Fachwissen Technik & Bildung Kommunikationstechnik Vectoring E ine klare Übersetzung des Begriffs Vectoring gibt es eigentlich nicht. Sie könnte „Vektoren bilden“ lauten, sich also auf gerichtete Größen beziehen. In der Praxis ist allerdings ein Verfahren gemeint, mit dem bei DSL die bisher mögliche Übertragungsrate verdoppelt werden kann. Das bedeutet im besten Fall für den Downstream einen Sprung von max. 50 Mbit/s auf max. 100 Mbit/s, während beim Upstream max. 40 Mbit/s erreichbar sind. Bevor das Konzept von Vectoring dargestellt wird, sei noch einmal das Funktionsprinzip von DSL betrachtet. Grundsätzlich handelt es sich bei DSL um eine Anwendung beim Telefonfestnetz. Dieses wurde vor über einhundert Jahren für schmalbandige Sprachkommunikation konzipiert. Es gelten folgende standardisierte Werte: \ untere Grenzfrequenz: 0,3 kHz \ obere Grenzfrequenz: 3,4 kHz. Solche Netze sind heute durch Netzknoten mit Vermittlungsstellen (VSt) geprägt, von denen zu jedem Nutzer, der auch als Teilnehmer bezeichnet wird, eine separate Verbindung als Teilnehmer-Anschlussleitungen Bild 1: Kabelbündel Dämpfung ADSL in dB 15 Tabelle 1: DSL-Varianten Bezeichnungen Genutzte Bandbreiten Übertragungsraten (Bitraten) Vorwärtskanäle Rückkanäle ADSL Asymmetrical Digital Subscriber Line 0,138...1,1 MHz 4...6 Mbit/s 0,1...1 Mbit/s ADSL2+ Extended Asymmetrical Digital Subscriber Line 0,138...2,2 MHz 16...25 Mbit/s 1...3,5 Mbit/s VDSL1 Very High Data Rate Digital Subscriber Line 0,138...12 MHz 25...50 Mbit/s 2...5 Mbit/s VDSL2 Extended Very High Data Rate Digital Subscriber Line 0,138...30 MHz 50...100 Mbit/s (TAL) führt. Der Aufbau dieser Sternnetze erfolgte mit verdrillten Zweidrahtleitungen aus Kupfer-Doppeladern (Cu-DA). Die Adern weisen eine Isolation und einen Durchmesser zwischen 0,25 mm und 0,8 mm auf. Diese Zweidrahtleitungen sind nicht geschirmt, was wegen der angeführten Sprachkommunikation unproblematisch ist. Beim Telefonfestnetz erfolgt die Führung der Teilnehmer-Anschlussleitungen bedingt durch die große Zahl der Telefonanschlüsse in Kabeln mit zwanzig bis über eintausend KupferDoppeladern. Diese Konstellation der mehrpaarigen Kabel wird auch als Kabelbündel bezeichnet (Bild 1). Durch Verteiler (Vt) und Kabelverzweiger (KVz) wird die Führung der TAL bis hin zum Anschluss beim Nutzer realisiert. Die bisher erwähnte TAL bezog sich ausschließlich auf analoge Signale. Mit der digitalen Anschlussleitung ist nun zusätzlich digitale Übertragungskapazität für Fernsehen und Internet realisierbar, und zwar ohne 5...10 Mbit/s Beeinflussung des „Kerngeschäftes“ Telefonie. Dies wird durch eine als DSLAM (digital subscriber line access multiplexer) bezeichnete Funktionseinheit auf der Anbieterseite und einem DSL-Modem auf der Anwenderseite ermöglicht und macht Hinkanal und Rückkanal für interaktive digitale Kommunikation verfügbar. Abhängig von den oberhalb des Telefoniebereichs genutzten Frequenzen lassen sich die in Tabelle 1 angegebenen DSL-Varianten unterscheiden. Dabei gelten für DSL grundsätzlich folgende Abhängigkeiten: \ Mit zunehmender Länge der Anschlussleitung steigt die Dämpfung des digitalen Signals proportional an. \ Mit zunehmender Frequenz des DSL-Signals steigt dessen Dämpfung an. \ Mit abnehmendem Durchmesser der Kupferadern steigt die Dämpfung des digitalen Signals (Bild 2). Vorstehend aufgeführte physikalische Gegebenheiten machen sich verständlicherweiBild 3: 6 FTTC (Konzept) 10 Standort: Straßenrand verdrillte Zweidrahtleitung 5 Vst Glasfaser Wohnung KVz TAE 0 0 