Erwin Knapek Kraft und Wärme aus der Tiefe Das Geothermie Kraftwerk Unterhaching Geothermie – warum? 99% der Erdkugel sind heißer als 1.000o C und nur 0,1% ist kälter o als 100 C Daseinsvorsorge der Kommunen Den Kommunen wird im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Art.28) und in der Verfassung des Freistaats Bayern (Art.83) als besondere Aufgabe die Sicherung der Lebensgrundlagen zugewiesen. Globales Klimaexperiment „Der Anstieg des CO2 wird zukünftigen Menschen erlauben, unter einem wärmeren Himmel zu leben.“ Ziel 350 ppm Svante Arrhenius 1896 Quelle: Quaschning, Globales Klimaexperiment; bwk 05/2003, S.38-41 Potenziale der Geothermie Norddeutsches Becken Potenziell hydrothermale Vorkommen Oberrheingraben Molassebecken Aquifere Kristallin Stromerzeugung Quelle: IE Leipzig Hydrothermale Wärmenutzung Das geothermische Potenzial ist gewaltig, die Umsetzung ist eine riesige Herausforderung! Jahresstrombedarf in Deutschland: 2 EJ / ~ 560 TWh / ~ 65 GWel Region Reservoir Maximaler Installierb. Produktion Elektrische Volumenstrom Leistung 3/h Energie [EJ] für 360 m 3 [m /h] [GWel] Oberrheingraben Kristallin 100 62 20 hoch Oberrheingraben Muschelkalk 300 0,2 0,07 mittel hoch Oberrheingraben Buntsandstein 200 2 0,7 mittel > 300 0,5 0,2 hoch Süddeutsches Molassebecken Malmkarst Rein rechnersich sind für 65 GWel ca. 17.500 Geothermieanlagen vom Typ Unterhaching notwendig Quelle: Inst. f. Energetik, Leipzig 2005 Geologie und Wassertemperatur der südbayrischen Molasse Isothermen Top - Malm Quelle GGA, Hannover Reflexionsseismik SW 0 Geophone NE 100 200 300 400 m -100 -100 NN NN 100 100 200 200 300 300 400 400 500 m 500 m Reflektor VSP Quelle: GGA Reflexionsseismik Hydrothermales System Gesteinsschicht im Untergrund ist wasserführend Aquifer Erschliessen dieses Aquifers und fördern des Thermalwassers mit unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen Auskoppeln der Wärme an der Oberfläche über einen zweiten Kreislauf und Thermalwasser wieder zurückpumpen Bohrplan Rollenmeißel Bicentermeißel Fündigkeiten 27. 09. 2004 Fördermenge: 150 l/s Temperatur: 122 °C Bohrlänge: 3.464 m Senkrecht: 3350 m 18. 01. 2007 Schüttung: >> 150 l/s Temperatur: 133 °C Bohrlänge: 3.864 m Senkrecht: 3580 m Zertifizierung „ausländischer“ Bohrmaschinen Bayern legt im Gegensatz zu anderen Bundesländern das BBergG bezüglich der statischen Sicherheit von Bohrgeräten buchstabengetreu aus. Bohrgeräte ausländischer (incl. EU) Bohrfirmen müssen die statische Sicherheit durch Vorweisen der Statikunterlagen beweisen. Diese werden von Herstellern nie mitgeliefert. Somit muss diese Statik mit hohem Zeitaufwand (7 bis 8 Monate) vom Bayerischen Bergamt nachgerechnet werden. Die international und in anderen Bundesländern anerkannte API Norm (USA) wird nicht anerkannt, das ist kostentreibend und bringt Projekte in wirtschaftliche Schwierigkeiten Potenzial des Geothermieprojektes Unterhaching Ergebnis und Ziele für Gt 1: • Förderung bis zu 38 MW thermische Leistung • Produktion bis zu 3,4 MW elektrische Leistung • Aufbau eines Fernwärmenetzes mit bis zu 76 MW Anschlussleistung • Entlastung der Umwelt durch CO2 - Einsparung in Höhe von 30.000 - 40.000 Tonnen Gt 2 hat 7 MWtherm mehr aber auch eine wesentlich bessere Injektivität als Gt 1. Überblick (Plan und Realisierung) Geothermie BHKW Unterhaching Weitere Möglichkeiten: Klimatisierung/Kälte (>80° C) Niedertemperaturnetz, Gewächshäuser, Fischzucht, Trocknungsanlagen, Thermalbad (< 60°C) Hydraulik Erlaubnisfeld Unterhaching 2007 Höhenmodell Purbeck Unterhaching Erlaubnisfeld Unterhaching 2002 Warte – Maschinenhalle - Kühltürme Modell Siemens AG Kalina Kraftwerk Blockschaltbild Kalina Kraftwerk 122 0 C 20 bar 36 0 C 6,6 bar Thermalwasser Verdampfer 75 0 C 6,8 bar 119 0 C 20,3 bar Kondensator Kühlkreislauf NDND-Vorwärmer Seperator HD-Seperator 60 0 C 19,6 bar 