Rheuma: Schmerz im Gelenk

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I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l
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Rheuma: Schmerz im Gelenk
Millionen Deutsche leiden an Rheuma. Die Krankheit kann jeden treffen, sogar Kinder.
Unter dem Begriff werden mehr als 100 verschiedene Krankheitsbilder zusammengefasst. Eins haben sie alle gemein, zum Teil unerträgliche Schmerzen.
Man kann die Krankheiten des rheumatischen Formenkreises in zwei große Gebiete einteilen. Es
gibt die nichtentzündlichen Formen, die vor allem durch Abnutzung entstehen (z.B. Arthrose,
Spondylose, Osteoporose). Und es gibt die entzündlichen Formen, bei denen das Immunsystem
fälschlicherweise den eigenen Körper angreift. Hiervon kann nur der Bewegungsapparat betroffen sein (z.B. rheumatoide Arthritis) oder der ganze Körper (u.a. Fibromyalgie).
Feuer in den Gelenken
Schätzungen zufolge leiden in Deutschland 600.000 Menschen an entzündlichem Gelenkrheuma. Frauen sind dreimal öfter betroffen als Männer. Am häufigsten beginnt die Krankheit zwischen dem 50. und 65. Lebensjahr. Warum sie entsteht, weiß die Wissenschaft noch nicht genau. Bakterien und Viren werden als Auslöser diskutiert, sind aber nicht belegt. Ziemlich sicher
soll eine Veranlagung zu Rheuma vererbt werden. Auch Rauchen und Übergewicht erhöhen das
Risiko, daran zu erkranken.
Der Fall: Meine Mama hat schlimme Knochen…
Wenn die Tage kühler werden, dann ist für Stefanie Hopfgarten der Schmerz kaum auszuhalten.
Die kalte, feuchte Luft geht ihr auf die Knochen. Fast jedes Gelenk des Körpers tut ihr täglich
weh. Die 33jährige leidet an einer äußerst seltenen jugendlichen Form von Rheuma. Diagnose
juvenile Polyarthritis. Niemand weiß, wie die Krankheit entsteht. Eine Laune der Natur, so haben
es ihr die Ärzte gesagt. Die junge Frau ist bereits frühverrentet. Denn selbst ganz Alltägliches
kann sie wegen der Krankheit nicht mehr alleine bewältigen. Ohne die Hilfe ihrer Mutter könnte
Stefanie nicht einmal die Haare waschen. Alles beginnt mit 16 Jahren. Immer wieder hat sie
wandernde Schmerzen. Doch zunächst kommt keiner auf Rheuma: „Der Arzt dachte immer ich
hab keine Lust mich zu bewegen. Man wird dann immer so ein bisschen abgestempelt. Es wurde aber immer schlimmer. Bis ich irgendwann beim Rheumatologen gelandet bin.
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Die haben dann festgestellt dass ich Rheuma habe.“ Von da an ist sie Dauergast im Krankenhaus. Ihre lebensfrohe Art lässt Stefanie sich trotzdem nicht nehmen. Sie heiratet ihren langjährigen Jugendfreund, wird schwanger. Doch mit der Schwangerschaft kommt ein weiterer großer
Rheumaschub: „Von da an wurde es dann halt wieder schlimmer. 2012 rechtes Knie, 2013 linke
Hüfte, linkes Knie und jetzt im Februar die rechte Schulter…
Jedes Jahr musste ein Gelenk ersetzt werden.“ Einmal in der Woche geht Stefanie zur Physiotherapie. Großes Sorgenkind ist in diesen Tagen ihr Sprunggelenk im rechten Fuß. Hier bahnt sich
schon die nächste OP an. Und trotz allem – sie muss immer stark bleiben – besonders für ihre
inzwischen fünfjährige Tochter Yara: „Sie kennt ´s ja nicht anders. Sie hat sich dran gewöhnt,
dass ich sie nicht hochhebe. Neulich war eine Freundin zu Besuch. Sie wollte mit mir ein Wettrennen machen. Nein, meine Mama kann nicht rennen, die hat schlimme Knochen, hat Yara
gesagt.“ Ob sie auch an Rheuma erkranken wird, weiß man noch nicht genau. Glücklicherweise
deutet bis jetzt nichts darauf hin, dass Stefanie die Krankheit an sie weitervererbt hat.
