AUFGABEN UND GRUNDBEGRIFFE DER KLR E Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) im Industriebetrieb 1 Aufgaben und Grundbegriffe der KLR 1.1 Zweikreissystem des Industriekontenrahmens Finanzbuchhaltung sowie Kosten- und Leistungsrechnung sind die beiden Hauptbereiche des industriellen Rechnungswesens. Sie bilden jeweils einen eigenen und in sich geschlossenen Rechnungskreis. E C Hauptbereiche des industriellen Rechnungswesens Die Finanzbuchhaltung (FB) im Rechnungskreis I (RK I) ist unternehmensbezogen und erfasst deshalb alle Arten von Aufwendungen und Erträgen einer Rechnungsperiode. Sie ermittelt im Gewinn- und Verlustkonto durch Gegenüberstellung aller betrieblichen und nicht betrieblichen Aufwendungen und Erträge das Gesamtergebnis der Unternehmung: Erträge > Aufwendungen => Gesamtgewinn, Erträge < Aufwendungen => Gesamtverlust. Die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) im Rechnungskreis II (RK II) ist die innerbetriebliche Planungs- und Kontrollrechnung. Sie ist betriebsbezogen und befasst sich nur mit den Aufwendungen und Erträgen der FB, die im engen Zusammenhang mit den geplanten betrieblichen Tätigkeiten des Industriebetriebes, also Beschaffung, Produktion und Absatz stehen. Die betrieblichen Aufwendungen – z. B. Werkstoffaufwendungen, Personalaufwendungen, Abschreibungen, Mieten u. a. – werden Kosten, die betrieblichen Erträge – z. B. Umsatzerlöse, Mehrbestand an Erzeugnissen, Eigenleistungen, unentgeltliche Entnahmen – Leistungen genannt. Die Gegenüberstellung der Kosten und Leistungen ergibt im RK II das Ergebnis der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit, nämlich das Betriebsergebnis: Leistungen > Kosten => Betriebsgewinn, Leistungen < Kosten => Betriebsverlust. Kosten und Leistungen sind wichtige Grundlagen zur Beurteilung der Rentabilität und Wirtschaftlichkeit (vgl. S. 233). n Die Finanzbuchhaltung bildet den RK I und weist das Gesamtergebnis aus. n Die Kosten- und Leistungsrechnung bildet den RK II. Sie erfasst alle Kosten und Leistungen Merke einer Rechnungsperiode und ermittelt das Betriebsergebnis. 6921205 205 C E KOSTEN- UND LEISTUNGSRECHNUNG IM INDUSTRIEBETRIEB 1.2 Aufgaben und Systeme der Kosten- und Leistungsrechnung Die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) befasst sich mit den wirtschaftlichen Daten des Betriebes und bezweckt die optimale Steuerung der betrieblichen Leistungserstellung (Sachziel der Unternehmung). Sie hat folgende wichtige Aufgaben für den Industriebetrieb zu erfüllen: Aufgaben 1. Ermittlung aller Kosten und Leistungen einer Abrechnungsperiode. Die KLR leitet das Betriebsergebnis (= Leistungen – Kosten) ab und wird so zu einem hervorragenden Instrument der kurzfristigen (z. B. monatlichen) betrieblichen Erfolgsermittlung. 2. Ermittlung der Selbstkosten je Erzeugniseinheit. Die Selbstkosten je Erzeugniseinheit bilden die Grundlage für die Berechnung der Verkaufspreise, die für den Unternehmer wirtschaftlich vertretbar sind. 3. Kontrolle der Wirtschaftlichkeit. Zunehmender Wettbewerbsdruck zwingt Unternehmen die Kosten und Leistungen laufend zu planen und zu überwachen. Die Bestimmung der Wirtschaftlichkeit (= Verhältnis zwischen Leistungen und Kosten) ist daher eine der wichtigsten Aufgaben der KLR. 4. Bewertung der fertigen und unfertigen Erzeugnisse in der Jahresbilanz. Handels- und steuerrechtliche Vorschriften verlangen eine Bewertung der Schlussbestände an Erzeugnissen zu Herstellungskosten, die nur mit Hilfe einer Kostenrechnung ordnungsgemäß hergeleitet werden können. 5. Ermittlung von Deckungsbeiträgen auf der Basis der Teilkostenrechnung. Ein Deckungsbeitrag (= erzielbare Umsatzerlöse – variable Kosten) zeigt an, ob ein Erzeugnis einen Beitrag zur Deckung der Fixkosten bzw. zur Verbesserung des Betriebserfolges leistet (vgl. S. 280 f.). So kann entschieden werden, ob die Herstellung des Erzeugnisses kurzfristig sinnvoll ist. 6. Grundlage für Planungen und Entscheidungen. Die oben genannten Aufgaben der KLR bilden gemeinsam die Grundlage für Vorhaben und Entscheidungen des Unternehmens, die systematisch geplant, durchgeführt (gesteuert) und kontrolliert werden. Kostenrechnungssysteme Zur Erfüllung dieser