0,2 0,4 0,6 Aderndurchmesser in mm 0,8 1,0 optische Übertragung elektrische Übertragung Haus Bild 2: Dämpfung versus Aderndurchmesser rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013 67 Unterhaltungselektronik Technik & Bildung Fachwissen Spannung am Leitungsanfang Spannung am Leitungsende i TAL 1 u1 u1 + k · u2 u2 u2 + k · u1 u+ elektrisches Feld i TAL 2 k – Konstante (< 1) Bild 4: Übersprechen se vorrangig bei VDSL2 bemerkbar, also der leistungsstärksten DSL-Variante. Deshalb erfolgt hier der Einsatz von Glasfaserleitungen bis zum letzten Kabelverzweiger vor dem Anschluss beim Nutzer. Der DSLAM befindet sich in diesem Fall dann nicht mehr im Netzknoten, sondern in einem Kabelverzweiger, der als großer grauer Kasten das Straßenbild „ziert“. Es gilt dafür auch die Bezeichnung KVz mit Outdoor-DSLAM. Bis zu diesem erfolgt die Übertragung wegen der Glasfasernutzung dämpfungsarm, wobei typische Werte bei 0,3…0,5 dB/km liegen. Ab dem KVz wird die bisherige Infrastruktur, nämlich die als ungeschirmte verdrillte Zweidrahtleitung ausgeführte TAL weiter genutzt. Diese auch als KVz-TAL bezeichneten Leitungen weisen bis zum Anschluss beim Nutzer eine durchschnittliche Länge von 400 m auf, was für Einzelfälle auch Werte von 600 m und mehr bedeutet. Das ist verständlicherweise für die Dämpfung relevant. Für den vorstehend beschriebenen Lösungsansatz gilt auch die Kurzbezeichnung FTTC (fiber to the curb), also Glasfaser bis zum Straßenrand (Bild 3). Wie bereits erwähnt, wird die „letzte Meile“ der TAL in Kabeln geführt. Hier ergibt sich nun eine gegenseitige Beeinflussung der verdrillten Cu-DA durch Übersprechen, oft auch als Nebensprechen bezeichnet. Dieser aus der klassischen Fernsprechtechnik stammende Begriff bedeutet, dass ein bestimmter Anteil des Nutzsignals einer TAL als Störsignal in eine benachbarte TAL eingekoppelt wird (Bild 4). Dabei kann es sich um kapazitive, induktive oder elektromagnetische Kopplung handeln. Der Umfang des Übersprechens ist vom jeweiligen Kabeltyp sowie von der Zahl und Nutzung der vorhandenen Adernpaare abhängig. Bei vollständig symmetrischer und ausreichend enger Verdrillung der Doppeladern wäre der Idealfall gegeben, und es würde kein Übersprechen auftreten, weil sich elektrische und magnetische Felder aufheben (Bild 5). Da diese Situation in der Praxis nicht vorliegt, bewirkt das Übersprechen bei DSL die Begrenzung der Übertragungsrate. 68 Die vorstehend dargestellte Störsignal-Einkopplung von allen benachbarten Adernpaaren stellt die Basis für den Einsatz von Vectoring dar. Die grundsätzliche Idee ist dabei, durch Kompensation die eingekoppelten Störsignale möglichst stark zu reduzieren. Das Störsignal wird dabei zuerst einmal mit Hilfe einer entsprechenden Signalverarbeitung aus dem Gesamtsignal gewonnen, danach eine Phasenverschiebung von 180° durchgeführt und anschließend das nun gegenphasige Signal zum Gesamtsignal addiert. Letzteres wird im Bedarfsfall um die für Störsignalerkennung und Phasenverschiebung erforderliche Zeit verzögert, damit in der Addierstufe bezüglich des Störsignals volle Gegenphasigkeit besteht, um eine maximale Unterdrückung des Störsignals zu erreichen (Bild 6). Das vorstehend aufgezeigte Konzept der Störsignalkompensation ist wirkungsvoll und findet in der Praxis auch häufig Anwendung. Bezogen auf VDSL 2 bedeutet die Gewinnung der Kompensationssignale allerdings einen großen Aufwand, weil für jede TAL der Einfluss aller anderen Anschlussleitungen im Kabel zu berücksichtigen ist (Bild 7). Da die