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PEKKA KUUSISTO VIOLINE
Abo: Solisten III – »Junge Wilde«
In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich gut – leider auch Husten, Niesen und Handyklingeln. Ebenfalls aus Rücksicht auf die Künstler bitten wir Sie, von Bild- und Tonaufnahmen
während der Vorstellung abzusehen. Wir danken für Ihr Verständnis!
2,50 E
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Johann Sebastian Bach (Gemälde: J. E. Reutsch)
pekka kuusisto (geb. 1976)
Elektronische Improvisationen über
»Der Trauermarsch von Hintriikki Peltoniemi – finnisches Volkslied«
(um 1920)
JOHANN SEBASTIAN BACH (1685 – 1750)
Partita für Violine solo Nr. 2 d-moll BWV 1004 (1723)
mit elektronischen Improvisationen basierend auf
Trauerchorälen von Johann Sebastian Bach
Allemanda
Corrente
Sarabanda
Giga
Ciaccona
– Ende ca. 20.15 Uhr –
Einführung mit Markus Bruderreck um 18.15 Uhr im Komponistenfoyer
Nach dem Konzert: »meet the artist!« im Backstage-Bereich
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Programm
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It’s a sad and beautiful world
Stimmungen aus dem hohen Norden
Bitte stellen Sie sich die folgende Filmszene vor (in Schwarz-Weiß): Ein Mann in mittleren Jahren,
offensichtlich schwer betrunken und in schlechter Verfassung, hängt lallend in einem schäbigen
Hauseingang herum. Plötzlich erscheint ein italienischer Tourist auf der Bildfläche, baut sich
freundlich interessiert vor ihm auf und deklamiert in gebrochenem Englisch den wahrscheinlich
einzigen Satz, der in dieser Lage angebracht ist: »It’s a sad and beautiful world.«
Es ist ein amerikanischer Film von Jim Jarmusch, »Down by Law«, der Betrunkene wird von
Tom Waits gespielt und der Italiener von Roberto Benigni. Aber die Begebenheit könnte ebenso
gut von Aki Kaurismäki stammen, mit dessen Filmen Jarmuschs oft verglichen werden. »Traurig und schön« (nicht »aber«!): Das Wortpaar spiegelt einen Wesenszug des finnischen Weltverständnisses, der sich in vielfältigen Erscheinungsformen ausdrückt. Nicht nur in Finnland
ist die Geige ein Instrument, das besonders häufig in traurigen Zusammenhängen erklingt;
nicht umsonst spricht man von ihrem »Schluchzen«. Die Finnen leben ihre Trauer gern und mit
Inbrunst aus, Verdrängung gehört nicht zu den bevorzugten Verhaltensmustern. Natürlich ist
die ernsthafte Seite des Themas nicht zu unterschätzen; wie in allen subpolaren und polaren
Regionen, so ist auch in Finnland der Alkoholismus verbreitet und die Selbstmordraten sind
hoch. Die lange Dunkelheit des Winters und die extreme Witterung fordern ihren Tribut, und
noch heute staunen Nordlandreisende immer wieder über die Europaletten voller Zucker,
die im Herbst in den Supermärkten stehen. Dies sind jedoch die Extremfälle. Ein gewisser
Hang zur Melancholie wird von weiten Teilen der finnischen Bevölkerung mit einem Gemisch
aus Fatalismus und Selbstironie ertragen. In kaum einem mitteleuropäischen Staat würde
wohl die renommierteste Zeitung des Landes einen Wettbewerb um das traurigste Lied des
Landes ausloben – in Finnland wurde dies 2006 mit großem Interesse verfolgt.
Das traurigste Lied Finnlands
»Der Trauermarsch von Hintriikki Peltoniemi«
Sieger des erwähnten Wettbewerbs der Zeitung »Helsingin Sanomat« war »Der Trauermarsch von Hintrikki Peltoniemi«, genauer gesagt, die Vokalversion von Reino Helismaa.
