Vortrags-Skript Erika Sirsch (MScN)

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Förderung der
Harnkontinenz
Skript
Erika Sirsch (MScN)
Einleitung
Die Harninkontinenz zählt zu den häufigsten Alterserkrankungen in den Industriestaaten und wird daher auch häufig in der häuslichen Versorgung angetroffen. Sie
wird zu den vier häufigsten Erkrankungen (four giants), den „vier I's“, in der Geriatrie
(Lehre von den Erkrankungen im Alter) gerechnet. Diese sind:
• Immobilität,
• Instabilität (Sturzgefahr)
• Inkontinenz,
• intellektueller Abbau
Es gibt zurzeit allerdings keine zuverlässigen Zahlen zum Vorkommen. Schätzungen
gehen derzeit von 4 – 8 Millionen Betroffenen in Deutschland aus. Besonders für
Menschen mit Demenz und ihre Betreuenden entwickelt sich die Harninkontinenz
häufig zu einem Problem. Wichtig dabei ist zu wissen, dass eine Demenz nicht
zwangsläufig Inkontinenz zur Folge hat. Dabei kann die Pflege von Menschen mit
Inkontinenz für Pflegende und pflegende Angehörige eine hohe physische und psychische Belastung bedeuten. Inkontinenz ist eine der häufigsten Gründe für einen
Umzug in eine Stationäre Einrichtungen der Altenhilfe.
Inkontinenz ein unangenehmes Thema
Aufgrund der vorherrschenden gesellschaftlichen Regeln sind die Ausscheidungsfunktionen stark tabuisiert und die Themengebiete aus dem Bereich „unten herum“
sind bei vielen Menschen schambesetzt. Es ist peinlich, darüber zu reden. Dies
macht es von Inkontinenz Betroffenen und auch den Pflegenden so schwer über die
Probleme, die mit dem Einnässen (oder Einkoten) verbunden sind, zu sprechen.
Bei der Pflege eines inkontinenten Menschen wird es nötig, in seinen Intimbereich
einzugreifen. So muss beispielsweise die Vorlagen gewechselt oder die Haut von
Ausscheidungen gereinigt werden.
Pflegebedürftige Menschen wissen oft, was sie Pflegenden zumuten, wenn diese die
Exkremente entfernen oder sich um verunreinige Wäsche kümmern müssen. Nicht
selten empfinden sie aus diesem Grund Ekelgefühle gegenüber sich selbst und
Schuldgefühle gegenüber den Pflegenden.
Die Erkenntnis die Kontrolle über die Ausscheidungsfunktionen zu verlieren, der Eingriff einer anderen Person in die Intimsphäre und die aufkommenden Schuldgefühle
lösen nicht selten bei der inkontinenten Person Abwehr aus.
Verleugnung der Inkontinenz
Viele von Inkontinenz Betroffene haben Angst vor Ablehnung oder auch Respektverlust, wenn ihr Problem bekannt wird. Aus diesem Grund verheimlichen die Betroffenen ihre Inkontinenz so lange es geht. Sie verstecken z. B. die schmutzige
Wäsche oder schieben einen nassen Fleck auf dem Teppich dem Haustier zu.
Gefahr der Isolation - Werden wir als nicht sauber wahrgenommen?
Die Inkontinenz wird von den Betroffenen häufig verharmlost oder vertuscht, damit
sie nicht als unsauber oder inkompetent wahrgenommen werden. Menschen mit
Demenz neigen darüber hinaus häufig dazu, sichtbare Merkmale wie nasse Wäsche
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oder Inkontinenzvorlagen zu verstecken. Oder sie führen für sie logische Handlungen
durch, und hängen nasse Wäsche über die Heizung oder über Sessellehnen. Im
häuslichen Umfeld kann das dazu führen, dass pflegende Angehörige sich isolieren
und für Freunde, Bekannte oder anderen Familienangehörige den Zutritt zur Wohnung einzuschränken, damit sie nicht mit diesen Dingen konfrontiert werden.
Definition Harninkontinenz
Die International Continence Society (ICS) definiert Harninkontinenz wie folgt: „Urininkontinenz ist der unwillkürliche Abgang von Urin, der objektiv feststellbar ist und zu
hygienischen oder sozialen Problemen führt“.
Über die Harninkontinenz wird häufig nicht gesprochen. Inkontinent zu sein, ist für
viele Menschen immer noch gleich bedeutet mit völligem Kontrollverlust. Häufig wird
die Inkontinenz dabei als Schicksal angesehen und als gegeben hingenommen. Einer der Gründe für einen Umzug in eine stationäre Altenpflegeeinrichtung ist oft eine
massive Inkontinenz.
