MARKETING & PR Markenloyalität Wie Marken treue Fans gewinnen Starke Marken stehen für Spitzenleistungen. Sie haben sich nachhaltig in den Köpfen ihrer Kunden verankert. Sie haben sich Zuneigung erarbeitet und einen guten Ruf erworben. Sie werden immer wieder gekauft – und gerne weiterempfohlen. x-beliebigen anderen Angebot tun? Wohl Marken sind emotionale Anker. Mit einer Mar- eher nicht. Warum dies so ist? Die meisten ke kann man seinen Status zeigen, Einfluss Produkte sind in der subjektiven Wahr- gewinnen und Macht ausüben. Dafür ist der arken brauchen Fans. Fans sind sol- nehmung des Käufers – und die allein Nutzer, der solches mag, gerne bereit, einen che Kunden die ‹ihre› Marke regelmä- zählt – zu wenig begehrenswert. Sie lösen Aufschlag zu zahlen. Marken stärken Vertrau- ssig kaufen und sie jeder anderen Wahl- keinen Kick im Hirn und damit auch keinen en, weil sie uns vertraut sind. Und weil wir sie möglichkeit vorziehen. Um das zu schaffen, Kaufrausch aus. Damit Marken so etwas wiedererkennen, geben sie uns Sicherheit. Sie muss die ‹Pole-Position› im Kundenhirn fertigbringen, müssen sie uns emotional stehen für Orientierung im Angebotsdschun- erobert werden. Seinen Lieblingsmarken heftig berühren. gel und erleichtern Entscheidungen. Das Autorin: Anne M. Schüller M schenkt man die grösste Loyalität. Je stärker nennen die Fachleute ‹kortikale Entlastung›. ihre Bedeutung für einen selber ist, desto Der emotionale Mehrwert entscheidet mehr rückt der Preis in den Hintergrund – Marke kommt von markieren. So stehen und das ‹Missionieren› beginnt. Fan-Kunden Marken für Zugehörigkeit, für Identifi- Marken erleichtern also unserem Ober- sprechen laufend in den höchsten Tönen kation und Profilierung. Markennutzer stübchen die Arbeit und aktivieren unser über ‹ihre› Marke und lösen so wertvolles positionieren sich mit den Marken, mit Belohnungssystem. Untersuchungen haben Empfehlungsgeschäft aus. denen sie sich umgeben. Marken sind Aus- übrigens herausgefunden: Starke Marken druck unseres Selbstkonzepts. Welche wir aktivieren Hirnregionen, die für die Verar- Nehmen wir beispielhaft einen hochdotier- wählen, verrät viel über uns. Es zeigt, wer beitung positiver Emotionen zuständig sind. ten Business-Mann, der einen Studenten wir sind, und wo wir dazugehören wollen. Schwache sowie auch unbekannte Marken dafür bezahlt, über Nacht vor einem Laden Es entscheidet darüber, was andere von aktivieren hingegen solche Hirnareale, die zu campieren, nur um an ein iPhone zu uns denken sollen und mit wem wir uns uns negative Gefühle bereiten. Sie werden kommen. Würde der dies auch bei einem umgeben. vom Kauf ausgeschlossen. Unser Hirn muss weniger Aufwand betreiben. Marken finden im Kopf statt Zur Autorin Marken finden im Kopf der Konsumenten statt – und nicht in den Strategiepapieren Anne M. Schüller ist Management-Consultant und gilt als führende Expertin für Loyalitätsmarketing. Die Diplom-Betriebswirtin und achtfache Buchautorin lehrt an mehreren Hochschulen, ihr Buch «Kundennähe in der Chefetage» wurde mit dem Schweizer Wirtschaftsbuchpreis 2008 ausgezeichnet. Anne M. Schüller gehört zu den gefragtesten Wirtschafts-Speakern im deutschsprachigen Raum. www.anneschueller.de der Marketingabteilung. «Markenführung ist kein Kampf der Produkte, es ist ein Kampf um die Wahrnehmung», sagt der Markenstratege Michael Brandtner. Dabei gibt es drei Zielrichtungen: Imageaufbau, Neukundengewinnung und StammkundenBestätigung. 