Psychotizismus

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Die Natur der Psychopathologie:
Psychotizismus
Jürgen Karasek
Valentin Biehal
Zwei Hauptkritikpunkte an der
Psychopathologie:
• Reliabilität der Diagnosen fraglich
• Weitgehende Akzeptanz der dichotomen
Unterscheidung Kraeplin‘s (1897) in
Schizophrenie und Affektive Störung
„Psychose“ oder verschiedene
Psychosen?
• 19. Jahrhundert: „Einheitspsychose“
• 1897 Dichotome Trennung durch Kraeplin
• 1920 Kraeplin selbst zweifelt an Trennung
Was zur Hölle ist „Psychotizismus“?
• 1952 fügt Eysenck erstmals
Psychotizismus als dritte
Persönlichkeitsausprägung zu
Neurotizismus und Extraversion hinzu
• Im Gegensatz zu Psychose nicht
zwangsläufig krankhaft und eindeutig
definierbar, sondern dimensional
Psychotizismus als die Variable P
Kendell und Gourlay (1978)
• Versuch mit 146 schizoiden und 146 affektiv
gestörten Versuchspersonen
• Trimodale Verteilung anstatt vermuteter
bimodaler!
•  Schizo-Affektive Ausprägung am häufigsten
•  Hauptfaktor Psychose, nur schwacher zweiter
Faktor für Richtung der Ausprägung
Cloninger et al. (1985)
• Studie mit 500 „externen Patienten“ und 1249
ihrer Verwandten ersten Grades
• Hier sehr wohl bimodale Verteilung
•  unterstützt Kraeplins dichotomes Modell
• Eysenck meint jedoch, diese Studie wäre
weniger objektiv
Everitt, Gourlay und Kendell (1971)
• Faktorenanalyse
• 146 schizophrene und ebenso viele affektiv
gestörte Versuchspersonen
• 44 Variablen
• Hohe Korrelation zwischen den Variablen, nur
leichte Unterschiede, diese jedoch
erwartungstreu
•  spricht gegen Kraeplins Modell zweier
voneinander klar abgrenzbarer Krankheiten
Macht die Medikation den
Unterschied?
• Gegenbeispiele:
– Lithium hilft nicht nur bei affektiver Störung, sondern
auch bei Schizophrenie
– Neuroleptika können sowohl Manien als auch
Depressionen bekämpfen
– Etc.
• Ergo: Nein, Eysenck sieht hier eher ethisches
Problem
Auch keine eindeutige Abgrenzung
aufgrund von Unterschieden bei:
• Symptomen
• Biologischen Ursachen
• Geschlecht
• Alter bei erstmaligen Auftreten
• Sexueller Ausrichtung
• Etc.
Genetischer Aspekt
• Inwieweit sind Psychosen genetisch
vererbbar?
• Lässt sich hier eine klare Abgrenzung
vornehmen?
• Zwischen wie vielen und welchen
Krankheiten?
Vererbung
• Zwillinge und Trillinge mit unterschiedlichen
Psychosen
• Überraschenderweise: Kinder von affektiv
Gestörten fast genauso oft schizophren wie
ebenfalls affektiv gestört!
• Allerdings hatten sie tendenziell moderatere
Ausprägungen von Schizophrenie als Kinder von
Schizophrenen
•  Bestätigung des dimensionalen Ansatzes
Angst und Scharfetter (1990)
• 250 psychisch kranke Personen
• Getestet wurden deren Verwandte ersten Grades
• Höchstes Auftreten von Schizophrenie, dann
Schizo-Affektivität, vorherrschende Affektive
Störung, bipolare und unipolare Störungen
•  zeigt klare Hierarchiestruktur
• Psychosen sind an sich vererbbar, jedoch
ist eindeutige Abgrenzung auch hier
schwer
• Die Schizo-Affektive Störung ist eindeutig
nicht als solche vererbbar
• Stellt somit keine genetische Einheit dar
•  bildet also nur Brücke zwischen
schizophren und affektiv gestört
Gottesman und Bertelsen
• „Kreuzung“ psychotischer Patienten
• Kinder zu 68% manisch-depressiv!
