Vectoring

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Kommunikationstechnik
Vectoring
E
ine klare Übersetzung des Begriffs
Vectoring gibt es eigentlich nicht. Sie
könnte „Vektoren bilden“ lauten, sich
also auf gerichtete Größen beziehen. In der
Praxis ist allerdings ein Verfahren gemeint,
mit dem bei DSL die bisher mögliche Übertragungsrate verdoppelt werden kann. Das
bedeutet im besten Fall für den Downstream
einen Sprung von max. 50 Mbit/s auf max.
100 Mbit/s, während beim Upstream max.
40 Mbit/s erreichbar sind.
Bevor das Konzept von Vectoring dargestellt
wird, sei noch einmal das Funktionsprinzip
von DSL betrachtet. Grundsätzlich handelt
es sich bei DSL um eine Anwendung beim
Telefonfestnetz. Dieses wurde vor über einhundert Jahren für schmalbandige Sprachkommunikation konzipiert. Es gelten folgende standardisierte Werte:
\ untere Grenzfrequenz: 0,3 kHz
\ obere Grenzfrequenz: 3,4 kHz.
Solche Netze sind heute durch Netzknoten
mit Vermittlungsstellen (VSt) geprägt, von
denen zu jedem Nutzer, der auch als Teilnehmer bezeichnet wird, eine separate Verbindung als Teilnehmer-Anschlussleitungen
Bild 1: Kabelbündel
Dämpfung ADSL in dB
15
Tabelle 1: DSL-Varianten
Bezeichnungen
Genutzte Bandbreiten
Übertragungsraten (Bitraten)
Vorwärtskanäle
Rückkanäle
ADSL
Asymmetrical
Digital Subscriber Line
0,138...1,1 MHz
4...6 Mbit/s
0,1...1 Mbit/s
ADSL2+
Extended Asymmetrical
Digital Subscriber Line
0,138...2,2 MHz
16...25 Mbit/s
1...3,5 Mbit/s
VDSL1
Very High Data Rate
Digital Subscriber Line
0,138...12 MHz
25...50 Mbit/s
2...5 Mbit/s
VDSL2
Extended Very High Data Rate
Digital Subscriber Line
0,138...30 MHz
50...100 Mbit/s
(TAL) führt. Der Aufbau dieser Sternnetze
erfolgte mit verdrillten Zweidrahtleitungen
aus Kupfer-Doppeladern (Cu-DA). Die
Adern weisen eine Isolation und einen
Durchmesser zwischen 0,25 mm und 0,8 mm
auf. Diese Zweidrahtleitungen sind nicht geschirmt, was wegen der angeführten Sprachkommunikation unproblematisch ist. Beim
Telefonfestnetz erfolgt die Führung der Teilnehmer-Anschlussleitungen bedingt durch
die große Zahl der Telefonanschlüsse in Kabeln mit zwanzig bis über eintausend KupferDoppeladern. Diese Konstellation der mehrpaarigen Kabel wird auch als Kabelbündel
bezeichnet (Bild 1). Durch Verteiler (Vt) und
Kabelverzweiger (KVz) wird die Führung
der TAL bis hin zum Anschluss beim Nutzer
realisiert.
Die bisher erwähnte TAL bezog sich ausschließlich auf analoge Signale. Mit der digitalen Anschlussleitung ist nun zusätzlich
digitale Übertragungskapazität für Fernsehen und Internet realisierbar, und zwar ohne
5...10 Mbit/s
Beeinflussung des „Kerngeschäftes“ Telefonie. Dies wird durch eine als DSLAM (digital subscriber line access multiplexer) bezeichnete Funktionseinheit auf der Anbieterseite und einem DSL-Modem auf der
Anwenderseite ermöglicht und macht Hinkanal und Rückkanal für interaktive digitale Kommunikation verfügbar. Abhängig von
den oberhalb des Telefoniebereichs genutzten Frequenzen lassen sich die in Tabelle 1
angegebenen DSL-Varianten unterscheiden.
Dabei gelten für DSL grundsätzlich folgende Abhängigkeiten:
\ Mit zunehmender Länge der Anschlussleitung steigt die Dämpfung des digitalen
Signals proportional an.
\ Mit zunehmender Frequenz des DSL-Signals steigt dessen Dämpfung an.
\ Mit abnehmendem Durchmesser der Kupferadern steigt die Dämpfung des digitalen Signals (Bild 2).
