Corynebacterien und andere Gram-positive Stäbchen Corynebacterien sind unregelmässig geformte, nichtsporenbildende, Gram-positive Stäbchen, die oft eine Keulenform haben; Coryne heisst auf Griechisch die Keule. Es gibt sehr viele verschiedene Corynebacterien, die meistens als Normalflora von Patientenproben isoliert werden. Aber oft sind Corynebacterien auch mit einer Krankheit assoziert. Klassischer Vertreter der Corynebacterien ist Corynebacterium diphtheriae, der Erreger der Diphtherie. Die Diphtherie ist eine Infektionskrankheit, die schon Hippokrates gekannt und beschrieben hat. Sie war früher eine sehr gefährliche Infektionskrankheit, und ist es teilweise auch heute noch, wie in den 90er Jahren eine Epidemie in den GUSLändern gezeigt hatte. Bis vor wenigen Jahrzehnten trat sie häufig auf und zwar oft in Form von Epidemien. In der Schweiz kommt die Diphtherie quasi nur bei Drogenpatienten vor, wobei diese Bakterien kein Toxin mehr bilden. Die Diphtherie ist eine sehr gut verstandene und untersuchte Erkrankung. 1884 isoliert und beschreibt Löffler den Erreger der Diphtherie. 1888 weisen Yersin u. Roux nach, dass das pathogene Prinzip ein Toxin ist. 1890 zeigen E. v. Behring et al., dass der Makroorganismus Antikörper (= Antitoxine) gegen das Toxin produziert. 1891 führt v. Behring die Serumtherapie (passive Immunisierung) zur Behandlung der Diphtherie ein. 1923 schlägt Ramon ein Verfahren zur Entgiftung des Toxins (Formaldehyd-inaktiviertes Toxin = Toxoid) vor, und ebnet den Weg für die aktive Immunisierung. Morphologie Grampositive Stäbchen, pleomorph, oft Polkörperchen. Keine Geisseln. Keine Sporen. Keulenform. Kultur Löffler-Serum für das schnelle Wachstum und die Darstellung der Polkörperchen. Selektivmedien mit Tellur-Salzen zeigen eine Schwarzfärbung durch Reduktion des Tellurits Tellur. Pathogenität Toxin (MG 62 000). Fragment A (aktive Komponente) und B (Bindungs-Komponente). B bindet an Rezeptoren empfindlicher Zellen. A blockiert EF2 bei der ribosomalen Proteinsynthese EF2 + NAD → EF2-ADP-Ribose + Nikotinamid + H+. Toxin-Gen ist Bestandteil eines Phagen-Genoms. Pathogenese Klinik Lokale Infektion. Invasion vor allem der Mukosa der Tonsillen und/oder der Nase. Seltener Wunden oder Hautläsionen. Entstehen der diphtherischen Pseudomembran. Systemische Intoxikation. Vor allem Parenchymdegeneration von Herzmuskel, Leber, Nieren, Nebennieren. Lähmungen der motorischen Kopfnerven. Diagnose Kultureller Nachweis des Erregers. Toxinnachweis bei kultiviertem Erreger im Tierversuch oder mit Antikörpern. Therapie Antitoxine. Antibiotika. Epidemiologie, Prophylaxe Infektionsquelle sind Erkrankte. Übertragung direkt, meist aerogen. Inkubationszeit 2-5 d. Nur sporadisches Auftreten in unserer Bevölkerung. Aktive Immunisierung mit Toxoid. Zusammenstellung anderer häufiger Corynebacterien Corynebacterium amycolatum Dieses Corynebacterien enthält keine Mycolsäuren Name. Trockene, rauhe Kolonien. Bei uns häufigstes, nicht-lipophiles Corynebacterium. Bedeutung der Isolate in Relation zu anderen Keimen beurteilen: Bei Reinkultur je nach Entnahmeort relevant. Häufig resistent gegenüber Penicillin, Erythromycin, Ciprofloxacin, Rifampicin; empfindlich auf Vancomycin. Corynebacterium striatum Ohne Gram-Präparat oft als koagulase-negativer Staphylokokkus verkannt, gehört zur normalen Hautflora. Verschiedenste Infektionen sind bekannt, eher selten als Infektionserreger bewiesen. Resistent gegen Erythromycin, Tetrazyklin, Rifampicin, Ciprofloxacin. Corynebacterium jeikeium Lipophiles Corynebacterium, welches quasi auf alles resistent ist ausser Vancomycin. Wird oft im Zusammenhang von Katheterinfektionen und Fremdkörper gefunden, kommt aber normalerweise auf der Haut vor. Listeria monocytogenes Ubiquitäres Vorkommen. Erdboden? Gram-positive, zarte Stäbchen. Peritriche Flagellen. Bei 20°C beweglich, bei 37°C unbeweglich. Kultur auf Blutagar aerob möglich. Wachstum auch bei 5-10°C möglich. Kleine Kolonien mit leichter Hämolyse. Fakultativ pathogene Bakterien. 6 9 Infektionsdosis gross (10 -10 ). Aufnahme mit kontaminierten Nahrungsmitteln. Bei Immunkompetenten keine klinisch manifeste Infektion oder nur Krankheitsbild eines grippalen Infektes. Bei Immunkompromittierten (T-Zell-Defekt, Alkoholismus, Diabetes, Cortisontherapie, Gravidität, Säugling, Senium) primäre Sepsis und/oder Meningoenzephalitis. Konnatale Listeriose = Granulomatosis infantiseptica. Resistent gegen Cephalosporine, Antibiotikatherapie mit Ampicillin oder Co-Trimoxazol. Propionibacterium acnes (siehe Spezialblatt) Bacillus sp. Es gibt sehr viele verschiedene Bacillusarten (aerobe Sporenbildner). Der bei uns am häufigsten isolierte Bacillus mit klinischer Relevanz ist Bacillus cereus verursacht Wundinfektionen. Resistenz gegenüber Penicillin, ist beweglich. Bacillus anthracis ist genetisch sehr verwandt mit Bacillus cereus, macht aber ganz andere klinische Bilder: Hautanthrax, Darmmilzbrand, Lungenanthrax. Morphologisch ähnlich zu Bacillus cereus, aber ohne Haemolyse; ist unbeweglich, empfindlich auf Penicillin. R. Zbinden, Prof Dr. med. et lic. phil. II, Institut für Med. Mikrobiologie, Uni Zürich. Juli 2015