Organische Feldeffekttransistoren mit polarisierbarem Isolator

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Organische Feldeffekttransistoren mit
polarisierbarem Isolator
Der Naturwissenschaftlichen Fakultät
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
zur Erlangung des Doktorgrades Dr. rer. nat.
vorgelegt von
Katharina Schätzler
aus Mainz
Als Dissertation genehmigt
von der Naturwissenschaftlichen Fakultät
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Tag der mündlichen Prüfung:
13. Mai 2011
Vorsitzender der Promotionskommission:
Prof. Dr. Rainer Fink
Erstberichterstatter:
Prof. Dr. Heiko B. Weber
Zweitberichterstatter:
Prof. Dr. Gottfried Döhler
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
1
2 Grundlagen
5
2.1
2.2
2.3
Organische Feldeffekttransistoren . . . . . . . . . . . . . . . .
6
2.1.1
Ladungstransport im organischen Halbleiter . . . . . . .
6
2.1.2
Funktionsweise und Charakterisierung . . . . . . . . . .
11
2.1.3
Statische Modellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
Dielektrische Eigenschaften von Isolatoren . . . . . . . . . . .
20
2.2.1
Orientierungspolarisation . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
2.2.2
Ionische Leitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
Grenzflächenphänomene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
3 Simulation der Ionendynamik im Isolator
3.1
35
Transportmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38
3.1.1
Drift und Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
3.1.2
Zeitliche und räumliche Entwicklung . . . . . . . . . .
41
3.2
Modell für OFETs und Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . .
44
3.3
Schaltverhalten ionischer OFETs . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
3.3.1
Einschaltvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
3.3.2
Ausschaltvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58
3.3.3
Transistorstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
Inhaltsverzeichnis
ii
3.4
3.5
Einfluss physikalischer Parameter . . . . . . . . . . . . . . . .
68
3.4.1
Halbleiterbeweglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . .
68
3.4.2
Ionendichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
3.4.3
Ionenbeweglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
3.4.4
Variation der Gatespannung . . . . . . . . . . . . . . .
75
Zusammenfassende Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
4 Experimentelle Methoden
4.1
4.2
Materialien und Herstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
4.1.1
Substrat und Elektroden . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
4.1.2
Halbleiter und Isolator . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
4.1.3
Einflussfaktoren der Herstellung . . . . . . . . . . . . .
86
Messmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
87
5 Ionenangereicherte Transistoren
5.1
5.2
5.3
81
91
Variation der Elektrolyte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91
5.1.1
Perchlorate im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
Lithiumperchlorattransistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
5.2.1
Einfluss der Ionenkonzentration . . . . . . . . . . . . . 102
5.2.2
Grenzflächenphänomene . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
5.2.3
Einfluss der Gatespannung . . . . . . . . . . . . . . . . 112
5.2.4
Einfluss der Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
Dielektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
5.3.1
Gleichstromleitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
5.3.2
Nyquist-Plot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
5.4
Langzeitmessung an Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . 129
5.5
Simulierte Transistorströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
Inhaltsverzeichnis
iii
6 Zusammenfassung und Ausblick
139
7 Summary and Outlook
145
Literaturverzeichnis
149
1 Einführung
Organische Elektronik hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einer wichtigen Forschungs- und Entwicklungsrichtung entwickelt [1]. Der wirtschaftliche Durchbruch, der z. B. mit organischen Solarzellen oder RFID (Radio
Frequency Identification) Etiketten gelingen könnte, steht jedoch noch bevor [2]. Die Vorteile dieser Technologie liegen auf der Hand: Die Materialien lassen sich aus Lösung verarbeiten, so dass aus ihnen aufgebaute Schaltungen in Druck- oder Beschichtungsverfahren kostengünstig und in sehr hohen Stückzahlen hergestellt werden können [3] [4] [5]. Diese Vorteile müssen
allerdings den Nachteil der deutlich geringeren Leistungsfähigkeit aufwiegen.
Die Hauptursache für die geringere Leistungsfähigkeit liegt in der niedrigen
Ladungsträgerbeweglichkeit organischer Halbleiter. Im Vergleich zu kristallinem Silizium mit einer Ladungsträgerbeweglichkeit in der Größenordnung von
µHl ≈ 103 cm2 /V s liegt die Ladungsträgerbeweglichkeit von Polythiophen, einem typischen organischen Halbleiter, um mehrere Größenordnungen niedriger
bei ungefähr µHl ≈ 10−2 cm2 /V s [6].
Aktuell existieren mehrere Strategien, dem Umstand der geringen Leistungsfähigkeit zu begegnen. Sie lassen sich am Besten am Beispiel der Funktionalität des Transistors diskutieren, da dieser das Basiselement komplexer
elektrischer Schaltungen ist. Eine gewünschte Verbesserung organischer Transistoren setzt an der Abhängigkeit des Transistorstroms IDS an. Dieser hängt
nach der Standardtheorie [7] [8] für Transistoren bei kleinen Drainspannungen
(UDS < UGS − Uth ) näherungsweise von folgenden physikalischen und geometrischen Parametern ab:
IDS ∝
0 εIns W
µHl (UGS − Uth )UDS
dIns L
(1.1)
Dabei ist UGS die Gatespannung und Uth die Schwellspannung des Transistors. W/L sind geometrische Größen, genauer Kanalweite W und -länge L. εIns
2
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
ist die Dielektrizitätskonstante des Isolators und dIns die im Transistor realisierte Isolatorschichtdicke. µHl ist die Ladungsträgerbeweglichkeit des organischen
Halbleiters.
An der Gleichung ist zu erkennen, dass zunächst die Möglichkeit besteht,
den Transistorstrom durch eine Vergrößerung des Geometrieverhältnisses W/L
zu erhöhen. Dieses Vorgehen wird z. B. in [9] oder [11] demonstriert und soll
hier nicht betrachtet werden. Es handelt sich um eine rein geometrische Optimierung, die als Grenze die technisch mögliche Strukturauflösung hat. Zu beachten
ist dabei, dass eine Vergrößerung der Transistorfläche die Defektanfälligkeit des
Bauteils erhöht. Ebenso soll die Erhöhung der Schaltspannungen hier nicht betrachtet werden, da diese Optimierung durch die Durchbruchfeldstärke in der
Größenordnung von einigen Megavolt pro Zentimeter [10] limitiert wird.
Neben der Geometrie und den Schaltspannungen kann nach Gleichung 1.1
die Leistungsfähigkeit des Transistors über eine Optimierung des Halbleiters
bzw. des Isolatormaterials verbessert werden. Das Halbleitermaterial ist für diese Arbeit durch das gängige Polythiophen gegeben. Somit kristallisiert sich der
Isolator als großer Einflussfaktor auf den Transistorstrom IDS heraus. Sein Einfluss zeigt sich im ersten Term in Gleichung 1.1. Eine Verstärkung des Stromes
durch Manipulation des Isolators kann durch zwei verschiedene Strategien verfolgt werden: Erhöhung der Dielektrizitätskonstante εIns des Isolators oder Verringerung der Schichtdicke dIns des Materials. Die Möglichkeit der Verringerung
der Schichtdicke ist aufgrund der endlichen Durchbruchfeldstärke organischer
Isolatoren begrenzt. Sie führt zu elektrischem Durchschlag des Materials bei Reduzierung der Dicke. Eine erfolgreiche Umgehung dieser Beschränkung wird
z. B. durch den Einsatz sehr dünner, selbsorganisierender Molekülschichten, sog.
SAMs (self assembling monolayers), erreicht. Hier entstehen durch eine sehr hohe molekulare Packungsdichte wenige Nanometer dicke und defektfreie Schichten [12] [13] [14]. Hohe Durchbruchfeldstärken erreichen auch Sirringhaus et
al [15] bzw. Facchetti et al [16] durch den Einsatz dünner verlinkender bzw. fotoverlinkender polymerer Filme.
Als wichtige Einflussgröße bleibt somit die Erhöhung der Dielektrizitätskonstante [10], die durch die Wahl eines stark polarisierenden [17]
oder ionenleitenden Materials [18] umgesetzt wird. Im ersten Fall wird
die Dielektrizitätskonstante εIns um den Beitrag der Orientierungspolarisation εpol erhöht. Beide Phänomene verursachen die Ausbildung einer Grenzflächenladung im Isolator, die die kapazitive Wirkung des Materials erhöht. Haben nicht polarisierende organische Isolatoren wie z. B. PMMA eine Dielektri-
3
zitätskonstante von ca. 2-4, so zeigt z. B. das häufig verwendete polarisierende
Poly(Vinylidenfluorid/Trifluoroethylen), kurz P(VDF-TrFe), einen Wert von ca.
11 [19].
Ionenleitende Isolatoren, die eine Raumladungspolarisation der kompletten
Materie aufweisen, versprechen eine noch stärkere Erhöhung der Dielektrizitätskonstante. So realisieren Bergreen et al [20] [21] organische Feldeffekttransistoren auf Basis eines flüssigen Elektrolytisolators. Sogenannte Gel-ElektrolytTransistoren werden von Frisbie et al [22] [23] demonstriert. Diese Beispiele
haben gemeinsam, dass die Ionenleitung im Isolator die Transistorströme durch
Ionenakkumulation an den Grenzflächen erfolgreich erhöht. Die Ionenleitung
entspricht einem Transportprozess der Ionen durch die polymere Isolatormatrix,
dessen Leitfähigkeit von der Beweglichkeit und der Dichte der Ionen abhängt.
Faktoren wie die intermolekulare Wechselwirkung der polymeren Ketten des Isolatormaterials und die Ionen-Ketten Wechselwirkung spielen dabei eine wichtige
Rolle [24] [25].
Für sich genommen, sind polymere Isolatoren eher schlechte Ionenleiter. Diese Tatsache hat deutliche Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Bauteile [24]. Die geringe Beweglichkeit der Ionen verursacht z. B. sehr lange Schaltgeschwindigkeiten zwischen dem Ein- und Aus-Zustand in ionenleitenden Transistoren. Ihre Charakteristik wird von einer ausgeprägten Zeitabhängigkeit dominiert. Ein erfolgreicher Einsatz ionenleitender Isolatoren wird daher immer
davon abhängen, die Vorteile der Transistorstromverstärkung mit den Nachteilen des Verlusts der Schaltgeschwindigkeit der Transistoren abzuwägen. In den
oben aufgeführten Beispielen konnte die Schaltgeschwindigkeit der Transistoren
durch Verwendung einer flüssigen bzw. einer gelartigen Isolatormatrix optimiert
werden, die verbesserte Ionenbeweglichkeiten ermöglicht.
Diese Optimierung setzt ein Verständnis für den Transportprozess der Ionen
in der Isolatormatrix voraus. Said et al [26] entwickelten z. B. ein Modell eines
komplett relaxierten p-e-n Bauteils, das jedoch nur einen stationären Zustand des
Systems beschreibt. Insgesamt hat die Modellierung des vielseitigen Phänomens
der Ionenleitung in polymeren Isolatoren bisher kaum stattgefunden [24]. Essentiell für das Verständnis ist hier vor allem ein dynamisches Modell, das es
ermöglicht, die zeitabhängige Bauteilcharakteristik zu simulieren.
Die vorliegende Arbeit setzt an dieser Fragestellung an. Sie hat eine Modellierung der Zeitabhängigkeit ionenleitender Transistoren und dadurch ein besseres Verständnis der dynamischen Vorgänge zum Ziel. Die ionenleitenden Tran-
4
KAPITEL 1. EINFÜHRUNG
sistoren werden auf der Basis der organischen Elektronik der Firma PolyIC in
Fürth entwickelt. Zum Verständnis der in Material und Transistor stattfindenden
Prozesse wird eine vielseitige Analyse der Transistorcharakteristik durchgeführt.
Sie führt zu einer Modellbildung der Transportprozesse, die eine qualitative und
quantitative Diskussion des zeitabhängigen Transistorverhaltens ermöglicht.
Im Detail erläutert Kapitel 2 zunächst die Grundlagen für das Verständnis
der Funktionsweise organischer Feldeffekttransistoren. Es gibt zusätzlich einen
Überblick über die dielektrischen Eigenschaften insbesondere ionenleitender Isolatoren. In Kapitel 3 wird die Simulation für den Ionentransport in Isolatoren
aufbauend auf dem Drift- und Diffusionsmodell detailliert entwickelt. Die Diskussion des Modells findet mit Hilfe eines simulierten Schaltexperiments für
Transistoren statt. Erläuterung der experimentellen Methoden wie Aufbau und
typische Charakterisierung der Transistoren findet in Kapitel 4 statt. Kapitel 5
zeigt zunächst den Vergleich verschiedener mit Salz angereicherter Transistoren. Anschließend wird u. a. der Einfluss der Ionenkonzentration und der Messtemperatur auf die Leistungsfähigkeit der LiClO4 Transistoren untersucht. Die
Diskussion der dielektrischen Eigenschaften des modifizierten Isolatormaterials
wird mit Hilfe von Impedanzmessungen an Kondensatoren durchgeführt. Intensiv wird das Verständnis der im Material vorherrschenden Prozesse diskutiert und
mit einem Vergleich zwischen Experiment und der Simulation des Drift- und Diffusionsmodells abgeschlossen.
2 Grundlagen
1983 wurde der erste Transistor mit einer organischen halbleitenden Schicht
von Ebisawa et al. [27] präsentiert. Das Grundlagenverständnis für halbleitende
Materialien und für aus ihnen aufgebaute Bauelemente wurde bis dahin an anorganischen halbleitenden Materialien wie Silizium oder Verbindungshalbleiter
wie Gallium-Arsenid entwickelt. Modellvorstellungen der klassischen Halbleiterforschung lassen sich nicht ohne Weiteres auf Materialien und Bauelemente
der organischen Klasse zu übertragen. Der einfache Übertrag scheitert an den
grundsätzlich anderen Materialeigenschaften wie z. B. dem Ladungstransportmechanismus. Im Laufe der Jahrzehnte haben viele Wissenschaftler dazu beigetragen, Modellvorstellungen für organische Materialien zu entwickeln. Dabei steht
der Transistor im Mittelpunkt der Anwendungsentwicklung.
Nach einer Einführung in den Ladungstransport organischer Halbleiter wird
die Funktionsweise eines Feldeffekttransistors diskutiert. Zudem wird die Charakterisierung und Modellbildung für Transistoren erläutert. Anschließend werden die Grundlagen zur Analyse dielektrischer Eigenschaften von Isolatoren aufgeführt und im Speziellen der Fall ionenleitender organischer Isolatoren behandelt. Die beiden aktiven Schichten, Isolator und Halbleiter, grenzen im Bauelement aneinander. Diese Grenzfläche beeinflusst maßgeblich die Transistoreigenschaften und wird im abschließenden Kapitel diskutiert.
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
6
2.1 Organische Feldeffekttransistoren
Häufig werden schon Bauelemente organisch genannt, die lediglich eine organische halbleitende Schicht besitzen. Im Falle dieser Arbeit bestehen bis auf die
Elektroden alle Schichten aus organischen Materialien. Ihre Eigenschaften sowie die Funktionsweise des organischen Feldeffekttransistors werden im Folgenden behandelt. Einen guten Überblick über das Themengebiet findet sich in den
Büchern [14] und [28] oder in den Übersichtsartikeln [1] [2] [29].
2.1.1 Ladungstransport im organischen Halbleiter
Im Gegensatz zu anorganischen halbleitenden Materialien wie Silizium oder Germanium [30] bilden organische Halbleiter wie Polythiophen aufgrund der schwachen molekularen Wechselwirkung keine kristalline Struktur aus, es liegt keine
langreichweitige Ordnung vor. Trotz der fehlenden Fernordnung findet Ladungstransport bei Anlegen eines elektrischen Feldes statt, jedoch mit einer viel geringeren Leitfähigkeit als z. B. bei Silizium. Bestimmend und charakteristisch für
den Ladungstransport in unterschiedlichen organischen Halbleitern ist ein konjugiertes π-Elektronensystem. In ausgedehnten Systemen lässt sich die Konjugation häufig in einer alternierenden Abfolge von Einfach- und Doppelbindungen
ablesen [31]. Zur Erklärung des Ladungstransports in Polythiophen werden die
die elektronischen Zustände des Monomers Thiophen sowie die intra- und intermolekularen Wechselwirkungen betrachtet.
R
S
Abbildung 2.1: Das Monomer der Polythiophens.
Das Monomer Thiophen besteht aus einem Ring mit einem Schwefelatom
und 4 Kohlenstoffatomen (Abbildung 2.1), wobei die Valenzelektronen beider
Atomarten sp2 hybridisiert sind. Hybridisierung bezeichnet die Ausbildung molekularer Energiezustände der Valenzelektronen mehrerer einzelner Atome aus
2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN
7
Linearkombinationen der atomaren Energiezustände im Falle von benachbarten
gleichartigen Atomen. Sie bestimmt die räumliche Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten der Elektronen. Im Falle der sp2 Hybridisierung des Kohlenstoffatoms befinden sich die Aufenthaltswahrscheinlichkeitshäufungen von 3
der 4 Valenzelektronen (2s2 2p2 ) in einer Ebene mit je 120◦ Abstandswinkel.
Das vierte nicht hybridisierte Valenzelektron, üblicherweise pz -Orbital genannt,
steht senkrecht zu dieser Ebene. Der Schwefel mit den Valenzelektronorbitalen
3s2 3p4 ist ebenfalls sp2 hybridisiert und verfügt über ein doppelt besetztes pz Orbital. Der Überlapp der atomaren Energiezustände mit den Energiezuständen
benachbarter Atome führt zu einer Ausbildung von Molekülorbitalen. Im Falle des Thiophenrings bilden die überlappenden pz -Orbitale benachbarter Atome
die π-Orbitale des Moleküls. Die 5 π-Orbitale des Ringmoleküls (je eins pro
Atom) sind mit 6 Elektronen besetzt und teilen sich auf in drei bindende π- und 2
antibindende π ∗ -Zustände. Im Grundzustand sind die drei energetisch niedriger
liegenden bindenden Zustände des Moleküls mit 6 Elektronen voll besetzt. Das
höchste dieser drei Energieniveaus wird mit HOMO (highest occupied molecular
orbit), das niedrigste der antibindenden Niveaus mit LUMO (lowest unoccupied
molecular orbit) bezeichnet.
Transport entlang der Polymerkette
Betrachtet man im Folgenden die Polymerkette der Thiophenmonomere, so
wechselwirken nicht nur die Atomorbitale auf einem Ringmolekül sondern auch
die Molekülorbitale benachbarter Ringe untereinander, was zu einer weiteren
Aufspaltung der Energieniveaus führt. Die Zahl der Niveaus nimmt mit der Zahl
der wechselwirkenden Atome zu, so dass sich im Falle des Polythiophens eine
näherungsweise kontinuierliche bandartige Verteilung der Energieniveaus ergibt.
Zwischen HOMO und LUMO bleibt eine Energielücke, die das Polymer zum
Halbleiter macht. Die sich aus den π-Orbitalen ergebende Doppelbindung zwischen zwei Atomen ist energetisch günstiger als die auf ein Atom beschränkte
Einfachbindung und verursacht zudem einem kürzeren atomaren Abstand. Die
Polymerkette weist eine alternierende Abfolge von Einfach- und Doppelbindungen auf. Da der Thiophenring eine ungerade Anzahl an Atomen beinhaltet, lassen
sich die Monomere in Thiophenringe mit 2 bzw. 3 Doppelbindungen aufteilen,
weswegen die Monomere in einen benzoiden bzw. chinoiden Zustand unterschieden werden (Abbildung 2.2). Aufgrund der energetisch günstigeren Doppelbin-
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
8
dung und des unterschiedlichen atomaren Abstands der Bindungen sind diese
beiden Zustände des Polythiophens energetisch nicht entartet.
Abbildung 2.2: Benzoide und chinoide Konfiguration des Polythiophens. Die beiden Zustände sind nicht entartet.
Treffen diese beiden Zustände im Molekül aufeinander, so bildet sich eine
Ladung heraus. Aufgrund des oben genannten unterschiedlichen atomaren Abstands geht dieser Übergang mit einer Verzerrung der Gitterstruktur einher. Daraus resultiert, dass die Ladung von einer Gitterverzerrung, einem lokalisierten
Phonon, begleitet wird. Durch das Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes
findet Ladungstransport innerhalb einer Polymerkette statt. Die Kombination des
bewegten Ladungsträgers und dem lokalisierten Phonon wird Polaron, dem Quasiteilchen aus Ladungsträger und Phonon, genannt. Entscheidend für den Ladungstransport innerhalb einer Polythiophenkette sind also Polaronen, die entlang des elektrischen Feldes wandern.
Hopping-Transport und MTR Modell
Die bisherige Betrachtung erklärt, wie sich Ladungsträger delokalisiert auf einer Polymerkette bewegen können. Allerdings treten in amorphen oder polykristallinen Schichten mit einer um ein Vielfaches größeren Ausdehnung als die
einzelne Kette, viele Grenzen und Inhomogenitäten auf, die eine langreichwei-
2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN
9
tige Ordnung zerstören. In Polythiophen verkürzt sich daraus die durchschnittliche effektive Konjugationslänge auf ca. 10 Monomereinheiten. Diese begrenzte
Reichweite der Wechselwirkung führt zu lokalisierten Zuständen, deren Energieniveaus oberhalb des HOMO und unterhalb des LUMO liegen und das oben
erläuterte Energiediagramm der Molekülorbitale ergänzen.
Eine präzisere Betrachtung der Energieniveaus in Polythiophen legt die Beschreibung mit dem Unordnungsmodell [32] nahe, das auf das Konzept der Energiebänder verzichtet. Vielmehr geht man aufgrund der Unordnung im Festkörper
von einer statistischen Verteilung einzelner lokalisierter Zustände aus, deren
Energieverteilung durch gaußverteilte Zustandsdichten (engl. density of states)
beschrieben werden kann. Die Häufung der Zustände lässt sich durch das Bild
der Energiebänder jedoch weiterhin näherungsweise beschreiben, was in Abbildung 2.3 darstellt. Der Formalismus der Energiebänder vereinfacht insbesondere
die Bauelementcharakterisierung, da sich die etablierte Sprechweise von anorganischen Halbleiterbauelementen übertragen lässt.
Abbildung 2.3: Darstellung des Energiediagramms und des Hopping-Transports
in Polythiophen. Näherungsweise können die Zustände oberhalb des LUMO und
unterhalb des HOMO als Energiebänder bezeichnet werden. In der Bandlücke befinden sich lokalisierte Zustände (hier nicht maßstabsgetreu eingezeichnet). Ladungstransport findet als Hopping zwischen lokalisierten Zuständen, lokalisiertem
Zustand und Energieband oder innerhalb des Bandes statt.
Lokalisierte Ladungsträger können ihre Position nicht durch Drift im elektrischen Feld sondern lediglich durch Hüpfen (engl. hopping) wechseln. Dabei
existieren verschiedene Möglichkeiten der Fortbewegung. Zum einen können die
Ladungsträger direkt in einen anderen lokalisierten Zustand übergehen, was als
thermisch aktiviertes Tunneln bezeichnet wird (Abbildung 2.3). Es kann nur auf-
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
10
treten, falls die Energiedifferenz zwischen den beiden Zuständen nicht zu groß
und ein Überlapp der Wellenfunktionen beider Zustände gegeben ist. Die Entfernung der beiden lokalisierten Zustände kann dabei variieren, was von Mott [33]
durch das sog. Variable Range Hopping (VRH, zu deutsch: Hüpfen mit variablem Abstand) beschrieben wird und mit folgende Temperaturabhängigkeit der
Leitfähigkeit ergibt:
σV RH ∝ exp(−
T0
)
T 1/4
(2.1)
Der Wert von T0 hängt dabei von der Zustandsdichte der lokalisierten
Zustände an der Fermi-Energie ab. Zum anderen können die Ladungsträger thermisch aktiviert in ein energetisch nächstliegendes Band gelangen (Abbildung
2.3). In diesem können sie sich als delokalisierte Ladungsträger in Form von Polaronen fortbewegen oder wieder in einen lokalisierten Zustand relaxieren. Dieser
Leitungsmechanismus wird auch Multiple Trapping and Release Modell (MTR,
zu deutsch: wiederholtes einfangen und freigeben) genannt [34]. Die thermische
Aktivierung der Ladungsträger spiegelt sich im Ansatz für die Leitfähigkeit bzw.
die Beweglichkeit wieder:
σM T R = σBand exp (−
Et
)
kT
µM T R = µBand a exp (−
Et
)
kT
(2.2)
(2.3)
Dabei ist σBand bzw. µBand die Leitfähigkeit bzw. die Beweglichkeit der
Ladungsträger im Band und a das Verhältnis der Zustandsdichte an der Bandkante zur Konzentration der Fallenzustände. Et ist die energetische Tiefe der
Fallenzustände und kT die thermische Energie des Systems. Eine weitere Komplikation, die hier nur erwähnt sei, auf die jedoch hier nicht weiter eingegangen
wird, liegt darin, dass die Ladungsträger in Form von Polaronen vorliegen (siehe
Kapitel 2.1.1).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Kombination aus dem Transport
in delokalisierten bandartigen Zuständen und thermisch aktivierten HoppingTransport zwischen lokalisierten Zuständen stattfindet. Der dominierende Charakter des Ladungstransports in der hier verwendeten Polythiophenschicht ist wegen der vorhandenen Domänengrenzen der Hopping-Transport , da der Halbleiter
2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN
11
in einer amorphen Schicht vorliegt und die verwendeten Transistorgeometrien
und damit die Transportlängen über die Konjugationslänge der Polymerketten
hinaus gehen.
2.1.2 Funktionsweise und Charakterisierung
Der Feldeffekttransistor, der aus der Source- und Drainelektrode, der Halbleiterund Isolatorschicht sowie der Gateelektrode besteht, kann im sog. Bottom-Gate
oder im sog. Top-Gate Aufbau realisiert werden, je nachdem, ob der Gatekontakt des Bauelements als unterste oder als oberste Schicht im Paket aufgebracht
wird. Beim Bottom-Gate Aufbau wird zudem noch unterschieden, ob die Sourceund Drainelektroden (Top-Contact) oder der Halbleiter (Bottom-Contact) das
Schichtpaket abschließen. In der vorliegenden Arbeit wurden ausschließlich TopGate Transistoren (Abbildung 2.4) gebaut, was in der Praxis Auswirkungen auf
die Prozessierung und die Lebensdauer der Bauelemente hat. Da insbesondere
der Halbleiter aufgrund seiner organischen Natur nicht chemisch dicht ist, wirkt
der Isolator mit der Gatelektrode wie eine Verkapselung gegen Umwelteinflüsse
wie Luftfeuchte oder Sauerstoff. Die Bauelemente haben eine längere Lebensdauer [36].
Abbildung 2.4: Schematische Darstellung des Feldeffekttransistors und seiner
elektrischen Anschlüsse im Top-Gate Aufbau.
Die Funktion eines Transistors ist die eines elektrischen Schalters. Das Prinzip des Bauelements wird im Folgenden anhand von Abbildung 2.4 erklärt:
Wird zwischen den Source- und Drainkontakten eine Spannung UDS angelegt, so fließt zwischen diesen beiden Kontakten aufgrund der geringen Eigen-
12
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
leitfähigkeit des Halbleiters ein nur sehr geringer Strom IDS , der Transistor ist
im off -Zustand (aus). Wird jedoch gleichzeitig eine Spannung UGS zwischen
dem Source- und dem Gatekontakt angelegt, so werden durch den Feldeffekt
Ladungsträger im Halbleiter an der Grenzfläche zum Isolator angereichert. Der
Isolator entspricht dabei dem Dielektrikum eines Plattenkondensators, das einen
elektrischen Strom durch die dielektrische Schicht verhindert bei gleichzeitiger
felderzeugter Ansammlung von Plattenladungen zu beiden Seiten der isolierenden Schicht. Die angereicherten oder auch akkumulierten Ladungsträger bilden
einen leitfähigen Kanal, der jetzt einen viel größeren Strom IDS von Source nach
Drain ermöglicht. Der Transistor befindet sich im on-Zustand (an). Zusammengefasst wird also mit Hilfe der Gatespannung UGS der Strom IDS gesteuert, der
Transistor schaltet von einem off - in einen on-Zustand. Im Falle der hier hergestellten organischen Feldeffekttransistoren mit Polythiophen als p-Typ Halbleiter (siehe Kapitel ??), werden durch eine negative Gatespannung positive Majoritätsladungsträger des Halbleiters angereichert. Dazu dient der Sourcekontakt
als Quelle (engl. source) der Ladungsträger, der Drainkontakt sammelt sie wie
ein Abfluss (engl. drain) auf. Das Gate, zu deutsch ’Tor’, reguliert die Größe des
Stromes über den leitfähigen Kanal.
Abbildung 2.5: Energiediagramm zur Veranschaulichung der Kanalbildung im
Feldeffekttransistor mit Polythiophen als p-Typ Halbleiter. Negative Gatespannung UGS sorgt für eine Akkumulation von positiven Ladungsträgern an der
Halbleiter-Isolator Grenzfläche und damit zur Bildung eines leitfähigen Kanals.
In Abbildung 2.5 wird die Bildung des leitfähigen Kanals detailliert diskutiert. Bild (a) zeigt das Energiediagramm des Transistors ohne angelegte Span-
2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN
13
nung. Dabei meint ΦM bzw. χ die Austrittsarbeiten der Materialien. Bei Anlegen einer negativen Gatespannung UGS kommt es zu einer Akkumulation von
positiven Ladungsträgern an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche, was zu einer
Bandverbiegung im Halbleiter führt (Bild b)). Die akkumulierten positiven Ladungsträger bilden damit den leitfähigen Kanal des Halbleiters. Der Kanal bleibt
näherungsweise auf eine 2-dimensionale Schicht begrenzt. Bei gleichzeitigem
Anlegen der Drainspannung UDS findet Ladungstransport entlang dieser Schicht
statt und es fließt ein Strom IDS zwischen dem Source- und Gatekontakt.
Feldeffekttransistoren werden durch die Ausgangskennlinie (IDS vs. UDS )
und die Übertragungskennlinie (IDS vs. UGS ) charakterisiert. In Abbildung 2.6
sind beide Kennlinien für typische OFETs dieser Arbeit dargestellt. Die Tatsache,
dass Polythiophen ein p-Typ Halbleiter ist, zeigt sich in den negativen Spannungen und Strömen. Für die Ausgangskennlinie wird üblicherweise eine Kurvenschar mit der Gatespannung als Parameter gewählt. Die Kennlinie lässt sich in
verschiedene Bereiche aufteilen, die sich in erster Näherung am Einfachsten mit
Hilfe des Standardmodells für Transistoren und den dazugehörigen Gleichungen diskutieren lässt. Das Modell, entwickelt in den 60er Jahren zur Beschreibung von polykristallinen Transistoren, sei hier nur anschaulich zusammengefasst [7] [8] [37].
Der Anstiegsbereich der Ausgangskennlinien ist der sog. Linearbereich. Hier
geht man näherungsweise von einem linearen Anstieg des Drainstroms IDS mit
der Gatespannung UGS aus. Der Strom IDS hängt nicht nur von der angelegten Drainspannung ab, sondern auch von der Ladungsträgerkonzentration im leitenden Kanal. Wie oben erläutert, ergibt sich diese über die felderzeugte Anreicherung, d. h. über die kapazitive Wirkung des Isolators in Abhängigkeit von
der Gatespannung UGS . Der Strom hängt daher von der spezifischen Kapazität
C = ε0 εr /dIns des Isolators (Kapitel 2.2) ab und wird im Bereich unterhalb der
Sättigung mit folgender Gleichung wiedergegeben:
IDS,lin =
CW µ
U2
((UGS −Uth )UDS − DS )
L
2
f ür
UDS ≤ UGS −Uth (2.4)
W und L beziehen sich dabei auf die Bauteilgeometrie und bedeuten die Kanalweite W , also diejenige Strecke, über die ein Kanal aufbaut wird, und die Kanallänge L des Transistors, also der Abstand zwischen dem Source- und Drainkontakt. µ bezeichnet die Beweglichkeit der Ladungsträger im Feldeffekttransistor und Uth die Schwellspannung (engl. threshold voltage) des Transistors.
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
14
-20V
-4.0µ
Ugs
-16V
-2.0µ
I
DS [A]
-3.0µ
-12V
-1.0µ
-8V
0.0
0
-5
-10
U
DS
-15
0V
-20
[V]
(a)
-4.0µ
U
DS
= -20V
Ugs
-2.0µ
I
DS [A]
-3.0µ
-1.0µ
0.0
0
-5
-10
U
GS
-15
-20
[V]
(b)
Abbildung 2.6: (a) Ausgangs- und (b) Übertragungskennlinien eines organischen
Feldeffekttransistors mit P3HT als Halbleiter.
Der rechte Teil der Kurven ist der Sättigungsbereich der Ausgangskennlinie
(Bild (a) in Abbildung 2.6). Die Kurve geht in die Sättigung, d. h. eine weitere
Erhöhung der Drainspannung UDS hat bei einer festen Gatespannung UGS keine
weitere Erhöhung des Drainstroms IDS zur Folge. Charakteristisch ist für die-
2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN
15
sen Bereich, dass der Drainstrom IDS quadratisch von der Gatespannung UGS
abhängt (siehe Übertragungskennlinie, Bild (b) in Abbildung 2.6):
IDS,sat =
CW µ (UGS − Uth )2
L
2
f ür
UDS > UGS − Uth
(2.5)
On/Off Verhältnis
Wie oben diskutiert, ist die wichtigste Eigenschaft eines Transistors die Funktion
des Schalters, also der Wechsel zwischen den Zuständen On und Off. Aus diesem Grund wird der Schaltkontrast im On/Off Verhältnis sichtbar gemacht. Im
Rahmen dieser Arbeit ist er definiert über:
On/Of f =
IDS On (UGS = −20V )
IDS Of f (UGS = 0V )
(2.6)
Die Tatsache, dass für das On/Off Verhältnis die Drainströme bei
UGS = −20 V bzw. UGS = 0 V gewählt werden, hat mit den typischen Eigenschaften der Transistoren mit dem Halbleiter P3HT zu tun und ist eine
Festlegung, die einen Vergleich innerhalb dieser Bauteile zulässt. Das On/Off
Verhältnis variiert leicht, je nachdem ob es aus einer Ausgangskennlinie oder einer Übertragungskennlinie abgelesen wird. Obwohl nominell der selbe Arbeitspunkt des Transistors gemessen wird, so wird dieser Punkt über einen anderen
Messweg erreicht, was die Performance des Bauteils beeinflusst. Hier wird, falls
nicht anders genannt, das On/Off Verhältnis aus der Ausgangskennlinie abgelesen. Für den Transistor in Abbildung 2.6 ergibt sich ein On/Off Verhältnis von
ca. 590.
Schwellspannung Uth
Der Begriff der Schwellspannung ist aus der klassischen nichtorganischen MOSFET Technologie entlehnt. Für organische Transistoren des Anreicherungstyps
handelt es sich vereinfacht um diejenige Spannung UGS , ab der Ladungsträger
im Kanal angereichert werden und der Transistor ein Schaltverhalten zeigt. Die
tatsächlich wirkende Gatespannung ergibt sich dann aus der Differenz der angelegten Gatespannung und der Schwellspannung (siehe Gleichung 2.4). Die
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
16
Bestimmung von Uth ist auch für klassische MOSFETs nicht eindeutig. So
finden sich in [38] von Ortiz-Conde et al. ca. ein Dutzend verschiedene Verfahren zur Ermittlung der Schwellspannung. In dieser Arbeit wird, wenn nicht
anders angegeben, die Schwellspannung mit Hilfe der Übertragungskennlinie
im Sättigungsbereich (Abbildung 2.7(a)) ermittelt. Aufgrund der quadratischen
Abhängigkeit des Drainstroms IDS von der Gatespannung UGS (siehe Gleichung
2.5), kann die Schwellspannung mittels des Schnittpunkts
√ der linearen Extrapolation mit der x-Achse in der Auftragung der Funktion IDS abgelesen werden
(Abbildung 2.7(b)).
Für den hier abgebildeten Transistor ergibt sich eine negative Schwellspannung von ca. −3, 5 V. Dies bedeutet, dass erst ab dieser Spannung Ladungsträger im Kanal angereichert werden. Eine Verschiebung der Schwellspannung
ungleich Null kann unter anderem mit der Existenz von sog. Fallenzuständen an
der Halbleiter-Isolator Grenzfläche zusammenhängen, die Ladungsträger einfangen und sie an der Teilnahme des Ladungstransports im Halbleiterkanal hindern
(siehe Kapitel 2.3).
Ladungsträgerbeweglichkeit
Ähnlich der Schwellpsannung ist der Begriff der Beweglichkeit der Ladungsträger geprägt von einer klassischen, Silizium basierten Transistortechnologie,
was im Speziellen einen bandartigen Ladungstransport bedeutet. In diesem Fall
driften die Ladungsträger mit der Driftgeschwindigkeit vD im elektrischen Feld
E zwischen Source- und Drainkontakt. Die Geschwindigkeit µ entspricht dann
einer Materialkonstante, die unabhängig vom elektrischen Feld E zwischen
Source- und Drainkontakt ist. Im Falle des bandartigen Transports wird die Beweglichkeit als unabhängig vom Gatefeld betrachtet, also unabhängig von der
Anzahl der Ladungsträger, die sich im Band befinden.
vD = µE
[µ] =
cm2
Vs
(2.7)
Im Falle der organischen Halbleiter wie P3HT geht man nur näherungsweise
von einem bandartigen Transport aus. Die Ladungsträgerbeweglichkeit lässt
sich jedoch aus der jeweiligen Modellvorstellung bestimmen, und wird im Folgenden aus dem oben erläuterten Transistormodell (Kapitel 2.1.2) abgeleitet.
2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN
17
-4.0µ
I
DS
@ U
DS
= -20V
-2.0µ
I
DS [A]
-3.0µ
-1.0µ
0.0
5
0
-5
U
-10
GS
-15
-20
-15
-20
[V]
(a)
2.0m
I
@ U
DS
= -20V
1.5m
I I
DS I
(1/2)
[A
(1/2)
]
DS
U
1.0m
th
ca. -3.5V
500.0µ
0.0
5
0
-5
U
GS
-10
[V]
(b)
Abbildung 2.7: Bestimmung der Schwellspannung eines OFETs. Oben die
Übertragungskennlinie
eines OFETs in linearer Darstellung, unten die Auftragung
√
der Funktion IDS . Die Schwellspannung ergibt sich als der Schnittpunkt der linearen Extrapolation mit der x-Achse (siehe auch Gleichung 2.5).