Vorstehend aufgeführte physikalische Gegebenheiten machen sich verständlicherweiBild 3: 6 FTTC
(Konzept)
10
Standort: Straßenrand
verdrillte
Zweidrahtleitung
5
Vst
Glasfaser
Wohnung
KVz
TAE
0
0
0,2
0,4
0,6
Aderndurchmesser in mm
0,8
1,0
optische Übertragung
elektrische
Übertragung
Haus
Bild 2: Dämpfung versus
Aderndurchmesser
rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013
67
Unterhaltungselektronik
Technik & Bildung
Fachwissen
Spannung am
Leitungsanfang
Spannung am
Leitungsende
i
TAL 1
u1
u1 + k · u2
u2
u2 + k · u1
u+
elektrisches
Feld
i
TAL 2
k – Konstante (< 1)
Bild 4: Übersprechen
se vorrangig bei VDSL2 bemerkbar, also der
leistungsstärksten DSL-Variante. Deshalb
erfolgt hier der Einsatz von Glasfaserleitungen bis zum letzten Kabelverzweiger vor
dem Anschluss beim Nutzer. Der DSLAM
befindet sich in diesem Fall dann nicht mehr
im Netzknoten, sondern in einem Kabelverzweiger, der als großer grauer Kasten das
Straßenbild „ziert“. Es gilt dafür auch die
Bezeichnung KVz mit Outdoor-DSLAM. Bis
zu diesem erfolgt die Übertragung wegen
der Glasfasernutzung dämpfungsarm, wobei
typische Werte bei 0,3…0,5 dB/km liegen.
Ab dem KVz wird die bisherige Infrastruktur, nämlich die als ungeschirmte verdrillte
Zweidrahtleitung ausgeführte TAL weiter
genutzt. Diese auch als KVz-TAL bezeichneten Leitungen weisen bis zum Anschluss
beim Nutzer eine durchschnittliche Länge
von 400 m auf, was für Einzelfälle auch
Werte von 600 m und mehr bedeutet. Das ist
verständlicherweise für die Dämpfung relevant. Für den vorstehend beschriebenen Lösungsansatz gilt auch die Kurzbezeichnung
FTTC (fiber to the curb), also Glasfaser bis
zum Straßenrand (Bild 3).
Wie bereits erwähnt, wird die „letzte Meile“
der TAL in Kabeln geführt. Hier ergibt sich
nun eine gegenseitige Beeinflussung der verdrillten Cu-DA durch Übersprechen, oft
auch als Nebensprechen bezeichnet. Dieser
aus der klassischen Fernsprechtechnik stammende Begriff bedeutet, dass ein bestimmter
Anteil des Nutzsignals einer TAL als Störsignal in eine benachbarte TAL eingekoppelt
wird (Bild 4).
Dabei kann es sich um kapazitive, induktive
oder elektromagnetische Kopplung handeln.
Der Umfang des Übersprechens ist vom jeweiligen Kabeltyp sowie von der Zahl und
Nutzung der vorhandenen Adernpaare abhängig. Bei vollständig symmetrischer und
ausreichend enger Verdrillung der Doppeladern wäre der Idealfall gegeben, und es
würde kein Übersprechen auftreten, weil
sich elektrische und magnetische Felder aufheben (Bild 5). Da diese Situation in der Praxis nicht vorliegt, bewirkt das Übersprechen
bei DSL die Begrenzung der Übertragungsrate.
68
Die vorstehend dargestellte Störsignal-Einkopplung von allen benachbarten Adernpaaren stellt die Basis für den Einsatz von Vectoring dar. Die grundsätzliche Idee ist dabei,
durch Kompensation die eingekoppelten
Störsignale möglichst stark zu reduzieren.
Das Störsignal wird dabei zuerst einmal mit
Hilfe einer entsprechenden Signalverarbeitung aus dem Gesamtsignal gewonnen, danach eine Phasenverschiebung von 180°
durchgeführt und anschließend das nun gegenphasige Signal zum Gesamtsignal addiert. Letzteres wird im Bedarfsfall um die
für Störsignalerkennung und Phasenverschiebung erforderliche Zeit verzögert, damit in der Addierstufe bezüglich des Störsignals volle Gegenphasigkeit besteht, um
eine maximale Unterdrückung des Störsignals zu erreichen (Bild 6).