Die Geschichte des Liedes ist wechselvoll und in vieler Hinsicht typisch Finnisch:
Ursprünglich eine alte finnische Volksweise, wurde die Melodie berühmt durch den Geiger Hintrikki Peltoniemi aus der Gemeinde Kaustinen. Obwohl der Ort nur etwa 4000 Ein-
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wohner hat, ist er von zentraler Bedeutung für das finnische Musikleben, vor allem für die
Volksmusik, die ihrerseits auf die anderen Musikstile des Landes ausstrahlt. Dadurch war
die Verbreitung des Liedes von Anfang an gegeben und es trat einen Siegeszug an, der ihn
zu einem Welthit der nordischen Länder werden ließ. Wie Pekka Kuusisto es ausdrückte:
»Das Lied ist weltberühmt – in Finnland«.
Kontroverse Diskussionen löste die Bearbeitung von Reino Helismaa aus, der dem Trauermarsch einen Text hinzufügte. In der Interpretation von Tapio Rautavaara wurde das Lied
berühmt, fand aber auch viele Gegner insbesondere in Kaustinen, weil Helismaa zum einen
gar zuviel Elend und Armut in das Lied hineingelegt hatte, obwohl Peltoniemi eigentlich ein
wohlhabender Bauer war, und weil er zum anderen aus dem »Hintrikki« eine »Hintriika«
gemacht hatte. Finnen empfehlen, sich nicht zu tief in den Text hinein zu begeben, da sonst
»eine gepflegte Depression mindestens bis Mittsommer« gesichert sei. Für Interessierte
findet sich eine Fassung auf YouTube unter dem Suchbegriff »Peltoniemen Hintriikan surumarssi«. Interessant ist dabei das Zitat von Frédéric Chopins Trauermarsch am Anfang
wie auch die Geige, die das gesamte Stück begleitet. Auch auf der Beerdigung des schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme erklang Peltoniemis Trauermarsch. Das Werk fand
Eingang in die Konzertsäle der Welt durch ein Streichquartett des finnischen Komponisten
Aulis Sallinen, »Einige Aspekte des Trauermarsches von Hintrikki Peltoniemi« op. 19 (1981),
das zu einem von seinen meistgespielten Werken wurde. Die Improvisationen von Pekka
Kuusisto fügen der Geschichte des Marsches nun ein weiteres Kapitel hinzu, wobei gesagt
sein muss, dass die Improvisation der finnischen Volksmusik allgemein nicht fremd ist und
dass die keinesfalls fortschrittsfeindlichen Finnen stets offen und neugierig gegenüber
neuen technischen Errungenschaften sind. Typisch Finnisch erscheinen auch die Lebenswege einiger Personen, die mit dem Trauermarsch verbunden sind. Nur wenige konnten
es sich im armen Finnland leisten, von der Musik allein zu leben, und so war Hintrikki
Peltoniemi selbst, wie schon erwähnt, im Hauptberuf Bauer. Dies tat jedoch der Wertschätzung keinen Abbruch, die sein musikalisches Wirken erfuhr; die strenge Unterscheidung
zwischen professionellem und laienhaftem Musizieren ist in Finnland fremd. Auch Tapio
Rautavaara, der Interpret der Gesangsversion, war nicht nur Musiker: 1948 errang er in
London olympisches Gold im Speerwerfen. Darüber hinaus wirkte er als Schauspieler in
zahlreichen Spielfilmen mit und soll als Nachfolger von Johnny Weissmüller für die Rolle
des Tarzan im Gespräch gewesen sein.