• (dominantes Gen hat 78%)
•  zu wenige um gültige
Schlussfolgerungen zu ziehen, aber
durchaus beachtenswert
Das Diagnoseproblem
• Wie auch bei physischen Krankheiten
starke Unterschiede bei unterschiedlichen
Diagnosestellern: 10 – 63%
• Kulturelle Unterschiede: In USA weit mehr
Schizophrene als in UK durch weiter
gefasste Begriffsdefinition
Längsschnittbetrachtungen
• Oftmals völlig unterschiedliche Diagnosen
bei denselben Patienten innerhalb sehr
kurzer Zeiträume
• Tendenziell eher von leichteren zu
schwereren Psychosen als umgekehrt
(ähnlich wie bei Vererbung)
Lorr, Klett und McNair (1963)
• Rein statistische Studie
• 10 Syndrome isoliert
• Interkorrelationen gemessen
• Ergab 3 Faktoren, die wiederum zu einem
zusammengefasst werden konnten:
Schizophrenie
•  Eysenck meint, „Psychose“ wäre dafür
bessere Bezeichnung
• unterstützt sein dimensionales Modell
Generelle und Spezifische Theorien
von Psychose
• bitte Grafik von S. 204 (Fig. 6.1.)
einfügen
Psychotizismus: Zwei Definitionen
• Allgemein für jegliche Art von Psychose
• Erweiterung des Kontinuums auf
Krankheiten, welche nicht als eindeutig
psychotisch gelten und den
„Normalzustand“
Kretschmer (1946, 1948)
• Kontinuum von schizothym (schizophren)
bis cyclothym (manisch-depressiv)
• In der Mitte „Normalität“
• Eysencks Kritik: sollte zumindest
zweidimensional sein: Unterteilung nach
psychischer Gestörtheit und Schizophrenie
bzw. Affektivität
„criterion analysis“
• Von Eysenck 1950 entwickelt
• Zur Messung von Psychose – Normalität
• Um mittels Faktorenanalyse auf
kategorische oder dimensionales Modell zu
testen
Eysenck (1952)
• 50 schizophrene, 50 manisch-depressive
und 100 „normale“ Versuchspersonen
• 20 Tests
• Korrelationen zwischen Variablen ließen
keine eindeutige Abgrenzung zu
•  Hinweis auf dimensionales Modell
Verma, Eysenck (1973)
• 153 psychiatrische Patienten
• 34 Tests
• Faktorenanalyse
• 2 Faktoren: 1. Psychose, 2. Extraversion
• Nur der zweite Faktor machte eine
Unterscheidung innerhalb der Psychosen aus:
– Introvertiert  eher paranoid, schizophren
– Extrovertiert  eher depressive Störung
Das Schizophreniespektrum – Reich
(1976)
• Zur Einordnung psychopathologischer
Stadien
• die ihre genetischen Ursachen in
Schizophrenen haben und deswegen
zusammen mit Schizophrenie selbst ein
Spektrum schizophrener Störungen bilden.
Tests zum schizophrenen Spektrum
• Marker: ua. eyetracking und Reduzierte
Monoaminoxidase
• Vorkommen in den Familien
(Zwillingsstudien bzw. Verwandte)
Schizotype
Persönlichkeitsstörungen
• Zur Messung zB. der STA von Claridge und
Broks.
• Es wurde ua. herausgefunden, dass
Psychotizismus Skala nicht mit
Neurotizismus korreliert aber Schizotype
Skalen hohe Korrelation mit N haben.
• Studie von Bentall et al. (1989)
Kendler & Hewitt (1992)
• Hatten bei Faktorenanalyse 14 Skalen:
• 10 Selbstreportskalen für Schizotypie mit P
Skala inkludiert,
• eine für E,
• eine für N,
• eine für Depression
• und eine für Angst.
Kendler & Hewitt (1992)
• Es ergaben sich 3 Faktoren: 1. Neurotizismus,
Depression und Angst, Halluzinationen
Wahnehmungsstörungen und Magische
Vorstellungen.
• 2. Extraversion
• 3. Psychotizismus. (war beste Einzelskala)
• verschiedene Arten von Psychotizismus
vielleicht durch Unterschiede in N und E bedingt.
Studie von Heston (1967,1970)
• Studierte Kinder von schizophrenen
Müttern – Kinder wurden in den ersten
drei Tagen nach der Geburt adoptiert.
• 58 Vpn in der VG bzw. KG
• Als die Kinder erwachsen waren wurde sie
getestet:
Studie von Heston (1967,1970)
Ergebnisse:
• Schizophren: VG=5, KG=0,
• soziopathisch: VG=9, KG=2,
• >1 Jahr in Institution: VG:11, KG:2,
• Schwerverbrecher: VG:7, KG:2
Psychotizismus als proportinonales
Kriterium
•
1.
2.
3.
4.
5.