Das vorstehend aufgezeigte Konzept der
Störsignalkompensation ist wirkungsvoll
und findet in der Praxis auch häufig Anwendung. Bezogen auf VDSL 2 bedeutet die Gewinnung der Kompensationssignale allerdings einen großen Aufwand, weil für jede
TAL der Einfluss aller anderen Anschlussleitungen im Kabel zu berücksichtigen ist
(Bild 7). Da die Berechnung der Kompensationssignale in Echtzeit erfolgen muss, bedarf es hoher Prozessorleistung im OutdoorDSLAM. So sind beispielsweise bei 200 mit
VDSL 2 betriebenen Teilnehmer-Anschlussleitungen in einem Kabel etwa 2600 Mrd.
Rechenoperationen pro Sekunde erforderlich, was sich erst mit derzeitiger Halbleitertechnik realisieren lässt. Für Vectoring sollten deshalb wegen vorstehender Leistungsanforderung 400 TAL im Kabel nicht
überschritten werden.
Der Effekt von Vectoring besteht darin, dass
durch die möglichst weitgehende Kompensation des Übersprechens von den jeweils
anderen Kupfer-Doppeladern im Kabel die
Datenübertragungsrate für die TAL signifikant zunimmt. Dadurch lässt sich mit
VDSL 2 eine dem Breitband-Kabelnetzen
vergleichbare Leistungsfähigkeit erreichen.
Bei VDSL 2-Vectoring wird durch Kanalcodierung das Sendesignal vom DSLAM im
Kabelverzweiger derart modifiziert, dass am
magnetisches Feld
Bild 5: Symmetrisch verdrillte Doppelader
nutzerseitigen Ende der TAL die Störsignalanteile von den anderen Anschlussleitungen
möglichst klein sind. Diese Funktion muss
allerdings vom DSL-Modem beim Nutzer
unterstützt werden, um die angestrebte Steigerung der Übertragungsrate zu bewirken.
Es ist aus diesem Grund der Austausch des
vorhandenen Modems gegen eine Version
erforderlich, die als „vectoring capable“ bezeichnet wird. Wenn bei einer TAL in einem
vom KVz abgehenden Kabel dieser Wechsel
des Modems nicht erfolgen soll, dann kann
das vorhandene DSL-Modem meist über einen Software-Update in den Status „vectoring friendly“ gebracht werden. Es erfolgt
dann zwar bei dieser TAL keine Störsignalkompensation, allerdings tritt auch keine Beeinträchtigung der Leistungsmerkmale der
am Kabel angeschlossenen „vectoring capable“-Modems auf. Lässt sich das vorhandene
DSL-Modem nicht per Software auf „vectoring friendly“ umrüsten, dann liegt ein
„vectoring alien“-Modem vor. Es interagiert
nicht mit dem Vectoring des DSLAM, trägt
damit auch nicht zur Störsignalkompensation bei und beeinträchtigt damit den Anstieg
der Übertragungsrate als „Vectoring-Gewinn“ bei den anderen Teilnehmer-Anschlussleitungen im Kabel (Tafel 2).
Es gibt inzwischen auch ein als Zero Touch
Vectoring bezeichnetes Verfahren, bei dem
rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013
Laufzeitverzögerung
Y
Nutzsignal
und
Störsignal
+
Nutzsignal
und
Reststörsignal
O
0°
Störsignalerkennung
180°
Phasenschieber
Bild 6: Störsignalkompensation
durch spezielle Signalverarbeitung im
DSLAM „vectoring alien“-Modems so angesteuert werden, dass sie mit voller Leistungsfähigkeit als VDSL2-Modems arbeiten
können, ohne die TAL mit Vectoring störend
zu beeinflussen. Durch Zero Touch Vectoring entfällt damit der Aufwand, vorhandene Modems auf den Stand „vectoring friendly“ zu bringen oder sie gegen ein „vectoring
capable“-Modem auszutauschen.
Die bisherigen Ausführungen führen zu folgenden Erkenntnissen:
\ Die Steigerung der Übertragungsrate
durch Vectoring ist am größten, wenn alle
an einen KVz angeschlossenen DSL-Modems „vectoring capable“ sind.
\ Vectoring erfordert den Zugriff auf alle
TAL in dem Kabel nach dem letzten KVz,
weil sonst die Störsignalkompensation
nicht optimal realisierbar ist.