Wie schon bei der Schwellspannung erfolgt die Bestimmung der Ladungsträgerbeweglichkeit über die Übertragungskennlinie in der Sättigung (Gleichung
2.5) [8] [39]. Leitet man diese Gleichung nach UGS ab und stellt nach µ frei,
erhält man:
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
18
µ=
∂ IDS,sat
L
∂ UGS CW (UGS − Uth )
[µ] =
cm2
Vs
(2.8)
Aufgrund des Formelzusammenhangs wird klar, dass die Bestimmung von µ
stark von der Bestimmung der Schwellspannung Uth abhängt und µ für Werte
unterhalb der Schwellspannung nicht belastbar ist (Abbildung 2.7(b)) unterhalb
von Uth = −3, 5 V). Für den hier diskutierten Transistor ergibt sich eine La2
dungsträgerbeweglichkeit von ca. 1, 5 · 10−2 cm
Vs bei einer Gatespannung von
UGS = −20 V.
2.1.3 Statische Modellierung
Für die in dieser Arbeit hergestellten Transistoren ohne ionische Leitung wird das
oben erläuterte zeitunabhängige Standardmodell verwendet. Zur Diskussion wird
eine Messung einer Übertragungskennlinie im Sättigungsbereich gewählt (Abbildung 2.8, schwarze Kurve), weswegen Gleichung 2.5 relevant ist. Vor der Modellierung müssen entsprechende Parameter wie die Dielektrizitätskonstante des
Isolators εr (siehe Kapitel 2.2), die Feldeffektbeweglichkeit µ und die Schwellspannung Uth wie zuvor diskutiert bestimmt werden. Der hier gezeigte Transistor
hat eine Schwellspannung von Uth = −3, 5 V, die Beweglichkeit geht über die
Ableitung in Gleichung 2.8 ein.
In linearer und insbesondere logarithmischer Darstellung lässt sich eine nur
mäßige Übereinstimmung zwischen experimentellen Daten und der modellierten Kurve beobachten (Abbildung 2.8). Die Modellvorstellung, weicht in einigen
Punkten von der Realität der organischen Feldeffekttransistoren des Akkumulationstyps ab:
• Unterhalb der Schwellspannung Uth = −3, 5 V in der Übertragungskennlinie befindet sich die sog. cut-off region, bei der der Transistor idealerweise keinen Strom führt. Bei Betrachtung der experimentellen Kurve (schwarze Kurve Abbildung 2.8) fällt jedoch ein nicht unrelevanter
Strom von ca. IDS = 47 nA auf. Dies bedeutet, dass ein Stromfluß durch
die Halbleiterschicht auch ohne eingeschaltete Gatespannung möglich ist,
da der Halbleiter eine ausreichende Restleitfähigkeit besitzt. Diese Off Ströme fließen durch die gesamte Halbleiterschicht und sind nicht auf die
2.1. ORGANISCHE FELDEFFEKTTRANSISTOREN
19
-4.0µ
I
experimentell
I
Standard-Modell
DS
DS
-2.0µ
I
DS [A]
-3.0µ
-1.0µ
0.0
5
0
-5
U
-10
GS
-15
-20
-15
-20
[V]
(a)
I
experimentell
I
Standard-Modell
DS
1E-6
1E-7
II
DS
I
[A]
DS
1E-8
1E-9
5
0
-5
U
GS
-10
[V]
(b)
Abbildung 2.8: Übertragungskennlinie eines typischen in dieser Arbeit verwendeten OFETs (schwarze Kurve) in (a) normaler und (b) logarithmischer Darstellung. Die Parameter für das Standard-Modell (graue Kurve) sind εr = 3, 4,
2
Uth = −3, 5 V, UDS = −20 V, W/L = 300 und µ ≈ 1, 5 · 10−2 cm
nach
Vs
Gleichung 2.8. Die Kurven zeigen eine mäßige Übereinstimmung.
Halbleiter-Isolator Grenzfläche beschränkt. Das Modell gibt diesen Bereich unterhalb der Schwellspannung nicht wieder, da dort schon die Bestimmung der Feldeffektbeweglichkeit scheitert. Aus diesem Grund endet
der Fit mit dem Modell bei UGS = −4 V (Abbildung 2.8(b).
20
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
• Im idealisierten Fall ist der Isolator ein elektrisch dichtes Material, das keinen Stromfluß durch die dielektrische Schicht zulässt. Dies hätte zur Folge,
dass der Strom IGS zwischen Source- und Drainkontakt auf der einen, und
Gatekontakt auf der anderen Seite Null betragen müsste, wenn am Gate eine Spannung gegenüber Source und Drain anliegt. Die Abweichung
von dieser Idealvorstellung lässt sich an den gleichzeitig gemessenen Gateströmen IGS der Ausgangskennlinie ablesen (nicht eingezeichnet), bei
der ein Gatestrom von ca. IGS = 0.6 nA bei einer Gatespannung von
UGS = −20 V und einer Drainspanung von UDS = 0 V fließt. Experimentell lässt sich der Tatsache eines realen statt eines idealen Isolators
mit einer dickeren und stärker isolierenden Schicht Rechnung tragen, die
jedoch zu Kosten der Ladungsträgerkonzentration im Kanal geht.
• Wie in Kapitel 2.2 erarbeitet, ist ein realer Isolator nicht frei von
Ladungen, die die verschiedenen Arten von Polarisation verursachen
können. Frei bewegliche Ladungen können sogar zu Ladungswanderung
führen. Zusammenfassend wirken sich die unterschiedlichen Effekte in
einer Veränderung der Halbleiter-Isolator Grenzfläche aus, die relevante
Größen wie Ladungsträgerkonzentration oder -beweglichkeit beeinflusst.
Diese zeitabhängigen Effekte werden durch das Standard-Modell nicht
berücksichtigt.
2.2 Dielektrische Eigenschaften von Isolatoren
Ausgangspunkt der Betrachtung der dielektrischen Eigenschaften von Isolatoren ist die phänomenologische Beschreibung der Reaktion einer Materie auf ein
äußeres elektrisches Feld E. Elektrisch geladene Teilchen erfahren in ihm eine
Kraft qE, deren Richtung abhängig von der Ladung ist. Diese geladenen Teilchen sind wiederum durch atomare Kräfte in der Materie gebunden, so dass die
sich einstellende Ladungstrennung ein Gleichgewichtszustand zwischen beiden
Kräften ist. Mikroskopisch betrachtet handelt es sich bei der getrennten Ladung
z. B. um induzierte Dipole, deren Ladungen sich im Innern der Materie kompensieren. Es resultiert lediglich eine Oberflächenladung der Materie, deren elektrisches Feld die Antwort der Materie beschreibt und elektrische Polarisation P
genannt wird. Die Polarisation P schwächt das externe elektrische Feld E ab und
in Summe ergibt sich die elektrische Verschiebungsdichte D, die als eine der
elektrischen Maxwellgleichungen in Materie wie folgt definiert ist:
2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN
D(r, t) = 0 E(r, t) + P(r, t)
21
(2.9)
Die makroskopische Polarisation P, also das interne elektrische Feld, kann
als Summe der mikroskopischen Dipolmomente in der Materie betrachtet werden. Sie ist die Antwort der Materie auf ein externes Feld und damit eindeutig
über das externe Feld E definiert, es besteht ein funktionaler Zusammenhang.
Im Falle einer räumlich und zeitlich homogenen Materie im thermodynamischen
Gleichgewicht kann die Polarisation P als Potenzreihe in E angesetzt werden, die
nach dem ersten Term abbricht:
P = 0 χE
(2.10)
0 ist die Dielektrizitätskonstante des Vakuums und χ die dielektrische Suszeptibilität, die im allgemeinen Fall tensoriellen Charakter hat. Setzt man diese
Beziehung in die Definition der elektrischen Verschiebungsdichte 2.9 unter Verwendung von ε = 1 + χ ein, so folgt:
D = 0 εE
(2.11)
Die Größe ε wird dielektrische Permeabilität oder dielektrische Funktion genannt. Es handelt sich hierbei um die Materialgröße, die die Reaktion der Materie
auf elektrische Felder beschreibt. Diese Reaktion, die auf mikroskopischer Ebene
ansetzt, ist ein Resultat der unterschiedlichen Kräfte, die auf das Atom oder Molekül wirken und stark von der Frequenz des externen Feldes abhängen. Um die
verschiedenen frequenzabhängigen Mechanismen der Reaktion zu diskutieren,
betrachten wir die Dispersionsrelation, also die komplexe dielektrische Funktion
in Abhängigkeit von der Frequenz:
ε(ω) = ε1 (ω) − iε2 (ω)
(2.12)
Der Realteil ε1 (ω) der komplexen Größe ist ein Maß für die Ladungsverschiebung. Der Imaginärteil ε2 (ω) beschreibt die durch Phasenverschiebung zwischen
Anregung und Reaktion entstehenden Energietransformationen, z. B. in Form
von Reibungsverlusten. Abbildung 2.9 aus [40] zeigt die Frequenzabhängigkeit
der beiden Größen.
22
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
Abbildung 2.9: Frequenzabhängigkeit von ε1 und ε2 . Die Graphik ist aus [40]
entnommen.
Es wird unterschieden zwischen der Elektronen- und Ionenpolarisation, Orientierungspolarisation und Raumladungspolarisation. Die einzelnen Polarisationsarten haben jeweils eine typische Grenzfrequenz, oberhalb der die Atome
bzw. Moleküle der Anregung nicht mehr folgen können. Im Folgenden werden
die vier Arten der Polarisation durch mikroskopische Betrachtung erläutert:
• Bei der Elektronenpolarisation werden die Bahnen der Elektronen relativ
zu den Atomrümpfen verschoben und deformiert, es entsteht ein induzierter Dipol. Bei dieser Auslenkung schwingt das Elektron normalerweise in
Phase zur anregenden elektromagnetischen Welle. Aufgrund der geringen
Masse des Elektrons baut sich dieser Mechanismus sehr schnell auf. Erst
oberhalb einer Frequenz von ca. 1015 Hz können die Elektronen nicht mehr
folgen.
• Ionenpolarisation meint die Auslenkung von Ionen in einem Ionengitter relativ zu ihren Nachbarn. Auch hier handelt es sich um ein Resonanzphänomen eines induzierten Dipols, bei dem die Ionen unterhalb der
Resonanzfrequenz in Phase mit dem elektrischen Feld schwingen. Sie endet typischerweise bei einer Frequenz von ca. 1013 Hz.
2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN
23
• Orientierungspolarisation ist die Bezeichnung für die Ausrichtung der
Dipole eines polaren Materials im elektrischen Feld. Die einzelnen Dipole relaxieren im externen elektrischen Feld in Feldrichtung, in dem sie
eine Rotationsbewegung durchführen. Orientierungspolarisation findet typischerweise bis ca. 1010 Hz statt. Sie wird in Kapitel 2.2.1 detailliert behandelt.
• Bei der Raumladungspolarisation handelt es sich um Ladungstrennung
innerhalb von Materiedomänen oder sogar der kompletten Materie. Dabei
können Ladungen innerhalb einer Domäne im elektrischen Feld relaxieren und zu den Domänen- oder Materiegrenzen wandern. Obwohl die Ladungsträger auch hier Ionen sein können, ist dieser Vorgang nicht mit dem
Resonanzvorgang der Ionenpolarisation zu verwechseln. Hier resultiert eine Relaxation in der Ansammlung von Ladung an Materiegrenzen und findet typischerweise bei Frequenzen statt, die im einige Größenordnungen
geringer sind, als die obigen Werte. Die ionische Leitung im Isolator, die
in dieser Arbeit analysiert wird, ist damit eine Art der Raumladungspolarisation und wird in Kapitel 2.2.2 detailliert behandelt. Häufig wird sie auch
Diffusionspolarisation genannt.
Besonders im Falle der Raumladungspolarisation ist es möglich, dass auf das
externe elektrische Feld E ein Stromfluss j in der Materie folgt. Der Zusammenhang wird wieder über ein Funktional vermittelt und ist phänomenologisch als
Ohmsches Gesetz bekannt:
j = σE
(2.13)
σ(ω) ist die spezifische elektrische Leitfähigkeit und wie die dielektrische
Funktion (Gleichung 2.12) eine komplexe Materialgröße für leitende Materialien:
σ(ω) = σ1 (ω) + iσ2 (ω)
(2.14)
In dieser Arbeit werden Materialien untersucht, deren dielektrische Eigenschaften unbekannt sind. Um Aufschluss zu bekommen, wird Impedanzspektroskopie betrieben, ein Verfahren, bei dem der komplexe Widerstand (Impedanz
Z) einer Probe in Abhängigkeit von der Frequenz bestimmt wird. Basis ist, dass
ω
das Anlegen einer Wechselspannung u(t) = U sin(ωt) mit der Frequenz f = 2π
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
24
einen Strom i(t) = I sin(ωt + φ) zur Folge hat. Die Phasendifferenz φ zwischen
Spannung und Strom ist nur für den Fall eines reinen Ohmschen Widerstandes
gleich null. Im Falle einer Probe mit induktiven oder kapazitiven Widerstandsanteilen ist der Widerstand Z = u(t)
i(t) eine komplexe Größe und φ 6= 0. Aus dem
komplexen Wechselstromwiderstand lässt sich mit folgenden Zusammenhängen
die Leitfähigkeit σ(ω) (Gleichung 2.14) bestimmen. Dabei ist d die Dicke der zu
vermessenden Probe und A der Querschnitt. Der Index s steht für eine spezifische
Größe, die Indizes 1 bzw. 2 für den Real- bzw. Imaginärteil einer Größe.
d
= Z1 + iZ2
A
1
σ=
Zs
Z = Zs
(2.15)
(2.16)
Im Falle der hier untersuchten ionenleitenden Dielektrika existieren Eigenschaften, die einer Leitfähigkeit zugeordnet werden können, deren isolierender
Charakter aber durch die dielektrische Funktion wiedergegeben wird. Führt man
nun die oben aufgeführten Theorieansätze für die elektrische Verschiebungsdichte und die dielektrische Funktion auf der einen, und der Leitfähigkeit auf der anderen Seite, zusammen, so lässt sich folgender Zusammenhang zwischen ε(ω)
und σ(ω) herleiten [41]:
σ(ω) = iω0 ε(ω)
(2.17)
Die Größen ε1 und σ2 bzw. ε2 und σ1 korrespondieren wechselseitig und
lassen sich mit Gleichung 2.16 auf die Impedanz zurückführen:
σ1 =
Zs,1
2 + Z2
Zs,1
s,2
σ2 =
Zs,2
2 + Z2
Zs,1
s,2
(2.18)
1
σ2
0 ω
ε2 =
1
σ1
0 ω
(2.19)
ε1 =
Gleichungen 2.15, 2.18 und 2.19 ermöglichen eine Analyse der dielektrischen
Eigenschaften und unterschiedlichen Polarisationsmechanismen der verwendeten Materialien mit Hilfe der Impedanzspektroskopie, die für den Fall ionenleitender Materialien in Kapitel 2.2.2 weiter ausgeführt wird.
2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN
25
2.2.1 Orientierungspolarisation
Wie bereits oben erwähnt, ist Orientierungspolarisation ein Relaxationsphänomen, bei dem sich ein molekularer Dipol in einem elektrischen
Feld ausrichtet. Dabei führen die Moleküle im elektrischen Feld eine Rotationsbewegung aus. Die partielle Orientierung der Dipole im Feld erfolgt
entgegen der thermischen Bewegung. Der Grad der Ausrichtung, der ein Maß
für die dielektrische Suszeptibilität χ bzw. die dielektrische Funktion εr des
polarisierenden Materials ist, hängt von der Energie der thermischen Bewegung
und damit von der Temperatur ab. Bei steigenden Temperaturen kann bei
polymeren Materialien zunächst der Beitrag der Orientierungspolarisation
steigen, da mit erhöhter Temperatur verfügbarer Raum im Festkörper für eine
Ausrichtungsbewegung entsteht. Bei deutlich steigenden Temperaturen jedoch
sinkt der Beitrag der Orientierungspolarisation (ε ∝ T1 ).
Voraussetzung für Orientierungspolarisation ist ein polares Material, das aus
permanenten Dipolen besteht, also eine dauerhafte Verschiebung der Ladungsschwerpunkte zueinander aufweist. Die Ursache hierfür ist auf molekularer Ebene zu finden. Ein typisches Beispiel für ein Molekül mit einem permanenten
Dipol ist Wasser (Abbildung 2.10), bei dem aufgrund der Elektronegativitäten
der Atome die Ladungschwerpunkte nicht mehr aufeinander liegen. Der Schwerpunkt der negativen Ladung ist in Richtung des Sauerstoffatoms verschoben, die
positive Ladung hat ihren Schwerpunkt zwischen den beiden Wasserstoffatomen.
Trotz permanent vorhandener Dipole kann die Materie elektrisch neutral vorliegen, wenn die Dipole ohne externes elektrisches Feld statistisch verteilt in alle
Richtungen zeigen. Das Dipolmoment p des Moleküls ist definiert über die Ladung q und die Länge der Dipolachse l, dem Abstand der beiden Ladungsschwerpunkte (Abbildung 2.10).
Abbildung 2.10: Das Wassermolekül ist ein permanenter Dipol. Es weist eine
Trennung der Ladungsschwerpunkte auf. Das Dipolmoment p = ql ist schematisch eingezeichnet.
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
26
Im Falle eines angelegten externen elektrischen Feldes E resultiert ein effektives Dipolmoment pef f , das proportional zum elektrischen Feld E ist.
pef f =
(ql)2
E
3kT
(2.20)
Schon in der Einführung zu Kapitel 2.2 über dielektrische Eigenschaften,
wurde erklärt, dass die makroskopische Betrachtung des elektrischen Feldes und
der Polarisation auf der mikroskopischen Betrachtung basiert. Die elektrische
Polarisation P ist als mittlere räumliche Dichte der elektrischen Dipole definiert.
Mit dem Dipolmoment p des Moleküls und der Dichte n der Moleküle gilt:
P = npef f = 0 χP ol E
(2.21)
Somit ist εr = 1 + χel + χP ol (siehe Abbildung 2.9). Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass auf das Molekül im Festkörper nicht das an die Materie
extern angelegte elektrische Feld E, sondern das resultierende lokale Feld Elok
der umgebenden Dipole benachbarter Moleküle im externen Feld wirkt. Das mikroskopische Dipolmoment p ebenso wie die makroskopische Polarisation P ist
deswegen von Elok abhängig.
Betrachtet wird nun ein Kondensator, der eine Materie mit einer dielektrischen Funktion εr enthält, die Orientierungspolarisation aufweist. Liegt kein
elektrisches Feld an der Materie an, so liegen die molekularen Dipole statistisch
verteilt in der Materie vor. Wird nun das elektrische Feld eingeschaltet, richten
sich die Dipole im Feld aus. Polarisationsladungen benachbarter Dipole heben
sich dann aufgrund der Ausrichtung der gesamten Umgebung auf und es resultiert eine Oberflächenladung σP ol an den Grenzflächen. Diese Oberflächenladung
ist gegeben über die Ladung der Dipole und der Fläche A des Kondensators. Mit
Gleichung 2.21 ist sie verknüpft mit der Polarisation und dem extern angelegten
elektrischen Feld (Gleichung 2.10).
σP ol =
QP ol
= P = 0 (εr − 1)E = 0 (χel + χP ol )E
A
(2.22)
2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN
27
2.2.2 Ionische Leitfähigkeit
Der ionische Ladungstransport in einem Dielektrikum ist eine Variante der
Raumladungspolarisation, die in einer Aufladung von Materialdomänen oder der
Materialgrenzschichten resultiert. Für eine genauere Analyse ionenleitender Dielektrika, ist es notwendig, sich mit der Leitfähigkeit und der Modellvorstellung
für die Leitungsmechanismen auseinander zu setzten. Die Leitfähigkeit von ionenleitenden Materialien kann mit folgender Gleichung zusammengefasst werden:
σ=
X
qi ni µi
(2.23)
i
Die Summe trägt der Tatsache Rechnung, dass es sich um Ionen mit unterschiedlicher Ladung q, Beweglichkeit µ und Dichte n (Teilchen pro Volumen)
handelt. Eine präzise Beschreibung der Leitungsmechanismen setzt eine mikroskopische Betrachtung voraus, einhergehend mit einer Erkenntnis der chemischen Vorgänge des Lösungs- und Leitungsvorgangs. Eine Übersicht findet sich
z. B. in [25]. Die auch stark vom Materialsystem abhängenden Modellvorstellungen können mit der hier zur Verfügung stehenden Analytik nicht diskutiert und
geklärt werden und sind nicht Thema dieser Arbeit. Zusammenfassend kann jedoch festgehalten werden, dass es sich beim Leitungsmechanismus der Ionen in
einer polymeren Matrix wie beim organischen Halbleiter P3HT (siehe auch Kapitel 2.1.1) um klassischen Hopping Transport im durch Unordnung gestörten Potentialgebirge des Matrixmaterials handelt. Die Ionen können über Hüpfen (engl.
hopping) von einem relativem Potentialminimum zum nächsten gelangen, wobei die Hüpfrate abhängig von der Hüpfdistanz und der Potentialdifferenz zweier
Plätze ist.
Aufgrund der polymeren Matrix, in der die Ionen eingebettet sind, kann man
von einer Domänenbildung im Material ausgehen, d. h., dass Leitfähigkeit und
Beweglichkeit innerhalb einer Domäne und an Domänengrenzen unterschiedlich
sind. Makroskopische Messungen einer Probe werden von den langsameren Prozessen und Größen dominiert.
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
28
Gleichstromleitfähigkeit
Bedingt durch den dominierenden Hopping Transport, besitzen ionenleitende Dielektrika eine frequenzabhängige Leitfähigkeit. Es existieren verschiedene Modellvorstellungen für die Erklärung der Frequenzabhängigkeit und das Auftreten
verschiedener Bereiche im Frequenspektrum, so z. B. das Sprung-RelaxationsModell [42] oder die Universal-Dielectric-Response Theorie [43]. Unbestritten
ist jedoch das Auftreten eines frequenzunabhängigen Plateauwerts von σ1 für
kleine Frequenzen, die sog. Gleichstromleitfähigkeit (Abbildung 2.11 ). Ihr kann
mit Gleichung 2.23 eine Beweglichkeit zugeordnet werden. Hier handelt es sich
wie oben erläutert, um eine durchschnittliche Größe der unterschiedlichen Leitungsprozesse.
Abbildung 2.11: Frequenzabhängigkeit der Leitfähigkeit. Der Realteil strebt für
niedrige Frequenzen gegen einen Plateauwert, der Gleichstromleitfähigkeit genannt wird. Die Graphik ist [43] entnommen.
Die Gleichstromleitfähigkeit, die über die Gleichung 2.16 und 2.18 mit der
Impedanz verknüpft ist, wird mit Hilfe Impedanzspektroskopie gewonnen. Viele
Gruppen wenden diese Methode zur Charakterisierung der Ionenleitung und der
Ionenbeweglichkeit an, so z. B. Kohn et al. [44], die ein ionenleitendes polymeres
Dielektrikum untersuchen.
2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN
29
Impedanzspektroskopie
Neben der Leitfähigkeitsanalyse erlaubt die Impedanzspektroskopie noch eine
weitere Analysemethode, die Aufschluss über den Ionentransportprozess von
Proben gibt. Dazu werden Impedanzdiagramme, sog. Nyquist Plots, aufgetragen, die in Abhängigkeit der Probencharakteristik ein typisches Erscheinungsbild haben. Diese experimentellen Diagramme werden verglichen mit simulierten Diagrammen von Ersatzschaltbildern, bei denen der komplexe Widerstand Z
mit Hilfe von Serien- und Parallelschaltung einzelner Bauteile zerlegt wird. Der
Vergleich lässt dann Rückschlüsse auf die physikalischen Effekte und Vorgänge
zu und erlaubt sogar eine quantitative Analyse der Größen. Abbildung 2.12 zeigt
2 Nyquist Plots als Simulation 2 verschiedener Ersatzschaltbilder. Der negative
Imaginärteil der Impedanz wird in Abhängigkeit des Realteils (−ImZ(f ) vs.
ReZ(f )) aufgetragen. Bei dieser Auftragung geht die Frequenzinformation verloren und ist nur noch implizit vorhanden.
(a)
(b)
Abbildung 2.12: Nyquist Plots einer Serien- (a) und einer Parallelschaltung (b)
aus einem Widerstand R = 1 kΩ und einem Kondensator C = 1 nF .
Eine Serienschaltung aus Widerstand und Kondensator (Bild (a)) wird in dieser Darstellung eine senkrechte Gerade, da sich nur der Imaginärteil dieser Schaltung (der Kondensator) mit der Frequenz ändert. Bei niedrigen Frequenzen liegen
hohe Werte des Imaginärteils vor, für hohe Frequenzen strebt der Imaginärteil gegen null, der Realteil bleibt unverändert. Eine Parallelschaltung aus Widerstand
und Kondensator (Bild (b)) ergibt einen Halbkreis im Nyquist Plot.
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
30
Abbildung 2.13: Nyquist Plot mit Warburgimpedanz zur Simulation eines Ionentransportprozesses.
Abbildung 2.13 zeigt, wie Ionentransportprozesse in einem Ersatzschaltbild
simuliert werden. Dazu wird eine sog. Warburg-Impedanz eingeführt, die einen
komplexen Widerstand beschreibt, in dem ein frequenzabhängiger Ladungsträgertransport stattfindet. Einzelheiten finden sich in [45] oder [46] und sollen
hier nur zusammenfassend präsentiert werden. Die Warburg Impedanz ist wie
folgt definiert:
ReZ(ω) = Aω ω −0,5
ImZ(ω) = −Aω ω −0,5
(2.24)
Der Koeffizient Aω verknüpft die Impedanz mit dem Diffusionskoeffizienten
D (siehe Diffusionsmodell Kapitel 3.1.1) der Materie und damit mit der Ionenbeweglichkeit (siehe Gleichung 3.4).
Aω =
RT
Z 2F 2A
1
1
√ (p
+p
)
2
D+ C+
D− C−
(2.25)
2.2. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON ISOLATOREN
J
molK
C
F = NA q = 96485
mol
1
NA = 6, 02 · 1023
mol
T
R = NA k = 8, 31
Universelle Gaskonstate
Faraday Konstante
Avogadro Konstante
Absolute Temperatur
Z=1
Ladungszahl der Ionen
−6
Fläche des Bauelements
mol
Ionenkonzentration in 3
m
A = 7, 3 · 10
m
3
C+ , C−
D+ , D− , D =
µkT
q
31
Diffusionskoeffizienten der Ionen
Eine Analyse des Nyquist Plots der Probe mit anschließendem Fit mit einer Schaltungssimulation ermöglicht somit eine Bestimmung der Leitfähigkeit,
der Diffusionskonstanten und der Beweglichkeit der Ionen. Voraussetzung ist die
Entwicklung eines Ersatzschaltbildes für die vorliegende Probe. Dieses wird für
ionenleitende Kondensatoren z. B. in [45], [47] oder [48] diskutiert. Die Schwierigkeit dabei ist, dass verschiedene Ersatzschaltbilder vertreten werden können
und die Ergänzung immer weiterer Elemente eine Fitroutine umso einfacher und
beliebiger macht. Es wurde versucht, dasjenige Ersatzschaltbild zu wählen, dass
üblicherweise für einen solchen Kondensator verwendet wird und nur so viele
Elemente wie nötig enthält. Basis ist das Ersatzschaltbild in Abbildung 2.13.
Abbildung 2.14 zeigt das verfeinerte Ersatzschaltbild, das aus einer Kombination aus Serien- und Reihenschaltung verschiedener Bauteile besteht. Zur
Beschreibung des Ladungstransports im Kondensator wird eine Serienschaltung
aus einem Kondensator Cdl (dl für double layer), dem Elektrolytwiderstand Rct
(ct für charge transfer) und einer Warburg Impedanz W für den Transportprozess gewählt. Letztere bestimmt das Verhalten bei niedrigen Frequenzen, wenn
der Ladungstransport im Bauteil von der Diffusion begrenzt wird. Der Kondensator Cdl beschreibt Schichten aus Ionen je einer Sorte, die sich im Zuge des
Wanderungsprozesses an den Elektroden ansammeln und den Ladungstransfer
32
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
blockieren. Diese blockierenden Schichten werden auch Helmholtzschichten genannt. Parallel zu dieser Serie existiert ein Kondensator CEl (El für Elektroden),
der den Kondensator bei hohen Frequenzen beschreibt. In Serie zu dieser Parallelschaltung existiert noch der Kontaktwiderstand Rs der Probe.
Abbildung 2.14: Ersatzschaltbild eines ionenleitenden Kondensators.
2.3 Grenzflächenphänomene
In den Kapiteln 2.1 und 2.2 wurden die Eigenschaften des organischen Halbleiters sowie des Isolators beleuchtet. Im Feldeffekttransistor bilden diese beiden
Schichten eine gemeinsame Grenzschicht, an der sich der leitfähige Kanal im
Halbleiter ausbildet und einen On-Strom ermöglicht. Die Bildung des On-Stroms
wurde bis dahin als Phänomen des organischen Halbleiters P3HT diskutiert, das
lediglich ein erhöhtes lokales elektrisches Feld benötigt, um eine Menge an Ladungsträgern im Kanal zu akkumulieren. Der Isolator hat dabei die Funktion der
Vermittlung des elektrischen Feldes, erzeugt durch den Felddurchgriff der angelegten Gatespannung.
Diese Betrachtung vereinfacht zu stark die Gegebenheiten in einem System
organischer Materialien. Aufgrund des molekularen Charakters des organischen
Halbleiters hängen Dichte und Beweglichkeit der positiven Ladungsträger für
den dominierenden Hopping-Transport deutlich von der Wechselwirkung an der
Grenzfläche mit dem Dielektrikum ab. Seit einigen Jahren werden eine Reihe
von Einflussfaktoren diskutiert. Eine gute Übersicht findet sich in [49], [10], [50]
oder [29]. Als naheliegendes Phänomen wird z. B. der Zusammenhang zwischen
Morphologie der Grenzfläche und der elektrischen Performance diskutiert (z. B.
[50]). Die Morphologie hängt u. a. von den verwendeten Festkörpermolekülen,
2.3. GRENZFLÄCHENPHÄNOMENE
33
der Lösungsmittel oder der Aufbringungstechnik ab. Unterschiedliche Grenzflächenrauigkeit wirkt sich direkt auf die Beweglichkeit aus.
Ein weiterer viel diskutierter Punkt der Einflussnahme ist die Wechselwirkung zwischen den dielektrischen Eigenschaften des Isolators, z. B. Polarität
der Oberfläche, und der Zustandsdichte der Ladungsträger im Halbleiter. Schon
Veres et al [49] diskutierten den Einfluss der durch Oberflächenbehandlung
veränderten Polarität und der Beweglichkeit und konnten dadurch die Beweglichkeit um Größenordnungen verbessern. Trotzdem konnten sie für einen breiten Literaturvergleich der P3HT Transistorergebnisse keine Korrelation zwischen
gemessenen Beweglichkeiten und der dielektrischen Konstante des Isolators finden [49].
Die Erhöhung der dielektrischen Konstante des Isolators durch Verwendung
Dipolpolarisation aufweisender oder ionenleitender Materialien bewirkt unterschiedliche, möglicherweise gegensätzliche Effekte. Die Motivation, Isolatoren
mit einer hohen dielektrischen Konstante zu benutzen, liegt in der Erhöhung der
Kapazität (C = εr 0 A/d) und daraus folgend der Ladungsträgerdichte im Kanal,
die insbesondere in organischen Halbleitern auch zu einer Erhöhung der Beweglichkeit führt. Mit diesem Effekt lassen sich Transistoren realisieren, die z. B. mit
einer dickeren, robusteren Isolatorschicht aufgebaut werden oder bei niedrigeren Arbeitsspannungen getrieben werden können. De Leeuw et al [51] konnten
am Beispiel vom Isolator Poly(vinylidenfluorid/Triflurethylen) (PVDF-TRFE) in
P3HT Transistoren eindeutig belegen, dass sich mit einer erhöhten Dielektrizitätskonstante ε nicht nur die Transistorströme sondern eben auch die Beweglichkeit des Halbleiters erhöht hat.
Auf der anderen Seite wurde experimentell eine Abnahme der Beweglichkeit des Halbleiters mit steigender dielektrischer Konstante des Isolators belegt.
Unter anderem zeigen das Tan et al am Beispiel eines anorganischen Isolators
in Kombination mit P3HT [52] und Ono et al am Beispiel von Elektrolyten in
einem sog. Single-Crystal Transistor [53]. In [29] wird ein Erklärungsmodell,
erstmals präsentiert von [49], diskutiert. Im Wesentlichen beschreibt es die Verbreiterung der gaußförmigen Zustandsdichte des organischen P3HTs, wenn es an
ein Material mit einer hohen dielektrischen Konstante grenzt. Diese Verbreiterung führt zu einem Absinken der Halbleiterbeweglichkeit. Bildlich gesprochen
stellt man sich eine stärkere Lokalisierung der Ladungsträgerzustände vor, wenn
Oberflächenladungen der Polarisation die Ladungsträger anziehen (Abbildung
2.15). Aus der Streuung der Ladungsträger an Gegenladungen der Grenzfläche
folgt eine schlechtere laterale Beweglichkeit. Dieser energetischen Rauigkeit an
34
KAPITEL 2. GRUNDLAGEN
der Grenzfläche wird oft mit einer zusätzlichen Zwischenschicht entgegengewirkt [51].
Abbildung 2.15: Halbleiter-Isolator Grenzfläche bei eingeschalteter Gatespannung. Bei einem niedrigen ε ist die Ladungsträgerdichte an der Grenzfläche gering
(linkes Bild). Sie steigt, wenn ein Isolatormaterial mit einem höheren ε gewählt
wird. An besonders ausgezeichneten Stellen kann die Präsenz der Ladungsträger
an der Grenzfläche zu einer Bildung von Streuzentren für die positive Gegenladung führen, was die Beweglichkeit der positiven Ladungsträger verringert.
Auch in dieser Arbeit werden Isolatoren eingesetzt, die durch Erhöhung der
dielektrischen Konstante eine positive Auswirkung auf die Performance der Transistoren haben sollen. Mit der in diesem Kapitel aufgezeigten Diskussion wird
deutlich, dass man nicht von einer gleichbleibenden Halbleiterbeweglichkeit bei
Veränderung des Isolatormaterials ausgehen kann. Vielmehr muss die Halbleiterbeweglichkeit als Parameter angesehen werden, der sich durch die Manipulation
des Dielektrikums ebenso verändern kann.
3 Simulation der Ionendynamik
im Isolator
Transistoren, die einen ionischen Isolator enthalten, weisen ein ausgeprägtes
zeitabhängiges Verhalten auf. Diese Zeitabhängigkeit wird verständlich, wenn
man berücksichtigt, dass sich die Ionen unter dem Einfluss des elektrischen Feldes im Isolator bewegen können. Als Resultat dieses Transportprozesses ändert
sich das elektrische Feld im Isolator an der Grenzfläche zum Halbleiter. Das
elektrische Feld an dieser Grenzfläche beeinflusst maßgeblich die Ladungsträgerdichte im leitfähigen Kanal des Transistors, so dass der Ionentransportprozess die Ursache für die zeitabhängige Veränderung des Transistorstroms IDS ist.
Experimentelle Entsprechung der folgenden theoretischen Analyse ist das Hinzufügen eines Salzes in einen organischen Isolator (Kapitel 4.1.2 und 5).
Ziel dieses Kapitels ist es, ein Modell für den Transportprozess zu entwickeln, das es ermöglicht, die zeitliche Abhängigkeit der Transistorströme zu
simulieren. Für die Wechselswirkung einer Elektrodenoberfläche mit den Ionen eines flüssigen Elektrolyten finden sich in der Literatur Modelle wie das
Helmholtz-Modell, das Gouy-Chapman-Modell oder das auf beiden aufbauende Stern-Modell. Said et al zum Beispiel benutzen diese Herangehensweise, um
das Potentialprofil eines Elektrolyten zwischen zwei unterschiedlichen Halbleitermaterialien als Elektroden auszurechnen [26]. Diesen Modellen ist gemeinsam, dass sie das Potentialprofil, die Ladungsträgerverteilung und das elektrische Feld nur in der statischen Näherung liefern, so dass sie hier nicht verwendet
werden können.
Zunächst soll hier kurz ein stark vereinfachendes analytisches Modell zur Beschreibung des transienten Verhaltens vorgestellt werden. Im Rahmen dieses Modells wird nur der Transport der positiven Ionen, die auch im später verwendeten
LiClO4 zumindest die höhere Beweglichkeit aufweisen dürften, berücksichtigt.
Es wird ferner angenommen, dass die mit dem Transport verbundene Verschiebung mit der Driftgeschwindigkeit ν(t) = µEi (t) an der Grenzfläche zum Halb-
36
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
R
leiter einen entleerten Bereich der Breite ∆z(t) = ν(t0 )dt0 mit negativer
Raumladung %0 = −enion hinterlässt. Schließlich wird die stark vereinfachende
Annahme gemacht, dass die sich an der Grenze zum Gate akkumulierende positive Raumladung die gleiche räumliche Verteilung aufweist. Durch diese Raumladungen wird das ursprüngliche durch Anlegen einer Gatespannung U0 induzierte
homogene elektrische Feld E0 = U0 /dins (dins ist die Dicke der Isolatorschicht)
im Inneren des Isolators mehr und mehr abgeschirmt, während das Feld an den
Grenzflächen drastisch ansteigt. Die Implementierung dieses Modells liefert für
das Feld an der Grenzfläche
EIns/Hl (t) = E0 [1 − f 2 (t)] + Emax (U0 )[1 − f (t)]
(3.1)
Im Einzelnen bedeutet Emax (U0 ) = (%0 U0 /0 εIns )1/2 das asymptotische
Feld, das sich an den Grenzflächen zum Halbleiter und zum Gate aufbaut, wenn
das ursprüngliche Feld E0 im Inneren des Isolators aufgrund der Abschirmung
durch die Raumladung auf null abgesunken ist. Die Funktion f (t) = (1 −
exp(−t/τ ))/(1 + exp(−t/τ )) beschreibt den zeitlichen Verlauf, der durch die
Zeitkonstante τ (U0 ) = τd (dIns /2∆z∞ (U0 )) charakterisiert ist. Diese Zeitkonstante ist gegenüber der dielektrischen Relaxationszeit τd = 0 εIns /µ%0 um das
Verhältnis der Isolatordicke dIns zur doppelten asymptotischen Breite der Raumladungszonen ∆z∞ (U0 ) = (U0 0 εIns )1/2 drastisch vergrößert. Für ein für diese Arbeit typisches Zahlenbeispiel strebt das elektrische Feld an der HalbleiterIsolator Grenzfläche von anfangs E0 = 105 V /cm mit einer Zeitkonstanten
von 2τ ≈ 3 s dem um mehr als 2 Größenordnungen höheren Sättigungswert
Emax (U0 ) = 1, 63 · 107 V /cm zu. Da sich die induzierte Löcherdichte im Halbleiter streng proportional zum zeitlichen Feldanstieg ändert, spiegelt dies auch
die Zunahme des Kanalstroms im Transistor wider.