28 KMU_03010.indb 28 CH_29 Blickpunkt:KMU 3/2010 07.06.2010 18:50:31 MARKETING & PR Wer ‹seine› Marke immer wieder gerne kauft, gerne weiter, solange sie uns gute Gefühle wer sich also voll und ganz mit ihr identifi- beschert. Sie darf uns nie enttäuschen. ziert und sich ihr emotional verbunden fühlt, •Sie ist kontinuierlich und lautstark präsent. •Sie aktualisiert sich und überrascht immer der wird sie gegen Angreifer verteidigen Das Profil einer starken Marke – und seinen Freunden wärmstens empfeh- Wie sieht nun das Profil einer starken und len. Doch bis es soweit ist, das kann dauern. damit auch loyalisierenden Marke aus? Wenigen Marken gelingt es, uns im Sturm zu Anhand der folgenden Übersicht lässt sich erobern. Im Allgemeinen nähern wir uns ei- jede Marke auf den Prüfstand stellen. Allein So muss eine Marke klar und deutlich sagen, ner Marke eher vorsichtig: Wir umkreisen sie, entscheidend dabei ist, wie die Verwender wofür sie steht. Sie hat Ecken und Kanten, inspizieren sie und fragen unsere Nächsten, das sehen. sie polarisiert. Sie will etwas Besonderes für was sie dazu sagen können. wieder. •Sie hat eine Brand Community (Markengemeinschaft). manche, aber nicht alles für Jeden sein. Dort, Eine starke Marke ist einfach zu verstehen. wo alle sind, ist wenig zu holen. Wer für Diese Phase der Annäherung ist sensibel, Sie ist glasklar positioniert und unverwech- alles steht, steht für nichts – und ist damit wir wollen schliesslich keine Fehler machen. selbar. überflüssig. Graue Mitte und Massenstrate- Nach dem Erwerb flacht die emotionale •Sie bietet einen rationalen Nutzen. gien sind tot. Kurve oft ab, wir gewöhnen uns schnell an •Sie hat einen hohen emotionalen Mehr- die Marke. Nur, wenn sie sich unentbehrlich macht, wenn sie uns ständig an sie erinnert und zwischendurch ein paar angenehme Überraschungen auf Lager hat, wenn sie von Freunden bewundert wird und uns immer wieder aufs Neue fasziniert, wird sie für den Wiederkauf in Erwägung gezogen. Wir bleiben einer Marke treu und empfehlen sie wert. •Sie erbringt die angebotenen Leistungen in Top-Qualität. •Sie ist glaubwürdig und hält ihre Versprechen ein. •Sie ist eine sympathische Persönlichkeit mit Charisma. •Sie inszeniert faszinierende Geschichten. Loyalitätsboosting: die Brand Community ist Loyalitätsbeschleuniger erster Güte. Wer sich als Mitglied einer Brand Community, also einer Markengemeinschaft fühlt, ist deutlich loyaler und empfiehlt die Marke auch häufiger weiter. In seiner Community kann der enthusiastische Fan Erfahrungen austauschen, seinen Gefühlen Ausdruck business points CH_292_BKMU_216x94_1204.indd 1 KMU_03010.indb 29 31.03.2010 16:01:31 Uhr 07.06.2010 18:50:31 MARKETING & PR Im Web chatten sie miteinander, ... geben, gemeinsame Interessen verfolgen Grossunternehmen. Eine Marke hat also und vor allem: seine Lieblingsmarke feiern. nicht unbedingt etwas mit Grösse zu tun. Fotos und Videos, in denen die geliebte Mar- Auch KMU