Vectoring ist also nur möglich, wenn lediglich ein Diensteanbieter das Kabel nach dem
letzten KVz vollständig zur Verfügung hat,
um die Berechnungen der Störsignale und
anschließend deren Kompensation durchzuführen. Dieser technischen Notwendigkeit
steht allerdings das regulative Gebot der Entbündelung entgegen. Dieses bedeutet, dass
die TAL in dem vom KVz abgehenden Kabel
vom Netzbetreiber Telekom auch Wettbewerbern gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Voraussetzungen
und Randbedingungen dafür sind im Tele-
TAL 1
TAL 6
TAL 2
TAL 5
TAL 3
TAL 4
Störsignale wegen Übersprechen
Bild 7: Störsignalkopplung bei mehrpaarigem
Kabel
kommunikationsgesetz (TKG) festgelegt.
Die Entbündelung ermöglicht es, den im
Wettbewerb stehenden Anbietern die „nackte“ TAL mit eigenen Verfahren und Angeboten separat zu vermarkten.
Als eine Lösung der aufgezeigten Problemstellung ist die Bereitstellung von Bitstromzugängen als Vorleistungsprodukt für die
Wettbewerber eine denkbare Lösung. Es
können dann alle TAL am Vectoring teilnehmen, und der über jeweils eine TAL realisierte Bitstromzugang ermöglicht den
Wettbewerbern die unabhängige Nutzung
und Vermarktung der Leitung. Der Erfolg
Tafel 2: DSL-Modem-Typen bei Vectoring
DSL-Modem-Typ
Interaktion mit dem DSLAM
Auswirkungen auf die TAL
vectoring capable
volle Interaktion
Übertragungsrate nimmt zu
vectoring friendly
bedingte Interaktion
Übertragungsrate bleibt unverändert und die Leistungsmerkmale
der „vectoring capable“-Modems
werden nicht beeinÀusst
vectoring alien
keine Interaktion
Übertragungsrate bleibt unverändert, die Leistungsmerkmale der
„vectoring friendly“-Modems werden allerdings beeinÀusst
rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013
der höheren Übertragungsrate hängt allerdings von der Umstellung auf „vectoring capable“-Modems ab. Es bedarf noch der genauen Abklärung, wie die Lösung des Bitstromzugangs für alle Beteiligten
zufriedenstellend gestaltet werden kann.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass
VDSL 2-Vectoring kein Neuland ist, sondern
schon in Belgien und Österreich erfolgreich
betrieben wird. Diesen Einsatz plant nun
auch die Telekom in Deutschland. Es gilt
dabei jedoch die Erkenntnis, dass sich durch
Vectoring zwar eine signifikante Reduzierung des Übersprechens zwischen den TAL
und damit die gewünschte Steigerung der
Übertragungsrate ergibt, jedoch der begrenzende Faktor durch die Leitungsdämpfung
unverändert bleibt. Es sind deshalb auch mit
Vectoring nur TAL-Längen bis etwa 600 m
vertretbar, damit der Mindestpegel an der
Teilnehmer-Anschlusseinheit (TAE) beim
Nutzer nicht unterschritten wird.
Abschließend sei noch darauf hingewiesen,
dass die als Bonding bezeichnete Parallelschaltung von zwei oder mehr mit Vectoring
betriebenen TAL die Übertragungsrate und/
oder die Reichweite vergrößert werden kann.
So lassen sich durchaus bis zu 300 Mbit/s
erreichen. Werden zwei physikalische TAL
durch eine dritte virtuelle TAL mit Hilfe
einer Phantom-Schaltung ergänzt, dann sind
es sogar bis zu 400 Mbit/s. Mit Bonding sind
bei 100 Mbit/s durchaus TAL-Längen bis zu
einem Kilometer realistische Werte.
Bei dem gesamten Komplex Vectoring muss
allerdings stets beachtet werden, dass ein
kostenrelevanter technischer Aufwand erforderlich ist, der letztendlich vom Nutzer
getragen werden muss. Es wird sich noch
herausstellen, ob dafür eine ausreichende
Akzeptanz gegeben ist.
Fazit
Vectoring ist ein leistungsfähiges Verfahren
der Störsignalkompensation, mit dem die
Verdopplung der Übertragungsrate bei
VDSL 2 erreichbar ist. Vectoring nutzt die
vorhandenen Ressourcen der KupferkabelInfrastruktur und kann wohl die Bedarfe der
Nutzer für die nächsten fünf bis zehn Jahre
abdecken. Vectoring stellt somit eine Brückentechnologie zu den angestrebten breitbandigen Netzen in Glasfasertechnik bis
1 Gbit/s dar. Die für Vectoring erforderlichen
finanziellen Mittel stehen verständlicherweise für den Aufbau dieser optischen Netze
nicht zur Verfügung, weshalb einige Marktteilnehmer Vectoring bezüglich der Breitbandversorgung als kontraproduktive Maßnahme betrachten.