Vielseitigkeit ist im Allgemeinen eine finnische Eigenschaft; Einseitigkeit gilt im rauen
Klima des Landes als Nachteil. Dabei war man trotz der Randlage stets aufgeschlossen für
fremde Länder und Menschen sowie für die technischen Errungenschaften der Welt. Die
Begeisterung der Finnen für den Tango ist legendär, auch gilt das Land als Mekka der zeit-
Werke
genössischen klassischen Musik und der modernen Architektur. Die Technologieschmiede
Nokia begann ihre Laufbahn mit der Fabrikation von Gummistiefeln und ein Phänomen
an Vielseitigkeit ist auch der Konzern der deutschstämmigen Familie Fazer: Neben einem
Notenverlag und einer Künstleragentur, die auch für das finnische Management von Pekka
Kuusisto verantwortlich zeichnet, stellt Fazer auch Klaviere sowie hochklassige Süßwaren
her, die unter Skandinavienfahrern legendären Ruf genießen, wie etwa »Fazermint« oder
»Tyrkisk Peber«.
benen Rahmen, eine umfassende Darstellung der d-moll-Partita zu geben. Zudem existieren
zahlreiche musikwissenschaftliche Abhandlungen zum Thema, die das Werk unter vielerlei
Gesichtspunkten beleuchten. Immerhin sei hier gesagt, dass Bach in der Partita eine Folge
von Tanzsätzen nach französischem Vorbild zusammenstellte, diese jedoch weitgehend im
kontrastierenden italienischen Stil ausführte, was sich auch in den italienischen Satzbezeichnungen zeigt. Zentrum des Werkes ist die groß angelegte abschließende ›Ciaccona‹, eine Tanzform, die sich durch fortwährende Wiederholung einer Basslinie auszeichnet.
Das Programm (oder, besser gesagt, die Vorinformation) zum Improvisationskonzert
von Pekka Kuusisto im Konzerthaus spiegelt finnisches Kunstverständnis wieder: Der
Künstler verbindet Elemente seines Heimatlandes und Charakteristika seines Instrumentes mit allgemein-menschlichen Problemstellungen, einem zeitlosen Meisterwerk der
mitteleuropäischen Musik und modernsten technischen Ausdrucksmitteln. Bezeichnend
ist daher auch seine Antwort auf die Frage von Jan Boecker, der die Abteilung für Presseund Öffentlichkeitsarbeit des KONZERTHAUS DORTMUND leitet: »Gibt es zwei Seiten Ihrer
Künstlerpersönlichkeit? Den virtuosen klassischen Violinsolisten und den Experimentalisten?« – »Es wäre doch toll, beides gleichzeitig zu sein. Es ist keine andere Person, die
den Sibelius spielt und dann elektronische Sachen. Die Volksmelodien z. B. hängen ja
auch mit den klassischen Werken zusammen. Das ist keine andere Welt. Ich würde gerne
mal eine Aufnahme machen, bei der zuerst finnische Volksmusik vorgestellt und improvisatorisch entwickelt wird und dann ohne Pause das Sibelius-Violinkonzert folgen würde,
als Weiterentwicklung dieser Musik. Am besten ist es, finde ich, wenn eine Art der Musik
die andere unterstützt und zu verstehen hilft.«
Pekka Kuusisto ist nicht der Erste, den das Werk zu eigener Kreativität inspirierte. Es gibt
zahlreiche Kompositionen, die auf Bachs Partita zurückgehen, darunter Werke von Béla Bartók
oder Eugène Ysaÿe. Johannes Brahms fertigte eine Bearbeitung der ›Ciaccona‹ für Klavier (linke Hand) an; sie war nicht etwa für einen verletzten Pianisten komponiert, sondern für Clara
Schumann im Jahre 1877, das Linkshändige erschien Brahms dabei als kompositorische Notwendigkeit. In einem Brief an Clara schildert Brahms den tiefen Eindruck, den die ›Ciaccona‹
auf ihn machte: »Liebe Clara, [...] Die Chaconne ist mir eines der wunderbarsten, unbegreiflichsten Musikstücke. Auf ein System, für ein kleines Instrument schreibt der Mann eine ganze
Welt von tiefsten Gedanken und gewaltigsten Empfindungen. Wollte ich mir vorstellen, ich
hätte das Stück machen, empfangen können, ich weiß sicher, die übergroße Aufregung und
Erschütterung hätte mich verrückt gemacht.« 1884/85 schrieb Brahms als Schlusssatz seiner
vierten Sinfonie eine gewaltige Chaconne, die wiederum zu den Gipfeln romantischer Sinfonik
zählt.