Aufgaben werden mehrere Kostenrechnungssysteme (Vollkostenrechnung, Teilkostenrechnung, Prozesskostenrechnung) eingesetzt, die je nach Zielsetzung das Wertgerüst verursachungsgerecht abbilden. Die Vorstufe der Kostenrechnungssysteme (Vollkostenrechnung, Teilkostenrechnung, Prozesskostenrechnung, Plankostenrechnung) ist die Abgrenzungsrechnung, durch die zwischen dem betriebsbezogenen und dem unternehmensbezogenen Wertgerüst unterschieden werden kann (S. 213 ff.). Die Vollkostenrechnung erfasst alle Kosten periodengerecht nach Kostenarten (S. 238 f.), teilt sie auf Kostenstellen verursachungsgemäß auf (S. 243 f.) und weist sie den Kostenträgern (z. B. Erzeugnis) vollständig zu (S. 278 f.). Die Teilkostenrechnung unterscheidet zwischen Kosten, die sich in Abhängigkeit von der hergestellten Erzeugnismenge verändern (variable Kosten) oder nicht verändern (fixe Kosten). Den Erzeugnissen werden nur die variablen Kosten zugerechnet, da nur sie kurzfristig entscheidungsrelevant sind (S. 285 ff.). Die Prozesskostenrechnung ist eine „moderne“ Variante der Vollkostenrechnung, bei der eine Kostenzurechnung gemäß identifizierter Prozesse erfolgt. Hierdurch wird den veränderten Anforderungen einer prozessorientierten Organisation begegnet (S. 313 f.). Das Controlling nutzt die Kostenrechnungssysteme, um den Leistungsprozess zu planen, zu steuern und zu überwachen. Durch z. B. den Einsatz der Plankostenrechnung (S. 300 f.) können Soll-Ist-Vergleiche durchgeführt werden. Die anschließende Abweichungsanalyse liefert dann wichtige Informationen zur Unternehmensführung. 206 6921206 AUFGABEN UND GRUNDBEGRIFFE DER KLR 1.3 Grundbegriffe der Kosten- und Leistungsrechnung 1.3.1 Einnahmen und Ausgaben In einem Industriebetrieb stellt die Summe des jederzeit verfügbaren Geldes, d. h. die Summe aus Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten, den Zahlungsmittelbestand dar. Der Zahlungsmittelbestand ist Teil des Geldvermögens. Das Geldvermögen wird darüber hinaus durch kurzfristige Forderungen und Verbindlichkeiten beeinflusst: E C Geldvermögen Zahlungsmittelbestand (Kasse, Guthaben bei Kreditinstituten) + kurzfristige Forderungen – kurzfristige Verbindlichkeiten = Geldvermögen Wird dieses Geldvermögen durch Geschäftsfälle verändert, so sprechen wir von Einnahmen und Ausgaben. Alle Geschäftsfälle, die das Geldvermögen erhöhen, führen zu Einnahmen. So gehören z. B. Bar- und Zielverkäufe von Erzeugnissen zu einnahmewirksamen Vorgängen. Eine Kreditaufnahme bei einer Bank dagegen führt zwar zu einer Erhöhung des Zahlungsmittelbestandes, gleichzeitig erhöhen sich aber auch die Verbindlichkeiten; das Geldvermögen bleibt also gleich. Einnahmen Alle Geschäftsfälle, die das Geldvermögen vermindern, führen zu Ausgaben. Typische Ausgaben sind Bar- und Zielkäufe von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, nicht dagegen die Banküberweisung an einen Lieferer. Ausgaben 1.3.2 Aufwendungen und Erträge Das Eigenkapital oder Reinvermögen eines Industriebetriebes ergibt sich vereinfacht nach folgender Rechnung: Eigenkapital Anlagevermögen + Vorräte + Geldvermögen – langfristige Schulden = Eigenkapital (Reinvermögen) Geschäftsfälle, die das Eigenkapital ändern, beruhen auf Aufwendungen oder Erträgen. Folgende Geschäftsfälle führen – neben vielen anderen – zu Aufwendungen: n Der Unternehmer zahlt für einen aufgenommenen Kredit Zinsen. Die Zinszahlung verrin- gert das Geldvermögen und damit zugleich das Eigenkapital. Aufwendungen vermindern das Eigenkapital n Auf einen betrieblich genutzten PKW wird eine Abschreibung vorgenommen. Die Abschrei- bung vermindert das Anlagevermögen und damit zugleich das Eigenkapital. Folgende Geschäftsfälle führen – neben vielen anderen – zu Erträgen: n Ein Bankguthaben wird verzinst. Die Zinsgutschrift der Bank erhöht das Geldvermögen Erträge erhöhen das Eigenkapital und damit zugleich das Eigenkapital. n Ein Grundstück ist im Vorjahr aufgrund fehlender Verkehrsanbindung außerplanmäßig abgeschrieben worden. Nach einer Änderung des Flächennutzungsplanes steigt der Wert des Grundstücks im folgenden Jahr. Dies führt zu einer Zuschreibung, die das Anlagevermögen und damit zugleich das Eigenkapital erhöht. 6921207 207