Traubenkernextrakte zur Stärkung der Pflanze gegen Pilzbefall im ökologischen Weinbau Christoph Singer, Jones Athai, Thorsten Pollatz, Roland Kubiak Die Quintessenz Traubenkernextrakte erweisen sich sowohl in Labortests1 als auch in Freilandversuchen mit künstlicher Inokulation2 als wirkungslos gegen pilzliche Erreger im Weinbau, weisen aber pflanzenstärkende Eigenschaften auf, wenn Reben so rechtzeitig vor einer möglichen Pilzinfektion behandelt werden, dass sich die pflanzenstärkenden Eigenschaften aufbauen können. Dies zeigte sich in Gewächshaus- und Freilandversuchen, bei denen nach mehrmaliger Anwendung von Traubenkernextrakten keine Pflanzenschutzmaßnahme durch Spritzung eines Kupferpräparates mehr notwendig war. Traubenkernextrakt ist beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als Pflanzenstärkungsmittel angemeldet worden. Einleitung Eine Herangehensweise im Ökologischen Weinbau ist es, die natürlichen Widerstandskräfte der Pflanzen gegen Pilzinfektionen zu unterstützen und zu stärken, insbesondere deshalb, weil die Anwendung von manchen Pflanzenschutzmitteln ökologisch höchst umstritten ist. So reichert sich z. B. Kupfer aus den Präparaten im Boden an, weshalb auf lange Sicht mit deren Verbot gerechnet werden muss. Pflanzenstärkenden Behandlungen, die die Gesunderhaltung der Reben unterstützen, ist deshalb im ökologischen, aber auch konventionellen Anbau der Vorzug zu geben. Material und Methoden Schematischer Ablauf der Extraktgewinnung und durchgeführte Versuche Trester Laborversuche in vitro Herstellen flüssiger (Botrytis cinerea, Monilinia fructigena, und pulvriger Extrakte Kerne Venturia inaequalis) Gewächshausversuche mit künstlicher Infektion (Plasmopara viticola) Trocknung Extraktion Herstellung von Applikationslösungen, teilweise unter Zumischung von Hilfsstoffen Rohextrakte künstlicher2 Freilandversuche mit natürl. Infektion (P. viticola) Rohextrakt und Bonituren nach Abbott Freilandversuch Ergebnisse In den Laborversuchen zeigten die Extrakte keine hemmende Wirkung auf die eingesetzten Erreger, diese wuchsen im Gegenteil bei höherer Extraktkonzentration im Medium teilweise sogar besser. Witterungsabhängig war der Infektionsdruck 2013 deutlich höher als 2012, dennoch konnten einige Extraktmischungen die Reben so weit stärken, dass der Befall insgesamt deutlich niedriger als bei der Kontrolle war und nur Blattinfektionen, keine Gescheinsinfektionen beobachtet werden konnten. Ausbauversuche ergaben keinen negativen Einfluss der Extraktbehandlungen auf Vergärbarkeit und Geschmack der Weine. Gewächshaustest Wirkungsgrade in % (Abbott) der verschiedenen Infektionsversuche Versuchsjahr Versuchsort Infektionsart Rebsorte Kontrolle Eigenextrakt 1g/l Eigenextrakt 1g/l + Netzschwefel Eigenextrakt grob, heiß extrahiert 1g/l Eigenextrakt fein heiß extrahiert 1g/l Eigenextrakt 1,5g/l Eigenextrakt 1,5g/l + Netzmittel Zugekaufter Extrakt 0,5g/l + Netzmittel Zugekaufter Extrakt 1g/l Zugekaufter Extrakt 1g/l + Netzmittel 2010-2013 2012 Gewächshaus künstliche Infektion Müller-Thurgau 0 0 63 4 95 48 66 83 4 2012 2013 Freiland natürliche Infektion Schwarzriesling Riesling 0 0 57 74 52 58 72 82 54 28 21 61 41 Diskussion Die negativen Ergebnisse bei den Laborversuchen mit sogar verstärktem Pilzwachstum bei Extraktzugabe zeigen, dass die Inhaltsstoffe der Extrakte keinen direkten hemmenden Einfluss auf die Pilze haben, die Wirkung bei den erfolgreichen Gewächshaus- und Freilandversuchen also auf einen stärkenden Effekt zurückzuführen sein muss. Bei rechtzeitiger und ausreichender Anwendung konnten die gestärkten Pflanzen in den Freilandversuchen dem Infektionsdruck gut standhalten. Da im Labor kein, im Gewächshaus und Freiland jedoch teilweise ein deutlicher Effekt der Extrakte festzustellen war, ist die Wechselwirkung der Pflanze mit dem Traubenkernextrakt der entscheidende Faktor. Weitere Freilandversuche unter realistischen, praxisgemäßen Applikationsbedingungen werden derzeit durchgeführt, um den Einfluss verschiedener Bewirtschaftungsmethoden, Spritzgeräte sowie weiterer Rebsorten und Lagen zu überprüfen. 1: Abschlußbericht Pro Inno II: „Wert- und Wirkstoffe aus Traubentrester“; Förderkennzeichen KF0135207MD7 DLR Rheinpfalz „Peronospora im Weinbau“ Gefördert durch 2: Prüfbericht Kontakt: Dr. Christoph Singer, RLP AgroScience GmbH, Breitenweg 71, 67435 Neustadt/Weinstrasse; Tel.: 0049 (0)6321 671-361; Mail: [email protected]