Ein klingendes Epitaph
Johann Sebastian Bach Partita für Violine solo Nr. 2 d-moll BWV 1004
Johann Sebastian Bachs sechs Sonaten und Partiten für Violine Solo BWV 1001-1006 sind für
Geiger einer der Höhepunkte ihres Solo-Repertoires, obwohl sie erst etwa ein Jahrhundert
nach ihrer Entstehung verlegt wurden und die meisten Violinisten vor den enormen spieltechnischen Anforderungen kapitulieren mussten. Erst der berühmte Geiger Joseph Joachim
verhalf ihnen durch seine herausragende Interpretation zu angemessener Wertschätzung.
Bach begann mit der Komposition um 1703, vollendet wurden die Sonaten und Partiten
während seiner Köthener Zeit um 1720 – die Entstehung fiel also in eine Phase weltlichen
Schaffens. Trotzdem spiegelt sich auch hier Bachs tiefer Glaube wider. Es sprengt den gege-
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Pekka Kuusisto seinerseits wurde von einem Moment der Komposition inspiriert, das
Brahms noch nicht bekannt war: »Ich muss gestehen, die Idee war ursprünglich nicht von mir.
Diese Dramaturgie stammt von einer Aufnahme des Hilliard Ensembles und Christoph Poppen,
die ich gehört habe. Den Antrieb gab wohl eine Arbeit der Musikwissenschaftlerin Helga Thoene. Sie hat ein Buch über die Bach-Chaconne in d-moll und die versteckten Botschaften darin
geschrieben. Das geht manchmal ein bisschen weit, aber ihre Ideen zu den Melodien aus
Trauerchorälen in dieser Musik scheinen so offensichtlich. Deshalb wird auf dieser Aufnahme
mit Poppen die Chaconne traditionell gespielt und das Hilliard Ensemble singt die Choralmelodien, die Thoene in der Chaconne ausgemacht hat, wie einen Obligato-Part dazu. Das rückt
das ganze Stück in eine andere Perspektive.«
Allgemein bekannt sind die zahlreichen verschlüsselten Botschaften wie symbolische Zahlenkombinationen oder verborgene Choralzitate, die Bach in seine Kompositionen eingeflochten haben soll. Die Arbeit von Helga Thoene folgt der These, Bach habe die d-moll-Partita
und insbesondere die ›Ciaccona‹ als »klingendes Epitaph« für seine Frau Maria Barbara
komponiert, die 1720 plötzlich verstarb. Nicht allein der dunkle Charakter des Werkes legt
Werke
diese These nahe, sondern zahlreiche Zitate von Trauerchorälen, die Helga Thoene in der Partita nachgewiesen hat und den expliziten Zusammenhang des Werkes mit dem Themenkreis
Trauer und Tod beweisen. Diesen Gedanken greift Pekka Kuusisto durch die Verarbeitung der
Trauerchoräle auf und fügt ihn mit seiner eigenen Vorliebe auf dem Gebiet der Improvisation
mit elektronischen Instrumenten zusammen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass Improvisation aus dem Augenblick heraus entsteht, und
es ist daher schwierig, im Vorfeld etwas darüber zu sagen. In Bezug auf die Musik gibt Pekka
Kuusisto folgende Hinweise: »Ich mache es ein bisschen wie Terry Riley und schaffe eine lebendige Musik, die sich immer ein klein wenig verändert, als Basis für meine Improvisationen.