Ulrich Freyer
69
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Unterhaltungselektronik
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Baugruppen und Bauelemente
Mikrowellensensoren
M
ikrowellensensoren bestehen aus
einem Höchstfrequenzsender mit
integriertem Empfänger und dienen in der Praxis zur Objektortung, Entfernungsmessung, Geschwindigkeitsbestimmung, Ortsbestimmung oder Füllstandsmessung.
Mit diesen Baugruppen stehen preiswerte
Module für Alltagsanwendungen zur Verfügung, die für automatische Türöffner, Geschwindigkeits- und Abstandsmesser, Kollisionsradar, aber auch zur Füllstandsmessung in Behältern oder Pegelmessungen in
Flüssen und Seen genutzt werden können.
Eine Sonderanwendung finden sie bei der
Verkehrsflussüberwachung oder bei der
Mauterhebung als Nahbereichs-Kommunikation DSRC (Dedicated Short Range Communication). Bei ihr werden die Fahrbahnen
der zu überwachenden Straßen mit Mautbrücken überspannt, deren daran montierte Antennen scharf gebündelte Höchstfrequenzfelder senden und empfangen. Diese bilden
klar umgrenzte Kommunikationszonen mit
Abmessungen von jeweils 4,5 m Länge und
0,70 m Breite. Die hohe Ausleuchtschärfe
sorgt dafür, dass in die unmittelbar benachbarten Zonen höchstens 1/100 der Nutzleistung gelangt. Damit ist gesichert, dass sich
in der aktuellen Kommunikationszone garantiert nur ein Fahrzeug befindet.
Mikrowellensensoren arbeiten auch in rauer
Umgebung zuverlässig, was bei Lichtsensoren nicht immer gesichert ist. Deshalb findet
man sie beispielsweise bei der Steuerung automatischer Tore in Fabrikanlagen, bei der
Anwesenheitskontrolle von Schiffen am Kai,
als Kollisionsschutz zwischen den Verladekränen auf Containerbahnhöfen oder zur
Abstandsmessung zwischen Kaimauer und
anlegenden Schiffen. Die Entfernungsbereiche liegen je nach Anwendung zwischen
10 cm und 100 km, können aber auch weit
in den Weltraum reichen.
Aufbau und Wirkung
Mikrowellensensoren bestehen aus zwei Teilen, nämlich einem Höchstfrequenzsender
für den GHz-Bereich mit stark gebündelter
Strahlungskeule und einem darauf abgestimmten Empfänger. Oft verwendet werden
Wellen der sog. ISM-Bänder (Industrial,
Scientific, Medical). Das sind Bänder, in denen kein störbarer Nachrichtenaustausch
stattfindet und lizenzfreier Betrieb möglich
ist (z. B. 24 GHz).
Die Wellen pflanzen sich geradlinig mit der
Lichtgeschwindigkeit von 300 000 km/s fort
und verhalten sich überhaupt ähnlich wie
Lichtstrahlen. Sie lassen sich ablenken, reflektieren, beugen oder absorbieren. Die
Technik, die diese Eigenschaften nutzt, nannte man ursprünglich in Deutschland „Funkmesstechnik“ (Bild 1). In der übrigen Welt,
vor allem im englischsprachigen Raum, wurde sie als „Radar“ (radio detecting and ranging) bekannt. Sie gehört heute zur technischen Ausrüstung vieler Systeme zur Fahrzeugüberwachung in der Luft- und Schifffahrt
oder im Straßenverkehr. Sie dienen zur Kollisionswarnung, zur Verkehrslenkung aber
auch zur Zielerfassung in wehrtechnischen
Einrichtungen. Im Straßenverkehr erfassen
sie den Verkehrsfluss und sind umgangssprachlich auch als „Radarfallen“ bekannt.
Übertragungsstrecke
Erzeugt werden die hohen Frequenzen im
Mikrowellensender mit Spezialdioden oder
bei größeren Leistungen mit Spezialröhren
wie Klystrons oder Magnetrons. In denen
werden elektromagnetische Felder durch be-
s
fl
Re
al
gn
si
de
n
Se
Antenne
Sender
Empfänger
70
al
gn
si
ex
Ziel
Bild 1: Prinzip der Entfernungsmessung zur Ortsbestimmung nichtsendender Objekte (Radarprinzip)
wegte Ladungen aufgebaut bzw. verändert.