In letzter Zeit interessiert sich allerdings eine breitere Öffentlichkeit für dieses Thema.
Dabei scheint die Versorgung der Harn- oder Stuhlinkontinenz lukrativ zu werden. In
Zeitschriften oder Fernsehwerbesendungen, zur besten Sendezeit, wird für Inkontinenzhilfsmittel geworben. Die Industrie hat diesen „Markt“ entdeckt. Diese Versorgung mit Inkontinenzhilfsmitteln hat jedoch neben möglichen sozialen und psychischen Problemen, auch beträchtliche Kosten für die Betroffenen und die Angehörigen zur Folge. Die Ursachen für diese Störungen sind sehr vielfältig und die
Strategien im Umgang damit ebenso. Um aus dieser Fülle der Strategien die Richtige
auswählen zu können, ist es erforderlich Kenntnisse über die Funktion der Harnblase
und des Mastdarms, die Vorgänge beim Ausscheiden und die Ursachen von Harn
und Stuhlinkontinenz zu haben.
Formen der Harninkontinenz
Harninkontinenz kann durch ganz unterschiedliche Ursachen ausgelöst werden. Das
DNQP unterscheidet im nationalen Expertenstandard je nach Ursache verschiedene
Formen der Harninkontinenz:
Funktionelle Inkontinenz:
Damit ist die Unfähigkeit eines kontinenten Menschen gemeint, die Toilette rechtzeitig zu erreichen (Kuno, E. & Müller, E., 2006).
Harninkontinenz aufgrund veränderter Speicher- und Entleerungsfunktion
• Stress (Belastungs-) inkontinenz
• Dranginkontinenz
• Mischinkontinenz
• Extraurethrale Inkontinenz
• Inkontinenz bei Chronischer Harnretention
• Unkategorisierbare Inkontinenz
(Kuno, E. & Müller, E., 2006)
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Hinzukommen kann die Nykturie (nächtliches Wasserlassen bei Erwachsenen). Die
daraus resultierenden Maßnamen variieren je nach Form der Inkontinenz.
Belastungsinkontinenz
Diese Form der Inkontinenz äußert sich häufig durch unfreiwilligen Harnabgang beim
Aufstehen, Heben, Tragen, Husten, Niesen, Treppensteigen oder auch bei heftigem
Lachen. Bei der Belastungsinkontinenz ist dabei zunächst ein tröpfchenweiser Abgang von Urin zu beobachten. Unter Belastung wird dabei der Druck im kleinen Becken auf den Beckenboden verstanden, der verhindert, dass der willkürliche
Schließmuskel ganz geschlossen bleibt. Eine Gewebeschwäche im Beckenboden
kann auch einen nicht ausreichenden Abschluss des Blasenschließmuskels verursachen. Das kann dann bei körperlicher Anstrengung wie schwerem Heben dazu
führen oder erst bei einer Druckerhöhung im kleinen Becken die durch Niesen,
Husten oder auch intensivem Lachen entsteht. So kann es passieren, dass der
willkürliche Schließmuskel nicht mehr ganz schließt. Durch die unzureichende „Abdichtung“ kommt es zu Tröpfchen weisen bis zu schwallartigen Abgangs von Urin.
Viele Menschen kennen das, wenn bei ausgelassenem Lachen, Anheben von Lasten
oder auch Niesen kleine bis größere Mengen von Urin abgehen. Aber auch durch
Übergewicht kann es zu einer Belastungsinkontinenz kommen. Von dieser Form der
Inkontinenz sind besondern häufig Frauen betroffen, verursacht durch Schwangerschaften, Geburten aber auch durch die hormonelle Umstellung während der Wechseljahre. Bei Männern hingegen kann eine Prostataoperation zur Belastungsinkontinenz führen. Es liegt eine Störung der Speicherfunktion der Blase vor (vgl.
Kuno, E. & Müller, E., 2006).