Gemäß diesem Modell erwarten wir, dass der asymptotische Hub des zeitlichen Anstiegs von der dielektrischen Funktion des Isolators εIns , der Ionenkonzentration nIon , der Gatespannung U0 , und der Dicke des Isolators dIns , abhängt,
während die zeitliche Dynamik außerdem mit dem Kehrwert der Ionenbeweglichkeit skaliert. An dieser Stelle sollte auch darauf hingewiesen werden, dass
man für die asymptotischen Werte der Kanalleitfähigkeit im Rahmen dieses Modells eine wurzelförmige Abhängigkeit von der Gatespannung erwartet wird, im
Kontrast zu der üblichen linearen Abhängigkeit.
Die Einfachheit des vorgestellten analytischen Modells macht die Beziehung
zwischen den Parametern und den Ergebnissen transparent. Andererseits weist es
37
wegen der Vereinfachungen auch drastische Mängel auf, die nachfolgend diskutiert werden sollen.
Zunächst ist die Annahme einer zur Entleerung an der Halbleiter-Isolator
Grenzfläche spiegelbildlichen Ionenakkumulation an der Gate-Isolator Grenzfläche nicht realistisch. Sowohl die zeitliche Dynamik als auch der asymptotische
Wert des Feldes an der Grenzfläche EIns/HL (t) können mehr oder weniger modifiziert sein, falls die Ladungsverteilung signifikant von der angenommenen abweicht. Ferner haben wir als treibende Kraft für den Ionentransport ein räumlich
homogenes elektrisches Feld Ei (t) verwendet. Dabei haben wir zum einen vernachlässigt, dass das Feld nahe der Grenzflächen zeitlich drastisch ansteigt. Dies
hat zwar keine signifikanten Folgen in der ohnehin entleerten Verarmungszone. In der Akkumulationszone hingegen bewirkt der drastische Feldanstieg eine
weitere Beschleunigung der Driftströme. Zum anderen haben wir die aus einer
räumlich nicht konstanten Ionendichte folgende Diffusion als treibende Kraft für
den Transport nicht berücksichtigt. Tatsächlich ist - wie wir weiter unten sehen
werden - der, dem Feldstrom entgegengerichtete Diffusionsstrom dafür verantwortlich, dass die Breite der Akkumulationsschicht an der Grenzfläche zum Gate
trotz der hohen Felder endlich bleibt.
Besonders gravierend ist die Vernachlässigung einer endlichen Beweglichkeit
µ− der negativ geladenen Ionen. Mit Ausnahme des unrealistischen Falls, dass
µ− = µ+ , der lediglich in einer Halbierung der dielektrischen Relaxationszeit
τd und einer Verdoppelung der Raumladungsdichten an den Grenzflächen resultieren würde, wird das Transportverhalten sehr komplex, wie man am Beispiel
µ+ >> µ− leicht nachvollziehen kann. Zunächst würde man naiv erwarten, dass
sich auf der Zeitskala von einigen τ + ein (pseudo)-stationärer Zustand einstellen sollte, ähnlich demjenigen für µ− = 0. Die starke Feldzunahme nahe den
Grenzflächen, führt jedoch dazu, dass in diesen Bereichen die Driftgeschwindigkeit der negativen Ionen trotz deren geringerer Beweglichkeit relativ hoch
wird. Dies wird z. B. in der halbleiterseitigen Randschicht zu einer Drift innerhalb der Raumladungszone führen, die aber in dem bereits feldfreien Bereich im
Inneren des Isolators aufhört. Dies kann zu lang andauernden komplexen DriftDiffusionsprozessen im Transport führen, bevor sich der stationäre Zustand einstellt. Eine Erweiterung des analytischen Modells zur Beschreibung dieser komplexen Sachverhalte dürfte schwerlich möglich sein.
Zur Berechnung dieser transienten Transportprozesse bietet sich vielmehr eine numerische Simulation an, in der Drift und Diffusion und Raumladungsfelder beider Ionensorten im Rahmen eines Kontinuummodells exakt berücksichtigt
38
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
werden. Auch hier ist es sinnvoll, vereinfachende Annahmen, wie etwa homogene Ionenverteilung und feldunabhängige Beweglichkeiten anzunehmen. Ein
Vergleich zwischen den Ergebnissen des analytischen Modells und den entsprechenden Resultaten im Rahmen des numerischen Modells ergeben Aufschluss
über die Signifikanz der gemachten Vereinfachungen (spiegelbildliche Raumladungen und Vernachlässigung der Diffusion) für den Fall vernachlässigbarer
Anionenbeweglichkeit. Von besonderem Interesse sind natürlich die Auswirkungen von endlicher Beweglichkeit für beide Ionensorten. Schließlich sollte ein
Vergleich der numerisch simulierten mit den gemessenen Ergebnissen eine generelle Überprüfung der Modellannahmen und eine Bestimmung der relevanten
Materialparameter erlauben.
Ausgangspunkt für die Simulation ist die Herleitung der zeitlich und räumlich
aufgelösten Ionenstromdichte j(z, t) und Ionendichten %+ (z, t) und %− (z, t) im
Isolator in Kapitel 3.1. Kapitel 3.2 liefert die Verknüpfung des Transportprozesses mit der Ladungsträgerdichte im Kanal und damit den Transistorstrom IDS (t).
Nachfolgend wird das Schaltverhalten solcher Transistoren simuliert (Kapitel
3.3). Die durch das simulierte Transportmodell bestehenden Einflüsse physikalischer Parameter werden im Detail in Kapitel 3.4 diskutiert.
3.1 Transportmodell
Für die Herleitung des Ionentransports betrachtet man das Isolatorvolumen V ,
das entlang der z Achse in zi Elemente unterteilt wird (Abbildung 3.1). Die nun
folgende Analyse des Ionentransports im Isolatormaterial wird unter der Voraussetzung gemacht, dass das Problem auf ein eindimensionales reduziert werden kann. Dies korrespondiert mit der Annahme, dass sich das System bezüglich
der x- und y-Richtung im stationären Zustand befindet. Diese Voraussetzung ist
erfüllt, wenn das Potential im Kanal näherungsweise konstant ist, was durch eine kleine Source-Drain Spannung UDS im Vergleich zur Source-Gate Spannung
UGS sichergestellt wird (experimentell wird das Verhältnis UGS ≈ 10 · UDS
gewählt). Andernfalls würden Ionen im Isolator näher an Source ein anderes Potentialgefälle spüren als Ionen näher an Drain (Abbildung 3.1).
In dem auf eine Dimension reduzierten Fall erstreckt sich der Isolator von z =
0 bis z = dIN S , diskretisiert mit der Schrittweite ∆z. Jedem zi wird zu jedem
3.1. TRANSPORTMODELL
39
Abbildung 3.1: Die Schichtdickenachse der Isolatorschicht ist die z Achse. Aufgrund der gewählten Spannungen kann der Spannungsverlauf im Kanal als konstant und gleich null genähert werden UGS ≈ 10 · UDS . Das Problem wird auf ein
eindimensionales Problem der z Achse reduziert.
Zeitpunkt tj eine ionische Ladungsdichte (nachfolgend Ionendichte1 genannt) für
positive und negative Ionen, %+ (zi , tj ) und %− (zi , tj ) und eine Ionenstromdichte
für positive und negative Ionen, j + (zi , tj ) und j − (zi , tj ), zugeordnet (Abbildung
3.2). Auf die zunächst homogen verteilten positiven und negativen Ionen wirkt
bei einer angelegten Gatespannung UGS (zi , tj ) das elektrische Feld E(zi , tj ).
Abbildung 3.2: Der Isolator erstreckt sich von z = 0 bis z = dIN S . Jedem zi
wird eine Ionendichte %(zi , tj ) und eine Stromdichte j(zi , tj ) für die positive bzw.
negative Ionenverteilung sowie ein elektrisches Feld E(zi , tj ) zugeordnet.
Ionendichte % hat hier die Einheit C/m3 und ist das Produkt aus Teilchendichte n ([1/m3 ])
und der Ladung q: % = n · q.
1 Die
40
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
3.1.1 Drift und Diffusion
Den Zusammenhang zwischen dem externen elektrischen Feld und den Stromdichten geladener Teilchen liefert das schon in Gleichung 2.13 zitierte Ohmsche
Gesetz. In Verbindung mit dem Ausdruck für die Leitfähigkeit von Gleichung
2.23 ergibt sich für die Driftstromdichte geladener Teilchen im elektrische Feld
E:
jDrif t (zi , tj ) = eµ+ n+ (zi , tj )E(zi , tj ) + eµ− n− (zi , tj )E(zi , tj )
(3.2)
Die beiden Ionensorten können unterschiedliche Driftbeweglichkeiten in der
Polymermatrix aufweisen. Ihrer entgegengesetzten Ladung wird durch das unterschiedliche Vorzeichen der Stromichten deutlich. Der Driftbewegung des Ionenstroms wirkt eine Diffusionsbewegung entgegen. Sie hat ihre Ursache im Konzentrationsgefälle der jeweiligen Teilchen, das sich im Laufe der Zeit zwischen
den verschiedenen zi einstellt.
Die Diffusionsstromdichte beweglicher Teilchen wird durch das Erste Ficksche Gesetz beschrieben, welches besagt, dass die Diffusionsstromdichte proportional zum Gradienten der Teilchendichte ist und entgegengesetztes Vorzeichen
hat. (Die Größe e
jT eilchen,Dif f (zi , tji ) ist dabei eine Teilchenstromdichte.)
∂ n(zi , tj )
e
jT eilchen,Dif f (zi , tj ) = −D
∂z
(3.3)
Für geladene Teilchen ist die Diffusionskonstante über die Nernst-EinsteinBeziehung mit der Beweglichkeit verknüpft:
D=
µkT
q
(3.4)
k ist die Boltzmann-Konstante und T die absolute Temperatur des Systems.
Aus den beiden vorangegangenen Gleichungen ergibt sich für den speziellen Fall
einfach geladener Ionen folgende Diffusionstromdichte:
jDif f usion (zi , tj ) = −µ+ kT
∂ n+ (zi , tj )
∂ n− (zi , tj )
+ µ− kT
∂z
∂z
(3.5)
3.1. TRANSPORTMODELL
41
Zusammenfassend wird der Ionentransport durch die Summe aus Driftstromdichte der beweglichen Teilchen im elektrischen Feld sowie der Diffusionstromdichte entlang des Konzentrationsgefälles beschrieben (Gleichung 3.6) und im
Folgenden für die jeweilige Ionensorte dargestellt:
j(zi , tj ) = jDrif t (zi , tj ) + jDif f usion (zi , tj )
(3.6)
j+ (zi , tj ) = eµ+ n+ (zi , tj )E(zi , tj ) − µ+ kT
∂ n+ (zi , tj )
∂z
(3.7)
j− (zi , tj ) = eµ− n− (zi , tj )E(zi , tj ) + µ− kT
∂ n− (zi , tj )
∂z
(3.8)
3.1.2 Zeitliche und räumliche Entwicklung
Die zeitliche Entwicklung zwischen Ladungsträgerdichte und Stromdichte ist
über die Kontinuitätsgleichung gegeben, die ihren Ursprung in der Teilchenzahlerhaltung hat. Sie besagt, dass die Summe aus der zeitlichen Änderung einer Ladungsträgerdichte und der räumlichen Änderung der Ladungsträgerstromdichte
gleich null ist:
∂%(z, t) ∂j(z, t)
+
=0
∂t
∂z
(3.9)
j(z, t) entspricht hier der Gesamtstromdichte aus Gleichung 3.6. Für die lokale Betrachtung bedeutet das, dass die Ladungsträgerdichte zum Zeitpunkt t + ∆t
durch die Stromdichten zweier benachbarter Volumenelemente gegeben ist (siehe
Abbildung 3.2):
%(zi , tj+1 ) = %(zi , tj ) +
∆t
(j(zi+1 , tj ) − j(zi , tj ))
∆z
(3.10)
Ladungsträgerdichten sind Quellen elektrischer Felder, was durch die dynamische Maxwellgleichung oder Poissongleichung ausgedrückt wird und im eindimensionalen Fall wie folgt aussieht:
42
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
%(z, t)
∂E(z, t)
=
∂z
0 ε
(3.11)
0 ist die Dielektrizitätskonstante und ε die dielektrische Funktion des Materials, in dem die Ladungsträgerdichte auftritt. Bei der Ladungsträgerdichte %(z, t)
handelt es sich um die Summe positiver und negativer Ladungsträgerdichten. Mit
Hilfe der diskreten Schreibweise wird die Propagation des lokalen elektrischen
Feldes durch die lokale Ladungsträgerdifferenz deutlich:
E(zi+1 , tj ) = E(zi , tj ) +
∆z +
(% (zi , tj ) + %− (zi , tj ))
0 ε
(3.12)
Der Zusammenhang zwischen dem elektrischen Feld E(z, t) und dem Potential Φ(z, t) lautet:
E(z, t) = −
∂Φ(z, t)
∂z
(3.13)
In der lokalen diskretisierten Schreibweise wird die Propagation des Potentials deutlich:
Φ(zi+1 , tj ) = Φ(zi , tj ) − E(zi , tj )∆z
(3.14)
Mit den Gleichungen aus den Kapiteln 3.1.1 und 3.1.2 liegen die notwendigen
Zusammenhänge vor, um Ladungsträger- und Stromdichten der beiden Ionensorten, das elektrische Feld sowie das Potential für jedes zi des Isolators zu jedem
Zeitpunkt tj zu bestimmen. Mit Festlegung der Anfangs- und Randbedingungen
lassen sich mittels Iteration alle Größen berechnen.
Anfangs- und Randbedingungen
Die Anfangsbedingungen des Problems zur Berechnung der Ionenströme im Isolator sind durch das Experiment gegeben. Es liegt ein Transistor vor, der zuvor
noch nicht geschaltet wurde, dessen positive und negative Ionen also noch homogen verteilt in der Polymermatrix des Isolators vorliegen. Folglich sind auch die
Ionenströme zum Zeitpunkt t < 0 s gleich null (Abbildung 3.3). Zum Zeitpunkt
3.1. TRANSPORTMODELL
43
t = 0 s wird eine Gatespannung U0,GS = −5 V eingeschaltet, die gleichbedeutend mit einem homogenen elektrischen Feld E0 (z, t = 0) = U0,GS /zmax ist
(zmax = dIN S ist die Gesamtschichtdicke des Isolators). Dieses Feld hat für
t = 0 s einen konstanten Ionenstrom j zur Folge, der die Ladungsträgerdichten %
für t > 0 s bestimmt. Die Abbildung 3.3 zeigt die Größen übersichtlich.
Abbildung 3.3: Anfangs- und Randbedingungen. Für t < 0 s sind die Ladungsträgerdichten homogen verteilt, die Stromdichten sind null. Die Gatespannung
wird bei t = 0 s eingeschaltet und führt zu konstanten Stromdichten. Für t > 0 s
resultieren veränderte, nicht mehr homogene Ladungsträgerdichten.
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
44
Aus Abbildung 3.3 können die Randbedingungen des Problems abgelesen
werden. Es wird angenommen, dass es sich um ein geschlossenes System handelt, d. h. dass weder Ionen noch Ladung in den Isolator eintreten noch aus
dem Isolator entweichen (keine Erzeugung oder Vernichtung von Ladung an den
Grenzflächen), müssen die Ladungsträger- und Stromdichten für die äußersten zi
(z0 = 0 nm und zmax = 500 nm) gleich null sein. Die Annahme des geschlossenen Systems ist nicht ohne Weiteres einsehbar, weswegen sie in Kapitel 5.2.2
experimentell untersucht und kritisch hinterfragt wird. Dort wird die Schlussfolgerung gezogen, dass die Ionen auf das Isolatorvolumen beschränkt bleiben. In
einem realen Experiment ist eine Erzeugung oder Vernichtung von Ladung oder
Ionen vorstellbar, indem z. B. Ladung oder Ionen durch die Halbleiter-Isolator
Grenzfläche treten und im Halbleiter weiter fließt. Die Ergebnisse verschiedener Experimente dieser Arbeit sprechen deutlich für die Erfüllung der Annahme
eines geschlossenen Systems (Kapitel 5.2.2). Dementsprechend wird diese Annahme in die Simulation eingebaut.
Die Spannung UGS und damit die Randwerte sind eindeutig festgelegt über
die angelegte Gatespannung. Im Halbleiter werden durch Anlegen einer Gatespannung Ladungsträger angereichert. Der mit Ladungsträgern angereicherte Kanal an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche ist die Gegenelektrode zum Gate. Aufgrund der oben bereits erwähnten Näherung für kleine Source-Drain Spannungen
wird diese Gegenelektrode in der x − y Ebene als homogen geladen betrachtet
(Abbildung 3.1). Für das elektrische Feld E gilt E(z = 0, tj ) = E(z = zmax , tj ).
3.2 Modell für OFETs und Kondensatoren
In einem Transistor grenzt der Halbleiter und der Isolator aneinander.
Änderungen des elektrischen Feldes an der Grenzfläche im Isolator resultieren in
Änderungen des Grenzflächenfeldes im Halbleiter. Die elektrischen Felder sind
durch die Stetigkeitsbedingung2 miteinander verknüpft. Sie besagt, dass die Normalkomponenten der dielektrischen Verschiebungsdichte zu beiden Seiten der
Grenzfläche gleich sind.
2 Diese
Formulierung der Stetigkeitsbedingung gilt für den Fall, dass keine singuläre, nicht stetige
Grenzflächenladung σ auftritt. Dies ist im gegebenem Experiment näherungsweise erfüllt.
3.2. MODELL FÜR OFETS UND KONDENSATOREN
En,Ins εIns = En,Hl εHl
45
(3.15)
n steht für die Normalkomponente, die bei eindimensionaler Betrachtung in
z gleich dem berechneten EIns ist. ε ist die dielektrische Funktion des Halbleiters εHl bzw. des Isolators εIns . Diese Bedingung ist in Abbildung 3.4 skizziert. Hier sind die zum elektrischen Feld proportionalen Ladungsträgerdichten
an den Grenzflächen gezeigt. Die überschüssige Ladungsträgerdichte aus negativen Ionen an der Grenzfläche %− wird im Halbleiter durch eine positive Ladungsträgerdichte aus akkumulierten Löchern %HL,Komp kompensiert. Diese Ladungsträgerdichte %HL,Komp addiert sich mit der Ladungsträgerdichte im Halbleiter für den nicht ionischen Referenzfall %HL,0 zur Gesamtladungsträgerdichte
%HL,ges = %HL,Komp + %HL,0 .
Abbildung 3.4: Ladungsträgerakkumulation an den Grenzflächen des Isolators.
Durch Anlegen einer negativen Gatespannung wandern positive Ionen zum Gate
und negative zur entgegengesetzten Grenzfläche. Die resultierende negative Ladung an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche verursacht wegen der Stetigskeitsbedingung eine proportionale Gegenladung im Kanal %Hl,Komp .
Das Transportmodell für die Ionen im Isolator (Kapitel 3.1) liefert
EIns (z = zmax , t) und ergibt eingesetzt in den Ausdruck 2.4 für den Transistorstrom IDS :
46
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
IDS (tj ) = −
0 εIns W
µHl EIns (zmax , tj )UDS
L
(3.16)
Diese Gleichung gilt für die Näherung, dass UDS klein gegenüber UGS
2
in Gleichung 2.4 vernachlässigt werden kann.
ist und daher der Term UDS
Zusätzlich wird die Schwellspannung Uth mit null genähert. (Diese Näherung
wird mit dem experimentellen Ergebnis der nichtionischen Vergleichstransistoren begründet, die nur eine geringe Schwellspannung aufweisen (Kapitel 5).) IDS
wird somit durch das lokale interne elektrische Feld im Isolator an der Grenzfläche zum Halbleiter (z = zmax ) bestimmt, das durch die Wanderung der Ionen stark vergrößert ist. Der Transistorstrom ist proportional zur dielektrischen
Funktion des Isolators. Hier ist zu beachten, dass der Anteil der Raumladungspolarisation (Ionenwanderung siehe Kapitel 2.2.2) von den übrigen Anteilen separiert wird und nicht in der dielektrischen Funktion εIns aus Gleichung 3.16 enthalten ist, um die zeitliche Änderung berücksichtigen zu können (siehe hierfür
Grundlagenkapitel 2.2 sowie die experimentelle Bestimmung der dielektrischen
Funktion Kapitel 5.3). Es käme zu einer doppelten Berücksichtigung des Effektes der Ionenwanderung, wenn die Ionenwanderung sowohl in der dielektrischen
Funktion εIns als auch durch das Transportmodell und folglich EIns (zmax , t)
berücksichtigt würde. Die dielektrische Funktion εIns aus Gleichung 3.16 beinhaltet folglich alle übrigen schnellen Polarisationsvorgänge außer den ionischen
Anteilen. Über den in dieser Arbeit experimentell zugänglichen Frequenzbereich kann εIns als konstant angenommen werden. Mit C(f) Messungen (siehe Kapitel 5.3) wurde hierfür der Wert εIns = 4 bestimmt. Der ionische Anteil wird nur durch den zeitlich und räumlich aufgeschlüsselten Transportprozess
berücksichtigt.
Für die Betrachtung eines Kondensators mit ionenleitendem Isolator kann
die Betrachtung vereinfacht werden, da das Bauelement lediglich aus 2 Elektroden und der eingebetteten Isolatorschicht besteht (Abbildung 3.5).
Der Kondensatorstrom ist gegeben durch die sich mit der Zeit verändernde
Oberflächenladung auf den Kondensatorplatten mit der Fläche A:
IKond (t) = A
∂σ(zmax , t)
∂t
(3.17)
Die Oberflächenladung lässt sich mit Gleichung 2.9 durch das elektrische
Feld bei z = zmax ausdrücken und so erhält man für den Kondensatorstrom:
3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS
47
Abbildung 3.5: Aufbau eines Kondensators. Zwischen unterer und oberer Elektrode mit der Fläche A befindet sich der ionenleitende Isolator.
IKond (t) = A0 εIns
∂E(zmax , t)
∂t
(3.18)
Zusammenfassend stehen nun alle Gleichungen zur Verfügung, um die
Ionenstrom- und Ladungsträgerdichten, das interne elektrische Feld und das Potential sowie die resultierenden Ströme für die Bauelemente Feldeffekttransistor
und Kondensator zu simulieren. In einem iterativen Verfahren werden die Größen
nacheinander ermittelt. Durch die Anfangsbedingungen ist das elektrische Feld
zum Zeitpunkt t = 0 s gegeben. Aus diesem lassen sich die Ionenstromdichten
errechnen. Zusammen ergeben beide Größen die Ladungsträgerdichten der beiden Ionensorten für t > 0 s. Aus den Ladungsträgerdichten folgt nun das elektrische Feld für den Zeitpunkt t > 0 s und daraus die neuen Ionenstromdichten.
Wie im vorangegangenen Kapitel erläutert, folgt dann aus dem elektrischen Feld
an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche der Transistorstrom (Gleichung 3.16). Das
folgende Kapitel zeigt die Anwendung der hier hergeleiteten Gleichungen und
diskutiert die Wirkung des Drift- und Diffusionsmodels für den Ionentransport
auf die Bauelemente.
3.3 Schaltverhalten ionischer OFETs
Im Folgenden wird die Simulation der Transistorströme vorgestellt. Für die Simulation ist eine Festlegung der beeinflussenden Simulationsparameter wie Ionendichte, Ionenbeweglichkeit oder Halbleiterbeweglichkeit nötig. Die hier vorgestellten Rechnungen sind repräsentativ für das Experiment mit ionischen Tran-
48
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
sistoren (Kapitel 5) und beschränken sich deswegen auf die im Experiment auftretenden Werte der Simulationsparameter. Für das Experiment wurde das Salz
LiClO4 in den Isolator hinzugefügt. Die daraus abgeleiteten Werte werden im
Folgenden diskutiert.
Wahl der Parameter
• Im Experiment (Kapitel 5) wurden Ionendichten von e · 5 · 1025 m13 ≤ % ≤
e · 5 · 1027 m13 realisiert. Für die Simulation wurde deswegen eine für das
Experiment mittlere Ionendichte von % = e · 1 · 1026 m13 gewählt. Diese
Ionendichte entspricht einer Konzentration von c ≈ 1, 54 % ausgedrückt
in Gewichtsprozent. Die Dichte wird als Ladung pro Volumen angegeben
und enthält deshalb den Faktor e = 1, 6·10−19 C für die Elementarladung.
Der entgegengesetzten Ladung wird durch ein unterschiedliches Vorzeichen der Ionendichten % Rechnung getragen. Skizze 3.6 veranschaulicht
die Ionendichte in Größenordungen des Isolators. Eine Variation der Ionendichte und Diskussion des Einflusses dieses Parameters findet sich in
Kapitel 3.4.2.
Abbildung 3.6: Dichte der Ionen. Die Li+ und die ClO4− Ionen haben eine Ladungsträgerdichte % = e · 1 · 1026 m13 . Das entspricht je einem Li+ und einem
ClO4− Ion in einem Volumen von ca. (2, 15nm)3 . Mit e multipliziert ergibt das
den Wert von % = 1, 6 · 107 mC3 .
• Für Li+ und ClO4− Ionen wurden unterschiedliche Ionenbeweglichkeiten µ+ bzw. µ− gewählt (Gleichung 3.7 und 3.8). Aufgrund der ca. 14 Mal
größeren Masse des ClO4− Ions im Vergleich zum Li+ Ion (MLi ≈ 7u und
MClO4 ≈ 100u), geht man davon aus, dass Li+ Ionen eine höhere Driftund Diffusionsbeweglichkeit zeigen. Für die hier vorgestellte Simulation
2
−
−17 m2
wurde µ+ = 1 · 10−16 m
V s und µ = 1 · 10
V s gewählt. Diese Werte
3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS
49
entsprechen einer einfachen Abschätzung der Beweglichkeiten aus experimentellen Daten (siehe Kapitel 5.2.1). Der Unterschied von Faktor 10 in
den Beweglichkeiten resultiert aus dem Vergleich mit dem Experiment und
deckt sich gut mit den Analysen in der Literatur [25]. Die Diskussion zur
Variation dieser beiden Parameter findet sich in Kapitel 3.4.3.
• Die
Halbleiterbeweglichkeit
wurde
an
einem
hier
verwendeten
organischen
Transistor
experimentell
ermittelt:
2
−4 cm2
µHl = 5 · 10−8 m
Die Diskussion zum Einfluss
V s = 5 · 10
Vs .
dieses Parameters findet sich in Kapitel 3.4.1.
• Die Gesamtschichtdicke des Isolators beträgt dIns = zmax = 500 nm.
Der Isolator ist in 500 Elemente diskretisiert mit einer Schrittweite von
∆z = 1 nm.
• Das Experiment und entsprechend die Simulation läuft tges = 60 s mit
∆t = 0, 01 s und wird unterteilt in 2 Phasen:
– Einschaltvorgang: 0 s − 30 s: UDS = −0, 5 V und UGS = −5 V
– Ausschaltvorgang: 30 s − 60 s: UDS = −0, 5 V und UGS = 0 V
3.3.1 Einschaltvorgang
Mit Abbildung 3.4 wurde bereits verdeutlicht, dass bei Anlegen einer Gatespannung eine Ladungstrennung und Verschiebung der Ladungsträgerdichten der beweglichen Ionen auftritt. Im Folgenden wird mit Hilfe der Simulation des Driftund Diffusionsvorgangs für den Ionentransport (Kapitel 3.1.1) ein präziseres Bild
entwickelt. Vor dem Start der Simulation (t < 0s) ist der Transistor ausgeschaltet
(UGS = 0 V ). Die Probe befindet sich im Gleichgeweicht und die Li+ sowie die
ClO4− Ionen liegen homogen verteilt in der Isolatormatrix vor. Die Ionenströme
im Isolator sind gleich null. Mit dem Start bei t = 0s wird die Gatespannung angelegt und die Ionen erfahren eine Kraft im elektrischen Feld der Gatespannung
(Kapitel 3.1.1). Sie beginnen im elektrischen Feld zu driften und die Ionenstromdichten verändern sich. Abbildung 3.7 zeigt die Ionenstromdichten innerhalb der
ersten 5 Sekunden im Isolator, aufgeschlüsselt in die Drift- und Diffusionsionenstromdichte der Li+ Ionen (oben) sowie der ClO4− Ionen (unten). Abbildung 3.8
zeigt zusammengefasst die Ionenstromdichten der beiden Ionensorten sowie die
effektive Gesamtionenstromdichte (unten). Man beachte, dass die Randzonen des
Isolators in der Abbildung überproportional vergrößert (z-Achse) werden und der
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
50
mittlere Bereich von z = 20 nm bis z = 480 nm ausgespart ist, um die in den
Randzonen stattfindende Veränderung der Stromdichten besser visualisieren zu
können.
Parallel dazu werden die simulierten Ladungsträgerdichten der beiden Ionensorten im Isolator (Abbildung 3.9, a1) und a2)) betrachtet. Sie sind ebenso für
die ersten 5 Sekunden mit vergrößerten Randzonen darggestellt. Der obere Graph
zeigt die jeweiligen Dichten von Li+ (a1)) und ClO4− (a2)). Der untere Graph
zeigt die Summe der beiden Ionendichten (b)).
Die unterschiedlich gewählten Beweglichkeiten der Ionen beeinflussen maßgeblich das Verhalten der Ionenstromdichten sowie der Ladungsträgerdichten.
So ist schon unmittelbar nach dem Einschalten der Gatespannung bei t = 0 s
zu beobachten, dass die Li+ Ionen getrieben vom elektrischen Feld eine nicht
A
) (Abbildung 3.8,
zu vernachlässigbare Stromdichte aufweisen (jLi+ ≈ 0, 015 m
schwarze Kurve). Dieser setzt sich im Wesentlichen aus einem Driftstrom zusammen (Abbildung 3.7, oberer Graph). Die Driftbewegung der langsameren
ClO4− Ionen erzeugt im selben Betrachtungszeitraum einen viel geringeren Beitrag (Abbildung 3.7, unterer Graph). Dementsprechend ist die Ionenstromdichte
der ClO4− ca. um den Faktor 10 kleiner als die der Li+ Ionen (Abbildung 3.8).
Für beide Ionensorten gilt, dass die Stromdichten aufgrund der Bedingung des
geschlossenen Isolatorsystems (Kapitel 3.1.2) an den Rändern gleich null sind, da
keine Ionen aus dem Isolator bzw. in den Isolator fließen. Die dominierende Driftbewegung der Ionen zieht z. B. die Li+ Ionen von der Halbleiter-Isolator Grenzfläche zurück, was als Resultat in der nachfolgenden Ladungsträgerverteilung
bei t = 1 s beobachtet werden kann (Abbildung 3.9, rote Kurve a1), hohe zi ).
Von ursprünglich % = 1, 6 · 107 mC3 reduziert sich die Ladungsträgerdichte bei
z = 499 nm auf ca. 30% davon3 . Mit den nachfolgenden Zeiten tj verstärkt sich
das Zurückziehen, wobei durch das starke Absinken der Li+ Ionendichte in der
Randzone von ca. 497 nm bis 499 nm auch dort der Li+ Ionenstrom nahezu auf
null sinkt, wohingegen er im Volumen langsamer fällt.
3 Um
die Bedingung einfließen lassen zu können, dass keine Ladung den Isolator verlässt oder
durch die Grenzflächen eintritt (siehe Kapitel 3.1.2) muss % gleich null an den Rändern des
Isolators gewählt werden. Bedingt durch die Diskretisierung (siehe Abbildung 3.2) werden bei
z = 500 nm die Werte der Größen für das Volumen von z = 500 nm bis z = 501 nm angezeigt, also schon für das erste dz im Halbleiter. Insbesondere für die Ionendichten ergäbe sich
durch die Darstellung eine falsche Vorstellung, weswegen für die Ionendichten auf die Anzeige
des letzten Wertes für z = 500 nm verzichtet wurde (siehe Abbildung 3.9).
3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS
51
0.1
j
j [A/m]
Li, Diffusion
0.0
-0.1
t=0s
j
Li, Drift
t=1s
t=2s
t=3s
t=4s
t=5s
0.01
j
j [A/m]
ClO4, Diffusion
0.00
-0.01
0.0
j
ClO4, Drift
5.0n
490.0n
495.0n
500.0n
z [m]
Abbildung 3.7: Ionenstromdichten in den ersten 5 Sekunden nach Anlegen der
Gatespannung. Im oberen Bild wird die Ionenstromdichte der Li+ Ionen differenziert in den Drift- und Diffusionsanteil, im unteren Bild entsprechend für die
ClO4− Ionen. Man beachte die y-Achse, die für die Li+ Ionen um den Faktor 10
größer ist.
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
0.00
j
j [A/m]
ClO4
-0.01
j
t=0s
Li
-0.02
t=1s
t=2s
0.00
t=3s
t=4s
j
ges
= j + j
Li
ClO4
-0.01
ges
[A/m]
t=5s
j
52
-0.02
0.0
5.0n
490.0n
495.0n
500.0n
z [m]
Abbildung 3.8: Gesamtionenstromdichte in den ersten 5 Sekunden nach Anlegen
der Gatespannung. Das obere Bild zeigt jeweils die Ionenstromdichte für die Li+
und die ClO4− Ionen, das untere zeigt die Gesamtstromdichte.
3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS
53
7
Li
3
[C/m ]
4.0x10
a1)
0.0
a2)
7
-4.0x10
ClO4
t=0s
t=1s
t=2s
t=3s
7
t=4s
4.0x10
3
[C/m ]
t=5s
0.0
Li
+
b)
ClO4
7
-4.0x10
0.0
5.0n
490.0n
495.0n
500.0n
z [m]
Abbildung 3.9: Ladungsträgerdichten der Ionen für die ersten 5 Sekunden nach
Anlegen der Gatespannung. Der obere Graph zeigt die Dichte der Li+ Ionen (a1),
positive Werte) und die Dichte der ClO4− Ionen (a2), negative Werte). Bei t = 0s
haben die homogen verteilten Ionen eine Dichte von % = 1, 6 · 107 mC3 (schwarze
Linien). Graph (b) zeigt ∆%, die Summe der beiden Dichteverteilungen.
54
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
Das Absinken der Li+ Ionendichte an der rechten Grenzfläche geht einher
mit einer Anreicherung von Li+ Ionen an der linken Grenzfläche. Ein Absinken
unter null ist nicht möglich. Innerhalb von 5 s erhöht sich die Dichte um mehr
als das Vierfache. Hier lässt sich eine Asymmetrie in der Breite der Randzonen beobachten, in denen Ionen verarmt bzw. angereichert werden. Die Ursache
hierfür liegt in der Tatsache, dass rechts eine Population ausgeräumt wird, also
mit der Zeit immer mehr zi betroffen sind, und links eine Anhäufung stattfindet.
Die Anhäufung wirkt entgegen der gegenseitigen Coulombschen Abstoßung der
Ionen einer Sorte, die durch die Diffusionskraft im Modell berücksichtigt wird.
Die aus beiden Kräften resultierende Ionenverteilung ist die zeitlich und räumlich
lokale Verteilung der Gesamtionen und zeigt eine starke zeitliche Veränderung
lediglich in den ersten 2 Nanometern der Isolatorschicht. Wegen der Erhöhung
der Ionendichte wurde eine Einführung einer maximalen Grenzionendichte einer
Sorte in einem Volumenelement diskutiert. In Anbetracht der hier verwendeten
Ionendichten (siehe Skizze 3.6) und ihrer erhöhten Werte im typischen Experiment scheint das jedoch nicht notwendig. Eine Überprüfung durch Integrieren
belegt, dass für einen festen Zeitpunkt tj die Summe der angereicherten Ionen
gleich der Summe der verarmten Ionen ist. Das darf jedoch nicht davon ausgehen, dass Li+ Ionen vom rechten Randgebiet durch den gesamten Isolator zum
linken Randgebiet gewandert sind. Es hat lediglich eine Verschiebung und Verformung der Gesamtpopulation stattgefunden.
Die ClO4− Ionen, die langsamer als die Li+ Ionen sind, finden schon eine
Ladungsverschiebung der Li+ Ionen vor, wenn sie beginnen sich zu bewegen.
Sie reagieren deshalb nicht nur auf das externe elektrische Feld, sondern auch
auf die sich bereits eingestellte Dichteverteilung der Li+ Ionen. Anschaulich gesprochen führt das dazu, dass z. B. ClO4− Ionen an der linken Grenzfläche nicht
nur abgestoßen werden, sondern auch aufgrund der ionischen Anziehung durch
die angehäuften Li+ Ionen verstärkt gebunden werden. Das in der Situation resultierende Potential (Abbildung 3.10 und Abbildung 3.11 unten) erklärt, warum
es zu einer ClO4− Ionendichteverteilung kommen kann, die z. B. in der Randzone für hohe zi (Abbildung 3.9, (a2), rechts) erst eine Verringerung und für die
letzten ∆z eine Erhöhung der Ionenzahl aufweist.
Die Verschiebung der Li+ Ionen hat ein inhomogenes Potential zur Folge,
das in den Randzonen stark abfällt bzw. ansteigt und nach wenigen Nanometern
im Volumen ein im Vergleich zu t = 0 s geringeres Gefälle (Abbildung 3.10 und
3.11 unten) aufweist. ClO4− Ionen am rechten Rand werden deswegen mit verschiedenen Kräften angezogen, so dass sie schneller an die Grenzfläche gezogen
3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS
55
5
t=0s
t=1s
4
t=2s
[eV]
t=3s
t=4s
3
t=5s
2
1
0
0.0
100.0n
200.0n
300.0n
400.0n
500.0n
z [m]
Abbildung 3.10: Das auf die Ionen wirkende Potential für die ersten 5 s. Φ = e·U
([eV ]) erfährt mit Anreicherung bzw. Verarmung der Ionen in den Randzonen des
Isolators einen starken Abfall bzw. Anstieg, was im Isolatorvolumen ein geringeres Potentialgefälle zur Folge hat. Die Asymmetrie des Schnittpunkts der Kurven
spiegelt die Asymmetrie der Randzonen wider.
werden als aus dem Volumen Ionen nachwandern (Abbildung 3.9). Die Folge
ist eine Delle in der ClO4− Ionendichte. Sichtbar wird das geringere Potentialgefälle auch in den Stromdichten. Die ClO4− Stromdichte nimmt ebenso wie die
Li+ Stromdichte im Volumen des Isolators im Vergleich zum Wert bei t = 0 s
ab (Abbildung 3.8, oberer Graph).