Berechnung der Kompensationssignale in Echtzeit erfolgen muss, bedarf es hoher Prozessorleistung im OutdoorDSLAM. So sind beispielsweise bei 200 mit VDSL 2 betriebenen Teilnehmer-Anschlussleitungen in einem Kabel etwa 2600 Mrd. Rechenoperationen pro Sekunde erforderlich, was sich erst mit derzeitiger Halbleitertechnik realisieren lässt. Für Vectoring sollten deshalb wegen vorstehender Leistungsanforderung 400 TAL im Kabel nicht überschritten werden. Der Effekt von Vectoring besteht darin, dass durch die möglichst weitgehende Kompensation des Übersprechens von den jeweils anderen Kupfer-Doppeladern im Kabel die Datenübertragungsrate für die TAL signifikant zunimmt. Dadurch lässt sich mit VDSL 2 eine dem Breitband-Kabelnetzen vergleichbare Leistungsfähigkeit erreichen. Bei VDSL 2-Vectoring wird durch Kanalcodierung das Sendesignal vom DSLAM im Kabelverzweiger derart modifiziert, dass am magnetisches Feld Bild 5: Symmetrisch verdrillte Doppelader nutzerseitigen Ende der TAL die Störsignalanteile von den anderen Anschlussleitungen möglichst klein sind. Diese Funktion muss allerdings vom DSL-Modem beim Nutzer unterstützt werden, um die angestrebte Steigerung der Übertragungsrate zu bewirken. Es ist aus diesem Grund der Austausch des vorhandenen Modems gegen eine Version erforderlich, die als „vectoring capable“ bezeichnet wird. Wenn bei einer TAL in einem vom KVz abgehenden Kabel dieser Wechsel des Modems nicht erfolgen soll, dann kann das vorhandene DSL-Modem meist über einen Software-Update in den Status „vectoring friendly“ gebracht werden. Es erfolgt dann zwar bei dieser TAL keine Störsignalkompensation, allerdings tritt auch keine Beeinträchtigung der Leistungsmerkmale der am Kabel angeschlossenen „vectoring capable“-Modems auf. Lässt sich das vorhandene DSL-Modem nicht per Software auf „vectoring friendly“ umrüsten, dann liegt ein „vectoring alien“-Modem vor. Es interagiert nicht mit dem Vectoring des DSLAM, trägt damit auch nicht zur Störsignalkompensation bei und beeinträchtigt damit den Anstieg der Übertragungsrate als „Vectoring-Gewinn“ bei den anderen Teilnehmer-Anschlussleitungen im Kabel (Tafel 2). Es gibt inzwischen auch ein als Zero Touch Vectoring bezeichnetes Verfahren, bei dem rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013 Laufzeitverzögerung Y Nutzsignal und Störsignal + Nutzsignal und Reststörsignal O 0° Störsignalerkennung 180° Phasenschieber Bild 6: Störsignalkompensation durch spezielle Signalverarbeitung im DSLAM „vectoring alien“-Modems so angesteuert werden, dass sie mit voller Leistungsfähigkeit als VDSL2-Modems arbeiten können, ohne die TAL mit Vectoring störend zu beeinflussen. Durch Zero Touch Vectoring entfällt damit der Aufwand, vorhandene Modems auf den Stand „vectoring friendly“ zu bringen oder sie gegen ein „vectoring capable“-Modem auszutauschen. Die bisherigen Ausführungen führen zu folgenden Erkenntnissen: \ Die Steigerung der Übertragungsrate durch Vectoring ist am größten, wenn alle an einen KVz angeschlossenen DSL-Modems „vectoring capable“ sind. \ Vectoring erfordert den Zugriff auf alle TAL in dem Kabel nach dem letzten KVz, weil sonst die Störsignalkompensation nicht optimal realisierbar ist. Vectoring ist also nur möglich, wenn lediglich ein Diensteanbieter das Kabel nach dem letzten KVz vollständig zur Verfügung hat, um die Berechnungen der Störsignale und anschließend deren Kompensation durchzuführen. Dieser technischen Notwendigkeit steht allerdings das regulative Gebot der Entbündelung entgegen. Dieses bedeutet, dass