Sie pumpen Energie aus einem elektrischen
Gleichfeld in das Mikrowellenfeld. Ein
Hohlraumresonator koppelt diese aus und
gibt sie zur Antenne weiter. An deren Öffnung können sie sich lösen und werden in
den davor liegenden Raum abgestrahlt.
Die Antenne dient aber nicht nur zum Senden, sondern auch zum Empfangen der reflektierten Signale. Deren Energie wird über
den Hohlraumresonator ausgekoppelt und
durch extrem rauscharme Höchstfrequenztransistoren (HEMT-Transistoren, High
Electron Mobility Technology) verstärkt. Im
Hohlleiter halten Filter die Sendeenergie
vom Empfängereingang fern.
Mikrowellenempfänger benutzen herkömmliche Schaltungstechnik und werden mit
HEMT-Transistoren bestückt. An deren
Grenzflächen entsteht ein „zweidimensionales Elektronengas“, das hohe Ladungsträgerdichte mit ebensolcher Ladungsträgerbeweglichkeit verbindet und die trägheitslose
Steuerung von Ladungsträgerströmen bei extrem geringen Rauschwerten gestattet.
Entfernungsmessung
Trifft das vom Mikrowellensender ausgesendete Wellenbündel auf ein Objekt mit leitender Oberfläche, so wird es reflektiert und
gelangt als Empfangssignal an die Antenne
zurück. Die Laufzeit zwischen ausgesendetem Wellenbündel und empfangenem sind
ein Maß für die Entfernung s des angepeilten
Objektes.
s = 1 tv
2
= 1 t 300 000 km /s
2
Da t die Laufzeit ist, die die Welle vom Sensor bis zum Ziel und zurück zum Sensor benötigt, muss man sie durch zwei dividieren,
um die Entfernung zu erhalten. Beim Messen
sehr kurzer Entfernungen liegen die Laufzeiten der Wellen im ns-Bereich und werden
so kurz, dass sie nur noch mit zusätzlichem
Aufwand hinreichend genau gemessen werden können. Verbreitet ist das Verfahren der
geführten Mikrowelle, bei dem die vom Sensorkopf ausgesendeten Impulse entlang eines
25…70 cm langen Sondenstabes geführt und
auch über diesen reflektiert und zurückgeführt werden können. Bild 2 zeigt handelsübliche Mikrowellensensoren zur Füllstandsmessung, die nach diesem Verfahren arbeiten.
rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013
del (fs) ausgesendet und die Echos (fr) während der Impulspausen empfangen.
Die hier auftretenden Laufzeiten sind sehr
kurz und damit nur schwer zu messen. Ein
Trick, vergleichbar dem Nonius einer Schiebelehre, hilft hier weiter. Dazu erzeugt ein
zweiter Generator Referenzimpulse mit genau definiertem, gegenüber den ersten aber
größerem Zeitabstand. Vergleicht man dieses
Bild 2: Handelsübliche Mikrowellensensoren
zur Füllstandsmessung
fs
TP (z. B. 500 ns)
t
fref
fr
TP + ΔT
t
TL
–––
(z. B. = 200)
ΔT
ΔT (0,03 ns)
TL
TP
t
fm
ref max.
ref max.
T0
a)
t
T0 (z. B. 0,1 ms)
fm
t
b)
fs = Sendefrequenz
fT = reflektierte (Empfangs-)Frequenz
fref = Frequenz des leicht verstimmten Referenzoszillators
fm = umgesetzter Frequenzbereich
Bild 3: Wirkungsweise des Pulsradars
tr
Puls- oder Dauerstrichradar
rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013
fs
fr
Δf
Radargeräte können entweder mit Dauerstrich oder mit Pulsen arbeiten. Beim Dauerstrichradar wird das hochfrequente Signal
pausenlos ausgesendet und das Objekt lückenlos überwacht. Das ist bei der Wetterbeobachtung ebenso wichtig wie bei der
Überwachung des Luftverkehrs oder anderer
sensibler Bereiche. Andererseits hat es aber
einen recht großen Energiebedarf. Beim
Pulsradar ist dieser geringer, was die Reichweite erhöht. Bei wehrtechnischen Anwendungen benutzt man ausschließlich dieses
Verfahren, weil sich dessen Signale vom
Gegner nur schwer entdecken lassen. Bei
Pulsradar werden hochfrequente Impulsbün-
f
fb
T
t
f
fd
t1
t2
t
Bild 4: Beim FMCW-Radar wird die Differenzfrequenz zwischen ausgesendetem und empfangenem Signal ausgewertet. Diese hängt
von der Laufzeit der ausgesendeten Welle ab
Referenzsignal mit der Summe aus ausgesendetem Signal und dem in der Impulspause
empfangenen Echo, so erhält man Impulse
(fm) mit sich ändernder Breite. Signale-Maxima entstehen dabei, wenn sich Referenzund Sendesignal decken oder wenn Referenz- und Echosignal zeitlich gleich liegen.
