühlung 20.08.2015 19 Modell Elektrische Durchströmung Physikalische Parameter Gewebe f = 50 Hz Quelle: http://niremf.ifac.cnr.it/tissprop 20.08.2015 20 Modell Elektrische Durchströmung Kopf Afrikanischer Wels Simulationsrechung Stromdichte Seitliche Elektrodenplatten 20.08.2015 Elektrodenplatten Oben/ Unten 21 Simulation des Elektrischen Feldes Plattenpositionen: links/ rechts: 20.08.2015 22 Simulation Stromdichte im Kopf Afrikanischer Welse Punktelektroden Seitlich 20.08.2015 23 Simulation Stromdichte im Kopf Afrikanischer Welse Punktelektrode hintere Fontanelle, Plattenelktrode unten 20.08.2015 24 Schlussfolgerung: Humane Betäubung von Fischen? Was lernen wir aus den Untersuchungen zur Betäubung von Afrikanischen Welsen Elektrobetäubung • Z.T. Hohe Stromdichten erforderlich • Arbeitsschutz, • Prozentsatz Betäubung? Verletzung der Fische? • Dauer der Betäubung: Zeitspanne Betäubung – Schlachtung? • Einzelverfahren – Zeitdauer bis zur Betäubung? Hypothermie bei Warmwasserfischen: • Wahrnehmungsverlust, • Langsam wirkend (einige Minuten) • Kaum Abwehrreaktionen • Aber: 100 % Betäubung (kein Ersticken) • Kein Wiedererwachen beim Verbleib im Eis! • Gruppenverfahren 20.08.2015 25 Risikobewertung Betäubungsverfahren (EFSA) Erstellen einer Liste von Belastungen während eines Verarbeitungsprozesses: Besp: Belastungen vor der Betäubung Belastungsart Crowding Intensität Dauer Prozent Fische Fische in zu flachem Wasser Fische der Luft ausgesetzt Schlechte Wasserqualität Kontakt mit Wand/ Netz 1- 3 1-5 0,… - 100 Transfer Einfangen im Netz Vakuumpumpe Verbleiben in Pumpe Schlecht eingestellte Pumpe Hälterung Schlechte Wasserqualität Kontakt mit Netz Summe 20.08.2015 Zahl 26 Schlussfolgerungen Beurteilung der Betäubung: Wahrnehmungsverlust: Verhaltensparameter sind nicht bei allen Fischarten gleich gut geeignet, um einen Wahrnehmungsverlust sicher zu erkennen. Welche Betäubungsmethoden: Bei der Beurteilung von Betäubungs- und Schlachtverfahren ist die unterschiedlich Anatomie und unterschiedliches Verhalten von Fischarten mit zu berücksichtigen Elektrische Durchströmung: Notwendige Feldstärke des elektrischen Feldes zum Erreichen eines Wahrnehmungsverlustes variiert zwischen Fischarten sehr stark und Ist nicht für alle Fischarten als Betäubungsmethode gut geeignet. Verwendete Methoden müssen gut evaluiert werden. Nicht alle Fische sind Regenbogen-Forellen ! 20.08.2015 27 Dank an John Hellmann Karl-Heinz Esser Karina Retter Danke für die Aufmerksamkeit ! Wanda Hörnig Mathias Lüpke Hermann Seifert Europäischer Fischerei-Fonds Aus: Loriots kleiner Opernführer, Diogenes-Verlag 20.08.2015 28