Dranginkontinenz
Hierbei besteht eine Fehlregulation des Blasenmuskels. Im Gegensatz zur Belastungsinkontinenz ist hier der Blasenschießmuskel intakt. Die Störung besteht darin, dass der Harndrang nicht ausreichend lange toleriert werden kann. Es kommt zu
plötzlichem nicht beherrschbaren Harndrang, „wie aus heiterem Himmel“, und die
Toilette muss sofort aufgesucht werden. Bei einer Busfahrt zum Beispiel kann nicht
gewartet werden, bis die Autobahnausfahrt erreicht ist, der Urin muss sofort abgesetzt werden. Dranginkontinenz kann dazuführen, dass der Harn auch bei völlig
„unpassenden“ Gelegenheiten abgeht. Häufig kommt es auch auf dem Weg zur
Toilette dazu, sie kann nicht rechtzeitig erreicht werden. Besonders schwierig ist es
hier, wenn der oder die Betroffene aufgefordert wird, sich doch früher zu melden,
dann könne die Toilette schon noch rechtzeitig erreicht werden. Das ist meist gar
nicht möglich. Wenn der Harndrang auftritt, muss sofort die Toilette aufgesucht werden. Die Betroffenen haben unter Umständen fortwährend Harndrang. Es kann dazu
kommen, dass sie gerade eben erst auf der Toilette waren und sie diese trotzdem
gleich wieder aufsuchen möchten.
Zur Dranginkontinenz kann es durch Entzündungen in der Blase, nach der Entfernung eines Dauerkatheters oder bei Tumoren kommen. Alles was die Blase
„reizen“ kann. Auch wenn wenig getrunken wird, kommt es zu einem konzentrierten
Urin, der die Rezeptoren in der Blase intensiv stimulieren kann und einen stärkeren
Harndrang auslösen kann. Aber auch durch Störungen der Reizüberleitung und Verarbeitung kann es zur Dranginkontinenz kommen. Diese können die Rezeptoren in
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der Blase, das Rückenmark oder das Gehirn betreffen. Es liegt eine Störung der
Speicherfunktion der Blase vor (vgl. Kuno, E. & Müller, E., 2006).
Mischinkontinenz
Gerade ältere Menschen leiden häufig an einer Mischform zwischen Belastungs- und
Dranginkontinenz. Die Symptome treten gemischt auf. Es kann dabei z. B. eine Störung des Blasenschließmuskels vorliegen, die mit einer Reizung der Blase durch eine Entzündung kombiniert ist. Gelegentlich kommt es vor, dass die Belastungsinkontinenz von den Betroffenen noch beherrscht werden kann. Kommt dann aber
eine Entzündung der Blase dazu, ist die Inkontinenz nicht mehr kontrollierbar. Hier ist
es besonders wichtig abzuklären, welche Ursachen vorliegen, um die richtigen Maßnahmen einleiten zu können. Eine Entzündung kann gut therapiert werden und unter
Umständen die Inkontinenz damit behandelt oder zumindest die Ausprägung der Inkontinenz gemildert werden. Es liegt eine Störung der Speicherfunktion der Blase vor
(vgl. Kuno, E. & Müller, E., 2006).
Extrauterine Inkontinenz
Hier kommt es zu ständigen beobachtbaren Entleerens über andere Kanäle als die
Harnröhre. Z. B. Blasen-Scheidenfistel. Es liegt eine Störung der Speicher- und Entleerungsfunktion der Blase vor (vgl. Kuno, E. & Müller, E., 2006).
Inkontinenz bei Chronischer Harnretention
Diese Form der Inkontinenz beschreibt die unvollständige Blasenentleerungsstörung
mit Restharnbildung, mit und ohne unfeiwilligem Urinverlust. Die Blase kann auch
ohne Schmerzen nach dem Wasserlassen tastbar sein. Es kann bei einer Prostatahypertrophie zu tröpfchenweißem Abgang von Harn bei einer gefüllten Blase kommen. Der Harndrang ist da, die Toilette wird aufgesucht und trotzdem kann kein
Wasser gelassen werden. Die Harnröhre kann verlegt oder eingeengt sein, sodass
der Urin nicht abfließen kann. Auch bei Engstellen der Harnröhre, nach Operationen,
bei Verletzungen der Harnröhre oder durch gestörte Motorik der Blase kann es zu
einer solchen Inkontinenz kommen. Es liegt eine Störung der Entleerungsfunktion vor
(vgl. Kuno, E. & Müller, E., 2006).
Unkategorisierbar Inkontinenz
Hier kommt zu unfreiwilligem Urinverlust, der auf der Basis der Befunde nicht eindeutig zuzuordnen ist (vgl. Kuno, E. & Müller, E., 2006).