Die Abnahme der Ionenstromdichte im Volumen des Isolators, bedingt durch
das geringere Potentialgefälle, kann als eine Abnahme des Driftstroms interpretiert werden (Abbildung 3.7). Die Werte des Driftstroms im Volumen sinken mit
der Zeit und haben jeweils ein Maximum in den Randzonen. Mit der Zeit steigende Werte des Driftstroms an der Gate-Isolator Grenzfläche (niedrige zi ) lassen
den effektiven Zufluss von positiver Ladung in diese Randzone durch Driftbewegung erkennen. Dabei driften die Li+ Ionen nach links und die ClO4− Ionen
nach rechts. Steigende Werte des Driftstroms an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche (hohe zi ) weisen auf den effektiven Abfluss positiver oder Akkumulation
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
log(E) [V/m]
9
10
8
10
7
10
t=0s
t=1s
9
1.50x10
t=2s
E [V/m]
t=3s
t=4s
t=5s
0.00
5
4
[eV]
56
3
2
1
0
0.0
5.0n
490.0n
495.0n
500.0n
z [m]
Abbildung 3.11: Elektrisches Feld und Potential im Isolator für die ersten 5 Sekunden. Das elektrische Feld (Mitte) steigt in den Randzonen an und sinkt im Volumen des Isolators (oben, logarithmische Darstellung) ab. Das Potential (unten)
ist über die Poissongleichung mit dem elektrischen Feld verknüpft .
3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS
57
negativer Ladung hin, also auf den umgekehrten Vorgang. Der Diffusionstrom
(Abbildung 3.7) hingegen hat außerhalb der Randzonen den Wert null. Das bedeutet, dass die Ionendichten von Volumenelement zu Volumenelement konstant
sind und kein Konzentrationsgefälle auftritt. Die Randzonen jedoch, in denen die
jeweiligen Ionen stark angehäuft oder verarmt sind, weisen starke Konzentrationsgefälle auf und der Diffusionstrom steigt stark an. Der Diffusionstrom der jeweiligen Ionensorten wirkt dem Driftstrom entgegen (umgekehrtes Vorzeichen).
An dieser Tatsache kann die entgegengesetzte Wirkung der Kräfte abgelesen werden. Auf der einen Seite bewirkt die elektrische Kraft des äußeren elektrischen
Feldes eine Driftbewegung der Li+ Ionen zum Gate hin, auf der anderen Seite
bewirkt die Akkumulation ein Konzentrationsgefälle und daraus eine Diffusionsbewegung, die die Li+ Ionen zurückdrängt (siehe auch Kapitel 3.1.1).
Abbildung 3.9(b) zeigt die Summe der beiden Ionendichten. Bei t = 0 s und
homogener Verteilung der Ionen ist ∆% gleich null. Die Verschiebung der Ionendichten durch Anlegen einer negativen Gatespannung führt an der HalbleiterIsolator Grenzfläche zu einer negativen Gesamtionendichte und an der GateIsolator Grenzfläche zu einer positiven Gesamtionendichte, wie auch schon in
Abbildung 3.4 dargestellt. ∆% ist letztlich die relevante Dichte zur Berechnung
des resultierenden elektrischen Feldes sowie des Potentials (siehe Gleichung
3.12).
Ergebnis ist ein elektrisches Feld (Abbildung 3.11), dessen Wert in den RandV
zonen des Isolators deutlich den Anfangswert bei t = 0 s von E = 1 · 107 m
übersteigt. Durch die Ionenakkumulation an den Grenzflächen ist das Feld nach
5 Sekunden um mehr als den Faktor 100 angewachsen und fällt innerhalb weniger ∆z auf einen niedrigen Wert zurück. Auch wenn in den beiden Randzonen unterschiedliche Dichten der jeweiligen Ionensorten vorliegen, so ist
E(0, t) = E(zmax , t) (siehe Diskussion der Anfangs- und Randbedingungen im
Kapitel 3.1.2). Die Steilheit des Rückgangs sowie auch die Breite der Randzone
unterscheidet sich für die beiden Randzonen. Die Ursache für diese Asymmetrie
liegt letztlich in den unterschiedlichen Beweglichkeiten für die beiden Ionensorten (siehe Diskussion zu Beginn dieses Kapitels) und den daraus resultierenden
Ionendichten in den Randzonen. Daraus resultiert auch ein geringerer Sprung in
der Änderung des Potentials (Abbildung 3.10) und die auffällige Verschiebung
des Schnittpunktes der zeitabhängigen Potentialkurven aus der Mitte.
Die Ladung an den Randzonen schirmt das äußere elektrische Feld ab. Das
Resultat ist ein unter den Anfangswert sinkendes elektrisches Feld im Volumen
des Isolators. Die logarithmische Darstellung (Abbildung 3.11, oben) des elek-
58
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
trischen Feldes zeigt, dass sich der Wert nach 5 Sekunden ungefähr halbiert hat,
woraus die Verminderung der Ionenstromdichten (Abbildung 3.8) wie auch die
Reduzierung des Potentialgefälles (Abbildung 3.10) folgt.
Der bisher beschriebene Prozess setzt sich in den folgenden Sekunden bis
zum Ausschalten des Transistors fort, verlangsamt sich jedoch immer mehr, da
das interne elektrische Feld immer stärker abgeschirmt wird. Das Anwachsen
des resultierenden elektrischen Feldes an den Grenzflächen des Isolators hat nach
Gleichung 3.16 das Anwachsen des Transistorstroms zur Folge und wird zusammenfassend in Kapitel 3.3.3 betrachtet.
3.3.2 Ausschaltvorgang
Beim Ausschalten des Transistors wird die Gatespannung bei t = 30 s gleich
null gesetzt. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Isolator instantan feldfrei ist.
Über das Verschieben ionischer Ladung hat sich, wie im vorherigen Kapitel beschrieben, ein internes elektrisches Feld aufgebaut, das auch für t > 30 s ein
inhomogenes Potential ungleich null zur Folge hat.
Am Potential kann der Ausschaltvorgang anschaulich diskutiert werden (Abbildung 3.12). Ausgangspunkt ist das Potential bei t = 30 s (schwarze Kurve), das im Volumen des Isolators nur noch ein geringes Gefälle aufweist und
in beiden Randzonen sprunghaft ansteigt bzw. abfällt. Wird nun das Gate von
UGS = −5 V auf UGS = 0 V geschaltet, so fällt das Potential bei z = 0 nm
auf null (schwarze Kurve, Abbildung 3.12). Das Ausschalten ist die Verminderung des gesamten elektrischen Feldes (Summe aus externem und internem
5V
7V
Feld) um den konstanten Wert des externen Feldes E = 500
nm = 1 · 10 m .
Da das gesamte elektrische Feld während des Einschaltvorgangs in 30 Sekunden
um 2 Größenordnungen gestiegen ist, verbleibt ein relevantes internes elektrisches Feld. Das sich unmittelbar einstellende Potential zeigt nun im Volumen ein
starkes Gefälle (Abbildung 3.12 rote Kurve) und weist in den Randzonen (vergrößernde Zusatzgraphen) eine sprunghafte Änderung auf. Das Potential wirkt
sich auf die folgenden Ionenstromdichten und Ionendichteverteilungen aus.
Abbildung 3.13 zeigt die Ionendichte der Li+ (a) und der ClO4− (b) Ionen
am Beispiel der Halbleiter-Isolator Randzone des Isolators. Für den Zeitpunkt
t = 30 s (schwarze Kurven) geht die Li+ Dichte ρp in dieser Randzone für
die letzten Nanometern auf null, die ClO4− Ionen (ρn ) weisen eine sehr starke
3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS
5.0
59
2.5
2.0
1.5
490.0n
495.0n
500.0n
[eV]
2.5
-1.8
0.0
t=30,0s
-2.1
0.0
5.0n
t=30,2s
10.0n
t=30,4s
t=30,6s
t=30,8s
-2.5
0.0
t=31s
100.0n
200.0n
300.0n
400.0n
500.0n
z [m]
Abbildung 3.12: Potentialänderung in der ersten Sekunde nach dem Ausschalten
der Gatespannung. Das linke Ende der schwarzen Kurve (t = 30 s) wird bei t >
30 s auf null gezogen.
Anhäufung auf. Der negative Ladungsüberschuss verursacht ein lokales elektrisches Feld, das für t > 30 s die schnellen Li+ Ionen zur Halbleiter-Isolator
Grenzfläche driften lässt. Die Driftbewegung der positiven Ionen lässt sich auch
mit Hilfe des Potentialgefälles belegen, das durch seine Krümmung nach oben
(Abbildung 3.12 rote Kurve) positive Ionen nach rechts zieht. Gleichzeitig existiert ein Konzentrationsgefälle an Li+ Ionen, das eine Diffusionsbewegung der
Li+ Ionen zur Halbleiter-Isolator Grenzfläche auslöst. Drift und Diffusion wirken jetzt in die selbe Richtung, ganz im Gegensatz zum Einschaltvorgang. Folglich steigt die Dichte der Li+ Ionen an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche an
und die Verarmung wird abgebaut (Abbildung 3.13(a)). Analog driften und diffundieren die langsameren ClO4− Ionen aus der Halbleiter-Isolator Randzone in
das Volumen des Isolators. Das Maximum und das darauf folgende Minimum in
der Dichteverteilung %n der ClO4− Ionen werden abgebaut (Abbildung 3.13(b)).
Insgesamt wird der Ladungsüberschuss an den Grenzflächen abgebaut.
60
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
7
3
[C/m ]
2x10
7
p
1x10
t=30,0s
t=30,2s
0
a)
t=30,4s
t=30,6s
t=30,8s
b)
3
[C/m ]
t=31s
7
n
-1x10
7
-2x10
480.0n
490.0n
500.0n
z [m]
Abbildung 3.13: Dichten der Li+ (a)) und der ClO4− (b)) Ionen in der ersten
Sekunde nach dem Ausschalten. Drift- und Diffusionsbewegung der Li+ wirken
in die selbe Richtung und sorgen für einen Anstieg der Li+ Dichte an der Grenzfläche.
Zu Beginn des Ausschaltvorgangs werden die Ionen an den Grenzflächen gehalten. Die Drift- und Diffusionsbewegungen insbesondere der schnelleren Li+
Ionen sorgen jedoch mit der Zeit für eine Kompensation der ClO4− Ionen, was
nachfolgend zur Reduktion der Felder führt. Die sprunghafte Veränderung des
elektrischen Feldes und des Potentials in den Randzonen sowie das interne Feld
3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS
61
und das Potentialgefälle im Volumen werden abgebaut. Abbildung 3.14 zeigt die
Änderung in den ersten 5 Sekunden nach dem Ausschalten.
4
[eV]
2
0
2
-2
1
-4
9
4.0x10
t=30s
490.0n
495.0n
500.0n
t=31s
t=32s
t=33s
t=34s
E [V/m]
t=35s
7
5.0x10
9
2.0x10
0.0
7
-5.0x10
490.0n
0.0
0.00
250.00n
495.0n
500.0n
500.00n
z [m]
Abbildung 3.14: Potential (oben) und elektrisches Feld (unten) in den ersten 5
Sekunden nach dem Ausschalten. Der Wert des Potentials wird für t > 30 s auf
Null gesetzt und zeigt in der rechten Randzone eine Feinstruktur (Zusatzgraph).
5V
V
Das elektrische Feld wird für t > 30 s um E = 500
= 1 · 107 m
vermindert
nm
und baut sich mit der Zeit ab.
Abbildung 3.15 belegt noch einmal eindrucksvoll die Dominanz der schnelleren Li+ Ionen für das gesamte Ausschaltverhalten. (Man beachte, dass für die
62
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
bessere Sichtbarkeit, die positive und die negative Achse unterschiedlich vergrößert sind). Der für die erste Sekunde des Ausschaltens beobachtete Prozess
setzt sich in den folgenden 30 Sekunden fort. Die Li+ Ionen driften und diffundieren zum Maximum der negativen Ladungsträgerüberschusses direkt an der
Halbleiter-Isolator Grenzfläche und gleichen diesen partiell aus. Es kommt mit
der Zeit sogar zu einer Überhöhung der Li+ Ionendichte im Vergleich zur Volumendichte (Ausbildung eines Maximum für %p ). Die Akkumulation der positiven Ionen sorgt für eine Kompensation der elektrischen Felder, was zum schon
erwähnten Abbau der Ladungsüberschüsse an der Grenzfläche führt. Die Dauer der Reduktion des elektrischen Feldes wird damit durch die Beweglichkeit
der schnelleren Ionensorte bestimmt. Mit der Zeit sinken die Ionendichten, was
bei Li+ zu einem auffälligen Absinken unter das Maximum der Verteilung bei
z = 498 nm und t = 45s führt.
Abbildungen 3.16 und 3.17 vervollständigen das Bild für die ersten 5 Sekunden nach dem Ausschalten der Gatespannung für die Stromdichten. Die Gesamtstromdichte zeigt im Volumen des Isolators ein umgekehrtes Vorzeichen zu der
Gesamtstromdichte des Einschaltvorgangs (Abbildung 3.8), verursacht durch das
beim Ausschalten umgekehrte Potentialgefälle. Der Diffusionsstrom der positiven und negativen Ionen ist im Volumen des Isolators aufgrund der Gleichverteilung der Ionen gleich null (Abbildung 3.16). Der Driftstrom im Volumen des
Isolators wird in den ersten 5 Sekunden dominiert vom Driftstrom der Li+ Ionen
(Abbildung 3.16). Seine Richtung gibt damit die Richtung des Gesamtstroms im
Volumen vor. Die Randzonen zeigen ein zu den oben diskutierten Ionendichten
analoges Bild. Für z. B. die Gate-Isolator Randzone gilt, dass zunächst Diffusionstrom und Driftstrom das selbe Vorzeichen aufweisen. Die Gleichrichtung der
beiden Kräfte tritt nur beim Ausschaltvorgang auf. Für die unmittelbar ersten Nanometer ändert sich das Vorzeichen des Driftstroms. Diese Umkehr für die ersten
2 Nanometer hängt mit der Umkehr des Potentialgefälles (Abbildung 3.14 oben)
beim Ausschalten in den ersten 2 Nanometern zusammen.
3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS
63
7
3
[C/m ]
2x10
t=30s
p
t=31s
7
1x10
t=32s
t=33s
t=34s
t=35s
0.0
0
t=40s
t=45s
t=50s
t=55s
-5.0x10
t=60s
n
3
[C/m ]
7
8
-1.0x10
480.0n
490.0n
500.0n
z [m]
Abbildung 3.15: Ladungsträgerdichten der Ionen im gesamten Ausschaltzeitraum
von t = 30 s (schwarz) bis t = 60 s (grau). Die schnelleren Li+ Ionen driften
unmittelbar zur Grenzfläche und gleichen partiell den Ladungsträgerüberschuss
der ClO4− Ionen aus. Mit der Zeit sinkt die Li+ Ionenanhäufung wieder.
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
0.3
0.2
j
j [A/m]
0.1
Li, Diffusion
0.0
-0.1
j
t=0s
Li, Drift
-0.2
t=1s
t=2s
t=3s
-0.3
t=4s
t=5s
0.01
j
ClO4, Diffusion
j [A/m]
64
0.00
j
ClO4, Drift
-0.01
0.0
5.0n
490.0n
495.0n
500.0n
z [m]
Abbildung 3.16: Ionenstromdichten für die ersten 5 Sekunden nach dem Ausschalten. Der obere Graph zeigt die Drift- und Diffusionsstromdichte der Li+
Ionen, der untere die jeweiligen Stromdichten der ClO4− Ionen.
3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS
65
j [A/m]
0.01
j
Li
j
ClO4
0.00
[A/m]
0.01
j
= j + j
Li
ClO4
ges
ges
t=30s
t=31s
t=32s
j
t=33s
t=34s
t=35s
0.00
0.0
5.0n
490.0n
495.0n
500.0n
z [m]
Abbildung 3.17: Gesamtionenstromdichte in den ersten Sekunden nach dem Ausschalten. Die Abbildung zeigt die Ionenstromdichte der Li+ und der ClO4− Ionen
im oberen Graph und die effektive Gesamtionenstromdichte im unteren Graph.
66
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
3.3.3 Transistorstrom
Bisher wurde die Entwicklung des elektrischen Feldes im gesamten Isolatormaterial betrachtet, die eine Berechnung der Ladungsträgerdichten und der Stromdichten der Ionen voraussetzt. In Kapitel 3.2 wurde der Zusammenhang zwischen
dem gesamten elektrischen Feld im Isolator und dem Transistorstrom IDS hergeleitet. Dabei konnte die Änderung der Ladungsträgerdichte der Löcher im Halbleiter auf die Änderung des elektrischen Feldes im Isolator an der Grenzfläche
zurückgeführt werden (Gleichung 3.18). Letztlich ist die Dynamik des Transistorstroms mit der zeitabhängigen Ionenakkumulation verknüpft. Abbildung 3.18
zeigt das Ergebnis der vorangegangenen Simulation für den Ein- und Ausschaltvorgang bei gleicher Parameterwahl.
Für die Ermittlung des Transistorstroms wird das elektrische Feld an der Stelle zmax betrachtet. Im Einschaltvorgang steigt es zunächst schnell an. Mit der
Zeit verlangsamt sich die Erhöhung des maximalen Feldes bis sie fast zu stagnieren scheint. Dieser Verlauf war schon in Abbildung 3.11 zu sehen. Ursache ist die
Verschiebung der Ladungsträger, die zunächst sehr schnell und mit großer Wirkung stattfindet. Mit der Zeit sinkt die Geschwindigkeit, da durch das verstärkte
Abschirmen des externen Feldes der Anteil des Driftstroms sinkt und der Anteil des Diffusionsstroms durch ein verstärktes Konzentrationsgefälle ansteigt. In
dem hier simulierten Fall kommt es nicht zu einem Gleichgewicht innerhalb der
30 Sekunden des Einschaltvorgangs, was mit der Wahl der Parameter zusammenhängt. In den folgenden Kapiteln werden Simulationsbeispiele gezeigt, bei
denen die Ionen während der simulierten Zeit in eine Gleichgewichtslage kommen und das elektrische Feld bis in die Sättigung bringt. Durch das Ausschalten
der Gatespannung für t > 30s sinkt das elektrische Feld (Abbildung 3.18 oben).
Die Differenz der ionischen Ladungsträgerdichten im Isolator an der HalbleiterIsolator Grenzfläche wird abgebaut, dominiert durch die Bewegung der Li+ Ionen. Innerhalb der hier simulierten 60 Sekunden findet kein vollständiger Abbau
des elektrischen Feldes statt.
Wie einleitend erwähnt beschreibt Gleichung 3.18 die Proportionalität zwischen dem elektrischen Feld Ezmax und dem Transistorstrom IDS . Entsprechend
folgt der Transistorstrom (Abbildung 3.18 unten) komplett dem Verlauf des elektrischen Feldes. Bedingt durch das starke Ansteigen des elektrischen Feldes um 2
Größenordnungen, steigt auch der Transistorstrom auf den Wert IDS ≈ 900 nA.
Zum Vergleich: Im Falle eines Transistors mit nicht-ionischem Isolator identischer Ausführung lässt sich bei gleicher Parameterwahl ein Transistorstrom von
3.3. SCHALTVERHALTEN IONISCHER OFETS
67
ca. IDS ≈ 3 nA erzielen. Die Simulation zeigt deutlich die durch die Ionenwanderung verursachte starke Zeitabhängigkeit des Transistorstroms.
9
9
2.0x10
E(z
max
,t) [V/m]
4.0x10
-400.0n
I
DS
(t) [A]
Ausschalten
Einschalten
0.0
-800.0n
0
30
60
t [s]
Abbildung 3.18: Elektrisches Feld an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche Ezmax
(oben) und Transistorstrom IDS (unten) in Abhängigkeit von t beim Ein- und
Ausschaltvorgang.
68
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
3.4 Einfluss physikalischer Parameter
Die Auswirkung der einzelnen physikalischen Parameter auf den Transistorstrom
kann im Experiment an der Änderung der Dynamik oder der Höhe des Stroms
beobachtet werden. Um die Zusammenhänge separiert voneinander betrachten
zu können, wird im Folgenden der Einfluss der jeweiligen Größe durch separate
Simulationen analysiert. Dabei ist die eben diskutierte Versuchs- bzw. Simulationsabfolge (Kapitel 3.3) mit ihrer Parameterwahl Ausgangspunkt zur Analyse
des Einflusses der Halbleiter- und der Ionenbeweglichkeit, der Ionendichte und
der Gatespannung. Die jeweils anderen Parameter bleiben unverändert.
3.4.1 Halbleiterbeweglichkeit
Zur Diskussion des Einflusses der Halbleiterbeweglichkeit wird an dieser Stelle
Gleichung 3.16 zitiert:
IDS (t) ∝ µHl EIns (zmax , t)UDS
(3.19)
Der Beitrag des elektrischen Feldes EIns im Isolators ist unabhängig von
der Halbleiterbeweglichkeit. Das Drift- und Dissusionsmodell für den Isolator
in Kombination mit dem Standardmodell für den Transistor, ergibt eine lineare Abhängigkeit des Transistorstroms IDS von µHl . Abbildung 3.19(a) zeigt
die Simulation für drei verschiedene Beweglichkeiten, wobei die mittlere dunkelblaue Kurve mit dem Parametersatz aus Kapitel 3.3 gerechnet wurde. Die lineare Abhängigkeit zwischen Transistorstrom und Halbleiterbeweglichkeit führt
z. B. zu einer Verdopplung des Stromes bei Verdopplung von µHl (orangene Kurve). Dieser Zusammenhang stellt einen starken Hebel der Einflussnahme auf den
Transistorstrom dar. Die Dynamik, also der Verlauf der Kurven innerhalb der
Schaltzeiten von jeweils 30 Sekunden, ändert sich jedoch nicht, was mit dem
Vergleich der normierten Kurven belegt werden kann (Abbildung 3.19 (b)). Sie
haben einen identischen Verlauf. Wie erwartet, beeinflusst µHl nur die Amplitude, nicht aber die zeitliche Entwicklung von IDS .
3.4. EINFLUSS PHYSIKALISCHER PARAMETER
69
-1.0µ
DS
[A]
0.0
I
jeweils auf 1 normiert
-4
2
-3
2
-4
2
µ =5*10 cm /Vs
Hl
µ =1*10 cm /Vs
Hl
µ =1*10 cm /Vs
Hl
-2.0µ
0
30
60
t [s]
(a)
-0.5
I
DS
[a.u.]
0.0
-1.0
0
30
60
t [s]
(b)
Abbildung 3.19: Transistorstrom in Abhängigkeit von der Halbleiterbeweglich2
keit. (a) Die dunkelblaue Kurve mit µHL = 5 · 10−4 cm
entspricht der SimulatiVs
on der vorangegangenen Kapitel. Die hellblaue Kurve wurde mit einer niedrigeren
2
) gerechnet, die orangene mit einer
Halbleiterbeweglichkeit (µHL = 1 · 10−4 cm
Vs
2
−3 cm
höheren (µHL = 1 · 10 V s ). (b) Die auf −1 normierten Kurven zeigen einen
identischen Verlauf.
70
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
3.4.2 Ionendichte
Abbildung 3.20 macht den Einfluss der Ionendichte % auf den Transistorstrom IDS (t) bzw. das elektrische Feld an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche
EIns (zmax , t) deutlich. Die Dichte %0 = e · 1 · 1026 m13 wurde dabei mit folgendem Faktor variiert: 0, 2, 0, 4, 0, 6, 0, 8, 4. %0 und die Dichtevariation entsprechen gewählten Dichten des Experiments. Mit steigender Dichte erhöht sich
der Transistorstrom und dazu analog EIns (zmax , t), das sich nach 30 Sekunden
Einschaltvorgang einstellt. Es lässt sich erkennen, dass es sich bei der Ionendichte nicht um einen Skalierungsfaktor handelt wie im vorangegangenen Kapitel
bei der Halbleiterbeweglichkeit. Die Kurven haben jeweils eine unterschiedliche
Dynamik, was die unterschiedliche Krümmung der Kurven zeigt.
0.0
-400.0n
[A]
=0.2*
DS
=0.4*
I
=0.6*
-800.0n
=0.8*
=4*
-1.2µ
0
30
60
t [s]
Abbildung 3.20: Variation der Ionendichte von %1 = e · 0, 2 · 1026 m13 bis
%5 = e · 4 · 1026 m13 . %0 = e · 1 · 1026 m13 entspricht der vorangegangenen Basisrechnung. Mit steigender Ionendichte ändert sich die Dynamik innerhalb der
simulierten Schaltzeiten drastisch.
Die Ursache für die unterschiedliche Dynamik hat ihren Ursprung in Gleichung 3.2 für die Driftstromdichte: jDrif t ∝ µ · %Ion · E. Die Driftstromdichte
erhöht sich mit wachsender Ionendichte %. Daraus folgt, dass sich schon zu einem
früheren Zeitpunkt eine gewisse Ionendichtedifferenz ∆% einstellt und der Strom
schneller anwächst. Mit unterschiedlicher Dichte und zeitlicher Entwicklung re-
3.4. EINFLUSS PHYSIKALISCHER PARAMETER
71
sultiert ein jeweils anderes Profil der Ionendichtedifferenz. Die Ionendichtedifferenz überträgt sich auf das elektrische Feld an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche
EIns (zmax , t) und damit auf den Transistorstrom IDS (t). (Das elektrische Feld
an der Grenzfläche und der Transistorstrom IDS (t) haben einen analogen Kurvenverlauf.) Die Unterschiedlichkeit der Dynamik der Kurven lässt sich auf eine
einfache Art belegen. Die simulierten Kurven aus Abbildung 3.20 lassen sich
nicht für unterschiedliche Ionendichten mit Hilfe einer Zeitdehnung ineinander
überführen. Es handelt sich also nicht lediglich um eine Stauchung oder Dehnung
der Kurven proportional zum Ionendichteverhältnis sondern um eine Änderung
der Dynamik.
Die Rechnung mit der Ionendichte %5 = 4 · %0 (orangefarbene Kurve Abbildung 3.20) ist ein Beispiel für Simulationsparameter, die nahezu zu einer
Sättigung der Transistorstromkurve innerhalb des Einschaltvorgangs führen. Ist
die Ionendichte jedoch nur 1/10 so groß gewählt (rote Kurve Abbildung 3.20),
so zeigt der Transistorstrom trotz gleicher Ionen- oder Halbleiterbeweglichkeit
eine deutlich andere Dynamik des Systems auf. Wie bereits besprochen, werden
hier bei einer geringeren Dichte in gleicher Zeiteinheit weniger Ionen transportiert und damit auch die dynamischen Prozesse langsamer vonstatten gehen. Die
Dichte der Ionen beeinflusst maßgeblich die Dynamik und damit das Schaltverhalten des Transistors.
3.4.3 Ionenbeweglichkeit
Um den Einfluss der Ionenbeweglichkeit auf den Transistorstrom zu studieren,
wird in einem ersten Schritt die Wechselwirkung der beiden beweglichen Ionensorten aufeinander analysiert. Abbildung 3.21 zeigt den Transistorstrom für folgende Fälle:
• Beide Ionensorten bewegen sich: dunkelblau
2
−
−17 m2
µ+ = 1 · 10−16 m
V s und µ = 1 · 10
Vs
• Nur die positiven, schnelleren Ionen bewegen sich: rot
2
m2
−
µ+ = 1 · 10−16 m
V s und µ = 0 V s
• Nur die negativen, langsameren Ionen bewegen sich: grün
2
−
−17 m2
µ+ = 0 m
V s und µ = 1 · 10
Vs
• Summe der roten und der grünen Kurve: braun
72
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
-400.0n
2
µ [m /Vs]
SD
[A]
0.0
-16
I
µ+=10
-16
-800.0n
-17
µ-=10
µ+=10
µ-=0
µ+=0
µ-=10
-17
(rot + grün)
0
30
60
t [s]
Abbildung 3.21: Wechselwirkung der Ionensorten aufeinander. Dunkelblau zeigt
den Transistorstrom für den Fall, dass beide Ionensorten wandern können. Bei rot
wandern nur die schnelleren Ionen, bei grün nur die langsameren. Braun ist die
Summe der Transisotrströme der roten und grünen Kurve.
Der Vergleich der beiden Fälle mit nur einer wandernden Ionensorte (1Ionenprozess, rot und grün) zeigt, dass die Dynamik der Kurve wesentlich von
der Geschwindigkeit dieses Prozesses abhängt. Im Falle der Ionenbeweglichkeit
2
von µ+ = 1 · 10−16 m
V s (rot) ist nach ca. 15 Sekunden der dominierende Driftprozess der Ionen beendet, die interne Ladungsverschiebung schirmt das externe
Feld im Innern des Isolators ab. Es stellt sich ein maximaler Transistorstrom von
2
ca. 400 nA ein. Im Falle der langsameren Ionen mit µ− = 1 · 10−17 m
V s (grün)
reichen 30 Sekunden nicht aus, um den Hauptbeitrag des Driftprozesses zu beenden, das externe elektrische Feld ist zum Ende des Einschaltvorgangs noch nicht
vollständig abgeschirmt. Falls nur eine Ionensorte wandert, ist es möglich, die
Simulationen der Transistorströme mit unterschiedlichen Ionenbeweglichkeiten
durch Zeitdehnung ineinander zu überführen. Durch Multiplikation der Zeitachse der roten Kurve mit dem Faktor 10 erlangt man die grüne Kurve, die mit einer
10 mal langsameren Ionenbeweglichkeit gerechnet wurde. Grün sättigt also nach
ca. 150 Sekunden auf den Transistorstrom von ca. 400 nA. Der Sättigungswert
des Transistorstroms ist dabei unabhängig von der Ionenbeweglichkeit des 1Ionenprozesses.
Die braune Kurve in Abbildung 3.21 zeigt die Summe der roten und grünen
Kurve. Deutlich ist der unterschiedliche Verlauf der braunen und der dunkelblau-
3.4. EINFLUSS PHYSIKALISCHER PARAMETER
73
en Kurve. Das bedeutet, dass es einen Unterschied macht, ob die Summe zweier 1-Ionenprozesse gebildet wird oder ein 2-Ionenprozess stattfindet. An diesem Unterschied kann die Wechselwirkung der Wanderungsprozesse der beiden
Ionenpopulationen abgelesen werden (siehe auch Diskussion des Einschaltvorgangs Kapitel 3.3.1). Da es sich bei den beiden Populationen um geladene Teilchen umgekehrter Ladung handelt, wirken Coulomb-Anziehungskräfte zwischen
ihnen und sie wechselwirken. Die Geschwindigkeit, mit der der 2-Ionenprozess
abläuft und für die die Krümmung der Kurve ein Maß ist, lässt sich nicht aus den
einzelnen 1-Ionenprozessen ableiten. Es handelt sich um einen neuen gemeinsamen Prozess. Auch der sich einstellende Sättigungstrom nach 30 Sekunden
des externen elektrischen Feldes ist größer als die Summe der Sättigungsströme
der 1-Ionenprozesse. Es stellt sich ein mehr als doppelt so großes ∆% an der
Halbleiter-Isolator Grenzfläche ein. Aus diesem größeren ∆% folgt das entsprechende EIns (zmax , t) und daraus der im Vergleich zum I-Ionenprozess größere
Transistorstrom ISD (Abbildung 3.21, dunkelblaue Kurve).
Abbildung 3.22 zeigt einen Vergleich der Variation der schnelleren Ionenbeweglichkeit µ+ bei gleichbleibender langsamerer Ionenbeweglichkeit µ− . Die
unterschiedliche Dynamik wird in den auf −1 normierten Kurven besonders gut
sichtbar (Abbildung 3.22). Im Falle der identischen Ionenbeweglichkeiten (blaue
Kurve) ist die Dynamik des 2-Ionenprozesses identisch zur Dynamik des 1Ionenprozesses (siehe Abbildung 3.21 grün). Lediglich die Amplitude der Ströme
wird verdoppelt. Bei der sukzessiven Erhöhung von µ+ lässt sich eine immer
deutlicher stattfindende Separation der simulierten Transistorströme in zwei Bereiche, den der beiden Driftbewegungen, feststellen. Je stärker die beiden Beweglichkeiten auseinanderliegen, desto klarer ist der Driftprozess der ersten Population beendet, bevor der Driftprozess der zweiten Population beginnt. Für die
grüne Kurve in Abbildung 3.22, deren Beweglichkeiten um den Faktor 15 auseinander liegen, bedeutet das, dass der Transistorstrom im Einschaltvorgang schnell
ansteigt und dann in einen längeren, langsameren Prozess übergeht.
Besonders im Ausschaltvorgang verursacht die schnellere µ+ Beweglichkeit
ein weiteres, interessantes Detail. Für den Ausschaltvorgang gilt, dass das externe
elektrische Feld gleich null ist und nun das innere elektrische Feld die treibende Kraft der Driftbewegung wird (siehe Abbildung 3.12 in Kapitel 3.3.2). An
der Halbleiter-Isolator Grenzfläche wurden während der 30 Sekunden des Einschaltvorgangs die schnelleren Li+ Ionen stark verarmt und auch die langsameren ClO4− Ionen schon stark angereichert. Wird nun das äußere elektrische Feld
ausgeschaltet, so zieht das interne elektrische Feld die Li+ Ionen zurück an die
74
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
Grenzfläche (siehe auch Abbildung 3.15 und Diskussion zum Ende des Kapitels
3.3.2). Der Rückfluss der schnelleren Ionen bedeutet einen schnellen Abbau der
hohen Ladungsträgerdifferenz an der Grenzfläche und damit ein Absinken des
Transistorstroms. Die Dynamik des Ausschaltvorgangs ist dominiert von der Beweglichkeit der schnelleren Li+ Ionen. Diese Tatsache lässt sich im Vergleich
der Kurven aus Abbildung 3.22 im Ausschaltvorgang gut beobachten. Dort zeigt
die Kurve mit der größten µ+ Beweglichkeit die schnellste Ausschaltdynamik.
0.0
-17
SD
[A]
-400.0n
µ-=10
2
m /Vs fest
-17
I
µ+=10
2
m /Vs
-17
µ+=5*10
-800.0n
-16
µ+=10
-16
µ+=5*10
0
30
2
m /Vs
2
m /Vs
2
m /Vs
60
t [s]
(a)
-0.5
I
SD
[A]
0.0
-1.0
0
30
60
t [s]
(b)
Abbildung 3.22: Variation der Beweglichkeit der schnelleren Ionen. (a) µ+ vari2
2
2
2
iert: 5 · 10−16 m
grün, 1 · 10−16 m
dunkelblau, 5 · 10−17 m
rot, 1 · 10−17 m
Vs
Vs
Vs
Vs
blau. (b) Die Variation der Ionenbeweglichkeit wurde für t = 30 s auf -1 normiert.
3.4. EINFLUSS PHYSIKALISCHER PARAMETER
75
3.4.4 Variation der Gatespannung
Die folgende Analyse untersucht den Einfluss der Gatespannung auf den Transistorstrom. Abbildung 3.23 zeigt IDS (t) in Abhängigkeit von der Gatespannung
UGS in einer Variation von −2, 5 V, −5 V, −7, 5 V und −10 V . Es ist deutlich zu
erkennen, dass der Transistorstrom im Einschaltvorgang und dementsprechend
das elektrische Feld an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche EIns (zmax , t) bei einer höheren Gatespannung höhere Werte einnimmt. Eine Betrachtung der für das
elektrische Feld verantwortlichen Ionendichtedifferenz %(zmax , t) belegt, dass
diese auch abhängig von der Gatespannung steigt. Bei einer höheren Gatespannung akkumulieren im selben Zeitraum größere Mengen an ionischen Ladungsträgern an den Grenzflächen, obwohl die Menge der vorhandenen Ladungsträger
konstant geblieben ist.
0.0
I
DS
[A]
-500.0n
U =-2.5V
-1.0µ
G
U =-5V
G
U =-7.5V
G
U =-10V
-1.5µ
G
0
30
60
t [s]
Abbildung 3.23: Analyse der Gatespannungsabhängigkeit. UGS hat die Werte
−2, 5 V (hellblau), −5 V (blau), −7, 5 V (grün) und −10 V (rot).
Die Erklärung für dieses Verhalten findet sich mit einem Blick auf die dominierende treibende Kraft des Vorgangs, der Driftbewegung. Die Driftgeschwindigkeit vDrif t = µIonen · E der Ionen erhöht sich mit einem größeren homogenen elektrischen Feld, das zum Zeitpunkt t = 0 s an das Gate angelegt wird,
wobei die Ionenbeweglichkeit µIonen gleich bleibt. Es folgen mit Gleichung 3.2
höhere Driftionenstromdichten, was wiederum höhere Ionendichten zur Folge hat
76
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
(Gleichung 3.10). Das Anlegen eines höheren elektrischen Feldes lässt größere
Mengen an Ladungsträgern wandern.
Eine Erhöhung der Gatespannung hat also zwei Folgen: Zum einen erhöht
sich die Geschwindigkeit mit der der Prozess der Ionenakkumulation stattfindet
und es werden mehr Ionen in der selben Zeiteinheit transportiert. Zum anderen wird zur Abschirmung des nun gewachsenen äußeren elektrischen Feldes eine größere Menge akkumulierter Ladung an der Grenzfläche benötigt. Letzteres
kann mit der Betrachtung des aus dem elektrischen Feld folgenden Potentials im
Innern des Isolators belegt werden. Abbildung 3.24 (b) zeigt, dass mit steigender Gatespannung (rote Kurve im Vergleich zur schwarzen Kurve) ein größeres
internes Potential notwendig ist (orangene Kurve im Vergleich zur dunkelblauen
Kurve), um das größere externe Potential abzuschirmen.
In dem hier gerechneten Beispiel gleichen sich beide Effekte aus und die
Dynamik des Transistorstroms ist nahezu gatespannungsunabhängig. Abbildung
3.24(a) zeigt die Kurven des Vergleichs aus Abbildung 3.23 normiert auf −1
an der Stelle t = 30 s. Bis auf kleine Abweichungen (Detailgraph) liegen die
Kurven aufeinander, sie weisen während des Einschalt- und Ausschaltvorgangs
eine ähnliche Dynamik auf. Die Abschirmung des Feldes findet also nicht mit
steigender Gatespannung schneller statt.