die TAL in dem vom KVz abgehenden Kabel vom Netzbetreiber Telekom auch Wettbewerbern gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Voraussetzungen und Randbedingungen dafür sind im Tele- TAL 1 TAL 6 TAL 2 TAL 5 TAL 3 TAL 4 Störsignale wegen Übersprechen Bild 7: Störsignalkopplung bei mehrpaarigem Kabel kommunikationsgesetz (TKG) festgelegt. Die Entbündelung ermöglicht es, den im Wettbewerb stehenden Anbietern die „nackte“ TAL mit eigenen Verfahren und Angeboten separat zu vermarkten. Als eine Lösung der aufgezeigten Problemstellung ist die Bereitstellung von Bitstromzugängen als Vorleistungsprodukt für die Wettbewerber eine denkbare Lösung. Es können dann alle TAL am Vectoring teilnehmen, und der über jeweils eine TAL realisierte Bitstromzugang ermöglicht den Wettbewerbern die unabhängige Nutzung und Vermarktung der Leitung. Der Erfolg Tafel 2: DSL-Modem-Typen bei Vectoring DSL-Modem-Typ Interaktion mit dem DSLAM Auswirkungen auf die TAL vectoring capable volle Interaktion Übertragungsrate nimmt zu vectoring friendly bedingte Interaktion Übertragungsrate bleibt unverändert und die Leistungsmerkmale der „vectoring capable“-Modems werden nicht beeinÀusst vectoring alien keine Interaktion Übertragungsrate bleibt unverändert, die Leistungsmerkmale der „vectoring friendly“-Modems werden allerdings beeinÀusst rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013 der höheren Übertragungsrate hängt allerdings von der Umstellung auf „vectoring capable“-Modems ab. Es bedarf noch der genauen Abklärung, wie die Lösung des Bitstromzugangs für alle Beteiligten zufriedenstellend gestaltet werden kann. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass VDSL 2-Vectoring kein Neuland ist, sondern schon in Belgien und Österreich erfolgreich betrieben wird. Diesen Einsatz plant nun auch die Telekom in Deutschland. Es gilt dabei jedoch die Erkenntnis, dass sich durch Vectoring zwar eine signifikante Reduzierung des Übersprechens zwischen den TAL und damit die gewünschte Steigerung der Übertragungsrate ergibt, jedoch der begrenzende Faktor durch die Leitungsdämpfung unverändert bleibt. Es sind deshalb auch mit Vectoring nur TAL-Längen bis etwa 600 m vertretbar, damit der Mindestpegel an der Teilnehmer-Anschlusseinheit (TAE) beim Nutzer nicht unterschritten wird. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass die als Bonding bezeichnete Parallelschaltung von zwei oder mehr mit Vectoring betriebenen TAL die Übertragungsrate und/ oder die Reichweite vergrößert werden kann. So lassen sich durchaus bis zu 300 Mbit/s erreichen. Werden zwei physikalische TAL durch eine dritte virtuelle TAL mit Hilfe einer Phantom-Schaltung ergänzt, dann sind es sogar bis zu 400 Mbit/s. Mit Bonding sind bei 100 Mbit/s durchaus TAL-Längen bis zu einem Kilometer realistische Werte. Bei dem gesamten Komplex Vectoring muss allerdings stets beachtet werden, dass ein kostenrelevanter technischer Aufwand erforderlich ist, der letztendlich vom Nutzer getragen werden muss. Es wird sich noch herausstellen, ob dafür eine ausreichende Akzeptanz gegeben ist. Fazit Vectoring ist ein leistungsfähiges Verfahren der Störsignalkompensation, mit dem die Verdopplung der Übertragungsrate bei VDSL 2 erreichbar ist. Vectoring nutzt die vorhandenen Ressourcen der KupferkabelInfrastruktur und kann wohl die Bedarfe der Nutzer für die nächsten fünf bis zehn Jahre abdecken. Vectoring stellt somit eine Brückentechnologie zu den angestrebten breitbandigen Netzen in Glasfasertechnik bis 1 Gbit/s dar. Die