Nykturie (vermehrtes nächtliches Wasserlassen bei Erwachsenen)
Hierunter wird mehrmaliges nächtliches Wasserlassen besonders bei Herzschwäche
verstanden. Am Tag wird dabei das Wasser in den Beinen eingelagert und in der
Nacht ausgeschwemmt. So kommt es zu vermehrtem Harndrang. Aber auch Männer
mit einer Prostatavergrößerung sind betroffen. Sie können die Harnblase nur unvollständig entleeren und haben somit einen erneuten früh einsetzenden Harndrang.
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Für Pflegende und Betroffene ist es wichtig zu wissen, welche Form der Inkontinenz
aktuell vorliegt. Denn ein Beckenbodentraining das bei Belastungsinkontinenz, wenn
es ausreichend lange durchgeführt wird, sehr hilfreich sein kann, macht bei einer
Dranginkontinenz keinen Sinn. Für Betroffene ist es nicht angemessen und kann es
sogar beschämend sein, beim Vorliegen einer Dranginkontinenz aufzufordern zu
werden, sich doch zeitiger zu melden. Damit der Gang zur Toilette eher erfolgen
könne. Diese Menschen können aufgrund der vorliegenden Inkontinenzform den
Harndrang nicht tolerieren, sie „müssen“ sofort und unmittelbar Wasser lassen, wenn
sie Harndrang verspüren.
Diagnostik der Harninkontinenz
Um wirkungsvolle Maßnahmen bei bestehender Harninkontinenz einleiten zu können, muss zunächst eine Abklärung der Form und der Ursachen stattfinden. Das sollte mit den Betroffenen, dem behandelnden Arzt und den Pflegenden gemeinsam geschehen. Besteht die Inkontinenz bei Menschen mit Demenz, leiten das häufig pflegende Angehörige ein. Hierbei sollte immer berücksichtigen werden, dass es oft mit
Scham verbunden ist, zugegeben zu müssen „das Wasser oder den Stuhl“ nicht
mehr halten zu können. Oft ist es auch schwer, das Gespräch dazu zu beginnen. Es
können durch Pflegende bei der Aufnahme der pflegerischen Beziehung Screeningfragen dazu genutzt werden:
• Verlieren Sie ungewollt Urin?
• Verlieren Sie Urin, wenn Sie husten, lachen oder sich körperlich betätigen?
• Verlieren Sie Urin auf dem Weg zur Toilette?
• Tragen Sie Vorlagen, um Urin aufzufangen?
• Ggf. Zeitpunkt des Erstsymptoms
• bisherige Maßnahmen / Hilfsmittel
Auch sollte geklärt werden, was die Inkontinenz für die betroffene Person bedeutet.
Es stehen Fragebogen zur Verfügung, die in standardisierter Form im Vorfeld wichtige Fragen aufgreifen und Gründe der Harninkontinenz erfragen. Denn eine effektive
Behandlung oder pflegerische Maßnahmen erfordern eine differenzierte Diagnose.
Für viele Menschen kann es einfacher sein, das weitere Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder den Mitarbeitenden des ambulanten Pflegedienstes dazu über
diesen Diagnosebogen (Fragebogen) zu führen.
Um unterschiedliche Ursachen von Inkontinenz zu erkennen, ist zumindest eine Basisdiagnostik erforderlich. Diese umfasst in der Regel zunächst:
• Erfassen der Inkontinenz durch Selbstaufschreibung der Betroffenen,
• Ggf. ist dazu die Beobachtung und Befragung der Betroffenen durch pflegende
Angehörige (Fragebogen) erforderlich
• Führen eines Miktionsprotokolls
Für den behandelnden Arzt sind das erste wichtige Informationen, um mögliche
Ursachen daraus abzuleiten und unter Umständen dann eine weitergehende
Diagnostik zu veranlassen.
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Bei schwerer Inkontinenz kann es auch sinnvoll sein, die Miktionen im Verlauf einer
Woche durch eine Strichliste zu erfassen. Denn häufig weicht dabei die vermutete
Häufigkeit der Miktionen von den Tatsächlichen ab. Durch eine solche Strichliste
kann die Häufigkeit der Ausscheidungen dabei objektiviert werden. Gerade bei
Menschen, die sich nicht mehr daran erinnern können, ob sie gerade die Toilette aufgesucht haben oder nicht, kann eine solche Strichliste Sicherheit vermitteln. Dabei ist
es „normal“ 5 – 6-mal pro Tag die Toilette aufsuchen zu müssen.