Mit veränderter Ionendichte, die der Berechnung zugrunde liegt, wird sich das
Resultat dieser Analyse ändern, was sich wie folgt erklären lässt: Die Dynamik
des Transistorstroms hängt von EIns (zmax , t) und damit vom Ionendichteprofil
an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche ab. Dieses wiederum wird von der Gesamtdichte der Ionen beeinflusst. Aufgrund der Abstoßung der Ionen einer Sorte,
die in die Diffusionsbewegung eingeht, lassen sich die Ionen nur endlich dicht
packen. Mit steigender angelegter Gatespannung, also steigendem externen elektrischen Feld, lässt somit nicht erwarten, dass das Ionendichteprofil und damit
EIns (zmax , t) stetig mitwächst. Für hohe Gatespannungen oder hohe Ionendichten wird also erwartet, dass sich die Dynamik ändert.
3.4. EINFLUSS PHYSIKALISCHER PARAMETER
77
-0.5
auf -1 normiert
DS
[a.u.]
0.0
U =-2.5V
I
G
U =-5V
G
U =-7.5V
G
U =-10V
G
-1.0
0
30
60
t [s]
(a)
10.0
U =-10V t=0s
G
U =-10V t=30s
G
7.5
U =-5V
t=0s
U =-5V
t=30s
[eV]
G
G
5.0
2.5
0.0
0.00
250.00n
500.00n
z [nm]
(b)
Abbildung 3.24: Analyse der Gatespannungsabhängigkeit. (a) zeigt die normierten Kurven aus Abbildung 3.23. (b) zeigt einen Vergleich des internen Potentials
für −5 V (blau bzw. hellblau) bei t = 0 s bzw. t = 30 s und bei −10 V (rot bzw.
orange). Die Dynamik ist unabhängig von der Gatespannung.
78
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
3.5 Zusammenfassende Diskussion
Das vorangegangene Kapitel zeigt, dass sowohl Halbleiterbeweglichkeit, Ionenbeweglichkeiten und Ionendichte deutliche Auswirkungen auf den Verlauf des
Transistorstroms IDS (t) während des Ein- und Ausschaltvorgangs haben. Die
Halbleiterbeweglichkeit kann dabei von der Ionendichte und der Ionenbeweglichkeit separiert betrachtet werden, da sie im Gegensatz zu diesen nur ein Kurvenskalierungsfaktor ist, also ein Parameter, zu dem sich jeder Wert des Transistorstroms zu jedem Zeitpunkt tj linear verhält. Durch diese Abhängigkeit stellt
sie zwar einen sehr starken Hebel der Einflussnahme auf den absoluten Wert des
Transistorstroms dar, verändert jedoch nicht die Dynamik der Kurven während
des typischen Schaltexperiments. Ionendichte und Ionenbeweglichkeiten wirken
sich dagegen gleichzeitig auf die absolute Höhe des Transistorstroms und die Dynamik der Kurven aus. Besonders die Ionenbeweglichkeiten beeinflussen stark
den Kurvenverlauf des Transistorstroms. Nur im Falle der 1-Ionenprozesse findet
mit unterschiedlichen Beweglichkeiten eine eindeutige zeitliche Skalierung statt,
was durch eine Überführung der unterschiedlichen Kurven durch Zeitachsendehnung oder -streckung belegt wurde. Im wahrscheinlicheren Falle, dass beide Ionensorten in der Polymermatrix, an die ein äußeres elektrisches Feld angelegt
wird, wandern, wechselwirken beide Populationen. Die Analyse zeigt, dass die
Dynamik in diesem 2-Ionenprozess von den Beträgen der einzelnen Ionenbeweglichkeiten und dem Verhältnis der beiden Beweglichkeiten abhängt.
Die Tatsache, dass sowohl Ionenbeweglichkeiten als auch Ionendichte den
Transistorstrom beeinflussen, führt zu Mehrdeutigkeiten in der Interpretation der
Transistorstromkurven. Das heißt, dass durch die Wahl unterschiedlicher Parameter die Simulation ähnliche Kurven ergeben kann. Folgende vergleichende
Rechnungen demonstrieren diesen Sachverhalt. Die schwarze Kurve in Abbildung 3.25 zeigt das berechnete Schaltverhalten eines Transistors mit ionischem
Isolator mit einer Ionendichte von %0 = e · 1 · 1025 m13 . Die Halbleiterbeweg2
lichkeit von µHl = 5 · 10−8 m
V s bleibt während der folgenden Diskussion konstant. Das Schaltverhalten wurde mit einem 30 Sekunden dauernden Einschaltvorgang bei einer Gatespannung von −5 V und mit einem ebensolangem Ausschaltvorgang von UGS = 0 V simuliert bei gleichbleibender Drainspannung von
2
+
−0, 5 V . Die Ionenbeweglichkeiten sind µ+ = 1 · 10−16 m
V s für die Li Ionen
2
−
und µ− = 1 · 10−17 m
V s für die ClO4 Ionen, also um den Faktor 10 geringer.
3.5. ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION
79
0.0
1-Ionenpr. a)
-100.0n
1-Ionenpr. b)
I
DS
[A]
2-Ionenpr.
-200.0n
0
30
60
t [s]
Abbildung 3.25: Die schwarze und die rote Kurve belegen die Mehrdeutigkeit
der Simulation. Es resultiert ein ähnlicher Transistorstrom bei unterschiedlichen
Parametersätzen (2-Ionenprozess vs. 1-Ionenprozess (b)). Die grüne Kurve ergänzt
die Diskussion (1-Ionenprozess (a), siehe Text).
Dieser 2-Ionenprozess lässt sich vergleichen mit der Rechnung eines 1Ionenprozesses (a)), bei der die schnelleren Li+ Ionen nicht beweglich sind
2
2
−
= 1 · 10−17 m
(µ+ = 0 m
Vs, µ
V s , grüne Kurve). Erwartungsgemäß steigt der
Transistorstrom während der 30 Sekunden des Einschaltvorgangs nun viel geringer an, die schwarze und die grüne Kurve unterscheiden sich deutlich. Für die
Berechnung der roten Kurve in Abbildung 3.25 wurde nun der 1-Ionenprozess
verändert, in dem eine um den Faktor 10 größere Ionendichte4 für die Simulation
2
−
−17 m2
gewählt wurde: %rot = e · 1 · 1026 m13 und µ+ = 0 m
V s , µ = 1 · 10
V s . In
diesem Falle ist das Ergebnis der Simulation für den Transistorstrom ähnlich der
ursprünglichen, schwarzen Kurve. Das heißt, dass sich das Ergebnis der Simulation eines 1-Ionenprozesses im Drift- und Diffusionsmodell unter Umständen
nicht oder zumindest schlecht von dem Ergebnis eines 2-Ionenprozesses unter-
4 Die
Variation der Ionendichte um einen Faktor 10 bzw. ihre Reduktion auf 10% des Anfangswertes lässt sich experimentell begründen: Kohn et al [44] fanden heraus, dass bei Salzen gelöst in
polymeren Materialien nur ein Bruchteil von ca. 10% der ursprünglich gelösten Ionenmenge am
Wanderungsprozess teilnimmt. Als Ursache wird die unterschiedliche chemische Bindung des
Salzes in der polymeren Kette diskutiert.
KAPITEL 3. SIMULATION DER IONENDYNAMIK IM ISOLATOR
80
schieden lässt, falls sich mehrere Parameter, wie hier die Ionendichte zusätzlich
zur Ionenbeweglichkeit, ändern können.
Diese Beobachtung hat maßgebliche Folgen für den Vergleich der simulierten mit den gemessenen Kurven. Die ursprüngliche Zielsetzung war es, aus dem
Vergleich der experimentell bestimmten Transistorströme mit den Simulationen
des Drift- und Diffusionsmodells Aufschluss über die Wirkungsmechanismen
eines in einem Transistor eingebauten ionenleitenden Isolators zu bekommen.
Die Mehrdeutigkeit der simulierten Ergebnisse zeigt, dass dies nicht eindeutig
möglich sein wird. Es bleibt unerlässlich, grundsätzliche Fragen über weitere
Experimente zu beantworten. Für einen eindeutigen Fit der gerechneten Kurve
an das Experiment wären folgende Fragen zu klären:
• Handelt es sich um einen 1- oder einen 2-Ionenprozess?
• Welche Beweglichkeiten haben die einzelnen Ionenpopulationen?
• Nehmen die gesamten Ionenpopulationen an der Drift- und Diffusionsbewegung teil oder reduziert sich die Ionendichte auf einen Bruchteil beweglicher Ionen? Letzteres wäre denkbar, wenn eine endliche Menge des
Salzes nicht als getrennte Ionen vorliegt.
• Wie groß ist die Halbleiterbeweglichkeit im P3HT unter Einfluss des ionischen Isolators?
Aber nicht nur der experimentelle Zugang zur Beantwortung obiger Fragen ist limitiert, sondern auch der Simulation sind Grenzen gesetzt. So wäre es z. B. sehr
wichtig, zeitlich sehr lange Schaltvorgänge zu simulieren, um den Sättigungswert
des Transistorstroms bestimmen zu können. Leider stößt dabei die Simulation
mit dem hier gewählten Programm5 an ihre Grenzen, da bei notwendiger kleiner
Schrittweite in Raum und Zeit (∆z und ∆t) softwarebegrenzt nur eine endliche
Gesamtdauer gewählt werden kann. Genauso ist es nicht möglich, die Ionenbeweglichkeiten beliebig groß zu wählen, da aus numerischen Gründen ∆t nicht
beliebig klein gewählt werden kann.
Aufgrund dieser Einschränkungen bei Experiment und Simulation wird oft
statt eines quantitativen nur ein qualitativer Vergleich möglich sein. Die weitere
Diskussion dieser Fragen findet explizit in Kapitel 5 statt.
5 Es
wurde in der Programmiersprache Visual Basic for Application“ und dem Programm Excel
”
von Microsoft gearbeitet.
4 Experimentelle Methoden
Das folgende Kapitel behandelt die experimentellen Methoden. Es beginnt mit einer Vorstellung der verwendeten Materialien sowie der Prozesse zur Herstellung
der Bauelemente. Es folgt eine Übersicht der Messmethoden zur Charakterisierung der Bauelemente, die Voraussetzung zur Diskussion der Materialreaktion
sind.
4.1 Materialien und Herstellung
Der Vorteil der in dieser Arbeit verwendeten organischen Materialien liegt zum
einen in der Löslichkeit der Polymere in organischen Lösemitteln und damit der
Einsetzbarkeit dieser Lösungen als Tinten in einem Druckprozess. Zum anderen
ermöglichen sie den Einsatz eines flexiblen Substrats als Basis für einen kontinuierlichen Rolle-zu-Rolle Herstellungsprozess auf Druckmaschinen. Die Bauelemente werden ausschließlich in einem Reinraum hergestellt. Die nachfolgenden Ergebnisse können jedoch auf Elektronik übertragen werden, die in einem
Druckprozess hergestellt wird. Exemplarisch für die Herstellung wird ein sog.
Referenztransistor gewählt, der die Grundlage späterer Materialvariationen und
Analysen ist. Die Materialien werden in der Reihenfolge des Herstellungsprozesses vorgestellt, wobei die Bauelemente in einem top-gate Aufbau umgesetzt
werden, d. h. dass die den Transistor abschließende, oben aufliegende Elektrode
die Gatelektrode ist.
4.1.1 Substrat und Elektroden
Substrat
Um auf einer Folie Elektronik aufbauen zu können, muss diese verschiedene Anforderungen erfüllen. Voraussetzung ist eine Unempfindlichkeit gegenüber her-
82
KAPITEL 4. EXPERIMENTELLE METHODEN
stellungsbedingter Temperaturen und eine gute Resistenz gegenüber verwendeter Lösemittel. Das Substrat hat keine elektrische Funktionalität und dient als
neutrales Trägermaterial. Eine geringe Oberflächenrauigkeit verhindert erhöhte
Leckströme oder gar Kurzschlüsse durch das horizontal aufgebaute Bauelement.
Das hier eingesetzte Substrat besteht aus einer 50 µm dicken Folie aus Polyethylenterephtalat (PET) und erfüllt die vorangegangenen Bedingungen. Die flexible
Folie wird für den Herstellungsprozess in 5·5 cm2 große Stücke geschnitten und
für eine einfachere Handhabung auf ebenso große Glassubstrate aufgebracht. Vor
der Herstellung der Probe wird die Folie mit Aceton gereinigt.
Elektroden
Im Bereich der organischen Elektronik werden sowohl leitfähige Polymere, wie
z.B. Polyanilin (PANI) oder Polyethylendioxythiophen (PEDOT), als auch Metalle als Elektrodenmaterial verwendet, wobei in dieser Arbeit ausschließlich Metalle Anwendung finden. Die Herausforderung liegt darin, das geeignete Metall
zum Halbleitermaterial zu wählen, so dass eine möglichst gute Injektion von Ladungsträgern gewährleistet ist. Die in der Literatur angegebene Austrittsarbeit eines bestimmten Metalls in Vakuum ist dabei nur ein Anhaltspunkt [54]. Abhängig
vom Herstellungsverfahren für die Elektroden sowie der damit einhergehenden
Oberflächenbehandlung variiert die Austrittsarbeit der Metalle, was u. a. mit dem
Grad der Kristallinität der Schicht oder zusätzlichen dünnen Adsorbatschichten
aus der Umgebung zusammenhängt. Die empirische Suche brachte in Kombination mit dem verwendeten Halbleiter Poly-3-hexylthiophen (P3HT) gute Ergebnisse für sowohl Silber- als auch Goldkontakte als Source- und Drainelektroden.
Die Metallschichten werden mit Hilfe der Kathodenzerstäubung (engl. sputtern) bei einem Druck von 10−3 mbar hergestellt und anschließend mittels eines
Lithographie-Ätz-Prozesses strukturiert (Abbildung 4.1). Dabei wird zunächst
die PET Folie vollflächig in einer Dicke von ca. 30 nm bis 60 nm metallisiert
und anschließend mit einem Photolack mittels Drehschleudern (engl. spin coating) beschichtet. Durch eine partielle UV-Belichtung und damit einhergehender
Photoreaktion im Lack wird das Layout der Elektroden von einer Schattenmaske
auf den Photolack übertragen. Nach anschließender Entwicklung und Entfernung
des nicht entwickelten Lacks, wird die Struktur in die vollflächige Metalloberfläche geätzt. Ein anschließendes Entfernen des überschüssigen Lacks hinterlässt
auf der PET Folie die strukturierte untere Kontaktebene, die im Transistor die
Funktion der Source- und Drainelektroden einnimmt.
4.1. MATERIALIEN UND HERSTELLUNG
1.
Reinigen der PET Folie
2.
Aufsputtern des Metalls
3.
Aufbringen des Photolacks
4.
Strukturieren der Sourceund Drainelektroden:
Mit einer Schattenmaske
wird der Photolack partiell
entwickelt und entfernt.
5.
Wegätzen des ungeschützten Metalls
6.
Entfernen des überschüssigen Photolacks
7.
Aufbringen des Halbleiters
8.
Aufbringen des Isolators
9.
Aufbringen und Strukturieren der Gatelektrode
83
Abbildung 4.1: Herstellung eines Transistors.
Die Fertigung der oberen Kontaktebene, in dem hier verwendeten top-gate
Aufbau handelt es sich dabei um die Gatelektrode des Transistors, erfolgt nach
den weiter unten ausgeführten Schritten der Halbleiter- und Isolatoraufbringung.
Dafür werden die Schritte zur Aufbringung und Strukturierung analog zu dem
84
KAPITEL 4. EXPERIMENTELLE METHODEN
Verfahren für die untere Kontaktebene durchgeführt. In dieser Arbeit werden sowohl Gold als auch Kupfer als Gatekontaktmaterial verwendet.
4.1.2 Halbleiter und Isolator
Halbleiter
Um Vergleichbarkeit der Ergebnisse der Isolatoruntersuchungen zu
gewährleisten, wird in dieser Arbeit immer ein und derselbe Halbleiter
Poly-3-hexylthiophen, kurz P3HT, verwendet. Das Poly-3-hexylthiophen besteht
aus einer polymeren Kette aus Thiophen Ringen als Monomereinheit mit einem
Schwefel-Atom anstelle eines C-Atoms (Abbildung 4.2 (a)). Gleichzeitig wird
an der dritten Stelle im Thiophen Ring ein H-Atom durch eine Alkylkette
substituiert, die die Löslichkeit des Polymers in organischen Lösemitteln
gewährleistet. Hier handelt es sich um regioregulares Poly-3-hexylthiophen.
Der Begriff regioregular“ bezieht sich auf die räumlich alternierende Position
”
des Monomers und damit der Alkylkette in Bezug auf die Achse der Polymerkette (engl: head-to-tail orientation). P3HT lässt sich gut in organischen
Lösemitteln, z.B. in Chloroform, lösen und ergibt eine hellrote semitransparente
Lösung. An der Farbe der Lösung wird die optische Absorption im grünen
Wellenlängenbereich des Lichts ersichtlich, verursacht durch eine energetische
Bandlücke zwischen HOMO (highest occupied molecular orbit) und LUMO
(lowest unoccupied molecular orbit) von ca. 2 eV (Abbildung 4.2 (b)).
Die vollständig gelöste P3HT-Lösung wird mit Hilfe des Drehschleuderns
(engl. spin coating) auf die vorbereitete untere Elektrodenebene aufgebracht (Abbildung 4.1), wobei durch Wählen der Beschleunigung, der Drehgeschwindigkeit und der Drehdauer die Schichtdicke eingestellt wird. So kann mit einer 2%
Lösung (Gewichtsprozent) eine Schichtdicke von ca. 10 nm bis 150 nm gewählt
werden. Die optische Absorption des Halbleitermaterials macht es nach vorangegangener Kalibration möglich, die Schichtdicke des Halbleiters mit einer Transmissionsmessung bei einer Wellenlänge von λ = 530 nm zu ermitteln. Für den
Referenztransistor dieser Arbeit wird eine ca. 40 nm dicke Schicht aufgebracht.
4.1. MATERIALIEN UND HERSTELLUNG
85
C6H13
(
S
S
)n
C6H13
(a)
(b)
Abbildung 4.2: (a) Doppelte Monomereinheit des regio-regularen Poly-3hexylthiophens. Die benachbarten Monomere haben eine alternierende räumliche
Lage des Monomers und damit des Hexyls. (b) Vereinfachtes Bänderschema des
Poly-3-hexylthiophens.
Isolator
Ausgangspunkt für die Untersuchungen an Isolatoren ist ein Isolatorgemisch, das
aus mehreren organischen Isolatoren besteht und schon erfolgreich verwendet
wurde [11] [35]. Das im Transistor eingesetzte Material zeigt wie gewünscht
neutrale und isolierende Eigenschaften, die Dielektrizitätskonstante ε hat bei einer Frequenz von 100 kHz einen Wert von 3,4. Der Festkörper lässt sich in organischen Lösemitteln lösen, wobei bei der Wahl des Lösemittels auf Kompatibilität im Herstellungsprozess, d. h. auf nicht-anlösen der unterliegenden Halbleiterschicht, zu achten ist. Ausschlaggebend für die Wahl der Schichtdicke ist
eine ausreichende Durchschlagsfestigkeit, d. h. dass die Leckströme, die durch
die Schicht bei Anlegen einer elektrischen Spannung fließen, möglichst gering
sind. Dies ist bei dem gewählten Isolator schon ab Schichten mit einer Dicke von
ca. 300 nm gegeben. Der Referenztransistor dieser Arbeit wird mit dem Isolator
und einer Schichtdicke von 500 nm realisiert. Nach dem Aufbringen der Schicht
mittels Drehschleudern (engl. spin coating) wird die Schicht 5 Minuten bei 60◦ C
getrocknet (Abbildung 4.1).
Schichtdicken des Isolators werden mit Hilfe eines Profilometers eingestellt.
Dabei wird eine Nadel mit einer Auflagekraft von ca. 1 mN mechanisch über
die Oberfläche des Festkörpers geführt. Wurde vorher lokal Material z. B. mit
einem Skalpell entfernt, lässt sich das Stufenprofil mit der Dektaknadel ermit-
86
KAPITEL 4. EXPERIMENTELLE METHODEN
teln. Variation der Drehschleuderparameter führen dann zu einer Variation der
Schichtdicke.
Elektrolyt Isolatoren
Die in dieser Arbeit verwendeten ionenleitenden Elektrolyt Isolatoren basieren
auf der beschriebenen Referenzlösung für den Isolator. Dazu werden Salze in
die vorbereitete Isolatorlösung hinzugefügt und unter ständigem Rühren aufgelöst. Abhängig von der prinzipiellen Löslichkeit eines bestimmten Salzes in der
Lösung, der Lösungstemperatur und der Dauer des Lösens bis zur Verwendung,
liegen die ionischen Salze teils als getrennte Ionen und teils als Salz Festkörper
in der Lösung vor. Einige der experimentell untersuchten Salze können gar nicht
in der vorhandenen Lösung gelöst werden und bilden mit dem Isolator eine
Suspension. Falls nicht genauer ausgeführt, werden die mit Salz angereicherten
Lösungen für die Herstellung des Bauelementes genauso behandelt wie die Referenzlösung. Im Laufe der Arbeit werden verschiedene Salze zur Anreicherung
des Isolators verwendet, die Auflistung und Umsetzung der Experimente findet
sich in Kapitel 5.1.
Die Menge des hinzugefügten Salzes zu dem Referenzisolator wird entweder in Gewichtsprozent oder in einer Ionendichte angegeben. Eine Angabe in
Gewichtsprozent c meint das Verhältnis des Gewichts des hinzugefügten Salzes zum Gewicht des Festkörperanteils des Referenzisolator. Aus dem Gewicht
des Salzes lässt sich eine Ionendichte im festen Isolator in der Probe ausrechnen
(% = e · n). Eine Salzkonzentration von c = 1 % ergibt eine Ionendichte von
% = e · 6, 4 · 1025 /m3 .
4.1.3 Einflussfaktoren der Herstellung
Alle in dieser Arbeit hergestellten Bauelemente unterliegen herstellungsbedingten Parametern, die in diesem Kapitel durch Abbildung 4.3 übersichtlich zusammengefasst werden. Diese Parameter haben starken Einfluss auf die Performance des Bauteils. Wie z. B. aus Gleichung 2.4 für den Transisotrstrom IDS ersichtlich wird, hängt er unmittelbar von der Schichtdicke des Isolators ab. Aber
auch weiche“ Faktoren wie die Wahl des Lösemittels oder der Drehschleuder”
geschwindigkeit beeinflussen den Transistor, da sie z.B. die Eigenschaften der
4.2. MESSMETHODEN
87
Halbleiter-Isolator Grenzfläche bestimmen. Ein Vorteil der organischen Bauelemente im Vergleich zu Bauelementen der klassischen Silizium Technologie ist,
dass sie sich bereits in einigen Stunden herstellen lassen, was eine große Variation von Parametern zulässt. Alle hier vorgestellten Proben wurden in einem
Reinraum gefertigt, jedoch unter Normalbedingungen was Umgebungsluft, Luftfeuchte, Temperatur und Druck betrifft.
Halbleiter und Isolator:
- Material
- Lösemittel
- Aufbringung
- Trockenschritt
- Schichtdicke
Gate
Isolator
Source
Halbleiter
Flexibles Susbtrat:
- Oberflächenrauigkeit
- Reinheit
- Haftung
Drain
Elektroden:
- Material
- Schichtdicke
- Strukturierung
Abbildung 4.3: Einflussfaktoren der Herstellung.
4.2 Messmethoden
Charakterisierung mit dem Spitzenmessplatz
Der Spitzenmessplatz dient zur elektrischen Charakterisierung von Bauelementen und bietet verschiedene Messmöglichkeiten. Im einfachsten Fall werden Messungen an Kondensatoren bzw. Transistoren mit Hilfe von 2 bzw. 3 die Elektroden kontaktierenden Messspitzen PH100 der Firma Karl Süss MicroTec durchgeführt. Für eine einfachere Justage befindet sich die Probe auf einem computer-
88
KAPITEL 4. EXPERIMENTELLE METHODEN
gesteuerten Probenhalter, über dem ein Mikroskop angebracht ist, so dass auch
kleine Strukturen gut erkennbar und kontaktierbar sind. Als Spannungs- bzw.
Stromquelle werden 2 Source-Measure-Units (SMU) 236 und 238 der Firma
Keithley verwendet. Sie sind über einen PC mittels LabView automatisiert steuerbar und dienen so der Aufnahme von Strom-Spannungs-Kennlinien.
Temperaturabhängige Transistorcharakterisierung
Zur Untersuchung des Einflusses der Temperatur auf die Performance des Bauteils wird das zu vermessende Bauteil während der Charakterisierung mit dem
Spitzenmessplatz auf einer Heizplatte positioniert. Durch den Kontakt der Probe mit der Heizplatte überträgt sich die Temperatur auf die zu vermessenden
Bauteile. Es ist aufgrund von Wärmeverlusten davon auszugehen, dass die am
Transistor tatsächlich herrschende Temperatur leicht unterhalb der Einstellung
der Heizplatte liegt, was jedoch die Charakteristik der Untersuchung nicht beeinflusst. Experimentell wurde mit dieser Methode ein Temperaturbereich von
Raumtemperatur bis T ≈ 80◦ C untersucht.
Transistorcharakterisierung mit Wechselfeld
Fragestellungen nach der Frequenzabhängigkeit der Reaktion des manipulierten
Transistors machen es notwendig, eine Wechselfeldspannung an die Gateelektrode anzulegen. Experimentell wird dafür die Spannungsquelle für die Gate-Source
Spannung durch den Funktionsgenerator 8116A (Pulse/Function Generator) der
Firma hp ausgetauscht (Abbildung 4.4 grün). Die Übertragungskennlinie, also
der Transistorstrom IDS (Abbildung 4.4 violett) in Abhängigkeit von der Gatespannung UGS , wird dann mit Hilfe eines Oszilloskops (Tektronix TDS 3014B)
dargestellt.
Kapazitive Charakterisierung
Kapazitive Messungen werden mit dem Impedance Analyzer WK 6540A der Firma Wayne Kerr durchgeführt. Mit zwei dünnen Nadeln werden die Elektroden
des Kondensators kontaktiert. Diese besonders geschirmten Nadeln messen nach
dem Prinzip der 4-Punkt-Messung, um parasitäre Effekte bei Messungen mit hohen Frequenzen so gering wie möglich zu halten. Für die Charakterisierung eines
4.2. MESSMETHODEN
89
Abbildung 4.4: Transistorcharakterisierung mit einer Wechselspannung als Gatespannung UGS (grün). Die Darstellung der resultierenden Übertragungskennlinie
IDS (UGS ) geschieht am Oszilloskop.
Kondensators wird üblicherweise die frequenz- oder spannungsabhängige Impedanz (komplexer Widerstand) des Bauelements bestimmt. Ist es möglich, das zu
vermessende Bauelement mit einem einfachen Ersatzschaltbild, z. B. aus einer
seriellen oder parallelen Anordnung eines Kondensators und eines Widerstandes, wiederzugegeben, so kann der Impedance Analyzer berechnete Werte der
entsprechenden Größen liefern.
5 Ionenangereicherte
Transistoren
Das folgende Kapitel fasst die experimentellen Ergebnisse und Analysen von
Transistoren mit ionischer Leitung zusammen. Es beginnt mit der Suche nach
einem geeigneten Salz, das den gewünschten Ionentransport im Isolator zeigt,
bei der LiClO4 als vielversprechend identifiziert werden konnte. Wird der Isolator eines Transistors mit LiClO4 Salz angereichert, so führt der Ionentransport
zu deutlich erhöhten und zeitabhängigen Transistorströmen. Um das Verständnis
für diesen ionenleitenden Prozess zu vertiefen, werden zeitabhängige Transientenmessungen an Transistoren durchgeführt, bei denen die Salzkonzentration, die Gatespannung und die Messtemperatur variiert wird. Mit dem Kapitel Grenzflächenphänomene wird zusätzlich das Geschehen an der HalbleiterIsolator Grenzfläche diskutiert, welches das Verhalten des Bauelementes maßgeblich beeinflusst. Zusätzlich zu den Experimenten an Transistoren werden
Kondensatoren mit LiClO4 Salz angereichert. Ohne den Einfluss des Halbleiters ist es möglich aus der Impedanzanalyse die dielektrischen Eigenschaften des
modifizierten Isolators zu beschreiben. Mit dieser umfassenden experimentellen
Bauelemente- und Materialanalyse soll die Frage beantwortet werden, ob der
Transportvorgang im ionenleitenden Isolator mit dem in Kapitel 3 entwickelten Drift- und Diffusionsmodell qualitativ wiedergegeben werden kann. Das abschließende Kapitel 5.5 beschäftigt sich intensiv mit den Möglichkeiten und Beschränkungen der begleitenden Simualtion, die zu einer quantitativen Auswertung des Ionentransportprozesses führen kann.
5.1 Variation der Elektrolyte
Zu Beginn der experimentellen Umsetzung galt es, ein geeignetes ionisches Salz
zu finden, das im Referenzisolator gelöst werden kann (siehe Kapitel 4.1.2). Da-
92
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
bei ist die Verwendung der identischen Isolatorbasislösung, also auch des selben organischen Lösemittels Voraussetzung für die Weiterentwicklung. Ziel der
Entwicklung sind Transistoren mit einem im Vergleich zum Referenztransistor
erhöhten Transistorstrom, dem eine Erhöhung der Dielektrizitätskonstante des
isolierenden Materials zugrunde liegt. Mit der oben genannten Festlegung auf
die Isolatorbasislösung wurden experimentell verschiedene Materialien, die im
Folgenden vorgestellt werden, auf diese Zielsetzung hin untersucht. Als vielversprechend werden Lithiumverbindungen eingestuft, da Li+ Ionen bedingt durch
ihre sehr geringe Größe und Masse in vielen Matrixmaterialien eine hohe Beweglichkeit aufweisen [22] [55].
Abbildung 5.1 gibt eine Übersicht der in einer ersten Reihe verwendeten Salze. Dabei finden sich vergleichsweise kleine Lithiumverbindungen wie
Lithiumperchlorat oder Lithiumhexafluorophosphat, aber auch größere Molekülkomplexe wie Lithiumdodecylsulfonat und Luzifergelb-CH-Dilithiumsalz
mit 2 Lithiumatomen. Als Verbindung ohne Lithium wurde noch das 1-Butyl1-methylimidazoliumhexafluorophosphat (kurz [BMIM][PF6]) aufgrund seiner
zu erwartenden starken Elektronegativität durch die Fluoratome ausgewählt, das
bei Raumtemperatur als ionische Flüssigkeit vorliegt. Alle Materialien werden
mit 1% relativ zur Masse des Festkörpers des Basisisolators zur Isolatorlösung
hinzugefügt. Allerdings stellte sich nur bei Lithiumperchlorat und [BMIM][PF6]
eine rückstandsfreie Lösung ein. Anscheinend trennen nur dort die polaren Partialladungen des organischen Lösemittels des Isolators die ionischen Partner
vollständig. Alle anderen Gemische konnten nicht vollständig gelöst werden, es
blieben deutlich erkennbar Festkörperrückstände in der Lösung.
Die Wirkung der zum Isolator hinzugefügten Salze lässt sich anhand der
Transistorstromkurven in Abhängigkeit von der Zeit sehr gut vergleichen. An
den Transistor wird dabei für 120 Sekunden eine Drain-Source Spannung von
UDS = −0, 5 V angelegt. Die Gatespannung von UGS = −5 V wird von
t = 16 s bis t = 40 s angelegt (Einschaltvorgang), ansonsten ist sie null (Ausschaltvorgang). Aufgetragen wird der Transistorstrom IDS in Abhängigkeit der
Zeit (Abbildung 5.2). Als Referenz dient eine Transistorstromkurve eines Referenztransistors, dem keine zusätzlichen Ionen in den polymeren Isolator hinzugefügt wurden (schwarze Kurve, Aufbau der Transistoren siehe Kapitel 4). Durch
das Anlegen der oben genannten Spannungen schaltet dieser Transistor von ca.
−10 nA auf ca. −40 nA und zurück.
Das LiClO4 Salz zeigt im Vergleich zu den übrigen Zusätzen die stärkste
gewünschte Verbesserung des Bauelementes in Form einer starken Erhöhung des
5.1. VARIATION DER ELEKTROLYTE
93
Abbildung 5.1: Verschiedene Salze als Zusatz zum Basisisolator.
Transistorstroms1 (rote Kurve, Abbildung 5.2). Zwar weisen auch Transistoren
mit LiP F6 oder [BMIM][PF6] eine Erhöhung des On-Stroms um ca. den Faktor
2 auf (On bezieht sich hier auf den Zustand der eingeschalteten Gatespannung,
Off auf den Bereich mit UGS = 0 V ). Da jedoch gleichzeitig der Off -Strom
ca. um den Faktor 4 steigt, resultiert keine Verbesserung des Schaltverhaltens
dieser Transistoren. Schon eine Verschiebung der Schwellspannung der Transistoren kann eine Erhöhung des Off -Strom verursachen. Da bei beiden Verbindungen Hexafluorophosphat-Moleküle in die Matrix eingebaut wurden, könnte
die starke Elektronegativität dieses Moleküls für den gemeinsamen Offset der
1 Zu
beachten ist die messtechnisch verursachte kürzere Dauer des Einschaltvorgangs für die Gatespannung bei der roten Kurve in Abbildung 5.2. Sie hat keine physikalische Bedeutung und der
grundsätzliche Vergleich der Materialien lässt sich trotzdem ziehen.
94
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
-200.0n
DS
[A]
0.0
I
ohne Salzzugabe
-400.0n
0
1%
[BMIM][PF6]
1%
LiPF6
1%
LiClO4
1%
Luzifergelb CH Dilithiumsalz
1%
Lithiumdodecylsulfonat
40
80
120
t [s]
Abbildung 5.2: Vergleich der Wirkung verschiedener Lithiumsalze im Transistor. Als Referenz dient die schwarze Transistorstromkurve ohne Zugabe eines
Salzes in den Isolator. Die immergleiche polymere Matrix des Isolators enthält
jeweils 1 % von [BMIM][PF6] (grün), LiPF6 (blau), LiClO4 (rot), LuzifergelbCH-Dilithiumsalz (pink) und Lithiumdodecylsulfonat (hellblau).
Kurven verantwortlich sein. Die geringfügig vorhandene Transiente im Falle des
[BMIM][PF6] (grüne Kurve) lässt vermuten, dass dort ionischer Transport auftritt, was durch das gute Löseverhalten dieses Materials naheliegt. Vergleicht man
nun noch LiClO4 und LiP F6 miteinander, so kommt man in Anbetracht des unterschiedlichen Löseverhaltens der Moleküle zu dem Schluss, dass bei ersterem
ein ionischer Transport vorliegen kann, bei zweiterem jedoch eher von einer geringen Verbesserung der Polarisation des Isolators durch die Existenz des LiP F6
ausgegangen werden muss. Im Falle des Luzifergelb-CH-Dilithiumsalzes und
des Lithiumdodecylsulfonats zeigt sich keine Wirkung der hinzugefügten Verbindungen. Da noch Reste des Festkörpers in der Lösung vorhanden waren, ist davon
ausgehen, dass sich die ionischen Partner nicht im Lösemittel des Isolators trennen. Es kommt weder zu einem ionischen Transport noch zu einer Verstärkung
der Polarisation.
Im Detail kann bei der Kurve für die LiClO4 Probe ein Ansteigen des Transistorstroms IDS auf über −400 nA innerhalb von ca. 20 Sekunden eingeschalteter Gatespannung beobachtet werden, was ungefähr dem 100-fachen Wert des
Referenztransistors entspricht. Wie aufgrund der Ionendrift im elektrischen Feld
5.1. VARIATION DER ELEKTROLYTE
95
der Gatespannung zu erwarten (siehe Kapitel 3), wird eine deutliche zeitliche
Veränderung des Transistors bzw. des isolierenden Materials während des Einschaltvorgangs durch den dauerhaften Anstieg des Drain-Source Stroms sichtbar.
Die erzielte Überhöhung des Stroms wird im Ausschaltvorgang abgebaut bis sich
nach ca. 120 Sekunden wieder der ursprüngliche Off -Strom des Transistors eingestellt. Der Vergleich der Materialien zeichnet damit LiClO4 Salz als Zusatz
zur polymeren Isolatormatrix als sehr vielversprechend aus.
5.1.1 Perchlorate im Vergleich
In einer zweiten Vergleichsreihe wurden verschiedene Perchlorate miteinander
verglichen. Lithium-, Natrium- und Kaliumperchlorat unterscheiden sich nur in
Größe und Gewicht des Kations, also des positiv geladenen Ionenpartners. Um
die Kationen miteinander zu vergleichen, werden die Daten der dazugehörigen
Atome herangezogen. Lithium hat ungefähr eine Atommasse von 6, 94 u und
einen Atomradius von 152 · 10−12 m, Natrium ist mit ca. 23 u dreimal so schwer
(Atomradius ca. 180 · 10−12 m) und Kalium mit 39, 09 u mehr als fünfmal so
schwer (Atomradius ca. 220 · 10−12 m). Demgegenüber hat das Anion ClO4−
ungefähr ein Gewicht von 100 u, ca. 14 mal schwerer als Lithium. Alle drei Salze sind in der Isolatorbasislösung mit 1 Gew.% relativ zur Masse des Isolatorfestkörpers gelöst. Im Falle des Kaliumperchlorats wurde beobachtet, dass sich
das Salz nicht rückstandsfrei gelöst hat. Abbildung 5.3 zeigt die Transistorstromkurven der drei Transistoren mit Perchloratisolatoren. Als Referenz dient wieder
ein Referenztransistor ohne ionischen Zusatz (schwarz). Zur besseren Vergleichbarkeit wurden die Kurven in der y-Achse auf die Basis von IDS = 0 A bei
t = 0 s gezogen.
Es lässt sich beobachten, dass auch in dieser Vergleichsreihe das LiClO4 Salz
(rote Kurve) als Zusatz zum polymeren Isolator die stärkste Erhöhung des Transistorstroms innerhalb der Messdauer aufweist. KClO4 (grüne Kurve) zeigt den
geringsten Anstieg des On-Stroms, der im Vergleich zum nicht-ionischen Transistorstrom (schwarze Kurve) ungefähr verdoppelt wurde und sich innerhalb der 26
Sekunden des Angeschaltetseins kaum ändert. Der Transistor mit N aClO4 Salz
(blaue Kurve) zeigt ein ähnliches nur schwächer ausgeprägtes Verhalten wie der
LiClO4 Transistor (rote Kurve).
Da das Anion in allen 3 Fällen gleich ist, macht es der Vergleich der Transistorstromkurven möglich, erste Rückschlüsse auf den ionischen Transport im
96
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
0.0
I
DS
[A]
-200.0n
-400.0n
ohne Salzzugabe
-600.0n
0
40
1%
KClO4
1%
NaClO4
1%
LiClO4
80
120
t [s]
Abbildung 5.3: Vergleich der Wirkung verschiedener Perchloratsalze. Als Referenz dient die schwarze Transistorstromkurve ohne Zugabe eines Salzes in den
Isolator. Die polymere Matrix enthält jeweils 1 % Kaliumperchlorat (KClO4,
grün), Natriumperchlorat (NaClO4, blau) und Lithiumperchlorat (LiClO4, rot).