Der Abstand T0 zwischen zwei Maximalsignalen ist ein gedehntes Maß für die Laufzeit
und somit für den Objektabstand (Bild 3).
Geschwindigkeitsmessungen
Zum Messen der Geschwindigkeit dividiert
man die gemessene Strecke durch die Zeitdauer zwischen zwei Impulsen. Wirtschaftlicher ist es indessen, wenn der Dopplereffekt zunutze gemacht wird. Dieser hat zur
Folge, dass die gesendete und die empfangene Welle unterschiedliche Frequenzen aufweisen. Die Frequenz der reflektierten Welle hängt von der Geschwindigkeit und der
Bewegungsrichtung des Objektes ab. Bei
sich näherndem Objekt wird die Frequenz
erhöht, bei einem sich entfernenden Objekt
vermindert. Aus der Differenz zwischen gesendeter und empfangener Frequenz lässt
sich die Richtung und Geschwindigkeit des
zu untersuchenden Objekts ableiten.
Besonders genau und anspruchsvoll ist in der
Praxis das sog. FMCW-Radar (Frequency
Modulation Continuous Wave, Frequenzmoduliertes Dauerstrich-Radar). Bei ihm wird
das ausgesendete Signal mit einer Dreieckspannung und einem Hub von 250 kHz frequenzmoduliert. Moduliert wird mit Varaktor-Dioden (Variable Reaktanz), deren
Sperrschichtkapazität von der Sperrspannung abhängt.
Die Dreieckspannung verstimmt den Oszillator periodisch, so dass zwischen der Spannung und der abgegebenen Frequenz ein direkter Zusammenhang entsteht. Durch die
Laufzeit zwischen der Antenne und dem Objekt ergibt sich eine mit der Entfernung steigende Zeitverschiebung und aufgrund der
dreieckförmigen Modulation eine Differenz
zwischen der gesendeten und der empfangenen Frequenz (Bild 4). Diese wird im Empfänger mit einer Mischerdiode abgegriffen.
Aus ihr und der Differenz zwischen beiden
Modulationsfrequenzen geht die Entfernung
hervor. Im 24-GHz-Band lässt er sich auf
10 cm genau bestimmen. Höhere Auflösungen, so wie sie bei Messungen in geschlossenen Behältern gebraucht werden, erhält
man durch Vergrößern des Frequenzhubes.
Mehrere Objekte mit unterschiedlichen Reflexionsfähigkeiten und Abständen innerhalb
des Erfassungsbereiches erkennt man mit
Hilfe der aus der Fouriertransformation abgeleiteten Frequenzbereichsanalyse. Sie unterscheidet sich durch die lokalen Maxima
im Frequenzspektrum.
rke
71
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Fachwissen
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Praxistipps
Erhaltungsladen durch Energy Harvesting
Die gezeigten Schaltungen sind
für die Pufferung von Kondensatoren – der eigentlichen
Stromlieferanten – gedacht.
Grundlage ist der Spezialschaltkreis LTC 3588-1. Er ist für den
Anschluss eines Piezowandlers
an seinen Pins PZ ausgelegt,
Unter Energy Harvesting versteht man das Beziehen von
Steuerenergie aus alternativen
Quellen wie Druck- oder Vibrationswandlern oder Feldaufnehmern. Eine Anwendung sind
z. B. batterie- und drahtlose
Schalter im Haushalt.
Cu
12 x 24 in
MIDE V21BL
PZ2
PZ1
IR05H40
CSPTR
1μ
UIN
PG
CAP
SW
100 μ
UIN2
UA
3,3 V
1μ
4,7 μ
D0
Cu
12 x 24 in
PZ1
PZ2
UIN
PG
CAP
SW
UIN2
UOUT
PG
10 μH
UA
3,3 V
10 μ
UOUT
D1
+
9V
PG
10 μH
kann aber auch mit anderen
Energiespendern etwas anfangen. Die gelieferte Energie kann
sowohl in einem Eingangs- als
auch in einem Ausgangskondensator gespeichert werden.