Strichliste zur Häufigkeit der Miktion
GESCHÄTZT
1. Tag
2. Tag
3. Tag
4. Tag
5. Tag
6. Tag
7. Tag
AM TAG
IN DER NACHT
Das Miktionsprotokoll erfasst darüber hinaus auch die Umstände des Toilettengangs
und andere beeinflussende Faktoren.
Die weiteren Untersuchungen zur Harninkontinenz können dabei durch den Hausarzt, den Gynäkologen, Urologen, Chirurgen oder Proktologen durchgeführt werden.
Sie umfassen:
• Untersuchung des Urins im Labor
• Restharnbestimmung (Untersuchung, ob die Blase nach dem Toilettengang
vollständig entleert ist)
• Ausschluss von Hindernissen oder Verengungen bei der Harnableitung wie
Prostatavergrößerung oder Kotstau.
Liegen weitere Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor, kann es auch erforderlich
sein, darüber hinaus eine differenzierte spezielle Diagnostik durch den behandelnden
Arzt individuell einzuleiten.
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Kontinenzprofile bei der Förderung der Harnkontinenz
Verschiedene Kontinenzprofile unterscheiden sich hinsichtlich des Abhängigkeitsgrad der Versorgung. Die Relevanz für das pflegerische Handeln ergibt sich aus unterschiedlichen, ergebnisorientierten Merkmalen. Die verschiedenen Profile sind
nachfolgend mit ihren Merkmalen aufgeführt (Quelle: DNQP, 2006).
Kontinenz
Es kommt zu keinem unfreiwilligen Harnverlust Personelle Hilfe oder Hilfsmittel sind
nicht erforderlich.
Unabhängig erreichte Kontinenz
Hierbei kommt ebenfalls es zu keinem unwillkürlichen Harnverlust, eine personelle
Unterstützung ist daher nicht erforderlich. Eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen werden selbständig durchgeführt:
• Trainingsmaßnahmen, z. B. Blasentraining
• Medikamenteneinnahme
• Intermittierender Selbst-Katheterismus
• Gebrauch von mobilen Toilettenhilfen
Abhängig erreichte Kontinenz
Es kommt zu keinem unwillkürlichen Harnverlust. Personelle Unterstützung ist jedoch
notwendig bei der Durchführung von Maßnahmen wie:
• Angebotener Toilettengang zu individuellen, festgelegten Zeiten
• Medikamenteneinnahme
• Intermittierender Fremd-Katheterismus
• Gebrauch von mobilen Toilettenhilfen
Unabhängig kompensierte Inkontinenz
Hier kommt es zu unwillkürlichem Harnverlust. Personelle Unterstützung ist bei der
Versorgung mit Kontinenzhilfsmitteln (z. B. bei der Entleerung des Blasenkatheterbeutels, dem Wechsel der aufsaugenden Hilfsmittel oder Anlegen/Wechsel eines
Kondomurinals) nicht notwendig.
Abhängig kompensierte Inkontinenz
Hierbei kommt es ebenfalls zu unwillkürlichem Harnverlust. Jedoch ist personelle
Unterstützung bei der Inkontinenzversorgung notwendig.
Nicht kompensierte Inkontinenz
Es kommt zu unwillkürlichem Harnverlust. Personelle Unterstützung bzw. Versorgungsmaßnahmen die bei der Inkontinenzversorgung notwendig wären, werden,
nicht in Anspruch genommen.
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Maßnahmen zur Kontinenzförderung
Ernährung
Getränke
Ein häufiges Problem im Alter allgemein und auch bei inkontinenten Menschen ist die
zu geringe Flüssigkeitsaufnahme. Bewusst wird zu wenig getrunken, um nicht so oft
zur Toilette zu müssen und sich vor ungewolltem Harnverlust zu schützen.
Trinkt ein Mensch jedoch zu wenig, steigt die Gefahr einer Harnwegsinfektion an und
eine schon bestehende Harninkontinenz wird verstärkt. Auch das Risiko einer Verstopfung erhöht sich, der wiederum negativen Einfluss auf Harn- und Stuhlinkontinenz hat.
Soweit aus medizinischer Sicht keine Beschränkungen erforderlich sind (z. B. bei
Herz-, Nieren- und Lungenerkrankungen) sollten mindestens 1,5 bis 2 Liter am Tag
getrunken werden. Dabei sollte sich nicht auf den Durst des alten Menschen verlassen werden, da viele Menschen gerade im Alter ein geringes oder gar kein Durstgefühl haben.
Wasser, Tee oder Fruchtsäfte bieten sich als Getränke an.