In Falle des Kaliumperchlorats kann man nicht von einer kompletten Lösung des
Salzes in der Isolatorlösung ausgehen. Die Kurven wurden zur besseren Vergleichbarkeit auf die selbe Basis gezogen.
Isolator während des Schaltvorgangs zu ziehen. In Abbildung 5.3 lassen sich
in der Zeitspanne der eingeschalteten Gatespannung 2 Prozesse unterscheiden,
nämlich einen ersten, der ein auf dieser Zeitskala instantanes Ansteigen des Transistorstroms bewirkt und einen weiteren Prozess, der erst auf der Skala von einigen Sekunden den Transistorstrom weiter erhöht. Der erste quasinäherungsweise
instantane Prozess findet bei allen drei Perchloraten statt, wenn auch bei Kaliumperchlorat sehr gering. Natrium- und Lithiumperchlorat zeigen einen vergleichbaren ersten Sprung des Transistorstroms. Der zweite Prozess ist im Falle
des Kaliumperchlorats weitgehend unterdrückt. Beim Natriumperchlorat zeigt er
sich schwächer, jedoch mit ähnlicher Tendenz wie beim Lithiumperchlorat.
Zu beachten ist, dass sich zum einen der kationische Partner der drei Perchlorate in Gewicht und Volumen unterscheidet, zum anderen aber auch die
Löslichkeit, also die Fähigkeit überhaupt in Anion und Kation in der polyme-
5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN
97
ren Matrix aufzuspalten. Die Tatsache, dass die Zugabe von Kaliumperchlorat
eher eine Suspension als eine Lösung ergab, ist ein klares Indiz für das Nichtaufspalten des Salzes in Ionen. Aus beiden Aspekten zusammen ergeben sich unterschiedliche Leitfähigkeiten, dem Produkt aus Ladung, Ionendichte und Ionenbeweglichkeit (siehe Gleichung 2.23 in Kapitel 2.2.2), der ionischen Isolatoren.
Diese sind möglicherweise die Ursache der unterschiedlichen Ausprägung des
näherungsweise instantanen und insbesondere des langsameren Prozesses der
Transistorstromkurven in Abbildung 5.3. Demnach würden die Lithiumionen mit
der höchsten Leitfähigkeit auch den höchsten Anstieg in der IDS (t) Kurve hervorrufen. Natriumionen, mit einer aufgrund der Ionengröße vermuteten geringeren Beweglichkeit, zeigen innerhalb der gemessenen 26 Sekunden einen geringeren Anstieg, und Kaliumionen, die möglicherweise gar nicht gelöst oder immobil
vorliegen, verursachen keinen Anstieg der Kurven.
Zusammenfassend kann man jedoch schließen, dass im Isolator in
Abhängigkeit von der Ionenspezies ein Ionentransport stattfindet, der die dielektrischen Eigenschaften des Isolators und damit den Transistorstrom zeitlich ändert. Ob auch weitere Effekte, wie z. B. eine durch die Zugabe der Salze veränderte Orientierungspolariation (siehe Kapitel 2.2.1) eine Rolle spielen
könnten, ist zu diesem Zeitpunkt nicht zu differenzieren. Erst weitere Untersuchungen (Kapitel 5.2.1) ermöglichen eine genauere qualitative und anschließende
quantitative Analyse.
5.2 Lithiumperchlorattransistoren
Die Charakterisierung der Lithiumperchlorattransistoren geschieht in einem ersten Schritt analog zur Charakterisierung der Referenztransistoren, die keinen
ionischen Isolator enthalten (siehe auch Kapitel 2.1.2). An den Ausgangs- und
Übertragungskennlinien lassen sich die typischen Unterschiede erkennen und
diskutieren. Zur Verdeutlichung wird deswegen zunächst die Ausgangskennlinien eines Referenztransistors (Abbildung 5.4) gezeigt, der wie in Kapitel 4 beschrieben hergestellt wurde. Dieser und alle folgenden Transistoren haben die
gleichen Schichtdicken (dHl = 40 nm und dIns = 500 nm) und dieselbe Geometrie (W/L = 1500 µm/5 µm). Ihr Unterschied besteht lediglich in der Zusammensetzung der Isolatorschicht.
Bei den hier relativ klein gewählten Drain- und Gatespannungen zeigt
der Transistor die charakteristischen Merkmale wie Linearbereich und
98
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
-80.0n
U
=
U
= -1V
U
= -2V
U
= -3V
U
= -4V
U
= -5V
GS
0V
GS
GS
-40.0n
GS
[A]
GS
I
DS
GS
0.0
40.0n
0
-2
U
DS
-4
[V]
Abbildung 5.4: Ausgangskennlinien eines Referenztransistors. der Transistor
zeigt die erwartete Charakteristik. Bei einer Gatespannung von UGS = −5 V
und einer Drainspannung von UDS = −5 V lässt sich ein Transistorstrom von ca.
IDS = 66 nA erreichen.
Sättigungsbereich, die Transistorströme steigen jedoch nur gering an. So erreicht
der Transistorstrom einen Wert von ca. IDS = 66 nA bei einer Drainspannung
von UDS = −5 V und einer Gatespannung von UGS = −5 V . Jede einzelne
Kurve wurde in Hin- und Rückrichtung gemessen und zeigt kein hysteretisches
Verhalten. Wie zu erwarten, hat die Messdauer oder die Anzahl der Messpunkte
keinen Einfluss auf das Ergebnis des Kennlinienfeldes.
Im Gegensatz dazu weist der Transistor, dessen Isolator mit 6, 6% LiClO4
Salz angereichert wurde, bei den gleichen Spannungen um das Hundertfache
größere Transistorströme auf (Abbildung 5.5). Die Form der Ausgangskennlinien
hängt dabei stark von der Messdauer und Messhistorie der Kurven ab. Die Kurven wurden in Hin- und Rückrichtung gemessen mit einer Schrittweite von 0, 5 V
und einer Messdauer von 500 ms pro Messpunkt. Auf diese Weise gemessen,
zeigt nur die Kurve für UGS = −5 V ein geringes hysteretisches Aufspalten der
Kurven der Hin- und Rückrichtung. Bei der Wahl z. B. einer kürzeren Messdauer
oder einer größeren Schrittweite tritt stärker ausgeprägt hysteretisches Verhalten
auf.
5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN
-8.0µ
U
=
U
= -1V
U
= -2V
U
= -3V
U
= -4V
U
= -5V
GS
99
0V
GS
-4.0µ
GS
GS
DS
[A]
GS
I
GS
0.0
0
-2
U
DS
-4
[V]
Abbildung 5.5: Ausgangskennlinien eines Transistors, dessen Isolator mit 6, 6%
LiClO4 angereichert wurde. Im Vergleich zum Referenztransistor (Abbildung
5.4) steigen die Transistorströme bei gleichen Drain- und Gatespannnungen auf
ungefähr das Hundertfache an.
Die um das Hundertfache angestiegenen Ströme lassen darauf schließen,
dass das elektrische Feld an der Halbleiter-Isolator Grenzfläche angestiegen ist.
Der Vergleich der Übertragungskennlinien bestätigt diese Schlussfolgerung. Abbildungen 5.6 und 5.7 zeigen die Übertragungskennlinien des Referenztransistors und des Transistors mit einem Zusatz von 6, 6% LiClO4 Salz für niedrige Drainspannungen in einem Gatespannungebereich von ±5 V . Wie erwartet, zeigt der Referenztransistor kleine Drain-Source Ströme und entsprechend
in dem gemessenen Spannungsbereich ein ebenso kleines On/Off -Verhältnis
von ca. 16 für UDS = −1 V . Für den Fall des ionischen Transistors lässt
sich auch in der Übertragunskennlinie das Ansteigen der Drain-Source Ströme
auf das Hundertfache erkennen. In der logarithmischen Darstellung von Abbildung 5.7 zeigt sich ein On/Off -Verhältnis von ca. 1260. Die hundertfache
Erhöhung des Verhältnisses ist dabei nur auf den Zusatz des Salzes in den Isolator zurückzuführen. In dieser Messanordnung macht sich eine Hysterese in den
Strom-Spannungskurven bemerkbar.
100
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
U
II
DS
I [A]
1µ
= -1,0V
DS
100n
10n
1n
100p
5.0
2.5
0.0
U
GS
-2.5
-5.0
[V]
Abbildung 5.6: Übertragungskennlinien des Referenztransistors. Bei einer Drainspannung von UDS = −1 V zeigt sich zwischen UGS = −5 V und
UGS = 0 V ein On/Off -Verhältnis von ca. 16. Gemessen wurde in Schritten von
∆UGS = −0, 5 V bei einer Messdauer von 250 ms pro Messpunkt.
Die Erhöhung der On-Ströme des salzangereicherten Transistors bedeutet eine Erhöhung der dielektrischen Funktion des Isolatormaterials. Dieses Phänomen
kann sowohl verstärkte Raumladungspolarisation (also Ionenwanderung) als
auch Orientierungspolarisation zur Ursache haben (siehe Kapitel 2.2). Ein weiteres Indiz zur Entscheidung dieser Frage liegt in der Betrachtung der beobachteten Hysterese, da ein Unterschied der beiden Polarisationsphänomene in der
typischen Zeitskala liegt, auf der sie üblicherweise stattfinden. In der Ausgangsund Übertragungskennlinie wurde hysteretisches Verhalten in Abhängigkeit von
der Anzahl der Messpunkte und der Messdauer festgestellt. Erst die Wahl relativ langer Zeiten für die Messdauer (> 500 ms) und vieler Messpunkte sorgte
für eine hysteresefreie Messung der Kennlinien. Die Notwendigkeit der Wahl
langer Zeiten spricht für einen Ionentransportprozess und gegen den schnelleren
Prozess der Orientierungspolarisation. Diese Frage wird erneut in Kapitel 5.2.1
aufgegriffen.
Gleichzeitig mit der Strom-Spannungscharakteristik der Ausgangskennlinien wird der Gate-Leckstrom, also der Strom, der während der Messung von
5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN
II
DS
I [A]
1µ
U
101
= -1,0V
DS
100n
10n
1n
100p
5.0
2.5
0.0
U
GS
-2.5
-5.0
[V]
Abbildung 5.7: Übertragungskennlinien des mit 6, 6% LiClO4 angereichertem
Isolators. Das On/Off -Verhältnis beträgt hier ca. 1230. Die Kurven weisen in
Abhängigkeit von der Messdauer hysteretisches Verhalten auf.
der Source- und Drainelektrode zur Gateelektrode fließt, gemessen. Er ist ein
Indiz dafür, ob die isolierende Wirkung des Dielektrikums während des Schaltens des Transistors intakt bleibt oder möglicherweise durch die Ionenwanderung
begünstigt Stromleckpfade durch das Material entstehen. Letzteres könnte dazu
führen, dass gemessene Drain-Source Ströme tatsächlich Ströme zwischen den
unteren Elektroden und der Gatelektrode sind, was den Transistor in seiner prinzipiellen Wirkung zerstören würde. Eine Überprüfung parallel zur Aufnahme der
oben präsentierten Ausgangskennlinien widerlegt diese Annahme. Dabei lagen
die Gate-Source Ströme immer um 2 Größenordnungen unter den Drain-Source
Strömen. Damit kann ausgeschlossen werden, dass Gateleckströme das Geschehen im salzangereicherten Transistor dominieren.
Neben der eben diskutierten Annahme, dass Ionen Stromleckpfade durch
den Isolator verursachen, besteht die Möglichkeit, dass das Salz bzw. seine ionischen Bestandteile durch alle Grenzflächen hinweg durch das Bauteil diffundieren und seine Eigenschaften zerstören. Könnten Ionen, getrieben durch das
Konzentrationsgefälle zwischen den angrenzenden Schichten Isolator und Halbleiter, in den Halbleiter hineindiffundieren, würden sie diesen dotieren, also
102
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
die Eigenleitfähigkeit des Halbleiters stark erhöhen (vergleiche Kapitel 5.2.2).
Die in diesem Kapitel gezeigten Kennlinien geben ein deutliches Indiz dafür,
dass diese Annahme nicht zutrifft. Sowohl in der Ausgangs- als auch in der
Übertragungskennlinie zeigt sich, dass die Off -Ströme des salzangereicherten
Bauteils niedrig bleiben. Dies ist jedoch nur möglich, wenn der Halbleiter nicht
dotiert wurde und keine Ionen in das Material hineindiffundieren. Abschließend und detailliert wird diese Fragestellung im Kapitel 5.2.2 über die Grenzflächphänomene der Halbleiter-Isolator Grenzfläche diskutiert.
Sowohl für den Gate-Leckstrom als auch für den Off -Strom konnte das in den
letzten beiden Abschnitten beschriebene Verhalten auch für Wiederholungsmessungen, die im Zeitraum von 1,5 Jahren an der selben Probe stattgefunden haben,
bestätigt werden. (Ausgenommen werden hier die Proben mit den höchsten Ionenkonzentrationen.) Dies zeigt zum einen die enorme zeitliche Stabilität des mit
LiClO4 Salz angereicherten Isolators, der nicht zur Ausbildung von Stromleckpfaden neigt. Zum anderen belegt es die Stabilität der Halbleiter-Isolator Grenzschicht, die auch über einen langen Zeitraum hinweg keine konzentrationsbedingte Diffusion von Salzmolekülen vom Isolator in den Halbleiter zulässt und
damit die Dotierung des Halbleiters verhindert.
5.2.1 Einfluss der Ionenkonzentration
Im vorangegangenen Kapitel wurde deutlich, dass die zeitliche Auflösung der
Charakterisierung der Salz angereicherten Transistoren eine wichtige Rolle
spielt. Um die Zeitabhängigkeit der Kurven sichtbar zu machen, wurden für
die folgenden Charakterisierungen Transientenmessungen gewählt, also die Messung und Darstellung der zeitlichen Abhängigkeit des Transistorstroms. Die vorangegangenen Kennlinien lassen vermuten, dass die zum Isolator hinzugefügte
Salzkonzentration einen starken Einfluss auf die Eigenschaften der Transistoren
hat, was im Folgenden anhand einer Serie von Transistoren, die sich im LiClO4
Gehalt unterschieden, vertieft untersucht wird. Abbildung 5.8 zeigt die Transienten des Transistorstroms IDS . Bei einer dauerhaft angelegten Drain-Source
Spannung von UDS = −0, 5 V wird für 30 Sekunden eine Gatespannung von
UGS = −5 V angelegt (im oberen Teil der Abbildung 5.8 dargestellt). Die Salzkonzentration variiert von 0% LiClO4 (schwarze Kurve) bis zu 9% LiClO4
(violette Kurve). Eine Salzkonzentration von c = 1 % entspricht dabei einer Ionendichte von % = e · 6, 4 · 1025 /m3 bei vollständiger Dispersion.
5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN
U [V]
0
103
60
120
U
= - 0.5V
DS
U
= - 5V
GS
0.0
0.00%
0.33%
0.72%
-1.0µ
0.87%
0.97%
DS
[A]
0.50%
I
1.17%
2.06%
-2.0µ
4.00%
5.90%
9.00%
0
60
120
t [s]
Abbildung 5.8: Der obere Graph zeigt die während des Experiments angelegten Spannungen. Der untere Graph zeigt die Transienten des Transistorstroms in
Abhängigkeit von der Konzentration des LiClO4 Salzes. Der Referenztransistor
mit 0% LiClO4 schaltet von IDS ≈ 1, 4 nA auf IDS ≈ 18 nA, was aufgrund
des Maßstabs in der Graphik nicht zu erkennen ist.
Wie aufgrund der Kennliniencharakteristik zu erwarten, übertreffen alle IDS
Ströme der mit Lithiumperchlorat angereicherten Transistoren den Strom des
Referenztransistors um ein Vielfaches. Es wird deutlich, dass der vergrößerte
Transistorstrom eine starke Abhängigkeit von der Ionenkonzentration aufweist.
Zeigt z. B. die Probe mit einer 0, 97% LiClO4 Konzentration (pinkfarbene
Kurve) nach 30 Sekunden angelegter Gatespannung einen Transistorstrom von
IDS ≈ 540 nA, so zeigt die Probe mit 4% LiClO4 (dunkelblaue Kurve) einen
Transistorstrom von IDS ≈ 1, 6 µA. Die beiden Proben weisen jedoch nicht
nur einen anderen absoluten Wert des Transistorstroms auf, der nach 30 Sekun-
104
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
den angelegter Gatespannung erreicht wird, sondern sie ändern ihre komplette
Kurvendynamik sowohl im Einschalt- als auch im Ausschaltvorgang abhängig
von der Ionenkonzentration. Dies kann z. B. am ersten IDS (t1 ) direkt nach dem
Einschalten und an der Kurvenform während der 30 Sekunden des Einschaltvorgangs abgelesen werden. Kann der Kurvenverlauf der roten Kurve c = 0, 33%
noch mit einer Geraden genähert werden, so zeigt die gelbe Kurve c = 1, 17%
zwei ineinander übergehende Abschnitte mit ganz unterschiedlicher Steigung.
Qualitativ lässt sich die Kurvendynamik mit einem zweiteiligen Prozess beschreiben, der in Abhängigkeit von der Ionenkonzentration immer früher innerhalb des Einschaltvorgangs stattfindet. Zu Beginn führt er zu einem raschen und
starken Anstieg des Stroms. Diesem Anstieg folgt eine Verringerung der Steigung und eine Verlangsamung der Stromänderung bis es zu einer Sättigung des
Anstiegs kommt. Bei hohen LiClO4 Konzentrationen kehrt sich diese Sättigung
erneut in einen Anstieg um. Häufig konnten irreversible Prozesse des Stromsanstiegs bei hohen Konzentrationen beobachtet werden, so wie es auch die violette
Kurve für 9% LiClO4 zeigt. Der Beschreibung folgen nun zwei Interpretationsansätze, die die Ursache der zweiteiligen Einflussnahme eingrenzen.
Orientierungspolarisation
Als Ursache für die Erhöhung des Transistorstroms kommt neben dem Einfluss
der Raumladungspolarisation die Orientierungspolarisation in Betracht (siehe
auch Kapitel 2.2), also die Ausrichtung der ortsfesten polaren Moleküle der Materie in einem externen elektrischen Feld. Besonders die zu beobachtende zweiteilige Dynamik der Transienten aus Abbildung 5.8 lässt die Vermutung zu, dass
sich der Einschaltvorgang aufteilt in einen ersten zeitlichen Abschnitt, bei der
die Stromerhöhung durch die schnelle Ausrichtung der Moleküle geschieht und
einen zweiten Abschnitt, bei dem der oben beschriebene langsamere Ionentransport für eine Ionensorte oder sogar für zwei Ionensorten auftritt. Die gemessenen Stromtransienten im Vegleich mit dem theoretischen Ansatz für die Orientierungspolarisation erlauben es, eine erste Abschätzung zu machen, ob und in
welchem Maße die Orientierungspolarisation für die Transistorstromerhöhung
eine Rolle spielen kann.
Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Vorstellung eines polaren Moleküls,
das sich im externen elektrischen Feld ausrichtet (siehe auch Kapitel 2.2.1). Tritt
dieser Vorgang in einem ganzen Materiestück auf, so resultiert an den Grenz-
5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN
105
flächen der Materie eine Polarisationsladung σP ol , die von der Dichte n der polarisierbaren Moleküle, ihrer Ladung q = e und der Länge ihrer Dipolachse dDipol
abhängt (Gleichung 2.22). Aus dieser Oberflächenladung lässt sich der Beitrag
der Polarisation zur dielektrischen Suszeptibilität berechnen.
σP ol = n ·
(e · dDipol )2
E0 = 0 χdipol E0
3kT
(5.1)
Schätzt man die Dipolachsenlänge mit ca. dDipol = 1Å ab und nimmt eine
mittlere Ionendichte von n = 1 · 1026 /m3 an, so lässt sich folgender Beitrag zur
dielektrischen Funktion des Isolators bestimmen:
ε = 1 + χel + χdipol = 3, 4 + 0, 24
(5.2)
Die Abschätzung belegt, dass der mögliche Einfluss der Orientierungspolarisation gering ist. Die daraus folgende Änderung des elektrischen Feldes wird
in der Größenordnung des extern angelegten elektrischen Feldes bleiben. Somit
kann die Orientierungspolarisation nicht die Ursache für das sofortige und massive Ansteigen der Stromtransienten um mehrere Größenordnungen sein wie in
Abbildung 5.8 beobachtet.
Raumladungspolarisation
Die Vergleiche verschiedener Verbindungen als Zusatz für den Isolator (Kapitel 5.1) und die Diskussion der Ausgangs- und Übertragungskennlinien (Kapitel 5.2) der LiClO4 Transistoren haben Belege geliefert, den für die Transistorstromerhöhung verantwortlichen Prozess in der Erhöhung der Raumladungspolarisation zu suchen. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Stromtransienten
aus Abbildung 5.8 im Rahmen der Raumladungspolarisation interpretiert und auf
Plausibilität geprüft.
Die Raumladungspolarisation beschreibt das Phänomen, bei dem Ladungsträger aufgrund einer Relaxation in einem externen elektrischen Feld durch Wanderungsprozesse an die Materialgrenzen gelangen können (Kapitel 2.2). Diese Wanderungsprozesse wurden in Kapitel 3.1.1 mit Hilfe eines Drift- und
Diffusionsmodells beschrieben. Aus diesem Modell ergeben sich verschiedene Möglichkeiten der Einflussnahme der Ionenkonzentration auf den Transistor.
106
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
Zum einen nimmt die Ionenkonzentration, die sich in eine Ladungsträgerdichte
der Ionen % = e·n umrechnen lässt, im durchgeführten Experiment direkten Einfluss auf die Absolutwerte und die Kurvendynamik des Transistorstroms (Kapitel
3.4.2). Zum anderen ist es denkbar, dass sich mit der Ionendichte auch die Ionenbeweglichkeit ändert, die unmittelbar die Kurvendynamik beeinflusst (Kapitel
3.4.3). Mit der Vorstellung des Hopping-Transports als dominierenden Charakter
des Ionentransports in der polymeren Matrix erhöht sich mit steigender Ionendichte die Übergangswahrscheinlichkeit zwischen lokalisierten Zuständen und
damit die effektive Beweglichkeit der Ionen (Kapitel 2.2.2 und Kapitel 3.4.3).
Aus den Stromtransienten in Abbildung 5.8 lässt sich nun mit Hilfe des
Driftmodells für den Ionentransport eine erste Abschätzung der Ionenbeweglichkeit sowohl der Li+ als auch der ClO4− Ionen durchführen. Sie beruht auf der
Überlegung, dass sich die Ionen im elektrischen Feld der externen Gatespannung
mit einer gleichmäßigen Driftgeschwindigkeit vD an den Grenzflächen des Isolators ansammeln (Kapitel 3.1.1 und folgende), also eine Verschiebung der Ionenpopulation stattfindet. Die zeitliche Änderung des Stroms in Abbildung 5.8 ist
wegen der Grenzflächenbedingung elektrischer Felder (Kapitel 3.2) ein Maß für
die Änderung der akkumulierten Ionendichte an der Grenzfläche. Die Ionenbeweglichkeit lässt sich deshalb mit der zeitlichen Ableitung der Stromtransienten
abschätzen:
µIon =
∆IDS
L2 dIns
A∆t µHl UDS UGS %Ion
(5.3)
A ist die geschätzte Querschnittsfläche des leitfähigen Kanals im Halbleiter
(A = 3 nm·W ) mit einer geschätzten Kanalbreite von 3 nm, dIns = 500 nm die
Dicke des Isolators und %Ion die Ionendichte. Wählt man z. B. die gelbe Kurve
aus Abbildung 5.8 mit einer Ionenkonzentration von 1, 17% (das entspricht einer
Ionendichte von %Ion = e · 7, 6 · 1025 m13 ) so entspricht der schnelle, sofortige
2
Anstieg einer Ionenbeweglichkeit von µIon1 ≈ 8 · 10−15 m
V s und der langsa2
mere Abfall einer Beweglichkeit von µIon2 ≈ 3 · 10−16 m
V s . Das Ergebnis der
Abschätzung liefert plausible Ergebnisse für die Beweglichkeiten der beiden Ionensorten. Die Transistorstromerhöhung lässt sich also im Rahmen des Driftund Diffusionsmodells für die Raumladungspolarisation sinnvoll erklären. Sie
entsteht in diesem Bild durch den gekoppelten Ionentransportprozess zweier Ionensorten, deren Beweglichkeit sich in etwa um den Faktor 10-100 unterschieden.
5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN
107
Aus der vorangegangenen Diskussion der Wirkung der Raumladungs- und der
Orientierungspolarisation folgt, dass die hier dominierende Ursache der Transistorstromerhöhung der Ionentransportprozess und nicht die Molekülorientierung
ist. Die Untersuchung der Temperaturabhängigkeit (Kapitel 5.2.4) und die Diskussion der dielektrischen Eigenschaften des Isolators, die in Kapitel 5.3 folgt,
bestätigen diese Betrachtung.
5.2.2 Grenzflächenphänomene
Die Diskussion der Grenzflächenphänomene soll Antwort darauf geben, ob und
in welchem Maße der Salz angereicherte Isolator Einfluss auf das angrenzende Halbleitermaterial hat (siehe auch Diskussion in Kapitel 2.3). Falls z. B. die
Ionen in den Halbleiter hineindiffundieren, wird dadurch die gewünschte Wirkung der Ionen im Isolator des Transistors durch eine Halbleiterdotierung zunichte gemacht. In diesem Falle könnte jedoch das Drift- und Diffusionsmodell
für den Ionentransport nicht angewendet werden, da nicht durchlässige IsolatorGrenzschichten die Voraussetzung für das Modell sind. Dies wird mit einem weiteren Experiment in folgenden Kapitel untersucht. Die Diskussion der Grenzflächenphänomene wird mit der Untersuchung des Einflusses der Ionen im Isolator auf die Ladungsträgerbeweglichkeit des Halbleiters abgeschlossen.
Elektrolyt im Halbleiter
Ein Nachweis, für die Frage, ob LiClO4 Ionen durch die Halbleiter-Isolator
Grenzfläche hindurch in den Halbleiter eintreten können und dort die Eigenschaften des Transistors verändern, lässt sich mit einem Gegenexperiment erbringen: Wie sind die Eigenschaften eines Transistors, dessen Halbleiter mit
dem LiClO4 Salz dotiert wird? Zur Durchführung dieser Analyse wurde eine
Halbleiter-Lösung hergestellt, die bezogen auf den Festkörpergehalt des Polythiophens ca. 10% LiClO4 enthält. Der Transistor wird analog zur üblichen Herstellung (Kapitel 4.1) mit dem Referenzisolatormaterial ohne Salzzugabe fertig
gestellt. Abbildung 5.9 zeigt die Kennlinien dieses Transistors.
108
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
-12.0µ
U
= 0V
U
= -5V
U
= -10V
U
= -15V
U
= -20V
GS
GS
-8.0µ
[A]
GS
I
SD
GS
GS
-4.0µ
0.0
0
-5
-10
U
SD
-15
-20
-15
-20
[V]
(a)
U
=-20V
DS
I
SD
[A]
10µ
1µ
0
-5
-10
U
GS
[V]
(b)
Abbildung 5.9: Strom- Spannungscharakteristik eines Transistors, dessen Halbleiter mit ca. 10% LiClO4 angereichert wurde. Die Ausgangs- (a)) und die
Übertragunskennlinie (b)) zeigen, dass sich der Transistor nicht mehr ausschalten lässt.
Das Auffällige an den Kennlinien (Abbildung 5.9) des Gegenexperiments
ist, dass der Transistor nicht mehr ausschaltet. Der Off -Strom, z. B. zu erken-
5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN
109
nen in der Übertragungskennlinie (b) bei UGS = 0 V und UDS = −20 V , fällt
nicht mehr unter einen Wert von 2 µA, unabhängig von der gewählten Messdauer. Werden Transistoren beim selben Arbeitspunkt verglichen (UGS = 0 V und
UDS = −1 V ), so zeigt sich bei einem Transistor, bei dem der Isolator angereichert wurde (Abbildung 5.7), ein Strom IDS < −10 nA und beim Transistor des
Gegenexperiments ein Strom IDS ≈ −200 nA. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu dem bisher diskutierten Verhalten der ionischen Transistoren, deren
Isolator mit LiClO4 angereichert wurde und die einen niedrigen Off -Strom haben. Die Charakteristik der Gegenexperimenttransistoren findet keine Parallelen
in den Charakteristiken der mit LiClO4 Isolator hergestellten Transistoren, was
darauf schließen lässt, dass bei den letzteren kein Transfer der Ionen durch die
Halbleiter-Isolator Grenzfläche in den Halbleiter hinein stattfindet.
Dieses Ergebnis bestätigt die Beobachtungen der Kennlinieneigenschaften
der Lithiumperchlorattransistoren (siehe Kapitel 5.2). Die Strom-SpannungsCharakteristiken der ionenleitenden Transistoren zeigen selbst bei alten und erneut vermessenen Transistoren keine irreversiblen Veränderungen wie z. B. eine
Vergrößerung des Off -Stroms, die im Falle einer Dotierung des P3HT durch Ionen belegt wurden. Es lässt sich festhalten, dass eine Penetration der Ionen durch
die Halbleiter-Isolator Grenzfläche, wie z. B. von Frisbie et al. diskutiert [22],
hier nicht stattfindet. Die Voraussetzung für das Drift- und Diffusionsmodell sind
somit gegeben.
Halbleiterbeweglichkeit
Ein direktes Maß, um einen Einfluss der in den Isolator hinzugefügten Ionen auf
den Halbleiter festzustellen, ist die Halbleiterbeweglichkeit, die im Transistor gemessen werden kann. Dabei interessiert die Frage, ob allein schon die im Isolator
homogen verteilten Ionen die Ladungsträgerbeweglichkeit im P3HT verändern.
Die Schwierigkeit besteht darin, die Beweglichkeit zu bestimmen ohne jedoch
eine lange zeitabhängige Messung durchzuführen, die die Ionen an den Grenzflächen deutlich akkumuliert. Zu diesem Zweck wurde eine frequenzabhängige
Messung gewählt, bei der die Gatespannung als Wechselfeld mit einer Frequenz
f angelegt wird (Aufbau siehe Kapitel 4.2). Das Ergebnis der Messung ist jeweils
eine Übertragungskennlinie, aus deren Steigung die Ladungsträgerbeweglichkeit
der Löcher im Transistor bestimmt werden kann. Ein Beispiel zeigt Abbildung
5.10.
110
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
U
=-0,5V
DS
-60.0n
c=0.7% LiClO
-40.0n
I
DS
[A]
4
-20.0n
0.0
6
3
0
U
GS
-3
-6
[V]
Abbildung 5.10: Die Übertragungskennlinie wird mit einer Wechselfeldspannung
(f = 0, 5 Hz) als Gatespannung aufgenommen. Die Messmethode wird in Kapitel
4.2 mit Abbildung 4.4 vorgestellt. Aus der Steigung der Übertragungskennlinie
wird die Halbleiterbeweglichkeit analysiert.
Die Wechselspannungsmessung des Transistors zeigt eine Hysterese.
Die Ursache für die Hysterese ist eine Schwellspannungsverschiebung der
Übertragungskennlinie, die sich durch die Akkumulation von Ionen ergibt. Da
jedoch beide Äste der Kurve parallel laufen, lässt sich trotz Hysterese eine Halbleiterbeweglichkeit aus der Steigung bestimmen. Abbildung 5.11 zeigt die Auswertung der Ladungsträgerbeweglichkeit in Abhägigkeit von der Konzentration des LiClO4 in der Transistorprobe für die gesamte Probenreihe. Der graue
Stern markiert dabei den Wert für die Referenzprobe ohne Salz angereicherten
Isolator. Aufgrund des Alters der Proben zur Zeit der Messung (ca. 1,5 Jahre), liegt dieser Referenzwert auf einem erwartungsgemäß niedrigen Niveau bei
2
−3 cm2
µHl ≈ 1, 2 · 10−7 m
V s = 1, 2 · 10
V s (vgl. mit Kapitel 2.1.2).
Die Werte der anderen Proben werden mit diesem verglichen. Es fällt auf,
dass die Ladungsträgerbeweglichkeit für Proben mit einer geringen Salzkonzentration leicht größer als die der Referenzprobe ist. Mit steigender Konzentration
sinkt die Beweglichkeit ab, um sich dann auf einem Niveau vergleichbar zum
Referenzwert einzupendeln. Die sich zeigende Abhängigkeit von der Ionenkon-
5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN
111
-7
6.0x10
Hl
bei f
= 0,5 Hz
UGate
µ
Hl
2
[m /Vs]
-7
4.0x10
-7
2.0x10
Referenz
0.0
0
5
10
15
20
c [%]
Abbildung 5.11: Halbleiterbeweglichkeit im Transistor mit ionenleitendem Isolator in Abhängigkeit von der Salzkonzentration. Die Gatespannung wurde mit einer
Frequenz von f = 0, 5 Hz getrieben. Der graue Stern verdeutlicht den Wert für
den Referenztransistor.
zentration hängt vermutlicherweise mit der Wahl der Frequenz der Gatespannung
von f = 0, 5 Hz zusammen. Bei dieser Frequenz ist es möglich, dass bei hohen
Konzentrationen schon Ionenakkumulation stattfindet und nicht wie gewünscht
die Ionen noch nicht akkumulieren. Eine Erhöhung der Versuchsfrequenz wirkt
dieser Tendenz entgegen, was messbedingt nur bis f = 5 Hz möglich war. In
diesem Bereich zeigte die Auswertung dieselbe Charakteristik wie Abbildung
5.11.
Insgesamt handelt es sich eine leichte Beeinflussung der Halbleiterbeweglichkeit im Vergleich zur Referenz durch die Anwesenheit des mit Salz angereicherten Isolators. Dabei bleibt verwunderlich, dass die Anwesenheit von Ionen
die Halbleiterbeweglichkeit leicht positiv beeinflusst. Diese Beobachtung könnte
auch mit einer unterschiedlichen Alterung der Proben mit und ohne Ionen im
Isolator zusammen hängen. Die Proben waren bei dieser Messung älter als zwei
Jahre. Es lässt sich zumindest schließen, dass keine zusätzliche Löcher-IonenStreuung wie in Kapitel 2.3 diskutiert stattfindet. Die reine Präsenz der Ionen an
der Halbleiter-Isolator Grenzschicht beeinflusst die Ladungsträger im Halbleiter
nicht negativ.
112
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
5.2.3 Einfluss der Gatespannung
Die an den Isolator angelegte Gatespannung ist Ursache des externen elektrischen Feldes, das im Bild der Raumladungspolarisation eine Kraft auf die Ionen
ausübt und diese auslenkt. Als Beitrag zur Diskussion des Modells wird daher
der Einfluss der Gatespannung auf die mit Salz angereicherten Transistoren untersucht. Abbildung 5.12 (a) zeigt die Transistorstromtransiente für einen ionischen Transistor mit 0.89% LiClO4 für verschiedene Werte der Gatespannung
(UGS = −2, 5 V bis UGS = −10 V ), die für ca. 30 Sekunden angelegt wird.
Um neben dem Vergleich der Absolutwerte auch die Dynamik diskutieren zu
können, wurde die Auswertung mit den auf −1 normierten Transienten ergänzt
(Abbildung (b)).
Zunächst fällt auf, dass der absolute Anstieg des Transistorstroms IDS von
der Gatespannung abhängt und mit ihr anwächst. Vergleicht man den Absolutwert bei t = 60 s, stellt man einen nahezu linearen Zusammenhang zwischen
IDS und der Gatespannung fest, wie es auch im linearen Bereich der Transistorkennlinien durch Gleichung 2.4 zu erwarten ist. Die normierten Kurven zeigen
vor allem im Einschaltvorgang eine unterschiedliche Dynamik. Dabei weisen die
Kurven mit einer höheren Gatespannung einen schnelleren Anstieg auf als Kurven niedriger Gatespannung. Für den Ausschaltvorgang liegen die Kurven fast
aufeinander.
In der Diskussion des Drift- und Diffusionsmodells verursacht eine größere
Gatespannung auf der einen Seite eine höhere Driftgeschwindigkeit, mit der sich
die Ionen im externen elektrischen Feld bewegen. Auf der anderen Seite muss
aber eine größere Menge an ionischen Ladungsträgern an den Grenzflächen akkumuliert werden, um das nun größere externe Feld abzuschirmen bis der Prozess zum Erliegen kommt. Diese beiden Aspekte, die von der Gatespannung
abhängen, halten sich in der Simulation des berechneten Beispiels aus Kapitel
3.4.4 die Waage, so dass dort die Dynamik der Transistorströme gatespannungsunabhängig ist. Das Experiment zeigt in Bezug auf die Dynamik ein vom berechneten Beispiel unterschiedliches Verhalten.
5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN
113
0.0
I
DS
[A]
-300.0n
U
= - 2,5 V
U
= - 5,0 V
U
= - 7,5 V
U
= - 10,0 V
GS
-600.0n
GS
GS
GS
-900.0n
0
100
200
t [s]
(a)
-0.5
U
= - 2,5 V
U
= - 5,0 V
U
= - 7,5 V
U
= - 10,0 V
GS
I
DS
[a.u.]
0.0
GS
GS
GS
-1.0
0
100
200
t [s]
(b)
Abbildung 5.12: Variation der Gatespannung bei einem Transistor mit 0.89%
LiClO4 im Isolator. (a) zeigt die Transisotrstromstransienten bei Gatespannungen von UGS = −2, 5 V bis UGS = −10 V , (b) zeigt die auf −1 normierten
Kurven.
114
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
5.2.4 Einfluss der Temperatur
Zur weiteren Charakterisierung der mit LiClO4 Salz angereicherten Transistoren werden die Proben während des Messvorgangs dem Einfluss der Temperatur ausgesetzt (Aufbau siehe Kapitel 4.2). Neben des Einflusses der Temperatur
wird die Probe bedingt durch die sich nur langsam aufwärmende Heizplatte in
der Versuchsanordnung einer sich wiederholenden Messung in einem längeren
Zeitraum ausgesetzt. Um die Ergebnisse der Temperaturvariation einordnen zu
können, wurden deswegen zwei Kontrollversuche durchgeführt.