Es sind anfangs vor allem Finger und Zehen, in denen die entzündlichen Prozesse beginnen.
Plötzlich schwellen die kleinen Gelenke an, werden heiß und schmerzen. In der Nacht und am
Morgen sind die die betroffenen Bereiche unbeweglich und steif. Diese Morgensteifigkeit kann
mitunter Stunden andauern. Manchmal beginnt die Erkrankung aber auch in den Knie-, Sprung
oder Schultergelenken. Nach und nach, im Verlauf von Wochen und Monaten, kann sich die
Entzündung auf nahezu alle Gelenke des Körpers ausbreiten.
Sie befällt darüber hinaus mitunter auch Sehnenscheiden und Schleimbeutel und führt neben
den sehr dominanten Schmerzen auch zu Müdigkeit, Leistungsschwäche, Fieber, Nachtschweiß
und Gewichtsabnahme. Das rechtzeitige Erkennen einer rheumatoiden Arthritis ist wichtig, um
den Verlauf frühzeitig verlangsamen zu können und schwere Gelenkschäden zu vermeiden.
Beschwerden lindern
Da die Krankheit nicht geheilt werden kann, zielt die Behandlung von rheumatoider Arthritis
darauf ab, ihre Aktivität zu dämpfen und die mit ihr verbundenen Beschwerden zu lindern. Dazu
steht ein breites Spektrum an medikamentösen und nicht medikamentösen Behandlungen zur
Verfügung. Die Einstellung mit den richtigen Tabletten erfordert viel Fingerspitzengefühl und
Erfahrung, denn es gibt eine Vielzahl von Präparten, die es individuell und optimal für den Patienten zu kombinieren gilt.
Am wichtigsten ist die Einstellung mit den so genannten „Basismedikamenten“, eine Kombination verschiedener Arzneien, die die Krankheitsaktivität abmildern. Sie werden auch langfristig –
wirksame Antirheumatika, kurz LWAR, genannt. Es gibt die klassischen, synthetisch hergestellten Wirkstoffe wie z.B. Methotrexat und die neueren, mit modernster Biotechnologie hergestellten, „Biologika“.
Erfolgreiche nichtmedikamentöse Maßnahmen sind vor allem gezielte Krankengymnastik und
die so genannte physikalische Therapie. Dazu gehören vor allem Anwendungen mit Kälte, Wärme, Bäder, Massagen und Elektrotherapie. Sie haben alle das Ziel, den Schmerz zu lindern,
Überwärmung und Steifigkeit abzubauen sowie die Muskeln zu entspannen und zu durchbluten.
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Mit Würmern gegen Rheuma
Die rheumatoide Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung. Körpereigene Abwehrzellen greifen dabei fälschlicherweise die Gelenke an. Die dadurch ausgelösten Dauerentzündungen zerstören selbige nach und
nach. Wissenschaftler glauben, diese Autoimmunerkrankungen treten so häufig auf,
weil wir heutzutage viel zu reinlich leben.
Der hohe Hygienestandard verhindert nicht
nur Infektionskrankheiten, sondern auch,
dass uns Würmern und Parasiten befallen
können. Sie glauben, das Immunsystem
„langweilt sich“ und richtet seine speziellen
Waffen nun gegen den eigenen Körper.
Und genau an dieser Stelle setzt eine Studie
am Immanuel Krankenhaus Berlin, Standort
Berlin-Buch, an. Die Mediziner wollen dabei
mit Hilfe des Schweinepeitschenwurms das
fehlgeleitete Immunsystem wieder in normale Bahnen lenken. Der Wurm wächst
normalerweise vor allem im Darm von
Schweinen und wird mit dem Kot der Tiere
ausgeschieden. Im Labor werden die Eier
gereinigt und zu dem Medikament verarbeitet. Die Testpersonen, alle an Rheuma erkrankt, schlucken dazu alle 14 Tage etwa
2500 Eier des Wurms.
Insgesamt nehmen 50 Patienten an der Studie teil. Nur eine Hälfte von ihnen bekommt
den Parasit, die andere ein Scheinmedikament. Nach einigen Tagen schlüpfen die
ersten Würmer in der Darmschleimhaut. Das
Immunsystem reagiert und setzt entzündungshemmende Botenstoffe frei, um sie zu
bekämpfen. Über die Blutbahn gelangen die
Substanzen in den gesamten Körper, beruhigen das fehlgeleitete Immunsystem und
die Entzündung in den Gelenken geht zurück. Es gibt erste Hinweise, dass die Therapie anschlagen könnte. Im kommenden Jahr
sollen die Daten ausgewertet werden.