Beziehen Sie die persönlichen Vorlieben des Betroffenen in die Planung mit ein.
Große Tassen und Gläser haben sich bewährt, da das Austrinken zur Gewohnheit
geworden ist. Auch Obstsorten die viel Wasser enthalten z. B. Wassermelone erleichtern die Flüssigkeitsaufnahme.
Am Abend kann die Trinkmenge eingeschränkt werden, sodass der nächtliche Harndrang oder auch die nächtliche Inkontinenz reduziert werden kann.
Speisen
Scharfe Speisen können die Blase reizen. Stark zuckerhaltige Lebensmittel und Getränke können die Vermehrung von Bakterien im Urin und damit eine Blasenentzündungen fördern.
Wichtig ist weiterhin eine ausgewogene ballstoffreiche Ernährung mit reichlich Obst
und Gemüse, die Verstopfungen vorbeugt. Aber auch Hausmittel wie Sauerkrautsaft,
Trockenobst, das kalte Glas Wasser auf nüchternen Magen, oder Leinsamen mit viel
Flüssigkeit aufgenommen, können einer Verstopfung vorbeugen.
Kleidung
Inkontinente Menschen sollten sich warm kleiden. Vor allem Füße und Unterleib
können, wenn sie kalt sind, häufiges Wasserlassen auslösen. Luftdurchlässige Unterwäsche und solche bei der auf Synthetikfasern verzichtet wurde, beugen einem
feuchtwarmen Klima vor und können vor einer Blaseninfektion schützen.
Werden Hilfsmittel, wie zum Beispiel Vorlagen, getragen, kann darauf geachtet werden, dass die Kleidung die Konturen der Hilfsmittel nicht abzeichnet. Lange Hosen,
weite Blusen und Pullover helfen ggf., die Hilfsmittel zu kaschieren. Werden zudem
noch Hüftprotektoren genutzt, gibt es inzwischen Produkten, die auch bei Inkontinenz
eingesetzt werden können. Zum Beispiel Modelle mit offenem Schritt.
Geht der inkontinente Mensch selbständig zur Toilette, sollte sich die Kleidung
schnell und leicht entfernen lassen. Kleine Reißverschlüsse und Ösen können für
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Menschen mit Sensibilitätsstörungen in den Händen dazu führen, dass sie sich nicht
rechtzeitig der Kleidung entledigen können und einnässen oder gar einkoten.
Orientierung und Räumlichkeiten
Häufig kommt es vor, dass Menschen aufgrund von Wahrnehmungsstörung oder
Einschränkung der Orientierung inkontinent werden. So finden Sie beispielsweise
den Weg zur Toilette nicht mehr. Hier hilft die Begleitung zur Toilette oder auch das
Anbringen spezieller Hinweisschilder.
Weiterhin sollte darauf geachtet werden, dass der Weg zur Toilette nicht unnötig verstellt ist und einem Hindernislauf gleich kommt. Schwellen oder abgestellte Wagen
auf dem Flur, vor den Haltegriffen, können ebenfalls den Gang zur Toilette erschweren und so eine Inkontinenz hervorrufen. Zudem steigt auch das Sturzrisiko
erheblich an.
Im Bad dienen spezielle Halterungen, Toilettenerhöhungen oder auch Aufstehhilfen
dazu, die eigenständige Mobilität zu erhalten und den Gang zur oder von der Toilette
zu erleichtern.
Bewegung fördern
Die körperliche Fitness des pflegebedürftigen Menschen kann erhalten oder verbessert werden, in dem man ihn oder sie in die täglichen Aktivitäten einbezieht. In
dem keine Verrichtungen abgenommen werden, die er oder sie noch selbständig,
wenn auch mit etwas mehr Zeit, leisten kann. Die Mobilität eines Menschen hat Auswirkungen auf die körperliche und geistige Verfassung. So kann der Weg zur Toilette
trainiert und vielleicht als Bewegungsförderung angesehen werden. Mit der Bewegung wird nicht nur die Orientierung und körperliche Fitness trainiert, auch die
inneren Organe wie der Darm werden angeregt. Dies wirkt sich positiv auf die Verdauung aus.
Um die Mobilität zu erhalten, ist es wichtig das Geh- und Aufstehhilfen bei Bedarf zur
Verfügung stehen und diese individuelle auf die spezielle Bedürfnislage angepasst
sind.
Hygiene und Hautpflege
Die Einhaltung der hygienischen Maßnahmen ist erforderlich, um Blasenentzündungen vorzubeugen, Gerüche zu vermeiden und die Haut zu schützen.