für Vectoring erforderlichen finanziellen Mittel stehen verständlicherweise für den Aufbau dieser optischen Netze nicht zur Verfügung, weshalb einige Marktteilnehmer Vectoring bezüglich der Breitbandversorgung als kontraproduktive Maßnahme betrachten. Ulrich Freyer 69 Technik & Bildung Fachwissen Unterhaltungselektronik Technik & Bildung Fachwissen Baugruppen und Bauelemente Mikrowellensensoren M ikrowellensensoren bestehen aus einem Höchstfrequenzsender mit integriertem Empfänger und dienen in der Praxis zur Objektortung, Entfernungsmessung, Geschwindigkeitsbestimmung, Ortsbestimmung oder Füllstandsmessung. Mit diesen Baugruppen stehen preiswerte Module für Alltagsanwendungen zur Verfügung, die für automatische Türöffner, Geschwindigkeits- und Abstandsmesser, Kollisionsradar, aber auch zur Füllstandsmessung in Behältern oder Pegelmessungen in Flüssen und Seen genutzt werden können. Eine Sonderanwendung finden sie bei der Verkehrsflussüberwachung oder bei der Mauterhebung als Nahbereichs-Kommunikation DSRC (Dedicated Short Range Communication). Bei ihr werden die Fahrbahnen der zu überwachenden Straßen mit Mautbrücken überspannt, deren daran montierte Antennen scharf gebündelte Höchstfrequenzfelder senden und empfangen. Diese bilden klar umgrenzte Kommunikationszonen mit Abmessungen von jeweils 4,5 m Länge und 0,70 m Breite. Die hohe Ausleuchtschärfe sorgt dafür, dass in die unmittelbar benachbarten Zonen höchstens 1/100 der Nutzleistung gelangt. Damit ist gesichert, dass sich in der aktuellen Kommunikationszone garantiert nur ein Fahrzeug befindet. Mikrowellensensoren arbeiten auch in rauer Umgebung zuverlässig, was bei Lichtsensoren nicht immer gesichert ist. Deshalb findet man sie beispielsweise bei der Steuerung automatischer Tore in Fabrikanlagen, bei der Anwesenheitskontrolle von Schiffen am Kai, als Kollisionsschutz zwischen den Verladekränen auf Containerbahnhöfen oder zur Abstandsmessung zwischen Kaimauer und anlegenden Schiffen. Die Entfernungsbereiche liegen je nach Anwendung zwischen 10 cm und 100 km, können aber auch weit in den Weltraum reichen. Aufbau und Wirkung Mikrowellensensoren bestehen aus zwei Teilen, nämlich einem Höchstfrequenzsender für den GHz-Bereich mit stark gebündelter Strahlungskeule und einem darauf abgestimmten Empfänger. Oft verwendet werden Wellen der sog. ISM-Bänder (Industrial, Scientific, Medical). Das sind Bänder, in denen kein störbarer Nachrichtenaustausch stattfindet und lizenzfreier Betrieb möglich ist (z. B. 24 GHz). Die Wellen pflanzen sich geradlinig mit der Lichtgeschwindigkeit von 300 000 km/s fort und verhalten sich überhaupt ähnlich wie Lichtstrahlen. Sie lassen sich ablenken, reflektieren, beugen oder absorbieren. Die Technik, die diese Eigenschaften nutzt, nannte man ursprünglich in Deutschland „Funkmesstechnik“ (Bild 1). In der übrigen Welt, vor allem im englischsprachigen Raum, wurde sie als „Radar“ (radio detecting and ranging) bekannt. Sie gehört heute zur technischen Ausrüstung vieler Systeme zur Fahrzeugüberwachung in der Luft- und Schifffahrt oder im Straßenverkehr. Sie dienen zur Kollisionswarnung, zur Verkehrslenkung aber auch zur Zielerfassung in wehrtechnischen Einrichtungen. Im Straßenverkehr erfassen sie den Verkehrsfluss und sind umgangssprachlich auch als „Radarfallen“ bekannt. Übertragungsstrecke Erzeugt werden die hohen Frequenzen im Mikrowellensender mit Spezialdioden oder bei größeren Leistungen mit Spezialröhren wie Klystrons oder Magnetrons. In denen werden elektromagnetische Felder durch