Gründe, dafür dass P-Wert bei Psychoseerkrankten oft
niedriger ist:
Man will Skala für Psychotizismus, nicht für Psychose
erstellen.
Psychose senkt die Einsicht des Patienten – reduzierte
Qualität bei ausfüllen des Fragebogens
Psychosepatienten haben höheren Lügenscore
Medikamenteinfluss
Patienten sind in Institutionen – beeinflußt Qualität.
Psychotizismus als proportinonales
Kriterium
• Wie kann man den statistischen Faktor P
im Konzept des Psychotizismus beweisen?
Psychotizismus als proportinonales
Kriterium
Zunächst benötigt man Validität – 3 Arten:
• Construct validity
• Concurrent validity
• Predictive valdity.
Psychotizismus als proportionales
Kriterium
• Schritte für wissenschaftliche Forschung für die
1.
2.
3.
4.
Erklärung, dass der P-Wert ein gültiger
Messfaktor für das Kontinuum ist:
Klare Abgrenzung zwischen schizophren und
normal
Konstruktion eines dazugehörigen Tests T
Gültigkeit des Tests demonstrieren
P und T sollen signifikant korrelieren
Psychotizismus als proportinonales
Kriterium
• Beispiele für Tests zum Nachweis des P-
Kriteriums:
• Gattaz (1981) forschte mit dem HLA B27
Antigen – Schizophrene haben dieses öfter
als normale Menschen.
• Er zeigte, dass die mit Antigen auch
höheren P-Wert hatten.
Psychotizismus als proportinonales
Kriterium
• Slade (1976) konzentrierte sich auf
Patienten mit Halluzinationen 
Halluzinierende Psychosepatienten hatten
den höchsten p-Wert.
• Lipton (1983) experimentierte mit eyetracking – Schizophrene sind unruhiger
beim Verfolgen eines Pendels
Psychotizismus als proportinonales
Kriterium
• Dichotic shadowing technique – Schizophrene
haben Überaktivierung der linken Hemispähre
• Rawlings und Borge (1987) zeigen, dass Vp mit
hohem P-Wert nicht die normale Bevorzugung
für das rechte Ohr haben.
• Hinton und Craske (1976) – Schizophrene haben
höhere Aktionspotentiale bei einfachen
Aufgaben.
Psychotizismus als proportinonales
Kriterium
• Kent und Rosanoff (1910), Tendler
(1945), Pavy (1968) Korrelation von
unüblichen Wörtern beim
Wortassoziationstests und hohem P-Wert.
• Klinteberg et al. (1987) reduziertes Level
der Monoaminoxidase bei Schizophrenen
Psychotizismus als proportinonales
Kriterium
• Zur Uneffizienz der Filterung von
Informationen, zwei psychologische Systeme.
1. Negative priming – Schizophrene können die
zuerst dargebotene Info nicht verdrängen –
positive Korrelation von Psychotizismus und
Interferenz.
2. Schwächere Ausprägung der latenten
Hemmung bei hohen P-Werten.
Psychotizismus als proportinonales
Kriterium
• Murry (1991) – Verhältnis von
Schizophrenie zwischen Männern : Frauen
= 2:1
• Männer haben schwerer Ausprägung
• Männer haben ein früheres Auftreten der
Krankheit
• Männer zeigen stärkere vorkrankheitliche
Charakteristika.
Conclusio
3 wesentliche Bestandteile des P-Kontinuums:
1. Psychotische Symptome und Krankheit sind nicht,
2.
3.
sondern bilden einen Cluster mit verschiedenen
Abstufungen.
Psychotische Krankheiten sollten nicht vom „Normalen“
abgegrenzt werden sondern sind ein Extrem des
gesamten Kontinuums.
Dieses Kontinuum geht mit dem Konzept des
Psychotizismus der durch den P-Wert dargestellt wird,
konform.
Conclusio
• Wiederholend noch mal die Tests zum Nachweis
•
•
•
•
des P-Kriteriums:
Biologisch: zB. Hla B27, MAO
Im Labor: Eye-tracking, dichotic shadowing
Anhand der Lernbedingung: latente Hemmung,
negative priming
Psychologisch: Halluzinationen, Wortassoziation
Ausblick
• Man mußte ein Konzept finden, dass einen
Wert, der scheinbar bei Erkrankten auftritt
messbar macht, Psychotizismus kann es
scheinbar.
• Psychotizismus könnte auch die Brücke
zwischen Genie und Kreativität sein.
Wir danken für Eure Aufmerksamkeit
Valentin Biehal, Jürgen Karasek
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