Die Haut einer inkontinenten Person ist besonderen Gefahren ausgesetzt. Urin und
Stuhl greifen die Haut an. Gerötete, rissig irritierte Haut kann auf Pilzinfektionen, Ekzeme aber auch auf Wundliegen hindeuten. Auch Allergien sind denkbar. So können
feuchtes Toilettenpapier oder bestimmte Stoffe in Hilfsmitteln (z. B. Latex) zu Hautirritationen führen.
Nach dem Toilettengang und beim Waschen sollte der Intimbereich von vorn nach
hinten gereinigt werden, sodass keine Fäkalkeime in die Harnröhre gelangen können. Dazu empfiehlt es sich warmes Wasser und ph-neutrale Waschlotion zu verwenden und die Haut im Anschluss trocken zutupfen. Zu starken Reiben belastet die
gefährdete Haut zusätzlich. Der Einsatz von W/O Lotionen ist bei Menschen mit Inkontinenz oder trockener Haut empfehlenswert. Das Auftragen einer Wundschutzsalbe oder spezielle Produkte z. B. gegen Pilzerkrankungen sind mit dem behandelnden Arzt abzusprechen.
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Toilettengang
Jeder Mensch hat seine eigenen Rituale auf der Toilette. Lassen Sie dem Betroffenen die Zeit, die er braucht, und sorgen Sie für eine ruhige und ungestörte
Atmosphäre. Die Blase sollte bei einem Toilettengang möglichst vollständig entleert
werden, da sonst in der Blase Restharn verbleiben kann, der wiederum zu
Infektionen führen kann.
Viele demente Menschen verlieren das Bewusstsein für den geeigneten Ort um Urin
oder Stuhl auszuscheiden. Sie urinieren an sozial nicht akzeptierten Orten oder zu
sozial nicht akzeptierten Zeiten. Sie wissen jedoch noch, dass sie beispielsweise die
Kleidung entfernen oder sich hinhocken müssen. Andere Personen suchen die Toilette oder werden sichtlich unruhig, wenn sie Harn- oder Stuhldrang verspüren. Achten Sie auf solche Zeichen, um zu verhindern, dass die Ausscheidungen in ungeeignete Behältnisse abgegeben werden. In manchen Fällen helfen auch Toilettengänge z. B. regelmäßig jede halbe Stunde nach dem Essen.
Toilettentraining
Menschen mit demenziellen Erkrankungen verspüren häufig den Harndrang, „schaffen“ es aber nicht mehr rechtzeitig zur Toilette. Um ihnen dennoch die Möglichkeit zu
geben (teilweise oder zu den wachen Tagesstunden) kontinent zu bleiben oder zu
werden, kann ein Toilettentraining sinnvoll sein.
Dazu wird der von Inkontinenz Betroffene zu regelmäßigen Zeiten zur Toilette geführt. Diese Zeiten können z. B. zweistündlich über den Tag gewählt werden (fester
Rhythmus), oder jeweils vor den Zeiten liegen, zu denen die Person einnässt (individueller Rhythmus).
Toilettentraining zu einem festen Rhythmus
Bei dieser Form des Toilettentrainings fordern Sie den Pflegebedürftigen alle zwei bis
drei Stunden zu einem Toilettengang auf und begleiten ihn unter Umständen zur
Toilette oder helfen ihm im Umgang mit dem Toilettenstuhl oder der Urinflasche.
Toilettentraining zu einem individuellen Rhythmus
Die meisten Menschen haben ein individuelles Ausscheidungsmuster, gehen also
häufig im selben Zeitraum zur Toilette. Dies macht man sich bei dieser Form des Toilettentrainings zunutze. Wichtig ist es, dieses Ausscheidungsmuster zu identifizieren.
Dazu werden die Toilettengänge und/oder Vorlagenwechsel engmaschig kontrolliert
und für einige Tage notiert. Es gibt spezielle Miktionsprotokolle, es kann aber auch
eine kleine Tabelle geführt werden, wie das nachfolgende Beispiel zeigt.
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Muster für ein Miktionsprotokoll durch Selbst-Aufschreibung:
Name:_Fr. Muster
Uhrzeit Getränk/Menge
6.50
7.00
2 Tassen Kaffee zum
Frühstück
7.30
8.00
9.00
10.00
...