be- s fl Re al gn si de n Se Antenne Sender Empfänger 70 al gn si ex Ziel Bild 1: Prinzip der Entfernungsmessung zur Ortsbestimmung nichtsendender Objekte (Radarprinzip) wegte Ladungen aufgebaut bzw. verändert. Sie pumpen Energie aus einem elektrischen Gleichfeld in das Mikrowellenfeld. Ein Hohlraumresonator koppelt diese aus und gibt sie zur Antenne weiter. An deren Öffnung können sie sich lösen und werden in den davor liegenden Raum abgestrahlt. Die Antenne dient aber nicht nur zum Senden, sondern auch zum Empfangen der reflektierten Signale. Deren Energie wird über den Hohlraumresonator ausgekoppelt und durch extrem rauscharme Höchstfrequenztransistoren (HEMT-Transistoren, High Electron Mobility Technology) verstärkt. Im Hohlleiter halten Filter die Sendeenergie vom Empfängereingang fern. Mikrowellenempfänger benutzen herkömmliche Schaltungstechnik und werden mit HEMT-Transistoren bestückt. An deren Grenzflächen entsteht ein „zweidimensionales Elektronengas“, das hohe Ladungsträgerdichte mit ebensolcher Ladungsträgerbeweglichkeit verbindet und die trägheitslose Steuerung von Ladungsträgerströmen bei extrem geringen Rauschwerten gestattet. Entfernungsmessung Trifft das vom Mikrowellensender ausgesendete Wellenbündel auf ein Objekt mit leitender Oberfläche, so wird es reflektiert und gelangt als Empfangssignal an die Antenne zurück. Die Laufzeit zwischen ausgesendetem Wellenbündel und empfangenem sind ein Maß für die Entfernung s des angepeilten Objektes. s = 1 tv 2 = 1 t 300 000 km /s 2 Da t die Laufzeit ist, die die Welle vom Sensor bis zum Ziel und zurück zum Sensor benötigt, muss man sie durch zwei dividieren, um die Entfernung zu erhalten. Beim Messen sehr kurzer Entfernungen liegen die Laufzeiten der Wellen im ns-Bereich und werden so kurz, dass sie nur noch mit zusätzlichem Aufwand hinreichend genau gemessen werden können. Verbreitet ist das Verfahren der geführten Mikrowelle, bei dem die vom Sensorkopf ausgesendeten Impulse entlang eines 25…70 cm langen Sondenstabes geführt und auch über diesen reflektiert und zurückgeführt werden können. Bild 2 zeigt handelsübliche Mikrowellensensoren zur Füllstandsmessung, die nach diesem Verfahren arbeiten. rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013 del (fs) ausgesendet und die Echos (fr) während der Impulspausen empfangen. Die hier auftretenden Laufzeiten sind sehr kurz und damit nur schwer zu messen. Ein Trick, vergleichbar dem Nonius einer Schiebelehre, hilft hier weiter. Dazu erzeugt ein zweiter Generator Referenzimpulse mit genau definiertem, gegenüber den ersten aber größerem Zeitabstand. Vergleicht man dieses Bild 2: Handelsübliche Mikrowellensensoren zur Füllstandsmessung fs TP (z. B. 500 ns) t fref fr TP + ΔT t TL ––– (z. B. = 200) ΔT ΔT (0,03 ns) TL TP t fm ref max. ref max. T0 a) t T0 (z. B. 0,1 ms) fm t b) fs = Sendefrequenz fT = reflektierte (Empfangs-)Frequenz fref = Frequenz des leicht verstimmten Referenzoszillators fm = umgesetzter Frequenzbereich Bild 3: Wirkungsweise des Pulsradars tr Puls- oder Dauerstrichradar rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013 fs fr Δf Radargeräte können entweder mit Dauerstrich oder mit Pulsen arbeiten. Beim Dauerstrichradar wird das hochfrequente Signal pausenlos ausgesendet und das Objekt lückenlos überwacht. Das ist bei der Wetterbeobachtung ebenso wichtig wie bei der Überwachung des Luftverkehrs oder anderer sensibler Bereiche. Andererseits hat es aber einen recht großen Energiebedarf. Beim Pulsradar ist dieser geringer, was die