Bei der linken Schaltung wird
die Energie eines Piezowandlers
D1
47 μ
4,7 μ
GND
D0
LTC 3588-1
Linear Technology
10 μ
GND
Zwei einfache Pufferschaltungen
mit dem LTC 3588-1
LTC 3588-1
Frei dimensionierbarer Equalizer
Die gezeigte einfache EqualizerSchaltung basiert auf dem von S.
H. Linkwitz entwickelten Konzept und erlaubt eine recht einfache Dimensionierung gemäß
Entwicklungsziel. Im Grunde
handelt es sich um einen zweipoligen Tiefpass, der ein Hochpassverhalten vor- oder nachgeschalteter Baustufen kompensieren soll. Dies ist beispielsweise mit Blick auf moderne Breitbandlautsprecher erforderlich.
Man spricht auch von einem Bass
Boost.
Die Gleichheit von Widerständen und Kondensatoren (A = B)
erleichtert die Dimensionierung.
Die Quellimpedanz muss klein
gegenüber R1 und R2 sein. Der
gewählte Operationsverstärker
verbindet viele vorteilhafte Eigenschaften, wie Low Noise,
Low Distortion oder Rail-toRail-Vermögen.
Zunächst ermittelt man die obere 3-dB-Grenzfrequenz fo und
die Güte Qo der zu kompensierenden Baustufe. Dann legt man
fp und Qp der Linkwitz-Schaltung fest und berechnet diese.
Näher wird dies in der Maxim
Application Note 4525 beschrieben.
UE
R2A
C2A
R1A
R1B
R2B
C2B
R3A
R3B
72
Eine universelle Lösung mit weniger Nachteilen zeigt die Schaltung. Der LTC 4365 blockt sowohl zu hohe (bis 60 V) als auch
zu geringe (bis –40 V) Störspannungen ab. Neben vier Widerständen wird ein dualer n-KanalMOSFET als Beschaltung benötigt. Die Widerstände legen das
Fenster für die akzeptierten
Spannungen fest. Hier sind dies
10 V als Überspannung OV und
Die moderne Form der
Lautsprecher-BassBoost-Schaltung nach
Linkwitz
C3
–
C1
UA
+
MAX 4478
Beispielhaft sei fo = 80 Hz und
Qo = 1,2 angenommen. Festgelegt
sei fp = 30 Hz und Qp = 0,71 (Butterworth-Charakteristik). Es ergeben sich folgende Werte: R1 =
10 kΩ, R2 = 15 kΩ, R3 = 75 kΩ,
C1 = C2 = 820 nF und C3 = 120 nF.
Schutz empfindlicher Schaltungen
Zum Schutz empfindlicher
Schaltungen vor Überspannung
wird oft eine Diode eingesetzt.
Diese erzeugt einen Spannungsabfall und versagt, wenn die
Störspannung sich umpolt. Daher
weicht man nicht selten auf einen
p-Kanal-MOSFET aus, der einen
etwa linear stromabhängigen
Spannungsabfall verursacht, aber
eine gewisse Zusatzbeschaltung
benötigt, was die Kosten erhöht.
ausgenutzt, die dieser bei Vibration erzeugt. Diese muss ständig
oder häufig auftreten, sollen die
Spannungen an den Pins UIN und
UOUT konstant hoch bzw. auf
3,3 V bleiben. Die rechte Schaltung unterscheidet sich im Prinzip nur durch die Art der „Energieernte“. Hier wird einem elektrischen Wechselfeld durch zwei
als kapazitive Antennen oder
Kondensatorplatten wirkende
Kupferplatten Energie entzogen.
Die Platten haben z. B. 6" Abstand zu fluoreszierenden Lichtquellen.
Si.
Im Ergebnis wird der Frequenzgang linearisiert und die untere
Grenzfrequenz (3 dB) auf etwa
30 Hz gesenkt.
Si.
Leo Sahlstan, Maxim 2010
UE 12 V
3,5 V als Unterspannung UV.
Die geringen Eingangsspannungen erlauben hohe Widerstandswerte. Der LTC 4365 selbst lässt
sich zwischen 2,5 V und 36 V
betreiben. Mehr Dimensionierungshinweise findet man im
Datenblatt.
Si.
UA
Si 4946
UIN
GATE
3V
UOUT
510 k
SHDN
1,82 M
UV
243 k
FAULT
OV
GND
59 k
LTC 4365
Victor Fleuri, Linear Technology
rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013
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