www.immanuel.de
Stichwort: Tsora-Studie suchen
Rezept für Therapieknete aus Salzteig
Wer unter rheumatoide Arthritis in den Händen leidet sollte einer drohenden Versteifung und
Beweglichkeitsverlust möglichst mit täglichem Handtraining entgegenwirken. Besonders nützlich
ist hier das Kneten. Statt teurer Therapieknete lässt sich so eine Knetmasse auch einfach selbst
herstellen.
Zutaten:
400g Mehl, 200g Salz, 50g Alaunsalz (Apotheke), 3 Eßl. Öl, knapp 1/2l kochendes Wasser
Zunächst Mehl, Salz und Alaunsalz mischen. Nun Öl und kochendes Wasser hinzugeben und mit
dem Knethaken zu einem geschmeidigen Teig vermengen. Falls der Teig kleben sollte, geben Sie
noch etwas Mehl hinzu, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist. Statt mit dem Knethaken
lässt sich die Mischung auch mit einem Esslöffel verrühren. Wenn der anfänglich sehr heiße Teig
etwas abgekühlt ist, lässt sich die Knetmasse prima mit den Händen und Fingern vermengen.
Wenn der so entstandene Salzteig luftdicht im Kühlschrank aufbewahrt wird, lässt sie sich bis zu
sechs Wochen halten. Wer ihn täglich für 10 Minuten Training zum Kneten herausnimmt, trainiert seine Hände optimal. Der Kühle Teig wird zudem als angenehm empfunden. Netter Nebeneffekt: Sie können mit der Knetmasse auch Figuren oder andere Dinge herstellen, die
gleichmäßig an der Luft getrocknet, sehr hart werden. Dekorativ bemalt und verziert ergibt sich
so zum Beispiel individueller Christbaumschmuck.
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Tipps von Physiotherapeutin Gitte
Baumeier
Krankengymnastik ist für Menschen mit
rheumatoider Arthritis sehr wichtig, um
beweglich zu bleiben. Zweiter wichtiger
Aspekt ist die Kräftigung der Muskeln, die
ein Gelenk stabilisieren. Das Training stützt
es und lindert damit auch den Schmerz.
Gitte Baumeier, Hauptsache Gesund – Physiotherapeutin aus Halle, empfiehlt gezielte
Pilatesübungen für die Gelenke. Dabei
handelt es sich um ein Ganzkörpertraining,
bei dem vor allem die tief liegenden, kleinen
und meist schwächeren Muskelgruppen
angesprochen werden, die für eine korrekte
und gesunde Körperhaltung sorgen sollen.
Das Konzept wurde ursprünglich 1883 von
Joseph Hubert Pilates entwickelt und seit
dem weltweit in den unterschiedlichsten
Richtungen weiter entwickelt.
Übung im Stehen
Stellen Sie sich aufrecht hin. Treten Sie nun
mit dem linken Fuß eine Schrittlänge nach
vorne und suchen Sie einen sicheren Stand
in dieser Position. Gehen Sie leicht in die
Knie, das gibt mehr Balance. Muskeln anspannen! Während die Beine so stehen
bleiben, beginnen wir mit den Armen die
Übung auszuführen. Legen Sie zunächst
beide Handflächen vor der Brust aufeinander, so, als würden sie beten. Nun schieben
Sie die Hände in dieser Haltung ganz hoch
über den Kopf, bis es nicht mehr weiter
geht. Nun die Hände öffnen und die Arme
seitlich vom Körper gestreckt bis auf Schulterhöhe absenken. Das sieht aus, als würden Sie die Arme zum Balancieren ausbreiten. Nun die Arme beide gleichzeitig in
Schulterhöhe vor dem Körper zusammenführen. Den Abschluss bildet das Heranziehen und Anwinkeln beider Arme, Handflächen nach oben. Diese Bewegungsfolge
geht fließend ineinander über, die Beine
wiegen leicht mit. Wiederholen Sie sie
10mal hintereinander und wechseln sie
dann das Bein.