Reichweite erhöht. Bei wehrtechnischen Anwendungen benutzt man ausschließlich dieses Verfahren, weil sich dessen Signale vom Gegner nur schwer entdecken lassen. Bei Pulsradar werden hochfrequente Impulsbün- f fb T t f fd t1 t2 t Bild 4: Beim FMCW-Radar wird die Differenzfrequenz zwischen ausgesendetem und empfangenem Signal ausgewertet. Diese hängt von der Laufzeit der ausgesendeten Welle ab Referenzsignal mit der Summe aus ausgesendetem Signal und dem in der Impulspause empfangenen Echo, so erhält man Impulse (fm) mit sich ändernder Breite. Signale-Maxima entstehen dabei, wenn sich Referenzund Sendesignal decken oder wenn Referenz- und Echosignal zeitlich gleich liegen. Der Abstand T0 zwischen zwei Maximalsignalen ist ein gedehntes Maß für die Laufzeit und somit für den Objektabstand (Bild 3). Geschwindigkeitsmessungen Zum Messen der Geschwindigkeit dividiert man die gemessene Strecke durch die Zeitdauer zwischen zwei Impulsen. Wirtschaftlicher ist es indessen, wenn der Dopplereffekt zunutze gemacht wird. Dieser hat zur Folge, dass die gesendete und die empfangene Welle unterschiedliche Frequenzen aufweisen. Die Frequenz der reflektierten Welle hängt von der Geschwindigkeit und der Bewegungsrichtung des Objektes ab. Bei sich näherndem Objekt wird die Frequenz erhöht, bei einem sich entfernenden Objekt vermindert. Aus der Differenz zwischen gesendeter und empfangener Frequenz lässt sich die Richtung und Geschwindigkeit des zu untersuchenden Objekts ableiten. Besonders genau und anspruchsvoll ist in der Praxis das sog. FMCW-Radar (Frequency Modulation Continuous Wave, Frequenzmoduliertes Dauerstrich-Radar). Bei ihm wird das ausgesendete Signal mit einer Dreieckspannung und einem Hub von 250 kHz frequenzmoduliert. Moduliert wird mit Varaktor-Dioden (Variable Reaktanz), deren Sperrschichtkapazität von der Sperrspannung abhängt. Die Dreieckspannung verstimmt den Oszillator periodisch, so dass zwischen der Spannung und der abgegebenen Frequenz ein direkter Zusammenhang entsteht. Durch die Laufzeit zwischen der Antenne und dem Objekt ergibt sich eine mit der Entfernung steigende Zeitverschiebung und aufgrund der dreieckförmigen Modulation eine Differenz zwischen der gesendeten und der empfangenen Frequenz (Bild 4). Diese wird im Empfänger mit einer Mischerdiode abgegriffen. Aus ihr und der Differenz zwischen beiden Modulationsfrequenzen geht die Entfernung hervor. Im 24-GHz-Band lässt er sich auf 10 cm genau bestimmen. Höhere Auflösungen, so wie sie bei Messungen in geschlossenen Behältern gebraucht werden, erhält man durch Vergrößern des Frequenzhubes. Mehrere Objekte mit unterschiedlichen Reflexionsfähigkeiten und Abständen innerhalb des Erfassungsbereiches erkennt man mit Hilfe der aus der Fouriertransformation abgeleiteten Frequenzbereichsanalyse. Sie unterscheidet sich durch die lokalen Maxima im Frequenzspektrum. rke 71 Technik & Bildung Fachwissen Technik & Bildung Praxistipps Erhaltungsladen durch Energy Harvesting Die gezeigten Schaltungen sind für die Pufferung von Kondensatoren – der eigentlichen Stromlieferanten – gedacht. Grundlage ist der Spezialschaltkreis LTC 3588-1. Er ist für den Anschluss eines Piezowandlers an seinen Pins PZ ausgelegt, Unter Energy Harvesting versteht man das Beziehen von Steuerenergie aus alternativen Quellen wie Druck- oder Vibrationswandlern oder Feldaufnehmern. Eine Anwendung sind z. B. batterie- und drahtlose Schalter im Haushalt. Cu 12 x 24 in MIDE V21BL PZ2 PZ1 IR05H40 CSPTR 1μ UIN PG CAP SW 100 μ UIN2 UA 3,3 V 1μ 4,7 μ D0 