9. DGA Jahrestagung 2006 Ergebnisse des Neugeborenen-Hörscreenings bei Kindern mit Trisomie 21 Nekahm-Heis D., Janecke A.R. *, Welzl-Müller K. Universitätsklinik für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen *Department für Medizinische Genetik, Molekulare und Klinische Pharmakologie Medizinische Universität Innsbruck, Österreich Einleitung Trisomie 21 (Morbus Down) ist die häufigste Chromosomenstörung mit einer Inzidenz von etwa 1 auf 600 Geburten. Die Betroffenen leiden häufig an Mittelohrproblemen und Hörstörungen. Unklar ist, ob bei Neugeborenen mit Trisomie 21 bereits bei Geburt eine sensorische Hörstörung vorliegt, oder ob es sich um eine später auftretende, respektive um eine erworbene Hörstörung handelt. Patienten und Methode Seit 1995 wird an der Universitätsklinik in Innsbruck das Universelle Neugeborenen-Hörscreening (UNHS) mit Messung der Otoakustischen Emissionen durchgeführt. Retrospektiv wurde bei allen Kindern, bei denen eine Trisomie 21 nachgewiesen wurde, das Ergebnis beim UNHS erhoben. Bei den Kindern mit auffälligem Ergebnis beim Screening wurde zusätzlich das Ergebnis der weiteren Abklärung erfasst. Ergebnisse Von 53 Kindern mit Trisomie 21, die 1995 bis 2005 geboren wurden, haben 29 Kinder (55%) das Neugeborenen-Hörscreening bestanden, bei 24 (45%) war es auffällig. Als Ursache des auffälligen Ergebnisses im Hörscreening wurde bei etwa zwei Drittel der Kinder (n=15) ein Mittelohrproblem, bei etwa einem Drittel (7 Kinder) ein stenotischer Gehörgang festgestellt. Bei den Kindern mit engen Gehörgängen bestand in vielen Fällen gleichzeitig ein Mittelohrproblem, das im Einzelfall bei der vorliegenden Gehörgangsstenose nicht immer sicher diagnostiziert werden konnte. Bei zwei der 24 Kinder mit auffälligem UNHS lagen keine Ergebnisse der Follow-up Untersuchung vor. Diskussion Mit 45% beim UNHS auffälligen Neugeborenen liegt die Fail-Rate bei den Neugeborenen mit Trisomie 21 extrem hoch. Die Rate an Kindern mit auffälligem Ergebnis im UNHS lag bezogen auf alle an der Innsbrucker Klinik gescreenten Kinder bei 2,9%: Bei den Kindern der normalen Geburtenstation betrug sie 2,2% und bei den Kindern, die postpartal an die Kinderklinik verlegt worden waren, bei 6,6%. Die hohe Fail-Rate war in allen Fällen, bei denen die Ergebnisse der Follow-up Untersuchung vorliegen (92%) auf ein Schallleitungsproblem, bedingt durch enge Gehörgänge und / oder auf Tubenbelüftungsstörungen, zurückzuführen. Studien belegen anatomische Unterschiede von Nasopharynx und Tuba auditiva bei Vorliegen einer Trisomie 21 (Brown et al., 1989; Miura et al., 2002), die die erhöhte Prävalenz von Tubenventilationsproblemen verursachen können. Ist die Therapie der Wahl nach dem Versuch einer konservativen Therapie die Durchführung der Paukendrainage, kann dies bei Kindern mit MD aufgrund der stenotischen Gehörgänge in manchen Fällen erst im Vorschulalter möglich sein. Bisher wurden zwei der 7 Kinder mit stenotischen Gehörgängen mit Hörgeräten versorgt. Auch bei Kindern mit Trisomie 21, die das UNHS bestanden hatten, kam es in weiterer Folge zu chronischen Tubenventilationsstörungen. 14 der 29 Kinder mit Pass beim UNHS blieben in Evidenz unserer Klinik, von denen 10 chronische Mittelohrprobleme entwickelten. Eine definitive Aussage bezüglich des Auftretens einer angeborenen Innenohrschwerhörigkeit bei Kindern mit Trisomie 21 kann aufgrund der begrenzten Fallzahl nicht getroffen werden. Fallbeispiele zeigen jedoch, dass es sich bei Vorliegen einer sensorischen Schwerhörigkeit um die Koinzidenz zweier voneinander unabhängiger genetischer Krankheitsbilder handeln kann (Janecke et al., 2002; Venail et al., 2004). Bei dem von unserer Arbeitsgruppe betreuten Kind handelt es sich um einen jetzt 11-jährigen Knaben mit Trisomie 21 und mittelgradiger sensorineuraler Schwerhörigkeit aufgrund einer autosomal rezessiven Hörstörung bei Vorliegen der Mutationen 35delG/L90P im Connexin26 Gen (Cx26). Schlussfolgerungen Aufgrund der hohen Inzidenz von Gehörgangs- und Mittelohrproblemen ist das Hörscreening im Neugeborenenalter bei Kindern mit Trisomie 21 nicht ausreichend. Regelmäßige otologische und pädaudiologische Kontrollen sind dringend zu empfehlen. An die Versorgung mit Hörgeräten ist zur Optimierung der Voraussetzungen für die Sprach- und allgemeine Entwicklung des betroffenen Kindes zu denken, wenn bei stenotischen Gehörgängen die Einlage von Paukenröhrchen nicht möglich ist. Liegt eine sensorineurale Schwerhörigkeit bei einem Kind mit MD vor, ist die weitere ätiologische Abklärung der Hörstörung erforderlich, da eine Koinzidenz verschiedener Erkrankungen vorliegen kann. Ergebnisse des Neugeborenen-Hörscreenings bei Kindern mit Trisomie 21 1 9. DGA Jahrestagung 2006 Literatur: Brown PM, Lewis GT, Parker AJ, Maw AR (1989) The skull base and nasopharynx in Down’s syndrome in relation to hearing impairment. ClinOtolaryngol Allied Sci.14: 241-6. Janecke AR, Hirst-Stadlmann A, Günther B, Utermann B, Müller T, Löffler J, Utermann G, Nekahm D (2002) Progressive hearing loss, and recurrent sudden sensorineural hearing loss associated with GJB2 mutations – phenotypic spectrum and frequencies of GJB2 mutations in Austria. Hum Genet 111:145-153. Miura M, Sando I, Balaban CD, Haginomori S, Orita Y (2002) Temporal bone morphometric study on the eustachian tube and its associated structures in patients with chromosomal aberrations 111: 722-9. Venail F, Roux AF, Pallares-Ruiz N, Claustres M, Blanchet P, Gardiner Q, Mondain M (2004) Nonsyndromic 35 delG mutation of the connexin 26 gene associated with deafness in syndromic children: two case reports. Laryngoscope 114: 566-9. Ergebnisse des Neugeborenen-Hörscreenings bei Kindern mit Trisomie 21 2