Datum: 27.2.06
Ausscheidung
Notizen
Auf Toilette Wasser gelassen
1 Tasse Tee
Vorlage trocken
Vorlage nass und Stuhl- Sehr
stark
gang in der Vorlage
genässt
Vorlage trocken
Vorlage trocken
ein-
Diesem Beispiel könnte man entnehmen, dass die inkontinente Person ca. eine
Stunde nach dem Frühstück Urin lässt. Sinnvoll könnte hier sein, einen Toilettengang
um 7.45 Uhr initiieren. So könnte ein individueller Plan für das Toilettentraining erstellt werden.
Blasen- und Beckenbodentraining
Zur Kontinenzförderung ist es möglich, unter Anleitung eines Physiotherapeuten/ einer Physiotherapeutin den Beckenboden zu trainieren, oder ein Blasentraining durchzuführen.
Blasentraining sollte bei einem transurethralen Dauerkatheter, wegen der Infektionsgefahr, zur Kontinenzförderung nicht durchgeführt werden.
Beide Trainingsprogramme, zum Blasen- und Beckenbodentraining, setzen eine gute
geistige Leistungsfähigkeit voraus, die es dem Betroffenen ermöglicht den Trainingseinheiten zu folgen und Übungen selbständig durchzuführen.
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Anhang
Kontakt Adressen und Links (Stand 01.05.2008)
Deutsche Kontinenz Gesellschaft: http://www.kontinenz-gesellschaft.de
Das Infotelefon der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e. V. ist zu erreichen unter
01805 / 2 33 44 0 (0,12 / Minute), und zwar Montag bis Freitag, 15 bis 20 Uhr.
Friedrich-Ebert-Str. 124
34119 Kassel
Tel.: 05 61/78 06 04
DVET – Fachverband Stoma und Inkontinenz: http://www.dvet.de
Schmidthainsweg 11
57080 Siegen
Tel.: 02 71/939 91 05
Bundesverband Medizintechnologie e.V.: Infokarten & Falt- und Merkblätter
Erstattung von Inkontinenzprodukten BVMed-Infokarte (Stand: Februar 2005)
http://www.bvmed.de/publikationen/Infokarten_Merkblaetter/l
Inkontinenz Ratgeber
http://www.coloplast.de/ECompany/DEMed/Homepage.nsf/(VIEWDOCSBYID)/099A
F9558859AC1CC1256B66006B2A1D
Literatur
Deutsche Kontinenz Gesellschaft (Januar 2005) Harn- und Stuhlinkontinenz;
www.kontinenz-gesellschaft.de
Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) (2007) : Expertenstandard Kontinenzförderung in der Pflege http://www.dnqp.de
Hayder D. (2004): "Ich hab da ein Leck... - Vom Schamgefühl inkontinenter Menschen", Die Schwester/Der Pfleger, 43(10), 748 - 751
Hayder, D. (2006) Pflegende Angehörige vermissen Beratung. Pflegen ambulant,
05/2006, Melsungen
Hayder, D. & Sirsch, E. (2006) Inkontinenz in der häuslicher Versorgung Demenzkranker, Deutsche Alzheimer Gesellschaft. 2. Auflage http://www.deutschealzheimer.de/index.php?id=39&no_cache=1
Hayder, Daniela; Kuno, Elke; Margit Müller (2008) Kontinenz - Inkontinenz - Kontinenzförderung: Praxishandbuch für Pflegende. Huber Verlag Bern.
Hoogers, Kinie, Inkontinenz verstehen (1999) Reinhardts Gerontologische Reihe
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Kuno, E. & Müller, E., (2007) In: Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der
Pflege (DNQP): Expertenstandard Kontinenzförderung in der Pflege
http://www.dnqp.de
Melchior, H.; Geeter, P. (1999) Gesellschaft für Inkontinenzhilfe e.V. Qualitätsmanual
Miktionsstörungen & Harninkontinenz (2002) pmi Verlag AG Frankfurt am Main
Perrar, K. M.; Sirsch, E., Kutschke, A. (2007) Gerontopsychiatrie für Pflegeberufe.
Thieme Verlag Stuttgart
RKI. Robert Koch Institut (Hrsg.) (2005): Infektionsprävention in Heimen.
http://www.rki.de (Zugriff 01.05.2008)
Sachsenmaier, Brigitte (1991) Inkontinenz – Hilfen, Versorgung und Pflege, Schlütersche Verlagsanstalt und Druckerei, Hannover
Stöhrer, Madersbacher, Palmtag, (1997) Neurogene Blasenfunktionsstörung, Neurogene Sexualstörung, Springer-Verlag, Berlin
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