Cu 12 x 24 in PZ1 PZ2 UIN PG CAP SW UIN2 UOUT PG 10 μH UA 3,3 V 10 μ UOUT D1 + 9V PG 10 μH kann aber auch mit anderen Energiespendern etwas anfangen. Die gelieferte Energie kann sowohl in einem Eingangs- als auch in einem Ausgangskondensator gespeichert werden. Bei der linken Schaltung wird die Energie eines Piezowandlers D1 47 μ 4,7 μ GND D0 LTC 3588-1 Linear Technology 10 μ GND Zwei einfache Pufferschaltungen mit dem LTC 3588-1 LTC 3588-1 Frei dimensionierbarer Equalizer Die gezeigte einfache EqualizerSchaltung basiert auf dem von S. H. Linkwitz entwickelten Konzept und erlaubt eine recht einfache Dimensionierung gemäß Entwicklungsziel. Im Grunde handelt es sich um einen zweipoligen Tiefpass, der ein Hochpassverhalten vor- oder nachgeschalteter Baustufen kompensieren soll. Dies ist beispielsweise mit Blick auf moderne Breitbandlautsprecher erforderlich. Man spricht auch von einem Bass Boost. Die Gleichheit von Widerständen und Kondensatoren (A = B) erleichtert die Dimensionierung. Die Quellimpedanz muss klein gegenüber R1 und R2 sein. Der gewählte Operationsverstärker verbindet viele vorteilhafte Eigenschaften, wie Low Noise, Low Distortion oder Rail-toRail-Vermögen. Zunächst ermittelt man die obere 3-dB-Grenzfrequenz fo und die Güte Qo der zu kompensierenden Baustufe. Dann legt man fp und Qp der Linkwitz-Schaltung fest und berechnet diese. Näher wird dies in der Maxim Application Note 4525 beschrieben. UE R2A C2A R1A R1B R2B C2B R3A R3B 72 Eine universelle Lösung mit weniger Nachteilen zeigt die Schaltung. Der LTC 4365 blockt sowohl zu hohe (bis 60 V) als auch zu geringe (bis –40 V) Störspannungen ab. Neben vier Widerständen wird ein dualer n-KanalMOSFET als Beschaltung benötigt. Die Widerstände legen das Fenster für die akzeptierten Spannungen fest. Hier sind dies 10 V als Überspannung OV und Die moderne Form der Lautsprecher-BassBoost-Schaltung nach Linkwitz C3 – C1 UA + MAX 4478 Beispielhaft sei fo = 80 Hz und Qo = 1,2 angenommen. Festgelegt sei fp = 30 Hz und Qp = 0,71 (Butterworth-Charakteristik). Es ergeben sich folgende Werte: R1 = 10 kΩ, R2 = 15 kΩ, R3 = 75 kΩ, C1 = C2 = 820 nF und C3 = 120 nF. Schutz empfindlicher Schaltungen Zum Schutz empfindlicher Schaltungen vor Überspannung wird oft eine Diode eingesetzt. Diese erzeugt einen Spannungsabfall und versagt, wenn die Störspannung sich umpolt. Daher weicht man nicht selten auf einen p-Kanal-MOSFET aus, der einen etwa linear stromabhängigen Spannungsabfall verursacht, aber eine gewisse Zusatzbeschaltung benötigt, was die Kosten erhöht. ausgenutzt, die dieser bei Vibration erzeugt. Diese muss ständig oder häufig auftreten, sollen die Spannungen an den Pins UIN und UOUT konstant hoch bzw. auf 3,3 V bleiben. Die rechte Schaltung unterscheidet sich im Prinzip nur durch die Art der „Energieernte“. Hier wird einem elektrischen Wechselfeld durch zwei als kapazitive Antennen oder Kondensatorplatten wirkende Kupferplatten Energie entzogen. Die Platten haben z. B. 6" Abstand zu fluoreszierenden Lichtquellen. Si. Im Ergebnis wird der Frequenzgang linearisiert und die untere Grenzfrequenz (3 dB) auf etwa 30 Hz gesenkt. Si. Leo Sahlstan, Maxim 2010 UE 12 V 3,5 V als Unterspannung UV. Die geringen Eingangsspannungen erlauben hohe Widerstandswerte. Der LTC 4365 selbst lässt sich zwischen 2,5 V und 36 V betreiben. Mehr Dimensionierungshinweise findet man im Datenblatt. Si. UA Si 4946 UIN GATE 3V UOUT 510 k SHDN 1,82 M UV 243 k FAULT OV GND 59 k LTC 4365 Victor Fleuri, Linear Technology rfe-Elektrohändler | 7-8 · 2013