Diese einfachen Melodien aus der Volksmusik oder Choräle sind sehr gutes Material für Improvisationen. Der elektronische Sound für dieses Projekt soll nicht laut sein, ich spiele manchmal in
extrem tiefen Lagen mit einem dunklen Klang. Und weil die Musik verstärkt ist, klingt sie immer
etwas wie aus der Ferne, mit vielen verschiedenen Schichten. Das ist fast wie Architektur. Mit
den Improvisationen auf der E-Geige und der Original-Partita auf meiner normalen Geige ergibt
sich eine Mischung von verschiedenen Klanglandschaften. Wenn ich dann auf der normalen
Geige spiele, gibt es einen ganz besonders fokussierten Klang. Bei Bachs Komposition gibt es
nichts, was man hinzufügen oder wegnehmen könnte. Es ist einfach pur und genial. Das gibt
einen schönen Kontrast zu den offenen Klängen der Improvisation.«
Anregungen zur Spurensuche
Unsere Programmheftautorin Kaja Engel empfiehlt
Das Netzwerk, in dem Pekka Kuusistos Programm steht, lädt zum weiteren Spurenlesen ein.
Daher seien hier einige Hinweise angefügt, mit denen jedoch keinesfalls ein Anspruch auf umfassende Darstellung der Thematik erhoben werden soll: Die CD von Christoph Poppen und dem
Hilliard Ensemble trägt den Titel »Morimur« (»Wir sterben«); sie erschien bei dem Label ECM
Records. Helga Thoenes Arbeit mit dem Titel »CIACCONA – Tanz oder Tombeau« wurde 2003 im
Dr. Ziethen Verlag Oschersleben veröffentlicht, einschließlich der CD »Morimur«.
Den Bereich der verschlüsselten Botschaften in Bachs Kompositionen hat Oliver Buslau zum
Thema eines spannenden Unterhaltungsromans gemacht: »Die fünfte Passion« ist im Goldmann Verlag erschienen und enthält den genauen Termin des Jüngsten Gerichts. Für Freunde
des Skurrilen sowie bibliophiler Bücher ist Rohan Kriwaczeks »Eine unvollständige Geschichte
der Begräbnis-Violine« aus dem Eichborn-Verlag ein großes Vergnügen und bietet höchst überraschende musikologische Kuriositäten.
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Bekenntnisse eines Technik-Fans
Anmerkungen zur Improvisation von Pekka Kuusisto
Guten Abend zusammen und vielen Dank, dass Sie gekommen sind. Ich möchte Ihnen ein
paar Informationen über die Technik geben, die ich heute Abend verwenden werde. Da ist
einerseits eine elektrische Geige. Sie hat keinen Korpus, sondern nur ein Skelett. Es gibt
keinen Resonanzkörper, keine Luft oder Leben, deshalb klingt sie schrecklich, wenn man ihr
nicht befreundete Maschinen zum Spielen gibt. Ich habe zwei große schwarze Maschinen
und eine kleine rote mitgebracht. Die erste schwarze ist de facto ein Computer mit einer
sehr regen Fantasie – er vermittelt starke Illusionen von Verstärkern, Lautsprechern, Mikrofonen, Räumen und Kombinationen dieser Elemente. Ich kann ihn beispielsweise bitten, mir
den Klang eines klassischen Gitarrenverstärkers aus den 1960ern zu geben, mit einer extra
Lautsprecherbox von der Größe eines kleinen Hauses, der mit einem Bändchenmikrofon aus
sechs Metern Entfernung aufgenommen wurde und dann das ganze Ding in die Mitte eines
Fußballstadions stellen.
Die zweite schwarze Kiste ist ein Cousin von Nummer eins. Sie träumt auch davon, viele
Dinge zu sein – verschiedene Effektgeräte, Echos, Widerhall, Ringmodulatoren und Ähnliches.
Aber sie lässt mich auch kleine Musikeinheiten aufnehmen während ich spiele, die dann in
verschiedenen Strukturen, Harmonien und Rhythmen gesammelt werden. Man nennt das einen
Loop-Sampler und jeder Haushalt sollte einen haben. Das kleine rote Pedal ist lustig. Es kann
das Register der Geige in einem Moment wechseln. Ich drücke einen Knopf und bin plötzlich
ein Bassist. Es kann auch Noten hinzufügen, die dem nachfolgen, was ich spiele. Das bedeutet,
dass ich nur eine Note spiele, Sie aber zwei hören. Jeder Pianist, der die Terzenetüde von
Chopin übt, wünscht sich die kleine rote Maschine. Außerdem habe ich zwei Lautstärke-Pedale.