Zum einen stellt sich die Frage, welche Temperaturstabilität eine Referenzprobe aufweist. Zur Beantwortung dieser Frage wurde eine identische Probe ohne angereicherten Isolator der identischen Messung ausgesetzt. Der Einfluss der Temperatur lässt sich mit einem Vergleich der Übertragunskennlinien
der niedrigsten und der höchsten gewählten Temperaturmessung zusammenfassen (Abbildung 5.13(a)). Für einen genaueren Einblick wurde eine Hin- und
Rückmessung gewählt, so dass eventuell auftretendes hysteretisches Verhalten
detektiert werden konnte. Insgesamt zeigt sich eine leichte Erhöhung aller Transistorströme mit der Temperatur, also der On- sowie der Off -Ströme, so dass das
Verhältnis beider ungefähr gleich bleibt. Zwar weist die Übertragunskennlinie
der hohen Temperatur stärkere Schwankungen auf, die durch das mehrmalige
Hin- und Rückmessen deutlich werden, es tritt jedoch kein hysteretisches Verhalten auf. An der Ähnlichkeit der Steigungen der schwarzen und der roten Kurve
kann die Stabilität der Material- und Transistoreigenschaften, wie z. B. der Halbleiterbeweglichkeit oder der Isolatorcharakteristik, in diesem Temperaturbereich
abgelesen werden. Eine stärkere Veränderung der Materialeigenschaften würde
für höhere Temperaturen erwartet und deswegen hier bewusst vermieden.
Zum anderen stellt sich die Frage, wie eine Probe mit ionischem Isolator auf
die Dauer und Wiederholung des Versuchs reagiert, auch wenn die Temperatur nicht erhöht wird. Der Versuch wurde an einer entsprechenden Probe mit
der Messung des zeitabhängigen Transistorstroms IDS (t) in 14 Wiederholungen
über insgesamt ca. 2 Stunden Messzeit durchgeführt (Abbildung 5.13(b)). Die
IDS (t) Kurven zeigen eine erstaunliche Messstabilität. Bis auf gewisse Schwankungen bleibt die Charakteristik der Stromtransienten gleich. Das bedeutet, dass
innerhalb eines Messzyklusses (Ein- und Ausschaltvorgang) von insgesamt 300
Sekunden (in der Abbildung wird zur besseren Übersicht nur ein Ausschnitt von
200 Sekunden gezeigt) die Proben wieder reversibel in ihren ursprünglichen Zu-
5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN
115
stand gelangen. Die Belastung durch die Messung kann also bei den nachfolgenden Experimenten vernachlässigt werden.
10µ
100n
I
DS
[A]
1µ
10n
RT
T=80°C
1n
5
0
-5
U
-10
GS
-15
-20
[V]
(a)
0.0
I
DS
[A]
-100.0n
-200.0n
-300.0n
0
100
200
t [s]
(b)
Abbildung 5.13: Kontrollmessungen zur Untersuchung des Temperatureinflusses.
(a) zeigt die Übertragungskennlinen eines nicht-ionischen Transistors bei Raumtemperatur (ca. T ≈ 23◦ C) und bei T ≈ 80◦ C. (b) zeigt das Verhalten eines
ionischen Transistors unter Belastung durch Messung jedoch ohne Temperaturvariation.
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
116
Für die Untersuchung des Temperatureinflusses wird nun eine Probe mit einer
relativ niedrigen Ionenkonzentration von ca. 1, 2% LiClO4 wie oben beschrieben vermessen. Die Temperatur steigt dabei von Raumtemperatur (T ≈ 23◦ C)
auf T ≈ 80◦ C, wobei ca. alle ∆T ≈ 5◦ C eine neue Messung aufgenommen
wird. Zur Darstellung wird die Transientenmessung gewählt, um die verschiedenen Effekte voneinander separieren zu können. Dafür wird für 30 Sekunden eine
Gatespannung von UGS = −5 V gewählt bei einer dauerhaft angelegten DrainSource Spannung von UGS = −0, 5 V (siehe auch Kapitel 5.2.1). Das Ergebnis
findet sich in Abbildung 5.14. Zur besseren Übersicht wird der Temperaturbereich in 2 Teilbilder untergliedert, wobei die beiden Pfeile in der Graphik den
Verlauf der Veränderung aufzeigen.
0.0
0.0
-400.0n
I
DS
[A]
-400.0n
-800.0n
RT
T=51°C
T=27°C
T=56°C
T=31°C
T=61°C
T=37°C
T=66°C
T=41°C
T=71°C
T=46°C
T=76°C
T=51°C
T=81°C
-1.2µ
0
100
t [s]
200 0
100
-800.0n
-1.2µ
200
t [s]
Abbildung 5.14: Einfluss der Temperatur auf einen ionenleitenden Transistor.
Während der Stromtransientenmessung eines mit ca. 1, 2% LiClO4 angereicherten Transistors wurde die Temperatur der Probenunterlage von Raumtemperatur
auf 81◦ C erhöht. Die beiden Pfeile in der Graphik verdeutlichen den Verlauf der
Veränderung des stark temperaturabhängigen Transistorstroms.
Die Aufgliederung in 2 Teilbilder entspricht dem Aufspalten des Verhaltens
bei Temperaturvariation in 2 Teilgruppen. Basis ist die schwarze Kurve in Abbil-
5.2. LITHIUMPERCHLORATTRANSISTOREN
117
dung 5.14 (linkes Bild). Während des ca. 30 Sekunden dauernden Einschaltvorgangs wächst bei dieser Probe der Transistorstrom von 50 nA auf 350 nA nahezu
linear (siehe auch Abbildung 5.8). Mit Erhöhung der Probentemperatur um nur
wenige ◦ C verändert sich der Kurvenverlauf drastisch. Nicht nur die Absolutwerte der Ströme steigen, sondern auch die Dynamik während des Einschaltvorgangs
werden beeinflusst. Die Kurvenform wandelt sich von einer Kurve mit geringem
anfänglichen Sprung gefolgt von einem langsameren linearen Anstieg (schwarze
Kurve) zu einer Kurve mit sprunghaftem schnellen Anstieg (z. B. grüne Kurve bei
31◦ C) mit geringerem nachfolgenden Prozess. Mit steigender Temperatur kann
man die Tendenz beobachten, dass der gekrümmte Übergang zwischen den beiden Bereichen des Einschaltvorgangs immer früher und schneller stattfindet. Bei
der olivfarbenen Kurve für 51◦ C wirkt der Kurvenverlauf sehr eckig, was einem
fast instantanem Ansteigen des Transistorstroms entspricht. Der schnellere sofortige Anstieg des Stroms wird begleitet von einem ebenso schneller werdenden
Abfall des Transistorstroms im Ausschaltvorgang.
Mit Erhöhung der Temperatur wird die Zunahme der Transistorströme immer geringer. Sie scheint bei der Messung bei 51◦ C ihren Maximalwert erreicht
zu haben. Eine weitere Erhöhung der Temperatur um 5◦ C auf 56◦ C (orangene
Kurve rechtes Bild) verändert die Kurvenform nicht wesentlich. Bei der Temperatur von 51◦ C scheint ein Wendepunkt der Einflussnahme der Temperatur zu
liegen. Eine weitere Erhöhung der Temperatur führt nun zu einer Verringerung
der Transistorströme (rechtes Bild). Im Gegensatz zum bisherigen Verlauf, bleibt
nun jedoch der Kurvenverlauf ähnlich dem der Messung bei 51◦ C. Die eckige Form wird beibehalten, lediglich die Werte werden geringer. Im Bereich von
51◦ C bis 81◦ C verringert sich der Transistorstrom auf ca. 60%. Nach Abschluss
der Hochtemperaturmessungen wurde die Probe wiederum bei Raumtemperatur
gemessen. Es ergab sich keine wesentliche Änderung.
Die Erhöhung der Temperatur bedeutet eine Zunahme der Energie im System.
Mit der Vorstellung des Hopping-Transports als Grundlage für den Ionentransportprozess in der polymeren Matrix lässt sich mit Gleichung 2.1 belegen, dass
die Beweglichkeit mit der Temperatur steigt. Dies steht im Kontrast zum Prozess
der Orientierungspolarisation, der als alternative Ursache für die Wirkung des
angereicherten Isolators diskutiert wird. Im Falle der Orientierungspolarisation
kann eine Zunahme der Energie im System zunächst dafür sorgen, dass es durch
eine Erhöhung der Viskosität des polymeren Materials zu einer Verbesserung
der Ionenbeweglichkeit in der Matrix kommt. Wird jedoch die Temperatur weiter erhöht, so steht den einzelnen Molekülen eine höhere Energie zur Verfügung
118
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
und sie werden eine stärkere Eigenbewegung aufweisen. Die zusätzliche Energie,
die sich in Form von Schwingungs- und Rotationsenergie ausdrückt, wirkt dann
einer Ausrichtung von Molekülen entgegen. Das Maß der Orientierungspolarisation nimmt also mit stark erhöhter Temperatur ab. Ein mit der Temperatur abnehmender Effekt widerspricht jedoch den Beobachtungen aus Abbildung 5.14.
Auch die Analyse der Temperaturabhängigkeit bestätigt, dass das Phänomen der
Orientierungspolarisation bei den mit LiClO4 Salz angereichertem Isolatormaterial keine Rolle spielt. Das Verhalten der Transistoren mit steigender Temperatur
bestätigt das Bild des Ionentransportprozesses im Isolator.
Vergleicht man die Veränderung der Kurvendynamik im ersten Temperaturbereich mit den bisher diskutierten Fragestellungen dieser Arbeit, so lässt sich
schließen, dass eine solche Änderung der Stromtransienten sowohl durch eine
gestiegene, dem Ionentransportprozess zur Verfügung stehende Ionendichte als
auch durch eine Erhöhung der Ionenbeweglichkeiten entstehen kann. Beide Faktoren sorgen für einen schnelleren Anstieg der Kurven im Einschaltvorgang wie
auch für einen schnelleren Abfall der Kurven auf den ursprünglichen Wert sowie
für einen Anstieg des Absolutbetrages der Ströme. Die Beibehaltung der Kurvenform für Temperaturen über 51◦ C entspricht einer Beibehaltung der Dynamik des Systems. Die gleichzeitig beobachtete Abnahme des Absolutwertes des
Transistorstroms kann nicht abschließend geklärt werden. Als Ursache hierfür
wurde z. B. die Temperaturaufweichung der Ionendichteprofile diskutiert. Doch
auch diese kann eine Verminderung des Absolutwertes um 60% nicht erklären.
An dieser Stelle wären vertiefende Wiederholungsmessungen auch mit anderen
Proben notwendig gewesen.
5.3 Dielektrische Eigenschaften
Die Analyse der dielektrischen Eigenschaften liefert direkten Aufschluss über die
Materialeigenschaften des mit Lithiumperchlorat angereicherten Isolators. Sie erschließt sich über eine Messung der Kapazität eines aus diesem Isolator aufgebauten Kondensators. Aufgrund der Transportphänomene im Dielektrikum wird
eine starke Frequenzabhängigkeit erwartet. In Abbildung 5.15 wird die Messung
der Kapazität in einem Frequenzbereich von 20 Hz bis 120 MHz präsentiert. Dabei hat der Kondensator eine Elektrodenfläche von A = 7, 3 mm2 und eine Isolatorschichtdicke von dIns = 500 nm. Der Einfluss der Ionenleitung lässt sich
durch eine breite Variation des hinzugefügten Lithiumperchlorats von 0% bis
5.3. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN
119
18% sichtbar machen. Im gemessenen Frequenzbereich haben die hinzugefügten
Ionen einen so starken Einfluss auf die Kapazität des Kondensators, dass diese
bei kleinen Frequenzen um mehrere Größenordnungen ansteigt. Deshalb wird die
Abbildung um die logarithmische Darstellung (b) ergänzt.
Für hohe Frequenzen strebt die Kapazität aller Proben gegen einen Basiswert von ca. 500 pF , dessen untere Grenze durch die Probe mit 0% LiClO4
(schwarze Kurve) gegeben ist. Dabei zeigt die Kapazität der 0% Probe bis zu einer Frequenz von ca. 1 MHz keine Frequenzabhängigkeit. Oberhalb von 1 MHz
weisen alle Kurven einen starken Einbruch der Kapazität auf. Dieser Einbruch ist
bedingt durch Messaufbau und Probengeometrie. Die Tatsache, dass ein relativ
großer Kondensator mit einer Fläche von A = 7, 3 mm2 gewählt wurde, führt
auf der einen Seite zu deutlich messbaren Signalen, auf der anderen Seite aber zu
einer größeren Wahrscheinlichkeit, dass Punktdefekte auf der Kondensatorfläche
auftreten und damit das kapazitive Verhalten einbricht. Gleichzeitig wird es bei
höheren Frequenzen immer schwieriger, störendes Verhalten des Messaufbaus
abzuschirmen. Somit wird für die folgende Analyse der dielektrischen Eigenschaften der Messbereich oberhalb von 1 MHz ausgespart.
Insbesondere bei den Kondensatoren mit einer hohen Ionenkonzentration
(z. B. grüne Kurve mit 18% LiClO4 ) kann man für kleiner werdende Frequenzen einen Anstieg der Kapazität erkennen. Für niedrigere Salzkonzentrationen
beginnt dieser Anstieg bei immer kleineren Frequenzen und kann für Proben mit
c < 4% wegen der Beschränktheit des Frequenzmessbereiches nicht mehr detektiert werden. Dieser ionenkonzentrationsabhängige Anstieg bedeutet, dass z. B.
die Probe mit einem Salzanteil von 9% LiClO4 (orangene Kurve) bei einer Frequenz von 20 Hz eine um den Faktor 400 angestiegene Kapazität hat als die Probe
ohne Ionenzusatz. Die Diskussion der Materialeigenschaften des angereicherten
Isolators wird mit Hilfe der frequenzabhängigen dielektrischen Funktion geführt.
Dafür werden die Impedanzmesswerte, die der Kapazitätsmessung zugrunde liegen, mit den Gleichungen 2.18 und 2.19 aus Kapitel 2.2 in die komplexe dielektrische Funktion umgerechnet. Abbildung 5.16 zeigt in linearer Auftragung den
Real- (a) und Imaginärteil (b) von ε in Abhängigkeit von der Frequenz.
120
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
75.00n
0%
0.33%
0.5%
0.72%
50.00n
0.87%
C [F]
0.97%
1.17%
2.06%
4.0%
25.00n
5.9%
9.0%
12.9%
18%
0.00
100
1k
10k
100k
1M
10M
100M
1M
10M 100M
f [Hz]
(a)
100n
C [F]
10n
1n
100p
100
1k
10k 100k
f [Hz]
(b)
Abbildung 5.15: Frequenzabhängige Kapazität der ionenleitenden Kondensatoren in (a) normaler und (b) logarithmischer Darstellung. Zur Analyse des Salzeinflusses wurde die Konzentration des LiClO4 von 0% bis 18% variiert. Die Kapazität steigt deutlich in Abhängigkeit der Ionenkonzentration an, so z. B. um
mehr als 2 Größenordnungen bei der 18% Probe (grün) bei 20 Hz. Der Kondensator hat eine Elektrodenfläche von A = 7, 3 mm2 und eine Schichtdicke von
dIns = 500 nm.
5.3. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN
Re
500
250
0
121
0%
0.33%
0.5%
0.72%
0.87%
0.97%
1.17%
2.06%
4.0%
5.9%
9.0%
12.9%
18%
100
1k
10k
100k
1M
f [Hz]
(a)
150
Im
100
50
0
100
1k
10k
100k
1M
f [Hz]
(b)
Abbildung 5.16: Real- und Imaginärteil der dielektrischen Funktion des mit
LiClO4 angereicherten Isolatormaterials mit Variation der Ionenkonzentration
von 0% bis 18% in einem Frequenzbereich von 20 Hz bis 1 MHz.
122
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
Der bisher beobachtete Anstieg der Kapazität des Bauteils spiegelt sich im
Anstieg des Realteils der dielektrischen Funktion wider. Der gleichzeitige ionenkonzentrationsabhängige Anstieg des Imaginärteils bei niedrigen Frequenzen
macht mit Blick auf die Theorie aus Kapitel 2.2 klar, dass hier ein Relaxationsprozess stattfindet und kein rein isolierendes Material vorliegt. In Anbetracht des
Frequenzbereichs und der schon eingegrenzten Möglichkeiten dieses polymeren
mit Salz angereicherten Materials lässt sich schließen, dass sich hier bei niedrigen
Frequenzen der Ionentransportprozess zeigt. Vermehrte Ansammlung akkumulierter resultierender Ladung an den Grenzflächen des Isolatormaterials erhöhen
den Wert des Realteils. Durch den Wanderungsprozess bedingte Verlustprozesse
im Material sorgen dafür, dass auch der Wert des Imaginärteils steigt. In Summe
wird der Beitrag der Raumladungspolarisation zur dielektrischen Funktion bei
niedrigen Frequenzen deutlich sichtbar.
Deutlich wird jedoch auch, dass in dem hier vermessenen Frequenzbereich
der Ionentransport nur bei den Proben mit einer Ionenkonzentrationen c > 4%
gut sichtbar wird. Aus der Analogie des Verhaltens der Probenreihe lässt sich
schließen, dass Proben mit einer Salzkonzentration unter 4% dasselbe Verhalten
bei Frequenzen unterhalb von 20 Hz zeigen würden, eine quantitative Analyse
ist nicht möglich. Gleichzeitig sind die Proben mit hoher Ionenkonzentration genau jene, die sich nur schwer durch die in dieser Arbeit verwendete Methode
der Transistorstrommessung IDS (t) (Kapitel 5.2.1) charakterisieren ließen, da
sie durch die Messung innerhalb von 30 Sekunden häufig irreversibel zerstört
wurden. Die quantitative Analyse der Transientenmessung mit Hilfe der hier untersuchten dielektrischen Eigenschaften lässt sich anhand des Realteils der dielektrischen Funktion (Abbildung 5.17) in der logarithmischen Darstellung versuchen.
In dieser Abbildung ist es möglich, den bei 20 Hz noch gering ausgeprägten
Anstieg des Realteils für Proben geringer Ionenkonzentration relativ zum Wert
des Realteils des Referenzmaterials ohne Ionen (ca. ε ≈ 4) aufzulösen. Es zeigt
sich, dass Proben mit einer Ionenkonzentration unter 2% einen Realteil von ε < 7
haben. Die Proben mit einer hohen Ionenkonzentration zeigen die bereits diskutierte starke Erhöhung des Realteils um bis zu zwei Größenordnungen. Die geringste Frequenz, bei der die dielektrische Funktion in dieser Arbeit charakterisiert werden konnte, liegt bei 20 Hz. Damit ist noch nicht die zeitliche Auflösung
der Transientenmessung aus Kapitel 5.2.1 erreicht. Die messtechnisch bedingte minimale zeitliche Auflösung lag bei ca. 500 ms, was einer Frequenz von
5.3. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN
123
2 Hz entspricht. Die beiden Analysen lassen sich nicht zu einer quantitativen
Abschätzung zusammenbringen.
1000
Re
100
0%
0.33%
0.5%
0.72%
0.87%
0.97%
1.17%
2.06%
4.0%
5.9%
9.0%
12.9%
18%
10
1
100
1k
10k
100k
1M
f [Hz]
(a)
1000
Im
100
10
1
0.1
100
1k
10k
100k
1M
f [Hz]
(b)
Abbildung 5.17: Real- und Imaginärteil der dielektrischen Funktion des mit
LiClO4 angereicherten Isolatormaterials mit Variation der Ionenkonzentration
von 0% bis 18% in einem Frequenzbereich von 20 Hz bis 1 MHz in logarithmischer Darstellung.
124
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
Zusammenfassend bestätigt die Analyse der dielektrischen Funktion die Interpretation, dass in dem mit Salz angereicherten Isolator Ionen in Abhängigkeit
von der Konzentration und der anregenden Frequenz des angelegten elektrischen
Feldes driften. Dieser Ionentransportprozess ist Ursache für die Erhöhung der
dielektrischen Funktion sowie des Transistorstroms. Beide Größen wachsen um
einige Größenordnungen an. Nach der Analyse der Polarisationsmechanismen in
Kapitel 5.2.1 gehen wir davon aus, dass neben der eben beschriebenen Raumladungspolarisation auch die Orientierungspolarisation einen geringen Beitrag zur
dielektrischen Funktion bildet. Der Beitrag lässt sich jedoch in der Abbildung
5.17 nicht vom Beitrag durch den Ionentransportprozess trennen und somit nicht
quantitativ analysieren. Modellhaft können wir uns die Orientierungspolarisation des mit LiClO4 angereicherten Isolators wie folgt vorstellen: Das Lithiumatom hat im LiClO4 Molekül die Möglichkeit, 4 energetisch gleichberechtigte
Plätze zu besetzen. Im Falle eines extern anliegenden elektrischen Feldes ergibt
sich eine Vorzugsrichtung für die Anlagerung des Lithiumatoms in Feldrichtung.
Ein Beitrag zur Orientierungspolarisation kann also daher rühren, dass sich nicht
gelöste LiClO4 Moleküle im elektrischen Feld ausrichten.
Der hier gemessene erhöhte Wert der dielektrischen Funktion wird in dieser Arbeit nicht als Ausgangspunkt zur quantitativen Berechnung der Erhöhung
des Transistorstroms verwendet. Vielmehr soll über Beschreibung des dominierenden Ionentransportprozesses mit dem Drift- und Diffusionsmodell (Kapitel
3.1.1) die zeitliche Entwicklung der Größen simuliert werden (siehe auch die
Diskussion in Kapitel 3.2).
5.3.1 Gleichstromleitfähigkeit
Im Folgenden wird der Versuch präsentiert, aus den eben diskutierten Ergebnissen für die dielektrische Funktion Aufschluss über die Gleichstromleitfähigkeit
des ionenleitenden Materials zu bekommen. Dazu werden die Impedanzmessungen mit Hilfe von Gleichung 2.18 aus Kapitel 2.2 in die Leitfähigkeit umgerechnet. Abbildung 5.18 präsentiert den Realteil der Leitfähigkeit in Abhängigkeit
von der Frequenz in einem Messbereich von 20 Hz bis 1 MHz mit einer Variation
der Ionenkonzentration.
Die Analyse zeigt, dass die Leitfähigkeit frequenzabhängig ist. Dabei ist
ihr Verlauf zusätzlich stark von der Konzentration des hinzugefügten Salzes
abhängig. Bei den niedrigen Konzentrationen bildet sich in dieser Darstellung
5.3. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN
125
1E-3
0%
0.33%
1E-4
m]
1E-6
Re
[1/
0.5%
1E-5
0.72%
0.87%
0.97%
1.17%
1E-7
2.06%
4.0%
1E-8
5.9%
9.0%
1E-9
12.9%
18%
1E-10
100
1k
10k
100k
1M
f [Hz]
Abbildung 5.18: Logarithmische Darstellung der Leitfähigkeit in einem Frequenzbereich von 20 Hz bis 1 MHz mit einer Variation der Ionenkonzentration.
Bei den Proben mit einer hohen Ionenkonzentration bildet sich ein Plateauwert im
Leitfähigkeitsspektrum aus, dessen Lage von der Ionenkonzentration abhängt.
ein linearer Abfall heraus. Proben mit einer hohen Ionenkonzentration jedoch
weisen einen Plateauwert im Leitfähigkeitsspektum aus. Die Erfahrung mit der
Analyse der konzentrationsabhängigen dielektrischen Funktion wiederholt sich
hier, denn auch hier ist dieses Plateau erst ab einer Konzentration von 5, 9% erkennbar. Seine Lage im Spektrum hängt ebenso von der Ionenkonzentration ab.
So lässt sich für die 12, 9% Probe (graue Kurve) ein Plateauwert im Realteil der
Leitfähigkeit von σ ≈ 5, 8 · 10−6 /Ωm grob abschätzen. Bei der Probe mit 9%
LiClO4 (orangene Kurve) liegt dieser Wert nur noch bei ca. σ ≈ 1 · 10−6 /Ωm.
Analog zur Theorie der Gleichstromleitfähigkeit aus Kapitel 2.2.2 und Gleichung 2.23 wird nun diesem Plateauwert mit der bekannten Ionendichte eine Beweglichkeit der driftenden Ionenspezies zugeordnet. Unter der Annahme, dass
hier der Transportprozess der schnelleren Spezies detektiert wird, kann z. B.
der Leitfähigkeit der 9% Probe (orangene Kurve) eine Li+ Beweglichkeit von
2
µ+ ≈ 1 · 10−14 m
V s zugeordnet werden. Mit Blick auf Gleichung 2.23 zeigt sich
jedoch auch die Schwierigkeit mit dieser Interpretation. Die Beweglichkeit ist
umgekehrt proportional zur Ionendichte. Die zuvor ausgerechnete Beweglichkeit
126
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
wurde unter der Voraussetzung bestimmt, dass alle der polymeren Isolatorlösung
hinzugefügten Ionen am Transportprozess teilnehmen. Das widerspricht Erfahrungen mit Festkörperelektrolyten, die sich in der Literatur finden lassen. [44]
haben z. B. herausgefunden, dass in ihrer Anwendung nur einige Prozent des
hinzugefügten Salzes an der Ionenwanderung teilnehmen. Dieser Aspekt konnte jedoch in dieser Arbeit nicht abschließend geklärt werden (siehe Diskussion
in den Kapiteln 2.2.2 und 3.4.2). Durch die Analyse der dielektrischen Eigenschaften kann diese Frage nicht beantwortet werden. Der Einfluss dieser Frage
ist jedoch erheblich. Die Annahme, dass z. B. nur 10% hinzugefügten Ionen in
der festen Polymermatrix des Isolators am Transportprozess teilnehmen, erhöht
die abgeschätzte Beweglichkeit um eine Größenordnung.
Es bleibt offen, ob der nicht sehr deutlich ausgeprägte Plateauwert bei relativ hohen Frequenzen tatsächlich der Gleichstromleitfähigkeit aus der Theoriebetrachtung zugeordnet werden kann. Die Tatsache, dass zu niedrigen Frequenzen hin der Plateauwert von einer weiteren Abhnahme der Leitfähigkeit
überlagert wird (siehe Abbildung 5.18 z. B. graue Kurve unterhalb von 1 kHz),
deutet auf die Ausbildung blockierender Elektroden (siehe Kapitel 2.2.2 [42])
hin. Es muss vermutet werden, dass der extrahierte Plateauwert nicht der Gleichstromleitfähigkeit entspricht, sondern diese tatsächlich geringer ausfallen würde.
Somit liefert die hier vorgeführte Diskussion nur einen Anhaltspunkt für die
quantitative Abschätzung der Ionenbeweglichkeit.
5.3.2 Nyquist-Plot
Die Impedanzspektroskopie liefert noch eine weitere Methode, die Daten der
Kondensatormessung auszuwerten. Dazu werden die experimentellen Impedanzwerte in der Nyquistdarstellung mit einem Fit der Impedanz eines Ersatzschaltbildes des zu analysierenden Bauelements verglichen und diskutiert. Die typischen Erscheinungsformen von Nyquistdiagrammen wurden in Kapitel 2.2.2 vorgestellt. Der Imaginärteil der Impedanz wird dabei in Abhängigkeit vom Realteil
der Impedanz aufgetragen, die Frequenzinformation geht in dieser Darstellung
verloren. Abbildung 5.19 zeigt die Nyquistdiagramme der bisher diskutierten Daten für Proben mit einer hohen Ionenkonzentration.
In den Proben mit hoher Ionenkonzentration, die schon in den bisherigen Auswertungen den Ionentransport gezeigt haben, deutet sich der charakteristische
Halbkreis, gefolgt von einer Geraden an (siehe Abbildung 2.14). Diese Form des
5.3. DIELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN
127
-400.0k
ImZ
[
]
-600.0k
4,0%
-200.0k
5,9%
9,0%
12,9%
0.0
0.0
18,0%
300.0k
ReZ [
600.0k
]
Abbildung 5.19: Nyquistdiagramme für Proben mit einer hohen Ionenkonzentration. In dieser Darstellung deutet ein Halbkreis gefolgt von einer Geraden auf
einen Transportprozess hin (Kapitel 2.2.2).
Nyquistdiagramms lässt darauf schließen, dass sich das vermessene Bauteil im
Wesentlichen aus einer Parallelschaltung des Transportprozesses und dem Kondensator der blockierenden Helmholtzschichten an den Elektroden zusammensetzt. Je niedriger die Konzentration, desto weniger wird der Beitrag des Transportprozesses sichtbar. Schon die Probe mit einer Konzentration von 5, 9% (lilafarbene Kurve, Abbildung 5.19) zeigt kaum noch das charakteristische Erscheinungsbild mit dem linearen Anstieg, die Probe mit 4, 0% (dunkelblaue Kurve)
zeigt es gar nicht mehr. Damit wird deutlich, dass die Proben im gemessenen
Frequenzbereich in Abhängigkeit von ihrer Konzentration unterschiedlich interpretiert und mit einem Ersatzschaltbild wiedergegeben werden müssen.
Der Versuch, die Daten des Nyquistdiagramms durch ein Ersatzschaltbild zu
fitten, um auch eine quantitative Auswertung vollziehen zu können, stellt sich als
schwierig heraus, da zunächst keine quantitativen Anhaltspunkte bekannt sind.
Je komplexer das Ersatzschaltbild gewählt wird, desto mehr freie Parameter existieren für den Fitvorgang, was das Ergebnis der Fitroutine weniger belastbar
macht. An einem Beispiel wird trotzdem die Vorgehensweise präsentiert. Für
die experimentellen Daten wurde die Probe mit einer 9% LiClO4 Konzentrati-
128
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
on (Abbildung 5.20, graue Kurve) gewählt. Die Basis des Ersatzschaltbildes des
Bauelements ist nach Diskussion in Kapitel 2.2.2 durch Abbildung 2.14 gegeben.
Folgende Parameter existieren: die Kapazität der Elektroden CEl , der Elektrolytwiderstand Rct , die Warburg Impedanz W für den Ionentransportprozess, der
Kontaktwiderstand Rs und die Kapazität der blockierenden Helmholtzschichten Cdl . Das nichtideale Verhalten der letztgenannten blockierenden Helmhotzschichten wurde durch ein sog. constant phase element“ (CPE) wiedergegeben.
”
(Die Ursache hierfür ist in der Frquenzabhängigkeit solcher Schichten zu suchen.) Zur Durchführung des Fitvorganges wurde die Software EIS Spectrum
”
Analyser“ 2 verwendet [56]. Das Ergebnis zeigt die schwarze Kurve in Abbildung
5.20. Sie gibt grundsätzlich die Charakteristik des Nyquistdiagramms bestehend
aus einem Halbkreis gefolgt von einer Geraden wieder. Im Bereich des dominierenden Transportprozesses (linearer Anstieg für niedrige Frequenzen) treten
Abweichungen zwischen den experimentellen Daten und dem Fitergebnis auf.
Die quantitative Auswertung des Transportprozesses ist über den Wert für die
Warburg Impedanz möglich, der durch die Fitroutine ermittelt wird. Mit Blick auf
die zu verwendende Gleichung 2.25 für dieses Bauelement wird deutlich, dass sie
sowohl die Beweglichkeit der Li+ als auch die der ClO4− Ionen enthält. Da diese
jedoch im Nenner auftreten, wird eine ca. 10 bis 100 Mal langsamere Beweglichkeit der ClO4− Ionen diesen Ausdruck dominieren. Der ermittelte Koeffizient
2
Aω ≈ 1, 8 · 106 Ω/s0,5 lässt sich in eine Beweglichkeit von µ− = 1 · 10−20 m
Vs
umrechnen. Für die schnelleren Li+ Ionen ergibt das eine Beweglichkeit von ca.
2
µ+ = 1 · 10−18 m
V s . Verglichen mit bisherigen Abschätzungen ist dies ein niedriger Wert. Die Einschätzung hängt von einigen Annahmen ab, die hier getroffen
wurden:
1. Das Verhältnis der beiden Beweglichkeiten liegt im Bereich eines Faktors
10 bis 100.
2. Die gesamte, dem Isolator hinzugefügte Ionenmenge, kann am Transportprozess teil.
Wie auch in der Betrachtung für die Leitfähigkeit, ist gerade der letzte
Punkt ein großer Einflussfaktor, der die abgeschätzte Beweglichkeit um einige
Größenordnungen verändern kann. Unsere Analyse der Kondensatoren mit Hilfe
2 Diese
Software wurde für Fitroutinen und Simulationen von Nyqistdiagrammen aus Ersatzschaltbildern entworfen mit der Spezialisierung auf Bauelemente mit Transportprozessen.
5.4. LANGZEITMESSUNG AN KONDENSATOREN
129
-400k
-200k
ImZ
[
]
-300k
-100k
exp. Daten Probe 9%
gefittete Daten Probe 9%
0
0
100k
ReZ [
200k
]
Abbildung 5.20: Vergleich des Nyquistdiagramms der experimentellen und der
gefitteten Daten der Probe mit einer Anreicherung mit 9% LiClO4 . Die gute Wiedergabe der Kurvencharakteristik bestätigt die Annahme des ionischen Transportprozesses für das Bauelement.
der Impedanzspektroskopie lässt keine Bestimmung dieses Aspektes zu. Damit
kann auch die Auswertung des Nyquistdiagramms mit Hilfe der Diskussion eines Ersatzschaltbildes quantitativ nur grobe Abschätzungen zur Einordnung des
Geschehens im Bauteil geben. Die qualitative Wiedergabe der Kurvencharakteristik bestätigt jedoch die Annahme des ionischen Transportprozesses für das
Bauelement und das Phänomen der Raumladungspolarisation für das mit Salz
angereicherte Isolatormaterial.
5.4 Langzeitmessung an Kondensatoren
Die bisherigen Untersuchungen, insbesondere in Kapitel 5.2.2, bestätigen die Annahme, dass es sich beim ionenangereicherten Isolator im Transistorbauelement
um ein geschlossenes Material handelt, das keine Ionen oder Ladung aufnimmt
oder abgibt. Diese Tatsache macht eine Übertragung der Analyse des Geschehens
im Isolator der beiden Bauelemente Kondensatoren und Transistoren möglich.
130
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
Dabei haben Untersuchungen an den LiClO4 angereicherten Kondensatoren wie
im vorangegangenen Kapitel den großen Vorteil, dass ihre Reaktion auf externe
elektrische Felder frei von einer Überlagerung des zusätzlichen Einflusses des
Halbleiters sind. Dieser Vorteil wird auch bei den folgenden Langzeitmessungen an Kondensatoren ausgenutzt. Langzeitmessungen geben die Möglichkeit,
die Relaxation der Materie im Ganzen zu verfolgen, bis sie sich in einem neuen Gleichgewichtszustand befindet. Damit unterscheiden sie sich von den bisher vorgestellten Transientenmessungen an Transistoren, bei denen die Materie
durch die Wahl der Dauer des Einschaltvorgangs von üblicherweise ca. 30 Sekunden nicht in einem Gleichgewichtszustand gelangen kann.
Für die Untersuchung wird an einen Kondensator aus zwei metallischen Elektroden und eines mit Salz angereicherten Isolators eine Spannung U0 angelegt
und der Strom I0 in Abhängigkeit von der Zeit gemessen (Abbildung 5.21). Aufgrund des Ionentransportprozesses findet im Kondensator mit der Zeit eine Ladungsverschiebung zu den Elektroden hin statt. Die sich an den Grenzflächen
akkumulierende Ionenladung wird durch eine auf die Kondensatorplatten hinzufließende Ladung Q kompensiert, die als Integration des Stromsignals I0 gemessen werden kann. Die messbare Ladungsmenge Q ist damit ein direktes Maß für
die akkumulierte Ladungsmenge der Ionen. Das Antwortsignal des Stromes zeigt
üblicherweise ein stark überhöhtes Anfangssignal, gefolgt von einem allmählich
abfallenden Anteil. Um die vollständige Relaxation der Materie beobachten zu
können, muss über einen sehr langen Zeitraum gemessen werden. Für die Analyse wurden Kondensatoren mit einer Isolatorschichtdicke von 500 nm gewählt.
Die Ursache für die abfallende Charakteristik des Kondensatorstroms liegt im
Ionentransportprozess. Dieser findet solange statt, bis die akkumulierte Ladung
ein internes elektrisches Feld erzeugt, das das extern angelegte elektrische Feld
abschirmt. Mit der Abschirmung kommt der Ionentransportprozess zum Erliegen
und das Material hat einen neuen Gleichgewichtszustand erreicht. Es stellt sich
nun die Frage, ob es sich bei dem mit der Zeit abfallenden Stromsignal um einen
einfachen exponentiellen Zusammenhang handelt, dem eine einzelne Zeitkonstante zugeordnet werden kann. Dieser wäre zu erwarten, wenn es sich um den
Transportprozess einer einzelnen Ionensorte mit nur einer Driftgeschwindigkeit
handeln würde. Die Analyse ergibt, dass es hier nicht der Fall ist und bestätigt
damit die Diskussion und Herangehensweise der theoretischen Betrachtung des
Ionentransportprozesses (siehe Diskussion in zu Beginn des Kapitels 3).
In einem weiteren Schritt stellt sich die Frage nach der Abhängigkeit der auf
die Platten fließenden Ladungsmenge Q von der an den Kondensator angelegte
5.4. LANGZEITMESSUNG AN KONDENSATOREN
131
Abbildung 5.21: Langzeitmessung an Kondensatoren. An einen Kondensator
wird eine Spannung U0 angelegt und der Strom I0 in Abhängigkeit von der Zeit
gemessen. Um die vollständige Relaxation der Materie beobachten zu können,
muss über einen sehr langen Zeitraum gemessen werden. Die Integration über das
Stromsignal ergibt die auf die Platten geflossene Ladung Q.
Spannung U0 . Setzt man die Ladung Q in Relation zu der durch Anreicherung des
Isolators maximal möglich fließenden Ionenladung (Qmax ∝ % ∝ c), beobachten [44] ein Sättigungsverhalten mit steigender Spannung U0 . Erklärt wird diese
Sättigung damit, dass eine weitere Erhöhung der Spannung keine weitere Mobilisierung der Ionen zur Folge hat, sondern die Menge an beweglicher Ionenladung
bedingt durch die molekulare Bindung in der polymeren Isolatormatrix begrenzt
ist. Abbildung 5.22 zeigt das Ergebnis der entsprechenden Untersuchung dieser
Arbeit, bei der ein mit LiClO4 angereicherter Kondensator mit der Ionenkonzentration c = 0, 3% gewählt wurde.
Im Spannungsbereich von U0 = 20 V bis U0 = 120 V steigt das
Verhältnis Q/Qmax mit steigender angelegter Spannung U0 an. Dabei variiert
das Verhältnis Q/Qmax im untersuchten Bereich von ca. 1% bis ca. 30% und
liegt damit quantitativ in der selben Größenordnung wie [44]. Wird z. B. eine
Spannung von U0 = 80 V angelegt, so akkumulieren ca. 10% der in den Isolator hinzugefügten Ionen (dunkelblauer Datenpunkt). Die Ursache für den Anstieg
132
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
0.2
Q/Q
max
[a.u.]