und ihre Angebote haben jede ke vorkommt, sind der beste Ausdruck dafür Menge Markenpotential. – und die glaubwürdigste Werbung. ... zelebrieren Gemeinschaft und haben Spass. Eine stark Marke bringt ihrem Besitzer eine Die Marke selbst interagiert mit den ganze Reihe von Vorteilen: Mitgliedern idealerweise sowohl in der Offline- als auch in der Online-Welt. Die •Sie erleichtert die Neukunden-Akquise. Community-Mitglieder treffen sich, zeleb- •Sie schafft höhere Kundentreue. rieren Gemeinschaft und haben Spass. Im •Sie fördert die Mundpropaganda. Web chatten sie miteinander, als Gleich- •Sie verkauft teurer als ‹No-names›. gesinnte geben sie Tipps und helfen sich. •Sie erleichtert die Mitarbeiter-Suche. So verknüpfen Marken ihre Verwender •Sie ist von öffentlichem Interesse. untereinander, sorgen für Identifikation •Sie öffnet den Kapitalmarkt. und ein Wir-Gefühl. All das schafft hohe emotionale Verbundenheit und schliesslich Starke Marken verkaufen gut. Sie sind Tür- Empfehlungsbereitschaft. und Portemonnaie-Öffner. Sie verschaffen dem Besitzer Preis- und Wettbewerbsvor- Die inzwischen über 100 Jahre alte teile. Sie haben es in den Medien und im Kultmarke Harley Davidson ist eines der Internet, bei Banken und Investoren und besten Beispiele dafür. Sie vereint mehr auch auf dem Arbeitsmarkt im Kampf um als 800.000 Motorrad-Fans in ihren Harley die besten Talente leichter. Mitarbeiter Owner Groups (HOGs). Doch nicht nur schmücken sich gerne damit, bei einer die Global Player, jedes mittelständische klingenden Marke zu arbeiten. Und im Uni- Unternehmen kann für seine Kunden eine versum der Konsumenten werden Marken Community auf bauen. Auch KMU können in Zukunft eine noch viel grössere Rolle Käufer-Communities organisieren und spielen. Plattformen schaffen, auf denen begeisterdie Leistungen des Unternehmens loben Wie man Marken stark und begehrenswert macht und die Marke über Votings und Rankings Marken müssen einfach zu verstehen sein, mitgestalten. denn nur was wir verstehen, das kaufen wir te Kunden untereinander kommunizieren, auch. Eine starke Marke kennt die Wünsche, 30 KMU_03010.indb 30 Keine Frage der Grösse Träume und Bedürfnisse ihrer Zielgruppen Stadt, Land, Personen, Institutionen, und spricht deren Sprache. Und sie zeigt ei- Produkte und Services: Alles kann Marke nen langen Atem. Hektische Neupositionie- sein. Menschen, die zu einer Marke werden, rungen, wie etwa bei der Zigarettenmarke können heute mehr verdienen als manche Camel geschehen, verwirren den Verbrau- Blickpunkt:KMU 3/2010 07.06.2010 18:50:38 MARKETING & PR cher. Denn dann kann er nicht lernen, wofür Heere von früher. Mit einem passenden Logo ihr Stimme und Gesicht. Sie sind gleichzeitig die Marke steht. gehört man zum ‹richtigen›, also zum ange- Kommunikatoren, Botschafter und Loyali- sagten Stamm. So kann man die ‹Wildfrem- sierer der Marke. Fan-Marken sind solche, zu denen der den› anderer Gruppen ausgrenzen oder sich Verwender eine ganz besondere Beziehung von den weniger Privilegierten abheben. hat, eine freundschaftliche sozusagen – und Was das in der Umsetzung bedeutet, wird den Mitarbeitern oft viel zu wenig nahegebracht. blindes Vertrauen. Die in diesem Sinne er- Zu