Eines steuert die Lautstärke dessen, was ich spiele, und das andere kümmert sich um den
Loop-Sampler.
Manchmal singe ich ein bisschen oder probiere vielleicht, zu pfeifen. Ich habe auch ein paar
Instrumente auf meinem Handy und die können der Musik ein nettes Aroma verleihen. Bei Improvisationen weiß man einfach nie so genau, was passiert. Der Sinn der Improvisationen ist es,
die Schatten und Echos der Melodien heraus zu holen, die in der Partita versteckt sind, gleichzeitig aber einen Gegensatz zu der strengen Struktur Bachs und dem konzentrierten Klang der
akustischen Geige zu bilden. Ich glaube, die Partita ist für immer, aber meine improvisierten
Reflektionen darüber werden nur heute Abend so klingen.
Danke noch einmal,
Pekka Kuusisto.
Werke
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Pekka Kuusisto
Der finnische Violinist Pekka Kuusisto ist einer der wandlungsfähigsten und markantesten Musiker, die zurzeit zu erleben sind. Er demonstriert außergewöhnliche Individualität und Ideenreichtum und wird geschätzt für die Spontaneität und Frische in seinem Spiel. Pekka Kuusisto sieht
das so: »Ich spiele nicht, um anders als andere oder genauso zu sein wie jemand anderes. Ich
spiele einfach so, wie ich denke und fühle.« 1995 gewann Pekka Kuusisto als erster Finne die
»International Jean Sibelius Violin Competition«.
Kuusisto wurde 2006 gemeinsam mit dem Pianisten Olli Mustonen und dem Dirigenten Stefan
Asbury Artist in Residence bei der Tapiola Sinfonietta. In der laufenden Saison engagiert er sich
außerdem für SIB, eine neue Konzertserie in Finnland, für die er sowohl die Programme als auch
die Gastsolisten verantwortet. Als Künstlerischer Direktor beim finnischen »Our Festival« gestaltet Pekka Kuusisto seinen eigenen Veranstaltungskalender. Kuusisto hebt sich von den meisten
anderen Violinisten seiner Generation durch seine Lust und die Fähigkeit zu Improvisieren ab. Er
liebt es, viele verschiedene Musikstile zu spielen, und bringt für jedes Genre dieselbe Intensität
auf. Er hat mit dem finnischen Elektronik-Jazz-Ensemble Rinneradio und dem norwegischen
Noise-Duo Fe-Mail, bestehend aus Waldhorn und Gesang, gearbeitet und elektronische Musik
gemacht, die auf Improvisation und Live-Samples basiert. Im Mai 2009 erschien die erste CD
von Kraft, Kuusistos finnischem Duo mit Violine und Akkordeon mit Johanna Juhola. Zu seinen
weiteren ungewöhnlichen Projekten zählt eine Zusammenarbeit mit dem jungen österreichischen
Multi-Perkussionisten Martin Grubinger. Gemeinsam spielten sie Konzerte in Deutschland und
Österreich sowie ein Recital im New Yorker Lincoln Center.
Pekka Kuusisto leitet immer häufiger Ensembles von der Violine aus, darunter das London,
Scottish und Irish Chamber Orchestra sowie das Zürcher Kammerorchester. In der letzten Saison
spielte er erneut mit dem Australian Chamber Orchestra und konnte sowohl die Kritiker als auch
das Publikum überzeugen. In dieser Saison leitet er die Britten Sinfonia auf einer Tournee durch
die Niederlande und Großbritannien, das Ensemble orchestral de Paris, das Münchener Kammerorchester und die Camerata Nordica. Als Solist arbeitet Pekka Kuusisto weiterhin mit einigen der
weltbesten Orchester und Dirigenten zusammen. Höhepunkte dieser Saison beinhalten die Aufführung des Violinkonzerts von Thomas Adès unter der Leitung des Komponisten sowie Auftritte
als Artist in Residence beim »Sibelius Festival« des Toronto Symphony Orchestra im April 2010.