12,50 C 6,5 bar Turbine 130 C 24 bar 53 0 C 20,4 bar Kondensatbehälter Speisewasserpumpe Turbine, Getriebe, Generator Verdampfer: Plattenwärmetauscher Wärmetauscher für: Vorwärmer und Kondensator Maschinenhalle (3) Kondensatoren Fernwärme ND-Vorwärmer Turbosatz Verdampfer Quelle: Siemens Kühlturm - Prinzip Verdunstungsverlust Luft Kondensator Zusatzwasser Abschlämmverlust Quelle: Siemens Fernwärme 2008 Weiterer Ausbau des Fernwärmenetzes für 2009 geplant (ca. 6 MWtherm) Derzeit 28 km Fernwärmeleitung Angeschlossen sind öffentliche Gebäude, Gewerbebetriebe und 3000 Haushalte mit 31 MWtherm Anschlussleistung Motivation zum Anschluss: Versorgungssicherheit durch die Gemeinde Kalkulierbare Preise CO2 Zertifizierung im Gewerbe Anschluss für Einfamilienhaus: 1233 € Arbeitspreis: 5,015 ct/kWh (2008) Ergebnis 2008 Wärmeenergie: 47 023 MWh 42 658 MWh geothermisch (91%) 4 365 MWh fossil (95% Pumpenausfall) Leistungsspitze: 14,5 MW im Dezember 2008 Leistungsabnahme: 30,420 MW Thermalwasser: 2 279 343 m³ (Schüttung: 97 l/s) Erstmals konnte auch die Steuerung des Thermalwassers für den parallelen Betrieb zur Wärmeversorgung und Stromerzeugung getestet werden (Energiemagementsystem). Potenzial der Geothermie Unterhaching MWtherm Vertraglich verbriefte Fernwärmeleistung Fernwärme (Winter) tatsächliche Spitzenlast Thermisches Leistungspotenzial für Stromproduktion mit Kalina Technik Fernwärme (Sommer) Grundlast Preisindizies Geschätzte Preisentwicklung für Geothermie - Fernwärme 265 255 245 235 225 215 205 195 185 175 165 155 145 135 125 115 105 95 85 75 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 Investitionsgüter Personalkosten Heizöl Erdgas Quelle: Stat. Bundesamt Strom Fernwärme-Anbieter Geothermie Unterhaching Fazit Warum Geothermie-Fernwärme? Wettbewerbsvorteile gegenüber fossilen Energieträgern Weitestgehende Unabhängigkeit von ansteigenden Heizöl- und Erdgaspreisen (28%) Stabilere und konkurrenzfähige Preise Energieversorgung aus der Gemeinde mit heimischer Energie und Wertschöpfung vor Ort Versorgungssicherheit (unabhängig von Importen) Sauber, CO2 – emissionsfrei, sehr geringe Umwandlungsverluste (energiesparend) Geringe Anschlusskosten Platzsparende Wärmetauscher, kein Kamin Fazit Unterhaching hat derzeit die produktivsten Bohrungen in Deutschland, beide Bohrungen kommunizieren Das Projekt Unterhaching zeigt die Möglichkeiten der ganzheitlichen Nutzung (Wärme, Kälte, Strom) geothermischer Energie als Standortvorteil Durch Voruntersuchungen (wichtig: Seismik) fundierte Machbarkeitsstudien sind Voraussetzung für Versicherungen, Planung und spätere Wirtschaftlichkeit Vorzugsweise sollten in Bayern Kommunen Geothermie anbieten. Das leitet sich aus der bayerischen Vorrangsregelung der Wärmenutzung und der derzeitigen Situation (Wirtschaftskrise) ab. Der Freistaat Bayern sollte kommunale Projekte mit Landesbürgschaften absichern Politisches Fazit Nach Auffassung vieler Geologen sind in der Region München die Erlaubnisfelder zu klein und zu dicht aneinanderliegend (keine optimale Nutzung) In Bayern gibt es keine Bündelung der verwaltungstechnischen Verfahren (Bergrecht, Wasserrecht, Baurecht) Die Erlaubnisfelder werden zwar hoheitlich vergeben, deren rechtliche Nutzung als Bewilligungsfeld wird aber nicht hoheitlich gesichert (keine Verläßlichkeit). Investitionen können durch administrative Entscheidungen erst nach erfolgten Bohrungen verloren sein Warum Geothermie??? … weil wir als Bürger, Unternehmer oder auch als Kommune eine nicht delegierbare Verantwortung für den Klimaschutz haben … weil wir nicht warten müssen und dürfen, bis sich die großen Energiekonzerne auf den Weg machen … weil es eine wirtschaftliche und ökologische Alternative zu fossiler oder atomarer Energieerzeugung im Grundlastbereich ist … weil es funktioniert!!! Geotechniktag_130209 Danke für die Aufmerksamkeit