einer Marke beziehungsweise einem Cor- So verspricht etwa die Lebensmittelmarke folgreichen Marken betrachtet der Verwen- porate Design gehören (nicht zwingend): Rewe den Kunden, jeden Tag ein bisschen der wie durch eine rosarote Brille, so wie ein besser zu sein. Nur: Im Rewe-Laden bei mir Verliebter, der nur die guten Seiten sieht und •ein Zeichen (Logo) um die Ecke ist alles wie eh und je. So ist das über kleine Schwächen milde hinwegschaut. •eine Bilderwelt nun mal: Bei vollmundigen Werbebotschaf- Die Amerikaner nennen solche Marken •eine Farbwelt ten werden Erwartungen künstlich hochge- ‹Lovemarks›. Der Begriff wurde von Kevin •ein Schriftbild schraubt, Enttäuschungen sind vorprogram- Roberts, CEO der Werbeagentur Saatchi & •ein Werbe-Slogan (Claim) miert – und von den Mitarbeitern auszubaden. Saatchi kreiert. •eine eingängige Musik (Jingle) Lovemarks sind Marken, die der Kunde heiss •ein Maskottchen Und schlimmer noch: Im Leerraum zwi- •ein Dress-Code (Kleider-Ordnung) schen Erwartung und erhaltener Leistung und innig liebt. Das beste Beispiel dafür? werden aus Kunden flüchtende Kunden. Für mich ist es Apple. Apple will Produkte Ein Slogan ist eine kurze, prägnante Zusam- Also: Lieber weniger versprechen und mehr bauen, die so sexy sind, dass sich die Leute menfassung der zentralen Botschaft einer erfüllen. Vor allem aber muss im Vorfeld darin verlieben. Nur so konnte es gelingen, Marke. Er soll eingängig, leicht verständlich einer Kampagne mit den Mitarbeitern dass eine Unmenge von Apple-Fans die und kurz sein. Er will Vorstellungsbilder im gemeinsam erarbeitet werden, wie sie die ganze Kommunikationsarbeit für das Unter- Kopf anregen, Emotionen bewirken, die Er- aufkommenden Kundenerwartungen erfül- nehmen macht. Der Weg zur Lovemark, sagt innerung wachhalten sowie das Wiederer- len können – und wollen. Dann klappt’s auch Roberts, geht so: Respekt aufbauen, seine kennen und damit auch das Wiederkaufen mit der Kundentreue. Marke mit Geheimnis, Sinnlichkeit und Inti- erleichtern. Ein Slogan ist gut, wenn er den mität aufladen und eine Lovemark-Commu- Kern der Marke auf den Punkt bringt, wie nity gründen. Und das Ergebnis? Loyalität etwa so: Red Bull verleiht Flüüügel. Literatur-Tipp jenseits der Vernunft. Sobald das geschieht, wird die Konkurrenz bedeutungslos. Die Mitarbeiter auf Markenversprechen einstimmen Die Bausteine einer Marke Jedes Versprechen ist eine unbezahlte Marken brauchen einen ansprechenden Schuld. Leider produzieren Werbeagenturen ‹Look›, ein durchgängiges Erscheinungsbild, allzu gerne vollmundige Werbeaussagen, einen ‹Schlachtruf› und ein unverwechsel- ohne recht zu überlegen, wie sich diese im bares Symbol. Die Logos an unseren Klamot- wahren Leben einlösen lassen. Die Interak- ten von heute – das sind die Brandzeichen tion mit der Marke findet ja in vielen Fällen der Rinder, die Orden der Würdenträger, über die Mitarbeiter statt (Behavioral Bran- die Wappen der Städte und die Fahnen der ding). Sie verkörpern die Marke und geben Anne M. Schüller Kunden auf der Flucht? Wie Sie loyale Kunden gewinnen und halten Orell Füssli 2010 ISBN 978-3-280-05382-9 CHF 44.00 Blickpunkt:KMU 3/2010 KMU_03010.indb 31 31 07.06.2010 18:50:45