Kuusistos jüngste CD-Veröffentlichung beim Label Ondine ist eine Zusammenstellung von
Werken für Violine und Gitarre von Niccolo Paganini mit dem Gitarristen Ismo Eskelinen. Unter
den weiteren CDs sind zwei hoch gelobte Aufnahmen mit Werken von Sibelius für Violine und
Klavier mit Heini Kärkkäinen sowie für Violine und Orchester mit der Tapiola Sinfonietta. Kuusisto
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ist in »4« zu sehen, einer DVD-Dokumentation über Vivaldis »Vier Jahreszeiten«, in der er den
»Winter« in einer Schneelandschaft in Lappland präsentiert.
Pekka Kuusisto spielt eine Violine von Giovanni Battista Guadagnini aus dem Jahr 1752, eine
Leihgabe der Finnish Cultural Foundation.
Pekka Kuusisto im KONZERTHAUS DORTMUND
Pekka Kuusisto gibt sein erstes Konzert in Dortmund in der Reihe »Junge Wilde«, in der sich acht
junge Musiker in den kommenden drei Spielzeiten mit unterschiedlichsten Programmen und musikalischen Partnern präsentieren werden. Schon die erste Riege »Junger Wilder« mit Künstlern wie
Martin Stadtfeld oder Annette Dasch konnte als neue Generation klassischer Musiker vermitteln:
Klassik ist nicht elitär. Dass diese Künstler frischen Wind in die Musikwelt bringen, davon können
sich regelmäßig Jugendliche aus Dortmunder Schulen bei den Besuchen der »Jungen Wilden« und
die Konzertgänger beim »meet the artist!« nach den Konzert hautnah überzeugen.
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Biografie
Grenzgänge
Zeitinsel Fazil Say – »Istanbul-Sinfonie«
1001 Nacht im Harem
Die Widmungsträgerin Patricia Kopatchinskaja spielt mit dem WDR Sinfonieorchester Köln die Deutsche Erstaufführung von Fazil Says Violinkonzert »1001 Nacht im Harem«.
Mi 10.03.2010 · 20.00
Kammermusikabend Fazil Say
Bei diesem Abend mit Besetzungen vom Klaviertrio bis zum Klavierquintett steht neben Werken
von Haydn, Erkin und Schostakowitsch ein für diesen Abend komponiertes Kammermusikwerk
von Fazil Say auf dem Programm.
Do 11.03.2010 · 20.00
Fazil Say & Friends
Fazil Say frönt seiner Leidenschaft für Jazz und Improvisation und führt durch ein Programm mit
eigenen Kompositionen und Arrangements sowie Werken von Brubeck, Ravel und anderen.
Fr 12.03.2010 · 20.00
Istanbul-Sinfonie
Das Zeitinsel-Festival für Fazil Say gipfelt in der Uraufführung seiner »Istanbul-Sinfonie«, die den
Klang von Says Wohnort eingefangen hat.
Musik ist wie ein Puzzle aus Tönen: Viele Elemente fügen sich zusammen
zur Erfolgsmelodie des KONZERTHAUS DORTMUND. Unterstützen auch
Sie hochkarätige Konzerte und profitieren durch Kartenvorkaufsrecht,
exklusive Einladungen, kostenlosen Bezug von Broschüren etc. Werden
Sie Teil der Gemeinschaft der »Freunde des Konzerthaus Dortmund e.V.«
Infos: T 0231- 22 696 261· www.konzerthaus-dortmund.de
Sa 13.03.2010 · 20.00
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Texte Kaja Engel
Fotonachweise
S. 04 © Tanja Ahola
S. 08 © Jaakko Kilpiäinen
S. 16 © Tanja Ahola
Herausgeber KONZERTHAUS DORTMUND
Brückstraße 21 · 44135 Dortmund
T 0231-22 696 200 · www.konzerthaus-dortmund.de
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Redaktion Dr. Jan Boecker · Marion Schröder
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