0.3
0.1
0.0
0
20
40
60
U
0
80
100
120
140
[V]
Abbildung 5.22: Spannungsahängigkeit der Kondensatorplattenladung. Für einen
Kondensator mit der Ionenkonzentration c = 0, 3% steigt das Verhältnis von Q zu
Qmax nahezu linear mit der angelegten Spannung U0 an.
der Ladungsmenge mit der Spannung U0 liegt im Anstieg des internen Feldes der
Akkumulationsladung, das benötigt wird, um das externe Feld abzuschirmen. Im
Gegensatz zu den Untersuchungen in [44] zeigt die Abhängigkeit hier jedoch
keine Sättigung. Allerdings war der Bereich von U0 > 120 V experimentell
nicht zugänglich. Die LiClO4 Kondensatoren dieser Arbeit halten einer größeren
Spannung über einen Zeitraum von t > 1000 s nicht stand. Die Bildung hoher
interner elektrischer Felder aufgrund der Ionenakkumulation führte wiederholt
zur Zerstörung der Proben. Es war nicht möglich, die gesamte dem Ionenwanderungsprozess zur Verfügung stehende Ionenmenge, die nur ein Bruchteil der
hinzugefügten Ionenmenge sein kann, durch diese Analyse zu bestimmen.
5.5 Simulierte Transistorströme
Die bisher diskutierten Experimente und Analysen des Kapitels 5 bestätigen, dass
in dem mit LiClO4 Salz angereicherten Isolator ein Transportprozess stattfindet,
wenn ein elektrisches Feld angelegt wird. Der Transportprozess bleibt auf den
Isolator beschränkt, da die Ionen bei mäßiger Ionenanreicherung und moderaten
5.5. SIMULIERTE TRANSISTORSTRÖME
133
Spannungen nicht in die angrenzenden Materialien hineindiffundieren können.
Diese Geschlossenheit des Isolators hat zur Folge, dass die Ionen an den Isolatorgrenzflächen akkumulieren. Die akkumulierte Grenzflächenladung der Raumladungspolarisation verändert damit das interne elektrische Feld und Potential im
Isolator. Durch Abschirmung des extern angelegten elektrischen Feldes verringert der Transportprozess den Motor der Ionenbewegung. Qualitativ zeigen erste
Vergleiche, dass das Drift- und Diffusionsmodell für den Transportprozess, das in
Kapitel 3 ausführlich entwickelt und diskutiert wurde, die richtigen Charakteristiken zeigt und angewendet werden kann. Im Folgenden wird untersucht, inwieweit sich der quantitative Vergleich der Ergebnisse der LiClO4 angereicherten
Transistoren mit den Simulationen des Drift- und Diffusionsmodells ziehen lässt.
Voraussetzung für einen Vergleich von Simulation und Experiment ist die
Wahl der selben Parameter, was der folgenden Detailbetrachtung bedarf. Das Experiment besteht aus den in Kapitel 5.2 vorgestellten Transientenmessungen an
Transistoren mit einer Variation der Ionenkonzentration. Aus dem Experiment
ergeben sich die Parameter für die Spannungen, die an das Bauelement angelegt
werden, und die Länge des Einschalt- und Ausschaltvorgangs:
• Einschaltvorgang: ca. 10 s − 60 s: UDS = −0, 5 V und UGS = −5 V
• Ausschaltvorgang: ca. 60 s − 180 s: UDS = −0, 5 V und UGS = 0 V
Die Transistoren werden durch die Wahl der Schichtdicken (dIns = 500 nm und
dHl = 40 nm) sowie der Strukturauflösung (W/L = 1500 µm/5 µm = 300)
festgelegt. Mit Blick auf die Parametervorstellung des Modells in Kapitel 3.3
und der Diskussion ihres Einflusses in Kapitel 3.4 bleiben nun drei wichtige Simulationsparameter: Halbleiterbeweglichkeit, Ionendichte und die jeweilige Ionenbeweglichkeit. Die bisherigen Erkenntnisse über diese Parameter werden im
Folgenden zusammengefasst.
In Kapitel 3.4 ist herausgearbeitet worden, dass die Halbleiterbeweglichkeit
aufgrund eines linearen Zusammenhangs einen starken Hebel für den absoluten
Wert des Transistorstroms IDS darstellt, jedoch nicht in die Dynamik desselben
eingeht. Das Ziel, diesen wichtigen Parameter experimentell zu bestimmen, wurde in Kapitel 5.2.2 mit Anlegen einer Wechselfeldgatespannung verfolgt und ist
nur teilweise gelungen. Dabei treten zwei gegensätzliche Aspekte auf: Entweder werden hohe Frequenzen gewählt, die die Ionenakkumulation an den Grenzflächen des Halbleiters vermeiden. In einem solchen Regime kann die Halbleiterbeweglichkeit bestimmt werden, was im Experiment (Kapitel 5.2.2) auf die
Proben mit niedriger Ionenkonzentration zutrifft. Diese Halbleiterbeweglichkeit
134
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
kann sich jedoch von jener unterscheiden, die im oben genannten Transientenexperiment über einen Zeitraum von t ≈ 30 s herrscht. Oder aber man lässt Ionenwanderung während des Experiments zu, was dazu führt, dass bei den daraus
gewonnenen Kennlinien keine Bestimmung der Halbleiterbeweglichkeit durchgeführt werden kann. Der Parameter entzieht sich somit einer experimentellen
Bestimmung. Zudem besteht das Problem, dass die Halbleiterbeweglichkeit im
Bauelement keine Materialkonstante sondern ein gatespannungsabhängiger Parameter ist (siehe Kapitel über Halbleiterbeweglichkeit in Transistoren 2.1.2). Es
ist also wahrscheinlich, dass sich die Ladungsträgerbeweglichkeit im Laufe der
zeitabhängigen Messung ändert, da sich auch das interne elektrische Feld mit der
Ionenwanderung ändert. Für die im Folgenden präsentierten Simulationen wurde
eine Ladungsträgerbeweglichkeit in der Größenordnung des Referenztransistors
gewählt, da im Experiment (Kapitel 5.2.2) die Proben mit einer hohen Ionenkonzentration vergleichbare Werte aufwiesen (siehe Abbildung 5.11). Mit dieser
Vorgehensweise setzt man einen vernachlässigbaren Einfluss des Elektrolytisolators auf die Halbleiterbeweglichkeit voraus.
Bei der Ionendichte handelt es sich zunächst um die in den Isolator hinzugefügte Dichte des LiClO4 Salzes. Wie bereits zitiert finden sich in der Literatur Belege, dass nicht die gesamte dem Isolator hinzugefügte Menge eines
leitfähigen Salzes am Ionentransport teilnehmen können, da die Ionen in unterschiedlicher Weise an das Matrixmaterial gebunden sind [44]. Der experimentelle Versuch, den Anteil η der beweglichen Ionen an der Gesamtdichte % zu
ermitteln, wurde mit den Langzeitmessungen von Kondensatoren durchgeführt
(Kapitel 5.4). Er schlug fehl, da sich selbst bei einer deutlichen Erhöhung der an
den Kondensator angelegten Spannung kein Sättigungsverhalten für die akkumulierte Ladung zeigte. Nur das Auftreten eines Sättigungswertes für den Fall, dass
das externe Feld noch nicht komplett abgeschirmt wird, wäre ein Beleg für die
Begrenzung des Anteils der beweglichen Ionen gewesen. Die Ionendichte beeinflusst Dynamik und Absolutwerte des Transistorstroms IDS (Kapitel 3.4.2). Da
keine Belege für die Größe des Faktors η vorliegen, werden bei der Simulation
verschiedene Herangehensweisen präsentiert.
Wie die Ionendichte spielt die Ionenbeweglichkeit sowohl für die Dynamik
der Transientenkurven als auch für die Absolutwerte des Transistorstroms eine
wichtige Rolle (Kapitel 3.4.3). Da Li+ und ClO4− Ionen im elektrischen Feld
driften, werden ihnen entsprechend die Beweglichkeiten µLi+ und µClO− zuge4
ordnet. Die Detailanalysen des Simulationsmodells zeigen, dass nicht nur die
Größe der einzelnen Beweglichkeit, sondern auch die relative Größe der bei-
5.5. SIMULIERTE TRANSISTORSTRÖME
135
den Beweglichkeiten zueinander von Bedeutung ist. Die Ursache dafür liegt in
der Kopplung der Bewegung der beiden Ionensorten, die aufgrund ihrer gegensätzlichen Ladung eine anziehende Kraft aufeinander ausüben. Die experimentellen Bestimmungen der beiden Ionenbeweglichkeiten wurde vor allem
durch Auswertung der dielektrischen Eigenschaften des Isolatormaterials (Kapitel 5.3) durchgeführt. Die mit zwei verschiedenen Analyseansätzen geführte Diskussion kam nicht zu einer einheitlichen und klaren Vorstellung für die Größe der
Beweglichkeiten. Vor allem die Verkettung mit der Frage nach dem Anteilsfaktor
η (siehe oben, Ionendichte) lässt die experimentelle Bestimmung der Ionenbeweglichkeit offen.
Betrachtet man die Ionenbeweglichkeiten als Parameter, die aus dem Vergleich zwischen Simulation und Experiment bestimmt werden sollen, so ergeben sich aus dem eben erläuterten Unsicherheiten bezüglich der Parameterbestimmung noch drei Hauptfragen: Erstens die Frage nach dem Skalierungsfaktor µHl , zweitens die Frage nach dem Anteilsfaktor η für die beweglichen Ionen
und drittens noch die grundsätzliche Frage danach, ob die Transientenmessungen
tatsächlich von der Bewegung beider Ionensorten charakterisiert werden, oder ob
nicht sogar die Bewegung einer den Prozess dominierenden Ionensorte ausreicht.
Diese Fragen sind im Grunde identisch mit den Fragestellungen an die Analyse
des Drift- und Diffusionsmodells in Kapitel 3.5. Sie konnten durch die experimentelle Analyse nicht hinreichend geklärt werden. Die folgenden Beispiele für
Simulationen zu experimentellen Kurven belegen das Problem des quantitativen
Vergleichs zwischen Simulation und Experiment anschaulich.
Abbildung 5.23 zeigt eine Reihe von Transientenmessungen (Kurven dunkler Farbe) für Proben mit niedriger Ionenkonzentration. Die Abbildung wurde
ergänzt durch die Ergebnisse der verschiedenen Simulationen (korrespondierende helle Farbe), bei der die Ionenbeweglichkeiten und die Halbleiterbeweglichkeit als Fitparameter verwendet wurden und von Kurve zu Kurve unterschiedlich sind. Der Simulation zugrunde liegt jeweils ein 2-Ionenprozess, bei der
die Dichte der beweglichen Ionen deutlich um den Faktor η verringert wurde. Für die grüne Kurve mit einer Ionenkonzentration von c = 1% und einem
2
η = 10−4 ergeben sich folgende Ionenbeweglichkeiten: µLi+ = 4 · 10−14 m
Vs
2
und µClO− = 5 · 10−16 m
V s . Bei dieser Simulation wurde eine Halbleiterbeweg4
2
lichkeit von µHl = 4, 3 · 10−7 m
V s gewählt. Der Einschaltvorgang der experimentellen Kurven wird gut durch diesen Prozess wiedergegeben. Die schnellen Li+
machen den Sprung in der Transienten der allerersten Sekunden des Vorgangs
136
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
0.0
c=0%
0.3%
-20.0n
[A]
0.7%
I
SD
0.9%
1.0%
-40.0n
dunkle Farbe: experimentelle Daten
-60.0n
helle Farbe: Simulation
0
30
60
t [s]
Abbildung 5.23: Vergleich zwischen simulierten (helle Farben) und experimentellen (korrespondierende dunkle Farbe) Transienten. Beide Ionensorten nehmen
am Transportprozess teil. Der Anteil η der beweglichen Ionen liegt konzentrationsabhängig bei η < 10−3 (grüne c = 1% Kurve η = 10−4 ). Besonders im
Ausschaltvorgang ergeben sich deutliche Abweichungen.
aus. Dahingegen wird die Dynamik beim Ausschaltvorgang nicht wiedergegeben. Abbildung 5.24 demonstriert, wie die grüne experimentelle Kurve mit der
Simulation eines 1-Ionenprozesses genähert werden kann.
Der Faktor η wurde für diese Simulation halbiert (η = 5 · 10−4 ), die Ionen2
beweglichkeit liegt bei (µIon = 1 · 10−15 m
V s ) und die Halbleiterbeweglichkeit
2
wurde erhöht (µHl = 8 · 10−7 m
V s ), wodurch der instantane Sprung auf einen
Transistorstrom von ca. IDS ≈ 37 nA ermöglicht wird. Auch hier wird die Dynamik während des 30 Sekunden dauernden Einschaltvorgangs gut wiedergegeben.
Besonders für den Ausschaltvorgang zeigt die simulierte Kurve nun wesentlich
geringere Abweichung, die Charakteristik ist gut getroffen.
Abbildung 5.25 ergänzt die Diskussion noch um ein Beispiel für eine höhere
Konzentration, die ebenfalls mit einem 1-Ionenprozess simuliert wurde. Bei dieser Simulation war jedoch die Voraussetzung, dass alle in den Isolator hinzugefügten Ionen wandern können (η = 1). Bis auf Abweichungen beim Aus-
5.5. SIMULIERTE TRANSISTORSTRÖME
137
0.0
I
DS
[A]
-20.0n
-40.0n
c=1.0%
dunkle Farbe: experimentelle Daten
-60.0n
helle Farbe: Simulation
0
30
60
t [s]
Abbildung 5.24: Vergleich zwischen experimenteller Transienten und der Simulation eines 1-Ionenprozesses für die grüne c = 1% Kurve. Der Anteil η der
beweglichen Ionen liegt η = 10−4 .
schaltvorgang wird auch hier die Dynamik der experimentellen Kurve gut wiedergegeben.
Die Simulationsbeispiele zeigen deutlich, dass aufgrund der nicht geklärten
Fragestellungen bezüglich der physikalisch relevanten Parameter Halbleiterbeweglichkeit, Ionendichte und Ionenbeweglichkeit, eine quantitativ belastbare Simulation nicht möglich ist. Wie schon in Kapitel 3.5 des Drift- und Diffusionsmodells festgehalten, macht dies das Ergebnis beliebig. Eine quantitative Auswertung der experimentellen Ergebnisse der LiClO4 Transistoren, wie z. B. die
Ermittlung der Ionenbeweglichkeiten, ist mit Hilfe der Simulation des Drift- und
Diffusionsmodells nicht möglich. Es bleibt die Bestätigung des im Isolator stattfindenden Ionentransportprozesses, der mit Hilfe des Drift- und Diffusionsmodells qualitativ charakterisiert werden kann.
138
KAPITEL 5. IONENANGEREICHERTE TRANSISTOREN
-400.0n
DS
[A]
0.0
I
c=4.0%
dunkle Farbe: Experiment
-800.0n
helle Farbe: Simulation
0
50
100
150
t [s]
Abbildung 5.25: Vergleich zwischen Experiment und Simulation mit einem 1Ionenprozess bei einer Probe mit einer Ionenkonzentration von c = 4% und η =
2
1. Die Ionenbeweglichkeit liegt bei µIon = 1, 2 · 10−17 m
.
Vs
6 Zusammenfassung und
Ausblick
Das Thema dieser Arbeit gliedert sich in die gezielte Verbesserung organischer Transistoren mit Hilfe ionenleitender Isolatoren und die Modellanalyse des Ionentransportprozesses. Das Ergebnis sind Transistoren, die durch die
Anreicherung des Isolatormaterials mit LiClO4 Salz eine deutliche Erhöhung
der Transistorströme aufweisen. Die durch die Ionenleitung bedingte ausgeprägte Zeitabhängigkeit prägt das Schaltverhalten der Transistoren. Für das
Verständnis der Transistorcharakteristik wurde ein Drift- und Diffusionsmodell
des Ionentransportprozesses entwickelt, das eine Simulation der Transistorströme
ermöglicht.
Ausgangspunkt sind Transistoren, die bis auf die Elektroden aus organischem
Material bestehen. Die auf flexiblem PET Substrat aufgebauten p-Typ Transistoren mit Polythiophen als Halbleiter erreichen eine reproduzierbare Charakteristik unter Verwendung des polymeren Isolatorgemischs. Entwicklungsstand zu
Beginn dieser Arbeit waren Transistoren, bei denen sich durch Schaltung der
Gatespannung von UGS = 0 V auf UGS = −20 V typischerweise Transistorströme von IDS = 10 nA auf IDS = 4 µA erzielen lassen. Durch Anreicherung des Isolatormaterials mit LiClO4 Salz wurden in dieser Arbeit Transistoren
entwickelt, die ein um den Faktor 100 verbessertes Schaltverhalten zeigen. Die
damit verbundene Erhöhung der Transistorströme führt erfolgreich zu einer Reduktion der Schaltspannungen. Zur Referenz baugleiche Transistoren können mit
niedrigeren Spannungen (UGS = −5 V und UDS = −5 V ) bei gleichbleibenden
Transistorströmen (IDS = 6 µA) betrieben werden. Eine Beibehaltung der restlichen Materialien und Prozessparameter gewährleistet eine einfache Integration
des modifizierten Isolators in das bestehende Transistorbauelement.
Die Transistorströme IDS der mit LiClO4 Salz angereicherten Transistoren
weisen neben der Erhöhung ein ausgeprägtes zeitabhängiges Verhalten auf. Die
Untersuchungen beweisen, dass die Ursache für dieses Zeitverhalten in dem im
140
KAPITEL 6. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Isolator stattfindenden Ionentransportprozess der positiven Li+ Ionen und der
negativen ClO4− Ionen liegt. Zum Einen weisen die transienten Transistorcharakterisierungen eine für einen Ionentransportprozess typische Zeitdauer von mehreren Sekunden für die Änderung des Stromes IDS auf. Bei Variation der Ionenkonzentration zeigt sich zudem eine Veränderung der Kurvendynamik mit
gleichzeitiger Erhöhung des Transistorstroms. Abschätzungen belegen, dass diese starke Einflussnahme im Wesentlichen nicht von einer Verstärkung der Orientierungspolarisation, sondern der Raumladungspolarisation herrührt, die mit dem
Transportvorgang verbunden ist. Desweiteren zeigt die Analyse der Temperaturabhängigkeit der LiClO4 Transistoren mit steigender Temperatur eine schnellere Dynamik und ein Ansteigen der Ströme. Diese Tatsache lässt sich nur im
Bild des Ionentransportprozesses erklären, dem ein Hopping-Prozess der Ionenbewegung zugeordnet wird. Die für den Hopping-Prozess charakteristische Beweglichkeit steigt mit der Temperatur an und erzeugt dadurch eine schnellere
Dynamik der Transienten. Ergänzend macht ein Vergleich von Transistoren, die
mit den drei verschiedenen Perchloraten LiClO4 , N aClO4 und KClO4 angereichert wurden, einen entscheidenden Einfluss der jeweiligen Kationen (z. B.
Li+ ) sichtbar, dem ein separater Beitrag der Anionen ClO4− überlagert ist. Beide Ionensorten haben eine unterschiedliche Masse und Größe. Zusammen mit
der Beobachtung der Zweiteiligkeit der Dynamik der Transientenkurven bei Variation der Ionenkonzentration wird die Schlussfolgerung gezogen, dass beide
Ionensorten einem Transportprozess mit unterschiedlichen Beweglichkeiten (µ+
und µ− ) unterliegen.
Die LiClO4 Transistoren weisen eine gute, zeitliche Stabilität auf, denn sie
zeigen weder eine Erhöhung der Off -Ströme noch der durch den Isolator fließenden Gateströme IG . Die Erhöhung der Off -Ströme würde auf die Dotierung
des Halbleiters durch ursprünglich dem Isolator hinzugefügte Ionen schließen
lassen. Dass eine solche Dotierung nicht stattfindet, belegen die niedrigen Off Ströme der Transistoren sowie das Gegenexperiment, bei dem der Halbleiter
mit LiClO4 Salz angereichert ist. In diesem Falle steigen die Off -Ströme wegen der stattgefundenen Halbleiterdotierung stark an, was konträr zum Ergebnis
des Transistorverhaltens des Ursprungsexperiments mit angereichertem Isolator
ist. Niedrige Gateströme IG schließen die Bildung von Stromleckpfaden durch
den Isolator hindurch aus. Der Isolator gibt keine Ionen ab. Die Analyse der Ladungsträgerbeweglichkeit unter Einfluss eines mit Ionen angereicherten Isolators
bestätigt zudem, dass die Löcher im Kanal nicht wesentlich durch die Präsenz der
Ionen beeinflusst werden. Es findet soweit feststellbar keine relevante Streuung
141
oder gar Ladungsvernichtung zwischen negativen Ionen im Isolator und positiven Löchern im Kanal statt. Mit dieser Analyse ist die Betrachtung des Isolators
als geschlossenes System gerechtfertigt, was eine wesentliche Voraussetzung für
die Modellbildung des Transportvorgangs darstellt.
Die aus der Impedanzspektroskopie gewonnenen dielektrischen Eigenschaften des mit Ionen angereicherten Isolators zeigen den Anstieg des Beitrags
der Raumladungspolarisation. Sowohl Real- als auch Imaginärteil der frequenzabhängigen dielektrischen Funktion steigen in Abhängigkeit der Ionenkonzentration für niedrige Frequenzen charakteristisch an. Die Analyse der Leitfähigkeit
sowie die Nyquistdarstellung der Impedanzwerte mit Ersatzschaltbildanalyse ergeben keine quantitativ übereinstimmende Analyse der Ionenbeweglichkeiten.
Zur künftigen Durchführung der quantitativen Analyse der dielektrischen Spektroskopie ist eine Messerweiterung hin zu niedrigeren Frequenzen unter 20 Hz
unerlässlich. In diesem Frequenzbereich ist es möglich, den Ionentransportprozess auch für Proben mit niedriger Ionenkonzentration auszuwerten. Durch gelungene Anwendung vor allem der Nyquistdarstellung konnte qualitativ der Ionentransportprozess im Isolator mit Ausbildung der blockierenden Helmholtzschichten an den Grenzschichten bestätigt werden.
Die Ionen beider Sorten unterliegen in einem externen elektrischen Feld (z. B.
dem der Gatespannung) einem Driftprozess, der zeitliche Entwicklungen der Ionendichten % und Ionenstromdichte j zur Folge hat. Aus einer räumlich nicht
konstanten Ionendichte folgt zusätzlich ein Diffusionsprozess als treibende Kraft
für den Transport, der dem Driftprozess entgegen wirkt. Die Tatsache, dass sich
die Ionen der beiden Sorten aufgrund ihrer entgegengesetzten Ladung anziehen,
führt zudem zu einer gekoppelten Bewegung. In Folge des Ionentransportprozesses und des als geschlossen betrachteten Isolators akkumulieren sich die Ionen
an den Grenzflächen des Isolators. Bedingt durch die unterschiedlichen Ionenbeweglichkeiten findet die Akkumulation mit einer deutlichen Asymmetrie an den
beiden Grenzflächen statt. Zur Berechnung dieser transienten Transportprozesse
wurde in dieser Arbeit eine numerische Simulation entwickelt, in der Drift, Diffusion und Raumladungsfelder beider Ionensorten im Rahmen eines Kontinuummodells berücksichtigt und berechnet werden. Zeitabhängig liefert sie das resultierende Potential und das elektrische Feld über die gesamte Breite des Isolators.
Das elektrische Feld im Isolator an der Grenzfläche zum Halbleiter beeinflusst
maßgeblich die Ladungsträgerdichte im leitfähigen Kanal des Transistors. Als
Resultat der Simulation der Ionentransportprozesse kann damit die zeitabhängige
Veränderung des Transistorstroms IDS simuliert werden.
142
KAPITEL 6. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Mit Hilfe der Simulation wurde der Einfluss verschiedener physikalischer Parameter auf den Transistorstrom IDS untersucht. Als Basis für die Simulation
dient dabei ein Schaltexperiment, welches das Ein- und Ausschalten einer Gatespannung von UGS = −5 V über jeweils mindestens 30 Sekunden nachbildet.
Es zeigt sich, dass die Halbleiterbeweglichkeit lediglich ein Skalierungsfaktor
der gesamten Transistorstromkurve ist. Dahingegen ist belegt, dass sich die Ionendichte und die Ionenbeweglichkeiten sowohl auf die Dynamik der Transiente
als auch auf die absolute Höhe des Transistorstromes auswirken. Im Falle der
Ionenbeweglichkeiten ist nicht nur die Größe der einzelnen Beweglichkeiten (µ+
und µ− ) relevant, sondern aufgrund der gekoppelten Bewegung beider Ionensorten auch das Größenverhältnis der beiden Beweglichkeiten zueinander.
Der Ansatz, die Simulation zur quantitativen Auswertung der experimentellen Transienten zu nutzen, um insbesondere die Ionenbeweglichkeiten ermitteln
zu können, schlug fehl. Messtechnische Unzulänglichkeiten und die Menge zu
bestimmender Konstanten wie der Halbleiterbeweglichkeit oder der für den Ionentransport relevanten Ionendichte sorgen dafür, dass die Simulation unterbestimmt bleibt, was zu einer Mehrdeutigkeit bezüglich des Ergebnisses für die
Parameter führt. Um künftig den quantitativen Vergleich zwischen Simulation
und Experiment durchführen zu können, ist es notwendig, die Parameter experimentell zu bestimmen. Der Anteil der am Transportprozess teilnehmenden Ionen
lässt sich über Kondensatormessungen z. B. mit Bauteilen mit sehr viel dickerer
Isolatorschicht bestimmen. Für die Ermittlung der Halbleiterbeweglichkeit ist es
notwendig, die Messfrequenzen der Wechselfeldspannung zu erweitern und eine
feldabhängige Beweglichkeit über eine breite Feldvariation zu bestimmen. Dies
ist aus messtechnischen Gründen hier nicht durchgeführt worden.
Die Simulation gibt qualitativ das Ergebnis des Experiments gut wieder. Sie
bestätigt damit die Modellvorstellung über den Ionentransportprozess innerhalb
des Isolators. In den mit LiClO4 Salz angereicherten Transistoren findet ein
Drift- und Diffusionsprozess zweier Ionensorten statt. Die daraus resultierende Ionenakkumulation an den Grenzflächen des Isolators verursacht ein internes
elektrisches Feld, das seinerseits das externe, die Ionen treibende Feld schwächt,
bis der Transportprozess komplett zum Erliegen kommt. Die starke Überhöhung
des Feldes an den Grenzflächen des Isolators bewirkt eine analoge Überhöhung
der Ladungsträgerdichte im leitfähigen Kanal des Halbleiters und damit des Transistorstroms. Die Zeitabhängigkeit des Prozesses hat seine Ursache im Transport,
genauer in Ionendichte und Ionenbeweglichkeiten. Im Experiment mit der jeweils
30 Sekunden dauernden Ein- und Ausschaltphase sorgt die schnellere der beiden
143
Ionenbeweglichkeiten für einen gewünschten, schnellen Anstieg des Transistorstroms. Die langsamere Ionenbeweglichkeit verursacht eine zusätzliche langfristige Stromänderung und beeinflusst insbesondere den Ausschaltvorgang. Aufgrund der Wechselwirkungen ist eine getrennte Betrachtung der beiden Schaltphasen nicht möglich.
Als Gesamtergebnis kann geschlossen werden, dass die Entwicklung von
LiClO4 Transistoren insgesamt zur Reduktion der Schaltspannungen bei gleichbleibenden Transistorströmen führt. Die Etablierung eines Modells des Ionentransportprozesses ermöglicht die Simulation des Transistorverhaltens.
Der erfolgreiche Einsatz solcher Transistoren in Schaltungen hängt wesentlich von der verwendeten Schaltung ab. Ziel eines künftigen Einsatzes muss es
sein, den Vorteil der erhöhten Ströme zu nutzen, ohne den Nachteil der langfristigen Zeitabhängigkeit zu spüren. Um einen zeitlich irreversiblen Ionendrift
zu vermeiden, müssen z. B. Wechselschaltungen symmetrisch um UGS = 0 V
geschaltet werden. Die Wahl entsprechender Schaltfrequenzen ermöglicht eine
Ausnutzung der hohen Ströme ohne langfristige Stromänderung. Dabei hängt die
Wahl der Schaltfrequenz von der Ionenkonzentration ab. Bei einer Probe dieser
Arbeit mit einer Ionenkonzentration von c = 2% würde eine Schaltfrequenz von
1Hz passend sein. Statt Ionendrift der langsameren Ionensorte zu unterdrücken,
bietet sich alternativ die Entwicklung ionenleitender Transistoren an, bei denen Ionen an der Grenzfläche chemisch eingefangen und immobilisiert werden.
Ein Einfangen und Freigeben der Ionen z. B. bei bestimmten Gatespannungen
ermöglicht bistabiles Transistorschaltverhalten und damit den Einsatz des ionenleitenden Transistors als Speicher.
7 Summary and Outlook
This work falls into two categories: on the one hand the improvement of organic
field effect transistors using ion conducting insulators and on the other hand the
model based analysis of the ionic transport process. The results are transistors that
show a strong increase of their currents due to the enrichment of the insulator
with LiClO4 salt. The switching behaviour of the transistors is dominated by
the strong time dependence of the ionic conduction. In order to understand the
transistor characteristic a drift and diffusion model was developed of the ionic
transport process that allows a simulation of transistor currents.
The improvement is based on transistors containing of organic material besides the electrodes. The p-type transistors with Polythiophene as semiconductor
material are based on a flexible PET substrate. Using a typical organic insulator
mix they reach a reproducible characteristic. At the beginning of this work it was
possible to rise the transistor current IDS from IDS = 10 nA up to IDS = 4 µA
by switching the gate voltage from UGS = 0 V to UGS = −20 V . By enrichment of the insulator with LiClO4 salt it was possible to develop transistors with
a 100 times better switching behaviour. The combined rise of transistor currents
successfully leads to a reduction of gate voltages. Parallel built-up transistors can
now be run with lower voltages (UGS = −5 V und UDS = −5 V ) but same transistor currents (IDS = 6 µA). Using the same set-up and materials guarantees a
simple integration of the modified insulator in the existing process.
Besides the increase, the currents IDS of the LiClO4 salt enriched transistors
show strong time dependence. The analysis proves that the cause of the time dependence is the ionic transport process of the positive Li+ ions and the negative
ClO4− ions. On the one hand the transient transistor characteristics show a typical
time constant of several seconds for the rising of IDS . Varying the ion concentration is followed by a change of dynamic behaviour of the curve together with
an increase of transistor current. Calculations prove that the strong influence can
not mainly be due to an increase of orientation polarisation but to space charge
polarisation as a result of the ionic transport process. Furthermore the analysis
146
KAPITEL 7. SUMMARY AND OUTLOOK
of the temperature dependence of the LiClO4 transistors shows a faster dynamic
and an increase of the currents for rising temperature. This fact can only be explained in the picture of an ionic transport process based on a hopping process for
the ion movement. The mobility which is typical of a hopping process rises with
temperature and therefore results in a faster dynamic of the transients. In addition
a comparison of transistors enriched with three different perchlorates, LiClO4 ,
N aClO4 and KClO4 , shows the dominating influence of the cation (e.g. Li+ ).
This influence is overlapped by the influence of the anion ClO4− . Both ions are
different in mass and volume. Together with the separation of the dynamic in two
regimes the conclusion is drawn that both ions undergo a transport process with
different mobilities (µ+ and µ− ).
The LiClO4 transistors show reasonable time stability. Neither do they show
an increase of the Off -currents nor leakage currents IG through the transistor. An
increase of the Off -currents would show a donation of the semiconductor with
ions initially added to the insulator. That this does not happen can be proved with
the very low Off-currents as well as a counter experiment. In this counter experiment the semiconductor is initially enriched with LiClO4 salt. In this case the
Off -currents increase strongly due to the semiconductor donation which is contrary to the above mentioned results. Low gate currents IG exclude the possibility
of leakage currents through the insulator; the insulator does not lose any ions. The
analysis of the hole mobility of the semiconductor under the influence of the ionic enriched insulator proves that the holes are not substantially influenced by
ionic presence. Neither a relevant scattering nor elimination of electrical charge
between negative ions of the insulator and holes of the channel region is ascertainable. Thus the idea of the insulator as a closed system is proved which is one
of the main prerequisites for the model of transport process.
Dielectric characteristics of the enriched insulator measured with impedance
spectroscopy show the increase of space charge polarisation. The real part as
well as the imaginary part of the dielectric function rise for low frequency ranges
dependent on the ion concentration. The analysis of conductivity and the impedance analysis with Nyquist plots and equivalent circuit diagrams do not offer
a quantitatively matching analysis for the ion mobilities. For further quantitative
dielectric spectroscopy measurements below a frequency of 20 Hz are inevitable.
In this frequency range it is possible to discuss probes of low ion concentration.
Eventually by a successful application of Nyquist plots the ion transport process
in the insulator was qualitatively confirmed together with the formation of the
blocking Helmholtz layers at the material boundary layers.
147
The ions of both kinds underlie a drift process driven by an external electrical
field (e.g. the external field of the applied gate voltage) which provokes a time
dependent development of ion density % and ion current density j. Because of the
spatially non constant ion density there exists a diffusion process as driving force
for the ion transport, which operates opposite to the drift process. The fact that
ions of opposite charges attract each other results in a coupled movement. As a
consequence of the ion transport process and the insulator as a closed system, the
ions accumulate at the boundary layers of the material. Caused by the different
mobility of the ion species the accumulation takes place asymmetrically at the
boundaries. In order to calculate the transient transport processes a numerical simulation was developed in this work. With the help of a continuum model drift,
diffusion and space charge fields of both ion species are considered and calculated. The potential and the electrical field are calculated time dependent along the
whole insulator material. The electrical field in the insulator material in the boundary region next to the semiconductor mainly influences the carrier density in the
channel region of the semiconductor. As a result of the ion transport process, the
time dependent change of the transistor current IDS can be simulated.
With the help of the simulation the influence of different physical parameters
on the transistor current IDS is examined. Basis for the simulation is a switching
experiment that initiates the On and Off status of the gate voltage with UGS =
−5 V of about 30s. It is shown that the semiconductor mobility is simply a scaling
factor of the curve of the transistor current. Otherwise it could be proven that ion
density and ion mobility have an influence on both the dynamic of the transient
and the absolute value of the transistor current. In case of ion mobilities not only
the quantity of the singular ion mobilities (µ+ and µ− ) is relevant but also the
relative relation of the values due to the coupled movement of both ion species.
The attempt of using the simulation for a quantitative analysis of the experimental transients failed. Technical deficiencies and the amount of constants to
be determined like semiconductor mobility or relevant ion mobility lead to an
underdetermined system, which ends up in ambiguity with respect to the results
for the parameters. For a quantitative comparison between simulation and experiment it is necessary to determine the parameters experimentally. The amount
of the ions taking part in the ion movement can be determined through capacity
experiments, e.g. with probes of a much thicker insulator layer. In order to determine the semiconductor mobility it is necessary to expand the frequency range
of the ac voltage and to determine a field dependent mobility on a broad field
variation. This could not be done in this work due to technical limitations.
148
KAPITEL 7. SUMMARY AND OUTLOOK
The simulation is able to qualitatively render the experimental result well. It
confirms the model of the ion transport process within the insulator material. A
drift and diffusion process of both ion species in the LiClO4 enriched transistors
can be seen. Subsequently the resulting ion accumulation at the boundary layers
of the insulator provokes an inner electrical field, which consequently diminishes
the outer electrical initially driving field until the ion transport process is finally
eliminated. The strong augmentation of the electrical field in the boundary layers
of the insulator provokes a parallel augmentation of hole density in the channel
region of the semiconductor as well as the transistor current. The time dependence of the process has its origin in the transport, namely in ion density and ion
mobility. The faster of both ion species leads to the desired fast rise of the transistor current in the switching experiment with a switching time of 30 seconds.
The slower ion mobility additionally leads to a current change in longer terms
and therefore influences the switching off period more heavily. Because of the
interaction a separate examination of both periods is not possible.
The final conclusion can be drawn that the development of the LiClO4 transistors leads to a reduction of the switching voltage with constant transistor currents. The creation of a model of the ion transport process makes a simulation of
the transistor behaviour possible.
The successful use of those transistors in circuits strongly depends on the specific circuit. The aim is to use the advantages of the augmented currents without
having the disadvantages of the time dependence in longer terms. In order to
avoid a non reversible ion drift, the ac switching has to be symmetrically around
UGS = 0 V . The choice of a specific switching frequency makes it possible to
make use of the high currents without current changes in longer terms. Thereby the choice of the switching frequency depends on the ion concentration. A
frequency of 1Hz would be suitable for a typical probe of this work with an
ion concentration of c = 2%. Instead of suppressing the ion drift of the slower
ion species, one can alternatively develop ion enriched transistors, in which the
ions can chemically be trapped in the boundary layer and therefore immobilized.
Trapping and releasing the ions e.g. dependent on defined gate voltages makes a
bistable transistor switching possible and thus the use of ion enriched transistors
as storage.
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Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die zum Gelingen dieser
Arbeit beigetragen haben.
In erster Linie danke ich Prof. Dr. Heiko Weber für die Betreuung meiner Arbeit und die stete Unterstützung durch anregende Diskussionsbeiträge. Bei Prof.
Dr. Gottfried Döhler bedanke ich mich für die Erstellung des Zweitgutachtens.
Er verstand es zusammen mit Dr. Klaus Schmidt die Physik der Materie lebendig werden zu lassen. Unvergessen sind die gemeinsamen, sehr lebendigen und
fruchtbaren Diskussionen.
Mein Dank gilt der Firma PolyIC und insbesondere Dr. Walter Fix, die es
mir ermöglichten, im Entwicklungsalltag der organischen Elektronik diese Arbeit
durchzuführen und mich dabei immer wohlwollend unterstützten. Darüberhinaus
möchte ich mich bei allen Kollegen bedanken, die durch ein offenes Ohr und Anregungen diese Arbeit vorangebracht haben, vor allem bei Dr. Robert Blache, Dr.
Henning Rost, Dr. Andreas Ullmann, Dr. Jürgen Krumm sowie dem Reinraumteam um Dorothea Mergner.
Durch das tolle Arbeitsklima, zu dem sehr viele Personen beigetragen haben,
hat diese wissenschaftliche Arbeit sehr viel Freude bereitet. Besonders meine
Zimmerkollegen Bettina Bergbauer, Klaus Ludwig und Johannes Schad verstanden es immer wieder, mich auf die Erde zurück zu holen.
Schließlich danke ich meiner Familie, meinen Freunden und meinem Freund
Jürgen Ficker, die immer großen Anteil an meiner Arbeit genommen und mich
unterstützt und ermutigt haben.
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