Übung im Liegen
Legen Sie sich auf hartem Untergrund flach
auf den Rücken. Die Arme liegen rechts und
links neben dem Körper. Achten Sie darauf,
die Wirbelsäule lang auseinander zu ziehen.
Stellen Sie nun die Beine angewinkelt auf.
Jetzt die Bauchmuskeln in der Körpermitte
ganz fest anspannen. Dazu die Zehenspitzen hoch zu Decke anziehen, dass die Beine
nur noch auf den Fersen aufliegen. Den
Kopf vom Boden anheben, die Schultern
bleiben jedoch liegen. Während der ganze
Körper die Muskeln anspannt, beginnen wir
nun mit den Armen eine Übung. Drehen Sie
die Handflächen zu Decke, heben die Arme
ca. 10 cm vom Boden ab und federn Sie in
dieser Position leicht nach oben. Dann in
der Luft die Handflächen nach unten drehen
und nach unten federn. Je 10mal, dann
langsam den Kopf ablegen und die Muskeln
entspannen. Wiederholen Sie die Übung
ruhig viermal.
Gibt es eine Rheumadiät?
Zielgerichtete Ernährung soll und kann ärztliche Behandlung von nicht ersetzen. Sie kann diese
jedoch unterstützen, Gelenkschmerzen mindern und denen Verbrauch von Schmerzmedikamenten verringern. Bei der rheumatoiden Arthritis wird die Entstehung der Gelenkentzündung durch
bestimmte Botenstoffe verstärkt. Über eine gezielte Ernährung lässt sich ihre Produktion drosseln.
Fleisch feuert an
Es gibt Theorien, nach denen eine fleischreiche Ernährung rheumatoide Arthritis fördert. Wissenschaftlich ist dieser Zusammenhang noch nicht bewiesen worden. Erfahren zeigen jedoch, dass
hoher Fleischkonsum Arthritis anfacht. Mögliche Erklärung ist die in Fleisch, Ei und fettreichen
Milchprodukten reichlich enthaltene Arachidonsäure. Diese langkettige Omega-6-Fettsäure
nehmen wir hauptsächlich über tierische Lebensmittel auf. Arachidonsäure braucht der Körper,
um entzündungsfördernden Botenstoffe zu bilden.
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Für eine entzündungshemmende Diät sollte der Konsum an tierischen Lebensmitteln stark eingeschränkt werden. Doch nicht jeder Rheumapatient muss vegetarisch leben. Geringe Fleischmengen scheinen die Beschwerden nicht zu verstärken, so dass gegen ein bis zwei Fleischmahlzeiten
pro Woche nichts einzuwenden ist.
Fisch lindert
Gut bewiesen ist demgegenüber, die entzündungshemmende Wirkung von Omega-3Fettsäuren, wie sie in Fischölen vorkommen. Klinische Tests haben gezeigt, wer jede Woche 800
g Seefisch verzehrt, verringert den Schmerz und die Anzahl der geschwollenen Gelenke. Auch
Nahrungsergänzungsmittel wie Fischölkapseln sollen sich günstig auswirken. Zudem wirken einfach ungesättigte Fette wie im Olivenöl entzündungshemmend. Auch Pflanzenöle wie Borretsch,
Nachtkerze, Samen der Schwarzen Johannisbeere oder Schwarzkümmelöl sollen den Gelenken
gut tun.
Adressen
Informationen für Rheumapatientenpatienten:
www. rheuma-liga.de (Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V.)
www.rheumacheck.rheumanet.org (Fragebogen zur Früherkennung)
www.immanuel.de (Tsora-Studie unter dem Link „Forschung“)
Buchtipp
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Erhältlich im Buchhandel und im MDR-Shop.
Gäste im Studio
Prof Dr. Joern Kekow, Chefarzt, Klinik für Rheumatologie Gommern
Ingrid Förster, Patientin Rheuma
Gitte Baumeier, Physiotherapeutin Leipzig
Anschrift
MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“
Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund;
E-Mail: [email protected]
Thema der nächsten Sendung am 03.12.2015: „Risiko Diabetes“
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